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Gerinc: 25.

2 mm

Klaus Berg †

A Lidl und a Tanc oder There’s no Business like Showbusiness


Ein unaufgeschnittenes Exemplar von Emanuel Ringelblums „Kronika
Getta Warszawskiego“, ergänzt um Besprechungen und Theater-Anzeigen
der Ghettozeitung „Gazeta Żydowska“, ließ das unglaubliche Bild gefeier-
ter Theater-Aufführungen und großer Publikumserfolge im Warschauer
Ghetto erstehen. Auf Basis dieser hier erstmals ins Deutsche übersetzten
Quellen legt Klaus Berg eine nahezu vollständige Dokumentation über
die Theater im Warschauer Ghetto vor, die eine Würdigung der Künst-
ler / innen erlaubt und für die weitere Forschung, ebenso wie für populär-
wissenschaftliche Darstellungen, wegweisend sein dürfte.
An uncut copy of Emanuel Ringelblum‘s „Kronika Getta Warszawskiego“,
supplemented by reviews and theater advertisements from the ghetto
newspaper „Gazeta Żydowska“, gave an unbelievable picture of celebra-
ted theater performances and great popular success in the Warsaw ghetto.
Based on these sources, which have been translated into German for the first
time, Klaus Berg presents an almost complete documentation on the thea-
ters in the Warsaw Ghetto, which allows an appreciation of the artists and
should be fundamental for further research as well as for popular scientific
presentations.
Klaus Berg, geboren in Wertheim am Main, verstarb 2019 in Göttingen. Nach
naturwissenschaftlichem Studium und entomologischer Forschung an der
Universität Göttingen wandte er sich dem Theater zu. Er gründete eine freie
Theatergruppe und leitete bis zu seinem Tode zahlreiche Theaterprojekte, u.a.
in Torun (Polen). Zunächst war er als Regisseur und Schauspieler, von 1993 A Lidl und a Tanc oder
There’s no Business like Showbusiness
bis 1996 als Intendant am Jungen Theater in Göttingen tätig. Sein zeitlebens
ausgeprägtes Interesse an der nationalsozialistischen Vergangenheit und
deren Verdrängung im Nachkriegsdeutschland führte ihn nach der Lektüre
Ringelblums zur Erforschung des Theaterlebens im Warschauer Ghetto.
Bergs daraus entwickeltes Theaterstück „danse macabre – Revue aus
dem Warschauer Ghetto“ wurde sehr erfolgreich in Göttingen aufgeführt. Eine Dokumentation der konzessionierten professionellen Theater
im Warschauer Ghetto
Klaus Berg †

ISBN 978-3-7001-8398-3

9 783700 183983

Made in Europe
1

Klaus Berg †

“A Lidl und a Tanc” oder “There’s no Business like Showbusiness”


Eine Dokumentation der konzessionierten professionellen Theater im Warschauer Ghetto
2

Österreichische Akademie der Wissenschaften


Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte

Theatergeschichte Österreichs
herausgegeben von Michael Rössner
Band X. Heft 9
3

Klaus Berg †

“A Lidl und a Tanc”


oder
“There’s no Business like Showbusiness”
Eine Dokumentation der konzessionierten
professionellen Theater im Warschauer Ghetto

herausgegeben von Annette Langenhorst


und Gabriele Davidsmeyer

wissenschaftlich betreut von Elisabeth Großegger

eingerichtet und mit einem redaktionellen Kommentar versehen


von Magdalena Baran-Szołtys
und Kerstin Mayerhofer
4

Angenommen durch die Publikationskommission der philosophisch-historischen Klasse der


Österreichischen Akademie der Wissenschaften:

Michael Alram, Bert G. Fragner, Andre Gingrich, Hermann Hunger,


Sigrid Jalkotzy-Deger, Renate Pillinger, Franz Rainer, Oliver Jens Schmitt,
Danuta Shanzer, Peter Wiesinger, Waldemar Zacharasiewicz

Veröffentlicht mit Unterstützung


der DDr. Franz-Josef Mayer-Gunthof Wissenschafts- und Forschungsstiftung

Bildnachweis für das Cover: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-26A / Ludwig Knobloch, Mai 1941
Der Titel des Buches soll an das Jiddische anklingen, ist eine Umschrift oder Transkription
aus dem Jiddischen und bedeutet „Ein Lied und ein Tanz.“

Diese Publikation wurde einem anonymen, internationalen Begutachtungsverfahren unterzogen.


Peer Review ist ein wesentlicher Bestandteil des Evaluationsprozesses des Verlages
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Bevor ein Buch zur Veröffentlichung
angenommen werden kann, wird es von internationalen Fachleuten bewertet und muss
schließlich von der Publikationskommission der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften genehmigt werden.

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie,
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Die verwendete Papiersorte in dieser Publikation ist DIN EN ISO 9706 zertifiziert und erfüllt
die Voraussetzung für eine dauerhafte Archivierung von schriftlichem Kulturgut.

Alle Rechte vorbehalten.


Copyright © Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 2022
ISBN 978 -3-7001- 8398-3
Lektorat: Claudia Michels, Andrea Sommer-Mathis, Wien
Satz und Covergestaltung: Barbara Ebeling, Wien
Druck: Prime Rate, Budapest
https://epub.oeaw.ac.at /8398-3, https://verlag.oeaw.ac.at
Made in Europe
5

Inhalt

Editorische Notiz I
Vorwort 1

I. Prologe 3

II. Vorwort warschau 6

III. DIe ProfessIonellen konzessIonIerten theater


1. Einleitung 11
2. Prolog 3 – ein Vorgeschmack 20
3. Die Situation der jüdischen Bühnenkünstler 21
4. Das Publikum 32
5. Eine Zeitung für die Juden 36
6. Der Kritiker Herman Czerwinski 40
7. Das Eldorado und die Schmierendebatte 43
8. Reportagen, Anekdoten, Anzeigen, Kritiken und redaktionelle Beiträge 52
9. Impressionen aus den Theatern 71

IV. teatr elDoraDo


1. Das Theater 75
2. Zum Spielplan 77
3. Die Leitung 79
4. Das Schauspielensemble 79
5. Der Star 80
6. Die Kollegen 81
7. Die Regie 83
8. Die Autoren 84
9. Die Musiker 84
10. Die Tänzerinnen 84
11. Der Bühnenbildner 85
12. Die Bilanz 85
13. Das Repertoire 1940 -1942 86
14. Extravorstellungen Teatr Eldorado 87
15. Stücke 88
16. Persönlichkeiten und Anzeigen aus dem Theater Eldorado 128
6

V. Na Pięterku
1. Das Theater 137
2. Die Leitung 137
3. Zum Spielplan 137
4. Das Ensemble 138
5. Das Repertoire 1941 139
6. Stücke 139
7. Anzeigen aus dem Theater Na Pięterku 141

VI. teatr nowy azazel


1. Das Theater 142
2. Zum Spielplan 143
3. Die Leitung 145
4. Familienbande 146
5. Das Ensemble 146
6. Regie 146
7. Die Autoren 147
8. Die Musiker 147
9. Choreographin und Tänzerin 147
10. Der Bühnenbildner 147
11. Bilanz 147
12. Das Repertoire 1941-1942 149
13. Stücke 150
14. Epilog – Ein Film wird gedreht 179
15. Anzeigen aus dem Theater Azazel 184

VII. teatr femIna


1. Vorweggenommener Nachruf oder der Lauf der Zeit 192
2. Ouvertüre 195
3. Das Theater 195
4. Zum Spielplan 196
5. Die Leitung 198
6. Das Ensemble 198
7. Die Regie 200
8. Die Autoren 201
9. Die Musiker – Komponisten, Librettisten 202
10. Der musikalische Leiter Iwo Wesby 202
11. Die Musiker – Sängerinnen, Sänger 205
12. Die Choreographin und ihre Compagnie 205
7

13. Der Bühnenbildner 206


14. Bilanz 206
15. Das Repertoire 1941-1942 207
16. Stücke 208
Epilog – nach der letzten Vorstellung 234
17. Anzeigen aus dem Theater Femina 235

VII. nowy teatr kameralny 241

1. Das Theater 242


2. Zum Spielplan 243
3. Leitung und Regie – oder: Der Alleinherrscher 244
4. Das Ensemble 244
5. Die Autoren 245
6. Der Bühnenbildner 245
7. Bilanz 245
8. Das Repertoire 1941-1942 247
9. Stücke 248
Exkurs: Der Schauspieler Michał Znicz 252
Exkurs: Marian Hemar 258
10. Anzeigen aus dem Theater Kameralny 272

IX. meloDy Palace


1. Das Theater 281
2. Zum Spielplan 284
3. Die Leitung 284
4. Das Ensemble 285
5. Die Regie 285
6. Autoren 286
7. Musik, Musikalische Leitung, Choreographie, Bühnenbild 286
8. Bilanz 286
9. Veranstaltungen vor Spielzeiteröffnung durch die Zajdermantruppe 287
Exkurs: Abraham Rubinsztajn 288
Exkurs: Marysia Ajzensztadt „Nachtigall des Ghettos“ 295
10. Das Repertoire 1941 297
11. Stücke 297
12. Anzeigen aus dem Theater Melody Palace 304

Emanuel Ringelblum 305


8

X. ePIlog 307

Verzeichnis der Akteure


1. Theaterleitung 311
2. Autoren 312
3. Regie 317
4. Darstellerinnen und Darsteller 320
5. Tanz und Choreographie 341
6. Komponisten, Sängerinnen, Sänger, Dirigenten 343
7. Ausstattung und Bühnenbild 346

Literatur 349
Verzeichnis der Abbildungen 351
Personenregister 357
Stückregister 363
I

eDItorIsche notIz

Klaus Berg konnte aufgrund seines Ablebens das Manuskript für das vorliegende Buch
nicht mehr selbst für die Publikation aufbereiten und fertigstellen. Diese verantwortungs-
volle Aufgabe fiel somit auf die Herausgeberinnen und Redakteurinnen zurück. Sie ließ
sie mit teilweise offenen Fragen hinsichtlich der formalen Überarbeitung zurück und
erforderte Entscheidungen. Der Anspruch der Redaktion lag darin, so viel wie nötig, aber
so wenig wie möglich zu ändern, um einerseits den spezifischen Stil sowie den doku-
mentarischen Anspruch Klaus Bergs beizubehalten, andererseits das Buch relativ leicht
lesbar und handhabbar zu gestalten. Das Buch sollte sowohl Klaus Berg als auch den
Theatern im Warschauer Ghetto gerecht werden und diese so authentisch wie möglich
abbilden, gleichzeitig aber auch Einblicke in die persönliche dokumentarische Arbeit
von Klaus Berg liefern. Klaus Bergs Intention und Motivation für das Buch war es, die
Geschichte der Theater des Warschauer Ghettos zu erzählen, mit einer sehr persönli-
chen Note, die nahezu ein Näheverhältnis zu den einzelnen Akteurinnen und Akteuren ent-
stehen lässt. Bergs Erzählung liest sich an vielen Stellen mal wie eine Familiengeschichte,
mal wie ein Investigativroman, mal wie eine Theaterkritik mit viel Fingerspitzen-
gefühl. Gleichzeitig war es Klaus Berg ein Anliegen, die Geschichte der Warschauer
Ghetto-Theater nicht nur zu erzählen, sondern auch zu dokumentieren. Das vorliegende
Buch stellt daher auch eine Art Archiv dar, das eine Vielzahl an schriftlichen und visu-
ellen historischen Quellen aus dem Warschauer Ghetto umfasst und in diesem Sinne
auch als Nachschlagewerk oder Konkordanz verwendet werden kann. Beide Ansprüche
Klaus Bergs wurden bei der Redaktion des Buches berücksichtigt und sorgfältig um-
gesetzt.
In diesem Sinne wurde die Ordnung des Materials nach Bergs Gliederung in Theater
beibehalten, um die Intention der Arbeit als Dokumentation zu unterstützen. Zur besseren
Lesbarkeit und für mehr inhaltliche Einblicke wurden Rezensionen und Kritiken den
Theatern und Stücken innerhalb der einzelnen Kapitel beigefügt; im Originalmanuskript
befanden sich diese im Anhang. Durch Klaus Bergs Übertragung der fast ausschließlich
polnischen Quellen ins Deutsche wurde es möglich, das reichhaltige Theater im War-
schauer Ghetto auch einem nicht-polnisch-sprachigen Lesepublikum zu vermitteln.
Eine Auswahl an repräsentativen Zeitungsanzeigen in Bildform zu den Theaterstü-
cken schließt die einzelnen Kapitel ab. Verzichtet wurde auf die Wiedergabe sämtlicher
von Klaus Berg gesammelten Anzeigen, um Redundanzen zu vermeiden. Ergänzungen
oder Streichungen wurden vorgenommen, wo es zweckdienlich schien; so etwa wurde
auf den Abdruck des gesamten Drehbuchs von Miłość szuka mieszkania von Walentin
Katajew in der Bearbeitung von Jerzy Jurandot verzichtet, da bereits eine entsprechende
Publikation andernorts vorliegt. Ebenfalls gestrichen wurde Bildmaterial bei zu geringer
II Editorische Notiz

Qualität. Fehlende Quellenangaben wurden, soweit es uns möglich war, ergänzt, an


einigen Stellen jedoch mussten sie trotzdem lückenhaft bleiben.
Eine besondere Herausforderung stellte die Schreibweise der Namen der historischen
Akteurinnen und Akteure dar. Diese konnten sowohl in ihrer Transkription aus dem Jiddi-
schen vorliegen als auch in einer polonisierten oder eingedeutschten Form. Für das Buch
wurde schließlich die von Klaus Berg ursprünglich angeführte Schreibart beibehalten,
d. h. die Namen wurden nicht eingedeutscht oder polonisiert (Beispiel: Aron Ajnhorn
statt etwa Aaron Einhorn oder Dora Fakiel statt Dora Fakielnówa). Für die allermeisten
Eigennamen gibt es mehrere Schreibweisen, die in den historischen Quellen ohne Rück-
sichtnahme auf Transkriptionsregeln, die während der 1940er Jahre freilich noch nicht
vorlagen, sowie auf Einheitlichkeit angeführt werden. Im vorliegenden Buch wurde zur
besseren Orientierung im Reigen der unzähligen Akteurinnen und Akteure der Theater
des Warschauer Ghettos jedoch eine Vereinheitlichung angestrebt. Kam eine Person unter
mehreren oder unterschiedlich geschriebenen Namen vor, wurde die Schreibweise im
Fließtext des Buches gemäß der am häufigsten verwendeten Variante vereinheitlicht.
Andere Varianten finden sich jedoch etwa in direkten Zitaten aus der Gazeta Żydowska.
Alle belegten Namensvarianten samt Pseudonymen werden am Ende des Buches in einem
Register angeführt.
Mit dem vorliegenden Buch übergeben wir an die Leserinnen und Leser einen Band,
bei dessen Fertigstellung wir den Balanceakt zwischen authentischer Beibehaltung des
Originals und guter Lesbarkeit der Überarbeitung so umfassend und gleichzeitig so sorg-
fältig wie möglich auszuführen versucht haben.
Magdalena Baran-Szołtys
Kerstin Mayerhofer

Wien, Dezember 2020

Die Quellenangaben zu den Abbildungen wurden durch sorgfältige und intensive Recher-
che ermittelt. Die beiden Herausgeberinnen danken den zahlreichen Archiven und Samm-
lungen für die Unterstützung bei der Bildsuche. In einigen Fällen konnten die rechtlichen
Inhaber jedoch leider nicht ausfindig gemacht werden. Falls sich hierdurch Ansprüche
bezüglich des Publikationsrechtes ergeben sollten, bitten wir Sie, sich an den Verlag oder
die Herausgeberinnen zu wenden.
Gabriele Davidsmeyer, Göttingen,
Annette Langenhorst, Hohengandern,

im April 2021
Vorwort 1

Vorwort

Liest man die Theateranzeigen, die redaktionellen Beiträge und Theaterkritiken in der
Gazeta Żydowska, käme man nie auf die Idee, dass die sensationellen Vorstellungen, die
großen Publikumserfolge und die mit Ovationen gefeierten Aufführungen im Warschauer
Ghetto stattfanden – dennoch waren sie Teil des Ghettolebens. Am Ausgangspunkt dieser
Arbeit stand die Entdeckung der Kronika Getta Warszawskiego von Emanuel Ringelblum1
in der Bibliothek der Polonisten der Universität Göttingen, wo sie ausgemustert (wohl
wegen mangelnden Leserinteresses, die Seiten waren noch nicht einmal aufgeschnitten)
auf einem Mitnahmetisch lag. In der Kronika Getta Warszawskiego, einer Art Tagebuch,
das Emanuel Ringelblum neben der Leitung des von ihm gegründeten „Ghettoarchivs“
(Oneg Szabat) – im Grunde in seiner Freizeit – verfasste und in dem er Ereignisse im
Ghetto tatsächlich „mit heißer Feder notierte,“ schreibt er: „Gestern war ich im jüdischen
Theater. Für zwei Stunden vergaß man die traurige Welt“ und „Im Ghetto spielen fünf
Theater.“
Damit waren die Weichen gestellt. Bis dahin hatte ich, wie auch die meisten meiner
Theaterkollegen, über Theater im Warschauer Ghetto – wenn überhaupt – äußerst nebu-
löse Vorstellungen, die sich darin erschöpften, dass arme verzweifelte jüdische Schauspie-
ler und Schauspielerinnen auf die Bühne gehen, dort Lessings Nathan der Weise geben,
während im Publikum betrunkene Deutsche sitzen und dazwischen grölen. Geradezu
typisch für diese vorurteilshafte Sichtweise ist eine heutige Besprechung einer im Ghetto
geschriebenen Boulevardkomödie, die mit der mitleidheischenden Phrase endet: „Wahr-
scheinlich wurde das Stück nur einmal gespielt.“ Nichts davon hat sich bei der Arbeit an
diesem Thema bewahrheitet. Auf den Spielplänen der Theater standen meist rührselige
„Schmonzetten“ und Volkskomödien, Deutsche waren in den Vorstellungen nicht zu sehen,
da ihnen nichts ferner lag, als sich in „jüdische Läusebuden“ zu setzen, um sich Stücke
auf Jiddisch oder Polnisch anzusehen, und die oben erwähnte Boulevardkomödie war ein
Kassenfüller, sie wurde 39 mal aufgeführt.
Aufgrund meiner Berufserfahrung (Schauspieler, Regisseur und Intendant) konnte
ich bei der Arbeit an diesem Thema Produktionsabläufe von Stücken, Organisation von
Aufführungen, Personal- und Spielplanpolitik, Umbesetzungen, gekippte Premieren und
Intrigen gut nachvollziehen und schnell feststellen, dass die Theaterwelt eine Welt für sich
ist, heute wie auch im Warschauer Ghetto – sieht man von der Tatsache ab (wenn dies
überhaupt möglich ist), dass auf den Bürgersteigen vor den Theatern Tote lagen, die mit

1 Vgl. Emanuel Ringelblum, Kronika Getta Warszawskiego, Wrzesień 1939 – styczeń 1943, War-
schau 1983.
2 Vorwort

Seiten der Gazeta Żydowska zugedeckt waren, auf denen großformatige Anzeigen wie
„Große Premiere,“ „Sensationelle Aufführung,“ „Der Renner im Viertel“ thronten. Dank
der Kritiken, der redaktionellen Beiträge über Theater, Theateranzeigen und Sekundär-
literatur war es möglich, eine nahezu vollständige Dokumentation über die Theater im
Warschauer Ghetto zu erstellen, die eine Erinnerung und Würdigung meiner Kolleginnen
und Kollegen sein soll, hinter deren Namen „in Treblinka vergast,“ „im Ghetto umgekom-
men“ oder „im Gefängnis erschossen“ steht und von denen die wenigsten überlebt haben.

Klaus Berg †
Hohengandern, November 2018
Vorwort 3

I. Prologe

PROLOG 1 – DIE EINEN

Denkt man an den Broadway, sieht man vor sich die bunten Neonreklamen, hört die Musik
der Revuen und das Lachen der Zuschauer, die aus dem Theater kommen und in die Bars
gehen, durch deren Scheiben man manchmal Gesichter sieht, an die man sich ein Leben
lang erinnert. Broadway, der magische Ort, die Sehnsucht nach dem Leben, nach Farben
und Erfolg.
Die Einwohner des Warschauer Ghettos nannten Leszno und Nowolipki Broadway,
diese Straßen waren das Zentrum des Showbusiness. In der Nowolipki spielte das Nowy
Azazel, und das Teatre Kameralny lud zu seinen Premieren ein. In der Lesznostraße lock-
te das Revuetheater Femina mit Tanz, Gesang und Satire. Die Konkurrenz war scharf,
wovon die zahlreichen Theateranzeigen in der Gazeta Żydowska zeugen: 4000 Plätze,
die verkauft werden mussten, warteten auf Theaterliebhaber oder Menschen, die sich an
die Vorkriegszeiten erinnern wollten […]. Wegen der Polizeistunde begannen die Vor-
stellungen in der Regel schon um 17 Uhr, aber es gab keinerlei Zweifel, Nowolipki- und
Leszno-Straße: dies war der Broadway. Hier wurden Stars geboren, hier gab es Rivalität,
erbitterte Streitereien, Kampf um Solos, Texte, Applausordnungen und höhere Gagen.
Hier verschafften die Theaterdirektoren sich Geld für Premieren, indem man den Ghetto-
Neureichen Beteiligungen an den Einnahmen anbot, die aber auch ihre Töchterchen, ihre
Geliebten oder ihre Frauen gegen einen angemessenen Betrag in todsicheren Nummern
auftreten lassen konnten. Es war genau wie in der Vorkriegszeit, sogar die Wutanfälle
der Diva, wenn der Direktor sich unterstand vorzuschlagen, dass sie mit einer weniger
bekannten Sängerin die Garderobe teilen sollte.2

PROLOG 2 – DIE ANDEREN

Auf der riesigen Bühne [des Femina] erscheint eine kleine, unscheinbare Schauspielerin
in einem bescheidenen schwarzen Kleid. Nach ihren ersten Worten wird es so still im
Saal, dass man sogar das Zischen einer defekten Karbidlampe auf der Bühne hören kann.
Ada spricht. Das unberechenbare, oft wankelmütige Publikum hängt an ihren Lippen, ver-
zaubert von der Ausstrahlung dieser kleinen Gestalt auf der Bühne. Man hört keinen Laut
im Saal und auch als der Vorhang gefallen ist, dauert diese Stille noch eine Weile. Und

2 Ryszard Marek Groński, Proca Dawida. Kabaret w przedsionku piekieł, Warschau 2007. Alle
Übersetzungen stammen, wenn nicht anders angegeben, vom Autor selbst.
4 I. Prologe

dann, plötzlich, gibt es einen, ja einen wahrhaftig sturmgleichen Beifall, einen Beifall für
diese poetischen Verse, wie er sonst nur bei zweideutigen Liedern oder scharfen aktuellen
Witzen zu hören ist […]
Ada ging jeden Tag in die Gęsia, wo sie für einen Teller Suppe in einer Grundschule
bei Kinderstücken Regie führte. Diese Wassersuppe mit einer kleingeschnittenen Kar-
toffel wurde ihr von einem der Schulkinder ins Theater gebracht und war oft die einzige
Mahlzeit am Morgen […] Ada hatte es am schwersten von uns allen, weil sie völlig allein
war, sie hatte außer den Theaterkollegen niemanden auf dieser Welt, aber sie war immer
wohlgelaunt. Zwei-, manchmal viermal am Tag ging Ada den Weg von ihrer Wohnung
ins Theater und wieder zurück, da sie im sogenannten „kleinen Ghetto“ wohnte. Nach-
dem die Deutschen nach einigem Hin und Her die Ghettogrenzen festgelegt hatten, gab
es zwei ummauerte Städte – eine größere und eine kleinere, beide waren einzig durch
die Żelazna-Straße verbunden, eine sowieso schon enge Gasse, die dazu auch noch durch
eine Mauer in der Mitte der Fahrbahn geteilt war. Durch dieses Nadelöhr quetschte
sich eine eng gedrängte Menschenmasse, die Leute schoben, versuchten durchzukom-
men und traten sich gegenseitig auf die Füße. Aber das war noch nicht alles. Von den an-
fänglich sieben Ghettoausgängen befanden sich drei in der Żelazna-Straße. Dreimal vom
kleinen ins große Ghetto, das hieß, man musste dreimal an den Wachen der Gendarmen
vorbei, sich verbeugen, auf Befehl galoppieren und stehenbleiben, Geschrei hören
und stumm Schläge ertragen [...] Viermal am Tag machte Ada Połomska diesen Weg
meist zu Fuß. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie durch die Straßen ging, halb rennend,
klein, schwach, nach vorne geneigt, bei schlimmstem Frost in einem dünnen Mäntel-
chen und in viel zu großen Stiefeln, die sie sich von irgendjemandem geborgt hatte. Vier
Mal am Tag – und niemals kam es vor, dass sie zu spät zur Aufführung oder Probe kam.
Manchmal konnte ich bei der Direktion für sie eine kleine Gagenerhöhung erzwingen,
von sich aus wäre sie nie auf die Idee gekommen, obwohl alles von Tag zu Tag teurer
wurde, obwohl ihre Gage gerade mal für einen Laib Brot alle drei Tage reichte. Niemals
hatte ich mit Ada irgendwelche Schwierigkeiten bei der Besetzung von Rollen. Wir
spielten nahezu ausnahmslos Revuen, Operetten und Musikalkomödien, die ihr keiner-
lei Möglichkeiten boten, ihr großes Talent für Charakterrollen zu zeigen, und wenn ich
ihr gelegentlich kleinere Rollen anbieten konnte, schämte ich mich dafür. Aber Ada
übernahm auch die kleinsten Wurzen3 und machte aus ihnen mit einem Lächeln kleine
Kunstwerke.
Mit dem Winter begann für die Schauspieler unseres Theaters die schlimmste Zeit.
Ada hatte beide Hände verbunden, ihre Finger waren erfroren und eiterten. Es wurde von
Tag zu Tag schlimmer, ihr Körper hatte nichts entgegenzusetzen. Die Verbände nahm sie

3 Theaterjargon – eine Rolle, in der das Können einer Schauspielerin bzw. eines Schauspielers nicht
zur Geltung kommt. In Österreich auch ein Auftritt nur in der ersten und letzten Szene.
I. Prologe 5

kurz vor dem Auftritt ab, um sie sich nach ihrer Nummer wieder anzulegen. Ich habe nie-
mals gehört, dass sie sich über irgendetwas beklagt.4
Ada Połomska spielte am Femina vom 5. Dezember 1941 bis 24. Juni 1942 in sieben
Stücken. Zwei Wochen nach Beginn der „Wielka Akcja“ (22. Juli 1942)5 wurde sie nach
Treblinka gebracht und dort vergast.

4 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 2 lata w warszawskim getcie, Warschau 2014, 241– 43.
5 Die „Große Aktion” bezeichnet die Auflösung des Warschauer Ghettos zwischen 22. Juli und
21. September 1942 als Teil der systematischen Vernichtung der polnischen Jüdinnen und Juden.
Der Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner der Ghettos wurde in das Vernichtungslager
Treblinka deportiert, mehrere Tausende wurden während der „Wielka Akcja“ noch im Ghetto
selbst ermordet.
6 II. Vorwort Warschau
Vorwort

II. Vorwort warschau

In der Zwischenkriegszeit (1918 –1939) lebten in Warschau 380.000 Juden und stellten
die größte jüdische Gemeinschaft in Europa (nach New York die zweitgrößte der Welt)
dar. Nahezu 30 % aller Einwohner Warschaus waren Juden, darunter weilten auch Theater-
leute und somit existierten neben den polnischen Theatern auch jüdische. Es gab jüdische
Theaterdirektoren, Schauspieler, Schauspieltrupps und ganze Schauspielerfamilien, die
im Land herumzogen, für ein oder zwei Spielzeiten Engagement fanden, nach der letzten
Dernière ging man dann aber wieder getrennte Wege.
Da die jüdischen Theater so gut wie keine finanzielle Unterstützung seitens der
jüdischen Gemeinden (die orthodox-religiöse Partei Agudas Israel bekämpfte in den
Gemeinden Theater als gottlos und schädlich) erhielten, gab es entsprechend harte Aus-
einandersetzungen zwischen den Theaterdirektoren – die als erste in die Kasse griffen –
und den Schauspielern, was 1919 zur Gründung der „Gewerkschaft jüdischer Künstler in
Polen“ führte, die 1925 in „Gewerkschaft jüdischer Bühnenkünstler“ umbenannt wurde.
Um möglichst hohe Einnahmen zu erzielen, wurde der Spielplan ganz auf die Vorlieben
des Publikums (Kleinkaufleute, Handwerker, Angehörige der Mittel- und Unterklasse)
ausgerichtet („chinka-pinka,“ das war ein Stück, das „Pinke Pinke“ brachte) – „das Publi-
kum liebte dieses Schmierentheater, Assimilierte oder Polonisierte hingegen blieben diesen
Stücken fern und gingen in die polnischen Theater.“ 6 Diese Trennung – hier jüdisches,
dort polnisches Theater – wich mit der Zeit einer gegenseitigen Akzeptanz, ausgezeichnete
polnische Schauspieler spielten Stücke jüdischer Autoren und jüdische Schauspieler be-
suchten polnische Schauspielschulen. Mit Der Dybuk von Szymon Anski gelang der Durch-
bruch. Das Stück wurde 1920 im Elysium-Theater von der Trupa Wileńska aufgeführt und
danach mit großem Erfolg von polnischen Bühnen übernommen.
Die Trupa Wileńska (Wilnaer Ensemble) unter der Leitung von Mordechai Mazo ge-
hörte zu den führenden und anerkanntesten Theatertruppen Warschaus, sie spielte von 1918
bis 1922 in der Hauptstadt, zog dann sechs Jahre durch die Provinz, um schließlich von
1928 bis 1932 wieder in Warschau aufzutreten.
Weitere Theater bzw. Theatertruppen waren das von Jonas Turkow 1929 gegründete
WNIT (Warszewer Najer Jidisze Teater) und Michał Weicherts Żydowski Studio Teatr
Młodych (Jung Teater) sowie eine Reihe Kleinkunstbühnen und Kabaretts, darunter das
bekannteste, das Azazel, in dem u. a. Chaim Sandler, der spätere künstlerische Leiter des
Nowy Teatr Azazel, auftrat. 1939 gab es in Warschau drei Theater, deren Klientel das
jüdische Publikum war.

6 Barbara EnGElkinG, Jacek lEociak, Getto Warszawskie, Przewodnik po niestniejącym mieście,


Warschau 2013, 584.
II. Vorwort Warschau 7

1. TEATR NoWośCI, DłUGA 25 / HIPoTECZNA 8

Abb. 2: Das Theater Nowości in der Długa-Straße 25 / Hipoteczna-Straße 8.

Spielplan 19397

Im Nowości waren in der Spielzeit 1939 folgende Aufführungen zu sehen:


Pani Mecenas von Louis Verneulle (Übersetzung: Ida Kamińska, Jonas Turkow; Regie:
Ida Kamińska; Ausstattung: Aleksander Liberman; Besetzung: Ida Kamińska, Altbojm,
Dora Fakiel, Marian Melman, Bożyk, J. Günsberg, N. Meissner). Chasia Sierota von Jakub
Gordin; Aufführung des Warszewer Jidiszer Kunst Teater (WIKT), das von Zygmunt
Turkow und Ida Kamińska ins Leben gerufen wurde, mit dem Stück Owczego Żródła von
Lope de Vega (Übersetzung: Aron Kusznirow; Inszenierung und Regie: Ida Kamińska;
Ausstattung: Iwo Gall; Musik: Izrael Szajewicz; Besetzung: Ida Kamińska, Marian Mel-
man, Dora Fakiel, Kurlender, Domb, Bożyk). Nach dessen Dernière verließ Ida Kamińska
das Nowości und ging nach łódz. Gastspiel des Folks un Jugnt-Teater unter der Leitung
von Klara Segałowicz mit Burza von William Shakespeare (Übersetzung: Aron Cejtlin;
Inszenierung: Leon Schiller; Regie: Maksymilian Wiskind; Ausstattung: Władysław
Daszewski; Musik: Artur Malawski; Choreographie: Tacjanna Wysocka); Mejlech
Frejlech, Volksstück in 3 Akten von Jakub Preger (Regie: Michał Brandt; Ausstattung:
St. Dobrzyński; Musik: Izrael Szajewicz; Choreographie: Zina Krusz; Besetzung: Cypora

7 Informationen über Stücke und Theaterleute, vgl. Tomasz Mościcki, Teatry Warszawy 1939, War-
schau 2009.
8 II. Vorwort Warschau

Fajnzylber, Władysław Godik, Estera Goldenberg, Natalia Lipman, Miriam Rozen, Kawi-
ner); Gastspiel des WIKT, jetzt unter Leitung von Zygmunt Turkow mit Sulamita (Regie:
Zygmunt Turkow; Ausstattung: Fritz Kleinman; Musik: Szymon Prysament; Besetzung:
Bal, Eisenberg, D. Epstein, A. Feller, I. Grudberg; L. Lewicka, Jakub Mandelblit, G. Messer,
Naomi Natan, Chaim Nysencwajg, Ester Perelman, M. Tal, Zygmunt Turkow, Perla Ulrich,
M. Żak, R. Zamin). Sulamita war das letzte Stück im Nowości, am 19. September 1939
wurde das Theater von der deutschen Luftwaffe zerstört.
Von den 31 am Nowości in Kritiken erwähnten Künstlern fanden sechs Engagements
an jüdischen Ghettotheatern:
Maks Wiskind führte im Eldorado Regie bei dem Stück Der Dorfs Jung, er spielte
im Nowy Teatr Azazel fünf Stücke, im Teatr Femina sieben Stücke und im Nowy Teatr
Kameralny ein Stück; Dora Fakiel spielte am Teatr Eldorado in drei Stücken mit 81 Vor-
stellungen mit; Estera Goldenberg fand im Teatr Eldorado in drei Stücken Engagement
(86 Vorstellungen); Naomi Natan hatte drei Engagements am Teatr Eldorado und spielte
drei Stücke (72 Vorstellungen); Chaim Nysencwajg spielte am Teatr Femina ein Stück
(sechs Vorstellungen). Aleksander Liberman war für das Bühnenbild verantwortlich im
Eldorado (sieben Stücke), im Nowy Teatr Azazel (fünf Stücke), im Teatr Femina (sieben
Stücke) und im Nowy Teatr Kameralny (ein Stück).

2. SCALA, DZIELNA-STRASSE 1

Abb. 3: Das Scala, Dzielna-Straße 1.

Das Scala, aus dem später im Ghetto das Teatr Eldorado wurde, hatte sich ganz auf jiddi-
sche Volksstücke und Volksoperetten spezialisiert und hatte 1939 auf dem Spielplan: Jego
II. Vorwort Warschau 9

wymarzony sen von L. Frajman (Regie: Paul Burstein; orchesterleitung: Dawid Beigel-
man; Besetzung: Lilian Lux, Paul Burstein, Jakubowicz, Maniela, Zomin, Ariel, Gurwicz,
Dawid Hamburger u.a.); A meszugene Welt von Chaim Sandler und Sz. Berman (Regie:
Chaim Sandler; Besetzung: Chaim Sandler, Ajzyk Samberg; orchesterleitung: Dawid
Bejgelman; Ausstattung: Aleksander Liberman); die satirischen Komödien Nadir un wajn
nyszt mit Texten von L. Goldsztejn, M. Nudelman, Mordechai Gebirtig, A. Szyml, Tafft
(Textmontage und Regie: Szymon Dżigan, Izrael Szumacher; Musik: Dawid Bejgelman,
Stronk; Choreographie: Aneta Rajzer; Besetzung: Rubina, Bern, Szymon Dżigan, Józef
Kamen, Mosze Pulawer, Izrael Szumacher u. a.); Azoj is dus leben von Fridzon (Regie:
M. Lipman; Besetzung: Maks Bryn, Simcha Fostel, Feder, Władysław Godik, Kareni,
Kaswiner, Klein, Landau, Chana Lewin, M. und Natalia Lipman, L. Szapiro, Symcha
Szeftel u. a.; orchesterleitung: Szymon Wajnberg) und Josie Kałb von Izrael Joszua
Singer (Musik: L. Kacyn; Regie: Aleksy Stein; Choregraphie: L. Szapiro; Ausstattung:
Aleksander Liberman; musikalische Leitung: Szymon Wajnberg).
Von den 33 am Scala in Kritiken erwähnten Künstlern fanden acht Engagements an
jüdischen Ghettotheatern:
Dawid Hamburger spielte am Teatr Nowy Azazel in drei Stücken mit 83 Vorstellungen
mit. Chaim Sandler führte am Teatr Nowy Azazel bei sechs Stücken Regie und spielte
in neun Stücken (226 Vorstellungen). Ajzyk Samberg hatte zehn Regiearbeiten am Teatr
Nowy Azazel, ein Schauspielengagement im Teatr Eldorado (46 Vorstellungen) und
spielte im Teatr Nowy Azazel in elf Stücken (264 Aufführungen). Maks Bryn hatte im
Eldorado ein Engagement für zehn Stücke (331 Aufführungen). Symcha Fostel spielte
am Teatr Eldorado drei Stücke (128 Aufführungen), am Melody Palace zwei Stücke (54
Aufführungen) und am Teatr Nowy Azazel acht Stücke (176 Vorstellungen). Szymon
Wajnberg hatte vier Engagements am Teatr Nowy Azazel (87 Aufführungen). Aleksander
Liberman – siehe Auflistung zu Nowości; Aneta Rajzer war Tänzerin, Choreographin und
Solistin in Sulamita am Teatr Nowy Azazel.

3. ŻyDoWSKA SCENA KAMERALNA

Mit ihrem Theater Żydowska Scena Kameralna, das in der Judaistischen Bibliothek in der
Tłomacka-Straße 3/5 spielte, versuchten Jonas Turkow und Diana Blumenfeld, jüdischen
Intellektuellen moderne polnische, ins Jiddische übersetzte Theatertexte nahezubringen.
1939 standen auf dem Spielplan: Freuda Teoria Snów von Anton Cwojdziński (Regie und
Besetzung: Jonas Turkow, Diana Blumenfeld); Dnia jego powrotu von Zofia Nałkowska
(Besetzung: Diana Blumenfeld, Ania Fedrówna, Leo Lorne, Jonas Turkow); Kariera von
László Fodor (Besetzung: Diana Blumenfeld, Miriam orleska, Józef Glicson, Herman
Halpern, Leon Lerner, Jonas Turkow).
Von den sieben in Kritiken erwähnten Künstlern der Żydowska Scena Kameralna fan-
den drei Engagements an jüdischen Ghettotheatern:
Jonas Turkow führte bei einem Stück (27 Vorstellungen) am Teatr Femina sowie eben-
10 II. Vorwort Warschau

falls bei einem Stück (44 Aufführungen) im Nowy Teatr Kameralny Regie. Diana Blumen-
feld spielte im Femina in fünf Stücken (153 Aufführungen) und im Nowy Teatr Kameralny
in einem Stück (44 Vorstellungen) mit.

Abb. 4: Diana Blumenfeld in der Mitte der Bühne.


11

III. DIe ProfessIonellen konzessIonIerten theater

1. EINLEITUNG

Alle professionellen Theater im Ghetto waren Unternehmen mit einer Direktion, Teilha-
bern, Konzessionsinhabern und Geschäftsführern. Danach kamen als Verantwortliche für
die Spielplangestaltung die künstlerischen Leiter, die gegenüber den Direktoren für den
finanziellen Erfolg der Stücke verantwortlich waren.
Auf dem Spielplan der Theater standen Melodramen, Volksstücke, Revuen und Ope-
retten – seltener Klassiker oder sog. anspruchsvolle Stücke. Viele Stücke waren schon
in der Vorkriegszeit Kassenschlager, die Schauspieler und Schauspielerinnen routinierte
Darsteller, wie z. B. Michał Znicz, gefeierter Film- und Bühnenschauspieler, der die Rolle
des Nechumec im Stück Mirla Efros im Nowy Teatr Kameralny zum 500. Mal gab. Neben
diesen „Rennern,“ die schon im Vorkriegspolen von jüdischen Bühnen gespielt wurden,
wurden im Ghetto Stücke bearbeitet, umgeschrieben und in Revuen Texte mit manchmal
beißenden satirischen Sketchen und Kabarettnummern zusammengestellt. Erhalten ist der
Originaltext des Stückes Miłość szuka mieszkania von Walentin Katajew in der Bearbei-
tung von Jerzy Jurandot.8 Hatten die Stücke auch Bezüge zum Ghetto, dramatisierten sie
doch keineswegs die „Ghettowirklichkeit,“ sondern dienten der Unterhaltung, manchmal
der „gehobenen,“ vielleicht auch der Ablenkung, vielleicht einer kurzen Flucht vor dem,
was auf der Bühne vor dem Theater gegeben wurde – auf der mit der Gazeta Żydowska
zugedeckte tote Menschen lagen. Für die Theater galt:

Kein Dialog über Hunger, über den ewigen Mangel an Lebensmitteln, über die Träume von
gefüllten Mägen. Dafür bezahlten die Zuschauer nicht, sie wollten kein Gejammer hören.9

Die Strukturen der professionell konzessionierten Theater sahen wie folgt aus:

Bezeichnung Funktion Zuständigkeit


Dyrektor Geschäftsführer Finanzen, Verwaltungsangelegenheiten
Dyrektor artystyczny Künstlerischer Leiter Spielplan, Engagements
an größeren Theatern
Kierownik artystyczny Künstlerischer Leiter Spielplan, Engagements
an kleineren Theatern
Dyrektor literacki Dramaturg Stückauswahl, Stückbearbeitung, Spielplan

8 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 301– 401.


9 Henryk Gski, Warszwa – getto. Warszawa po tzw. „stronie aryjskiej,” Pamiętniki Żydów. Sygn.
302/286 (Archiv ŻIH, unveröffentlicht).
12 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Reżyser Regisseur Besetzung, Probenpläne, Probenarbeit usw.


Kierownik muzycny Musikalischer Leiter Orchesterleitung, Orchesterbesetzung, Chor,
Solisten (Gesang), Dirigat, Arrangements

Als Theaterdirektoren bzw. Konzessionsinhaber fungierten Meier Winder, ehemals Inten-


dant des Nowości, des größten jüdischen Theaters in Warschau (Direktion Eldorado,
Femina), Symcha Ryba (Direktion Eldorado, Femina, Konzession für das Melody Palace),
Józef Hirszfeld, vor dem Krieg Eigentümer des Picadilly und diverser Cafés und Res-
taurants (Direktion Femina, Konzession für Melody Palace), A. Feyerman, Gemüse-
großhändler und Mäzen (Eigentümer und Verwalter Azazel), Chaim Sandler, Film- und
Theaterschauspieler (Azazel) und Regina Judtowa (Konzession Eldorado, Azazel),
Mieczysław Fridman, ehemaliger Verwaltungsdirektor des Nowości (Verwaltungsdirektor
Melody Palace). Danach folgten (und folgen) in der Hierarchie die künstlerischen Leiter,
Regisseure, Schauspieler, Bühnenbildner und das nichtkünstlerische Personal wie Bühnen-
technik, Licht, Einlass, Kasse, Garderobe usw., das in der Gazeta Żydowska selbstver-
ständlich nicht erwähnt wurde, ebenso wenig finden sich Hinweise, wer für die Öffent-
lichkeitsarbeit d. h. Plakatierung, Inserate und Platzierung von Vorberichten in der Gazeta
Żydowska zuständig war und woher das Papier für Plakate und Eintrittskarten kam. Einige
Informationen – das Femina betreffend und auf eine Benefizveranstaltung bezogen – finden
sich bei Jerzy Jurandot:

Als ich bei Boczkowski literarischer Leiter des Mały Qui pro Quo war, besuchte uns öfter ein
junger, intelligenter und sympathischer Drucker, der, wenn ich mich recht erinnere, Szpidlbaum
hieß. Er hatte nicht nur einen ausgesprochen guten Geschmack, wenn es um die Gestaltung
der Plakate ging, sondern war auch höchst solide, gewissenhaft und hielt alle Termine ein, so
dass ihm alle Druckerarbeiten anvertraut wurden. Mit großer Freude stellte ich fest, dass seine
Druckerei jetzt in der Leszno Straße 6 war, genau gegenüber dem Melody Palace [wo die
Benefizveranstaltung stattfand]. Also druckte er für uns alle Plakate und Einladungen […].
Daneben war unser Ensemble mit einigen jungen bildenden Künstlern befreundet, unter ihnen
Zdzich Montag, ein ungewöhnlich talentierter Grafiker und Plakatgestalter, der mit originel-
len Einfällen, witzigen Zeichnungen und einer hervorragenden Farbgestaltung glänzte […].
Wenn nun ein von Zdzich Montag und seinen Kollegen geschätzter Künstler eine Benefiz
hatte, kam es vor, dass sie eine Menge handgemalter Plakate entwarfen und sie an die Mauern
klebten […].10

Ruta Sakowska spricht von einigen hundert Personen, die die konzessionierten Theater im
geschlossenen Bezirk beschäftigten,11 am Femina waren nach Jerzy Jurandot 70 Personen
(künstlerisches und technisches Personal) tätig.12

10 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 434.


11 Vgl. Ruta sakowska, Menschen im Ghetto: Die jüdische Bevölkerung im besetzten Warschau
1939 –1945, osnabrück 1999, 149.
12 Vgl. Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 409.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 13

Über die technische Ausstattung der Theater ist wenig bekannt, es ist zu vermuten, dass
das Eldorado, das in dem früheren Theater Scala spielte, das Melody Palace, in dem
schon in der Vorkriegszeit Vorstellungen stattfanden, das Nowy Azazel, das mit enormem
Aufwand (Bühne, Zuschauerraum, Balkone usw.) im Gebäude in der Nowolipie-Straße 72
neu eingerichtet wurde, das Femina, ein ehemaliges Kino mit 900 Plätzen, und das Nowy
Teatr Kameralny in dem Gebäude in der Nowolipki-Straße 52, das von dem Architekten,
Bauingenieur und Innendekorateur Rubin Szwarc zu einem Theater umgebaut wurde –
dass all diese Theater wohl mit entsprechender Bühnentechnik der damaligen Zeit aus-
gestattet waren. Neben der technischen Ausstattung auf der Bühne benötigt ein Theater
in der Regel auch Werkstätten wie Schneiderei, Tischlerei (Schreinerei), Schlosserei und
einen Malersaal für die Herstellung von Kostümen und Kulissen. Wo und von wem die
z.T. recht aufwendigen Bühnenelemente gebaut und die Prospekte gemalt wurden, konnte
nicht ermittelt werden.
Oft allerdings mussten die Theater unter den primitivsten Bedingungen arbeiten: Als
es im oktober 1941 weder Gas noch Strom in der Leszno- und Nowolipki-Straße gab,
waren Femina und Kameralny, in denen gerade Jim i Jill und Skarb pod latarnią gegeben
wurden, gezwungen, mit Karbidlampen zu beleuchten, d. h. man konnte nur versuchen, die
Bühne irgendwie hell zu machen, und musste auf großartige Lichteffekte (Stimmungen)
verzichten. Jonas Turkow kommentiert dies mit:

Im Femina wurden 4 Sturmlaternen über der Bühne aufgehängt und seitlich der Bühne zwei
Karbidlampen […] Man meinte, in einer Vorstellung im hintersten Winkel der polnischen Pro-
vinz in einem Feuerwehrspritzenhaus zu sitzen.13

Da zudem noch die Heizung ausfiel, wurden kleine gusseiserne Öfchen aufgestellt, die mit
einem System von Rohren verbunden waren. „Sowohl die Damen mit Dekolleté auf der
Bühne, als auch das Orchester und das Publikum froren wie die Schneider.“14 Da Bühne
und Zuschauerraum des Femina in einem betonierten Untergeschoss untergebracht waren,
war es dort schon im Sommer recht kühl, womit man im Sommer 1941 in der Gazeta
Żydowska mit „Das Femina besitzt damit den angenehm kühlsten Saal im Viertel“ warb.15
Schlimm wurde es dann im Winter, wobei die Temperaturen in den Garderoben und im
Zuschauerraum unter den Nullgrad fielen. Diese Kälte dauerte bis in den späten Früh-
ling. Das Publikum saß da, im Mantel, mit Schal und hochgeklapptem Kragen. Den
Beifall konnte man sehen, aber kaum hören, da sich niemand traute, die Handschuhe aus-
zuziehen.

Auf der Bühne ein sonniger Garten (Karbidlampen), lächelnde Schauspieler und Schauspiele-
rinnen, die letzteren in Sommerfähnchen, brauchten all ihre Kräfte, um das Zähneklappern zu

13 Jonas turkow, C’était ainsi: 1939 –1943 la vie dans le ghetto de Varsovie, Paris 1995, 180.
14 Ebd.
15 GŻ/54/2/1941.
14 III. Die professionellen konzessionierten Theater

überspielen […]. Sie lächelten, obwohl sie alle Frostbeulen an Händen und Füßen hatten, sich
in den eiskalten Garderoben umziehen mussten, alle hatten Husten, aber sie spielten, sie spiel-
ten auch, wenn sie 40 Grad Fieber hatten.16

Neben diesen technischen Problemen und Unzulänglichkeiten gab es natürlich auch enor-
me Schwierigkeiten bei Ausstattung, Kostümen, Kulissen, Requisite usw. Jedes Büh-
nenbild, jedes Kostüm erforderte den gleichen Aufwand, mit dem man früher ein ganzes
Stück auf die Bühne brachte. So schildert Jerzy Jurandot, wie er für sein Stück Sprawa
przed drzwiach zamkniętych, einem Stück, das im Gericht spielt, drei Roben, eine für den
Staatsanwalt, eine für den Richter und eine für den Verteidiger brauchte, ohne die selbst-
verständlich eine Aufführung unmöglich war:

Drei Roben! Jedes Requisit, jedes Kostüm, jeder Fetzen war für uns ein riesiges Problem, oft
waren die Sachen trotz größter Bemühungen nicht zu beschaffen. Das mit den Roben war fatal.
Ich fragte alle möglichen Anwälte, die Antwort war jedoch immer die gleiche: Roben gibt’s
nicht. Der eine hatte sie auf der arischen Seite gelassen, oder ein anderer hatte daraus ein Kleid
für seine Frau schneidern lassen. Das irgendwie anders zu machen, war auch völlig aussichts-
los, man hätte die Schauspieler in Zivil auftreten lassen können, allerdings waren deren An-
züge an den Knien und Ellenbogen sehr abgetragen, und das entsprach nun überhaupt nicht
der Würde eines Gerichtes. Es mag vielleicht lächerlich klingen, denkt man an das, was sich
außerhalb des Theaters abspielte, aber ich bekam die ganze Nacht kein Auge zu. Ich konnte
doch nicht einem Publikum, das schließlich für seine Plätze bezahlt hatte, eine Vorstellung
wie im Wohnzimmer meiner Tante zu deren Namenstag zumuten. Jede Theaterfaser meines
Herzens sträubte sich dagegen. Schließlich versprach mir jemand, Roben am Vormittag der
Premiere zu liefern. Ich war dann morgens noch vor allen andern im Theater. Um eins waren
noch keine Roben da. Ich dachte, dass, wenn sie zwei Stunden vor der Premiere da wären, auch
noch Zeit genug sei, ging nach Hause zum Essen und danach wieder ins Theater zurück. Und
da waren die Roben, allerdings nur zwei und es waren keine Roben, es waren vielmehr Um-
hänge für Rabbiner, zwar aus glänzender Seide, aber eben keine Roben. Ich versank in Depres-
sion, ich fluchte, ich schwor, so wahr ich auf dieser Erde stünde, dass ich die Premiere absagen
würde. Panik im Theater.17

Für Nichttheaterleute mag dies alles ziemlich absurd klingen, aber ich kann versichern,
dass solche Vorkommnisse am Theater völlig normal sind, denn schließlich konnten – wie
immer – die Roben beschafft werden, und die Premiere fand selbstverständlich statt – wie
immer.
Hinzu kam, dass es ausgesprochen schwierig war, Texte zu bekommen. Die auf Pol-
nisch spielenden Theater, die auf Grund ihres relativ kleinen Publikums Stücke nach der
Premiere nicht so lange laufen lassen konnten und die sich überwiegend auf Operetten
und musikalische Komödien verlegten, konnten sich diese Texte und Partituren nur über
Umwege beschaffen. Da alle Theateragenturen liquidiert worden waren, kam dabei nur
die Bibliothek des ehemaligen Teatr Polski in Frage, das jetzt Theater der Stadt Warschau

16 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 84.


17 Ebd., 289.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 15

hieß. Im Femina übernahm das ein Theaterbesessener namens Hilary (ebenderselbe be-
schaffte auch die Roben für Sprawa przed drzwiach zamkniętych):

Hilary konnte alles erledigen. Er knüpfte Kontakte zu ehemaligen Beschäftigten des Teatr
Polski, in dem er schon als Kind zwischen den Kulissen herumgekraucht war, und konnte so
einige Stücke beschaffen.18

Daneben gelang es auch Jerzy Jurandot, nachdem er nach etlichen Bemühungen und mit
viel Glück einen Passierschein bekommen hatte, auf der arischen Seite („in der Höhle des
Löwen“) aus einem Stückekatalog die für sein Theater geeigneten Stücke auszusuchen
und sich so Aufführungsmaterial zu beschaffen.
Gespielt wurde täglich, Beginn der Vorstellungen 17.00 Uhr bzw. 17.30 Uhr, 17.45 Uhr
und 18.00 Uhr (je nach Stück und Theater), Vorstellungsende war spätestens 19.45 Uhr
oder entsprechend früher. Am Samstag gab es in der Regel zwei Vorstellungen, eine
14.30 Uhr oder 14.40 Uhr bzw. 15.00 Uhr zu ermäßigten Preisen (nicht alle Theater), die
anderen dann wieder zu Normalpreisen zur üblichen Zeit am Frühabend; das Eldorado
spielte auch, wenn die Aussicht auf größere Einnahmen (z.B. an Feiertagen) günstig war,
drei Vorstellungen an einem Tag. So wurde am 13. und 14. April um 12.00 Uhr die Revue
Parada Przebojów und um 15.00 Uhr und 18.00 Uhr Dus Dorfs Mejdł gegeben.
Einen besonderen Werbeeinfall – Ermäßigungen betreffend – hatte die Direktion des
Nowy Teatr Kameralny, indem sie in einer Annonce mit Skarb pod latarnią warb: „Ver-
günstigung für Leser der Gazeta Żydowska! Inhaber des Gutscheins erhalten beim Kauf
eines Billetts zusätzlich eine Freikarte. Gilt nicht für Samstag und Sonntag,“ und auch das
Nowy Teatr Kameralny stellte für die letzten Vorstellungen von Moje żony mnie zdradzają
stark ermäßigte Billetts in Aussicht.19
Die ungewöhnlich frühen Anfangszeiten waren den Ausgangssperren im Ghetto
geschuldet, die zwar öfter wechselten, aber in der Regel von 21.00 Uhr bis 7.00 Uhr mor-
gens galten. So finden wir in dem Redaktionsbeitrag Mirla Efros in der Gazeta Żydowska
vom 8. August 1941 den Hinweis:

Anzumerken ist, dass die Vorstellungen pünktlich um 17.40 Uhr beginnen und um 19.25 Uhr
enden, was den Besuchern dieses ausgezeichneten Stückes erlaubt, nach der Vorstellung recht-
zeitig auch in die weit entferntesten Wohnungen im Viertel zurückzukommen.20

Im Durchschnitt erlebte ein Stück 32 Aufführungen, Premieren waren meist freitags –


wobei es 17 Mal zu Doppelpremieren kam, d.h. zwei Theater hatten am gleichen Tag
Premiere – die Dernièren des vorher gespielten Stücks waren mittwochs. Das bedeutet,
dass zwischen Dernière und nächster Premiere lediglich ein Endprobentag lag, an dem

18 Ebd., 292.
19 GŻ/102/6/1941.
20 GŻ/69/5/1941.
16 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Licht und Bühnenbild eingerichtet werden mussten und es wahrscheinlich auch eine
Generalprobe gab. Geprobt wurde während des laufenden Spielbetriebs. Lief ein Stück
nicht, sei es, weil es vom Publikum nicht angenommen wurde, sei es aus Kostengrün-
den – wie z. B. im Nowy Teatr Kameralny: „Das schöne Stück Pieśniarze von A. Marek,
wird auf Grund der hohen Kosten jetzt schon die letzte Woche gespielt“21 – wurden
Stücke, manchmal sehr kurzfristig, vom Spielplan ab- und die nächste Premiere angesetzt.
Diese kurzfristigen Spielplanänderungen kamen zwar nicht so oft vor, zeigen aber, dass
zumindest die jiddischsprachigen Theater über ein Stückerepertoire verfügten, auf das
sie ohne längere Probenarbeit zurückgreifen konnten. Ein Beispiel seien die Stücke Di
rumenisze chasene und Dus Dorfs Mejdł. Ersteres wurde Mitte Juli anlässlich des 25-jäh-
rigen Bühnenjubiläums von Direktor Meier Winder im Eldorado in einer Sondervorstel-
lung gegeben (gespielt wurde in dieser Zeit A hajm far a mame). Offensichtlich hatten
Darsteller wie Dawid Zajderman, Harry Zajderman, Dawid Birnbaum, Symcha Fostel
und Chana Lerner, die in dieser Zeit am Eldorado Engagement hatten, dieses Stück in
ihrem Repertoire, spielten es und brachten es dann nach Gründung des Volksbühnenen-
sembles durch Dawid Zajderman am 24. oktober 1941 im Melody Palace zur Premiere.
Dus Kabaret Mejdł, das am 12. November 1941 abgespielt war, wurde für eine einmalige
Aufführung bei der Benefizveranstaltung für Regina Cukier am 6. Mai 1942 hervorgeholt
und während des laufenden Spielbetriebes von Di freiliche Mechutonim auf die Bühne
gebracht.
Am Femina gab es 24 Aufführungen von Dziwczę do wszystkiego (Dernière 18. Juni
1942), das nach drei Wochen abgespielt war; danach stand Sprawa przed drzwiach
zamkniętych auf dem Spielplan, das es jedoch nur auf sechs Vorstellungen brachte. In der
Nacht vom 18. auf den 19. April 1942, in der die erste organisierte Terroraktion auf dem
abgeriegelten Ghettogebiet stattfand, waren 56 Mitglieder des Untergrundes erschossen
worden – Setzer und Personen, die die Widerstandsbewegung unterstützt hatten,22 und
in dieser Zeit, in der es fast jede Nacht zu solchen Aktionen der Deutschen kam, wobei
die Opfer willkürlich und ohne jedes System umgebracht wurden, hatte Sprawa przed
drzwiach zamkniętych Premiere.

In dieser Zeit spielten wir ein amerikanisches Sensationsstück, dessen Autor und Titel Proces
Mary Dugan wir selbstverständlich im Hinblick auf die Zensur änderten. Dieses hervorragend
geschriebene und von der ersten bis zur letzten Zeile ausgesprochen spannende Stück hatte
vor dem Krieg einen ungeheuren Erfolg, und so dachten wir, dass wir auch hier damit Kasse
machen könnten. Aber es wurde ein Fiasko. Der Grund dafür ist darin zu sehen, dass es in dem
Stück drei Akte lang um den Kampf eines Menschenlebens geht – um ein Menschenleben! –
und wen interessierte es, wenn eine Mary Dugan unschuldig hingerichtet wird, wo doch jede
Nacht unschuldige Menschen umgebracht wurden, und man auch darunter sein konnte.23

21 GŻ/45/2/1941.
22 Vgl. Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 364.
23 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 101.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 17

Andererseits gab es einen nächsten festen Termin, nämlich die Premiere der Operette
Bajadera am 26. Juni 1942 anlässlich des Jahrestages der Theatergründung des Femina,
so dass Sprawa przed drzwiach zamkniętych bis zu diesem Termin abgespielt sein musste,
d. h. zwei Premieren kurz hintereinander. Nicht zu vergessen, Bajadera ist eine große
Operette, die entsprechend angekündigt wurde: „prunkvolle Inszenierung – verstärktes
Orchester, zwei Chöre (Männer- und Damenchor), Ballett, originelle Dekoration und
Kostüme, hervorragend besetzt“24 – alles in allem eine enorme Leistung.
In der Regel hielten sich die Theater an die üblichen Abläufe: einige Zeit vor der
Dernière des laufenden Stückes Anzeigen, redaktionelle Beiträge und Plakatierung der
nächsten Premiere. Allerdings gab es durchaus Abweichungen – besonders im Nowy Teatr
Kameralny, wo es mehrmals zu Spielplanänderungen kam, angekündigte Premieren wur-
den „gekippt“ und stattdessen kurzfristig Premieren anderer Stücke auf den Spielplan ge-
setzt. So wurde nach der Dernière von Pieśniarze, die in mehreren Anzeigen angekündigte
Premiere von Chasia Sierota von Jakub Gordin aus nicht bekanntem Grund abgesagt (d. h.
genau genommen wurde sie nicht abgesagt, sie verschwand einfach) und stattdessen Finał
małżeństwa zur Premiere gebracht. Am 27. Mai 1942 erschien dann in der Gazeta Żydowska
ein redaktioneller Beitrag, in dem nach Finał małżeństwa das Stück Motke Złodziej an-
gekündigt wurde:

Im Nowy Teatr Kameralny wird vor stets ausverkauftem Haus Finał małżeństwa unter der
Regie von Andrzej Marek die dritte Woche gegeben. In Kürze Motke Złodziej von Szalomon
Asz.25

Allerdings wurde dann stattdessen das Stück Pocałunek przed lustrem auf den Spielplan
gesetzt. Vielleicht erinnerte man sich, dass Motke Złodziej (poln.) unter dem jiddischen
Titel Motke Ganew bereits im Juni 1941 im Nowy Azazel mit 37 Aufführungen gespielt
wurde – allerdings auf Jiddisch – und dass für sein überwiegend polnisch sprechendes
Publikum ein solches Melodram, sei es auch auf Polnisch, doch nicht das Richtige sei.
Eine Erklärung der Spielplangestaltung – für die nach Meinung von Ruta Sakowska
„häufigen“ Repertoirewechsel – liefert das Nowy Teatr Kameralny in einer Anzeige der
Gazeta Żydowska vom 3. oktober 1941:

Die hervorragende Komödie Moje żone mnie zdradzają, die zur Zeit im Nowy Teatr Kameralny
gegeben wird, ist ohne jeden Zweifel ein großer Publikumserfolg, was die ständig ausver-
kauften Vorstellungen beweisen, auch die an den Feiertagen um 15.00 Uhr und 17.40 Uhr.
Die Direktion des Nowy Teater Kameralny bat uns (die Redaktion) anzumerken, dass sie den-
noch beschlossen hat, das Programm so oft wie möglich – unabhängig vom Erfolg eines
Stückes – zu wechseln, um seinem Publikum ein möglichst abwechslungsreiches Programm
zu bieten.26

24 GŻ/75/2/1942.
25 GŻ/63/2/1942.
26 GŻ/93/5/1941.
18 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Anzumerken ist, dass in eben diesem Theater ein Stück im Durchschnitt (auf die gesamte
Spielzeit bezogen) 45 Aufführungen erlebte.27
Lief ein Stück besser als erwartet, wie z. B. Mirla Efros – ebenfalls im Nowy Teatr
Kameralny –, wurde auch schon mal die Premiere des nächsten Stückes später als geplant
auf den Spielplan gesetzt: „Auf Grund des außergewöhnlichen Erfolgs von Mirla Efros
muss die Premiere des bereits geprobten Moje żony mnie zdradzają um ein paar Tage
verschoben werden.“28
Gespielt wurde auch am Samstag, obwohl dieser Tag offiziell gemäß jüdischer Tradi-
tion vom Judenrat – nach einer Verfügung des Judenratsvorsitzen Adam Czerniakow vom
20. Februar 1941 in Abänderung der Sonn- und Feiertagsordnung aus dem Jahre 1919, die
wohl bis zu diesem Zeitpunkt im Ghetto Gültigkeit hatte – statt des Sonntags als Ruhetag
zuerst für Dienststellen des Judenrates, später (gegen den entschiedenen Widerstand von
Frisören und Photographen) nahezu für jede Geschäftstätigkeit eingeführt wurde. Diese
Sabbatregelung (die auch jüdische und christliche Feiertage wie Weihnachten, Ostern,
Christi Himmelfahrt usw. einschloss und bei deren Zuwiderhandlung Geldstrafen und
auch Gefängnis bis zu drei Monaten verhängt werden konnten) hatte allerdings nicht den
geringsten Einfluss auf die Theater, die ihr Publikum jeden Tag unterhalten wollten und
die Einführung der Samstagsruhe offensichtlich einfach ignorierten, gespielt wurde auch
an jüdischen Feiertagen wie Jom Kippur, Sukkot, Pessach usw. (an den christlichen so-
wieso).
Die konzessionierten Theater unterstanden der Abteilung Propaganda und Volksauf-
klärung. Gespielt werden durften keine Stücke „arischer“ Autoren, was bedeutete, dass die
Theater nur jüdische Autoren spielen durften, wobei sie oft auf bereits inszenierte Stücke
ihres Vorkriegsrepertoires zurückgreifen konnten. In der Praxis sah das dann so aus:

Also alte Operetten und Musikkomödien spielen. Und dann die erste Schwierigkeit. War dieser
oder jener Autor, war Kowalski ein Jude oder war es keiner? Wenn es kein Jude war, durften
wir ihn im Ghetto nicht spielen […] Ich bitte Sie, meine Herren, woher soll ich denn wissen,
wer sich hinter dem Pseudonym Dupont verbirgt, vielleicht ein Herr Meyer oder Rapaport? Für
jeden Fall fälschten wir die Namen von Autoren und verlegten deren Wohnsitz vom feindlichen
England oder Amerika in die Schweiz oder nach Portugal, was sich als außerordentlich erfolg-
reich erwies.29

Kontrolliert wurde allerdings so gut wie nie, auch dass z. B. bei dem Stück Der Geizige
statt Molière der Name des Übersetzers Aron Ajnhorn als Autor auf dem Plakat zu lesen
war, fiel niemandem in der Behörde auf. Es interessierte sie einfach nicht. Zwar gab es im

27 Zum Vergleich: in der Spielzeit 2013/2014 kam ein Stück im Deutschen Theater Göttingen
auf 12 bis 14 Aufführungen nach Premiere (mündliche Auskunft des Büros für Öffentlichkeits-
arbeit).
28 GŻ/84/2/1941.
29 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 291.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 19

Judenrat das Referat Schauspiel, das aber de facto nicht existierte, da die Deutschen
dieses Referat nicht genehmigten. Trotz dieser „Nichtgenehmigung“ berichtet die Gazeta
Żydowska anlässlich des einjährigen Bestehens des Eldorado am 24. Dezember 1941:

Im Namen des Vorsitzenden des Judenrates in Warschau, Ingenieur A. Czerniakow, begrüßte


Dr. Edmund Stein, Leiter der Abteilung Kultur und Kunst, die Anwesenden und wünschte dem
jüdischen Theater das Beste für seine zukünftige Entwicklung.30

Erst im April 1942 gestatteten die Behörden die Einrichtung des Referats Schauspiel, des-
sen Aufgabe es sein sollte, die Theater zu überwachen:

[…] Alle Theater, Cafés und Örtlichkeiten, in denen öffentliche Veranstaltungen wie Theater,
Revuen, symphonische Konzerte und Musikstücke gegeben werden, müssen sich im Referat
Schauspiel31 registrieren lassen. Theaterstücke, Revuen, Musik- und symphonische Veranstal-
tungen müssen vor der beabsichtigten Veranstaltung dem Referat zwecks Genehmigung vor-
gelegt werden.32

Die konzessionierten Theater waren professionelle Bühnen. Ermittelt werden konnten


129 Schauspielerinnen und Schauspieler, 73 Premieren und 2071 Aufführungen. Die
Regisseure, die Autoren, die Bühnenbildner, die Komponisten, musikalischen Leiter
und Musiker, die künstlerischen Direktoren, alles gestandene Theaterleute, wussten, wie
man Publikumserfolge erzielte und wie ein Theater zu führen ist. Die Schauspieler, bis
auf wenigen Ausnahmen alles Berufsschauspieler, zeigten ihre Professionalität und ihr
Berufsethos in allen von ihnen gespielten Rollen, egal, ob es niveauvolle oder eher
schlichte waren. Zwar schreibt Stanisław Różycki, dass zwei polnische Theater – gemeint
sind hier wohl Femina und Nowy Teatr Kameralny – neben ein paar Berufsschauspielern
auch auf ziemlich schlechte Amateure zurückgreifen. Ryszard Marek Groński schreibt
anlässlich der Premiere von Miłość szuka mieszkania, dass die Rolle der Niusia mit
Nina Wentland besetzt war, „die zwar Amateurschauspielerin, aber dafür mit dem Sohn
eines Würdenträgers des Judenrates verlobt war.“33 In der Gazeta Żydowska hingegen
findet sich nur ein Hinweis auf einen Amateurschauspieler, „Herr Alfons Niedźwiecki“
(hinter diesem Pseudonym verbirgt sich ein seit Jahren bekannter Amateurschauspie-
ler, der als Chaim, ein blinder Bettler, mit großer Tragik und ausdruckvollem Spiel auf
die Bühne kam), was allerdings nicht heißt, dass Nebenrollen nicht mit Amateuren be-
setzt wurden.

30 GŻ/128/5/1941.
31 Herman Czerwiński hatte dessen Leitung bis zu seinem Tod Ende Mai 1942 inne.
32 GŻ/40/2/1942.
33 Ryszard Marek Groński, Proca Dawida, 109.
20 III. Die professionellen konzessionierten Theater

2. PROLOG 3 – EIN VORGESCHMACK

Jüdische „Götter“ auf dem polnischen Olymp

Die Warschauer Theater waren nur noch dem Namen nach polnisch.
An der Spitze der Warschauer Theater, die durch die T.K.K.T. (Gesellschaft zur Ver-
breitung von Theaterkultur) zwangsmonopolisiert wurden, steht niemand anderes als
der galizische Jude Arnold Szyfman, der sich mit seinen Methoden zum Diktator des
Warschauer Theaterlebens emporgeschlichen hatte. Auf Grund seiner privilegierten Stel-
lung entschied er allein über das Schicksal polnischer Schauspielerinnen und Schauspieler,
über das Schicksal polnischer Theaterschriftsteller, mit einem Wort, über polnische Kunst
und polnisches Theaterschaffen. Bei seinem Treiben sekundierte ihm als künstlerischer
Leiter der T.K.K.T. Herr Pommer – natürlich ein Jude, der unter dem Namen Pomirowski
agierte.
Zu den engsten Mitarbeitern von Szyfman gehörten Juden wie: der Monopolist
für Verfälschungen Hemar (Henoch Heszeles), Herr Szacki, ehemaliger Direktor des
Theater Letni, der Regisseur Herr Karol Bilanek (pseud. Borowski) und Herr Aleksander
Węgierko, ebenfalls Regisseur. Durch deren enggespanntes Netz schlüpften nur die, die
sich jüdischen Interessen unterwarfen, wie z. B. jüdische Schriftsteller oder auch philo-
semitisch angehauchte Arier.
So sah es also aus, an der Spitze der T.K.K.T. An den anderen Warschauer Theatern
war es nicht besser. Verwaltungsdirektor des Ateneum war Marymont, im Qui pro
Quo residierte der Jude Majde vel Maude, im Wielka Rewia hatte sich der Jude Regirer
festgesetzt, im Cyrulik Warszawski herrschte der Jude Olear und Direktor des Tip-
Top war der Semit Bajer. Veranstalter von Konzerten und Vorstellungen waren die
Juden: Orenstein, Czerto, Kobak und Jakowlew, Cudek (pseud. Cudnowski), Jonasz und
Markiewicz.
Alle diese Herrschaften gierten nach dem polnischen Theater und hatten dabei ihre
Lieblinge. Hier die Liste ihrer Favoriten: Fajertag (Michał Znicz), Chwatówna (Seweryna
Broniszówna), Szenker (Kersen), Tiché, Lipszec – Souffleur), Bilauerówna (Węgier-
kowa – Bühnenbildnerin), Lesmanówna (Leśmaniówna), Grywińska, Polakówna, Goldfus
(Rzęcki) , Regirer (Regro), Kamieniecka, Cukier (Szletyński – Regisseur), Szrajerówna,
Hertz (Barwiński – Regisseur ), Bratman (Staniswławski), Żytecki sowie eine ganze
Reihe weniger prominenter Juden.
Stars in den angeblich polnischen Revuetheatern waren: Blomberg Tadeusz (pseud.
olsza), Blomberg Michał (Halicz), Nasielski (pseud. Sielański), Schonbergówna
(Różyńska), Kahanówna (Korzelska), Blaufuks (Belski), Lewinson (Aston), Chajter-
ówna (Terné), Gemeiner (Minowicz), Lateiner (Lawiński), Zajenda, Rapaport (Wiera
Gran), Singer (Wesby) , Philipp, die komplette Familie Grünberg (Górzyński), Fitel-
berg, Płońskier (Płoński), Gotlib (Borucki), Kitajewiczówna, Boruch (Boruński), Szlos-
berg, Gimpel, Tom (angeblich Konrad), Merklówna (Karlińska), Kraszewska Jula, Wit-
III. Die professionellen konzessionierten Theater 21

tenbergówna (Aleksia), Sztyft Jenta (Borońska), Szlomińska (Szlemińska), Kaize-


równa usw.
„Stars” des polnischen Balletts waren die Jüdinnen: Prusicka, Brattówna, Abramo-
wiczówna (Sorel), Nirensteinówna (Nireńska), Ewigkejt (Pola Szenkier), Glajgewicht [...].
Das Repertoire der Revuetheater bestand fast ausschließlich aus Stücken von Juden
[…]. So sah es also aus, an den polnischen Theatern. Man kann meinen, dass alles sei ein
tragisches Missverständnis, nein, es war tatsächlich so. Die Juden gaben auf den polni-
schen Bühnen den Ton an, sie bestimmten das Repertoire, Juden führten Regie und Juden
standen auf den Bühnen und die polnischen Theater waren polnisch nur vom Namen her.34

3. DIE SITUATION DER JÜDISCHEN BÜHNENKÜNSTLER

Und wovon sollen wir leben, wenn jeder von uns nur das kann,
was er macht und das in diesen Zeiten niemand braucht?
Andrzej Włast

Abb. 5: Vorkriegszeit. Theaterleute vor dem „Haus der Schauspieler.“


1. von links: Meier Winder, im Ghetto Direktion des Eldorado und Femina, spielte am Eldorado in zwei
Stücken (40 Vorstellungen); 2. von links Maks Bryn, der am Eldorado zehn Stücke mit 331 Vorstellun-
gen spielte; 5. von links Karl Cymbalist, Gatte von Regina Cukier, führte am Eldorado bei elf Stücken
Regie und spielte in sechs Produktionen 200 Vorstellungen.

34 Anonymer Artikel aus dem Nowy Kurier Warszawski, Nr. 2 vom 16.12.1939, 2, zitiert nach
Tomasz Mościcki, Teatry Warszawy 1939, 434 – 436.
22 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Nach Schließung des Ghettos befanden sich nach Jonas Turkow im „jüdischen Viertel“
135 Schauspieler und Spielleiter, 157 Musiker und Komponisten, 78 Schriftsteller, die
auf Jiddisch, Polnisch oder Hebräisch schrieben, sowie 25 Maler und bildende Künstler,
deren Zahl sich im Lauf der Zeit durch Flüchtlinge aus łódź, Krakau und Lemberg noch
weiter erhöhte.35

Als in Warschau die Vernichtungsaktionen [gemeint ist Kriegsanfang 1939] begannen, verloren
die meisten der Schauspieler ihre Arbeit. Ein Großteil von ihnen ging nach Russland, von wo
dann gute Nachrichten von ihnen kamen: die meisten hatten Arbeit in den staatlichen Theatern
gefunden, konnten weiterarbeiten, sich weiterentwickeln und sich im Beruf vervollkommnen.
Viele Schauspieler blieben allerdings in Warschau und hungerten, da im ersten Kriegsjahr alle
jüdischen Theater geschlossen waren. Um ihre Situation erträglicher zu gestalten, richteten die
in der Hauptstadt gebliebenen Mitglieder der Schauspielervereinigung in der Leszno-Straße 2
eine Kantine ein, in der Essen ausgegeben wurde, um so das schwere Los ihrer Berufsgenossen
ein wenig zu lindern.36

Verwaltet wurde diese Kantine von Karl Cymbalist, Ewa Sztokfeder, Dantziger, Lui, Maks
Bryn und Abram Kurc. Daneben suchte der Vorstand auch noch nach anderen Möglich-
keiten, ihnen Hilfe zukommen zu lassen. Man organisierte Geld beim Joint Distribution
Committee (JDC)37 und anderen Institutionen und suchte Lebensmittelpäckchen, Klei-
dung usw. zu beschaffen. Etliche der Theaterleute kamen in der Żydowska Samopomoc
Społeczna (ŻSS, Jüdische Soziale Selbsthilfe)38 unter, so z. B. Klara Segałowicz in der
Kleiderabteilung, Mordechai Mazo (ehemaliger Direktor des jüdischen Theaters in Wilno)
in der Versorgungsabteilung, Diana Blumenfeld (Frau von Jonas Turkow), Miriam Orles-
ka als Hilfskellnerin39, ebenso Estera Goldenberg, Rachel Turkow, Ewa Sztokfeder, Ajzyk
Samberg, Abraham Kurc. Andere, wie Dawid Birnbaum, Jozef Najwert und Mieczesław
Mieczkowski, schoben Karren oder verdingten sich als Rikscha-Fahrer, Maks Bryn

35 Vgl. Jonas turkow, C’était ainsi, 81.


36 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 591.
37 Das American Jewish Joint Distribution Committee, bekannt auch als JDC, ist eine jüdische
Hilfsorganisation mit Sitz in New york, die sich seit 1914 der organisation und Unterstützung
jüdischer Vereine und Einrichtungen in Europa verschrieben hat. Während der Zeit der deutschen
Besatzung half der „Joint“ vor allem, die wirtschaftliche Not europäischer Juden zu lindern sowie
Emigrationsbemühungen zu unterstützen. Vgl. dazu Yehuda bauEr, American Jewry and the
Holocaust: The American Jewish Joint Distribution Committee 1939 –1945, Detroit 1981.
38 Die Jüdische Soziale Selbsthilfe wurde kurz nach der Besetzung Warschaus durch die National-
sozialisten gegründet, in Anlehnung an die Bestrebungen des „Joint“. Ihr Ziel war es, Bewohner-
innen und Bewohner des Warschauer Ghettos durch soziale Zuwendungen wie Lebensmittelaus-
gaben, Notschlafstellen, Kinderbetreuung und andere Einrichtungen zu unterstützen. Vgl. dazu
Annalena schMidt, (Selbst-)Hilfe in Zeiten der Hilflosigkeit? Die „Jüdische Soziale Selbsthilfe“
und die „Jüdische Unterstützungsstelle“ im Generalgouvernement1939 –1944/45, Inaugural-
Dissertation, JLU Gießen, 2015.
39 Vgl. Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 73.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 23

hausierte mit Rasierklingen, Szlomo Cukier und seine Frau Regina verkauften Kuchen,
und Meier Winder arbeitete in einem Begräbnisinstitut.40
Ähnlich erging es ihren Kollegen der polnischen Theater, die, nachdem die Theater
geschlossen wurden, ebenfalls ohne Beschäftigung auf der Straße landeten. In seinem
Memorandum „Einige Gedanken über die Behandlung der Fremdvölkischen“ vom 15. Mai
1940 erklärt Heinrich Himmler, dass für Polen eine vierklassige Volksschule, in der man
lerne, bis 500 zu zählen, eine Unterschrift leisten zu können und den Willen der Deutschen
als Wille Gottes anzusehen, und die genaue Kenntnis der deutschen Verkehrszeichen
völlig ausreiche. Lesen zu können sei nicht nötig. Hans Frank, Generalgouverneur im
Generalgouvernement, schreibt in seinem Tagebuch, der Führer habe ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass es für das Generalgouvernement keinerlei Notwendigkeit gebe,
das Leben nach deutschem Muster zu gestalten, und dass jede Germanisierung fehl am
Platz sei.41 Göbbels verkündete in łódź, dass er gegen Kino, Theater und Kabarett für
Polen sei, da man der polnischen Bevölkerung nicht ständig vor Augen führen müsse, was
sie verloren habe.
In den von Deutschland annektierten Gebieten sollte ausschließlich Deutsch gespro-
chen, die polnische Intelligenz erfasst und unverzüglich ausgesiedelt werden. Polnische
Presse, polnische Bücher wurden verboten, Kinos und Theater geschlossen. Polen war
der Besuch von deutschen Kinos und Theatern nicht gestattet. In „Restpolen,“ d. h. im
Generalgouvernement, hatte man keinerlei Interesse, polnische Kultur oder nationale
Gedanken zu fördern, dennoch bekamen einige Theater und Kinos eine spezielle Konzes-
sion, was zu dem Boykottaufruf „Tylko świnie siedzą w kinie“ („Nur Schweine setzen
sich ins Kino“) führte. Erlaubt waren Musikveranstaltungen, die ausschließlich der Un-
terhaltung dienten, verboten waren Konzerte, die den Zuhörern auf Grund ihres hohen
Niveaus ein künstlerisches Erlebnis boten.
Auf die Bühne gebracht werden durften Operetten, Revuen und leichte Komödien,
verboten waren ernsthafte Schauspiele und Opern. Folgerichtig machten dann auch Mitte
1940 in Warschau die ersten Theater auf und spielten operetten, Revuen und leichte
Komödien. Um die volle Kontrolle über Künstler zu bekommen, wurde am 23. August
eine Verfügung herausgegeben, nach der jeder Musiker, Komponist, Maler, Bildhauer,
Grafiker, Kunsthändler, Schauspieler, Sänger, Verleger, Redakteur, Buchhändler und
Photograph, egal ob haupt- oder nebenberuflich, sich im Amt des jeweiligen Stadt- bzw.
Kreishauptmanns zwecks Registrierung zu melden habe. Die Registrierten bekamen dann
eine Erlaubniskarte, ohne die sie sich nicht künstlerisch betätigen durften.42 Daraufhin
rief die Związek Zawodowy Artystów Scen Polskich (ZZASP, Vereinigung der Berufs

40 Vgl. Jonas turkow, C’était ainsi, 83 – 4.


41 Vgl. Hans Frank, Das Diensttagebuch des deutschen Generalgouverneurs in Polen: 1939 –1945,
hrsg. von Werner Präg Stuttgart 1975, 452ff.
42 Eine Wiederholung der Verfügung – wohl mit dem gleichen Wortlaut – erschien in der
GŻ/47/2/1942.
24 III. Die professionellen konzessionierten Theater

ausübenden polnischer Bühnen) ihre Mitglieder dazu auf, unter keinen Umständen Enga-
gements an von der deutschen Propaganda organisierten Veranstaltungen bzw. an von
den Deutschen lizenzierten Theatern anzunehmen (was als Kollaboration angesehen und
in einigen Fällen mit dem Tod bestraft wurde). Man sollte vielmehr als Beruf Kellner,
Garderobier, allerhöchstens Bänkelsänger oder Kaffeehausdeklamator angeben, mit der
Folge, dass Kollaborateure in den Cafés nicht zu sehen waren, da dort die Elite der Theater-
künstler das Feld beherrschte.43
Am 18. oktober eröffnete das erste Café dieser Art, das Café Bodo (Café der Schau-
spieler) in der Pieracki-Straße 17, in dem „die Darsteller von Hauptrollen Tabletts balan-
cierten und sich zehn Prozent der Einnahmen teilten.“ So konnte man im Café Bodo die
berühmte junge Schauspielerin Maria Bojerska sehen, die als Zigarettengirl wie in der
Vorkriegszeit Zigaretten verkaufte. „Vielleicht Ergo? Ägyptisch spezial? oder Damesy?“44
Das größte Lokal dieser Art war das Café der Filmschauspieler in der Złota-Straße 7.
Weitere Künstlercafés waren u. a. das Gastronomia auf der Nowy świat-Straße 10
(Konzert mit Musikern der Warschauer Philharmonie), das Restaurant Femina in der
Ujazdowska-Allee 31 (mit Opern- und Radiostars), die Dancing-Bar Adria (Symphonie-
konzerte) und etliche mehr. Auch nach Spielbeginn der konzessionierten Theater nutzten
Schauspieler und Schauspielerinnen dort weiterhin die Möglichkeit, neben ihren Spiel-
verpflichtungen zur Verbesserung ihrer finanziellen Situation in diesen Restaurants und
Cafés aufzutreten.
Erste Beschäftigungsmöglichkeiten für die jüdischen Schauspieler ergaben sich (neben
sporadischen Auftritten bei Hauskomitees, bei denen Symcha Fostel sehr gefragt war),
als die ersten Cafés und Vergnügungslokale Genehmigungen bekamen, um in den über-
wiegend von Juden bevölkerten Bezirken Veranstaltungen durchzuführen. Chaim Kapłan
schreibt dazu:

Die am besten gehenden Cafés werden ab dem 1. September [1940] von Volksdeutschen über-
nommen, wie das mit den früheren jüdischen Apotheken der Fall war. Eines Tages spaziert
einer von dem Herrenvolk in dein Kaffeehaus und übernimmt deinen Platz. Weil du ihm gehörst
und alles, was du hast, sein ist.45

Als erste engagierte Anfang 1940 eine gewisse M. Vogt, die deutsche Eigentümerin des
Café Gertner in der Tłomacka-Straße 40, das bis September 1940 existierte und dann
unter dem Namen Café-Restaurant-Varieté-odeon weitergeführt wurde, jüdische Büh-
nenkünstler und -künstlerinnen wie Ida Erwest, Symcha Fostel, Dawid Zajderman, später
auch Chana Lerner. Das erste Inserat des Café Gertner erschien in der Gazeta Żydowska

43 Vgl. Stanisław Marczak-oborski, Teatr czasu Wojny: Polskie zycie teatralne w latach II wojny
światowej (1939–1945), Warschau 1967, 50 –51.
44 Tomasz Mościcki, Teatry Warszawy 1939, 406.
45 Chaim kapłan, Buch der Agonie: Das Warschauer Tagebuch des Chaim A. Kaplan, hrsg. von
Abraham I. Katsh, Frankfurt a. M. 1967, 225.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 25

am 30. Juli 1940 und warb mit dem „Auftritt polnischer und jüdischer Film- und Bühnen-
schauspieler im Dancingroom“ sowie dem Jolly-Boys-Orchester,“ dazu der Hinweis „Für
jüdisches Publikum von 8.00 bis 20.00 Uhr.“ 46 Ebenso inserierten Melody Palace (Attrak-
tion: das Orchester Leopold Rubinsztejn)47 und das Café der Revuekünstler Bon Apetit –
auch hier die Anmerkung „Für jüdisches Publikum“ – in dem neben anderen Wiera Gran,
Jakub Grynszpan, Bołesław Norski-Nożyca und Regina Cukier auftraten.48
Allerdings wechselten Programm und Schauspieler alle 14 Tage (Bon Apetit jede Woche),
so dass es zu keinen dauerhaften Engagements kam, wobei allerdings nach Café Gert-
ner und Bon Apetit andere Cafés und Nachtlokale jedweder Couleur, die auf Grund des
florierenden Geschäfts „wie Pilze aus dem Boden schossen,“ den Schauspielern und
Sängern weitere Engagements boten: „Immer mehr Vergnügungslokale machen auf. Oft
sind die Miteigentümer Volksdeutsche.“ 49 Über diese Cafés und Bars, die Schauspielern
und Schauspielerinnen auch nach Eröffnung des Spielbetriebs der Ghettotheater Engage-
ments und Gage boten, schreibt die Gazeta Żydowska:

In Warschau gibt es eine Saison für Künstler und „Künstler.“ In unserem Viertel gibt es viele
Künstler, die vielleicht noch nie vorher auf der Nalewki-Straße waren, aber jetzt dort auftreten,
und es gibt Künstler, die der Krieg hervorgebracht hat und deren „Ruhm“ schnell verblasst ist.
Aber es gibt auch hervorragende Künstler bei uns, nur… wer weiß, wo sie sind, wer kennt sie
oder wer wird sie kennenlernen?
Das künstlerische Angebot ist groß. Es gibt in Warschau eine Menge Lokale, die eben diese
Künstler beschäftigen. Jedes Café, jede Bar und jedes Restaurant wirbt mit „großen Attraktio-
nen, mit verrückten Sensationen“ oder mit „opulenten, sensationellen Matineen und Nachmit-
tagsvorstellungen.“
In letzter Zeit entstanden im Viertel die „Gärtchen.“ So gibt es das Sielanka-Gärtchen, das
Bagatela-Gärtchen und den Künstlergarten. Daneben hat auch jedes Café noch eine Terrasse
oder ein Gärtchen, im Café spielt Musik und Künstler treten auf. Man trifft auf bekannte Na-
men. Man kann in einer Vorstellung zwei unterschiedlichste Künstler mit unterschiedlichem
Können sehen, zwei Menschen, die nicht im Traum daran gedacht hätten, miteinander aufzu-
treten; manchmal treten die Stars zusammen mit namenlosen Künstlern auf, die auch namenlos
bleiben werden.
Im Melody gibt es zwei interessante Vorstellungen. Die eine mit dem Titel Ein Nachmittag
mit Werken von Tuwim, in der Znicz, Minowicz, Grodzieńska und das orchester Leopold
Rubinstein auftreten. Schade nur, dass diese Veranstaltung am Sonntag um 12 Uhr stattfand,
zumal im Viertel der Samstag der Ruhetag ist, und nur am Samstag können sich Juden erlauben,
derartige Ereignisse wahrzunehmen. Vielleicht ist es an der Zeit, den Ruhetag vom Samstag
auf den Sonntag zu verschieben, wo es dann auch für Beamte und Arbeiter möglich ist, am
kulturellen Leben teilzunehmen.
Die andere Veranstaltung ist Neue Talente gesucht unter der Leitung von Grodzieńska und
Minowicz, in der das Publikum diese neuen Talente entdecken soll, wobei wohl einige Träume

46 GŻ/3/8/1940.
47 GŻ/4/12/1940.
48 GŻ/6/12/1940 und 5 weitere.
49 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 240.
26 III. Die professionellen konzessionierten Theater

zerstört werden, andere aber noch auf Erfüllung hoffen lassen. […] Wiera Gran und Władyslaw
Szpilman treten im Na Siennej auf; Wiera Gran ist ab und zu im „Bagatelagarten“ zu sehen;
Szpilman gibt Gastspiele im Odeon, in dem auch oft Samberg mit seiner Mannschaft auftritt
(man kann fast sagen, dass das odeon Sambergs Theater ist) und im Café Znicz konzertiert
Mieczysław Gomułka.50

Abb. 6: „Café Splendid.“ Plakatiert ist (rechts) die Eröffnung des Gartens des Café Splendid (Leszno-
Straße 12) mit Auftritt von Symcha Fostel. Auf dem linken Plakat wird die Benefizveranstaltung für
den Musiker Jakub Kagan angekündigt.

Als nach Einrichtung des Ghettos als erstes Theater das Eldorado mit der Premiere des
Stückes In Rejdł am 6. Dezember 1940 seinen Spielbetrieb aufnahm und es danach zu wei-
teren Theatergründungen kam, verbesserte sich die Situation der Schauspieler und Schau-
spielerinnen etwas.

Zwar gab es einen Beschluss des Hauptvorstandes des Verbandes Polnischer Schauspieler
(ZASP), die öffentlich spielenden Okkupationstheater zu boykottieren. Trotzdem wurde der
Beschluss angesichts der tragischen Situation der jüdischen Schauspieler hier nicht angewandt.
Nach der Befreiung wurde keines der Mitglieder der ZASP für das Auftreten in den konzes-
sionierten Ghettotheatern disziplinarisch zur Verantwortung gezogen. Die Schauspieler dieser
Theater wurden auch von Seiten der jüdischen Untergrundkämpfer nicht verdammt oder auch
nur getadelt.51

50 GŻ/48/3/1941.
51 Ruta Sakowska, Menschen im Ghetto, 149.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 27

Ermittelt werden konnten 129 Schauspieler und Schauspielerinnen, 73 Premieren und


2071 Aufführungen. Diese wie auch die folgenden Zahlen wurden hauptsächlich aus
Kritiken, Anzeigen oder redaktionellen Beiträgen der Gazeta Żydowska errechnet und
spiegeln nicht die Gesamtzahl der auf den Bühnen agierenden Künstler wider, da Musi-
ker, Choristen und Tänzer im Gegensatz zu musikalischer Leitung bzw. Choreographie so
gut wie nie namentlich erwähnt werden. Auch Darsteller, die eigentlich zum Ensemble
gehören, werden nicht immer genannt. So erwähnt Herman Czerwiński für das Stück
Gasnkind lediglich Regina Cukier und Jakub Grynszpan, andererseits erscheint in vielen
Anzeigen der Zusatz „verstärktes Ensemble,“ „vergrößertes Ensemble,“ wobei unklar bleibt,
wer zum Ensemble zählt, ob sich dies auch auf Orchester, Choristen, Tänzer bezieht. So
ist auf dem Plakat für das Stück Rywkełe dem Rebens angekündigt: „30 Personen auf
der Bühne,“ in der Kritik aber werden lediglich 12 Schauspieler erwähnt. Wahrscheinlich
hing es damals wie heute auch vom Kritiker ab, wen er erwähnt und wen nicht – sei es
aus persönlichen Vorlieben, Abneigungen oder manchmal auch nur aus Platzgründen.
Weiterhin beinhalten diese Zahlen nicht die zahlreichen Benefiz- oder Jubiläumsvor-
stellungen, auch nicht die Zahl der Aufführungen der Stücke, deren Premieren kurz vor
Liquidierung des Ghettos lagen, die des Nowy Teatr Kameralny mit Droga do śzęścia,
des Teatr Eldorado mit Der Dorfs Jung, des Nowy Teatr Azazel mit Nuch halbe Nacht
und Di freiliche kabcunym, das im Melody Palace bis zur Ausgliederung der Rymarska-
Straße 12 aus dem Ghetto am 20. März 1942 gegeben wurde. Nicht bekannt ist ebenfalls,
wie lange Szaleństwo na Pięterku im Na Pięterku gespielt wurde. Im Teatr Femina wurde
Bajadera bis zum 20. Juli 1942, also bis zwei Tage vor Beginn der „Wielka Akcja“ ge-
geben und erlebte 27 Aufführungen.
Von den oben genannten 129 Schauspielern hatten 13 (10 %) 10 –13 Engagements,
28 (21 %) fünf bis neun Engagements und 88 (69 %) ein bis vier Engagements, darunter
49, die nur einmal im Engagement waren. Im Durchschnitt lief ein Stück vier Wochen,
wobei es an den Samstagen oft zu Doppelvorstellungen kam. Die Zahl der Aufführun-
gen schwankte von sechs (Eldorado: Cypke Fajer; Femina: Sprawa przed drzwiach zam-
kniętych mit ebenfalls sechs Aufführungen) bis 71 (Kameralny: Mirla Efros). In heutiger
Theaterpraxis ist es üblich, Schauspieler für eine Spielzeit zu engagieren (Normalvertrag
Solo) oder Stückverträge abzuschließen, d. h. einen Darsteller für ein Stück zu verpflich-
ten. In der Regel wird dann eine sog. Probenpauschale (Vergütung für die Probezeit) und
eine Festgage für die Laufzeit des Stückes vereinbart. Wird das Stück vor Ende der ver-
einbarten Laufzeit vom Spielplan abgesetzt, hat das keinen Einfluss auf die vorher aus-
gehandelte Gage. Soll das Stück länger auf dem Spielplan bleiben, weil es gut läuft, wird
eine zusätzliche Vergütung ausgehandelt, was den Schauspielern die Möglichkeit gibt,
eine saftige Erhöhung der Gage zu verlangen.
Die Wirklichkeit der Ghettoschauspieler hingegen war eine völlig andere. Zum einen
spielten die Theater ab Eröffnung ohne Pause durch (das Eldorado nahezu 20 Monate),
zum anderen bestimmten allein die Direktoren die Gagenhöhe bzw. den Anteil an den
Einnahmen und die wollten selbstverständlich erst einmal ihre Schäfchen ins Trockene
28 III. Die professionellen konzessionierten Theater

bringen. Jerzy Jurandot vom Femina, dem es ab und zu gelang, für die Schauspielerin Ada
Połomska kleine Gagenerhöhungen zu „erzwingen”, schildert die Situation am Femina
folgendermaßen:

Ich bezweifle, dass irgendein Schauspieler auf dieser Welt in einer solchen Atmosphäre und
unter solchen Bedingungen spielen würde, um dann für die nervenaufreibende und schwere
Arbeit auf der Bühne mit ein paar Groschen „Beteiligung“ abgespeist zu werden. Nur einige
prominente Schauspieler verdienten so viel, dass sie sich jeden Tag einen Laib Brot leisten
konnten. Die anderen mussten sehen, dass sie zwischen Proben und Aufführungen [in der Regel
wurde bis zwei Stunden vor Aufführung geprobt] irgendetwas dazuverdienen konnten.52

Eine dezidierte Meinung zur Finanzierung von Theatern und dem Einkommen von Schau-
spielern vertritt Guta Ejzenzwajg in der Gazeta Żydowska, indem er feststellt:

Wir wissen, die Theater sind finanziell auf sich allein gestellt, es gibt keinerlei Subventionen,
keinerlei Hilfe. Das ist zu bedauern, aber wir müssen uns auch fragen: sind die Künstler denn
irgendwelche Ausnahmen? Sind nur sie allein auf sich gestellt? Welchen Privilegierten fliegen
denn die gebratenen Tauben ins Maul? Wie viele sind das unter den breiten Volksmassen?53

Zur finanziellen Situation der Schauspieler an den konzessionierten Theatern schreibt


Ruta Sakowska:

Die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen in den konzessionierten Theatern waren durch voll-
ständige Abhängigkeit von den Arbeitgebern gekennzeichnet. Zum Alptraum der Schauspie-
ler gehörte der Mangel an Stabilität und eine Fluktuation in den Ensembles […] Die Schau-
spieler arbeiteten nach dem Anteils-Prinzip: Nach Bezahlung der festen Kosten (Lokal, Licht,
Anzeigen usw.) und dem garantierten Gehalt der Unternehmensdirektoren wurde das restli-
che Geld nach einem Punktesystem unter den Schauspielern aufgeteilt. Sogar populäre Schau-
spieler verdienten nur 600 –700 Złoty im Monat. Bei der unglaublichen Teuerung waren das
weniger als bescheidene Einkünfte. Die Schauspieler, die auf diese Einkünfte angewiesen
waren, hungerten eben.54

Anzumerken ist, dass, als das Warszewer Jidiszer Kunst Teater den Versuch machte, diese
anteilige Bezahlung [„działówka”] durch feste Gagen zu ersetzen, das Ganze in einem
finanziellen Desaster endete.
Zum Vergleich: Nach Barbara Engelking bewegte sich der Brotpreis (Schwarzbrot)
auf dem freien Markt von Dezember 1940 bis Juli 1942 zwischen 10 und 20 Złoty, um
dann bei Beginn der „Wielka Akcja“ bis auf 60–80 Złoty zu steigen.55 Nach Berechnun-
gen des Ghetto-Kommissars betrugen die Mindestlebenshaltungskosten im April 1941

52 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 171.


53 GŻ/122/2/1941.
54 Ruta sakowska, Menschen im Ghetto, 150.
55 Vgl. Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 465.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 29

159,84 Złoty, Ende Mai 1941 353,65 Złoty pro Person.56 Am 7. Februar 1941 empfiehlt
das Café-Restaurant Nowoczesna in der Nowolipki-Straße 10 eine warme Mahlzeit direkt
vom Herd ab 2 Złoty, Suppe mit Gebäck (den ganzen Tag) für 1,50 zł (einschließlich
musikalischer Begleitung von Władysław Szpilman) sowie Salate und Wurst zum Mit-
nehmen57 und am 28. Februar 1941 gibt es im gleichen Restaurant eine 3-Gänge Mahlzeit
mit Gebäck für 4 zł sowie warme und kalte Imbisse,58 das Café Capri wirbt mit schmack-
haften Gerichten für 3,50 zł, mit kalten und warmen Imbissen.59
Leider werden in den Theateranzeigen so gut wie nie Kartenpreise genannt, einmal
werden für eine Matinee im Femina Szafa gra und Batalion humoru in der Gazeta Żydowska
Preise von 2 – 4,80 Złoty (August 1941) erwähnt, Ruta Sakowska gibt den Kartenpreis für
Winter 1941 mit „nicht ganz 2 Złoty” an.
Nach Ruta Sakowska hatten die Theater 500 – 600 Sitzplätze (das Femina 900) und
waren im Durchschnitt zu 80% ausgelastet, an Fest- und Premierentagen war die Aus-
lastung gar 100 %.60
Das würde bedeuten, dass ein Theater mit 500 Plätzen bei einer Auslastung von 80 %
800 Złoty, bei 100 % 1000 Złoty pro Vorstellung einnahm und pro Monat bei einer Pre-
miere (100 %) und 28 Aufführungen 22.400 Złoty erwirtschaftete. Wesentlich höher dürf-
ten die Einnahmen des Femina gewesen sein, das über 900 Plätze verfügte und demnach
pro Monat 40.300 Złoty einspielen konnte.61 Nach Abzug der Fixkosten wurden diese
Gelder dann nach einem Verteilungsschlüssel von der Direktion an das künstlerische und
nichtkünstlerische Personal verteilt. Wahrscheinlich bedeutete dieses Punktesystem, dass
pro gespielter Vorstellung bezahlt und die Gage nach Rolle, Textumfang oder Popularität
des Bühnenkünstlers ausgezahlt wurde, so dass in diesem Fall nicht die Zahl der Enga-
gements, sondern vielmehr die Zahl der gespielten Aufführungen das Einkommen be-
stimmte, wobei Regina Cukier mit 538 Vorstellungen (ohne Auftritte bei Benefizveran-
staltungen) die Liste der Vielbeschäftigten anführt. Neben den regulären Vorstellungen
hatten die Schauspieler die Möglichkeit, bei Benefiz- und Jubiläumsveranstaltungen so-
wie bei Festbanketten dazuzuverdienen. 1940 spielte im Melody Palace die Kabarettruppe
von Jerzy Jurandot, das Ensemble teilte sich die Gage, die ein paar Prozent der Billett-
einnahmen betrug, was zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel war. Jerzy Jurandot
jedoch hatte die Lösung:

Man musste sich etwas einfallen lassen. Plötzlich kam mir ein Wort in den Sinn, das ich in
Autobiographien früherer Schauspieler öfter gelesen hatte: Benefiz. Das bedeutete, dass eine
Theatertruppe von Zeit zu Zeit beschloss, eine Vorstellung zu Gunsten eines ihrer Mitglieder

56 Vgl. Ruta sakowska, Menschen im Ghetto, 73.


57 GŻ11/10/1941.
58 GŻ 17/4/1941.
59 GŻ 17/4/1941.
60 Vgl. Ruta sakowska, Menschen iM Ghetto, 150.
61 Diese Summen der Einnahmen sind lediglich sehr grobe Schätzungen.
30 III. Die professionellen konzessionierten Theater

zu veranstalten. Alle Schauspieler und Musiker traten ohne Gage auf und verkauften Wochen
vorher Karten an begüterte Bekannte. Saalmiete, Heizung und Licht übernahm die Direktion,
und die ganzen Einnahmen gingen in die Tasche des Benefizianten, der nur für die Druckkosten
für Plakate und Einladungen aufkommen musste.62

Dazu der Kommentar von Herman Czerwinski in der GŻ/128/5 vom 24. Dezember 1941
unter der Überschrift Jubiläums- und Benefizveranstaltungen:

Gewöhnlich kommen nach der Herbst- und mit Beginn der Winterspielzeit in der Welt der
Schauspieler die Jubiläums- und Benefizveranstaltungen. Das sind künstlerische Veranstal-
tungen, die gewissermaßen zur „Bezahlung“ für künstlerische Arbeit und Verdienste auf
der Bühne dienen. Mit Jubiläumsveranstaltungen wurden in letzter Zeit bedacht: Maks Bryn,
langjährig verdienter Schauspieler; H. Balbierski, jüdischer Bühnenkünstler; für 25-jährige
Bühnenarbeit Chana Lewin, hervorragende Vaudeville-Schauspielerin; der Komiker und
Publikumsliebling Symcha Fostel, der talentierte Sänger Dawid Zajderman und die außer-
gewöhnlich erfolgreiche Chana Lerner. Jetzt – nach Ende der Benefizserie – kündigt auch das
Eldorado aus Anlass seines Jahrestagsjubiläums ebenfalls ein unterhaltsames und abwechs-
lungsreiches Programm an.63

Anzumerken ist, dass diese Veranstaltungen meist Matineen waren, damit der Spielbetrieb
am Abend reibungslos verlaufen konnte.
Es wurden Schirmherrschaften ins Leben gerufen, Reklame gemacht und Karten ver-
kauft und, da die ersten zwei Veranstaltungen dieser Art sehr erfolgreich waren, fanden
sich Mäzene, die auch mal 1000 Złoty für die teilnehmenden Künstler springen ließen.
Die erste Veranstaltung war für den Veteran der jüdischen Bühne Lejb Winer (40-jährige
Jubiläum), der kurz danach verstarb, danach kam Meier Winder, Direktor des Eldorado
(25-jähriges) gefolgt von Ajzyk Samberg (30 Jahre) […], Maks Bryn (30 Jahre), Chana
Lewin (20 Jahre), Hersz Balbirski (25 Jahre), Symcha Fostel (25 Jahre) sowie Regina
Cukier, Diana Blumenfeld und Ajzyk Samberg.
Das große Los hatten die gezogen, derer sich Abram Gancwajch, Chef der 1364, die

62 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 434.


63 GŻ/128/5/1941.
64 Es handelt sich hierbei um die Behörde zur Bekämpfung des Wuchers und der Spekulation.
Sie war eine Unterabteilung der Gestapo im Warschauer Ghetto. An der Spitze dieser Behörde
standen Abram Gancwajch und Dawid Sternfeld, die durch die Verwaltung von ganzen Straßen-
zügen, Schiebereien und glänzenden Geschäften ein riesiges Vermögen anhäuften. Bekannt
wurde diese Behörde unter dem Namen „Trzynastka“ („13er“), da sie ihren Sitz in der Leszno-
Straße 13 hatte. Emanuel Ringelblum schreibt in seiner Kronika Getta Warszawskiego, 373: „Die
jüdischen Gestapoleute suchen jetzt nach irgendwelchen Alibis. Sie bemühen sich auf alle mögli-
che Weise, sich in einem guten Licht darzustellen und zu zeigen, dass sie anständige, gute Juden
sind, die sich um das Allgemeinwohl kümmern. Gancwajch ist ein großer Mäzen jüdischer Lite-
ratur, jüdischer Kunst und des jüdischen Theaters. Ständig veranstaltet er Empfänge für jüdische
Schriftsteller und Künstler und gibt ihnen gut zu essen, was in diesen Zeiten das Wichtigste ist.
Vor Kurzem veranstaltete er eine Feier im „Eldorado,“ die die ganze Nacht dauerte. Jüdische
Schriftsteller wie z. B. Hilel Cajtlin bekommen von ihm ein Monatsgehalt (Cajtlin – 500 zł);“ und
III. Die professionellen konzessionierten Theater 31

famosen Herren Kohn und Heller65 oder Dawid Sternfeld, Kommandant der Polizei der 13
als Gönner annahmen.
Dabei kam es durchaus zu Rivalitäten. Wenn Gancwajch ein Bankett veranstaltete,
sahen sich Kohn und Heller genötigt, ebenfalls eine Festivität auszurichten. Es wurden
riesige Plakate geklebt, mit ihren Namen in Großbuchstaben, als seien sie die Stars –
manchmal wurde auch ein Waffenstillstand geschlossen und man traf sich beim gemein-
samen Galabesuch.

Die Teilnahme an dem die ganze Nacht dauernden Spektakel kostete 15 Złoty, eingenommen
wurden ca. 4.500 Złoty. Das Ganze begann um 18 Uhr und verlief dann folgendermaßen:
Gegeben wurde Libe und Farrat mit den Jubilaren Samberg und Fostel in den Hauptrollen. Da-
nach folgte ein Unterhaltungsteil mit Roza Gazel, Ajzyk Samberg, Symche Fostel, Icchak
Salwe (dem Schwiegersohn Sambergs), Hersz Balbirski und anderen. Damit war der erste
Teil der Veranstaltung abgeschlossen. Danach wurde das Publikum gebeten, den Zuschauer-
raum zu verlassen, und es wurde umgebaut, die Sitze kamen raus und statt derer wurden lange
Tischreihen aufgebaut, aber auch kleinere für die Ehrengäste, als da waren: Abram Gancwajch
samt Sternfeld ganz oben, dann Kohn und Heller, Josełe Kapota66 samt seiner Bande,
Frau Judtowa mit Familie, dann jede Menge Schmuggler, Schieber, Vertreter der jüdischen
Polizei in Schaftstiefeln und ihre Familien und jüdische Künstler […] Dann kamen die Reden,
Marek Orenstejn67 begann und lobte den Jubilar und seine Verdienste für das jüdische Theater
usw. Danach lobte der Chef der Kunstkommission, aber als dann auch noch Gancwajch
das Wort ergreifen wollte, protestierte ein Teil des Publikums mit „Genug geredet, wir wollen
was essen!“ und „Ein Lied!,“ woraufhin die Anhänger Gancwajchs sich auf die Störenfriede
stürzten und eine Prügelei begannen, die allerdings von Josełe Kapota relativ schnell beendet
wurde.68

Neben Spektakeln dieser Art wurden auch Familienfeiern der Ghettohäuptlinge in den Thea-
tern veranstaltet, so z. B. Anfang Juni 1941: „Im Theater Azazel feierte man die Konfirmati-
on von Gancwajchs Sohn, der bei dieser Gelegenheit zum Sektionsleiter ernannt wurde“69,

weiter, 356: „Auf der Straße erzählt man sich, dass bei Gancwajch nachts orgien stattfinden. Wie
viel Wahres daran ist, konnte ich nicht feststellen. Gancwajch verspricht, für die Juden Küchen
in der Leszno-Straße, wo er Häuser verwaltet, einzurichten. Seine Verdienste sind – wie auf einer
Konferenz der Hauskomitees der Leszno-Straße festgestellt wurde – die Befreiung von Korczak
und des Bruders des Rabbiners aus Góra Kalwaria, die Abschaffung des Ghettos in Minsk
Mazowiecki sowie die Rettung der Sienna- und Grzybowska-Straße (es war seine Entdeckung,
dass die Kirche in der Grzybowska-Straße für die Getauften gebraucht wird). Man schätzt ihn so
ein: drei Viertel Saukerl, ein Viertel Romantiker.“
65 Moryc Kohn und Zelik Heller, Grundstücksverwalter, Eigentümer der Pferdebahn, Kaufhaus-
besitzer, Schieber und Schwarzhändler. In einer Beileidsanzeige in der GŻ59/4/1942 für den
Redakteur und Kritiker der Gazeta Żydowska, Herman Czerwiński, unterschreiben sie mit „Direk-
tion Dom Handlowe,“ „Direktion Hala Nowoczesna“ und „Direktion Autoverkehrsgesellschaft.“
66 Josef Erlich, Agent der Gestapo im Warschauer Ghetto.
67 Gemeint ist Andrzej Marek.
68 Jonas turkow, C’était ainsi, 183 – 5.
69 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 293.
32 III. Die professionellen konzessionierten Theater

oder es konnten sich die Gattinnen der Wohltätigkeit widmen, so auch Frau Redakteurin
Gancwajch: „Am Samstag, den 3. Mai findet unter der Schirmherrschaft der Frau Re-
dakteurin Gancwajch (JWP.) um 12.00 Uhr im Melody Palace, Rymarska-Straße 12 ein
großes Kinderfestival statt. […] Die gesamten Einnahmen sind für arme Kinder vor-
gesehen.“ 70

4. DAS PUBLIKUM

Die Sehnsucht nach „Normalität“

Im Ghetto hatte Theater wohl einen völlig anderen Stellenwert als die heutzutage kultur-
verbreitenden und -vermittelnden öffentlich geförderten Institutionen, die zu besuchen
das Publikum unterschiedlichste Motive hat – sei es der Wunsch nach Unterhaltung, nach
Teilhabe am kulturellen Leben, Denkanstößen, Neugier oder auch schlicht Interesse am
gesellschaftlichen Ereignis. Jerzy Jurandot, künstlerischer Leiter des Femina, sieht das Motiv
eines Theaterbesuchs im Ghetto im Versuch zu vergessen:

In diesem von Mauern umschlossenen und mit unglücklichen Menschen vollgestopften


Viertel machte ich fast zwei Jahre Theater. Das klingt merkwürdig. Aber es gab die Thea-
ter, vorwiegend Unterhaltungstheater, weil sie notwendig waren und eine kleine, aber
eine durchaus nützliche Rolle spielten. Die Menschen, die gewaltsam aus ihrem Leben und
ihren Gewohnheiten gerissen und in einem Ghetto eingesperrt worden waren, versuchten
um jeden Preis, Abbilder ihres einst normalen Lebens zu finden. Theater war für viele von
ihnen vor dem Krieg ein ganz normales Bedürfnis wie eine Zeitung oder ein Buch. Jetzt war
Theater für sie Ersatz all dessen, was sie früher hatten, ein Ersatz für das Leben, das Vergangen-
heit war.71

Jurandot bemerkt, dass das Publikum mit Anspielungen auf aktuelle Ereignisse im Ghetto
nicht zu kriegen war. Zuerst überraschte ihn das, da ja gerade „Aktualitäten“ in Vorkriegs-
revuen besonders gut gezogen hatten.

Aber dann verstand ich. Die Leute wollten Vergessen, für eine kurze Zeit das Vergessen all
dessen, was ihr Leben im Ghetto betraf. Also spielten wir alte musikalische Komödien und
Operetten. Und das war gut so.72

Auch der Redakteur „Al. R-d“ stellte in der Gazeta Żydowska anlässlich der Eröffnung
des Nowy Teatr Azazel fest:

70 GŻ/34/3/1941.
71 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 68.
72 Ebd.,187. Eine Ausnahme seines Konzeptes war neben seinen Revuen insbesondere das von ihm
geschriebene Stück Miłość szuka mieszkania, das eine einzige Anspielung auf die Ghettoverhält-
nisse war.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 33

Und in der Tat ist es ein Vergnügen, den grauen Alltag für zwei angenehme Stunden in dem
dämmrigen Saal dieses Theaters zu vergessen.73

Mary Berg schreibt anlässlich eines Besuches des Stückes Miłość szuka mieszkania im
Femina, wo sie neben etlichen Bekannten auch Edzia und deren Freund Zelig Silberman
traf, der einer der größten Schmuggler der Sienna-Straße war, als diese noch zum Ghetto
gehörte:

Das Publikum vergnügt sich vortrefflich und verbringt ein paar angenehme Stunden in dem
komfortablen Theater und vergißt völlig, welche Gefahren draußen lauern.74

Theater als Mittel zur Flucht vor der Wirklichkeit: war man im Theater, blieben Gendarmen,
Mauern, Typhus und Hunger für zwei Stunden vor der Tür. Barbara Engelking fügt dem
„Vergessenwollen“ noch eine Art „moralischen Widerstand“ hinzu:

Geistige Bedürfnisse, innerer Widerstand, sich nicht unterwerfen wollen oder auch der
Wunsch, dem Alltag zu entfliehen, waren Gründe, ins Theater oder in Konzerte zu gehen. […]
Die Teilnahme am kulturellen Leben war aber nicht nur Flucht vor der Realität oder psy-
chische Selbstverteidigung, sie war auch eine Art moralischen Widerstandes und gab das
Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Welt von Werten, aus der die Deutschen die Juden entfernen
wollten.75

Mary Berg geht einen Schritt weiter und nennt Lachen und Satire gar „Waffe“:

So kann man im Café Art in der Leszno-Straße Lieder und satirische Texte über die Polizei, den
Sanitätsdienst, Rikschas und sogar über die Gestapo hören, letzteres allerdings in versteckter
Form. Selbst die Typhusepidemie ist Gegenstand für Witze. Es ist ein Lachen unter Tränen, aber
ein Lachen. Es ist unsere einzige Waffe im Ghetto, das Lachen über den Tod und die Hitler-
dekrete. Humor ist eine Sache, die die Nazis nie verstehen werden.76

Natürlich war die Teilnahme an Kultur nur einem geringen Teil der Ghettobewohner
möglich. Mit jedem Tag stieg die Zahl der Kranken, der Umsiedler, die Verelendung der
Menschen in den Flüchtlingsherbergen, der vor Hunger Sterbenden, und die Zahl derer,
die jeden Tag ums Überleben kämpfen mussten […] „Aber es gab auch andere, ihre Zahl
wird auf 5 –10 % der Ghettobevölkerung geschätzt, also ca. 20.000 – 40.000 Personen,
die – zumindest eine Zeit lang – ganz oben in der Ghettohierarchie standen und die noch
genug Energie und Möglichkeiten hatten, ihre geistigen oder kulturellen Bedürfnisse zu
befriedigen.“77 Nach Ruta Sakowska hatten die Theater 500 – 600 Sitzplätze (das Femina

73 GŻ/38/3/1941.
74 Mary bErG, Dziennik z Getta Warszawskiego, Warschau 1946, 117.
75 Barbara EnGElkinG, Getto Warszawskie, 562.
76 Mary bErG, Dziennik z Getta Warszawskiego, 118.
77 Barbara EnGElkinG, Getto Warszawskie, 562.
34 III. Die professionellen konzessionierten Theater

900) und waren im Durchschnitt zu 80 % ausgelastet, an Fest- und Premierentagen war die
Auslastung gar 100 %.78
Wahrscheinlich ist diese 80 %-ige Auslastung zu hoch gegriffen, da es – wie in jedem
Theater – gute und schlechte Tage gab. Diese schlechten Tage hatten allerdings andere
Ursachen als heute, es waren ghettospezifische:

Eigentlich waren die Samstage die besten Tage, aber es reichte schon aus, wenn im Laufe
der Woche ein paar Straßen ausgegliedert wurden – dann blieben die Theater leer, denn die,
die zwar nicht unmittelbar davon betroffen waren, hatten Bekannte, Familienmitglieder oder
Freunde, die auf der Straße saßen und denen man helfen musste. Dazu kamen die ständigen
Razzien für die Arbeitslager, bei denen die SS wahllos alle Leute mitnahm, derer sie habhaft
werden konnte, und allein schon ein Gerücht darüber reichte aus, dass man an solchen Tagen
nicht vor die Tür ging, gar nicht zu reden von den später stattfindenden nächtlichen Massen-
morden. Jedes Theater war wie ein empfindliches Barometer, an dem man die Stimmung im
Ghetto ablesen konnte.79

Eine Verschlechterung für die Theater war, zumindest für die, die auf polnischsprachiges
Publikum setzten, die Teilung des Ghettos in ein „kleines“ und ein „großes“ Ghetto, ein-
hergehend mit einer Verkleinerung des Gesamtghettos, wobei 75.000 Juden umgesiedelt
wurden. Emanuel Ringelblum stellt fest: „Das Warschauer [Ghetto] hat drei Teile.
Aristokraten: Leszno-, Elektoralna- und Chłodna-Straße; Getaufte: Sienna-Straße;
gewöhnliche Juden: der Rest des Ghettos.“ 80 Die Sienna-Straße, eine anerkannt gute
Adresse, so wie das XVI Arrondissement in Paris oder das Mayfair in London, war
jetzt im „kleinen Ghetto,“ sie wurde auch „Szmendryk Allee“ genannt – mit Szmendryk
wurden im polnisch-jüdischen Milieu oberflächlich assimilierte Juden bezeichnet, die
mit Verachtung auf Juden und jüdische Kultur herabsahen und polnisches Theater bevor-
zugten:

Die Sienna-Straße ist die Straße der jüdischen Aristokratie. Eine breite Straße, viel frische
Luft, wenig Armut, wenige Bettler, sauber – eine Insel im Ghetto. Am Abend kann man dort
geschminkte elegante Damen sehen, die Hündchen spazieren führen, als wäre tiefster Frie-
den. Dort herrscht keine Enge, kein Trubel, nicht die Nervosität wie sonst überall im Ghetto.
Mit einem Wort: Eine Insel des Friedens und Wohlstands wie vor dem Krieg.81

Das war das beste Publikum für das Femina, aber man konnte schwerlich verlangen, dass sie
wegen irgendeines läppischen Vergnügens den kilometerlangen Weg durch allerschmutzigste
und völlig überfüllte Gassen gehen mussten und als Zugabe dann auch noch auf der Żelazna-
Straße dreimal an den Torwachen vorbei, wo, wenn man Pech hatte, ein Gendarm Dienst

78 Vgl. Ruta sakowska, Menschen im Ghetto, 150.


79 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 245.
80 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 217.
81 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 324.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 35

tat, dem man den Spitznamen „Frankenstein“ gegeben hatte, weil er eine Fresse wie der Film-
frankenstein besaß, und der erst frühstücken konnte, wenn er jüdisches Blut vergossen hatte und
das Ganze dann wieder zurück – das lohnte sich nicht.82

Aber trotz der Razzien, trotz Typhusepidemien, trotz aller Überraschungen und Schikanen
spielten wir ohne Pause. Und das ist der beste Beweis, dass man uns brauchte. Wir hatten ein
Stammpublikum, das ungeduldig die nächste Premiere erwartete, um zwei Stunden Theater,
Ablenkung und Vergessen zu erleben. Aber da es nicht so viele waren, mussten wir oft das
Repertoire wechseln.83

Nimmt man die Zahlen von Ruta Sakowska als Grundlage, würde das bedeuten, dass ab
der Zeit, in der alle fünf Theater spielten, an jedem Spieltag bei einer Auslastung von 80 %
je Theater mindestens 2.500 Zuschauer die Theater besuchten. Ruta Sakowska meint,
dass es nicht erstaunlich sei, dass auf Grund der niedrigen Kartenpreise (2 Złoty) und des
Erfindungsreichtums der Hauskomitees hinsichtlich einer Erlangung von Mitteln für die
Fürsorgetätigkeit, gemeinsame Theaterbesuche organisiert und Eintrittskarten unter den
Mietern verteilt wurden. Weiterhin stellt Ruta Sakowska fest: „Die häufigen Repertoire-
wechsel zeugen davon, dass immer dieselben Zuschauer durch die Theater zogen.
Aber die hohe Besucherzahl zeigt doch, dass das Theater im Ghetto auf jeden Fall kein
exklusives Vergnügen war.“ 84 Zumindest für Ghettobewohner, die überhaupt noch die
Kraft hatten, sich mit etwas anderem zu beschäftigen als mit Hunger, Krankheit und
Tod. Über das Publikum im Femina schreibt Jerzy Jurandot anlässlich eines Auftritts von
Ada Połomska:

In den ersten Reihen saßen die Ghettoplutokraten […], im Parterre und auf der Galerie saß
das typische Samstagspublikum […] Sah ich an Werktagen unter den Zuschauern vorwiegend
intelligente Gesichter, suchte ich diese am Samstag vergebens. Das Samstagspublikum,
das waren Handwerkerjugend, Verkäufer und Verkäuferinnen kleiner Läden auf den Stra-
ßen Gęsia, Smocza und Zamenhofa, oft sogar Vertreter der Straßen Krochmalna, Wołyńska
oder Ostrowska, die schon vor dem Krieg als eine Ansammlung von Räuberhöhlen und
Hehlerbuden bekannt waren. Das waren Typen, von denen man nicht glaubte, dass bei ihnen
auch nur ein auf der Bühne gesprochenes Wort ankommen würde – und dazu noch auf
Polnisch.85

Seine Befürchtungen jedoch bewahrheiteten sich nicht, denn als der Vorhang gefallen war,
sah er ein wild applaudierendes Publikum.

82 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 73.


83 Ebd., 79.
84 Ruta sakowska, Menschen im Ghetto, 150.
85 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 246 –7.
36 III. Die professionellen konzessionierten Theater

5. EINE ZEITUNG FÜR DIE JUDEN…

Die Gazeta Żydowska war eine von den Deutschen in polnischer Sprache herausgegebene
Zeitung, die u. a. im Warschauer Ghetto vertrieben wurde, wobei das Wort „Ghetto“
in dieser Zeitung bis auf eine Ausnahme in dem Artikel „Szamru Szabat“86 vermieden
wurde – die euphemistische Umschreibung war stets „Jüdisches Viertel.“ Das erste Mal
erschien die Gazeta Żydowska am 23. Juli 1940, das letzte Mal am 30. August 1942, ins-
gesamt 272 Ausgaben.
1940 plante die Abteilung Volksaufklärung und Propaganda im Generalgouverne-
ment, eine jüdische Zeitung herauszugeben, wobei die Zeitung und ihr Verlag vollständig
deutscher Aufsicht und Kontrolle unterstanden. Die jüdische Presse GmbH wurde von der
örtlichen Tochter des Zentralverlages der NSDAP beaufsichtigt. Jedes Blatt unterlag
der genauen Vorzensur. Chefredakteur wurde der aus Galizien stammende Publizist Fritz
Seifter, Mitherausgeber der 1934 in Bielitz erschienenen Jüdischen Wochenpost, der
auch als Geschäftsführer der GmbH fungierte. Die Gazeta Żydowska sollte in polnischer
Sprache erscheinen, wozu Emil Gassner bemerkt:

Eine eigene Zeitung für die Juden sollte neben der fortschreitenden räumlichen Trennung von
Polen und Juden die geistige Dissimilation fördern. Die Tatsache, dass die Gazeta Żydowska
in polnischer Sprache erschien, widersprach dieser Absicht nur scheinbar, denn mit ihr sollten
gerade die tonangebenden, teilweise ans Polentum assimilierten Kreise unter den Juden erreicht
werden.87

In der Gazeta Żydowska erschienen dann folgerichtig eben auf diese „Schicht“ der polni-
schen Intellektuellen zugeschnittene Beiträge wie Kritiken (Theater und Musik), Beiträge
über Kunst und Kultur, Romane, Reiseliteratur, Geschichte des Judentums usw. Einen
weiteren Grund nennt Gassner, indem er auf die einfachere Zensierung polnischer statt
jiddischer Texte hinweist. „Mitte Juli 1940 stand in der Krakauer Zeitung eine kleine
aber aufsehenerregende Nachricht, worin die Besatzungsmacht im sogenannten General-
gouvernement mitteilen ließ, demnächst solle in Warschau eine jüdische Zeitung er-
scheinen, die für die Judenschaft des gesamten Generalgouvernements bestimmt sei.“88
Redaktionsadresse war in Krakau die Dietla-Straße 49, weitere Geschäftsstellen waren in
Warschau: Zielińskiego-Straße 6/6, später dann Elektoralna-Straße 4/1, in Częstochowa:
Wolności-Allee 19/5, in Lublin: Lubartowska-Straße 21/9, in Radom: Raja-Straße 26 und

86 GŻ/39/2/31941.
87 Emil GassnEr, „JüdischE prEssE,“ in: dErs., Grundlage und Aufgaben des Propagandaamtes,
Krakau 1940, 120.
88 Lars JockhEck, „Vom Agenten zum Kollaborateur? Die Zusammenarbeit des jüdischen Publi-
zisten Fritz Seifter aus Bielitz mit deutschen Behörden in den 1930er und 1940er Jahren,“ in:
Joachim taubEr (hG.), „Kollaborationen“ in Nordosteuropa. Erscheiungsformen und Deutun-
gen im 20. Jahrhundert, Wiesbaden 2006, 203.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 37

Abb. 7: Zeitungsjunge, Gazeta Żydowska, 1941.


Verkaufsstand der Gazeta Żydowska. Verkauft
wird die Montagsausgabe vom 30.6.1941, die
ab dieser Nummer (52) dreimal in der Woche
– Montag, Mittwoch und Freitag – erschien.
Neben den Zeitungen werden u. a. auch Arm-
binden verkauft.
Man beachte die ziemlich schlampig umge-
bundene Armbinde des jungen Verkäufers.

in Kielce: Leszno-Straße 14. Daneben gab es eine ganze Reihe kleinerer Vertretungen im
gesamten Generalgouvernement. Die Gazeta Żydowska erschien anfangs zwei Mal pro
Woche, am Dienstag und Freitag. Nach Emanuel Ringelblum gab es zu Beginn Juni 1941
Überlegungen, die Gazeta Żydowska als Tageszeitung erscheinen zu lassen,89 offensicht-
lich wurde das verworfen, und so erschien nun das Blatt ab Freitag, den 27. Juni, mit der
Nr. 51 drei Mal in der Woche: Montag, Mittwoch und Freitag, später dann am Sonntag,
Mittwoch und Freitag. Ab 1. Mai 1941 war sie sozusagen weitgehend konkurrenzlos:

Die Gazeta Żydowska wurde von der deutschen Behörde darüber informiert, dass ab 1. Mai
keinerlei deutsche und polnische Zeitungen mehr im Ghetto ausgeliefert würden. Es ver-
steht sich von selbst, dass diese Anordnung Auswirkungen auf die Gazeta Żydowska hat, die
nicht allzu viele Leser hat. Die Folge ist, dass Zeitungen geschmuggelt werden und die dann
[natürlich] mehr kosten. Der Nowy Kurier Warszawski statt 20 Groschen – 35 Groschen, die
Krakauer [Zeitung] – 50 Groschen.90

Die Gazeta Żydowska war das offizielle Presseorgan für alle Ghettos im Generalgouver-
nement und diente den Deutschen als Propagandaplattform und für Bekanntmachungen.

89 Vgl. Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 292.


90 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 281.
38 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Viele Artikel und Beiträge in der Gazeta Żydowska erschienen nicht unter dem vollen
Namen der Redakteure – vielleicht teilten sie die Einschätzung von Emanuel Ringelblum,
der in seiner Kronika Getta Warszawskiego schreibt, dass bei der Gazeta Żydowska so-
wieso kein Redakteur mit Ehre arbeite, und wollten deshalb anonym bleiben:

Ich habe gehört, dass der alte, bekannte Redakteur F. Rozen bei dieser Zeitung nicht mitarbeiten
wollte; er wollte auf seine alten Tage seinen Namen nicht beschmutzen.91

Charakteristisch für die Gazeta Żydowska, sie dient allen Göttern: Czerniakow, Gancwajch
(Anzeigen in Hülle und Fülle); außer Stein92, Bałaban93 und Rogowoj94 (von der Aguda) konnte
sie keinen Journalisten für die Zusammenarbeit gewinnen.95

Chaim Kapłan schreibt über das „Żyd-Blatt“ am 22. Juni 1942, als die Gerüchte über eine
Liquidierung des Ghettos in aller Munde waren:

Das Żyd-Blatt wird einem alles über Suppenküchen erzählen, was es zu wissen gibt. Es hütet
sich, Austreibungen und Vernichtungsaktionen zu erwähnen.96

Die Gazeta Żydowska und das Theater

Bis zu den ersten Ankündigungen, Anzeigen und redaktionellen Beiträgen für die erste
Premiere im Teatr Eldorado wurde Theater in der Gazeta Żydowska in Form von Anek-
doten unter der Rubrik „Über jüdisches Theater und jüdische Schauspieler“ mit Artikeln
wie „Chassiden im Dybuk,“ „Er wird schon was vorspielen können“ und „Mirla Efros“
erwähnt.
Nach Aufnahme des regulären Spielbetriebes der Theater finden sich in der Gazeta
Żydowska in den Rubriken „Theater und Konzerte in Warschau,“ „Aus Warschau,“ „Aus
dem Theater,“ „Kronika artystyczna“ Vorberichte, Ankündigungen und Kritiken. Wäh-
rend alle anderen Artikel der Rubriken wie z. B. „Warschauer Chronik,“ „ Aus Warschau,“
die Verfügungen und Anordnungen von Judenrat, Ghettokommissar und Generalgouver-
neur aus heutiger Sicht eindeutig der Zeit der deutschen Besatzung und des Warschauer
Ghettos, der Vortäuschung einer normal arbeitenden und funktionierenden Kommune
zugeordnet werden können, ist dies bei der Berichterstattung über Theater nicht mög-
lich. Die Kritiken, die in ihrem formalen Aufbau seit jeher so geschrieben und heute noch
so geschrieben werden – wie üblich mit kurzer Einleitung, Stückinhalt, Darsteller und
schließlich, wie der Beifall so war –, lassen auf den ersten Blick nicht erkennen, dass

91 Ebd., 160.
92 Edmund Stein, Dozent des Judaistischen Instituts in Warschau.
93 Meir Bałaban (1877–1942), Professor für Geschichte an der Warschauer Universität.
94 Mordechai Abram Rogowoj, Redakteur des Organs der Aguda Idisze Togblatt.
95 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 295.
96 Chaim kapłan, Buch der Agonie, 356.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 39

Abb. 8: Gazeta Żydowska, Nr. 63, 25.07.1941, 6.

es Stücke waren, die im Warschauer Ghetto auf die Bühnen kamen. Dies ist auch den
Spielplänen der Theater geschuldet, in denen hauptsächlich Stücke aus der Vorkriegszeit
zu finden sind und „zeitneutral“ daherkommen, sieht man von den Revuen des Femina
ab, in denen satirische Anspielungen auf Ghettoverhältnisse gang und gäbe waren (Alltags-
ärgernisse, sozusagen „läßliche Sünden“), die aber in den Kritiken weder kommentiert
noch hervorgehoben, geschweige denn mit dem tatsächlichen Geschehen auf den Ghetto-
straßen in Zusammenhang gebracht werden. Der Kritiker beschreibt, was er auf der Bühne
sieht. Nicht mehr und nicht weniger. Insofern sind die redaktionellen Beiträge und Kriti-
ken wie auch die Stücke selbst – im Gegensatz zu anderen Artikeln über das Warschauer
Geschehen – inhaltlich frei von jeder ideologisch gefärbten Berichterstattung. Nicht die
Stücke, die Kritiken und Theaterartikel liefern die Hinweise, dass sie einer Propaganda
dienen, die ein „normales“ Leben im Ghetto suggerieren will, die Theater selbst waren die
Propaganda. Die Vortäuschung der Normalität war, dass sie spielten.
In der Gazeta Żydowska erschienen 61 Kritiken, 110 redaktionelle Beiträge und 101
Theateranzeigen.
40 III. Die professionellen konzessionierten Theater

6. DER KRITIKER HERMAN CZERWIńSKI

Liest man die Theateranzeigen, die redaktionellen Beiträge und Theaterkritiken in der
Gazeta Żydowska, käme man nie auf die Idee, dass die sensationellen Vorstellungen, die
großen Publikumserfolge und die mit Ovationen gefeierten Aufführungen im Warschauer
Ghetto stattfanden – dennoch waren sie Teil des Ghettolebens.
So gut wie alle Kritiken in der Gazeta Żydowska waren mit H.Cz. gezeichnet. Anläss-
lich der Kritik der Operette Róża Stambuły unterschreibt H.Cz. in der Gazeta Żydowska
Nr. 3., Mittwoch, 7. Januar 1942 – nach mehr als einjähriger „Anonymität“ – zum ersten
Mal mit vollem Namen, mit Herman Czerwiński.
Herman Czerwiński (geboren 1888 in Nowy Dwór), ab 1918 Mitglied der Bürger-
wehr, Begegnung mit Eliza Orzeszkowa, deren Werke er für die Bühne bearbeitete,
offizier der Gerichtspolizei, Kriminologe, Veröffentlichungen in der Polizeizeitung
Na Posterunku (u.a. Falsche Spuren, Kriminalistik), in Naszy Przegląd – wo er darauf
bestand, stets mit „Herr Redakteur“ angeredet zu werden –, im Kurier Poranny und
Ekspres Poranny, Autor des Buches Feliks Zdankiewicz, König der Warschauer Diebe,
Förderer der Idee der „Hauskomitees,“ energischer Initiator der Küche auf Rädern, Redner
bei Begräbnissen, Jubiläen und Festveranstaltungen, im Judenrat Organisator bzw. Leiter
des Zentralbüros des Einwohnermeldeamtes, des Referats Umsiedler, des Gesundheits-
referates, des Wohnungsamtes, der Aktion Soforthilfe, schließlich Leiter des Referates
Vorstellungen.
Bei so vielen Ämtern und gesellschaftlichen Aktivitäten war es wahrscheinlich schwer,
anonym zu bleiben, zumal bei einer solch prominenten Ghettopersönlichkeit damals
wohl nicht viel Phantasie dazu gehörte, hinter dem Kürzel H. Cz. Herman Czerwiński
zu vermuten. Neben Theaterkritiken schrieb Czerwiński u. a. auch redaktionelle Beiträge
wie: „Dziś Komisja“ („Heute kommt die Kommission“), „Szmulek Pestka,“ „Patronaty“
(„Schirmherrschaften“), „Dzielna 39,“ „W Domu Korczaka,“ Artikel, in denen er im Rah-
men der Zensur auf das Schicksal von Flüchtlingen, aber besonders auf das der Ghetto-
kinder eingeht und um Mitgefühl und Unterstützung bittet. In einem weiteren Artikel
mit dem Titel „Szamru Szabat“ („Ehret den Sabbat“) erwähnt er am Ende Abraham
Rubinsztejn und zitiert ein von Jerzy Jurandot geschriebenes Couplet über eben die-
sen Rubinsztejn. Neben diesen „Reportagen“ versuchte sich Herman Czerwiński auch als
Musikkritiker (eigentlich die Domäne von Marcel Reich-Ranicki, der seine Musikkritiken
mit „Wiktor Hart“ unterschrieb) und weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei
um „Eindrücke eines Nichtmusikers“ handelt.
Herman Czerwiński schrieb keine Verrisse, er wusste, dass es für die Theater (neben
kleineren Spielstätten in Cafés und Restaurants immerhin fünf Theater mit ungefähr 3.000
Plätzen) und die Theaterleute um Sein oder Nichtsein ging. Die Stücke wurden en suite
gespielt, standen vier bis sechs Wochen auf dem Spielplan und zwischen Dernière und
Premiere lag meist nur ein Tag. Keine seiner Kritiken war „geschäftsschädigend,“ wenn
er einen Verriss schrieb, bezog sich das immer auf Stückautor und Stückinhalt wie z. B.:
III. Die professionellen konzessionierten Theater 41

Die letzte Premiere im Theater Eldorado unter dem Titel Was Mädchen wissen dürfen in zwei
Akten (6 Aufzügen) mit Prolog und Epilog von Sz. Steinberg (Musik Sz. Sekunda) zeigt
ein typisches Melodram aus dem Volkstheaterrepertoire. Das Stück (wir reden hier weder von
literarischem noch künstlerischem Wert) ist eine Art Propagandawerk, angereichert mit weit
verbreiteter gesellschaftlicher Moral.97

Allerdings konnte er sich es nicht verkneifen, manche Inhalte mit ironischen Untertönen
wiederzugeben. So schreibt er in der Kritik des Stückes Dus Dorfs Mejdł in der Gazeta
Żydowska:

Und da, genau da, kommt aus dem berühmten Kraczygród Janko Cygan, der aus lodernder
Liebe zu Gitla zum jüdischen Glauben konvertiert ist und der ihr sein Herz und Leben zu Füßen
legt. Beide gehen zurück aufs Land. Aber vorher noch, sozusagen als Knalleffekt, überredete
der Heiratsvermittler Chaim Szraim Gitla zum Kauf eines Loses und: auf ihre Nummer fällt
eine Million. Der große Gewinn! Und… Ja, und jetzt kommen sie mit offenen Armen zu dem
verachteten, verschmähten und einfachen Mädel: Herr Bernard Openheim und seine reiche
Schwester Bluma, ihre Tochter Lola und schließlich auch Dolly… Aber unser Dorfmädel hat
den Charakter der „Stadtleute“ zur Genüge kennengelernt. Sie zieht das Land vor und heiratet
Janko Cygan.98

Ganz anders hingegen verfährt er mit Stücken, die zweifelsohne eine hohe künstlerische
Qualität besitzen und denen er sich mit großer Fachkompetenz und großem Wissen wid-
met, wie z. B. Pieśniarze:

Der talentierte Autor und Regisseur Andrzej Marek schrieb vor 40 Jahren ein Stück mit dem
Titel Pieśniarze. Dieses Werk (nach einer wahren Begebenheit aus dem Jahr 1836) öffnete
dem jungen Schriftsteller seinerzeit Tür und Tor für eine Dramatikerkarriere. Pieśniarze hat
seinen Platz in der Theaterliteratur gefunden und zeigt uns das Streben nach dem Höchsten.
In diesem Stück spürt man den Geist wahrer Poesie, der sich unmittelbar auf den Zuschauer
überträgt. Viel Schönheit ist in der poetischen Schilderung des berühmten Kantors aus Wilna,
der die Welt mit seinem Genius elektrisierte und in Erstaunen versetzte.99

Über das Stück Der Dybuk schreibt er:

Großes Theaterfest im Nowy Azazel – Die Aufführung des Stückes Dybuk aus der Feder
des großen jüdischen Theaterschriftstellers Sz. Anski ist immer ein großes Wagnis. Es ist ein
Theaterfest, ja, ein feierliches Ereignis, und es ist rühmenswert, dass das Nowy Azazel
jetzt – nach Bóg Zemsty von Asz, mit dem unvergleichlichen Samberg in der Hauptrolle –
die Herausforderung des Dybuk annimmt. Na pograniczu dwóch światów (so der Titel auf
Polnisch) verlangt seriösestes Rollenstudium und großen Arbeitsaufwand.100

97 GŻ/25/2/1940.
98 GŻ/15/3/1941.
99 GŻ/40/2/1942.
100 GŻ/78/5/1941.
42 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Mit wahrer Begeisterung bespricht Czerwiński die Darsteller: „von Hunderten bejubelt,“
Stars wie Regina Cukier: „Königin des Ensembles,“ „unvergleichlich in ihrer Interpre-
tation,“ „verzaubernd mit ihrem Gefühl und ihren Tränen,“ „glänzend und champagner-
prickelnd in ihren Darbietungen“; das Publikum spendet tosenden Beifall, fordert Da-
capos, es kommt zu Ovationen auf offener Bühne, zu homerischem Gelächter und Lach-
salven, Tränen fließen, Tausende müssen wieder gehen, da es keine Karten mehr gibt.
Kritiken, in denen nie ein Schauspieler oder eine Schauspielerin niedergemacht wurden –
allenfalls mal milde indirekt getadelt. offensichtlich war Czerwiński der Kritikerhäupt-
ling der Gazeta Żydowska, zu seinen Lebzeiten sind nur vier Kritiken nicht von ihm
geschrieben worden: Szczęśliwe dni (Gastspiel der Amateurtruppe Zespół teatru Studio
im Nowy Teatr Kameralny), Di Lustike Kapele, Kolorowy Szum des Kinderensembles
„Niebieskie Pisklęta“ (Die blauen Küken) und die Sonderveranstaltung anlässlich des
Bühnenjubiläums von Diana Blumenfeld, für die „C.K.,“ „Al.-R-d.,“ „Videus“ und „F.“
zeichneten.
Zusätzlich zu den Kritiken der Stücke des laufenden Spielbetriebes der Theater schrieb
Czerwiński auch über kulturelle Ereignisse, die an anderen Spielstätten stattfanden. So
z. B. Wieczór litercki-artystyczny (Künstlerisch-literarischer Abend), bei dem Czerwiński
auch als Akteur auf der Bühne der Sala Gospody Artystów zu sehen war; Żywe Dziennik
Nr 1 (Lebendes Tagebuch Nr 1) und Żywe Dziennik Kropka nad I (Lebendes Tagebuch –
Das I-Tüpfelchen) im Café Sztuka und Wesoła Siekanka – Dźwiękowe tygodnik aktual-
ności (Tönende Wochenschau) im Negresco.
Die redaktionellen Beiträge, Ankündigungen für Premieren, die vom Publikum heiß,
sehnlich, mit Spannung, mit Ungeduld und lang erwartet wurden, sind so gut wie nie ge-
kennzeichnet. Mit einer Ausnahme: K.B.
Czerwińskis Verdienst ist zweifelsohne, mit seinen Kritiken, mit seinen gut geschrie-
benen, gut zu lesenden flotten Besprechungen, mit seinen Vorberichten und redaktionel-
len Beiträgen das Theater im Ghetto leidenschaftlich unterstützt zu haben und damit den
Theaterleuten entscheidend beizustehen, dass eine Zeit lang Abend für Abend der Vorhang
hochging. Herman Czerwiński starb Ende Mai 1942. Nach Herman Czerwińskis letzter
Rezension Tylko dla dorosłych, Premiere 26. April 1942 am Femina, übernahm nach Z.,
der Kritiken zu Sulamita (Nowy Azazel), Finał małżeństwa (Kameralny), Godzina przed
ślubem (Eldorado) und Benefiz Regina Cukier (Eldorado) schrieb, Sewer die Rezensenten-
stelle und schrieb die Kritiken für Sprawa przed drzwiach zamkniętych (Femina),
Bajadera (Femina) und Der Dorfsjunge (Eldorado). In der GŻ/40/2/1942 findet sich ein
längerer Artikel mit dem Titel „Parówka,“ in dem in einer Glosse geschildert wird, wie
die Mieter eines Wohnblocks zur Desinfektion ihrer Kleider und ihrer selbst in ein sog.
„Dampfbad“ („Parówka“) gebracht werden. Der Beitrag ist unterschrieben mit „Seweryn
Stend.“ Möglicherweise verbirgt sich hinter dem Kritiker „Sewer“ eben dieser
„Seweryn Stend“ (oder aber auch dieser Name ist ein Pseudonym).
Während bei Czerwiński die Darsteller, besonders in den Hauptrollen, immer aufs
höchste gelobt wurden, wehte nun ein etwas anderer Wind durch die Kritiken von
III. Die professionellen konzessionierten Theater 43

„Sewer,“ der, einen flotten Stil schreibend, zweifelsohne sehr ambitioniert, fachkundig,
aber kritisch an die Besprechungen heranging: „Warum hat Herr Minowicz nicht genug
geübt, um ein Messer in der Luft auffangen zu können, was doch ohne jeden Zweifel ein
Augenblick höchster Spannung gewesen wäre?“ In weiteren Kritiken heißt es:

Frau Wernisówna gelang es nicht, sich der Schauspieltechniken zu bedienen, die wahre Effekte
hervorbringen.
Herr Rytowski konnte den Anforderungen des Textes in keiner Weise genügen.
Herr Rytowski überchargierte ziemlich.
Frau Połomska trifft manchmal, besonders aber in der Schluss-Szene nicht den richtigen Ton.
Herr Srebrzycki „mit zu wenig Leben,“ völlig blass und unglaubwürdig.
In dieser Rolle war Herr German ziemlich schwerfällig und wenig agil.

Herman Czerwiński dagegen:

Herr Rytowski hervorragend, jugendlicher Schwung, schauspielerische Gestaltung, voller Tem-


perament und Humor.
Ada Połomska bereicherte die Szenen, große Sprechkultur und schauspielerische Gewandtheit,
hervorragende Protagonistin.
Erfolgreich bewältigte Janusz Srebrzycki gleich zwei Rollen.
Mit großem Können gestaltete Herr German die charakteristischen Momente seiner Rolle,
freies Spiel und Redegewandtheit.

Im Gegensatz zu Herman Czerwiński bemängelte Sewer auch „Unstimmigkeiten“ bei der


Inszenierung, z. B. von Sprawa przed drzwiach zamkniętych:

Warum heißt dieses Stück Verhandlung hinter geschlossenen Türen, wenn die Verhandlung
doch die ganze Zeit coram publiko stattfindet, warum verliest der Staatsanwalt die Anklage-
schrift und nicht der Verhandlungsvorsitzende, warum nimmt nur ein Kronrichter an der Ver-
handlung teil, warum macht die Angeklagte ihre Aussagen von der Zeugen- und nicht von der
Anklagebank […] völlig unverständlich allerdings ist, warum Herr Regro im letzten Akt mit
einer Angel unter dem Arm nach Wołomin zur Hochzeit eines Kollegen auf die Bühne kommt
(Päckchen wären wohl angemessener gewesen).

7. DAS ELDORADO UND DIE SCHMIERENDEBATTE

„Prinz, die Kunst geht nach Brot.“


Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti

Zum Niveau der Ghettobühnen bemerkt Jonas Turkow:

Wenn man den Theatern im Ghetto, die auf Polnisch spielten, noch ein gewisses Niveau zu-
rechnen darf, kann man das leider nicht über die Mehrzahl der jüdischen Bühnen im Ghetto
sagen. Diese Theater, die gute Voraussetzungen hatten, machten nicht nur keinen Versuch,
44 III. Die professionellen konzessionierten Theater

das Niveau zu heben, sondern appellierten mit ihren Stücken an die niedrigsten Instinkte der
Massen.101

Barbara Engelking schreibt über das jüdische Theater im Vorkriegswarschau: „ […] das
Publikum liebte dieses Schmierentheater, Assimilierte oder Polonisierte hingegen blieben
diesen Stücken fern und gingen in die polnischen Theater,“102 und daran scheint sich im
Ghetto nichts geändert zu haben, ersetzt man polnische Theater durch polnischsprachige
Theater. Auch im Ghetto wurden die auf Jiddisch gespielten Melodramen, Volksstücke
und Operetten, deren Inhalte oft an dramatisierte Groschenheftromane erinnern, aus Sicht
der „Gebildeten“ generell als Schmiere, d. h. intellektuell minderwertig bezeichnet.
Die Frage „Schmiere oder nicht Schmiere“ wird auch in der Gazeta Żydowska aus-
führlich in drei Artikeln diskutiert, wobei Herman Czerwiński mit einem Beitrag mit dem
Titel „Szmira“ den Reigen eröffnet:

Über das Niveau des jüdischen Theaters


„Schmiere“
„Schmiere“!... „Schmiere“?... Schmiere – das ist Schund, Ramsch und überflüssiges Zeug,
Zeitverschwendung, talent- und wertlos. „Schmiere“ – im eigentlichen Sinn – hat sich in
der Theaterwelt eingebürgert, die Schauspielerzunft bekennt sich dazu. Unter dem Begriff
„Schmiere“ versteht man eine Schauspieltruppe aus der finstersten Provinz oder ein wertloses
Stück, eine amerikanische „Bombe“ oder ein amerikanisches Sensationsstück. Das bedeutet
aber nicht im Geringsten, dass die Stücke dieser „Gattung“ nicht gut gespielt werden können
oder nicht gut gespielt werden sollen. Nein! Der intelligente Zuschauer ordnet solche Stücke
unter dem Begriff „Kassenfüller“ ein.
Solche und ähnliche Ansichten über die Qualität der Stücke, die auf jüdischen Bühnen ge-
geben werden, hört man besonders, wenn man sich mit Theaterspezialisten unterhält und sie
fragt:
Haben die jüdischen Bühnen denn kein anderes Repertoire? Muss das Publikum mit Stücken
wie Farkojfte neszumes, Mazeldyge chasene, Cwaj ganowim, Icykł Szołtyk usw. bestraft werden?
All diese Stücke waren „lege artis“ inszeniert und erfreuten sich großen Zuspruchs…
Hat sich denn nichts geändert seit den Zeiten, in denen Chinke Pinke oder Chana die Nejerin
usw. gespielt wurde?
Zu einer Änderung fehlen uns das Repertoire und die entsprechenden Theaterleute. Wenn
es sich um Stücke wie die oben genannten handelt, kann ich als Spezialist, der ich mitten im
Theatergeschehen bin, nur feststellen, dass sie vom jüdischen Publikum gemocht werden, man
bevorzugt eben das Theater, das man sehen will. Dabei geht es hauptsächlich um die „Volks-
operette,“ in der es „a lidł und a tanc” geben muss, die zu Tränen rührt und einen zum Lachen
bringt, sie muss irgendeine Moral und ein „happy end“ haben. Die Stücke auf der jüdischen
Bühne müssen ihren eigenen, spezifischen Charakter haben. Und sie werden nicht nur vom
normalen Zuschauer geschätzt, auch bessere Kreise und die Intelligenz lieben dieses anspruchs-
lose und leichte Genre. Irgendetwas Lustiges oder Trauriges – also ein Melodram. Wenn es um
ernsthafte Stücke geht, um das Niveau der Theater zu heben, habe ich den Eindruck, dass jetzt
nicht die Zeit dafür ist. Das jüdische Theater ist in einer finanziellen Krise…

101 Jonas turkow, C’était ainsi, 178.


102 Barbara EnGElkinG, Getto Warszawskie, 582.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 45

Man muss doch aber auf höherem Niveau spielen! Man sollte jüdische Theaterschriftsteller
und klassische Stücke aus dem europäischen Repertoire heranziehen, die entsprechenden Leute
werden sich schon finden lassen. Wenn es an professionellen Theaterleuten mangelt – es gibt
auch sehr talentierte Amateure.
Es sind die Bedingungen: wir kämpfen mit Finanzen, unzureichender Technik usw.
Kürzlich ist mir die sehr interessante Arbeit von J. M. Neuman mit dem Titel Über unser The-
ater („Almanach literacki,“ Verlag „Trybuna Akademicka“ 1931) in die Hände gefallen und
ich las dort u. a.: Wikt (das Theater unter Leitung von Zygmunt Turkow) hat ein Ensemble von
ausschließlich älteren Schauspielern. Dieses Theater entwickelte sich organisch. Man versuchte
es nicht mit fruchtlosen Experimenten, sondern schuf ein solides schauspielerisches Fundament
mit bescheidenen Kulissen, Kostümen und mit einfacher musikalischer Begleitung und gab den
Schauspielern ein dankbares Feld, um ihre Kunst zu zeigen. Dieses Theater kann Vorbild für ein
Volkstheater sein, auch ohne vulgär zu sein.
Wikt hat mit großem Erfolg Stücke des klassischen europäischen Repertoires wie: Skąpiec
von Moliere, Der Revisor von Gogol, Siedmiu powieszonych von Andrejew, Grzeszny Tszu
von Klabund aufgeführt. Daneben waren Bearbeitungen jüdischer Erzählungen wie Pobór von
Mendele Mojcher-Sforim und Motke Ganew von Asz zu sehen. Das besondere Verdienst seines
Theaters aber war die Erstaufführung des vor hundert Jahren von Dr. Etinger geschriebenen
Stückes Serkełe. Ester Rachel Kamińska glänzte hier in ihrer letzten Rolle. Das Wikt bewies,
dass man das „Normalpublikum“ durchaus an gute Bühnenliteratur heranführen kann. Dane-
ben bildete das Theater ein hervorragendes Ensemble mit Samberg an der Spitze heran.“ An
anderer Stelle schreibt er: „Wenn wir das jetzige Niveau des jüdischen Theaters betrachten,
kann uns das nicht fröhlich stimmen. In Warschau gibt es zurzeit fünf jüdische Theater, aber die
Zahl der Theater hat nichts zu sagen. Die am meisten gespielten Stücke haben zweifelhaften
künstlerischen Wert, wobei versucht wird, die Dürftigkeit dieser Stücke mit modernen Kulissen
zu vertuschen. Die jüdische Intelligenz hat dort nichts verloren. Statt Volkstheater – Massen-
theater. Aber auch die jüdische assimilierte Intelligenz läßt sich ab und zu von diesen schmalzig-
klebrig-zuckersüßen Vorstellungen verzücken. Manchmal blitzt ein großes Talent auf, wie zum
Beispiel Kutner, überwiegend aber sieht man Schablonen und Plattheiten. Man kann nur hof-
fen, dass die jetzige Krise des jüdischen Theaters eine vorübergehende ist.“
Das schrieb J. M. Neuman im Jahre 1931
Also hoffen wir…
Und ermutigen die Theaterleute.
H. Cz.

Natürlich ist der Kritiker der Spielplangestaltung Herman Czerwiński selbst, zumal er
etliche seiner Kritiken – meist bei Rezensionen für das Eldorado – mit Bemerkungen
zur Stückqualität beginnt: Di mazeldyke chasene („altmodische Gattung, Kleinoperette“,
„völlig anspruchslose musikalische Komödie“); Dus Dorfs Mejdł („nach dem Geschmack
des Publikums“); Rywkełe dem Rebens („ganz auf den Geschmack der Massen zugeschnit-
ten“); A hajm far a mame („ein Stück a la Sensationsroman“); Unzer Rebeniu („ein Stück
fürs Volk“); Icykł Szołtyk („anspruchslose Fabel“); Dus Kabaret Mejdł („zugeschnitten auf
den ‚Gusto‘ der breiten Masse“); Di Inge Rebecn („anspruchslose Komödie“); Gasnkind
(„melodramatisches Volksstück mit allen Zutaten – eben für ein spezielles Publikum“);
Wus majdłech darfn wisn! („wir reden hier weder von literarischem noch künstlerischem
Wert“); Cypke Fajer („Stück für die breite Volksmasse“); Di freiliche Mechutonim
(„abgegriffener Stoff“).
46 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Farkojfte neszumes, ein Stück, dem Czerwiński einen „dramatischen Akzent, der von der
breiten Volksmasse sehr geschätzt wird“, attestiert, ist auch aus heutiger Sicht tatsächlich
starker Tobak. Es ist die Geschichte des Mädchens Bluma, das in die Fänge von Zuhältern
gerät und … im Bordell seine eigene Mutter findet. Allerdings könnte das heutzutage auch
der Plot einer „Doku-Soap“ sein, z. B. die Geschichte von Mandy S., die, als sie erfährt,
dass ihr Vater ihre Schwester geschwängert hat, dies mit dem Schrei „Warum hast du das
getaaaaaaan?“ kommentiert, was qualitativ auch wohl nicht viel besser ist.103
Nach Erscheinen des „Szmira-Artikels“ von Czerwiński erschien in der Gazeta
Żydowska als direkte Reaktion darauf unter der Schlagzeile „Über das jüdische Theater“
folgender Artikel:

Für viel Aufsehen und reges Interesse sorgte in weiten Kreisen der jüdischen Intelligenz und
Theaterinteressierten der in den Spalten der Gazeta Żydowska erschienene Artikel über das
jüdische Theater. Daraufhin wurde eine Konferenz einberufen, auf der von Vertretern der
Öffentlichkeit über die Spielplangestaltung der jüdischen Theater, aber auch über andere
Fragen, die mit diesem Thema zusammenhängen, diskutiert wurde. Darüber hinaus wurde be-
schlossen, ein Komitee aus Direktoren und Eigentümern jüdischer Theater in Warschau unter
Einbeziehung der Abteilung Kultur und Kunst beim Judenrat, der Abteilung Vorstellungen bei
der ŻToS, Schauspielervereinigungen u. ä. ins Leben zu rufen.104

Danach meldete sich Guta Ejzenzweig zu Wort, um mit der Spielplangestaltung des El-
dorado abzurechnen und dessen Spielplanpolitik niederzumachen – Femina, Kameralny
und Azazel billigte er noch eine Art guten Willens zu:

Das Repertoire der jüdischen Bühnen


Mit Freude begrüßen wir die Idee des Warschauer Judenrates, eine Abteilung für Kunst und
Kultur ins Leben zu rufen. Etwas Neues zu machen ist immer ein Anlass zur Hoffnung. Der
Wirkungskreis dieser Abteilung ist zur Zeit noch schwer abzuschätzen, da alles noch in der
Planung ist. Aber schon der Name sagt, dass er umfassend und verantwortungsvoll sein wird.
Empfehlen wir also dieser Abteilung (in spe) die nachfolgende Betrachtung, zumal Theater
einen wichtigen kulturellen Stellenwert besitzt.
Der Artikel vom 31. Oktober in der Gazeta Żydowska, in dem über das Repertoire der jü-
dischen Theater geschrieben wurde, sorgte in interessierten Kreisen für Aufsehen. Und wie
zu erwarten, war das alles begründende, jeden zum Schweigen bringende Argument: das der
Finanzen.
Wir wissen, die Theater sind finanziell auf sich allein gestellt, es gibt keinerlei Subventionen,
keinerlei Hilfe. Das ist zu bedauern, aber wir müssen uns auch fragen: sind die Künstler denn
irgendwelche Ausnahmen? Sind nur sie allein auf sich gestellt? Welchen Privilegierten fliegen
denn die gebratenen Tauben ins Maul? Wie viele sind das unter den breiten Volksmassen?
Woher also das Totschlagargument vom „Geldmangel“? Sind sie die einzigen benachteiligten
Kinder dieser Familie? Natürlich nicht. Also, um was geht es. Vielleicht darum, dass Künstler
in tiefster Seele (wir setzen voraus, dass Kunst sehr viel mit Seele zu tun hat) völlig ratlos und
nicht im geringsten geeignet sind, den Kampf mit den Widrigkeiten des Lebens aufzunehmen,

103 Cf. „Tödliche Weihnachten,“ TV Piccolino 26 (2014), 105.


104 GŻ/113/3/1941.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 47

und einer speziellen Unterstützung bedürfen. Gut, wir bedauern, dass das so ist. Aber gibt es
nicht tausende Menschen, die gleich sensibel, gleich so wehrlos sind und im Schatten stehen
und nichts für sich von anderen fordern? Das ist die Wahrheit. Sie geben nichts und sie for-
dern nichts. Wir gestehen zu, „sein oder nicht sein,“ also spielen oder nicht spielen ist eine
Forderung an uns. Niemand zwingt einen Künstler, der die Bühne verlassen will, um einen
anderen Beruf auszuüben, dazubleiben. Will er allerdings wieder auf die Bühne zurückkom-
men – sollte man ihm dafür, dass er das tut, etwa eine Art finanziellen Ausgleich zahlen? Wenn
Schauspieler auf der Bühne stehen, dann ist die Erklärung dafür: sie spielen für Geld, und
die Frage ist eben, ob der Bäcker die Mühle braucht oder die Mühle den Bäcker. Ist der Spiel-
plan eine Art Rache gegenüber der Gesellschaft für deren Interesselosigkeit? Wer senkt denn
das Niveau? In wessen Namen muss denn irgendeine „grine Kale“ den Spielplan bereichern?
Im Namen der Kasse? Davon wird die Kasse auch nicht voller. Wegen der Ausstattung? Auch
nicht, weil heutzutage auch die verwöhntesten Zuschauer keinen Wert mehr auf besonders
prächtige Kulissen legen. Aus Hunger? Wohl schwer zu glauben, dass die eine oder andere
Rolle der „grine“ oder eine andere Farbe der „kałe” irgendeinen mysteriösen Einfluss auf
die Mägen der Schauspieler hat. Wir verstehen schon, dass es für hungernde Schauspieler
schwer ist, das, was ein Stück von ihnen fordert, auf der Bühne darzustellen, aber es ist im-
mer schwer, egal, ob das ein gutes oder ein schlechtes Stück ist.
Die Schauspieler brauchen Hilfe und die Theater Subventionen, aber nicht mehr oder weniger
als andere, die in einer ähnlichen Situation sind. Und das ist eben der wunde Punkt, der einer
grundsätzlichen Klärung bedarf. Betrifft das auch den kleinen Mann auf der Straße, der noch
nicht gelernt hat, sein Leben zu bewältigen? Aber diese Fragen mit der Qualität des Spielplans
zu verknüpfen, das ist einzig und allein eine billige Ausrede, mit der man seine Ideenlosigkeit
vertuschen will.
Das Niveau zu senken (manchmal gar auf jegliches zu verzichten), führt zu überhaupt nichts.
Man darf allerdings auch nicht verschweigen, dass einige Theater wie das Azazel, das Femina
und das Kameralny sich durchaus bemühen, ein gewisses Niveau zu halten. Die Namen
der Autoren der im Azazel gespielten Stücke beweisen, dass es dort zweifelsohne solche
Bestrebungen gibt. Die Spielplangestaltung ist allerdings unglücklich zu nennen. Nehmen
wir z. B. Der Dybuk – zeitlos und wertvoll, aber für unsere Nerven, die beruhigt und nicht
emotional aufgeputscht werden wollen, absolut ungeeignet. Das Gleiche lässt sich von dem
Stück Cwaj Ganowim sagen, das auch nicht durch das meisterhafte Spiel von Sandler gerettet
werden konnte. Das Kameralny agiert noch unentschlossen zwischen Revue und ernsthaftem
Theater, allerdings werden die dort gespielten Stücke durchaus niveauvoll auf die Bühne
gebracht. Das Femina als ausgesprochenes Revuetheater erfüllt diesen Anspruch zur vollen
Zufriedenheit.
Diese drei letztgenannten Theater sind trotz vieler Mängel Theater, die einem nicht den Kopf
vernebeln und nicht nur abgedroschene jüdische Witze und Stückchen bringen. In einer großen
Stadt, in der es jede Menge Theater gibt, kann man sich überlegen, ob man erlauben kann, dass
in irgendeiner abgelegenen Ecke ein Amateurtheater existieren kann, das Dreck für den Plebs
spielt. Bei uns gibt es keine versteckten Ecken. Alles was passiert, betrifft sofort das ganze
Viertel. Jedes Stück hat eine wichtige Funktion, auch jedes Schmierenstück findet starken
Widerhall, aber vergiftet und verdirbt all das, was mit großer Mühe bis jetzt erreicht wurde.
Das jetzige Theater hat, wie schon immer, eine Aufgabe – Seelentherapie, aber wenn es jetzt
das Gegenteil bewirkt, wenn es moralische Krankheiten verbreitet, sollte es wie jede Seuche
mit der Lupe beobachtet und als Seuche gebrandmarkt werden.
Guta Ejzenzwjag105

105 Ebd.
48 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Schließlich erschien in der Gazeta Żydowska vom 28. Juli 1942 ein Beitrag von Sewer,
dem Nachfolger Herman Czerwińskis, in dem er anlässlich der Premiere des Der Dorfs
Jung im Eldorado (vier Wochen vor der „Wielka Akcja“) einen Artikel mit dem Titel
„Leichtes oder ernsthaftes Repertoire“ bringt. Sewer konstatiert darin in seiner Be-
urteilung der Ghettotheater dem jüdischen Theater – gemeint ist immer, auch wenn nicht
direkt genannt, das Eldorado – ein unglaublich niedriges Niveau und sieht sich selbst
als Sprachrohr einer kulturell anspruchsvollen Öffentlichkeit und bekommt auf seine
kritischen Anmerkungen ähnlich wie Czerwiński die gleichen Antworten. Selbstverständ-
lich sehe man ein, dass das Niveau des Theaters niedrig und man weit entfernt von dem
Niveau des europäischen Theaters sei, aber es gehe nun mal nicht anders. Das jüdische
Theater müsse sich selbst finanzieren, man müsse solche Stücke bringen, Kassenschlager
müssten sein, ein ernsthaftes Repertoire erreiche nicht die breiten Bevölkerungsschich-
ten, die Schauspieler müssten auch leben können und ihre Stücke müssten laufen. Sewer
widerlegt diese „fadenscheinige Argumentation“ am Beispiel des Eldorado selbst mit
Der Dorfs Jung-Inszenierung.

Leichtes oder ernsthaftes Repertoire


Nicht seit heute, nicht seit gestern, nein, seit Jahren gab es heftige Diskussionen (und es gibt
sie noch heute) über das Niveau des jüdischen Theaters, über das Niveau von Repertoire, über
das Niveau von Regie und Schauspielerei und allen am Theater Beschäftigten, die dazu beitra-
gen, dass eine Aufführung stattfinden kann. Und fast immer ist der Anlass, der diese Diskussi-
onen immer wieder aufs Neue anfacht und ständig verschärft, das unglaublich niedrige Niveau
des jüdischen Theaters. Das Repertoire wird nach Schmierenregeln zusammengestellt, was
dem Publikum schmeichelt und mit Kultur und Bildung nichts zu tun hat. Dieses Publikum gibt
sich mit Banalitäten (oft Geschichten und Bilder aus der Unter- oder Halbwelt oder im besten
Fall das Schicksal eines armen Mädchens, das von dem reichen Onkel aus Amerika beglückt
wird), obszönen Witzen und lauter Musik auf der Bühne zufrieden. Und wenn nun ein ernst-
hafter Kritiker sozusagen als Sprachrohr einer kulturell anspruchsvollen Öffentlichkeit auftritt,
der an das Theater gänzlich andere Anforderungen stellt und sich damit auseinandersetzt, recht-
fertigen sich die Theaterleiter: Sicher sei das so, und selbstverständlich verstünden sie, dass
das Niveau des Theaters niedrig und man weit entfernt von dem des europäischen Theaters sei,
aber es ginge nun mal nicht anders. Das jüdische Theater müsse sich selbst finanzieren, man
müsse solche Stücke bringen, Kassenschlager müssten sein, ein ernsthaftes Repertoire erreiche
nicht die breiten Bevölkerungsschichten, die Schauspieler müssten auch leben können und ihre
Stücke müssten laufen. Aber, sind das schlagende Argumente?
Hier, unter den vier Theatern im jüdischen Viertel, haben drei ernsthafte Stücke in ihrem
Repertoire und erreichen damit ein kulturell gebildetes Publikum, das ja angeblich so sehr in
der Minderheit sein soll. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, wie fadenscheinig die Argumente
der „Schmierenvertreter“ sind, die ja angeblich aus materiellen Gründen zu ihrer Spielplanpo-
litik gezwungen sind. Während das Femina und auch das Nowy Kameralny in vielerlei Hin-
sicht nicht nur ein- oder zweimal ein kulturell gebildetes Publikum ansprechen, muss man das
Eldorado als ein Theater sehen, das fast immer einzig Stücke eines bestimmten Typus auf die
Bühne bringt. Und jetzt hatte in eben diesem Theater ein völlig anderes Stück Premiere, das
sich von den sonst dort üblicherweise gespielten „Volksstücken“ abhebt. Der Dorfs-Jung ist ein
Schauspiel, das schon lange seinen Platz in der Theaterliteratur hat.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 49

Das Stück wurde durch die Zeiten gespielt, von mehr oder weniger guten Truppen, aber auch
von solchen mit Weltgeltung. Es wahrhaftig zu interpretieren und es entsprechend zu be-
arbeiten, war stets der Anspruch der Theaterleute, die das Werk aus dem reichhaltigen Reper-
toire jüdischer Theaterliteratur auswählten und es auf die Bühne brachten. Nun war ein solches
Vorhaben des Theaters Eldorado nicht ohne ein gewisses Risiko. Passt denn ein solches Stück
in das Jahr 1942? Wir haben bereits in einer der vorigen Nummern der Gazeta darüber geschrie-
ben, wollen aber jetzt bestimmte Elemente hervorheben, die auf Grund der Einschränkungen,
denen ein Rezensent üblicherweise unterworfen ist, nicht immer näher betrachtet werden
können. So muss man vor allen Dingen würdigen, dass die Theaterleitung, der Regisseur, der
Komponist, der musikalische Leiter und der Bühnenbildner und alle anderen Beteiligten Hand
in Hand zusammengearbeitet haben und sich nicht von den ständig auftauchenden Schwierig-
keiten, technischen und materiellen Unzulänglichkeiten abschrecken ließen und ein Werk ge-
schaffen haben, wie wir es lange nicht mehr gesehen haben. Um dies zu unterstreichen, müssen
wir hier nicht jede Menge Beispiele anführen, nur soviel: auf der Bühne tobte ein Sturm, ein
Sturm wie in Jankiels Herzen, und dieser Bühnensturm, der nicht hoch genug gerühmt wer-
den kann, soll nur ein Beispiel für die Qualität dieses Stückes sein. Dazu die Schauspielkunst
einzelner Schauspieler, die weit entfernt von der üblichen Effekthascherei ihre Rollen gestal-
teten – auch dies muss hier neben der musikalischen Gestaltung (Leitung Prof. Izaak Zaks)
hervorgehoben werden.
Wie nun wurde das Stück von dem Publikum aufgenommen? Wie berechtigt war die Angst,
das Stück könne die breiten Schichten der nach Unterhaltung lechzenden Masse nicht er-
reichen? Offensichtlich unbegründet. Der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal ist der beste
Beweis, dass es wert ist, Theater auf höherem Niveau zu spielen, auf dass nicht das Publikum
das Theater erziehe, sondern umgekehrt. Wir haben nur den einen Wunsch an die Adresse der
Theaterleitungen im jüdischen Viertel, uns nicht nur einmal im Jahr ein solches Theaterfest, wie
es zweifellos die Aufführung des Dorfs-Jung war, zu präsentieren, und Stücke dieser Art öfter
auf die Spielpläne der jüdischen Theaters zu setzen.
Sewer

Die intensiven Debatten in der Gazeta Żydowska ließen das Eldorado offensichtlich ziem-
lich kalt, es war keine Änderung in der Spielplanpolitik erkennbar, es wurde gespielt – wie
gehabt. Auch ward von dem Komitee aus Direktoren und Eigentümern jüdischer Theater
in Warschau unter Einbeziehung der Abteilung Kultur und Kunst beim Judenrat nie wie-
der etwas gehört.
Im Gegensatz zum Eldorado versuchte der künstlerische Leiter des ebenfalls jiddisch-
sprachigen Teatr Nowy Azazel, Ajzyk Samberg, nach drei Volksstückpremieren, anspruchs-
vollere Stücke zu etablieren, was nach Meinung von Ruta Sakowska misslang: „Nach
kurzer Zeit war das Theater [Nowy Azazel] jedoch aus Finanzgründen gezwungen,
kürzer zu treten […] es musste mit dem Publikum rechnen, das leicht Verdauliches be-
gehrte.“106 Jonas Turkow kommentierte: „Das Nowy Azazel brachte ein paar bessere
Stücke zur Aufführung, aber die waren derart verändert und bearbeitet, dass man sie nicht
mehr erkannte“; damit schob er Ajzyk Samberg als künstlerischem Leiter den schwarzen
Peter zu.

106 Ruta sakowska, Menschen im Ghetto, 153.


50 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Als Beweis, dass es im Ghetto möglich war, große Theaterliteratur auf die Bühne zu brin-
gen, wird stets das Stück Mirla Efros im Nowy Teatr Kameralny mit 72 bis 76 Vorstellun-
gen angeführt. Nur, das Nowy Teatr Kameralny spielte auf Polnisch und das polnischspra-
chige Publikum bevorzugte eben andere Stücke als das jiddischsprachige. Dazu Emanuel
Ringelblum:

[Im Ghetto] spielen fünf Theater, erwähnenswert ist allerdings nur die Inszenierung Mirełe
Efros von Mark Orensztajn [Andrzej Marek] in polnischer Sprache. Weil es im Ghetto ziem-
lich viele Getaufte und Assimilierte gibt, wird das Stück auf Polnisch gespielt, auch die Schau-
spieler sind Neophyten.107

Man kann vermuten, dass es – grob gesagt – zwei Gruppen von Theaterinteressierten gab:
zum einen die, die das jiddische Theater bevorzugten, die die Volksstücke favorisierten
und Theaterhochliteratur, auch wenn sie auf Jiddisch gespielt wurde, nicht annahmen,
zum anderen die Polnisch sprechenden, die sich nicht für die jüdischen „Schmieren-
stücke“ und „Schmonzetten“ interessierten, sondern Stücke mit bildungsbürgerlichem
Niveau bevorzugten.
Daneben scheint es so zu sein, dass Polnisch als Sprache der Assimilierten, der Neo-
phyten, der polonisierten Juden, der jüdischen Intellektuellen, der Beamten des Juden-
rates, der geistigen Ghettoelite diesen als Abgrenzung gegenüber dem Jüdischsein diente.
So schreibt Ringelblum:

Jonas Turkow ging in dieser Theatersaison auf die Bühne und rezitierte auf Polnisch. Grund:
zum einen gibt es keine guten Theater mehr, die auf Jiddisch spielen. Zum anderen ist es ein
Indiz für die Assimilation im Ghetto. Die Leute sprechen Polnisch. Sehr selten hört man auf
der Straße Jiddisch, was für heiße Diskussionen sorgt. Einige erklären, dass Polnisch zu spre-
chen – unter psychologischen Gesichtspunkten – ein Protest gegen das Ghetto sei. Ihr sperrt
uns in ein jüdisches Ghetto, aber wir zeigen euch, dass das ein polnischer Stadtteil ist. Ihr
wollt uns von der polnischen Sprache und Kultur trennen, deshalb, euch zum Trotz, werden wir
Polnisch sprechen und uns die polnische Kultur bewahren. Ich meine jedoch, dass das alles ein
Zeugnis für einen starken Assimilierungsprozess ist, der sich schon vor dem Krieg bemerkbar
machte, sich aber jetzt im jüdischen Umfeld immer deutlicher zeigt.108

Die anderen Ghettotheater hingegen wurden nicht in die Schmierentheaterdiskussion hin-


eingezogen, das Na Pięterku, ein kleines polnischsprachiges Revuetheater, das nur drei
Stücke produzierte, und schließlich das Melody Palace, das zwar Stücke wie Szachne wi
lojfste oder Di Idysze Chasene gab, aber nur vier Premieren im Ghetto spielte.
Das Femina nicht, weil es überwiegend auf Polnisch spielte und hervorragende Revu-
en, aktualisierte Stücke und Operetten, aber auch jüdische „Schmonzetten“ im Spielplan
hatte, die seinem Renommee nicht weiter schadeten. Zudem spielten im Ensemble des

107 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 304.


108 Ebd., 388.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 51

Femina Diana Blumenfeld und Miriam orleska, die aus der berühmten Trupa Wileńska
kamen. Die Zusammenarbeit Polnisch und Jiddisch sprechender Schauspieler brachte dem
Theater beide Zuschauergruppen.
In Gotthold Ephraim Lessings „Emilia Galotti“ fragt der Prinz den Hofmaler, wie es
mit der Kunst stehe, und der antwortet: „Prinz, die Kunst geht nach Brot.“ Die „Kunst
geht nach Brot“ und das besonders in den konzessionierten Ghettotheatern, die keiner-
lei Subventionen bekamen, sieht man von den Zuwendungen der neuen „Ghettoelite“
wie Kohn und Heller oder Gancwajch ab, die die Künstler direkt unterstützten, manch-
mal ganze Vorstellungen kauften, Familienfeiern in den Theatern abhielten oder bei den
Theaterleitern ihre Töchterchen oder Geliebten gegen Bargeld in „todsicheren Rollen“
unterbrachten.
Herman Czerwiński starb Mitte Mai 1942 und wurde in der Gazeta Żydowska mit einer
Todesanzeige und einem Nachruf gewürdigt:
Todesanzeige Herman Czerwiński
Anlässlich des Todes unseres lieben Freundes Redakteur H. Czerwiński; Unser tiefstes Mit-
gefühl gilt seiner Frau und Familie; Das Gedenken an ihn wird nie verlöschen; Dom Hand-
lowy M. Kohn und Z. Heller, Leszno-Straße 14. Direktion und Personal; „Hala Nowoczesna”
M. Kohn und Z. Heller, Leszno-Straße 14; Direktion und Personal; Autobusverkehrsgesell-
schaft Direktion und Personal; Warschau im Mai 1942.
Nachruf auf Herman Czerwiński
Aus Leben und Schaffen von Herman Czerwiński selig.
Plötzlich und unerwartet wurde der Lebensweg eines Mannes der Feder und Tat, der Lebens-
weg von Herman Czerwiński, unterbrochen. Herman Czerwiński selig wurde 1886 in Nowy
Dwór geboren. Aus einer assimilierten Familie stammend, war sein Tun und Schaffen dennoch
eng in die jüdische Kultur eingebettet. So lernte er als Autodiktat die jüdische Sprache und wid-
mete sich dem Bibelstudium. Großen Einfluss auf ihn hatte in dieser Zeit die Bekanntschaft mit
der großen Schriftstellerin Eliza Orzeszkowa, für die er einige ihrer Werke als Bühnenfassung
bearbeitete. Nach seinem Aufenthalt in Warschau – er war immer noch Schüler des Gymnasi-
ums in Górski – schrieb er Bühnenstücke, rief einen Dramatikerkreis ins Leben und arbeitete
in karitativen Einrichtungen. Seit 1918 war er Mitglied der Bürgerwehr, bis er bei Aufstellung
einer Polizeitruppe als offizier seinen Dienst versah. Auch als Kriminalist blieb er Kunst und
Literatur eng verbunden. Nach Beiträgen für die Gazetka Policyjna und Na posterunku stellte er
sein Talent in den Dienst von Nasz Przegląd, Kurier Poranny und Ekspress Poranny und fand
Erwähnung in jüdischen nord- und südamerikanischen Zeitschriften.
Immer aber fühlte er sich mit jüdischer Kunst, besonders aber mit dem jüdischen Theater ver-
bunden. Jeder seiner Tage war trotz aller möglichen Katastrophen mit Arbeit ausgefüllt. In den
jetzigen Kriegszeiten stürzte sich Herr Herman Czerwiński in einen Strudel von gesellschaft-
licher, redaktioneller und künstlerischer Arbeit. Vom Vorsitzenden des Judenrates beauftragt,
widmete er sich der Einrichtung eines zentralen Einwohnermeldeamtes, danach den Referaten
Umsiedlung, Sanitätswesen, Wohnungsamt und organisierte Sammlungen zugunsten der Ar-
beitslager. Seiner Tatkraft zu verdanken ist die Einrichtung der Abteilung Soforthilfe, deren
Aufgabe darin bestand, Umsiedlern, die nach Warschau kamen, schnelle und effiziente Hilfe
zuteil werden zu lassen. Zuletzt wurde er Leiter des Referates Schauspiel.
Er war die Seele aller von ihm geschaffenen Einrichtungen, die er mit nahezu unerschöpfli-
cher Energie vorwärtstrieb. Mit jugendlichem Schwung setzte er seine Projekte (unter anderem
hatte er als erster die Idee der Schaffung von „Hauskomitees“) in die Tat um.
52 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Der Verstorbene hatte immer seine Hand am Puls des kulturellen Lebens. Bei seinen Theater-
kritiken, ein fester Bestandteil in den Spalten der Gazeta Żydowska, machte er die Bevölkerung
mit jüdischen Theaterstücken bekannt und war stets auf der Suche nach Talenten. In seinen
leicht und flüssig geschriebenen Artikeln appellierte er jedoch nicht ausschließlich an unser
ästhetisches Empfinden sondern auch an unser Gewissen, so z. B. in einer Reportage aus dem
Kinderheim Korczaks, von einer Herberge für Straßenkinder usw.
Der Verstorbene hinterlässt Frau, einen Sohn und zwei Töchter.
ck.

Am 9. August 1942, mehr als zwei Monate nach Czerwińskis Tod, erschien in der Gazeta
Żydowska ein von ihm gezeichneter satirischer Artikel mit dem Titel Pan Plotkemacher
(Herr Gerüchtemacher), der mit den Schluss-Sätzen endet: „Und Gerüchte sind eine sehr
schlimme Sache. Eine sehr schlimme.“ offensichtlich hatte Czerwiński diesen Artikel
auf „Vorrat“ geschrieben, der dann von der Redaktion bei Bedarf oder Gelegenheit in
das Blatt gesetzt werden sollte. Gedacht war dieser Beitrag wahrscheinlich als Versuch,
den Gerüchten von Aussiedlung in den Osten oder Deportation nach Treblinka entgegen-
zuwirken, da alles, was den ordnungsgemäßen Ablauf der Vernichtung der Warschauer
Juden stören könnte, unerwünscht war: „Die SS droht, mit Gerüchtemachern blutig abzu-
rechnen.“ Dieser Artikel Pan Plotkemacher erschien nun am 20. Tag der „Aussiedlung,“
20 Tage, in denen sich die Gerüchte über Deportation und Vernichtung in Treblinka längst
bewahrheitet hatten. Zehntausende Warschauer Juden waren zu dieser Zeit bereits auf den
Umschlagplatz gebracht und von dort in die Waggons getrieben worden.
Zwei Nummern nach dem Erscheinen dieses Artikels von Herman Czerwiński gab es
in der Gazeta Żydowska Nr. 96 vom Freitag, den 14. August auf der fünften Seite unter
der Rubrik „Aus Warschau“ zwei Artikel. Der eine war getitelt mit „Zwei Jahre Arbeit des
Jüdischen Rettungsdienstes,“ der andere mit „Die Arbeit unserer Postboten.“
Danach gab es für die Gazeta Żydowska aus Warschau nichts mehr zu berichten.

8. REPORTAGEN, ANEKDOTEN, ANZEIGEN, KRITIKEN UND


REDAKTIONELLE BEITRÄGE

GŻ/14/8/1940
Freitag, 06.09.1940

Chassiden im Dybuk
Wenn Theatertruppen in der Provinz gastieren, nehmen sie in der Regel keine Statisten
mit, da das ja zu teuer käme. Meist finden sich junge Leute vor ort, die gerne mitspielen
oder die lokalen Theater haben eine eigene Statisterie. Vor der Premiere bekommen sie
dann vom Regisseur oder dem Assistenten gesagt, was sie zu tun haben. Eines Tages
nun kam eben eine solche Theatertruppe in ein amerikanisches Provinznest, um dort den
Dybuk zu geben. Allerdings waren am dortigen Theater keine Juden, sondern Irländer als
Statisten engagiert. Moris Schwarz, Direktor, Regisseur und Darsteller der auch Haupt-
III. Die professionellen konzessionierten Theater 53

rolle des Cadyk im Dybuk gab, veranstaltete eine Probe mit den irischen Statisten und
erklärte ihnen, dass, wenn er seinen großen Monolog mit den Worten: „Na całym świecie”
beendet habe, er ihnen ein Zeichen geben würde und sie dann – als Chassiden – „u-wa!“
ausrufen sollten. Was „u-wa“ bedeutete, davon hatten sie keine Ahnung und als Schwarz
nach seinem großen Monolog das Zeichen gab, schrien sie alle wie ein Mann vorsichts-
halber im breitesten Amerikanisch „That is right!“

Synagogendiener macht Reklame fürs Theater


Als eine jüdische Theatertruppe in ein kleines Städtchen in Pennsylvania kam, mussten
die Schauspieler feststellen, dass der dort vorhandene Theatersaal für sie viel zu teuer war.
Als sie nichts Billigeres fanden, gab man ihnen den Rat, sich an die Synagogenverwal-
tung zu wenden und um eine Auftrittsmöglichkeit im Gebetssaal zu bitten. Tatsächlich
bekamen sie die Erlaubnis, dort zu spielen, allerdings erst am Samstagabend, worauf-
hin sie beschlossen, am Sonntagnachmittag zu spielen, was, vom Publikumszuspruch aus
gesehen, auch eine sehr gute Zeit war. Da sie nun aber die Erlaubnis so spät bekommen
hatten, blieb zum Plakatekleben keine Zeit und so baten sie den Gemeindediener, die
Vorstellung auszurufen. Der machte dies auch und rief auf den Straßen: „Juden! Kommt
morgen in den Gebetssaal, dort könnt ihr jüdisches Theater sehen!“

Wo sind meine Juden?


Zwei der populärsten und vom jüdischen Publikum sehr verehrten Schauspielerinnen
waren Mali Pikon und Berta Kalisz, beide galten als die berühmtesten Darstellerinnen
amerikanisch-jüdischer Bühnen. Berta Kalisz war jahrelang das Aushängeschild des
jüdischen Theaters in Amerika, hatte dort ungeheuren Erfolg und unzählige Bewunderer.
Viele Jahre spielte sie dann allerdings nur noch auf amerikanischen Bühnen und wurde
vom jüdischen Theaterpublikum – wie es eben so zu gehen pflegt – fast völlig vergessen.
Schließlich jedoch besann sie sich auf ihre Wurzeln und ging zurück an das jüdische
Theater. Klar war, dass sie dort keine Attraktion mehr war und viel Publikum ziehen
konnte. Schließlich spielte sie im Hopkinson-Theater in der Bronx, dem jüdischsten aller
New Yorker Viertel, wobei sie vor der Vorstellung sich mit einem typisch amerikanischen
Prolog an das Publikum wandte: „Liebes Publikum! Ich bin ja so glücklich, für euch
spielen zu dürfen. Glücklich bin ich auch, euch Juden hier sehen zu dürfen, und besonders
stolz bin ich, ein Kind des jüdischen Volkes zu sein. Ich kann mich noch daran erinnern,
wie hier früher Ziegen weideten – und jetzt steht hier eine große jüdische Stadt, mit einem
Theater voller jüdischer Zuschauer.“ Als sie triumphierend in dem Saal herumschaute,
und sah, dass nur eine kleine Schar Juden da war, stellte sie sich in Positur und rief pathe-
tisch: „Aber wo seid ihr, ihr meine Juden?“ Die Antwort aus dem Saal war kurz und
knapp: „Bei Mali Pikon!“

Wir wollen den Dybuk sehen!


In der Wilnatruppe war die Rolle des Meszulech zweifach besetzt – von Feder und
54 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Nachbusz. Als nun einmal in einem Provinzstädtchen in Amerika der Regisseur vor der
Vorstellung verkündete, dass statt des angekündigten Feder Nachbusz spielen würde, gab
es Tumult im Publikum, wobei die Leute ärgerlich riefen: „Wir haben Karten für Dybuk
gekauft und nicht für Nachbusz! Geld zurück!“ an die Kasse stürmten und ihr Geld
zurückverlangten.

Er kannte Mogulescu
1914 starb in New york der bekannte Schauspieler und Publikumsliebling Zygmunt
Mogulescu. Jahre später gab es dann zu Ehren des Verstorbenen etliche Aufführungen,
deren Erlös der Witwe zugutekommen sollte. 1929 wurde dann die Derniere des Stückes
Dus pojlisze jingałe gegeben, des Stückes, in dem Mogulescu seine größten Triumphe
feierte.
Der bekannte Komiker Sem Kerstin hatte die Rolle von Mogulescu übernommen. Hin-
ter den Kulissen stand Józef Rumszyński, der plötzlich einen kleinen Juden auftauchen
sah, der zwischen den Kulissen herumkroch und offensichtlich etwas suchte. Also fragte
Rumszyński, was er denn suche. Daraufhin bekam er folgende mit Elan vorgetragene
Antwort: „Ich komme aus der Provinz und bin ein glühender Verehrer von Mogulescu.
Ich bin sofort gekommen, um ihn zu sehen. 20 Jahre war ich nicht mehr in New York,
aber als ich erfahren habe, dass heute eine Vorstellung mit Mogulescu stattfindet, bin ich
sofort losgefahren, um ihn zu sehen. Und jetzt sagen Sie mir bitte, wo er ist.“ Rumszyński
wurde klar, dass der kleine Jude nicht wusste, dass Mogulescu nicht mehr lebte. In diesem
Augenblick kam Kestin, der ja die Rolle von Mogulescu spielte, und Rumszyński hatte
keinen besseren Einfall, als auf Kestin zu deuten und auszurufen: „Da ist er doch!“ Der
Jude musterte Kestin genau, ein Freudenschrei und dann: „Oj, der Herr Mogulescu, wie
vor 20 Jahren in Odessa, nur die Frisur, na ja, die Frisur ist anders.“

Man könnte ja auch freundlich…


In einem experimentellen Theater, das von jüdischen Schriftstellern und jüdischen Theater-
leuten in New York gegründet worden war, stand ein Stück von Perec Hirszbein mit dem
Titel Weiß der Teufel (Szeidim weis’n wus) auf dem Spielplan. Nun kam eines Tages eine
etwas ältere Dame, kaufte eine Karte und fragte beim Weggehen, was denn heute gespielt
würde. Der Kassierer antwortete ruhig: „Weiß der Teufel.“ Daraufhin fragte die Dame
leicht entnervt und beleidigt nochmals: „Was? Was wird gespielt?“ Und wieder antwor-
tete der Kassierer, der überhaupt nicht auf die Idee kam, dass die Frau weder Stück noch
Theater kannte, mit „Weiß der Teufel.“ Und nun platzte der Dame der Kragen: „Ich kaufe
hier eine Karte, bin also Theaterbesucherin und da werde ich doch ein bisschen mehr
Freundlichkeit und Höflichkeit erwarten können!“
III. Die professionellen konzessionierten Theater 55

GŻ/19/7/1940
Dienstag, 24.09.1940

Er wird schon was vorspielen können


In Amerika verarmte der Schauspieler Adolf Szrage – einst bekannt für seine Späße – und
konnte nur noch mit Müh und Not seinen Lebensunterhalt verdienen. Es wurde für ihn
immer schwieriger, ein Engagement zu finden, da auch seine Fähigkeiten auf der Bühne
gewissen Begrenzungen unterlagen. Nun wollte er aber ausgerechnet in der Truppe von
Jakób Adler spielen, obwohl dieser einen besonderen Rochus auf ihn hatte. Szrage aber
ging zu der Schauspielervereinigung, auf dass diese ihm ein Engagement im Ensemble
von Adler verschaffen solle. Als Adler erfuhr, dass die Schaupielervereinigung ihm
Szrage unterjubeln wollte, packte ihn die Wut, und er ging schnurstracks zu Szrage,
woraufhin sich dann folgender Dialog entspann: – Sagen Sie mal, mein Herr, was wollen
Sie denn bei mir machen, was wollen Sie denn bei mir spielen? Für Sie gibt es bei mir
keine Rollen! Woraufhin Szrage, der alte Mime, ihm antwortete: – Ich kann mir schon
vorstellen, bei Ihnen was zu spielen, ich werde Ihnen mal gleich einen erstklassigen Wut-
anfall geben…

Der „jüdische Magen“


In der Zeit, als das jüdische Nationalbewusstsein immer weitere Kreise des jüdischen
Volkes erfasste, setzten viele Theaterdirektoren auf dieses Pferd und brachten jede Menge
nationalreligiöse Stücke auf die Bühne, Machwerke, in denen es nur so von Thorarollen
und Kippas wimmelte. Choristen traten in Gebetsmänteln auf, und das Leitmotiv all dieser
Stücke lautete: „Jude bin ich, und Jude bleibe ich.“ Ein Theater nach dem anderen sprang
auf diesen Zug, wobei das Mindeste war, dass der Begriff „Jude“ im Stücktitel auftauchte.
So hatten in einer Spielzeit drei Theater die Stücke Das jüdische Herz, Die jüdische Seele
und auch Das jüdische Kind in ihrem Repertoire. Als nun eines Tages der Kapellmeister
Józef Rumszyński Jakób Gordin, den großen Reformator des jüdischen Theaters, an des-
sen Sterbebett besuchte, meinte dieser: „Das jüdische Herz, Die jüdische Seele und Das
jüdische Kind haben wir also schon, aber ich werde, wenn ich wieder gesund bin, dem
Ganzen noch eines hinzufügen, und zwar eines mit dem Titel Der jüdische Magen, da
dieser wohl jedes Machwerk verdauen kann.“

GŻ 28/6/1940
Freitag, 25.10.1940

Mirla Efros
Eines der populärsten Stücke des jüdischen Theaters ist Gordins Mirla Efros. In dieser
Rolle feierte die 1925 in Warschau verstorbene Rachel Kamińska – eine der besten
jüdischen Schauspielerinnen überhaupt – in Russland, Polen und Amerika glänzende
Triumphe. Nun gründete sich 1927 in Riga ein Theaterkomitee, das sich die Unterstüt-
56 III. Die professionellen konzessionierten Theater

zung des dortigen jüdischen Theaters zur Aufgabe machte. Unter den Mitgliedern dieses
Komitees gab es etliche Mitglieder, die nur Geld und sonst nichts hatten, aber stets ein
paar Groschen für das Theater erübrigen konnten, wobei sie aber durchaus konkrete Vor-
stellungen von Spielplan und Schauspielerengagements hatten. Als die Einnahmen des
Theaters immer weniger wurden und sich die Situation immer mehr verschlechterte, be-
schloss man, eine Versammlung einzuberufen, um zu sehen, wie man die Kasse füllen
könne. Unsere Mäzene zeigten sich bei dieser Beratung derartig theatersachkundig, dass
der Theaterleiter, ein gewiefter und erfahrener Theatermann, der sehr lange mit großer
Geduld die Diskussion verfolgte, es sich nicht verkneifen konnte, sie zu veräppeln, und
sagte: „Was halten Sie davon, wenn man die Schauspielerin Mirla Efros engagiert, ich
garantiere Ihnen, dass dann das Publikum in Massen kommt.“ Die Geldgeber hatten zwar
keine Ahnung von „Mirla Efros,“ fanden aber dennoch den Vorschlag gut und einer von
ihnen meinte: „Na klar, wenn die kommt, ist das Theater voll,“ woraufhin der Theater-
leiter, der es nicht lassen konnte, noch einen draufsetzte und vorschlug, ob man nicht auch
gleich noch Ester Rachel Kamińska mitverpflichten könne. „Ja, natürlich, Ester Rachel
Kamińska, die können wir gut gebrauchen, ich persönlich werde zu ihr fahren!“ Dem
Theaterleiter, dem das Ganze sehr gefiel, und der gemerkt hatte, dass keiner der Gönner
irgendetwas kapierte, meinte daraufhin: „Jawohl, Sie sind genau der Richtige. Gehen Sie
und holen Sie die Kamińska. Das schaffen tatsächlich nur Sie.”

GŻ/11/2/1941
Freitag, 07.02.1941

Heute kommt die Kommission


Das Leben im Asyl ist gekennzeichnet von Unruhe, Lärm und Krach, und es braucht ener-
gische Hände, um Zucht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Schon am frühen Morgen
eilt der Herbergsleiter durch die Räume zum Appell für die einzelnen sogenannten Saal-
kommandanten, die auch Umsiedler sind. Sie bekommen Instruktionen, Anordnungen
und Befehle. Ein Sanitäter fordert eine Frau auf, den Fußboden zu wischen. Und dann
fallen die Worte: „Achtung! Heute kommt die Kommission.“ Kommission? Und blitz-
artig kommt Bewegung in die Säle. Man springt von den Pritschen und beginnt mit einer
Generalreinigung, alles bekommt den letzten Schliff. Die Kommission kommt! schallt es
durch die Korridore und das Treppenhaus. Ein Alter fragt den Sanitäter: Wenn jetzt die
Kommission kommt – wird dann alles anders?
– Ich bin jetzt fast 90 und bin bis jetzt auch ohne Kommission ausgekommen, und alles
war gut. Und jetzt muss man sich vor der Kommission fürchten? Was für Zeiten! – Ein
Arzt in Begleitung einer Krankenschwester geht durch die Säle; Eintrag in das Ärzte-
buch: Untersuchung aller Kleinkinder bis 2 Jahre. Einträge in die Rubriken: Tuberkulose,
Anämie, Skrofulose, Krätze usw… Mängel. Unvermögen. Vorsicht. Und überall wie der
Blitz aus heiterem Himmel: „Sanitätskommission! Kommission!“ Angst auf den Gesich-
tern des Personals und aller anderen. Nur der völlig ergraute 90-Jährige bleibt von dem
III. Die professionellen konzessionierten Theater 57

Geschehen völlig unberührt. Der Inspekteur geht mit den Beamten jeden einzelnen Punkt
durch. Die Flüchtlinge, einzeln oder in Gruppen, überschütten sie mit Klagen und Forde-
rungen. Dies und jenes, aber auch ganz persönliche Sachen.
Alle bitten nicht für sich selbst, sondern für ihre Kinder. Und dann plötzlich eine freu-
dige Überraschung. Die „Hausherrin“ ruft laut: „Heute im Kropla Mleka Milch für alle
Kinder. Man kann sie holen.“ Die Gesichter der Frauen hellen sich auf. Freudiges Geraune
geht durch alle Säle, durch alle Stockwerke. Fast scheint es, als bekämen die düsteren
Zimmer hellen Glanz. In die Flüchtlingsherberge kommen Bewohner aus der Umgebung.
Es sind dies die Mitglieder der Hauskomitees, Vertreter der Schirmherrschaften. Sie orga-
nisieren eine Suppenküche. Aus den Nachbarhäusern bringen sie frische, duftende Kar-
toffelsuppe. Ein bescheidenes tägliches Mahl, aber immerhin ein Mahl. Die Menschen
hinter der Barriere beginnen langsam zu begreifen, dass sie nicht allein sind, dass ihrer in
karitativen Einrichtungen gedacht wird, dass sich jemand ihrer erbarmt und dass es für sie
einen Hoffnungsschimmer gibt und in die Kälte ihres Lebens ein Lichtstrahl fällt. Dieser
Lichtstrahl, das ist das jüdische Herz, das vor Bruderliebe brennt und das ungebrochen,
fest und voller Hoffnung an die Kraft dieser Liebe glaubt.
H. Cz.

GŻ/85/3/1941
Montag, 25.09.1941

Szmulek Pestka, Im September, „Monat des Kindes”


Mein Herzenskind ist der neunjährige Szmulek. Szmulek Pestka. Ein komischer Name –
nicht wahr? Pestka! Wir lernten uns zufällig kennen. An der Tür. Ja, an der Tür. Er klopfte.
Ich öffnete. Vor mir eine kleine Gestalt. – „Ich bin Szmulek“, sagte er. Er sagte dies laut,
kühn und mit einem Lächeln. – „Freut mich sehr, aber was möchtest Du?“ – „Man sagte
mir, dass Sie angeblich ein guter Mensch seien. Ich bin Szmulek, Szmulek aus Piaseczno.
Mein Vater war dort Schuster, der beste Flickschuster der Gegend. Wir hatten einen Laden
auf dem Marktplatz.“ Und plötzlich hatte der Junge Tränen in den Augen.
– „Vor kurzem sind Vater und Mutter in der Flüchtlingsherberge gestorben. Ich habe
ein Schwesterchen. Es heißt Mindla und ist 4 Jahre alt. Können Sie nicht irgendetwas
tun, dass wir irgendwo unterkommen können? Wenn ich groß bin, etwas gelernt habe
und erwachsen bin, werde ich allen armen Kindern helfen und mich bemühen, dass es auf
der ganzen Welt keine armen Kinder mehr geben wird. Ich will nicht um Brot oder etwas
anderes bitten. Ich will ein Mensch sein. Sie verstehen mich bestimmt. Der Zeitungsjunge
Icek aus der Muranowska hat mir gesagt, dass Sie viel bewirken können. Sehen Sie, es
ist schlecht, so ohne Vater und Mutter. Sehr schlecht.“ Und so wurden Szmulek und ich
Freunde und ich beschloss, ihn zu einer unterhaltsamen Veranstaltung mitzunehmen, die
von den Herren Kohn und Heller zugunsten armer Kinder organisiert wurde. Er kam
mit Mindla, seinem Schwesterchen. Sie sahen mich an mit ihren schönen und flehenden
Augen. Ich hörte sie reden. Es war die Stimme von hunderten Kindern, denen es ähnlich
58 III. Die professionellen konzessionierten Theater

geht. Und diese Stimmen sagen uns: Helft den Kindern. Lasst uns nicht allein! Brüder und
Schwestern mein! Wenn Du dich zum Schlafen legst, frage Dich vor dem Einschlafen:
„Was habe ich heute für ausgesetzte jüdische Kinder getan?“ Habe ich nicht vergessen,
ihnen ein Stück Brot zu geben? Wie kann man heutzutage einen Teller Suppe essen, wenn
man vor der Tür ein Stimmchen hört, das jammert: „Chbin hungerig“ – Denkt an die
Szmuleks, Joskas und Srulkas. Denkt an die Mindlas, Peskas und Sabcias! Denkt an
die, die sich nach Wärme, Fürsorge und Essen sehnen. Macht mit beim Monat des Kin-
des! Beteiligt euch im Rahmen eurer Möglichkeiten an dieser so wichtigen Hilfsaktion.
Mobilisiert die jüdische Gemeinschaft dafür. Niemand von uns darf abseits stehen. Hier
mitzumachen ist Voraussetzung, dass die Lebensbedingungen der jüdischen Kinder ver-
bessert werden können.
…Hört Szmuleks Mutter, die sagt: „Für die Kinder muss man alles machen. Alles!“
H. Cz.

GŻ/5/2/1941
Sonntag, 11.01.1942

Schirmherrschaften
Die Einbeziehung maßgeblicher Persönlichkeiten in die Fürsorgehilfe zugunsten der ar-
men jüdischen Bevölkerung, in besonderem Maße der Flüchtlinge, führte jetzt zur Schaf-
fung sogenannter Schirmherrschaften. Diese neue Institution erwarb sich auf der Stelle
Sympathie und Anerkennung der breiten Öffentlichkeit. Die auf Privatinitiative spontan
entstandene Fürsorgehilfe, die mit herzlicher Wärme, lebendigem Atem und lebensnah
handeln will, soll unabhängig von der Hilfe irgendeines Beamten der Gemeinde oder
der Ż.T.o.S. gewährt werden. Auch die zuständigen maßgeblichen Persönlichkeiten
Warschauer sozialer Institutionen begrüßen mit Freude die Entstehung dieser neuen
Initiative, in der sich zahlreiche Bürger und Bürgerinnen zusammengetan haben, die ihre
Zeit opfern, um ehrenamtlich dieser Sache zu dienen und sich um die enorme Zahl der
Umsiedler zu kümmern, die in den sogenannten „Punkten“ untergekommen sind. Die
Mehrzahl dieser Sammelunterkünfte wird von der Ż.T.o.S., 25 hingegen werden einst-
weilig von der Sozialfürsorge des Rates verwaltet. Für fast jeden dieser Punkte gibt es
jetzt Schirmherrschaften, die verantwortungsvoll eine Reihe wichtiger Aufgaben erledi-
gen wie: Sanitätsdienst, Krankenwache, Beratung aller Art, Verteilung von Lebensmit-
teln oder Ausgabe eines Bissens warmen Essens. Die Schirmherrschaften beginnen ihre
Tätigkeit als selbständige Institution mit Genehmigung des Rates und der Ż.T.o.S. Um
jeden Punkt kümmern sich Vertreter der umliegenden Hauskomitees, die sich zu einem
Ausführungskomitee, den Schirmherrschaften, zusammenschließen. Heute ist jedes Haus,
jedes Hauskomitee wie eine kleine Gemeinde, wie eine kleine Ż.T.o.S., die notwendiger-
weise die Aufgabe der Sozialfürsorge übernehmen muss. Noch befinden sich die Schirm-
herrschaften in der Aufbauphase, werden aber in allernächster Zeit ihren Wirkungskreis
bedeutend erweitern.
H. Cz.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 59

GŻ/39/2/1942
Mittwoch, 01.04.1942

Dzielna-Straße 39
Dzielna-Straße 39. Eine Adresse, wert, sich sie in das Gedächtnis einzuprägen. Kein Café.
Kein Club. Oder irgendein Vergnügungslokal. Ein Haus, das für sich spricht. Ein Haus
mit ganz persönlicher Geschichte. Dzielna-Straße 39 – dort ist das Haus für ausgesetzte
Kinder. Halbwaisen- und Waisenkinder. Obdachlose Kinder. Verlassene Kinder. Namen-
lose Kinder. Findelkinder. Ausgesetzte Kinder. Und die Dzielna-Straße 39 soll diesen hilf-
losen, unglücklichen Wesen das Elternhaus ersetzen. Mich interessiert nicht die Archi-
tektur dieses Gebäudes. Die ist unwichtig, wichtig ist, dass jetzt, in diesem Augenblick,
in dieser Zufluchtsstätte 560 Straßenkinder Schutz und Unterkunft gefunden haben – 560!
Hört ihr nicht die Stimmchen dieser obdachlosen Kinder? Das Echo ihrer Rufe? Hier
strecken sie euch ihre Händchen entgegen. Hier schauen ihre Äuglein euch an. Euch alle…
Schließlich sind wir im Haus. Ein Besuch. Der erste Schritt. Die Kanzlei. Berichte.
Schaubilder. Statistische Angaben. Und ich sehe statt Zahlen die Kinder, und wieder höre
ich ihre Stimmchen. – 560 an der Zahl! Herr Dr. Kirschbaum und Herr Dr. Mayzner, der
Oberarzt des Heimes für obdachlose Kinder, führen uns in die Räumlichkeiten. Wir sind
überwältigt von den Eindrücken und Informationen. Wir gehen weiter. Quarantäne. Hier
werden die von der Straße geholten Kinder ein paar Tage beobachtet. Wenn sie diese
Feuerprobe überstanden haben und gesund sind, werden sie ein Stockwerk höher in den
Saal gebracht. Es ist eng. Sehr eng. Aber ein Lichtstrahl. Dann die Spielzimmer. Und hier,
in das Dämmern der Zufluchtsstätte dringt Sonnenlicht. Die Sonne. Das Willkommen
durch eine Schar von 50 Kindern. „Guten Tag! Guten Tag!“ und „Gäste! Gäste!“ Wir
begrüßen uns. Sofort sind wir Freunde. Die Erzieherinnen zeigen uns die Arbeiten der
Kinder. Zeichnungen. Scherenschnitte. Gemalte Bilder. Und hier kleine Autos. Gebaut aus
zwei Streichholzschachteln.
„Ich habe das gemacht.“ Der Konstrukteur stellt sich vor. „Ich liebe Autos und wenn
ich groß bin, werde ich mit diesem Auto fahren.“ Nicht alle Kinder besitzen einen Vor-
oder Nachnamen. Statt einer Geburtsurkunde haben sie das Protokoll der Polizeistation.
Manchmal hat die Mutter ein Kärtchen an die Decke geheftet: „Ich kann nicht… Es geht
nicht… Es ist schwierig…“ Ihren Namen bekommen die Kinder hier. Izrael, Dawid,
Sara und andere. Das bekannte N.N. ist verschwunden. Der Name für Ausgesetzte.
Ohne Vater und Mutter. – 560! Und heute teilen die Kinder mit uns ihre Freude. Denn
heute – bitte sehr die Herrschaften – gibt es Klöße. Wunderbare Klöße! Ein fürstli-
ches Essen! Es ist wahr, dass der Einrichtung die besondere Aufmerksamkeit des Vorsit-
zenden des Judenrates, Ing. Adam Czerniaków, gilt. Es ist wahr, dass es Unterstützung
seitens der Centos gibt. Es ist wahr, dass Dr. Janusz Korczak die Arbeit der Betreuer
begleitet und sich darum bemüht, das Gebäude in Ordnung zu halten. Aber wir alle
müssen helfen. Mit Sachspenden und Geld. Die Hauskomitees müssen sich beteiligen.
Jetzt. – 560! Hört ihr nicht die Silberstimmchen der Kinder?... Durch die Fenster fällt
60 III. Die professionellen konzessionierten Theater

ein heller Sonnenstrahl. Ein Sonnenstrahl, die Hoffnung auf Verbesserung der Lage der
ausgesetzten Kinder.
Herman Czerwiński.

GŻ/43/2/1942
Freitag, 10.04.1942

Eindrücke vom Sederfest im Haus von Korczak


Das Sederessen im Korczakhaus hat einen eigenen Zauber. 180 Waisenkinder, denen die
Freude und gute Laune ins Gesicht geschrieben steht, feiern in ihrem behüteten Nest-
chen Pessach.
In besonderer Stimmung, ganz anders als sonst, wird – gemäß der Sitte – zusammen
das Sedermahl verzehrt. Man muss sie erlebt haben, die jungen Schmauser, muss ihre
Disziplin und ihren Ernst sehen, mit der sie an der feierlichen Weihehandlung, der Ver-
lesung der Haggada, teilnehmen, muss erlebt haben, wie sie dem Klang der Pessachlieder
lauschen, wie sie deren Rhythmus in ihre Kinderherzen aufnehmen – all das muss man
sehen, erleben und hören und wird feststellen, dass hier – in all dem Treiben, bei jedem
Wort der fürsorgliche Geist des Leiters Janusz Korczak, des Autors von „Józków, Josków
i Srulków“, und die Wärme Stefania Wilczyńskas, seiner treuen Weggefährtin, zu füh-
len ist. Und manchmal ist es so, als ob die Waisenkinder hier nicht einsam seien, als ob
ihre Väter und Mütter bei ihnen wären und mit ihnen Freude und Leid teilten. Und dann,
nach der Lesung der Haggada, ertönt aus 180 Kinderkehlen ein Choral – das lenzliche,
freudige, aufmunternde Palästinalied.
Und ehe es jetzt an das Sedermahl geht, das wahrhaftig anders ist als das gewöhnli-
che, alltägliche Abendessen (… und diese Nacht unterscheidet sich von jeder anderen…
hałajło haze mikoł hałajłos…), ist die Stimme von Janusz Korczak zu hören. Einige kurze,
wohlbedachte, eindringliche Sätze. Schließlich: Szalom!
Und jetzt klirren die Teller, die Becher, die Schüsselchen, die Löffel und Gabeln, der
Saal wird lebendig, von allen Seiten kommen die Hausmütter, bringen und verteilen. Freude.
Ein großer Feiertag. Das Pessachabendmahl.
Das Fest dauert eine Stunde, eine schöne und ermutigende Lebensstunde, eine Stunde,
wie Janusz Korczak sie uns in seiner Einladung versprochen hatte.
Herman Czerwiński

GŻ/40/2/1941
Dienstag, 20.05.1941

Szamru Szabat
Langsam kehrt Stille ein – es ist Freitagabend. Von der Abenddämmerung des heutigen
bis zum Aufglänzen der Sterne am Firmament des nächsten Abends feiern wir den Sabbat.
Wohltuende Stille breitet sich sanft über das jüdische Viertel aus… Der graue Alltag legt
III. Die professionellen konzessionierten Theater 61

sein Festtagsgewand an. Denn so, und nur so muss der Sabbat sein. Ruhig und feierlich –
der siebte Tag der Woche. – Sabbat – Der Händler schließt seinen Kram weg. Mit seiner
Karre mit Resten unverkaufter Ware eilt ein Straßenverkäufer nach Hause. Die Stände mit
heißem Kaffee, mit den duftenden Kartoffelsuppen und Reibekuchen sind verschwunden,
und auch die Verkäufer, die Brot und hausgemachte gefüllte Kuchen an den Straßenecken
anpreisen, sind nicht mehr zu sehen. Der Träger wischt sich mit der Kappe den Schweiß
von der Stirn und macht Schluss mit der Plackerei. Der Kaufmann zählt seine Einnahmen
und kalkuliert Preise für den nächsten Montag. Die Straßen- und Hinterhofmusikanten,
die Geiger und Waldhornspieler, die Saxophonisten und Ziehharmonikaspieler ruhen sich
auf ihren Lorbeeren aus. Der jüdische Hausmeister fegt die Toreingänge und klopft nach
alter Sitte an den Türen der Mieter den Freitagabend ein, der Briefträger gönnt seinen
Füßen den verdienten Urlaub. Geschlossen sind alle Instanzen und Institute. Alle Ab-
teilungen und Unterabteilungen, alle Sekretariate, alle Büros wie das zur Verpflegung
und Bekämpfung des Wuchers, Brennstoffversorgung, Wohnungsamt, Haus- und Berufs-
komitees, Soforthilfe, Sozialfürsorge, untätig auch das Begräbnisinstitut des Königs der
Toten Pinkert samt den Hingeschiedenen, nichts mehr von Beiträgen und Etats, Ab- und
Zugaben, Unterstützung, Forderungen, An- und Abmeldungen, Beschwerden, Gesuche,
Zu- und Wegzug. – Sabbat – Und der greise Rabbi, mit seiner beschlagenen Brille, ver-
tieft in den Seiten uralter Bücher, erinnert sich längst vergangener Zeiten, blickt auf die
tiefsten Geheimnisse, sucht Antworten oder Erklärungen. Ob er zwischen den Millionen
von Buchstaben eine Antwort findet? Und wieder bringt der Schein einer Kerze Licht in
die Dunkelheit des Lebens.
Die Rabbinerin flüstert mit Tränen in den Augen die letzten Worte des Abendgebetes.
Ein Seufzer unterbricht die Stille der Rabbinerkammer. Der alte Rabbiner streicht sich
lange den grauen Bart und sagt: – Ehren wir den Sabbat! Vertrauen wir dem Allmäch-
tigen! Seine Stimme wird lauter. Es klingt, als spräche er zu vielen. – „Szamru szabat!“
Haltet den Sabbat ein. Und Friede soll einkehren in die Welt und das aufgewühlte Meer
glätten. „Szabat kodesz.“ „Szamru szabat.“ Mögen am Sabbat Leidenschaft und Unruhe
sich in Sanftmut kehren. Und fürwahr, wer diesen Tag heiligt, kauft sich frei von seinen
Sünden in der Woche. Und wie schon unsere Weisen sagten und wie es in den Büchern
der Heiligen steht: „Lasst die Sonne des Glaubens leuchten, weil nicht zu glauben, ist
wie Blindsein.“ Ungebrochen, felsenfest ist der Glaube an die Kraft dieser Worte, an die
Bedeutung und den Triumph des Sabbats. – Glücklich die, die glauben!? – Sabbat! –
Als dann die Verfügung zur Heiligung des Sabbats in drei Sprachen überall plakatiert
war, konnte man hören: – Seht Leute! Wa, Wa! Wie lange haben Rabbi Alter aus Góra
Kalwaria und Rabbi Giterman aus … erfolglos um den Sabbat gekämpft, und nun hat es
der Vorsitzende Czerniakow mit einem Federstrich geschafft. Wa, Wa! – Jetzt kommen
womöglich auch noch – wie in den alten Zeiten – die Sabbatgendarmen, die Chassiden,
die als Sabbatwächter darauf achteten, dass der Sabbat eingehalten wird? Was für Zei-
ten, was für Zeiten! Wer weiß, vielleicht übernehmen das unsere Ordnungsdienstleute,
die können das auch. Auf der Karmelicka- und Zamenhofa-Straße, auf der Wołyńska-,
62 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Szczęśliwa-, Dzika- und der Gęsia-Straße, in diesen verrufenen Ghettogassen und -gäss-
chen – auf der Żelazna, Sienna, śliska, den Straßen der besseren Gesellschaft, alle, alle
geben sich ihren Sabbatgedanken, Erinnerungen und Betrachtungen hin, wie einst in den
großen Städten und kleinen Städtchen.
Aber heute?! „Arm, reich, alle gleich!“ ruft mit heiserer Stimme der traurige Narr des
Ghettos, der Verrückte, der Spötter oder Zyniker, Rubinsztajn, dem Jurandot mit einem
Lied ein Denkmal setzt:
„Nicht Präses Czerniaków, Nicht oberst Szeryński, Nicht Rat Kupczykier,
Nicht Redakteur Czerwiński,
Der Berühmteste im ganzen Viertel
Ist Rubinsztajn, der Verrückte auf der Straße“.
Und eben ruft unser Rubinsztajn: „Sabbat allen Juden, arm, reich, alle gleich!“
Samstag – Es schweigt das Geschrei auf den Straßen und der Alltag legt sein Feier-
tagsgewand an.
H.Cz.

GŻ/67/2/1941
Montag, 04.08.1941

Konzert des jüdischen Symphonieorchesters


(Eindrücke eines „Nichtmusikers“)
„Das jüdische Symphonieorchester,“ eine neue Institution, die sich zum Ziel gesetzt
hat, die wahre Kunst zu verbreiten, begibt sich auf kompliziertes und organisatorisch
vertracktes Terrain. Das erste Konzert aus einer Reihe von regelmäßig stattfindenden
Konzerten fand am 26. Juli um 12 Uhr im Saal des Melody Palace statt. Das Konzert stieß
auf großes Interesse des Publikums, das nach Seelennahrung in Form von Musik hun-
gerte. Die musikalische Leitung lag in den Händen des hochgeschätzten Herrn Professor
Pullman.
Freiheraus und ohne jede Übertreibung kann man sagen, dass uns das Orchester un-
ter dem Taktstock des bekannten Dirigenten einen ungeschmälerten künstlerischen Ge-
nuss bot.
Ein durchdachtes und kunstvoll zusammengestelltes Programm: Brückner (Adagio);
Vivaldi, ein wunderbares Konzert für vier Geigen und Orchester, ein schönes Werk für
Solisten, um sich auszuzeichnen: Ludwik Holcman, Bernard Lewinson, Jakub Messer
und Halina Markowicz; Brahms (fünf Walzer für Streichorchester); Theodor Reis (1941),
Szymon Pullman gewidmet; Borodine Scherzo; schließlich der „clou“ des Programms,
Beethovens Symphonie Nr. 8; danach Kellermans „Hebräische Melodie“ nach Motiven
des Trauermarsches. Diese Nummer wurde vom Orchester stehend dargeboten und war
dem Gedenken seines Kollegen Wolf Klajmman selig gewidmet. Auch das Publikum
ehrte den verstorbenen Musiker. Nach einer kurzen Pause dirigierte Professor Pullman
mit Bravour und großem Können den „Heldenmarsch“ von Camille Saint-Saens.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 63

Das Orchester mit Szymon Pullman an der Spitze wurde ständig mit spontanen Ovati-
onen bedacht. Den Konzerten des jüdischen Symphonieorchesters wird in Zukunft sicher-
lich großer Erfolg beschieden sein.
H.Cz.

GŻ/21/2/1942
Mittwoch, 18.02.1942

Künstlerisch-literarischer Abend
Am 8. Februar fand im Sala Gospody Artystów in der orla-Straße 6 ein künstlerisch-
literarischer Abend statt, der dem Schaffen des literarischen Humoristen J. Obarzanek
(Ob-nek) gewidmet war, dem Autor des Buches Nadir un wein niszt. Anwesend waren:
Zymra Zeligfeld, Chana Lerner, Symche Fostel, Jack Lewi, I. M. Moszkowicz, A. Samberg
und David Zajderman. Untermalt wurde der Abend mit Vorträgen von Sz. J. Stopnicki,
E. Cejtlin und Herrn Redakteur H. Czerwiński über Humor in der Literatur. Die große
Attraktion des Abends war der Auftritt des Volkschores unter Leitung von J. Zaks. Das
Ganze – ein gelungener Abend. H.Cz.

GŻ/31/2/1942
Freitag, 13.03.1942

Żywy Dziennik Nr. 1 (Lebendes Tagebuch)


Zur Zeit tritt eine Gruppe namhafter Autoren mit einer sehr gut ausgedachten, sich wohl-
tuend von den üblichen Klischees („Schmiere“) abhebenden Revue, mit einer litera-
risch-künstlerischen Veranstaltung auf. Initiiert und auf die Bühne gebracht wurde die-
ses Spektakel von Pola Braunówna, junge Autorin und Komponistin in einer Person;
Władysław Szlengel, Poet und Satiriker; Leonid Fokszański; Anwalt Wacusa und den
Sängern Józef Lipski und Andrzej Włast, dem populären Autor und Theaterdirektor. Diese
erprobten und ehemaligen Mitarbeiter diverser Satirezeitschriften stellten nun (uns wohl-
bekannte) Zeitungsartikel unter dem Titel Żywe Dziennik zusammen und brachten das
Ganze im eleganten Café Sztuka zur Aufführung. Und wir hören und sehen einen von
Szlengel (und anderen Autoren) literarisch bearbeiteten Artikel, lebhaft, bunt und bei-
ßend satirisch, ein Kommuniqué von Anwalt Wacusie, Lieder von Braunówna, Artikel
von Lipski, Gedichte von Fokszański, die homerisches Gelächter zur Folge hatten, eine
Straßenreportage und eine Theaterkritik von Szlengel, Tagesberichte von Włast, Zeitungs-
anzeigen, bearbeitet von Anwalt Wacusie – und dann wird zum guten Ende diese lebendi-
ge Zeitung in einem großen Finale zugeschlagen. All das zeichnet sich aus durch Niveau,
blitzenden (und nicht billigen) Witz und ungewöhnlichen Humor, mit aktuellen Themen,
wert der Beachtung und Erinnerung… Die Autoren bewiesen auch, dass sie unter den
gegebenen Umständen sozusagen durchaus mit Schauspielern mithalten können, wobei es
nicht um „Konkurrenz“ geht, sondern vielmehr darum, den Konsumenten (den Hörern)
64 III. Die professionellen konzessionierten Theater

ein künstlerisches Festmahl zu bieten, dargeboten von den „Köchen“ selbst. Das Publi-
kum hat hier die Möglichkeit, die eigentlichen Intentionen der Dichter kennenzulernen,
ihren ungefilterten Beitrag zu den ausgewählten Themen (und das ohne grobe Gehässig-
keiten) vorzustellen und dies alles – wir haben es bereits schon zu Anfang erwähnt – mit
Niveau. Autoren und Ausführende trafen auf ein begeistertes Publikum, und man wird
hoffen können, dass viele ein „Abonnement“ dieses lebendigen Wochenblatts beziehen
werden. Durchs Programm führte mit Schwung und Elan Redakteur Wład. Szlengel.
H. Cz.

GŻ/43/2/1942
Freitag, 10.04.1942

Café Sztuka: Żywy Dziennik „Kropka nad I”


Eine weitere Folge des Żywy Dziennik im Sztuka
Wir haben ja bereits über das Żywy Dziennik Nr. 1 geschrieben, das damals eine wahr-
haft originelle Attraktion im jüdischen Viertel Warschaus war. Das ist zweifelsohne das
Verdienst vieler bekannter Schriftsteller, ehemaliger Mitarbeiter satirischer Zeitungen, die
ein künstlerisches Ereignis auf hohem Niveau garantieren.
Kropka nad I als zweite Ausgabe des Żywy Dziennik sprüht vor Witz und Humor und
unterscheidet sich wohltuend von dem in anderen Vergnügungsstätten produzierten Un-
sinn. Vielleicht kann man einige der Nummern unter „Schmonzetten“ einordnen, aber
auch die sind gekonnt und nicht übertrieben. Besonders hervorzuheben sind die „Artikel“:
Abendempfang beim Żywy Dziennik (Władysław Szlengel), Interview mit einem Gardero-
bier, der einstmals eine hohe Stellung innehatte und jetzt Mäntel in Empfang nimmt (Text
und Ausführung Pola Braun); Od Urzędu do Urzędu, eine witzige und abwechslungs-
reiche Wanderung durch die Ämter (aus der Feder von Rechtsanwalt Wacusa); Wszyscy
się zmieszczą (Ausführung Leon Fokszański); Otwórz Pan Bramę (schwungvolle humo-
ristische Szene mit Józef Lipski) und schließlich eine weitere amüsante Folge der nicht
enden wollenden Geschichte von Zajczyk i Mlińczyk, wobei diesmal die Frau von
Mlińczyk als Vorsitzende eines Hauskomitees auftritt (Text und Ausführung Wł. Szlengel).
Das Programm, das wahrlich den Punkt auf das I setzte, wurde vom Publikum lebhaft
beklatscht – die Conférence von Szlengel: hervorragend.
Vervollständigt wurde dieses „Zeitungsspektakel“ durch eine musikalische „Film-
montage“ mit Frau Wiera Gran, die das Lied „Jej pierwszy Bal“ meisterhaft interpretierte
(sehr gelungen: Szenario und Texte Wł. Szlengel); Musik und Montage: Władysław Szpil-
man). Erinnerungen an die Zeit und das Abenteuer des ersten Balls in der Ausführung
von Wiera Gran hatten Liebreiz und Zauber… . Die Begleitung lag in den Händen des
äußerst talentierten Pianisten Herrn Andrzej Goldfeder und Władysław Szpilmans. Das
Orchester unter Leitung von Leopold Rubinsztajn spendete diesem ersten Ball ein wun-
derschönes Jubiläum.
H. Cz.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 65

GŻ/43/2/1942
Freitag, 10.04.1942

Wesoła Siekanka: Tönende Wochenschau aktueller Ereignisse im Negresco


Seit einigen Tagen gibt es im Viertel eine Revue mit dem Titel Wesoła Siekanka, die in
einem Theater des Ordnungsdienstes gegeben wird […] Der Schlager des Programms sind
„tönende Aktualitäten“ unter dem Titel Augen, Ohren und Nase unseres Viertels, in der
einst populären Machart von Wochenblättern, die jetzt in Form von Dias auf eine extra
installierte Leinwand geworfen werden. Gezeigt werden aktuelle Ereignisse und Bilder
aus dem Viertel, wobei jedes Bild zu wahren Lachsalven des hocherfreuten Publikums
Anlass gab. Erwähnenswert hierbei die Conférence des populären Künstlers St. Stański.
Ein Höhepunkt des Programm: der hervorragende Chor Blaue Vögel, in dem neben der
bezaubernden Hanka Blauschild vier Gentlemen mit dem Solisten A. Grafman zu sehen
waren. Der Stil dieses Chores erinnert uns an den Dana-Chor, allerdings mit vielleicht
etwas mehr Schwung und Ausdruck. Das Programm gestalteten die Herren Jawert und
Jerry gemeinsam, beide bekannt durch frühere Produktionen dieser Art, ihnen zur Seite
stand Prof. Inski. Zeichnungen und Bühnenbild von den Herren łabędz und L. Linden-
feld. Musikalische Gestaltung R. Rabinowicz.
H. Cz.

GŻ/40/2/1942
Freitag, 03.04.1942

Ins Bad
Es begann an einem ganz gewöhnlichen Abend.
Der Hausmeister unseres Hauses (ein etwas zweifelhaftes Subjekt, vor dem Krieg
war er in irgendeinem Betrieb) öffnete mir das quietschende Tor, nahm seinen Obolus in
Empfang, wobei er geheimnisvoll flüsterte:
– Angeblich sollen wir morgen ins Bad.
– Wir? Warum? – Was natürlich ziemlich naiv gefragt war.
Mit nachsichtigem Lächeln antwortete der Zerberus:
– Im Februar. Sie erinnern sich? Da wurde doch der Mieter aus dem Souterrain ab-
geholt. Typhus... Ganz dunkel erinnerte ich mich an irgendeinen Rettungswagen vor dem
Tor. Tatsächlich. Eine unangenehme Geschichte.
Etwas unruhig quälte ich mich über die theoretisch jeden Tag gefegten Treppen hoch
ins Haus. Meine Frau war gerade am Kochen eines raffinierten Rübengerichtes nach
einem Rezept der Tante aus Kalisz (zweimal durch ein Sieb pressen, zweimal mit kochen-
dem Wasser übergießen), als ich mit der Hiobsbotschaft kam.
– Hör mal, morgen geht’s angeblich ins Bad.
Meine Frau erstarrte zu einer verzweifelten Salzsäule.
– Wo ich doch gerade heute die Wäsche in der Wanne eingeweicht habe.
66 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Der bei mir amtierende Untermieter (eine freundliche Einweisung der Wohnungs-
behörde) unterbrach seine um diese Uhrzeit angesagte Arbeit (er trommelte wie ein Neger
im Urwald mit einem Nudelholz auf der Gasleitung, um den niedrigen Gasdruck etwas
anzustacheln) und wandte sich uns zu. Wie immer begann er seinen Monolog mit seinem
geliebten „Bei uns in der Sienna“ und ergänzte:
– mussten wir nie ins Bad…
Woraufhin meine Frau und ich ihn einfach stehen ließen und in unser Zimmer gingen.
Etwas angenervt sah sich meine Frau im Zimmer um und meinte:
– Alles sauber… Naja, man weiß es eben nicht… Das Mittagessen wurde schwei-
gend eingenommen.
– Vielleicht sollten wir mal zum Nachbarn – schlug ich vor – der Vorsitzende ist
dort, vielleicht erfährt man was…
Wir gingen also. Natürlich mit dem Untermieter im Schlepptau.
Beim Nachbarn war es brechend voll. Das ganze Treppenhaus komplett versammelt.
Geheimnisvolle Wörter schwirrten durch den Raum. „Desinfektionskammer,“ Sanitäts-
kolonne,“ „Karbol,“ „Lysol“ usw. Ein bekannter Hinterhofpessimist begann nun schon
das sechste Mal mit seinen makabren Geschichten vom Bad in der Miła, von wegen Haare
scheren und nackt, was die Frauen nervös erschaudern, die Männer aber ziemlich un-
beeindruckt ließ.
Einige der Herren versuchten, die Situation zu retten.
– Wollen wir stille Post spielen? Oder was anderes? Allerdings brachten die eis-
kalten Blicke ihrer besseren Hälften auch die allerkühnsten zum Schweigen. Eine zischte:
– Du hast vielleicht Nerven. Jetzt spielen. Geh’ nach Hause und mach’ was Ver-
nünftiges!
– Ich mache gar nichts – so Nachbarin Nr. 1 – Was kommt, kommt, und bei mir ist
es sauber. Nachbarin 2 stimmt zu und denkt sich: möchte mal wissen, wo sie den ganzen
Dreck versteckt hat, bei ihr sieht’s doch sonst aus wie im Schweinestall. Das denkt übri-
gens Nachbarin 1 über Nachbarin 3. Und so geht es weiter im Kreis.
Bereits um 5 Uhr morgens (von außen sieht das Haus aus wie im tiefsten Schlaf ver-
sunken) herrscht drinnen höchste Geschäftigkeit. Fieberhaft wird sauber gemacht, und
unschuldige Kinder werden reihenweise aus den Betten geholt. Vor dem Tor steht der
diensthabende Ordnungsdienstmann und versucht mit heiserer Stimme klarzumachen,
dass niemand aus dem Haus herausdarf. Vergeblich. Es zeigt sich, dass von 400 Mie-
tern 399 Ausweise wichtiger Institutionen haben und unverzüglich und von Amts wegen
ihre gesellschaftliche Mission unbedingt um 6 Uhr morgens erfüllen müssen. Die einzi-
ge, die nun tatsächlich keine Legitimation für irgendetwas hat, ist eine seit fünf Jahren
gelähmte alte Frau, die aber unbedingt zu ihrer Tochter muss, die am anderen Ende des
Viertels wohnt. Das Geschrei und Krakeele dauert bis 8 Uhr. Dann ist Frühstückspause.
Um 10 Uhr dann erscheint der Arzt samt Sanitätskolonne. Fröhliche Burschen in stilvoll
beschmierten Overalls und mit gelangweilten wissenden Blicken. Spannung und Nervo-
sität steigern sich. Die Frauen wischen zum zehnten Mal Staub, rücken den Nippes auf
III. Die professionellen konzessionierten Theater 67

der Kredenz gerade, legen phantasievolle Vorkriegsfeiertagsdeckchen auf, und stolz auf
den ästhetischen Anblick ihres Heimes gehen sie dann an die Verschönerung ihrer selbst.
Und wenn dann nichts mehr von dem Schluchzen der Bengel, denen man Kopf und Ohren
gescheuert hat, zu hören ist, wartet man mit angehaltenem Atem, und die ärztliche Inspek-
tion beginnt.
– Zeigen Sie mir Ihre schmutzige Wäsche – beginnt der Arzt.
– Entschuldigen Sie, aber ich habe keine schmutzige Wäsche. Bei mir ist immer
alles sauber.
Der ganze Hinterhof ist voller sauberer Wäsche und sieht aus wie ein Wäschemagazin.
Der Arzt lächelt skeptisch, schnüffelt unter den Betten rum und wird fündig.
– Ach, die paar Tüchelchen, das ist doch nichts, ich wollte sie gerade waschen,
aber ich bin einfach noch nicht dazu gekommen.
Während die Inspektion erbarmungslos weitergeht, sammelt sich vor dem Tor eine
Schar von Menschen, sie fragen durch den Türspion nach ihren Verwandten und ver-
suchen Brotkarten, Kartoffeln und Zigaretten durch die enge Öffnung zu quetschen. Auf
dem Hinterhof versammelt sich derweil die erste Gruppe, bereit zum Abmarsch ins Bad.
Komischerweise handelt es sich hierbei um die Hinterhofelite, die normalerweise erst bei
der zweiten Tour mitgeht. Routiniert schleppen die Jungs von der Sanitätskolonne die
Kleiderbündel in die von Metylphenol geschwängerte Luft der Desinfektionskammer. Es
geht jetzt alles seinen Gang.
Am Abend dann die Nachbesprechung bei den Nachbarn.
– Stellen Sie sich vor, mein Bettzeug wurde nicht mitgenommen. Der Arzt hatte
nichts zu beanstanden.
– Bei mir hat der Oberarzt Tee getrunken.
– Und bei mir hat die Sanitätskolonne nicht mal die Mäntel ausgezogen.
Und so sind alle zufrieden. Sogar die Karbidlampe leuchtet hell und ohne zu flackern,
die Herren freuen sich über die gute Laune ihrer Angetrauten, schlagen ernsthaft „dewiat-
kę“ [Problem] vor, es herrscht Freude und Frieden.
– Parówka ist gut, aber lieber hätte ich parówki109 – der alte Hinterhofwitz wird
zitiert und die „dewiatka“ [Problem] beginnt von neuem.
Seweryn Stend.

GŻ/94/3/1942
Sonntag, 09.08.1942

Pan Plotkemacher
Wer kennt Herrn Gerüchtemacher nicht? Einen der größten Fische des Viertels? Gerüchte-
macher hier, Gerüchtemacher da. Man trifft ihn überall. Alles weiß er besser oder anders.

109 Wortspiel: Parówka (Bad, Dampfbad) – Parówki (heiße Würstchen).


68 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Er hat erstklassige Quellen. Er hat die neuesten Nachrichten. Alle scharen sich um ihn,
drängen sich um ihn wie um einen warmen Ofen. Er lügt wie gedruckt. Er tut wie ein
Wahrsager vom Nil. Er quasselt, dass einem die Ohren klingeln. Er weiß, was in der Ge-
meinde los ist. Jeden Tag redet er mit dem Vorsitzenden und den Ratsmitgliedern. Naiv-
linge glauben ihm das. Er kennt jedes Geheimnis. Meist erzählt er Phrasen wie „niszt
gesztojgen – niszt geflojgen.“ Er kennt seine Pappenheimer, die ihm in allem zustim-
men – je nach dem, was so am Tag alles anliegt. Gewöhnlich beginnt Herr Gerüchte-
macher mit „PIP“ hat gesagt, dass… (Achtung: PIP heißt „ein gewisser Idiot hat gesagt“:
wobei es sich um eine todsichere Quelle handelt). Und die Leute stehen da und schenken
diesen ausgedachten Blöd- und Dummheiten Gehör. Wie Krähen im Nebel. Und so be-
arbeiten die unterschiedlichsten Gerüchtemacher (und auch Gerüchtemacherinnen – so
viel Zeit muss sein) ihre Klientel in irgendwelchen Ecken. Und so fliegen die tollsten
Nachrichten durch die Luft, Nachrichten über ungeheure Gewinne dieses oder jenes
Herrn X,Y oder Z, über irgendwelche Betrügereien im Rat oder nicht im Rat, um Durch-
stechereien und Affären in allen Schichten. Und dazu, sozusagen als Würze, Schlafzim-
mergeschichten. A. hat was mit Frau B., deren Mann freundschaftlich mit Fräulein C.
verkehrt, die „erstklassig“ ist, und eben dieses Fräulein C wiederum ist die Freundin eines
Ratsherrn, eines Machers usw. Und so wird ein Feuerwerk nach dem anderen abgebrannt.
Man diffamiert vernünftige Ansichten und schlachtet alles aus, was zur Zeit Konjunktur
hat. Und so tummeln sich im Viertel die Gerüchte, hunderte Male kreisen sie durch die
Straßen, verbreiten Gewäsch und Blödheiten zur Ergötzung vieler Ohren.
Ich habe das Vergnügen (nebenbei bemerkt ein höchst zweifelhaftes), einen Herrn
Gerüchtemacher persönlich zu kennen. Jeden Tag läuft er mir über den Weg, mal hier,
mal da.
Wenn ich ihn einen Lügner nenne, lacht er höchst idiotisch, nenne ich ihn einen Ge-
rüchte- und Panikmacher, beteuert er seine Unschuld, und bezeichne ich ihn schließlich
als Dummkopf, ist er nicht im Geringsten gekränkt und beruft sich auf die ihm bekann-
ten „Autoritäten“ und meint, dass wenn er im Rat säße, alles besser laufen und klappen
würde.
Eines aber ist klar: die Damen und Herren Gerüchtemacher haben viel zu viel Zeit und
viel zu viel Phantasie.
Und Gerüchte sind eine sehr schlimme Sache. Eine sehr schlimme.
H.Cz.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 69

Ausgabennummer Anzeige (Übersetzung) Faksimile

GŻ/3/8/1940 Café „GERTNER“


Eigent. M. Vogt
Warschau, Tłomacka-Straße 40
Für jüdisches Publikum 8–20 Uhr
Elegantes Hauptstadtcafé – Tages-
und Wochenzeitungen
Bis 12 Uhr Wiener Frühstück
1,50 Złoty
Täglich von 16–20 Uhr im Dancing-
room Auftritte polnischer und
jüdischer Film- und Bühnen-
schauspieler
[Es spielt das] Jolly Boys Orchester
EINTRITT FREI! VERZEHR!

GŻ/4/12/1940 MELODY-PALACE
Warschau, Rymarska-Straße 12
Seit 1. AUGUST mit völlig
NEUEM PROGRAMM!
Täglich ab 16 Uhr
Samstags und sonntags Matinee mit
dem kompletten Programm
Orchester: Leopold RUBINSZTEJN
COCKTAILBAR täglich ab 16 Uhr
geöffnet.

GŻ/6/12/1940 CAFÉ DER REVUEKÜNSTLER


Im Lokal „Bon Apetit“, Nalewki-
Straße 37
Täglich von 16 bis 20.30 Uhr
Auftritte bekannter Bühnen- und
Filmstars
Es spielt das bekannte Orchester
BR. HERES
Künstlerische Leitung: LUIS LUISOFF
Ein Lokal für jüdisches Publikum.
70 III. Die professionellen konzessionierten Theater

GŻ/11/10/1941 Café-Restaurant
„NOWOCZESNA“
Nowolipki-Straße 10
Empfiehlt eine warme Mahlzeit direkt
vom Herd ab 2 Złoty
SUPPE mit GEBÄCK wird den ganzen
Tag ausgegeben für 1,50 zł
SALATE und WURST zum Mitnehmen.
Am Abend Konzert der 7-köpfigen Artur
GOLD Combo. Täglich am Klavier der
aus Rundfunkauftritten bekannte Pianist
Władysław SZPILMAN.
Lokal [geöffnet] täglich von 9.00 Uhr
morgens bis 20.00 Uhr abends. Säle
gut geheizt.

GŻ /17/4/1941 Café-Restaurant „NOWOCZESNA“


NOWOLIPKI-Straße 10
Das Restaurant serviert schmackhafte und reichhaltige Mittag-
essen. 3 Gänge mit Gebäck zu 4 Złoty. Kalte und warme Imbisse.
Spezialitäten im Restaurant und zum Mitnehmen. Küche unter
Leitung hervorragender Fachkräfte.
DAS LOKAL IST TÄGLICH GANZTAGS GEÖFFNET.
Im Café täglich Auftritte der 8-köpfigen ARTUR GOLD Combo
Für Abwechslung sorgen Auftritte bekannter Künstler.
(SÄLE GUT GEHEIZT.)

GŻ /17/4/1941 Sienna-Straße 59 – Café „CAPRI“ Bar – Sienna-Straße 59


Im Café täglich Konzerte der 5-köpfigen
BRUNO HERES Combo
Für Abwechslung sorgen Künstlerauftritte
Das Restaurant serviert schmackhafte und reichhaltige Mittagessen
zu 3,50 Złoty. Kalte und warme Imbisse. Spezialitäten im Restaurant
und zum Mitnehmen. Küche unter Leitung des ehemaligen Küchen-
chefs des Restaurants „Unter der silbernen Rose.“
Lokal täglich ganztags geöffnet. Säle gut geheizt.
III. Die professionellen konzessionierten Theater 71

9. IMPRESSIONEN AUS DEN THEATERN

Abb. 9: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina.

Abb. 10: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina.


72 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Abb. 11: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina.

Abb. 12: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina.


III. Die professionellen konzessionierten Theater 73

Abb. 13: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Azazel.

Abb. 14: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Azazel.


74 III. Die professionellen konzessionierten Theater

Abb. 15: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Azazel.


III. Die professionellen konzessionierten Theater 75

“Life’s but a walking shadow, a poor player


That struts and frets his hour upon the stage
And then is heard no more.”
Macbeth

IV. teatr elDoraDo

Abb. 16: Teatr Eldorado, Dzielna-Straße 1 (Kinogebäude)

1. DAS THEATER

Am 6. Dezember 1940 eröffnete das jiddischsprachige Theater Eldorado in dem ehema-


ligen Theater Scala unter der Direktion von Meier Winder und Symcha Ryba sowie der
künstlerischen Leitung von Ajzyk Samberg mit der Premiere des Stückes In Rejdł. Das
Eldorado war das erste Theater im Ghetto, das einen regelmäßigen Spielbetrieb aufnahm
und mit In Rejdł einen Theaterreigen eröffnete, der eineinhalb Jahre lang das kulturelle
Leben im Ghetto prägte. Premiere des letzten Stückes Der Dorfsjung war am 21. Juni
1942. Gespielt wurde, bis die „Wielka Akcja,“ d. h. die Liquidierung des Ghettos (Beginn
22. Juli 1942), kein Theater mehr zuließ. Zur Premiere kamen 20 Stücke und insgesamt
626 Aufführungen. Der Eröffnung vorausgegangen war eine kurze Ankündigung in der
Gazeta Żydowska vom Freitag, den 29. November 1940:
76 IV. Teatr Eldorado

Wie wir erfahren haben, gestatteten die Behörden den Spielbetrieb eines Theaters in der Dzielna-
Straße 1. Dieses Theater wird etliche jüdische Schauspielerfamilien, Musiker usw. beschäftigen
können.110

Eine Woche vor der feierlichen Premiere schreibt die Gazeta Żydowska:

Eine Überraschung.
Kaum bemerkt und leise tat sich etwas zwischen den Mauern des Viertels, etwas, das tief im
Menschen verankert ist, ein unfassbarer Keim der Freude. Und wieder zeigt sich der alte jüdi-
sche optimismus, der unter den schweren Mühen und Sorgen eine reine Quelle der Freude
entdeckt und sich voller Vergnügen an diesem kristallenen Trunk labt.
Lachen ist gesund, ist Freude und verlängert das Leben – und wir wollen leben. Und all das
finden nun die Bewohner des Viertels und schätzen es.
Und jetzt erwacht das vom Publikum so geliebte Eldorado (früher das Scala) zu neuem Le-
ben, wieder scheinen und glänzen die Scheinwerfer und wieder erklingt nach langer Pause das
jüdische Wort, belebt die frisch gemalte Bühne, die glänzenden Tapeten und ergötzt das fröh-
liche und lachende Publikum. Und so sitzt man wieder im Theater, sieht Ernsthaftes, Leichtes,
Komödie und Revue, und man vergisst alles andere.
Der Vorhang geht hoch, und vor den Augen der Zuschauer erscheinen unsere geliebten „Stars“:
Samberg, Kutner, Jack Lewi, Brin und an der Spitze Winder und Goldberg. Das lebensfrohe
und farbenprächtige Ballett entführt die Zuschauer in die bezaubernde Welt jüdischer Märchen,
schlägt es unter den Klängen geschickt eingeflochtener chassidischer Melodien in seinen Bann
und gibt dem Abend seine ganz eigene Stimmung.
All das ist das Verdienst des Theaterdirektors Herrn Ryba und seiner Mitstreiter, die beinahe
aus dem Nichts und nur mit eigener Kraft diese Bühne wieder belebten und die so vielen ar-
beitslosen jüdischen Künstlern Brot und dem Publikum hervorragende Unterhaltung gaben.111

Die Eröffnung des Eldorado war eine Sensation, da es unmöglich erschien, von den Deut-
schen eine Konzession für ein Theater im Ghetto zu bekommen. Die Konzession, ein
Theater zu eröffnen, erhielt Frau Judtowa, von der Emanuel Ringelblum schreibt:

Konzessionsinhaberin war die berüchtigte Frau Judtowa, die ihre Karriere der näheren Be-
kanntschaft mit einem deutschen offizier, einem großen Tier in Warschau, verdankte (angeb-
lich hat sie von ihm einen Sohn). Dieser ehemaligen Geliebten verschaffte er eine Reihe von
Konzessionen für jüdische Theater, deren Teilhaberin sie war. Eine Konzession für eine Bäcke-
rei hatte sie auch. Darüber hinaus war sie auch Drahtzieherin in Institutionen der Gemeinde, in
denen sie – unter Berufung auf ihren Deutschen – alles bekam. Ihre Gemeinheit und Dreistig-
keit war grenzenlos; trotz ihres großen Einkommens gierte sie noch nach ein paar hundert Złoty
pro Monat aus der Kasse der Sozialfürsorge der Gemeinde, die für die Allerärmsten bestimmt
ist. Jetzt hat Czerniakow112 ein Rundschreiben verschickt, dass sie in keiner Institution der
Gemeinde mehr empfangen werden darf.113

110 GŻ/38/2/1940.
111 GŻ/44/2/1940.
112 Gemeint ist Adam Czerniakow (1880 –1942), der Vorsitzende des Judenrates.
113 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 386.
IV. Teatr Eldorado 77

In der Gazeta Żydowska finden sich zwei Artikel, die über Frau Judtowa berichten. Zum
einen ein in übelster „Stürmermanier“ geschriebener Text mit der Überschrift „Miss des
Jüdischen Stadtteils,“ der im März 1942 veröffentlicht wurde:

Miss Dzielnicy Żydowskiej


Man kennt sie im jüdischen Viertel. Gierig nach schnellem Geld, nichts lässt sie aus. Eine
Schmarotzerin. Sie ist wie der berühmte Kuckuck, der seine Eier in fremde Nester legt. Sie
täuscht alle mit ihren angeblichen Verbindungen und ihren vorgeblichen Beziehungen. Bis vor
kurzem agierte sie hier und dort, in der Gemeinde, im Versorgungs- und Wohnungsamt. Überall
schlich dieses abscheuliche, schamlose und dreiste Frauenzimmer herum. Jetzt jedoch bekam
sie ein paar hinter die Ohren. Ihre „Beziehungen“ verboten ihr aufs schärfste, jemals noch die
Schwellen ihrer Büros zu übertreten. Dazu wurden ihr ihre zahlreichen Konzessionen entzogen.
Dies soll eine deutliche Warnung für alle Giftpilze im jüdischen Viertel sein, die in unseren
Zeiten so ausgerottet werden müssen wie die Läuse und zwar schon dann, wenn sie als Nissen
in Erscheinung treten. Denn wenn aus ihnen Läuse werden, ist der Schaden riesengroß.114

Zum anderen erschien unter der Rubrik „Tagesereignisse“ eine Nachricht mit der Über-
schrift „Dokumentendiebstahl:“

Bei der Einmündung der Gęsia- in die Smocza-Straße wurde Regina Judtowa (Leszno 42)
ihr Muff entrissen, in dem sich wichtige Dokumente wie Empfehlungen, Ausweise usw. be-
fanden.115

Als in der Nacht vom 18. auf den 19. April 1942 untereinander konkurrierende Gestapo-
abteilungen jüdische Mitwisser und Kollaborateure liquidierten, d.h. erschossen, vermutete
Ringelblum auch Frau Judtowa unter den Ermordeten: „Endlich wurde dem Tun dieser
abscheulichen Erpresserin, Hochstaplerin und Betrügerin ein Riegel vorgeschoben“116. Er
musste aber später bedauernd feststellen: „Die Nachricht vom Tod der Frau Judtowa er-
wies sich leider als falsch.“117 Ihrer drohenden Verhaftung im Juni 1942 entzog sich Frau
Judtowa durch die Flucht auf die „arische Seite.“118

2. ZUM SPIELPLAN

Gespielt wurden Melodramen, volkstümliche Operetten, Volksstücke und Komödien, Stücke,


die in der Art von Fließbandstückschreibern wie Josef Latajner und Eliakum Zunzer119
verfasst waren und ausverkaufte Vorstellungen garantierten, Stücke, die bereits in der
Vorkriegszeit „trotz der Konkurrenz anspruchsvoller Theaterensembles und trotz einer

114 GŻ/27/3/1942.
115 GŻ/51/2/1942.
116 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 386.
117 Ebd., 403.
118 Barbara EnGElkinG, Getto Warszawskie, 246.
119 Fließbandautoren sentimentaler Gedichte und Melodramen in jüdischer Sprache.
78 IV. Teatr Eldorado

unbarmherzigen Pressekampagne“120 mit großem Erfolg gegeben wurden. Dass dies aller-
dings für das Eldorado nicht generell gilt, zeigt die Auswahl von Autoren wie Szolem
Alejchem, dem „jüdischen Mark Twain,“ bekannt als Autor von Anatevka, Jakub Gordin,
dem großen Reformator des jüdischen Theaters, und Zalman Zylbercwajg, Theaterautor
humoristischer Sketche und Verfasser des sechsbändigen Leksikon fun Yidishn Teater
[Lexikon des jiddischen Theaters], deren Texte zur Aufführung gebracht wurden.
Die weiteren Stücke, eben die Melodramen, Volksoperetten usw., galten als nicht be-
sonders anspruchsvoll. Die letzte Premiere wiederum, Der Dorfs Jung von Leon Kobryn
in der Regie von Maks Wiskind, war dann nach Meinung von Ruta Sakowska die „künst-
lerische Rehabilitation dieses Theaters“121, nach Barbara Engelking „die erste ambitio-
nierte Inszenierung“122, nach Turkow „[Der Dorfs Jung] der erste und letzte gelungene
Versuch im Mai-Juni 1942“123, und „Sewer“ kommentierte in der Gazeta Żydowska vom
28. Juni 1942:

Wie berechtigt war die Angst, mit diesem ernsthaften Stück die breite Schicht, die nach Unter-
haltung gierende Zuschauerschaft nicht erreichen zu können? Offensichtlich war die Angst un-
begründet. Der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal war der beste Beweis, dass es wert ist,
Theater auf hohem Niveau zu spielen, dass es wert ist, ein Repertoire von wahrhaftiger Be-
deutung zu präsentieren, damit das Publikum nicht das Theater, sondern das Theater das Pub-
likum erziehe.124

Zu sehen waren im Eldorado125: In Rejdł (Revue); Di mazeldyke chasene von Zelig Kal-
manowicz (die Tochter verliebt sich in den falschen Mann, Vater und Mutter sind dagegen,
lassen sich aber umstimmen); Dus Dorfs Mejdł von J. Majzel (Mädel vom Dorf erlebt die
schwülstigen Lügen der Stadtleute); Komediantki von H. Lewi (Mutter stirbt, Vater geht
nach Amerika und lässt die Tochter beim Onkel, der setzt das Kind aus, der Vater macht
in Amerika Karriere und wird Filmproduzent, kommt zurück, schließlich Happy End
in Hollywood); Rywkełe dem Rebens von Zelig Kalmanowicz; Cipe fun Nowolipe von
Igor S. Korn-Teuer (einfaches Mädel aus dem Viertel segelt mit seinem Onkel Symche-
Wesusem über den Ozean, beide treffen dort auf die Dollarfritzen, schließlich triumphie-
ren offenherzigkeit und Schlichtheit); A hajm far a mame von Zelig Kalmanowicz; Unzer
Rebeniu von I. Frejman (Cipka, die äußerst entzückende Tochter des Müllers Zelman, ver-
liebt sich unsterblich in einen jungen und Liebreiz verströmenden Rabbi, der von allen nur
Unser Rabbi genannt wird); Farkojfte neszumes von Ajb Lang (junges Mädchen kommt
auf die schiefe Bahn und findet seine Mutter im Bordell); Icykł Szołtyk von Izio Steinberg;

120 Ruta sakowska, Menschen im Ghetto, 151


121 Ebd., 152.
122 Barbara EnGElkinG, Getto Warszawskie, 598.
123 Jonas turkow, C’était ainsi, 179.
124 GŻ/76/2/1942.
125 Wenn nicht anders erwähnt, stammen alle Zitate aus Kritiken von Herman Czerwiński.
IV. Teatr Eldorado 79

Dus Kabaret Mejdł von Zelig Kalmanowicz (auf seine Frau eifersüchtiger Mann bringt
das geliebte Kind beider um und begeht dann Selbstmord); Di grine kale126 von A. Angel;
Di Inge Rebecn von S. Goldberg (miteinander verflochtene und verwobene humoristi-
sche Episoden); Gasnkind von A. Sigal; Wus majdłech darfn wisn! (typisches Melodram
aus dem Volkstheaterrepertoire); Git mir ub mein harc127 von Nachber; Cypke Fajer von
J. Sigal; Di freiliche Mechutonim von Zelig Kalmanowicz (Schustersohn mit Ambitio-
nen verliebt sich in schöne Schneidertochter); Godzina przed ślubem128 von A. Sigal (un-
glückliche Liebe des Sohnes von Albert, einem ehemals sehr vermögenden Mann, zu
Sona, der Hausbediensteten, die Prostituierte wird und schließlich vor Gericht wieder auf
ihre alte Liebe, den Sohn von Albert, trifft, der jetzt Richter ist); Der Dorfs Jung129 von
Leon Kobryn.
Zusammengefasst: 18, d. h. nahezu alle der im Eldorado zur Premiere gekommenen
Stücke, können – nimmt man die Beurteilung von Herman Czerwiński zum Maßstab –
der „leichten, auf das Eldoradopublikum zugeschnittenen Unterhaltung“ zugeordnet
werden, während zwei einer „gehobenen Stückequalität“ zugerechnet werden (In Rejdł
und Dorfsjung).

3. DIE LEITUNG

Symcha Ryba und Meier Winder; Künstlerische Leitung: Ajzyk Samberg (bis August
1941); Musikalische Leitung: Arnold Wolsztejn.
Konzessionsinhaberin: Regina Judtowa.

4. DAS SCHAUSPIELENSEMBLE

Am Eldorado spielten 34 Schauspieler und Schauspielerinnen und übernahmen 149 Rol-


len. Von diesen 34 Schauspielern wurde keiner in allen Stücken besetzt: fünf und mehr
Engagements hatten 15 Darsteller, zwei bis vier Engagements zehn Darsteller, und nur
einmal erwähnt wurden neun.130

126 Keine Kritik gefunden.


127 Keine Kritik gefunden.
128 GŻ/61/2/1942; Kritik von Z.
129 GŻ/73/2/1942 Kritik von Sewer.
130 Außer Acht gelassen wurde die letzte Vorstellung am Eldorado (Der Dorfsjung), da die Laufzeit
von Premiere bis Beginn der Liquidierung des Ghettos nicht zu ermitteln war.
80 IV. Teatr Eldorado

5. DER STAR

Star des Eldorado war zweifelsohne die hervorragende Schauspielerin Regina Cukier, die
mit ihrem Spiel, Gesang und Tanz das Publikum begeisterte und die in der Vorkriegspresse
auf Grund ihrer Rollen in den Volksstücken als „Königin der Schmiere“ verrissen wurde,
was ihrem Ruhm im allgemeinen und ihrer Beliebtheit im Ghetto zu Recht jedoch kei-
nerlei Abbruch tat. Regina Cukier spielte in elf Stücken am Eldorado sowie in zweien im
Femina (in Szafa gra wird sie als Gast erwähnt, bei Od gminy do feminy als Ensemblemit-
glied) und stand mit 473 gespielten Aufführungen an der Spitze des Eldorado-Ensembles.
Von der Eröffnungsvorstellung am 6. Dezember 1940 bis zum 2. Juni 1941 war sie in
jedem Stück besetzt.
Auffallend ist, dass Regina Cukier nur in Stücken spielte, bei denen ihr Mann Karl
Cymbalist Regie führte und er dabei in fünf Stücken zusammen mit ihr auf der Bühne
stand. Nach fünf Premieren in Folge, wobei Regina Cukier an 179 Kalendertagen immer-
hin 204 (!) Auftritte absolvierte (eingerechnet die zusätzlichen Samstagsvorstellungen),
kehrten beide dem Eldorado den Rücken und wurden am 3. Juni 1941 mit einer Vorstel-
lung von Rywkełe dem Rebens verabschiedet. Vom 4. Juni bis 17. September 1941, also
etwas mehr als zweieinhalb Monate, konnten keine Engagements weder für sie noch für
Karl Cymbalist ermittelt werden.
Warum sie das Eldorado verließen, ist nicht bekannt, sei es aus in Theatern gern ge-
übten Praktiken wie Intrigen, gnadenlosem Konkurrenzkampf, verbunden mit Fragen
der Besetzung, d. h. mit Gage oder Machtspielchen, sei es aus Arbeitsüberlastung, Berufs-

Abb. 17: Teatr Eldorado Ensemble.


IV. Teatr Eldorado 81

müdigkeit oder Krankheit – man weiß es nicht, auch nicht, mit was für Tätigkeiten sich
Regina Cukier und Karl Cymbalist in dieser Zeit über Wasser hielten.
Nach einer Auftrittspause von 10 Wochen hatte sie wieder ein Engagement im Femina
(Szafa gra und Od gminy do feminy), was in der Gazeta Żydowska mit der Schlagzeile an-
gekündigt wird: „Sensation des neuen Programms im Theater Femina wird zweifellos der
Auftritt der äußerst bekannten und beliebten Schauspielerin Regina Cukier sein, die sich
dem Publikum mit einem völlig neuen Programm präsentieren wird“. Herman Czerwiński
kommentiert in der Gazeta Żydowska vom 18. August 1941:

Regina Cukier im Femina


Nach einer längeren Pause zieht es die bekannte jüdische Künstlerin Regina Cukier, eine der
besten Vaudevilledarstellerinnen, jetzt wieder auf die Bühne des Femina. „Während meiner
Theaterpause wurde hinter den Kulissen auch schon davon gesprochen, dass ich mich vom
Theater zurückziehen würde.“ Und plötzlich, mit lauter Stimme: „Niemals werde ich mich
vom Theater trennen und ich will, dass das alle hören.“ Und in der Tat genießt Frau Cukier
einen ausgezeichneten Ruf in der Theaterszene, zumal sie bereits in vielen Theatern Europas
und Amerikas zu sehen war. Ihr Fach sind jüdische Lieder und Tanz, aber an erster Stelle steht
die Verbreitung von Humor. Frau Regina Cukier bringt besonders gerne einfache jüdische, auf
dem Land gesungene Volkslieder, von denen sie ein ganzes Repertoire ihr Eigen nennt, sie hat
sich ganz der Folklore verschrieben. Sie möchte, wenn sie jetzt im Femina auftritt, sich als
typische jüdische Liedersängerin präsentieren. „Ich will, dass das Publikum mich auch auf der
Bühne kennenlernt.“ Bei dieser Gelegenheit erfahre ich von Frau Cukier, dass ihr Repertoire
Originalstücke sind, die von bekannten Autoren verfasst wurden.
Plötzlich ein Zeichen vom Inspizienten. Frau Cukier eilt auf die Bühne, lächelnd und heiter,
sie tanzt und singt, sie ist die Attraktion des Abends. Sie ist eben Regina Cukier.
H. Cz.131

Es ist schon auffallend, dass Regina Cukier diese „Spielpause“ nicht durch ein Engage-
ment am Eldorado beendete, sondern am Femina. Allerdings ging sie nach der Dernière
von Od gminy do Feminy wieder zurück ans Eldorado, wo sie unter der Regie ihres Man-
nes weitere sechs Stücke in Folge spielte.
Anzumerken ist auch, dass die Stücke, in denen Regina Cukier vor ihrer „Spielpause“
auftrat, es durchschnittlich nach Premiere auf 40 Aufführungen, die in der „Spielpause“
auf 30 Aufführungen und die nach dem Wiederengagement auf 35 Aufführungen brachten.

6. DIE KOLLEGEN

Ewa Sztokfeder spielte über die gesamte Spielzeit des Eldorado in elf Stücken und hatte
354 Vorstellungen; Symcha Rozen spielte in elf Stücken mit 345 Vorstellungen; Maks
Bryn spielte in 331 Vorstellungen zehn Stücke; Pola Rozen war in neun Stücken mit 319
Vorstellungen besetzt; Jakub Grynszpan hatte 291 Vorstellungen in acht Stücken; Fela
Garbarz, die im Vorkriegspolen als Schauspielerin in jüdischen Filmen und Theatern zu

131 GŻ/72/2/1941.
82 IV. Teatr Eldorado

Ruhm gelangt war, spielte acht Stücke mit 290 Vorstellungen; Szlomo Kutner war in 201
Vorstellungen in acht Stücken zu sehen; Dawid Birenbaum, der schon Mitte 1940 mit der
Kabarettruppe Pięć wesołych chwatów (Die fünf lustigen Heiratsvermittler) Auftritte im
Melody Palace hatte, spielte mit einer Unterbrechung sieben Stücke (275 Vorstellungen)
in der Zeit vom 6. Dezember 1940 bis 9. Juli 1941, ging dann für drei Stücke ans Melody
Palace und kehrte anschließend wieder ans Eldorado zurück, wo er noch in zwei Stücken
mit 56 Aufführungen zu sehen war; Irena Welisz spielte in acht Stücken 274 Vorstellun-
gen; Abram Kurc war in acht Stücken in 259 Auftritten zu sehen; Karl Cymbalist war
neben seinen Regiearbeiten in sechs Stücken mit 200 Vorstellungen auf der Bühne zu
sehen; Harry Zajderman spielte vom 6. Juni 1941 bis 31. August 1941 in drei Stücken,
stand dann von September 1941 bis März 1942 im Melody Palace in drei Stücken auf der
Bühne, ging nach der Dernière von Di freiliche kabcunym wieder zurück ans Eldorado
und spielte dort noch in drei Stücken; am Eldorado spielte Harry Zajderman insgesamt in
sechs Stücken (153 Vorstellungen); Fela Jawerbaumówna spielte in fünf Stücken mit 149
Vorstellungen; Symcha Fostel war vom 6. Juni 1941 bis 9. Juli 1941 in drei Stücken in
Folge im Engagement, spielte dann vom 5. September bis 22. Oktober im Melody Palace
in zwei Stücken, ging wieder zurück ans Eldorado, spielte dort in Dus Kabaret Mejdł, um
schließlich im Teatr Nowy Azazel in acht Stücken auf der Bühne zu stehen. Im Eldorado
spielte er insgesamt in vier Stücken (128 Vorstellungen). Józef orensztejn hatte sein erstes
Engagement am Femina, wo er in Batalion humoru 37 Vorstellungen spielte, nach der
Dernière ging er ans Eldorado und war dort für fünf Stücke engagiert, in denen er es auf
107 Vorstellungen brachte; Dawid Zajderman stand vom 6. Juni 1941 bis 31. August 1941
in drei Stücken mit 98 Vorstellungen in Folge auf der Bühne des Eldorado und wechselte
nach seiner Abschiedsvorstellung mit A jam fun fargenigen ans Melody Palace; Chana
Lerner spielte am Eldorado drei Stücke und bestritt 98 Vorstellungen, um dann nach der
Abschiedsvorstellung von A jam fun fargenigen ans Melody Palace zu gehen; Dora Fakiel
war in drei Stücken besetzt und hatte 81 Vorstellungen; Naomi Natan war in drei Stücken
in 71 Vorstellungen zu sehen; Jochewet Zylberg spielte in drei Stücken in insgesamt 93
Aufführungen; Symcha Szeftel spielte 69 Vorstellungen in zwei Stücken; Hersz Balbirski
spielte im Eldorado Rywkełe dem Rebens (Premiere 2. Mai 1941) und nach zweimonati-
ger Pause Unzer Rebeniu (Premiere 8. August 1941), hatte 65 Vorstellungen, um dann
ans Teatr Nowy Azazel zu wechseln, wo er in vier Produktionen zu sehen war; Estera
Goldenberg spielte in zwei Stücken und hatte 40 Vorstellungen; Meier Winder, Direktor
des Eldorado, spielte Mitte der Spielzeit 1941 in Di Inge Rebecn (39 Vorstellungen) wie
auch 1942 im letzten Stück des Eldorado, Dorfsjung.

Jeweils für ein Stück engagiert waren:

Żak Lewi (In Rejdł) 46 Vorstellungen; Adam B. Uberman (In Rejdł) 46 Vorstellungen;
Pinek Wicher (Komediantki) 45 Vorstellungen; Igor S. Korn-Teuer, Autor von Cipe fun
Nowolipe stand in eben diesem Stück auch auf der Bühne und hatte 39 Vorstellungen;
Maria Kajzerowicz spielte in Rywkełe dem Rebens und hatte 38 Vorstellungen; Bołesław
IV. Teatr Eldorado 83

Norski-Nożyca hatte ein Engagement in Wus majdłech darfn wisn! mit 38 Vorstellungen;
Muni Ler spielte ein Stück (Farkojfte neszumes) und war in 24 Vorstellungen zu sehen;
Józef Najwert spielte in Dorfsjung; A. Wolfowicz (In Rejdł) 46 Vorstellungen; Ajzyk Sam-
berg (In Rejdł) 46 Aufführungen; Szlomo Kon (Dorfsjung).
Am 2. September 1941 verließen nach ihrer Verabschiedung mit dem Stück A jam
fun fargenigen Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symcha Fostel das Eldorado. Chana
Lerner, ihr Gatte Dawid Zajderman und Sohn Harry Zajderman wechselten zusammen
mit Symcha Fostel zum Melody Palace, das am 5. September mit der Premiere des Stücks
Di Idysze Chasene eröffnete. Im Gegensatz zu Chana Lerner und Dawid Zajderman,
die am Melody Palace blieben, gingen Harry Zajderman und Symcha Fostel wieder ans
Eldorado zurück. Symcha Fostel ging dann nach Dus Kabaret Mejdł ans Azazel, wo er in
acht Stücken zu sehen war.
Ein Großteil der Stücke im Eldorado waren traditionelle jüdische Komödien und Melo-
dramen („Schmonzetten“) und wurden in der Regel mit Rollenfächern wie „jugendlicher
Liebhaber und Naturbursche,“ „komische Alte,“ „tragische Liebhaberin und Heldin“
besetzt, und da diese Rollentypen eben in den jeweiligen Stücken gefordert waren,
wurden sie auch stets mit denselben Schauspielern besetzt. Das heißt, das Ensemble
musste die wichtigsten Rollenfächer bedienen, die restlichen Rollen wurden mit Gäs-
ten abgedeckt. Geht man von der Annahme aus, dass man von der Zugehörigkeit zu
einem festen Ensemble sprechen kann, wenn die Schauspieler in mehr als der Hälfte der
Stücke innerhalb der Spielzeit besetzt waren und keine Gastverpflichtungen an anderen
Theatern hatten bzw. überwiegend am Haus beschäftigt waren, so bestand das Ensemble
des Eldorado aus folgenden 13 Schauspielerinnen und Schauspielern: Regina Cukier,
Symcha Rozen, Ewa Sztokfeder, Maks Bryn, Pola Rozen, Fela Garbarz, Jakub Gryszpan,
Abram Kurc, Szlomo Kutner, Irena Welisz, Dawid Birnbaum, Karl Cymbalist und Harry
Zajderman.
Für mehrere Stücke engagierte Gäste waren folgende sieben Schauspielerinnen und
Schauspieler: Fela Jawerbamówna, Józef orensztejn, Symcha Fostel, Jochewet Zylberg,
Chana Lerner, Dawid Zajderman, Naomi Natan. 15 weitere Gäste waren mit nur einem
Engagement Teil des Eldorado-Ensembles.

7. DIE REGIE

Hausregisseur des Eldorado war Karl Cymbalist, Gatte von Regina Cukier, der bei 11
der 20 gespielten Stücke Regie führte. Die übrigen Regiearbeiten übernahmen Dawid
Zajderman (3), Szlomo Kutner (3), Symcha Rozen (1) und Maks Wiskind (1). Auffallend
ist, dass außer Maks Wiskind alle Regisseure auch in Stücken, bei denen sie Regie führten,
Rollen übernahmen: Karl Cymbalist in fünf von elf seiner Regiestücke, Dawid Zajderman
in allen seiner Stücke (Hauptrolle in Unzer Rebeniu), Szlomo Kutner in zwei von drei und
Symcha Rozen in seinem Regiestück.
84 IV. Teatr Eldorado

8. DIE AUTOREN

Texte für fünf Stücke stammen aus der Feder von Zelig Kalmanowicz (Di mazeldyke cha-
sene, Rywkełe dem Rebens, A hajm far a mame, Dus Kabaret Mejdł, Di freiliche Mechu-
tonim); drei sind von A. Sigal (Gasnkind, Cypke Fajer, Godzina przed ślubem); die wei-
teren Autoren waren A. Angel (Di grine kale); I. Frejman (Unzer Rebeniu); S. Goldberg
(Di Inge Rebecn); Leon Kobryn (Dorfsjung); Igor S. Korn-Teuer (Cipe fun Nowolipe);
Ajb Lang (Farkojfte neszumes); H. Lewi (Komediantki); J. Majzel (Dus Dorfs Mejdł);
Nachber (Git mir ub mein harc); Szolem Alejchem (In Rejdł) und Zalman Zylbercwajg
(In Rejdł).

9. DIE MUSIKER

Wie bereits erwähnt, waren die meisten Stücke im Eldorado Musikstücke – Revuen,
Volksoperetten und musikalische Komödien, also recht aufwendige Produktionen, die ein
Orchester, Arrangements und einen Dirigenten erfordern. Bei den Angaben zu „Musik“ in
der Gazeta Żydowska ist meist nur indirekt zu ermitteln, ob es sich hierbei um Komponist,
Arrangeur oder Dirigent – oder alles zusammen – handelt. Bei vier Stücken wurden Kom-
positionen von Szymon Sekunda genommen, für Komediantki, Cipe fun Nowolipe, Icykł
Szołtyk und Wus majdłech darfn wisn! Szymon Sekunda emigrierte im Alter von 13 Jahren
mit seiner Familie in die USA. Am bekanntesten ist wohl sein weltberühmtes „Bei mir bist
du schön,“ dessen Rechte er für einen Dollar verkaufte. Daneben komponierten die Musik
für Unzer Rebeniu D. Rechtcejt und für Dus Dorfs Mejdł J. Somer.
Der musikalische Leiter des Eldorado, Arnold Wolsztejn, zeichnete für acht Stücke
verantwortlich (wahrscheinlich hatte er die musikalische Leitung für alle Stücke) und wird
bei A hajm far a mame ausdrücklich auch als Komponist erwähnt, wobei bei zwei Stücken
(In Rejdł und Di mazeldyke chasene) auch Gladsztejn und Ajzensztadt unter Musik an-
geführt werden. Vermutlich handelt es sich hier um Izrael Gladsztejn, Chorleiter und
Dirigent, sowie um Dawid Ajzensztadt, Dirigent und Chorleiter des Synagogenchors.
Prof. Icchak Zaks, Leiter des Volkschores, dirigierte Git mir ub mein harc, Cypke Fajer
und Der Dorfsjung.

10. DIE TÄNZERINNEN

Choreographin und Leiterin der Ballettcompagnie des Eldorado war Irena Prusicka, die
im Vorkriegswarschau eine der drei größten privaten Tanzschulen leitete und dort u. a.
mit Franciszka Mannówna, Wiera Gran und Stefania Grodzieńska arbeitete. Im Eldorado
ist sie bei allen Stücken, die Musik und Tanz beinhalten, als Choreographin und Chefin
der Tanztruppe erwähnt. Von den Tänzerinnen ist wenig bis gar nichts bekannt, ledig-
lich Ina Holska in Komediantki und Estera Milsztejn in In Rejdł werden als Solistinnen
genannt.
IV. Teatr Eldorado 85

11. DER BÜHNENBILDNER

Zuständig für Bühnenbild und Ausstattung im Eldorado war Aleksander Liberman. Von
der Gazeta Żydowska hochgelobt zeichnete er auch für die meisten Bühnenbilder in den
anderen Theatern im Ghetto.

12. DIE BILANZ

Betrachtet man Laufzeiten und Zahl der Aufführungen von Stücken als Gradmesser für
Erfolg bei Publikum und Kasse (nach der Faustregel: je länger die Laufzeit, desto erfolg-
reicher das Stück), ergibt sich für das Eldorado folgendes Bild: im Durchschnitt lief im
Eldorado ein Stück 32 mal. Die ersten vier Stücke, die in der Zeit von Dezember 1940 bis
einschließlich April 1941 zur Premiere kamen, standen im Schnitt 41 mal auf dem Spiel-
plan, also weit über dem Durchschnitt der Gesamtspielzeit. Anzumerken ist, dass diese
Stücke sozusagen konkurrenzlos bis April/Mai liefen, da das Azazel erst am 6. Mai 1941
seine Spielzeit eröffnete.
Die Kassenfüller am Eldorado waren mit mehr als 40 Vorstellungen die Eröffnungs-
vorstellung In Rejdł, die dritte Premiere mit Dus Dorfs Mejdł und Gasnkind, das am 21.
Januar 1942 Premiere hatte. Das letzte zur Premiere gebrachte Stück war Dorfsjung.
In der Zeit von Januar bis Dezember 1941 lag der Schnitt bei Stücken, die in dieser
Zeit Premiere hatten, bei 34 Vorstellungen, von Januar bis Juni 1942 bei 28 Vorstellun-
gen, also unter dem Durchschnitt von 1941. Dieses Ergebnis beruht auf dem Einbruch
bei zwei Stücken, nämlich Git mir ub mein harc mit 17 Vorstellungen und Cypke Fajer
mit lediglich sechs Vorstellungen, was nicht so ganz erklärbar ist, zumal der Titel doch
vielversprechend klingt.
Die 1941 und 1942 gespielten Stücke hatten jeweils einen Schnitt von 35 Vorstellun-
gen. Es gab also im Eldorado keine generelle Tendenz, dass gegen Ende der Ghettozeit
trotz der immer brutaler werdenden Lebensumstände die Stücke signifikant schlechter
besucht waren. Bemisst man den Erfolg des Eldorado an gespielten Vorstellungen pro
Stück, so zeigt sich, dass unter der künstlerischen Leitung Ajzyk Sambergs (bis August
1941) und auch danach eine solide, wenn auch auf Grund der Stückauswahl gern ge-
schmähte, auf den Publikumsgeschmack ausgerichtete erfolgreiche Spielplangestaltung
betrieben wurde.
Gespielt wurden im Eldorado eine Revue, zehn Komödien bzw. Tragikomödien (fast
alle mit Musik), sechs Melodramen und drei Volksstücke (Kleinoperetten).
In der Gazeta Żydowska erwähnt wurde das Teatr Eldorado 81 mal – 18 Kritiken,
35 redaktionelle Beiträge und 28 Anzeigen. Premiere des letzten Stücks Der Dorfs Jung
von Leon Kobryn war am 21. Juni 1942, einen Monat vor Liquidierung des Ghettos.
86 IV. Teatr Eldorado

13. DAS REPERToIRE 1940/1941/1942*

Stück Premiere Dernière Vorstellungen Presse/Kritik

In Rejdł 06.12.1940 15.01.1941 46 GŻ/44/2/1940

Di Mazeldyke Chasene 17.01.1941 12.02.1941 34 GŻ/6/3/1941

Dus Dorfs Mejdł 14.02.1941 25.03.1941 46 GŻ/15/3/1941

Di Komediantke 28.03.1941 30.04.1941 39 GŻ/27/3/1941

Rywkełe dem Rebns 02.05.1941 02.06.1941 38 GŻ/39/3/1941

Cype fun Nowolipie 06.06.1941 09.07.1941 39 GŻ/50/2/1941

A hajm far a mame 11.07.1941 06.08.1941 31 GŻ/61/3/1941

Unzer Rebeniu 06.08.1941 31.08.1941 27 GŻ/70/2/1941

Farkojfte neszumes 03.09.1941 24.09.1941 23 GŻ/84/2/1941

Icykł Szołtykł 26.09.1941 22.10.1941 31 GŻ/98/3/1941

Dus Kabaret Mejdł 24.10.1941 12.11.1941 23 GŻ/106/3/1941

Di grine Kale 14.11.1941 15.12.1941 35 keine gefunden

Di Inge Rebecn 17.12.1941 19.01.1942 39 GŻ/125/2/1941

Gasnkind 21.01.1942 25.02.1942 41 GŻ/10/2/1942

Wus Majdłech Darfn Wisn! 27.02.1942 30.03.1942 37 GŻ/25/2/1942

Git mir ub mein harc 01.04.1942 15.04.1942 17 keine gefunden

Cypke Fajer 17.04.1942 21.04.1942 6 GŻ/45/2/1942

Di freiliche Mechutonim 23.04.1942 22.05.1942 34 GŻ/51/2/1942

Godzina przed ślubem 24.05.1942 19.06.1942 30 GŻ/61/2/1942

Der Dorfs Jung 21.06.1942 unbekannt unbekannt GŻ/73/2/1942

* Die Zahl der Aufführungen kann in einigen Fällen abweichen, da in der GZ Dernieren-,
in manchen Fällen auch Premierentermine nicht immer als solche ausgewiesen oder auch
unkorrekt datiert sind. (Anmerkung der Herausgeberinnen).
IV. Teatr Eldorado 87

14. ExTRAVoRSTELLUNGEN TEATR ELDoRADo

Stück Datum, Uhrzeit Presse/Kritik

O 12-tej w Eldorado 22.03.1941, GŻ/29/3/1941


Um 12 im Eldorado 12.00 Uhr Matinee

Parada przebojów 13./14.04.1941, GŻ/29/3/1941


Schlagerparade 12.15 und 15.00 Uhr

Großer Benefizabend Regina Cukier 16.04.1941, GŻ/34/3/1941


17.30 Uhr

Abschiedsvorstellung Regina Cukier 06.06.1941 GŻ/43/8/1941

25-jähriges Bühnenjubiläum M. Winder 06.08.1941 GŻ/64/2/1941

Abschiedsvorstellung von Lerner, 02.09.1941 GŻ/78/5/1941


Zajderman und Fostel

Farkojfte Neszumes 07.10.1941, GŻ/94/5/1941


12.00 Uhr Matinee

Jubiläumsveranstaltung Eldorado 17.12.1941 GŻ/128/5/1941


Ein Jahr jüdisches Theater

Kolorowy szum – Gastspiel 10.02.1942 GŻ/5/2/1942


Kinderensemble Niebieskie Pisklęta GŻ/5/3/1942

Matinee Arnold Wolsztejn 21.03.1942 GŻ/38/2/1942

Benefiz Regina Cukier 06.05.1942 GŻ/61/2/1942


88 IV. Teatr Eldorado

15. STÜCKE

15.1 In Rejdł
[pl. W kółeczku; dt. Im Kreise]

Autor/Texte: Arnold Wolsztejn [Prolog]; Szolem Alejchem; Zalman Zylbercwajg [„W


Hotelu“]; Rajzelman [„Prezent dla ojca“]; Jakub Mikhailovich Gordin; Moische Kulbak
[„Wesele“]; Papiernikowa [„Hora“]
Regie: Ensemble
Stück: Große musikalische Revue in zwei Teilen (14 Bilder)
Premiere: Freitag, 06.12.1940
Dernière: Mittwoch, 15.01.1941
Aufführungen: 46
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags und sonntags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Dawid Birenbaum; Regina Cukier; Abram Kurc; Szymon Kutner;
Ewa Sztokfeder; Jochewet Zylberg [„Wierze“ und „Szczęście“]; Maks Bryn; Żak Lewi
[„Karciarze”]; Symcha Rozen; Pola Rozen; Adam B. Uberman; A. Wolfowicz [„Azra“];
Ajzyk Samberg; Estera Goldenberg [„Wesele,“ „Hora“]; Józef Brojtman
Musik: Arnold Wolsztejn [Prolog]; Leopold Rubinsztajn [„Azra“]; Chor der Schlager-
sänger; Dawid Ajzensztadt; Izrael Gladsztejn, Izrael Fajwiszys u.a.
Musikalische Leitung: Arnold Wolsztejn
Choreographie/Tanz: Estera Milsztejn; Irena Prusicka
Presse: Kritik GŻ/44/2/1940; Redaktion GŻ/38/2/1940; Anzeige GŻ/42/11/1940; Anzeige
GŻ/44/11/1940

GŻ/44/2/1940
Freitag, 20.12.1940
In Rejdł
Den Vorhang hoch!
Theater Eldorado (Dzielna-Straße 1)
In Rejdł [Im Kreise] in 2 Teilen (14 Bilder)
Nach längerer, besser nach sehr langer Pause belebten sich die Mauern des früheren, äußerst
populären Theaters Scala in der Dzielna-Straße wieder, das heute – unter dem verlockenden
Namen Eldorado – mit einer Revue seine Tore dem „jüdischen Viertel“ öffnete…
Mit großem Interesse, ja mit einem gewissen Lampenfieber, warten wir eine Weile, bis
schließlich der Vorhang hoch geht… Und wieder – wie einstmals erscheinen jüdische Schau-
spieler auf der Bühne und werden vom Publikum mit lang anhaltendem Beifall bedacht. Wir
alle sind in einem freundlich fröhlichen, vor Leben, Elan und Temperament pulsierenden In
Rejdł – W kołeczku.
Dieses Rädchen, das vor unseren Augen wie ein Film in 14 Bildern abrollt, erobert jeden
Abend im ausverkauften, sehr ästhetisch eingerichteten Saal des Eldorado Herzen und
Hände (Brawa) des Publikums. Und wir haben ein Potpourri all dessen, was Revue beinhaltet,
was sie kann und soll, dazu hervorragende Einfälle und durchdachte Regie. Humor, Gesang,
gesprochenes Wort, Tanz. Folgen wir also dem Programm. Sehen und hören wir, wie es aus
IV. Teatr Eldorado 89

sieht und aus was es ist, dieses „jüdische Rädchen“…


In Rejdł beginnt mit einem gut ausgearbeiteten Prolog, Text und Musik A. Wolsztejn
(Ensemble und Chor der Schlagersänger). Kurz danach präsentiert Herr A. Wolfowicz mit
schönem Timbre „Azra“ (Musik von Rubinsztajn). Nach einigen da capos bestaunen wir einen
chassidischen Tanz und sind bezaubert (hervorragend dargebracht von E. Milsztejn). Wort in
Verbindung mit Musik: Frau J. Zylberg, mit melodiöser Stimme, „Wierze“ und „Szczęście“.
Jack Lewi, allseits bekannt auf „jüdischen Straßen,” routinierter Schauspieler und Rezitator,
selbst auch begabter Literat, gibt „Karciarze“ expressiv und mit großem Ausdruck – eine wahr-
haft dramatische Nummer. Kaum haben wir uns von den tragischen Reminiszenzen eines der
Spielsucht erlegenen Menschen erholt, lachen wir wieder über den einfach gestrickten, viel-
leicht auch altmodischen, aber dennoch unterhaltsamen Einakter Prezent dla Ojca (Komödie in
einem Akt von Rajzelman), in dem sich ein glänzendes Feld auszuzeichnen weiß: A. Samberg,
E. Goldenberg, D. Birnbaum sowie das hervorragende, Fröhlichkeit versprühende Komiker-
paar E. Sztokfeder und Sz. Kutner. Damit endet auch der erste Teil. Nach fünfminütiger Pause
geht erneut der Vorhang hoch…
Gleich zu Beginn des 2. Teiles erscheint auf der Bühne der große Tragöde, einer der begna-
detsten jüdischen Künstler, der bereits jetzt schon seine Meriten in den Theaterchroniken hat,
der Meister des Wortes, der Geste und des Ausdrucks, Herr A. Samberg. Sein „Pajac“ – in der
Textbearbeitung von I. Gordin – war eine Lektion wahrhaftiger Schauspielkunst. Eine ganze
Symphonie des Lebens: Triumph und Niederlage, Licht und Schatten, Lachen und Tränen,
Resignation und – eine Weile des Ausruhens und dann Nervenzusammenbruch, satanisches
Gelächter, alles, was an der misshandelten Seele des Pajac zerrt, all das zeigte A. Samberg,
dieser Veteran des jüdischen Theaters. Beifallsstürme als Dank für den in jeder Hinsicht her-
vorragend gelungenen Auftritt, die ihn wohl auch ermuntern, weitere Erfolge im Eldorado
zu feiern. Erwähnung verdient auch Frau E. Goldenberg, die mit viel Talent „Wesele“ (Text
M. Kulbak) und „Hora“ (Text Papiernikowa) vortrug. Einige Worte der Anerkennung an die
Adresse des Balletts (das Publikum feierte es mit Bravos). Die Tänzer und Tanznummern ohne
Fehl und Tadel… An dieser Stelle sei gesagt, dass das Eldorado mit Frau Jochewet Zylberg
und den Herren Maks Bryn, Dawid Birenbaum, A. Wolfowicz und J. Brojtman über einen aus-
gezeichneten Schlagersängerchor verfügt.
Nach dieser so farbenfrohen Beschreibung des „kołeczka” steht die von ungewöhnlichem
Humor geprägte und „Stückchen“ sprudelnde erzkomische Komödie W hotelu von Herrn
Zylbercwajg auf dem Programm. Als Zirkus- und Schuldirektor die Herren Sz. Kutner und
M. Bryn. Die typische Rolle des unglücklichen Mathematiklehrers und ständigen Pechvogels,
der durch einen Irrtum in der Patsche landet, gab A. Kurc. Neben ihm waren zu sehen: Pola
Rosen, S. Rosen, J. Zylberg und D. Birenbaum.
In Rejdł ist absolut sehenswert. Der Direktion wünschen wir viel künstlerischen Erfolg, das
Publikum wird dies ohne Zweifel zu schätzen wissen.
Also – wir warten auf weitere Vorstellungen.
H. Cz.

15.2 Di mazeldyke chasene


[pl. Na szczęśliwym ślubie; dt. Die glückliche Hochzeit]

Autor/Texte: Zelig Kalmanowicz


Regie: Karl Cymbalist
Stück: Stück in zwei Akten mit Prolog
Premiere: Freitag, 17.01.1941
90 IV. Teatr Eldorado

Dernière: Mittwoch, 12.02.1941


Aufführungen: 34
Vorstellungen: täglich um 17.45 Uhr, samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
17.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Maks Bryn [Natan Pomeraniec]; Regina Cukier [Dżenka]; Karl Cym-
balist [Verlobter]; Jakub Grynszpan [Welwel]; Szlomo Kutner [Symche; Freund des
Vaters]; Ewa Sztokfeder [Mutter]; Irena Welisz [Nebenrolle]; Pola Rozen
Musik: Dawid Ajzensztadt; Izrael Gladsztejn; Arnold Wolsztejn; M. Elsztejn
Musikalische Leitung/Dirigat: Arnold Wolsztejn
Choreographie/Tanz: Irena Prusicka, Eldorado-Ballett
Bühnenbild/Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/6/3/1941; Redaktion GŻ/11/2/1941; Anzeige GŻ/11/10/1941

GŻ/6/3/1941
Dienstag, 21.01.1941

Di mazeldyke chasene [Die glückliche Hochzeit]


Premiere im Eldorado (Dzielna-Straße 1)
Nach der gelungenen und auf hohem Niveau dargebotenen Revue In Rejdł (W Kołeczku) setzte
die Direktion jetzt ein Stück der beim Publikum äußerst beliebten populären (man kann auch
sagen altmodischen) Gattung Klein-Operette auf den Spielplan. Vielleicht ist es aber auch
gut, wenn die flexible Direktion des Eldorado jetzt eine völlig anspruchslose musikalische
Komödie in zwei Akten mit einem Prolog von Kalmanowicz unter dem Titel Na szczęśliwym
ślubie (Di mazeldyke Chasene) auf die Bühne bringt. Der fröhlichen Unterhaltung wird hiermit
Genüge getan…
Die Tochter des Herrn Natan Pomeraniec (Max Bryn), die ausgezeichnete „à la Zimińska“-
Schauspielerin Frau Regina Cukier, ist auf der Bühne als Dżenka zu sehen. Dżenka verliebt
sich unsterblich gegen den Willen ihres harten Vaters in den groben, keinerlei Kompromisse
kennenden Chauffeur Mordche-Meni (gespielt von Karol Cymbalist). Aber dann verliebt sich
der temperamentvolle, sentimentale und lyrische Welwel (hervorragend interpretiert von Herrn
J. Grynszpan) auch in Dżenka. Weder die Überredungsversuche des Vaters noch die sanften
Worte der Mutter (Frau E. Stockfeder, routinierte Charakterdarstellerin) zeigen Wirkung.
Nichts nutzt. Dżenka liebt ihren Chauffeur. Nach langem vergnüglichem Hin und Her wird
Herr Natan Pomeraniec schließlich mürbe, zumal sich herausstellt, dass der Chauffeur der Sohn
seines Freundes Symcha ist (hervorragend gespielt von Herrn Sz. Kutner). Schließlich gibt Herr
Pomeraniec seinen Segen. Auf Sturm folgt Sonnenschein. Auf der Bühne tobt das Leben. Numa
heiratet Pompilius. Das ganze Ensemble singt und tanzt. Die Gäste vergnügen sich und sind
ausgelassen. Eine im Wortsinn fröhliche Hochzeit.
Die dazu passende Musik lieferte Herr M. Elsztejn. Herr K. Cymbalist führte eine komödien-
angepasste Regie. In Episodenrollen waren zu sehen: Pola Rozen und I. Welisz. Nicht ver-
gessen werden sollen auch Herr Dirigent A. Wolsztejn sowie Herr Liberman, der mit einem sehr
gut durchdachten Bühnenbild das Stück bereicherte. Verschwiegen werden soll aber auch nicht
die bezaubernde und äußerst talentierte Tanztruppe des Eldorado, deren Auftritte sich immer
größeren Publikumszuspruchs erfreuen.
H.Cz.
IV. Teatr Eldorado 91

GŻ/11/2/1941
Freitag, 07.02.1941

Letzte 6 Tage Di mazełdyge chasene im Theater Eldorado


Die Komödie Di mazełdyge chasene wird nur noch bis Donnerstag gespielt. Am Freitag, den
14. Februar hat Premiere: Dus Dorfsmedel mit der hervorragenden Künstlerin Regina Cukier
in der Hauptrolle.

15.3 Dus Dorfs Mejdł (Dus Dorfsmedel)


[pl. Wiejska Dziewczyna; dt. Das Mädel vom Dorf]

Autor: J. Majzel
Regie: Karl Cymbalist
Stück: Komödie in zwei Akten
Premiere: Freitag, 14.02.1941
Dernière: Dienstag, 25.03.1941
Aufführungen: 46
Vorstellungen: täglich um 17.20 Uhr, samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
17.20 Uhr; Ende der Vorstellungen 19.20 Uhr; auch 17.45 Uhr; 13.04. und 14.04. jeweils
zwei Vorstellungen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr zu ermäßigten Preisen
Besetzung/Rollen: Regina Cukier [Gitla]; Jakub Grynszpan [Janka Cygan]; Abram Kurc
[Chaim Szraim]; Symcha Rozen; Dawid Birenbaum; Fela Garbarz; Pola Rozen; Karl
Cymbalist; Ewa Sztokfeder; Maks Bryn
Musik: J. Somer
Musikalische Leitung/Dirigent: Arnold Wolsztejn
Choreographie: Irena Prusicka, Eldorado-Ballett
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/15/3/1941; Redaktion: GŻ/11/4/1941; Anzeige GŻ/11/10/1941; Redakti-
on 13/2/1941; Redaktion: GŻ/15/4/1941; Anzeige GŻ/15/9/1941; Redaktion GŻ/17/4/1941;
Anzeige GŻ/17/4/1941; Redaktion GŻ/19/2/1941; Anzeige GŻ/21/8/1941; Redaktion
GŻ/23/4/1941; Anzeige GŻ/23/10/1941

GŻ/13/2/1941
Freitag, 14.02.1941

Premiere im Theater Eldorado


Heute wird auf der Bühne des Theaters Eldorado die Premiere der hervorragenden Komödie
Dus Dorfsmejdł von J. Mazel stattfinden. In der Titelrolle die ausgezeichnete Regina Cukier.
Erstklassige Besetzung. Die Premiere stößt bereits jetzt auf großes Interesse bei den Liebhabern
des jüdischen Theaters.
92 IV. Teatr Eldorado

GŻ/15/4/1941
Freitag, 21.02.1941
Dus Dorfsmejdł
im Theater Eldorado, Dzielna-Straße 1
Heute wird um 18 Uhr im Theater Eldorado die ausgezeichnete Komödie von Majzel Dus
Dorfsmejdł gegeben. Regie – Karl Cymbalist. In der Hauptrolle ist die bekannte Künstlerin
Regina Cukier zu sehen. Hervorragende Besetzung.

GŻ/15/3/1941
Freitag, 21.02.1941

Dus Dorfs Mejdł


Dritte Premiere des jüdischen Theaters Eldorado in Warschau – Dus Dorfs Mejdł, rekord-
verdächtige Komödie in zwei Akten von J. Majzel. Wenn es nach Inhalt, Musik, Gesang und
Tanz geht. Das alles zu einer Einheit gebracht durch die Kraft des Faktischen muss gefallen
und ist nach dem Geschmack des Theaterpublikums.
Die gut konstruierte Komödie Majzels setzt die „Wahrheit“ des Lebens auf dem Land der
„Lüge“ des Großstadtlebens entgegen. Stadt und Land. Dort falscher Glanz und Großtuerei;
hier das Einfache und Aufrichtige. Dort schwülstige Lügen und verlogene Gleichgültigkeit;
hier die einfache Sprache und wahre Versprechen.
Der reiche Fabrikant Openheim verbringt die Sommerfrische mit seinem Sohn Dolly. In
seine Sommerwohnung kommen die Schwester Openheims, die Großgrundbesitzerin Blum
und deren Tochter Lola. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob Dolly und Lola Liebesbande
verbänden, aber der Liebreiz des Dorfes Kraczygród und der Zauber des jungen, feurigen und
schönen Dorfmädels Gitla, der Tochter von Mojsze Karczmarz aus Kraczygrad, machten die
Liebeslegende des Großstadtpaares zunichte. Das Dorfmädel gewinnt auf der Stelle das Herz
des Sohnes des reichen Industriellen. Er sieht den Kontrast zwischen Lola, dem Fräulein aus
der Stadt, und der Tochter von Karczmarz, die keine Phrasen, keine Heuchelei kennt, die Lügen
verachtet und für die alles Fremde falsch ist. Wenn ein jüdisches Dorfmädel liebt, dann findet
sich in ihrer Liebe die ganze Poesie des Landlebens. Fräulein Lola spürt, dass der Boden unter
ihren Füßen wankt, ja, dass ihr „geliebter Cousin“ vor ihr flieht. Sie sieht keine Rettung… Dazu
kommen auch plötzlich noch fatale Nachrichten. Die Bank, auf der Openheim sein Geld hat,
stellt die Auszahlungen ein. Das Gespenst des Bankrotts erscheint vor den Augen des Fabrikan-
ten. Er greift nach dem einzigen und letzten Strohhalm und bittet seine reiche Schwester um
Hilfe. Die allerdings stellt eine Bedingung: Dolly muss Lola heiraten. Aber zwischen beiden
steht Gitla. Es kommt zum Vertrag: der bankrotte Bruder ist mit der Verbindung seines Sohnes
mit der Tochter seiner reichen Schwester einverstanden. Alle kehren in die Stadt zurück. Aber
nicht allein. Mit dabei ist Gitla, als eine Art Hausangestellte. Die Tochter des Dorfschank-
wirtes lernt gesellschaftliche Umgangsformen und „Manieren.” Aber sie bleibt weiterhin
sie selbst. Sie bleibt das einfache und aufrichtige Mädchen mit der Musik ihres Dorfes, Musik
voller Traurigkeit und Sehnsucht, voller Schönheit und Zauber. Der Sohn, unter dem Einfluss
des Vaters, stimmt der Hochzeit mit Lola zu – gegen sein Herz. Die Ehre des Industriellen
ist gerettet.
Als Gitla dies erfährt, entledigt sie sich der Stadtkleidung. Sie will die Stadt nicht weiter
kennenlernen. Sie will ihr Dorf, ihre Familie, sie will Blumen, das Grün und die Bäche. Und
da, genau da, kommt aus dem berühmten Kraczygród Janko Cygan, der aus lodernder Liebe
zu Gitla zum jüdischen Glauben konvertiert ist und der ihr sein Herz und Leben zu Füßen legt.
Beide gehen zurück aufs Land. Aber vorher noch, als komische Komponente sozusagen, über-
IV. Teatr Eldorado 93

redet der Heiratsvermittler Chaim Szraim Gitla zum Kauf eines Loses und: auf ihre Nummer
fällt eine Million. Der große Gewinn!
Und… Ja und jetzt kommen sie mit offenen Armen zu dem verachteten, verschmähten und
einfachen Mädel: Herr Bernard Openheim und seine reiche Schwester Bluma, ihre Tochter Lola
und schließlich auch Dolly… Aber unser Dorfmädel hat den Charakter der „Stadtleute“ zur
Genüge kennengelernt. Es zieht das Land vor und heiratet Janka Cygan.
All das, von dem hervorragenden Regisseur Karl Cymbalist in zwei Akten verflochten, nimmt
lebhaft seinen Verlauf. Es tönt und pulsiert. Königin des Ensembles ist die talentierte Künstle-
rin Frau Regina Cukier, unvergleichlich in der Interpretation der Titelrolle. Nur sie, und keine
andere, kann Dus Dorfs Mejdł sein. Frau Cukier betört und verzaubert alle mit ihrem Gesang,
mit ihren volkstümlichen Liedern über das Dorf Kraczygród, mit ihrem Tanz, mit ihrem Ge-
fühl und ihren Tränen. Tosender Beifall und Blumen als Dank an die Künstlerin für ihr „Dorf-
mädchen.” Hervorragend ihr Partner, Herr Jakób Grynszpan, der mit nicht weniger Schwung
und Temperament die Rolle des Janka Cygan gab.
Duette russischer Lieder (Cukier und Grynszpan) mit entsprechenden Tanzeinlagen wurden
auf offener Bühne mit Beifall bedacht. Herr Abram Kurc, konkurrenzlos als Heiratsvermittler
Chaim Szraim, erntete wahre Lachsalven. In weiteren Rollen: Symcha Rozen, Dawid Birn-
baum, Fela Gabarz, Pola Rozen, Karl Cymbalist, Ewa Sztokfeder, Maks Bryn. Begeisterung
auch für die Tanznummern des hervorragenden Eldorado-Balletts.
Die Musik von J. Somer unter dem Taktstock des talentierten Dirigenten Herrn A. Wolsztejn
fügte sich harmonisch in den Gang der Handlung. Ballettkostüme und Bühnenbild, insbeson-
dere die Gestaltung des Dorfes: A. Liberman – ohne Fehl und Tadel.
H.Cz.
GŻ/17/4/1941
Freitag, 28.02.1941

Dus Dorfsmejdł im Theater Eldorado


Im Theater wird täglich die hervorragende Komödie Dus Dorfsmejdł gegeben. In der Haupt-
rolle ist die vom Warschauer Publikum geliebte Regina Cukier zu sehen. Regie: Karl Cym-
balist. Vorstellungsbeginn 18 Uhr, Vorstellungsende 20 Uhr. Samstags 15 Uhr spezielle Vor-
stellung zu ermäßigten Preisen.

GŻ/19/2/1941
Freitag, 07.03.1941

Dus Dorfsmejdł
Täglich zu sehen ist im Theater Eldorado die hervorragende Komödie Dus Dorfsmejdł mit
dem Warschauer Publikumsliebling Regina Cukier in der Hauptrolle. Regie: Karl Cymbalist.
Vorstellungen 18 Uhr, Vorstellungsende 20 Uhr. Samstag um 15 Uhr Vorstellung zu ermäßigten
Preisen.

GŻ/23/4/1941
Freitag, 21.03.1941

Die letzten 5 Tage! Dus Dorfsmejdł im Theater Eldorado


Theater Eldorado Warschau, Dzielna-Straße 10. Unwiderruflich die letzten fünf Tage: Dus
Dorfsmejdł. Regie: Karl Cymbalist. In der Hauptrolle Regina Cukier. Beginn: 17 Uhr 20, Ende
der Vorstellung 19 Uhr 20. Freitag, den 23. März, große Premiere von Komediantka.
94 IV. Teatr Eldorado

15.4 Di Komediantke
[pl. Komediantka/Komediantki; dt. Die Komödiantin]

Autor: H. Lewi
Regie: Karl Cymbalist
Stück: Melodram
Premiere: 28.03.1941
Dernière: 30.04.1941
Aufführungen: 39
Vorstellungen: täglich um 17.45 Uhr, Ende der Vorstellung 19.45 Uhr
Besetzung/Rollen: Regina Cukier [Hauptrolle Gesia]; Karl Cymbalist [Drehorgelspieler];
Ewa Sztokfeder [verrückt gewordene Filmschauspielerin Lawei]; Dawid Birenbaum; Pola
Rozen; Jakub Grynszpan [Liebhaber Sidnej Braun]; Fela Garbarz; Pinek Wicher [Ge-
richtsdiener]
Musik: Szymon Sekunda
Musikalische Leitung: Arnold Wolsztejn
Choreographie/Ballett: Irena Prusicka, Ina Holska [Solistin]
Bühnenbild /Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/27/3/1941; Anzeige GŻ/21/8/1941; Redaktion GŻ/23/4/1941; An-
zeige GŻ/23/10/1941; Redaktion GŻ/25/3/1941; Redaktion GŻ/29/3/1941; Redaktion
GŻ/31/3/1941

GŻ/25/3/1941
Freitag, 28.03.1941

Premiere von Komediantki im Theater Eldorado


Im Theater Eldorado hat heute die Komödie Komediantka von Lewi mit der Musik von
Sz. Sekunda Premiere. Regie Karl Cymbalist. Bühnenbild A. Liberman. Das Orchester dirigiert
A. Wolsztejn. In der Hauptrolle die hervorragende Künstlerin Regina Cukier. Erstklassige Be-
setzung. Beginn der Vorstellung um 17 Uhr 45, Ende 19 Uhr 45.

GŻ/27/3/1941
Freitag, 04.04.1941
Teatr Eldorado
Premiere Komediantki
Nach mehrwöchigen Vorbereitungen setzt jetzt die Direktion des Eldorado in Warschau mit der
Premiere von Di Komediantke (Komediantka), Komödie in zwei Akten von H. Lewi, ein neues
Stück auf den Spielplan.
Dem Autor gelingt es, in zwei Akten gleichsam alle schicksalhaften Dreh-Angelpunkte
im Leben zu berühren, die die Protagonistin über Wege voller Bitterkeit, Schmerz, Tränen
und Trauer endlich in die Arme des so sehr ersehnten Glücks führen. All das durchlebt und
durchleidet Pesa, die „Kleinstadtspaßmacherin“, eben die „Komediantka,” die sich gegen den
Geschmack der Menge, die nach Sensationen und Geschmacklosigkeiten giert, ihrer Kunst
verschrieben hat.
IV. Teatr Eldorado 95

Ihre Bühne ist der Marktplatz. Dort ernten sie und ihr Begleiter, Berl Dzwonek (Berl
Gleker), ein typischer Drehorgelspieler, den verdienten Applaus. Und hier die ganze Geschichte
der Artistin. Als Pesa ein kleines Kind war, starb die Mutter, der Vater fuhr über den Ozean,
und die kleine Pesa sollte Unterkunft bei ihrem Onkel Motek Gryn, einem Müller, in einem
gottverlassen armseligen Nest finden. Der Müller allerdings, ein herzloser Mensch, setzt in
einer kalten, regnerischen Nacht das Mädchen auf die Straße. Pesa findet schließlich zu einem
warmherzigen, einfachen Drehorgelspielmeister. In der Zwischenzeit erfährt der Müller, dass
der Vater von Pesa sein Glück gemacht hat. Und da keimt in ihm ein teuflischer Plan.
Er zwingt seine Tochter Leja, auf den Namen Pesa zu hören, und befiehlt ihr, die Rolle der
Tochter des reichen Amerikaners zu spielen, der in Amerika den Namen Rudolf Zaks angenom-
men hat und der mit der Zeit vom Kleinkaufmann zum Filmproduzenten aufgestiegen ist. Seine
neueste Produktion soll ein Musikfilm mit dem Titel Komediantka sein. Pesa, die jeglichen
Kontakt zu ihrem Vater verloren hat und verzweifelt nach ihm sucht, will ihn um jeden Preis
finden. Plötzlich tauchen in dem Städtchen zwei von Rudolf Zaks geschickte Filmregisseure
auf: Sidnej Braun und Wiliam. Sie treffen sich mit dem Müller, richten ihm Grüße aus und
möchten die Tochter des „Dollarmanns“ kennenlernen – Gryn präsentiert sein einziges Töchter-
lein. Gleichzeitig aber erscheint auf der „Bühne des Lebens“ die Artistin Pesa, erobert auf der
Stelle das Herz des Filmers Sidnej, und die Geschichte wird kompliziert. Schließlich gelangen
alle nach Hollywood… und dort, natürlich, ein Happyend.
Die Titelrolle der Komediantka spielt die hervorragende Bühnenkünstlerin Regina Cukier.
Und das ist keine gewöhnliche, schablonenhafte Darbietung. Es ist ein wahrhaftes Schauspiel-
konzert. Frau Cukier, gesegnet mit enormem schauspielerischen Talent, gelingt ein sensatio-
nell theatralisches Feuerwerk. Ihr Lied „Dus Leben is a kinder szpil“ wurde mit frenetischem
Beifall bedacht. Und kurz danach wurde die Künstlerin wiederum mit begeisterten Bravos und
unzähligen „Bis“ für den lebenssprühenden, bravourösen Refrain „Zaj Frajlich“ überschüttet.
Herr Karl Cymbalist in der genau gezeichneten Rolle des Drehorgelspielers war einzigartig
und wurde mit seiner Partnerin vom Publikum mit viel verdientem Beifall bedacht. Sehr gut
auch Frau Ewa Sztokfeder in der Rolle der verrückten Filmschauspielerin Lawei. In weiteren
Rollen konnten sich auszeichnen: Jakub Grynszpan (zuverlässig als ausgezeichneter Verliebter
Sidnej Braun), Fela Garbarz, Pola Rozen, Dawid Birnbaum und schließlich Pinek Wicher, der
als urkomischer Bürodiener auf der Bühne agierte.
Das renommierte Eldorado-Ballett unter Leitung von I. Prusicka erregte in seinen farben-
prächtigen Kostümen wahre Begeisterung. Die tänzerische Entwicklung und Ballettausbildung
der Truppe – mit Ina Holska als Primaballerina –, choreographiert und einstudiert von Irena
Prusiska, verdienen besondere Erwähnung und Auszeichnung. Nicht zu vergessen: die illustrie-
rende Musik von Sz. Sekunda, ausgeführt vom Orchester unter dem Dirigat von A. Wolsztejn,
das sehr überlegte Bühnenbild von Herrn A. Liberman (besonders die Mühle im Hintergrund
der kleinstädtischen Landschaft) und nicht zuletzt die sehr gute Regie von Karol Cymbalist.
H.Cz.

GŻ/29/3/1941
Freitag, 11.04.1941

Komediantka im Theater Eldorado


Am Sonntag und Montag, den 13. und 14. April des laufenden Monats, wird die hervorragende
Komödie Komediantka zweimal täglich und zwar um 15 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
18 Uhr gegeben. In der Titelrolle ist die berühmte Künstlerin Regina Cukier zu sehen, mit ihr
das erlesene Ensemble des Theaters Eldorado. Regie Karl Cymbalist.
96 IV. Teatr Eldorado

GŻ/31/3/1941
Freitag, 18.04.1941

Letzte Woche Komediantki im Theater Eldorado


Die hervorragende Komödie Komediantki mit Regina Cukier in der Titelrolle steht nur noch
kurze Zeit auf dem Spielplan. In Vorbereitung: eine neue sensationelle Komödie.

15.5 Rywkełe dem rebns


[pl. Rywkełe rebego; dt. Rywkełe, die Frau des Rabbi]

Autor: Zelig Kalmanowicz


Regie: Karl Cymbalist
Stück: Komödie in zwei Akten und fünf Bildern
Premiere: Freitag, 02.05.1941
Dernière: Montag, 02.06.1941
Aufführungen: 38
Vorstellungen: täglich 18.00 Uhr, samstags 15.00 und 18.00 Uhr; ab 09.05.1941: täglich
17.45 Uhr, samstags 15.00 Uhr und 17.00 Uhr
Ankündigung am 30.05.1941: Samstag, Sonntag, Montag 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Regina Cukier [Rywkełe]; Ewa Sztokfeder [Brajna]; Maks Bryn; Da-
wid Birenbaum [Dawid]; Symcha Rozen [Załmen, Sekretär des Rabbiners]; Jakub Gryns-
zpan [Lejzor]; Pola Rozen; Fela Garbarz; Symcha Szeftel [Verlobter Josł Symche]; Irena
Welisz; Hersz Balbirski; Maria Kajzerowicz
Musik: M. Elsztajn
Musikalische Leitung: Arnold Wolsztejn
Choreographie/Ballett: Irena Prusicka
Bühnenbild/Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/39/3/1941; Anzeige GŻ/35/8/1941; Redaktion GŻ/37/3/1941; An-
zeige GŻ/37/8/1941; Anzeige GŻ/39/8/1941; Redaktion GŻ/41/3/1941; Redaktion
GŻ/43/3/1941; Anzeige GŻ/43/8/1941

GŻ/37/3/1941
Freitag, 09.05.1941

Sensationeller Erfolg: Rywkele dem Rebns


Zur Zeit wird im Eldorado die ausgezeichnete Komödie Rywkele dem Rebns gespielt. In der
Hauptrolle: der Liebling des Warschauers Publikums – Regina Cukier.
IV. Teatr Eldorado 97

GŻ/39/3/1941
Freitag, 16.05.1941

Rywkełe dem Rebns


Die Komödie in zwei Akten und fünf Aufzügen von Z. Kalmanowicz mit dem Titel Rywkełe
dem rebens, zur Zeit auf dem Spielplan des Eldorado in Warschau, ist ein typisches, sozusagen
amerikanisches Werk im Stil vieler Volksstücke, d.h. ganz bewusst auf gusto und Geschmack
der Massen zugeschnitten.
Das Leitmotiv des Stückes, das wie ein roter Faden durch alle Bilder führt, ist die Aus-
einandersetzung mit verrotteten, erbarmungslosen Vorurteilen, Gewohnheiten und uralten
Verhaltensweisen, die tief verwurzelt im Fleisch jüdischen Lebens sind. Die Komödie, bestückt
mit einer Vielzahl charakteristisch komischer, aber auch erschütternder Episoden, bietet dem
gesamten Ensemble des Eldorado die Möglichkeit, ganz vorne an der Rampe zu spielen und
dann auch reichen Beifall zu ernten.
Die Titelrolle übernahm Frau Regina Cukier, die in jeder Rolle, aber in dieser besonders,
sich selbst findet, ja ganz bei sich bleiben kann. Sie lässt uns teilhaben an dem Schatz ihres
Talents, an allem, was ihr schauspielerisch zur Verfügung steht, als da sind: Humor, Tempe-
rament, Witz und Musikalität, all das, was bewegt, erfreut und erheitert. P. Jakub Grynszpan
in der Rolle des Lejzor präsentierte sich dem Publikum diesmal als erstklassiger Liebhaber,
der sich im Ensemble ganz nach oben spielte. Herr Grynszpan verfügt über eine weiche,
melodische Stimme, er hat Routine und Stil, eben alles, was einen hochklassigen Schauspieler
auszeichnet. Sehr gut in der Rolle des Dawid war Herr Dawid Birnbaum, der vom Publikum
mit reichlich Beifall bedacht wurde. Urkomisch und köstlich dargeboten spielte Frau Ewa
Sztokfeder die Rolle der alten Frau, die der ständig nervösen Brajna. Herr Samuel Szeftel
als Bräutigam Josł Symche ließ das Publikum in homerisches Gelächter ausbrechen. Weiter
waren auf der Bühne zu sehen: Irena Wellisz, Pola Rozen, Fela Garbarz, H. Balbirski, Max
Bryn, Symcha Rozen (hervorragend als Zalmen, Sekretär des Rabbis), M. Kajzerowicz und
andere.
Eine wahrhaftige Attraktion des Stückes aber war das hervorragende „Eldorado-Ballett“ der
Choreographin Frau Irena Prusicka, dessen Auftritte begeistern. Besonders beeindruckend war
auch die Musik von M. Elsztein, dirigiert von Herrn A. Wolsztein, und unbedingt erwähnt sein
muss das ausgezeichnet durchdachte Bühnenbild von A. Liberman – fern jeder Klischees und
„theatralischer Tanzerei.”
Die eigentliche szenische Umsetzung des Stückes lag in den Händen von Karl Cymbalist,
der sich zweifach auszeichnete, zum einen als Regisseur, zum anderen als Erzähler, und beides
mit Bravour bewältigte.
H.Cz.

GŻ/41/31941
Freitag, 23.05.1941

Rywkełe dem Rebns im Theater Eldorado


Das große Schauspiel Rywkełe dem Rebns wird jetzt täglich im Eldorado gespielt. In der Haupt-
rolle Regina Cukier.
98 IV. Teatr Eldorado

GŻ/43/3/1941
Freitag, 30.05.1941

Die letzten 4 Tage von Rywkełe dem rebns im Theater Eldorado


Die ausgezeichnete Komödie Rywkełe dem rebns im Theater Eldorado, die fünf Wochen mit
ungeheuerem Erfolg gespielt wurde, wird am Montag, den 2. Juni, zum letzten Mal gespielt.
Samstag, Sonntag und Montag wird das Stück zweimal gegeben, jeweils um 15 und 18 Uhr. Am
Dienstag wird sich dann die hervorragende Schauspielerin Regina Cukier vor jetzt bereits aus-
verkauftem Hause vom Eldorado verabschieden. Am Freitag, 6. Juni gibt es dann die Premiere
des Stückes Cype fun Nowolipie. In den Hauptrollen die Stars der jüdischen Bühne: Chana
Lerner, Dawid Zajderman und Symche Fostel.

Abb. 18: Ankündigung des Teatr Eldorado, Dzielna-Straße 1


Heute und täglich 17.45 Uhr, samstags 15.00 und 17.00 Uhr; Großes Schauspiel […]; RYWKEŁE
DEM REBNS […] Komödie in zwei Akten, fünf Aufzügen von Kalmanowicz; Regie Karl Cymbalist;
Musik M. Elsztejn; Ausstattung A. Liberman; Musikalische Leitung A. Wolsztejn; Ballett Irena Prusicka;
in der Hauptrolle Regina Cukier. Hervorragende Besetzung. Vergrößertes Ensemble; 30 Personen auf
der Bühne.
Karten an der Theaterkasse täglich von […] bis 14.00 Uhr, samstags und sonntags 12.00 Uhr bis […]
IV. Teatr Eldorado 99

Abb. 19: Eingang des Theater Eldorado mit Plakaten von Rywkełe dem rebns; über dem Eingang ist
noch „Scala“ zu erkennen.

Abb. 20: Theaterschaukasten rechts mit kleinformatigem Rywkełe-Plakat, links und rechts davon offen-
sichtlich Photographien von Schauspielern.
100 IV. Teatr Eldorado

Abb. 21: Aufnahme von der linken Bühnenkante aus. Szene aus Rywkełe dem rebns (Premiere 2. Mai
1941). Stilisierte Wolkenkratzer. Der Bühnenhintergrund ist schwarz abgehängt, davor die Kulissen
von Aleksander Liberman, die an eine Synagoge erinnern (Bogenfenster, die auf einem Ziegelstein-
fundament stehen, Davidstern; dahinter siebenarmiger Leuchter). Links wahrscheinlich Symcha
Rozen als Sekretär des Rabbiners.

Abb. 22: Aufnahme von der linken Bühnenkante aus. Szene aus Rywkełe dem rebns. Rechts stilisierte
Wolkenkratzer, zwei Stühle, ein kleiner runder Tisch mit langer Tischdecke. Der Bühnenhintergrund
schwarz abgehängt, ein großes Bogenfenster, links und rechts davon Bühnenelemente als Stützen.
IV. Teatr Eldorado 101

Abb. 23: Aufnahme Mitte Bühnen-


kante, Szene aus Rywkełe dem rebns.
Am Pult Arnold Wolsztejn.

Abb. 24: Aufnahme Bühnenkante links. Applausordnung Rywkełe dem rebns. Erster von links Karl
Cymbalist, zweite von links Regina Cukier, vierter von links wahrscheinlich Symcha Rozen, dritte von
rechts möglicherweise Ewa Sztokfeder.
102 IV. Teatr Eldorado

15.6 Cype fun Nowolipie (Cipe fun Nowolipe)


[pl. Cype z Nowolipia; dt. Cype aus der Nowolipe Straße]

Autor: Igor S. Korn-Teuer


Regie: Dawid Zajderman
Stück: Komödie in zwei Akten
Premiere: Freitag, 06.06.1941
Dernière: Mittwoch, 09.07.1941
Aufführungen: 39
Vorstellungen: täglich 18.00 Uhr, samstags 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Chana Lerner [Hauptrolle Cype]; Dawid Zajderman [Milton]; Sym-
cha Fostel [onkel Symche Wesusen]; Symcha Rozen; Fela Garbarz; Pola Rozen; Harry
Zajderman [Junior]; Dawid Birenbaum; Irena Welisz; Maks Bryn; Igor S. Korn-Teuer
[Milton]
Musik: Szymon Sekunda
Musikalische Leitung: Arnold Wolsztein
Choreographie: Irena Prusicka
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/50/2/1941; Anzeige GŻ/43/8/1941; Redaktion GŻ/47/3/1941; Redak-
tion GŻ/49/3/1941; Anzeige GŻ/49/8/1941; Anzeige GŻ/51/8/1941.

GŻ/47/3/1941
Freitag, 13.06.1941

Premiere im Theater Eldorado


Auf der Bühne des Eldorado findet heute die lang erwartete Premiere der hervorragenden
Komödie Cipe von Nowolipe von S. Kornreuter statt. Die Sensation für die Liebhaber des jüdi-
schen Theaters werden die Auftritte von Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symche Fostel
sein, die in diesem Stück viele Gelegenheiten zum Glänzen haben werden.

GŻ/49/3/941
Freitag, 20.6.1941

Cipe fun Nowolipe im Eldorado


Mit großem Erfolg wird täglich im Eldorado (Dzielna-Straße 1) das Stück Cipe fun Nowolipe
gegeben. In den Hauptrollen spielen die Publikumslieblinge Chana Lerner, Dawid Zajderman
und S. Fostel.

GŻ/50/2/1941
Dienstag, 24.06.1941
Cipe fun Nowolipe
Cipe fun Nowolipe (Cype z ulicy Nowolipie) – das ist der Titel der letzten sensationellen Pre-
IV. Teatr Eldorado 103

miere im Theater Eldorado in Warschau. Cype fun Nowolipe, das ist eine ziemlich gut aus-
gedachte Komödie aus der Feder des begabten Autors Kornteuer, die das Leben hier und in
Amerika in verschiedenen, einfachen und unterhaltsamen Episoden und Bildern widerspiegelt,
die zugleich aber den Zuschauer durch die Echtheit der Episoden und des Geschehens in ihren
Bann ziehen. Ein einfaches, keinerlei Konventionen achtendes Mädchen aus dem Viertel, eben
die volkstümliche Cipe fun Nowolipe, die mit ihrem Onkel „Symche-Wesusem“ über den
Ozean segelt, also ein Emigrantenpaar aus Warschau, das für wahre Humorkaskaden sorgt,
die beide aber auch ihre einfachen und edlen Herzen sprechen lassen, wenn es um das träge,
gefühllose, manchmal stumpfe und unechte Leben der „Dollarfritzen“ geht. Und schließlich
rettet Cipe fun Nowolipe – gegen jede Erwartung und ganz im Einklang mit der Ehre eines
amerikanischen „wohltätigen Betrügers“ – die komplizierte Situation. Offenherzigkeit und
Schlichtheit triumphieren…
Auf diesem Hintergrund entwickeln sich größere und kleinere Szenen, mit gelungenen,
sehr gut getexteten Liedeinlagen, dazu Couplets mit aktuellen Anspielungen – alles insgesamt
gut getroffen und stürmisch vom Publikum beklatscht. Getragen wird die Vorstellung – neben
Chana Lerner, die mit Humor und Redegewandtheit die Rolle der Emigrantin Cipe fun Nowo-
lipe gibt – von zwei Säulen der jüdischen Theaterwelt: Dawid Zajderman und Symche Fostel,
beide bekannt von zahlreichen Bühnenauftritten, beide übrigens sehr routiniert, beide sehr
populäre Schauspieler. Ersterer, Herr Dawid Zajderman (in der Rolle des Milton), schlug das
Publikum mit seiner schönen und oktavenumfassenden Stimme in seinen Bann. Symche Fostel
lieferte wiederum den Beweis, dass seine Bestimmung das Theater und nur das Theater ist.
Fostel ist ein hervorragender Komiker, der die Rolle des Symche-Wesusem so mit Schwung,
Witz und Temperament gibt, dass der Funke sofort auf das Publikum überspringt. In den übrigen
Rollen die uns aus früheren Auftritten im Eldorado gut bekannten und erfolgreichen Darsteller:
S. Rosen [Rozen], Fela Garbarz, Pola Rosen [Rozen], H. Zajderman (Junior), D. Birnbaum,
Irena Welisz, M. Bryn und viele andere mehr. Und diesmal wieder – wir haben das auch schon
früher unterstrichen – die ausgezeichnete Ballettkompanie des Eldorado mit der Choreogaphie
von Frau Irena Prusicka, deren Leistung vom Publikum mit nichtendenwollenden und (wir
fügen hinzu:) mit berechtigtsten Bravos honoriert wurde. Die musikalischen Arrangements für
diese Komödie von A. Wolsztejn passten und waren stimmig auf das Genre zugeschnitten. Gut
ausgefallen auch die Regie, die in den Händen von Herrn D. Zajderman lag.
H. Cz.

15.7 A hajm far a mame


[pl. Dom dla matki; dt. Ein Zuhause für Mutter]

Autor: Zelig Kalmanowicz


Regie: Dawid Zajderman
Stück: Stück in drei Akten (vier Bilder)
Premiere: Freitag, 11.07.1941
Dernière: Mittwoch, 06.08.1941
Aufführungen: 31
Vorstellungen: täglich um 17.45 Uhr (auch 18.00 Uhr), samstags 15.00 Uhr (zu ermäßig-
ten Preisen) und 17.45 Uhr (auch 18.00 Uhr)
Besetzung/Rollen: Chana Lerner [Hauptrolle Miriam-Mutter]; Dawid Zajderman [Dr.
Boris Dawidow]; Symcha Fostel [Kellner Chaim Szaja]; Harry Zajderman [Sohn Samuel];
104 IV. Teatr Eldorado

Fela Jawerbaumówna [geliebtes Fräulein]; Symcha Rozen; Irena Welisz; Pola Rozen
[Dienerin Gosia]; Maks Bryn; Fela Garbarz [Großmutter]
Musikalische Leitung: Arnold Wolsztejn
Bühnenbild/Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/61/3/1941; Redaktion GŻ/57/2/1941; Anzeige GŻ/57/6/1941; Redaktion
GŻ/60/5/1941; Anzeige GŻ/60/6/1941; Redaktion GŻ/63/5/1941; Anzeige GŻ/63/6/1941;
Redaktion GŻ/67/3/1941; Anzeige GŻ/67/4/1941; Redaktion GŻ/78/5/1941

GŻ/57/2/1941
Freitag, 11.07.1941

Sensationelle Premiere im Theater Eldorado


Premiere hat heute das sensationelle Stück A hajm far a mame von Kalmanowicz in der Regie
von D. Zajderman im Theater Eldorado (Dzielna-Straße 1). Das Stück wird zum ersten Mal
in Warschau gegeben und seine Thematik dürfte wohl weiteste Kreise des jüdischen Viertels
interessieren. In den Hauptrollen sind die Asse und Lieblinge der jüdischen Bühne zu sehen
wie Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symche Fostel. Die übrigen Rollen sind mit hervor-
ragenden Ensemblemitgliedern des Eldorado besetzt. Musik und Orchesterleitung: A.Wolsztejn,
Bühnenbild: A. Liberman, was imponierend zu werden verspricht. Das Interesse ist bereits jetzt
sehr groß.

GŻ/60/5/1941
Freitag, 18.07.1941

Eldorado Redaktion A hajm far a mame


In diesen Tagen hatte das originelle Stück A hajm far a mame aus der Feder von Kalmanowicz
im Theater Eldorado Premiere. A hajm far a mame begeisterte durch seine fesselnde Thematik
das Publikum – u. a. schmerzhafte Familienbeziehungen. In dem außergewöhnlich gut ge-
lungenen Stück spielen die Asse der jüdischen Bühne wie Chana Lerner, Dawid Zajderman
und Symcha Fostel. Eine Überraschung für das Publikum war der Auftritt des jungen und talen-
tierten Künstlers Harry Zajderman.

GŻ/61/3/1941
Montag, 21.07.1941

A Hajm Far A Mame


Mutter und Sohn im Theater Eldorado
Es war eine gute Idee der rührigen Leitung des im Viertel sehr populären Theaters Eldorado,
ein Stück a la „Sensationsroman“ ins Repertoire zu nehmen, ein Genre, das Z. Kalmanowicz
liegt, dem routinierten Bühnenschriftsteller, bekannt auch in Amerika, und „fruchtbarer“
Autor vieler Stücke. Eines seiner Stücke mit dem Titel A Hajm Far A Mame (Dom Dla
Matki), ein Stück in drei Akten und vier Bildern, hatte jetzt Premiere im Eldorado, wobei
der Autor uns am durchschnittlichen Leben teilnehmen lässt, so, als hätte er es wörtlich aus
Erzählungen wie „Schrei der Mutter“ einer talentierten amerikanischen Schriftstellerin aus-
geschnitten.
IV. Teatr Eldorado 105

In diesem Stück gibt es neben dramatischen und erschütternden Momenten – wie eben im
richtigen Leben – viele komische und erheiternde Szenen, ein solides und erstklassiges Feld für
die hervorragenden Schauspieler der jüdischen Bühne wie: Chana Lerner, Dawid Zajderman,
Symche Fostel und Harry Zajderman, sich auszuzeichnen.
Frau Lerner, die die Rolle der „Miriam – Mutter” gab, imponierte durch ihren Reichtum an
Gestaltungsmöglichkeiten. Ihre Stimme, ihr Weinen, ihr Schmerz waren wahr und ausdrucks-
stark. Von D. Zajderman in der konzertanten Rolle des Dr. Boris Dawidow war das Publi-
kum geradezu hingerissen. Der talentierte Komiker Herr S. Fostel, der mit Aussehen, Mimik
und Bewegungen an Charly Chaplin erinnert, spielte in einer sehenswerten Rolle – in der er
sang, tanzte und das Publikum zu Tränen rührte – den Kellner Chaim Szaja. Harry Zajderman
hingegen wandelte auf den künstlerischen Spuren seiner Eltern und spielte die tragende
Rolle des Samuel (den Sohn) mit Augenmaß und Verständnis für die Intentionen des Autors.
Mit großer Anmut sekundierte ihm mit schöner Bühnenpräsenz dabei Frau F. Jawerbaumówna
in der Rolle des wohlgestalteten und blutjungen „geliebten Fräuleins.” Weiter waren zu sehen:
S. Rozen, Fela Garbarz (sehr typisch und sehr gut in der Rolle der Großmutter), Irene Welisz,
Pola Rozen (sehr gelungen die Dienerin Gosia) und M. Bryn.
Die passende Musik für das Stück komponierte der hervorragende Dirigent des Eldorado-
Orchesters, Herr A. Wolsztejn. Die gehörige Stückfassung besorgte der Regisseur D. Zajderman.
A Hajm far a Mame wird wohl auf die Zustimmung eines breiten Publikums rechnen dürfen.
H. Cz.

GŻ/63/5/1941
Freitag, 25.07.1941

A hajm far a mame im Theater Eldorado


Das seit drei Wochen im Eldorado gespielte hervorragende Stück A hajm far a mame [Mut-
ter und Sohn] von Kalmanowicz schlägt alle Erfolgsrekorde. In Massen füllt das Publikum
den Zuschauersaal und feiert begeistert die Protagonisten des Stückes, Dawid Zajderman,
Chana Lerner und Symche Fostel. Regisseur Zajderman bereitet bereits das nächste Stück vor –
Unzer Rebeniu, das in allernächster Zeit Premiere haben wird.

GŻ/67/3/1941
Montag, 04.08.1941

Die letzten drei Tage von A hajm far a mame im Theater Eldorado
Nur noch drei Tage wird im Theater Eldorado, Dzielna-Straße 1, das ausgezeichnete und außer-
ordentlich erfolgreiche Stück A hajm far a mame aus der Feder von Kalmanowicz gegeben.
Schon am Mittwoch wird dann die erwartete Premiere des dreiaktigen Volksstückes Unzer
Rebeniu mit Dawid Zajderman, Chana Lerner und Symche Fostel, den Stars der jüdischen
Bühne, stattfinden. Vorstellungen 18 Uhr, samstags 15 und 18 Uhr.

GŻ/78/5/1941
Freitag, 29.08.1941

Eldorado Abschiedsvorstellungen von Lerner, Zajderman und Fostel


Die bekannten Künstler Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symche Fostel werden nach
dreimonatigem Engagement das Eldorado verlassen, um zukünftig auf einer anderen Bühne
106 IV. Teatr Eldorado

im Viertel aufzutreten. Samstag und Sonntag wird das Volksstück Unzer Rebeniu in der Be-
setzung des gesamten Ensembles gespielt. Der Abwechslung wegen bereiten die Künstler für
die Abendvorstellungen am Samstag und Sonntag ein reichhaltiges Konzert vor, unabhän-
gig vom gespielten Stück. Am Dienstag, den 2. September, sind dann die beliebten Künst-
ler Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symche Fostel zum letzten Mal auf der Bühne
des Eldorado zu sehen. Gegeben wird das Stück A hajm far a mame in zwei Akten sowie als
spezielle künstlerische musikalische Zugabe A jam fun fargenigen (Ein Korb voller Vergnü-
gungen).

15.8 Unzer Rebeniu


[pl. Nasz Rabin; dt. Unser Rabbi]

Autor: I. Frejman
Regie: Dawid Zajderman
Stück: Volksstück in drei Akten
Premiere: Mittwoch, 06.08.1941
Dernière: Sonntag, 31.8.1941
Aufführungen: 27
Vorstellungen: täglich um 18 Uhr, samstags 15 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und 18 Uhr
Besetzung/Rollen: Dawid Zajderman [Titelrolle]; Chana Lerner [Dienerin Basia]; Harry
Zajderman [Berek, Sohn des Müllers]; Symcha Fostel [vertrottelter Kleinstadtrabbi]; Fela
Jawerbaumówna [die bezaubernde Cipka]; Symcha Rozen [Müller]; Hersz Balbierski [ko-
mischer Part]; Fela Garbarsz; Irena Welisz; Pola Rozen; Maks Bryn
Musik: D. Rechtcejt
Musikalische Leitung/Dirigent: Arnold Wolsztejn
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/70/2/1941; Redaktion GŻ/63/5/1941; Redaktion GŻ/64/2/1941; Re-
daktion GŻ/65/3/1941; Redaktion GŻ/67/3/1941; Anzeige GŻ/67/4/1941; Redaktion
GŻ/69/5/1941; Anzeige GŻ/69/6/1941; Redaktion GŻ/72/2/1941; Anzeige GŻ/72/6/1941;
Redaktion GŻ/75/5/1941; Anzeige GŻ/75/6/1941; Redaktion GŻ/78/5/194 [siehe oben];
Anzeige GŻ/78/6/1941

GŻ/64/2/1941
Montag, 28.07.1941

Feierliches Jubiläum
Anlässlich des 25-jährigen Bühnenjubiläums von M. Winder findet am Mittwoch, den 6. August
um 17 Uhr 45 eine Veranstaltung statt. Gegeben wird Unzer Rebeniu, Volksstück in drei Akten,
sowie ein großes Konzert unter Teilnahme ausgezeichneter Künstler der jüdischen Bühne.
IV. Teatr Eldorado 107

GŻ/65/3/1941
Mittwoch, 30.07.1941

Künstlerkomitee zugunsten des Jubiläums von M. Winder


Anlässlich der 25-jährigen Theaterarbeit von Dir. Winder, des verdienten Schauspielers und
langjährigen Theaterleiters jüdischer Theater, wurde ein Ehrenkomitee von den jüdischen
Künstlern Klara Segałowicz, A. Samberg und M. Mazo ins Leben gerufen. Auf Initiative des
Komitees wird am Mittwoch, den 6. August im Theater Eldorado eine feierliche Veranstal-
tung zu Gunsten des Jubilars stattfinden. Zu sehen sein wird ein reichhaltiges Programm mit
Unzer Rebeniu, Volksstück in drei Akten, und einem großen Konzert, unter Teilnahme der
besten Künstler der jüdischen Bühnen des Viertels. Vorverkauf täglich an der Theaterkasse des
Eldorado.

GŻ/69/5/1941
Freitag, 08.08.1941

Nach der Premiere Unzer Rebeniu im Theater Eldorado


In der vergangenen Woche feierte im Eldorado das Volksstück in drei Akten Unzer Rebeniu
seine großartige Premiere. Seitdem bejubeln hunderte Zuschauer jeden Abend die Schau-
spielerasse Dawid Zajderman, Chana Lerner und Symche Fostel. Vorstellungen von Unzer
Rebeniu im Theater Eldorado, Dzielna-Straße 1, täglich um 18 Uhr, samstags zwei Vorstellun-
gen jeweils 15 und 18 Uhr.

GŻ/70/2/1941
Montag, 11.08.1941

Unzer Rebeniu
Stück in drei Akten von I. Frejman
Das Theater El Dorado [sic!] hat sich vorgenommen, ein Stück fürs Volk, früher „Operette“
genannt, auf die Bühne zu bringen, da solcherart Stücke erfreuen und von unterschiedlichs-
tem Publikum gerne gesehen werden. Gezeigt wird eine „romantische Geschichte.” Cipka, die
äußerst entzückende Tochter des Müllers Zelman, verliebt sich unsterblich in einen jungen und
Liebreiz verströmenden Rabbi, den man unter dem Namen „Unzer Rebeniu“ kennt. Vor diesem
Hintergrund des „Stückes“ gibt es aus Gründen der Dramaturgie eine Reihe von Episoden und
Fragmenteinschüben, die zum Teil erschüttern, einen zum Teil auch in homerisches Gelächter
ausbrechen lassen. Die Schauspieler können sich beim Autor dafür bedanken, dass fast jede
Rolle eine Gelegenheit bietet, sich an die Rampe zu spielen, was man in Schauspielerkreisen
auch „dem Affen Zucker geben“ nennt.
Bei den Gesangseinlagen räumt Herr Dawid Zajderman gewaltig ab, wobei gesagt werden
muss, dass er diese Rolle schon mehr als 200 Mal auf Bühnen im In- und Ausland gegeben
hat, uns aber jetzt die Gelegenheit verschafft, festzustellen, dass Herr Zajderman nicht nur ein
ausgezeichneter Sänger, sondern auch ein hervorragender Schauspieler ist. Frau Chana Lerner,
über die wir schon bei früheren Auftritten schreiben durften, nimmt mit Bravour die Hürden
Temperament und Übermut. Ihr Auftritt als Dienerin Basia, die, als sie sich in einen edlen
und hübschen jüdischen Jüngling verliebt, zur aufgeschlossenen und feurigen Jüdin wird, ist
ein voller Erfolg. Tapfer assistiert wird sie dabei von Herrn Harry Zajderman, der im Ver-
lauf des Stückes die Rolle des Berek, Sohn des Müllers, immer weiterspinnt. Dem König der
108 IV. Teatr Eldorado

Komiker, Herrn Symche Fostel, müsste man eigentlich eine Einzelkritik widmen. Meister-
haft spielt Fostel die Rolle des Kleinstadtrabbis, eines ewig verschlafenen und sich stets
nach einem Nickerchen sehnenden Faulpelz und Dummrian. Man muss dieses tolle, letztlich
künstlerisch auf höchstem Niveau stehende Spiel sehen, bevor man ihn beurteilt. Die lieb-
reizende Cipka, von allgemeiner Sympathie getragen, gibt Frau Fela Jawerbaumówna. Diese
junge Schauspielerin macht sichtbar Fortschritte und wird sehr freundlich vom Publikum
aufgenommen. Herr Symche Rozen spielte die Rolle des Müllers überzeugend und mit
Routine. Den typisch drollig-komischen Part übernahm Herr Hersz Balbierski. In den übrigen
Rollen waren zu sehen: Fela Garbarsz, Irena Welisz, Pola Rozen und Max Bryn, die ihre Auf-
gaben mit Erfolg meisterten. Sehr effektvoll und äußerst malerisch ist die Dekoration von
Herrn A. Liberman (die Mühle und die Landschaft). Die Musik zum Stück komponierte Herr
D. Rechtcejt, musikalisch begleitet wurden die Schauspieler von einem Orchester unter dem
ausgezeichneten Dirigat von Herrn A. Wolsztejn. Man kann sagen, dass dieses Stück wohl noch
lange auf dem Spielplan stehen wird.
H. Cz.

GŻ/72/2/1941
Freitag, 15.08.1941
Unzer Rebeniu im El Dorado [sic!]
Mit großem Erfolg läuft täglich das Stück Unzer Rebeniu im El Dorado [sic!] in der Dzielna-
Straße 1. Jeden Abend bejubelt das begeisterte Publikum die Stars der jüdischen Bühne. In
den Hauptrollen Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symche Fostel. Vorstellungen täglich
18 Uhr, samstags 15 und 18 Uhr.

GŻ/75/5/1941
Freitag, 22.08.1941

Unzer rebeniu weiterhin mit großem Erfolg im Eldorado


Seit drei Wochen gibt das Eldorado, Dzielna-Straße 1, mit großem Erfolg das jüdische Volks-
stück Unzer rebeniu in der Inszenierung von Dawid Zajderman. Dieses Stück bietet den
jüdischen Bühnenkünstlern Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symche Fostel Gelegenheit
ihr hervorragendes Können unter Beweis zu stellen. Vorstellung täglich um 16 Uhr, samstags
15 Uhr zu ermäßigten Preisen und 18 Uhr.

15.9 Farkojfte Neszumes


[pl. Dusze sprzedane; dt. Verkaufte Seelen]

Autor (Texte): Ajb Lang


Regie: Symcha Rozen
Stück: Stück in drei Akten
Premiere: Mittwoch, 3.09.1941
Dernière: Mittwoch, 24.09.1941
Aufführungen: 23
Vorstellungen: täglich um 18.00 Uhr, samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
18.00 Uhr
IV. Teatr Eldorado 109

Abb. 25: Eldorado-Plakat in den Auslagen einer Metzgerei.


Angekündigt wird die Premiere (1.8.1941) des sensationellen Stücks (der Renner) Unzer Rebeniu.

Abb. 26: 100 gr der Wurst


kosten 2 Złoty.
110 IV. Teatr Eldorado

Besetzung/Rollen: Dora Fakiel [Hauptrolle Bluma]; Estera Goldenberg [Adele]; Ewa


Sztokfeder; Jakub Grynszpan [Maks]; Symcha Rozen [Abram Bjalkin]; Muni Ler [bru-
taler Mensch]; Fela Jawerbaumówna [unschuldige Eni]; Abraham Kurc [Huki]
Musik/Musikalische Leitung: Arnold Wolsztejn
Choreographie/Tanz: Irena Prusicka Ballett
Presse: Kritik GŻ/84/2/1941; Anzeige GŻ/78/6/1941

Abb. 27: Dora Fakiel.


IV. Teatr Eldorado 111

GŻ/84/2/1941
Freitag, 12.09.1941

Farkojfte neszumes
Das Theater Eldorado in Warschau brachte jetzt ein Stück in 3 Akten von Ajb Lang unter dem
Titel Farkojfte neszumes zur Premiere. Der Erfolg dieses Stückes ist vor allem dem realis-
tischen Hintergrund und einem ausgesprochen dramatischen Akzent zuzurechnen, was von
der breiten Masse sehr geschätzt wird. Farkojfte neszumes, das waren seinerzeit unglückliche
Opfer des Schicksals, eingeschlossen in einem Gefängnis von Orgien und Unzucht, in öffent-
lichen Häusern also, und den Zuhältern ausgeliefert. Ziemlich treffend führt uns der Autor
die Momente des Kampfes der menschlichen Seele vor Augen, das unbewusste Ringen des
Edlen mit verbrecherischen Instinkten und der Absturz in die Tiefen der Schande und der Er-
niedrigung.
Eben dies ist die tragische Geschichte des jungen Mädchens Bluma, das in die Fänge von
Zuhältern gerät und… im Freudenhaus seine seine ihre eigene Mutter findet. Was folgt, ist ein
Geflecht verschiedenster Zufälle und Ereignisse.
Ausgezeichnet Regie führte Herr S. Rozen, der auch mit nicht geringer Ergriffenheit die
Rolle des Abram Bjalkin gab, des Vaters des Opfers. Viel Gefühl und Lyrik gab es in den stim-
mungsvollen Liedern über Stetl und Familie, gesungen von Herrn Rozen. Sehr gut als Adele
war Frau Ester Goldenberg, die sehr kunstfertig die dramatischen Momente der Rolle heraus-
arbeitete. Sehr schön zeigte sich – stimmlich und im Ausdruck – Frau Dora Fakiel, die wir bis
jetzt nur als Volkssängerin kennen. Ihr Debüt auf der Bühne muss man als gelungen betrachten.
Den urkomischen Huki gab Herr Abram Kurc in jeder Hinsicht perfekt, was das Publikum
mit wahren Lachsalven kommentierte. Herr Kurc ist zweifelsohne einer der besten Komiker
der jüdischen Bühne. Ebenfalls wahre Komik war im Spiel von Frau Ewa Sztokfeder, die
Humor, Schwung und Temperament auf die Bühne brachte. In der Rolle des Maks sahen wir
den bekannten Künstler Herrn J. Grynszpan, der die Zuschauer mit seinem Lied über Warschau
zu Tränen rührte. Die unschuldige Ena gab Frau Fela Jawerbaum mit großer Anmut. Charakte-
ristisch und mit dem richtigen Tonfall spielte Muni Ler, der bislang am Theater Nowy Azazel
im Engagement war, den brutalen Rohling. Erstklassig auch die effektvollen Auftritte von Irena
Prusicka mit ihrem Ballett in Prolog und erstem Akt.
H. Cz.

15.10 Icykł Szołtyk


[pl. Icyk kawalarz; dt. Icyk Spaßvogel]

Autor/Texte: Izio Steinberg


Regie: Karl Cymbalist
Stück: Komödie in 2 Akten, Operette fürs Volk
Premiere: Freitag, 26.09.1941
Dernière: Mittwoch, 22.10.1941
Aufführungen: 31
Vorstellungen: 18.00 Uhr, samstags und feiertags zusätzliche Aufführungen zu ermäßigten
Preisen um 15.00 Uhr,
Besetzung/Rollen: Regina Cukier [Hauptrolle Icyk]; Abram Kurc [Maler Moric Liberman];
Karl Cymbalist [rücksichtsloser Gutsbesitzer]; Ewa Sztokfeder [komische Złata-Jenta];
112 IV. Teatr Eldorado

Maks Bryn [Kneipenwirt Motie-Mojsze]; Symcha Rozen; Jakub Grynszpan [Liebhaber


Welwel]; Irena Welisz; Fela Garbarz; Symcha Szeftel; Fela Jawerbaumówna
Musik: Szymon Sekunda
Musikalische Leitung: Arnold Wolsztejn
Choreographie/Tanz: Irena Prusicka
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/98/3/1941; Redaktion GŻ/94/5/1941; Redaktion GŻ/97/2/1941; An-
zeige GŻ/97/4/1941

GŻ/94/5/1941
Freitag, 03.10.1941

Regina Cukier im Theater Eldorado


Am vergangenen Freitag feierte im Eldorado die von Humor sprudelnde Komödie Icykł
Szołtyk in zwei Akten von Steinberg eine gelungene Premiere. In der Titelrolle: Regina Cukier,
der Liebling des Publikums. Vorstellungen täglich 18 Uhr. Samstag und an den Feiertagen
Sondervorstellungen um 15 Uhr zu ermäßigten Preisen. Für alle, die bis jetzt noch keine Ge-
legenheit hatten, das ausgezeichnete Stück Farkojfte Neszumes zu sehen, wird es am Diens-
tag, den 7. Oktober um 12 Uhr als Sondervorstellung zu ermäßigten Preisen in einer Matinee
gespielt.

GŻ/97/2/1941
Freitag, 10.10.1941

Großer Publikumszuspruch für Icykł Szołtyk im Teatr Eldorado


Die hervorragende Komödie Icykł Szołtyk, die jeden Tag vor ausverkauftem Haus gespielt wird,
erfreut sich großen Zuspruches seitens des Publikums. In der Titelrolle die allseits beliebte
Regina Cukier.

GŻ/98/3/1941
Sonntag, 12.10.1941

Icykł Szołtyk
Premiere im Theater Eldorado
Auftritt von Regina Cukier
Die letzte Premiere des Theaters Eldorado trug den Titel: Icykł Szołtyk (Icek Kawalarz),
und das ist wortwörtlich die Bedeutung dieser „Komödie“ in zwei Akten (Autor I. Steinberg,
Musik M. Sekunda), die man ohne Übertreibung als „Kaskaden von Humor und Fröhlichkeit“
bezeichnen kann, da so viel Unbeschwertes, so viel Spaß in Szenen und Szenchen geboten
wird. Als spezieller Typus amerikanischen Sensationstheaters und besonders als anspruchslose
Fabel enthält das Stück alle Elemente der Volksoperette. Eigentlich könnte man das Ganze auch
gleich „Regina Cukier“ nennen, zumal Frau Cukier, die die Titelrolle gibt, die erste Geige spielt
und das Publikum von Anfang bis Ende gleichermaßen erfreut und erheitert. Regina Cukier
als Icykł Szołtyk ist unvergleichlich in jeder Bewegung, in jeder Geste. Sie singt und tanzt und
macht das alles mit viel Talent und großem Temperament. Frau Cukier, die nach dreimonatiger
IV. Teatr Eldorado 113

Pause jetzt wieder auf der Bühne des Eldorado stand, wurde vom Publikum enthusiastisch
empfangen. Herausragend in der Rolle des grobschlächtigen Gutsbesitzers war Karl Cymbalist
(großartige Maske), dem auch Anerkennung für seine Regiearbeit bei dieser Komödie gezollt
werden muss.
Vortrefflich als Ehepaar Max Bryn als Schankwirt Motie-Mojsze und Ewa Sztokfeder als
typisch urkomische Złata-Jenta, die beide viel Szenenapplaus einheimsten. Den sympathischen
Liebhaber (Welwel) gab Herr Jakub Grynszpan. Besondere Erwähnung muss auch die junge
und anmutige Frau Fela Jawerbaum in der Rolle der Rachel finden. Den verliebten Kunstmaler
Moric Liberman spielte Abram Kurc, der den Zuschauer immer wieder in seine „vis comica“
zog. In anderen Rollen sahen wir die Damen und Herren Irena Welisz, Fela Garbarz, S. Szeftel
und S. Rozen. Farbe ins Geschehen brachte auch Frau Irena Prusicka mit ihrer Ballett-Truppe.
Musikalische Bearbeitung A. Wolsztejn. Sehr effektvoll das Bühnenbild von A. Liberman, be-
sonders das „amerikanische“ in Amerika.
H. Cz.

15.11 Dus Kabaret-Mejdł (Dus Kabaret-Majdł)


[pl. Dziewczyna z kabaretu; dt. Das Kabarettmädel]

Autor/ Texte: Zelig Kalmanowicz


Regie: Karl Cymbalist
Stück: Melodram
Premiere: Freitag, 24.10.1941
Dernière: Mittwoch, 12.11.1941
Aufführungen: 23
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Regina Cukier; Dora Fakiel [Zigeunerin]; Karl Cymbalist [eifersüch-
tiger Ehemann]; Abram Kurc [Prof. Horn]; Symcha Rozen [Filip Robinson]; Symcha
Fostel; Szlomo Kutner; Ewa Sztokfeder; Karl Cymbalist [Lui Robinson]
Musikalische Leitung: Arnold Wolsztajn
Choreographie: Irena Prusicka
Presse: Kritik GŻ/106/3/1941; Redaktion GŻ/102/5/1941; Anzeige GŻ/102/6/1941

GŻ/102/5/1941
Mittwoch, 22.10.1941

Heute Premiere im Theater Eldorado


Heute am Freitag um 17 Uhr 30 findet im Theater Eldorado die feierliche Premiere der aus-
gezeichneten Komödie Kabaret-Majdl von Kalmanowicz statt. Die Titelrolle spielt die im
Viertel äußerst populäre und beliebte Regina Cukier. Regie führt Karl Cymbalist. Musik von
A.Wolsztejn, Choreographie Irena Prusicka. Vorstellungsbeginn täglich 17 Uhr 30, Vorstellungs-
ende 19 Uhr 30.
114 IV. Teatr Eldorado

GŻ/106/3/1941
Freitag, 31.10.1941

Kabaret-Mejdł
(Premiere im Theater Eldorado)
Ein typisches Volksstück – geschrieben im Stil amerikanischer Sensationsstücke – mit dem
Titel Kabaret-Mejdł (Komödie in drei Akten von Kalmanowicz) hatte nun letztens im Theater
Eldorado Premiere. Ein Stück, zugeschnitten auf den „Gusto“ der breiten Masse. Es ist die
Geschichte eines Kabarettmädels, seiner Erlebnisse – mit Finale und allem, was ein Melodram
eben so braucht. Man lacht und ist gerührt.
Ohne Fehl und Tadel gab die hervorragende Bühnenkünstlerin Regina Cukier, die auch dies-
mal ihr Talent fürs Dramatische zeigte, die Hauptrolle. Ganz in ihrem Element war sie als
Kabarettkünstlerin, wobei ihre Nummern „ Mazł,” „Glik,” „ Awremełe“ usw. etliche Dacapos
zur Folge hatten. Eine wahre Bereicherung des Stückes war der Auftritt der hervorragen-
den Tänzerin Irena Prusicka, die mit großer Ausdruckskraft (zusammen mit ihrer Ballett-
compagnie) einen Tanz aus dem Osten nach hebräischer Melodie zeigte. Die Regie lag in
Händen des bewährten Regisseurs Karl Cymbalist, der auch die Rolle des Lui Robinson, des
unglücklichen Ehemannes des Kabarett-Mejdł gab. Weiter waren zu sehen: S. Rozen, Ewa
Sztokfeder, Abram Kurc und andere. Orchestral begleitet wurden die Künstler unter Leitung
des bekannten Musikers Herrn A. Wolsztein.
H. Cz.

15.12 Di grine kale


[pl. Narzeczona z prowincji; dt. Die Verlobte aus der Provinz, wrtl. Die grüne Braut]

Autor/Texte: A. Angel
Regie: Karl Cymbalist
Stück: Komödie in zwei Akten
Premiere: 14.11.1941
Dernière: 15.12.1941
Aufführungen: 35
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Regina Cukier [Hauptrolle]
Presse: Keine Kritik gefunden; Anzeige GŻ/111/6/1941

15.13 Di Inge Rebecn


[pl. Młoda rabinowa, dt. Die junge Rebetzin (Frau des Rabbiners)]

Autor (Texte): S. Goldberg


Regie: Karl Cymbalist
Stück: Komödie in 3 Akten
IV. Teatr Eldorado 115

Premiere: Mittwoch, 17.12 1941


Dernière: Montag, 19.01.1942
Aufführungen: 39
Vorstellungen: täglich um 18.00 Uhr, samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Maks Bryn; Regina Cukier [Hauptrolle Lili]; Karl Cymbalist [Ejb
Lewin]; Ewa Sztokfeder; Pola Rozen; Jakub Grynszpan; Irena Welisz; Fela Garbarz;
Meier Winder
Presse: Kritik GŻ/125/2/1941

GŻ/125/2/1941
Sonntag, 14.12.1941

Di Inge Rebecn im Theater Eldorado


Das Theater Eldorado zeigt zur Zeit die anspruchslose, aber ausgesprochen lustige Komödie (in
drei Akten) von S. Goldberg mit dem Titel Di Inge Rebecn (Młoda rabinowa). Die ungewöhn-
lich vergnügliche Handlung spielt vor dem Hintergrund qui pro quo mit einer fremden Frau,
ist verflochten und verwoben in humoristischen Episoden und sorgt für homerisches Geläch-
ter. Die von Karl Cymbalist hervorragend inszenierte Vorstellung hatte keinerlei Längen. Frau
Regina Cukier präsentierte sich einzigartig in der Rolle als Lili (Etł) und sorgte für Bewunde-
rung ihres Temperamentes und Talentes. Die tosend beklatschte Künstlerin musste ein Da-
capo nach dem anderen geben. Mit viel Humor ging Herr Cymbalist die Rolle des Ejb Lewin
an, der eine urkomische Affäre mit einer verheirateten Frau hatte. Nach längerer Pause war
wieder einmal der Direktor des Eldorado zu sehen, der hervorragend einen typischen Kantor
namens Aron Lewin gab. Mit Erfolg bewältigten ihre Rollen: E. Sztokfeder, F. Garbarz,
I. Welisz, P. Rozen, I. Grynszpan und Max Bryn.
H. Cz.

15.14 Gasnkind
[pl. Dziecko ulicy, dt. Das Gassenkind]

Autor/Texte: A. Sigal
Regie: Karl Cymbalist
Stück: Melodramatisches Volksstück in drei Akten
Premiere: Mittwoch, 21.01.1942
Dernière: Mittwoch, 25.02.1942
Aufführungen: 41
Vorstellungen: täglich um 18.00 Uhr, samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Regina Cukier [Kidi]; Jakub Grynszpan [Szmulek, Zeitungsverkäufer]
Musik: Szymon Sekunda
Presse: Kritik GŻ/10/2/1942
116 IV. Teatr Eldorado

GŻ/10/2/1942
Freitag, 23.01.1942

Dziecko ulicy
Aus dem Eldorado
Dziecko ulicy (Stück in drei Akten von A. Sigel, Musik von Sz. Sekunda) ist ein typisches
melodramatisches Volksstück mit allen Zutaten, wie es sich gehört – eben für ein spezielles
Publikum. Hinreißend das Spiel von Frau Regina Cukier als Kidi, die unserer Meinung nach zu
den besten von ihr gegebenen Rollen zählt. Hier zeigt sie exemplarisch ihr vielseitiges schau-
spielerisches Talent. Als Szmulek, der Zeitungsverkäufer: J. Grynszpan, dem das Stück die
Gelegenheit bot, seine Fähigkeiten überzeugend zu zeigen. Regie: K. Cymbalist.
H. Cz.

15.15 Wus Majdłech Darfn Wisn


[pl. O czym dziewczęta winny wiedzieć, dt. Was Mädchen wissen dürfen]

Autor/Texte: Izio Steinberg


Regie: Karl Cymbalist
Stück: Melodram in zwei Akten (sechs Aufzüge)
Premiere: 27.02.1942
Dernière: 30.03.1942
Aufführungen: 37
Vorstellungen: täglich um 17 Uhr 30, samstags 15 Uhr und 17 Uhr 30
Besetzung/Rollen: Regina Cukier [Bela]; Dawid Birenbaum; Symcha Rozen; Bołesław
Norski-Nożyca [Icyk, der Kantor]; Józef orensztejn; Naomi Natan; Fela Jawerbaumówna;
Karl Cymbalist, Maks Bryn
Musik: Szymon Sekunda
Musikalische Leitung: Arnold Wolsztajn
Choreographie/Ballett: Irena Prusicka
Presse: Kritik GŻ/25/2/1942; Redaktion GŻ/22/2/1942

GŻ/22/2/1942
Freitag, 20.02.1942

Nach der Premiere im Theater Eldorado


Gegenwärtig wird im Theater Eldorado, Dzielna-Straße 1, die musikalische Komödie in drei
Akten und sechs Aufzügen Wus majdłech darfn wisn! mit verstärktem Ensemble in der Regie
von Karl Cymbalist gegeben. Daneben ist auch das bekannte Ballett von Irena Prusicka zu
sehen. Die Vorstellungen, die sich ungeheuren Erfolgs erfreuen: täglich um 17 Uhr 30, samstags
15 Uhr und 17 Uhr 30.
IV. Teatr Eldorado 117

GŻ/25/2/1942
Freitag, 27.02.1942

Wus Majdłech Darfn Wisn [Was Mädchen wissen dürfen]


Die letzte Premiere im Theater Eldorado unter dem Titel Wus Majdłech Darfn Wisn in zwei
Akten (sechs Aufzügen) mit Prolog und Epilog von Sz. Steinberg (Musik Sz. Sekunda) zeigt
ein typisches Melodram aus dem Volkstheaterrepertoire. Das Stück (wir reden hier weder von
literarischem noch künstlerischem Wert) ist eine Art Propagandawerk, angereichert mit weit
verbreiteter gesellschaftlicher Moral.
Frau Regina Cukier, voll auf der Höhe ihres Schaffens, wurde vom Publikum mit nicht
enden wollenden Beifallsstürmen bedacht. Starke dramatische Akzente setzte Frau Noemi
Natan als Mutter von Frana. Mit viel Liebreiz schlüpfte Frau Fela Jawerbaumówna in die Rolle
des Kindes und Backfischs. Ein nettes Betätigungsfeld fand auch der bekannte Künstler Józef
orenstein. In weiteren Rollen sahen wir: Frau Ida Natan, Karl Cymbalist, Norski-Nożyce in
der komischen Rolle des Icyk, Maks Bryn, Symche Rozen und andere. Abwechslung brachten
die sehr wirkungsvollen Gesangs- und Tanznummern (Ballett Frau Irene Prusicka).
Die musikalische Gestaltung lag in den Händen des erprobten Dirigenten A. Wolsztein.
H. Cz.

15.16 Git mir ub mein harc


[pl. Zwróć mi moje serce, dt. Gib mir mein Herz zurück]

Autor/Texte: Nachber
Regie: Szlomo Kutner
Stück: Melodram
Premiere: 01.04.1942
Dernière: 15.04.1942
Aufführungen: 17
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr; an den Feiertagen und samstags um 15.00 Uhr zu ermä-
ßigten Preisen sowie 18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Szlomo Kutner; Jochewet Zylberg; Harry Zajderman; Estera Golden-
berg
Musikalische Leitung: Prof. Icchak Zaks
Presse: Keine Kritik gefunden; Redaktion GŻ/39/2/1942

GŻ/39/2/1942
Mittwoch, 01.04.1942

Sensationelle Premiere im Theater Eldorado


Zur Zeit läuft im Theater Eldorado täglich das äußerst interessante Stück Git mir ub mein Harc
von Nachber. Regie und auch auf der Bühne: der hervorragende Sz. Kutner. Für dieses Stück
wurde das Ensemble vergrößert, an der Spitze neben Sz. Kutner Auftritte von Estera Golden-
berg, Jochewet Zylbeg und Hary Zajderman. Orchesterleitung Professor Icchak Zaks. Vorstellun-
gen täglich 17 Uhr 30. An den Feiertagen und samstags um 15 Uhr Vorstellungen zu ermäßigten
Preisen sowie 18 Uhr.
118 IV. Teatr Eldorado

15.17 Cypke Fajer


[pl. Ognista Cypka, dt. Der feurige Cypke]

Autor/Texte: J. Sigal
Stück: Komödie in drei Akten
Premiere: 17.04.1942
Dernière: 21.04.1942
Aufführungen: 6
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Szlomo Kutner [Jankiel Fajer]; Jochewet Zylberg [Cypke Fajer];
Józef orensztejn
Musikalische Leitung: Icchak Zaks
Presse: Kritik GŻ/45/2/1942

GŻ/45/2/1942
Mittwoch, 15.04.1942

Cypke Fajer [Der feurige Cypke]


Komödie in drei Akten von Sigal. Auftritt der Künstlerin Frau J. Zylberg
Ähnlich wie das Theater Nowy Azazel besinnt sich auch das Theater Eldorado auf Stücke
aus dem alten Volkstheaterrepertoire. Wie schon mehrmals betont, sind das Stücke für die
breite Volksmasse, die nach naiven und anspruchslosen Geschichten verlangt, die Herz und
Überzeugung in eingängigen Formen ansprechen, mit Szenen, die zu Tränen rühren, als
auch solchen, die durch ihre Direktheit zum Lachen reizen. Die Geschichte der Cypka ist die
Geschichte einer jungen Frau aus dem Volk, die davon träumt, dass sie die Frau eines Bankiers-
sohnes sei, der den Namen ihres verstorbenen Ehemannes trüge. Kein Wunder, dass die Zu-
schauer, die diese Art von Spektakel lieben, damit zufrieden gestellt sind.
Die Titelrolle gab mit viel Humor und Temperament Frau J. Zylberg, die mit reichlich Bei-
fall und Bravos belohnt wurde. Besonders effektvoll waren ihre Gesangsnummern. Der
bekannte Schauspieler und Sänger Herr J. Orenstein gab den „lebenden Leichnam“ auf ent-
sprechendem Schauspielerniveau und zeigte seine Rolle mit großem Erfolg. Herr Sz. Kutner,
ein Schauspieler mit exzellentem Ruf in der Schaupielerszene, spielte mit viel Humor die
Rolle des Jankel Fajer, wobei er allerdings allzu sehr den Chargenschauspieler in den Vorder-
grund stellte. Die Solisten wurden vom Orchester unter der Leitung von Professor I. Zaks
begleitet.
H. Cz.

15.18 Di freiliche Mechutonim


[pl. Wesele świekrowie, dt. Die fröhlichen Schwiegereltern]

Autor/Texte: Zelig Kalmanowicz


Regie: Szlomo Kutner
Stück: Komödie in drei Akten
Premiere: 23.04.1942
IV. Teatr Eldorado 119

Dernière: 22.05.1942
Aufführungen: 34
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Abram Kurc [Schuster]; Szlomo Kutner [grober Alter]; Karl Cymbalist
[Schneider]; Dora Fakiel [Sona]; Naomi Natan [Dora, Schwester von Sona]; Harry Zajder-
man [Sohn des Schneiders]; Józef orensztejn; Irena Welisz [älteres Fräulein Sura-Małka];
Ewa Sztokfeder [Frau des Schneiders]
Presse: Kritik GŻ/51/2/1942; Redaktion GŻ/49/2/1942

GŻ/49/2/1942
Freitag, 24.04.1942

Vergnügliche Premiere im Theater Eldorado


Auf der Bühne des Theaters Eldorado, Dzielna-Straße 1, läuft zur Zeit die äußerst humorvolle
Komödie Di freiliche Mechutonim mit durch hervorragende Künstler verstärktem Ensemble.
Premiere war am 23. dieses Monats. Vorstellungen täglich 17 Uhr 30, samstags 15 Uhr und
17 Uhr 30.

GŻ/51/2/1942
Mittwoch, 29.04.1942

Frajliche Mechutonim im Eldorado [Die fröhlichen Schwiegereltern]


Frajliche Mechutonim (Weseli świękrowie) ist ein Volksstück, eine ungewöhnliche Charakter-
studie des Kleinbürgerlebens. Zwei Familien: die eines Schusters und die eines Schneiders,
die nebeneinander wohnen, getrennt durch eine Wand, das Abbild einer kleinen jüdischen
Welt mit ihren typischen kleinen Geschäften, Freuden und Sorgen. Der Schustersohn, mit Be-
streben nach Höherem, verliebt sich in die schöne Schneidertochter. Das halten beide Familien
für eine Mesalliance, die Schusterfamilie hält sich für etwas Besseres als die Schneider-
familie – und umgekehrt. Diese anspruchslose, aber ungekünstelte Erzählung wird interes-
sant durch eine entsprechende Ausleuchtung der Hintergründe. Sehr trefflich gelungen in
diesem Stück – Typen und Umwelt, ein Stück, das eher Melodram denn Komödie ist. Gezeigt
werden dramatische Momente aus dem Intimleben zweier Schwestern: Sona und Dora.
Frajliche Mechutonim ist beileibe nichts Neues im jüdischen Theaterrepertoire, kann aber,
bei guter szenischer Bearbeitung, durchaus ein Erfolg werden. Jüdische Schauspieler lieben
es, sich aufzuspielen, und haben in solchen Stücken trefflich Gelegenheit, sich an der Rampe
darzustellen.
Man muss zugestehen, dass die Direktion des Eldorado sich die passenden Schauspieler für
dieses Stück ausgesucht hat, die sich hier – im Wortsinne – wie zu Hause fühlen. Nur routi-
nierte und erfahrene Schauspieler wie A. Kurc, Sz. Kutner und K. Cymbalist können aus dem
abgegriffenen Stoff und den aufgebauschten Figuren Charaktertypen machen. A. Kurc gibt
den Schuster, der phantasievoll über seinen Beruf fabuliert, K. Cymbalist den Schneider, der,
um seiner Umwelt zu imponieren, ein Talmudgelehrter zu sein vorgibt, und Sz. Kutner zeigt
uns einen groben, aber im Herzen braven Alten, der jetzt im Alter zu seiner Angebeteten
aus der Jugendzeit zurückfindet. Sehr gut gaben Dora Fakiel und I. Natanówna die durch
eine geheimnisvolle Romanze verbundenen zwei Schwestern. Ausgezeichnet Herr H. Zajder-
man als verliebter Jüngling. Erwähnenswert unter den übrigen Schauspielern: J. Orensztejn,
120 IV. Teatr Eldorado

I. Welisz, charaktervoll in der Rolle Sura-Małka, der alten Nachbarin, E. Stokfederowa


als Schneidersfrau, die gute und liebevolle jüdische Mutter. Regie: Ohne Fehl und Tadel
Sz. Kutner.
H. Cz.

15.19 Godzina przed ślubem


[dt. Die Stunde vor der Hochzeit]

Autor/Texte: A. Sigal
Regie: Szlomo Kutner
Stück: Melodram in drei Akten
Premiere: 24.05.1942
Dernière: 19.06.1942
Aufführungen: 30
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Szlomo Kutner [Bender]; Abram Kurc [Jeruchom, Vater von Sona];
Józef orensztejn [Albert]; Jochewet Zylberg [Sonia]; Dawid Birenbaum [Heiratsvermitt-
ler und Kantor]
Presse: Kritik GŻ/61/2/1942

GŻ/61/2/1942
Sonntag, 24.05.1942

Godzina przed ślubem


Stück in drei Akten von A. Sigal, Regie Sz. Kutner
Das Stück handelt von der unglücklichen Liebe der Hausbediensteten Soni zu Albert, dem
Sohn eines ehemals reichen Mannes. Die Mutter Alberts, hochverschuldet bei dem Neureichen
Bender, zwingt ihren Sohn, Sura, die Tochter Benders, zu heiraten, woraufhin sich die ent-
täuschte Sonia der käuflichen Liebe verschreibt. In der Zwischenzeit studierte Albert dank der
Unterstützung seiner Schwiegereltern, geht ans Gericht, wo er als Richter auf eine gefallene
Frau trifft – die frühere Hausbedienstete Sonia.
Die Schauspieler agieren auf höchstem künstlerischem Niveau, besonders hervorzuheben ist
dabei Herr Szlomo Kutner in der Rolle eines Menschen, der bar jeder Skrupel, der sich alles,
was er will, dank der Kraft seiner Geldbeutels verschafft. Herr Kurc gab mit Jeruchom, den
Vater von Soni einen weiteren Beweis seines außergewöhnlichen Talents. Das gelungen Bild
des unglücklich Liebespaares Albert und Sonia zeigten Herr Orensztajn und Frau J. Zylberg.
Erwähnenswert auch Herr D. Birenbaum, der zwar in kleineren Rollen als Heiratsvermittler
und Kantor auftrat, sich aber dennoch dem Gedächtnis der Zuschauer einprägte. Insgesamt ein
sehenswertes Stück.
Z.
IV. Teatr Eldorado 121

15.20 Der Dorfs Jung


[pl. Młody Wieśniak, dt. Der Junge vom Dorf]

Autor/Texte: Leon Kobryn


Regie: Maks Wiskind
Stück: Stück in drei Akten
Premiere: 21.06.1942
Dernière: ca. 20.07.1942
Vorstellungen: täglich 17:30 Uhr, samstags 15:00 Uhr und 17:45 Uhr
Besetzung/Rollen: Dora Fakiel [Natasza]; Harry Zajderman [jugendlicher Liebhaber Jankl
Boile]; Maks Bryn; Symcha Rozen; Naomi Natan [geistig zurückgebliebenes Scheusal];
Meier Winder [religiöser Fanatiker]; Abram Kurc [der alte Prokop]; Szlomo Kutner; Ewa
Sztokfeder [Mutter]; Józef Najwert [onkel]; Szlomo Kon.
Musikalische Leitung: Icchak Zaks
Choreographie/Ballett: Irena Prusicka
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/73/2/1942; Anzeige GŻ/75/6/1942; Anzeige GŻ/76/2/1942

GŻ/73/2/1942
Sonntag, 21.06.1942

Der Dorfs-Jung
Das jetzt im Eldorado aufgeführte Stück Der Dorfs-Jung von L. Kobryner und in der Regie
von M. Wiskind muss ohne jeden Zweifel als positiv im Repertoire dieses Theaters verzeichnet
werden. Das eigentliche Problem, das Thema des Stückes ist für uns kein aktuelles Problem
in dem Sinne, der Autor behandelt es vor dem Hintergrund schon ziemlich lange vergangener
Zeiten, jedoch ist die in einer Katastrophe endende Tragödie zweier miteinander verstrickter
Jugendlicher für uns in vieler Hinsicht verständlich und nahe unserem Herzen, besonders wenn
Regisseur und Akteure sich so viel Mühe geben, die Vorstellung mit Leben und Wahrheit zu
füllen.
Die Rolle des ungestümen, des verzweifelt mit Menschen und Schicksal ringenden Jungen,
einfach und stark wie die Natur, gestaltete mit Kraft und Wahrhaftigkeit Herr Zajderman, we-
niger überzeugend hingegen war das Spiel von Frau Fakiel. Ihre Natasza ist zu sentimental und
zu leichtsinnig, als dies ein einfaches Landmädel wäre. Frau Natan (Verlobte Chajka) versetzte
sich trefflich in die Rolle des geistig zurückgebliebenen Scheusals.
Hervorragend Herr Winder als religiöser Fanatiker, als einzig „gelehrter“ in dem einfachen
und bescheidenen Milieu jüdischer Fischer. Den sympathischen alten Bauern Prokop gab Herr
Kurc. Etwas blass fielen die Figuren der Mutter und des oheims aus, gegeben von Frau Sztok-
feder und Herrn Najwirt. Der Rest des Ensembles spielte angemessen. Gelungen die Choreo-
graphie von Frau Prusicka. Rühmenswert die Dekoration von Herrn Liberman.
Sewer.
122 IV. Teatr Eldorado

Abb. 28: Programm Dorfs-Jung. Links unten, letzte Zeile: Fischer – Landleute – Musikanten.

15.21 Extravorstellungen
O 12-tej w Eldorado
Um 12 im Eldorado
Vorstellung: 22.03.1941, 12.00 Uhr Matinee
Texte: Henr. Lir
Regie: Stanisław Stański
Besetzung: Diana Blumenfeld; Renato Carmino; Ada Falk; Maria Hinterhof; Ina Holska;
Zofia Karina; Henryk Karpiński; Estera Milsztejn; Bołesław Norski-Nożyca; Stanisław
Stański; Wiktoria Kawecka
Musikalische Leitung: Mieczysław Rabinowicz
Choreographie/Ballett: Irena Prusicka
Presse: Kritik GŻ/29/3/1941

GŻ/29/3/1941
Freitag, 11.04.1941

Um 12 im Eldorado
Im jüdischen Viertel in Warschau ist es jetzt Mode geworden, Matineen mit Gesang und Musik
zu präsentieren, woraufhin die rege Direktion des Eldorado beschlossen hat, diesem Pfad zu fol-
gen und am Samstag, den 22. März, um 12 Uhr eine exzellente Revue auf die Bühne zu bringen,
IV. Teatr Eldorado 123

wobei der ausverkaufte Saal der schlagende Beweis für das Interesse des Publikums an sol-
chen Veranstaltungen war. Das Originelle an dem Programm waren die polnisch-jüdischen
Nummern, wobei das Schwergewicht auf den polnischen lag, die dem Publikum außerordent-
lich gefielen. Zu sehen auf der Bühne waren: Diana Blumenfeld, Renato Carmina, Ada Falk,
Maria Hinterhof, Ina Holska, Zofia Karina, Henryk Karpiński, Estera Milsztejn, Norski-Nożyca,
Irena Prusicka, die musikalische Leitung hatte Mieczysław Rabinowicz, Regie führte Stanisław
Stański, dazu ein Bukett wunderschöner jüdischer Tänze mit dem Corps de Ballet des El-
dorado – alles in allem zauberhafte Darbietungen mit gesprochenem Wort, Gesang, Tanz,
beeindruckend und berührend. Etwas für Auge und Ohr. Anzumerken ist, dass unter den Mit-
wirkenden vorwiegend junge jüdische Künstler agierten, die mit ihrem Schwung und Elan die
Aufführung entscheidend bereicherten. Genug der Vorrede… Das Programm, das mit einem
schönen Prolog begann, war vielleicht etwas überladen, was die Anzahl der Nummern betraf,
wobei jedoch jeder der Künstler die gestellten Anforderungen mühelos meisterte und vom
Publikum mit Beifall bedacht wurde, der die Theatermauern erzittern ließ. Den Theaterreigen
führten an: die Damen Diana Blumenfeld (mit den Liedern „Draj techterlech,” „Surele“ und
„Cygajner“) und Maria Hinterhof, die mit ausgezeichneter Begleitung des Orchesters (Dirigat
Herr Miecz. Rabinowicz) „Lawina“ rezitierte. Irena Prusicka zeigte den expressionistisch
choreographierten Tanz „Robotnica,” Estera Milsztejn glänzte mit einer komischen Tanz-
nummer, glockenhellem Gesang und… Pfeifen, Renato Carmino, ehemals Mitglied der italie-
nischen oper, bestach mit seiner schönen Tenorstimme, schließlich Herr Norski-Nożycki, der
König der Revuebühnen, der im jüdischen Viertel äußerst populäre hervorragende Komiker,
Coupletsänger und unvergleichliche Witzerzähler.
Die Sketche „Egzamin“ und „Diabeł nie żona“ begeisterten das Publikum durch ihren frivo-
len Humor und sprühenden Witz auf hohem Niveau aus der Feder von Herrn Henr. Lira, der die
literarische Verantwortung für das Programm innehatte.
Souverän durch das Programm führte von Anfang bis zum Finale als Conférencier und Sän-
ger Herr Stanisław Stański.
Die Darbietungen „Czardasz“ und „Boy i pokojówki” (außerordentlich effektvoll) des hervor-
ragenden Balletts trafen auf enthusiastische Zustimmung des Publikums. Zofia Karina, noch
lebhaft in Erinnerung aus den Zeiten des berühmten Nowości, Wiktoria Kawecka […]
H. Cz.

Farkojfte Neszumes
Vorstellung: 07.10.1941, 12.00 Uhr Matinee
Presse: GŻ/94/5/1941
GŻ/94/5/1941
Freitag, 03.10.1941

Regina Cukier im Theater Eldorado


Am vergangenen Freitag feierte im Eldorado die von Humor sprudelnde Komödie Icykł
Szołtyk in drei Akten von Steinberg eine gelungene Premiere. In der Titelrolle: Regina Cukier,
der Liebling des Publikums. Vorstellungen täglich 18 Uhr. Samstag und an den Feiertagen
Sondervorstellungen um 15 Uhr zu ermäßigten Preisen. Für alle, die bis jetzt noch keine
Gelegenheit hatten, das ausgezeichnete Stück Farkojfte Neszumes zu sehen, wird es am Diens-
tag, den 7. Oktober um 12 Uhr als Sondervorstellung zu ermäßigten Preisen in einer Matinee
gespielt.
124 IV. Teatr Eldorado

Parada przebojów
Schlagerparade
Vorstellungen: 13.04.1941 und 14.04.1941, 12.15 Uhr Theatermatinee
Presse: Redaktion GŻ/29/3/1941

GŻ/29/3/1941
Sonntag, 08.03.1941

Schlagerparade
Am Sonntag und Montag, den 13. und 14. April wird um 12 Uhr 15 die hervorragende Revue
„Schlagerparade“ aufgeführt. Regie führt Stanisław Stański, es tanzt das Irena-Prusicka-Ballett,
zu sehen sind 15 hervorragende Künstler jüdischer und polnischer Bühnen.

Großer Benefizabend Regina Cukier


Vorstellung: 16.04.1941, 17.30 Uhr
Stücke: Di mazeldyke Chasene, Dus Dorfs Mejdł sowie ein großes Revueprogramm
Besetzung: Regina Cukier; Ajzyk Samberg; Maks Bryn; Ewa Sztokfeder; Pola Rozen;
Jakub Grynszpan; Symcha Rozen; Karl Cymbalist; Abram Kurc; Irena Welisz; Dawid
Birenbaum; Symcha Szeftel; Irena Prusicka; Arnold Wolsztejn
Presse: Kritik GŻ/34/3/1941

GŻ/34/3/1941
Dienstag, 29.04.1941

Benefiz Regina Cukier


Die Benefizveranstaltung der hervorragenden jüdischen Künstlerin Regina Cukier füllte den
Saal des Eldorado bis auf den letzten Platz. Diese singende, tanzende, champagnerprickeln-
den Humor verbreitende erstklassige Vaudevilldarstellerin war jetzt bei ihrer Benefizveran-
staltung, die den Charakter einer Festveranstaltung hatte, mit dem ihr eigenen Naturell zu
bewundern. Regina Cukier, uns wohlbekannt als Dżenki in Di mazełdyke chasene, als Gitl in
Dus Dorfsmejdł und aus Komediantki, übertraf diesmal sich selbst, sie schlug ihr Publikum
in Bann und schuf durch ihr Spiel eine Herzensbrücke zwischen Bühne und Publikum mit
gemeinsamen Augenblicken von Gefühl und Freude. Regina Cukier brachte Lieder aus von
ihr gespielten Rollen, gesungen mit unglaublicher Feinheit, mit allen Geheimnissen ihres
wunderbaren Talentes, mit denen sie die Herzen der Zuschauer erobert. Begeisterter Beifall und
unzählige Dacapo Rufe wollten nicht aufhören. Ihre Lieder strahlen so viel Zauber aus, dass
sie ständig auf den jüdischen Straßen zu hören sind, z. B. das äußerst populäre „Kraczikrak“
(ein Lobgesang auf ein Städtchen am Rande der Welt, aber schöner als Paris), oder „Gitl“ (das
die guten Eigenschaften und Vorzüge der Mädchen auf dem Land lobpreist) und und und…
In der Pause, bei geöffnetem Vorhang und vor dem versammelten Ensemble des Eldorado,
würdigte der berühmte Tragöde A. Samberg mit herzlichen und warmen Worten die Benefiz-
iantin und wünschte ihr noch viele und erfolgreiche Jahre auf der Bühne. Auf der Bühne zu
sehen waren: Max Bryn, E. Sztokfeder, Pola Rosen, J. Grynszpan, S. Rosen, Karl Cymbalist,
A. Kurc, I. Welisz, D. Birnbaum und S. Szeftel. Dazu kamen der Auftritt von A. Samberg mit
einer ausdrucksstarken Szene aus Molières Der Geizige sowie Tanzdarbietungen von Irena
IV. Teatr Eldorado 125

Prusicka. Die Regie von Karl Cymbalist und das Orchester unter der musikalischen Leitung
von Herrn A. Wolsztejn – ohne Fehl und Tadel.
H. Cz.

Abschiedsvorstellungen von Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symcha Fostel


Unzer Rebeniu und A jam fun fargenigen;
Vorstellung: 02.09.1941,
Presse: Redaktion GŻ/78/5/1941 [siehe oben]

Ein Jahr jüdisches Theater – Jubiläumsveranstaltung im Teatr Eldorado


Vorstellung: 17.12.1941,
Besetzung: Dr. Edmund Stein (Vertreter des Judenrates); Regina Cukier; Ajzyk Samberg;
Jakub Grynszpan; Ensemble Eldorado
Presse: Redaktion GŻ/128/5/1941

GŻ/128/5/1941
Sonntag, 21.12.1941

Ein Jahr jüdisches Theater


Festveranstaltung im Eldorado
Am 17. Dezember 1941, am Jahrestag der Eröffnung des Eldorado, des ersten jüdischen The-
aters im jüdischen Viertel, fand im voll besetzten Saal des Eldorado eine Festaufführung ver-
bunden mit Feierlichkeiten statt. In Vertretung des Judenratsvorsitzenden A. Czerniakow be-
grüßte Dr. Edmund Stein, Leiter der Abteilung Kunst und Kultur, die Versammlung und
wünschte dem jüdischen Theater das Beste. Alle Redner betonten die Wichtigkeit von Spiel-
stätten und die Verdienste derjenigen, die sich mit Hingabe dem Theater widmeten. Danach
folgte ein reichhaltiges Programm, gegeben von den hervorragendsten Bühnenkünstlern mit
dem Publikumsliebling Regina Cukier, dem bekannten Tragöden A. Samberg, dem talentier-
ten Sänger J. Grynszpan sowie dem gesamten Ensemble des Eldorado. Das Publikum ließ
die Bühne und die jüdischen Schauspieler hochleben und bedachte sie mit nicht enden wollen-
dem Beifall.

Kolorowy szum (Buntes Gewimmel)


Vorstellung: 10.02.1942, Gastspiel Kinderensemble Die blauen Küken (Niebieskie
Pisklęta)
Autor/Texte: u.a. Julian Tuwim
Regie: Jabłoński
Ausstattung: Nusbaum
Kostüme: Welczer Szwajgerowa
Presse: Kritik GŻ/5/2/1942
126 IV. Teatr Eldorado

GŻ/5/2/1942
Sonntag, 11.01.1942

Das Kinderensemble Niebieskie Pisklęta im Theater Eldorado – Kolorowy szum


Eine fröhliche Premiere auf den Brettern des Eldorado gab es am Samstag zu sehen. Das Kinder-
ensemble Niebieskie Pisklęta hatte dank unermüdlicher Bemühungen einiger Enthusiasten
Premiere mit dem Stück Kolorowy Szum. Fürwahr, ein treffender Titel. Auf der Bühne: Farbe
und vortrefflich ausgearbeitete Texte, die zwar an die Mentalität von Kindern angepasst waren,
aber dennoch das große „K“ der Kunst nicht vergessen hatten. Niebieskie Pisklęta präsentierte
sich hervorragend. Ein Programm jenseits aller Kinderklischees – Texte von Tuwim, darunter
das unter Kindern sehr populäre „Biały Dom” – überzeugte das Publikum jedweden Alters
durch Inszenierung und Darbietung. Besonders gelungen der Beitrag „Ptasie Radio.” Die
Symphonie der Farben und des gesprochenen Wortes wurde von den Kindern enthusiastisch
aufgenommen. Völlig neu war auch der Einfall, Märchen in Form von Buchseiten zu präsen-
tieren, nicht zum genauen Durchlesen, sondern zum Durchblättern gedacht. Das ausgezeichnete
Konzept dieser Nummer beeindruckte sehr, sozusagen Märchen in Kurzform, gewissermaßen
als Symbole, die den jungen Zuschauern zweifellos im Gedächtnis bleiben werden.
Das größte Wunder aber waren die Kinderschauspieler. Nichts war gekünstelt oder schau-
spielerhaft. Sie spielten nicht, sie lebten auf der Bühne. Über allem das wachsame Auge des
Regisseurs, der das Ganze aufmerksam führte. Die Gründer des Kinderensembles, der Regis-
seur Jabłoński und der Bühnenbildner Nusbaum, sowie die Schöpfer der zahlreichen Kostüme,
die Jung und Alt erfreuten, und auch Welczer Szwajgerowa versprechen ein festes, regelmäßig
auftretendes Kinderensemble. In diesen heute so schwierigen Zeiten gebührt ihnen für ihren
Mut und ihre Arbeit Dank und Anerkennung. In der Ankündigung für Niebieskie Pisklęta nen-
nen sie sich selbst die „Verrücktentroika“ – solche „Verrückte“ sollte es noch viele mehr geben.
Videus.

Matinee Arnold Wolsztejn


Vorstellung: 21.03.1942
Besetzung: Regina Cukier, Symcha Fostel, Francziska Mannówna (Tanz), Harry Zajder-
man, Dawid Zajderman, Jochewet Zylberg, Dora Fakiel, Estera Milsztaj
Presse: Kritik GŻ/38/2/1942

GŻ/38/2/1942
Sonntag, 29.03.1942

Matinee Arnold Wolszejn


Matinee im Eldorado
Als Dirigent und Komponist ist Arnold Wolsztejn eine feste Größe im jüdischen Viertel, seit
dort begonnen wurde, Theater zu spielen. Seit 15 Monaten fungiert er als musikalischer Leiter
des Eldorado. Fast alle dort gegebenen Stücke wurden von ihm musikalisch begleitet. Be-
sondere Berühmtheit erreichte er durch seine Texte und Melodien populärer Lieder, Couplets
usw. Alle jüdischen Künstler bringen – sei es in Revuen oder Theaterstücken – die von ihnen
komponierten und getexteten Werke. Im Programm der Matinee, die am 21. März im bis
auf den letzten Platz gefüllten Saal des „Eldorado“ stattfand, waren ausschließlich seine
Lieder und Texte zu hören und zu sehen. Die Matinee wurde gestaltet von: dem berühmten
Komiker S. Fostel, der „Ad musaj,” „3 serenady“ und „A swure“ zum Besten gab; Regina Cukier
IV. Teatr Eldorado 127

mit „A mojd,” „Dus rejdł drejt sich” und „Geld;” der jungen und berühmten Tänzerin
F. Mannówna; H. Zajderman mit „Białe Noce” sowie D. Zajderman mit „Jom Kipur“ und
„Epes felt mir.” Weitere Künstler waren: Irena Prusicka und ihr Ballet; J. Zylberg mit „Klan-
gen,” „Wuz zajn-zol zajn;” Dora Fakiel „Darf niszt zirgen;” E. Milsztajn mit „Taniec ślubny.”
Das reichhaltige Programm, das von der Vielseitigkeit des Komponisten und Dirigenten
beredt Zeugnis ablegt, begeisterte das Publikum. Wolsztejn und die Akteure schlugen sich her-
vorragend.
H.Cz.

Dus Kabaret Mejdł – Benefiz Regina Cukier


Vorstellung: 06.05.1942
Regie: Karl Cymbalist
Besetzung/Rollen: Regina Cukier; Symcha Rozen; Ewa Sztokfeder; Abraham Kurc; Dora
Fakiel; Symcha Fostel
Presse: Kritik GŻ/61/2/1942

GŻ/61/2/1942
Sonntag, 24.05.1942

Benefiz Regina Cukier


Am 6. Mai fand in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal des Eldorado ein Benefiz zu-
gunsten der grandiosen jüdischen Bühnenkünstlerin Regina Cukier statt, die in ihrer an diesem
Abend in der Komödie Dus Kabaret Majdł (Regie Karl Cymbalist) gegebenen Rolle ihre uns
so wohlbekannte Schauspielkunst entfaltete. Frenetischer und nicht enden wollender Beifall
begleitete jeden Auftritt dieser im jüdischen Viertel so beliebten Künstlerin. Das Stück han-
delt von einem eifersüchtigen Mann und endet äußerst tragisch endet, indem der Mann das
geliebte Kind umbringt und dann Selbstmord begeht. Herr Cymbalist zeigte als eifersüchtiger
Ehemann sein ganzes außergewöhnliches Können. Die übrigen Neureichen gaben: S. Rosen
als Filip Rubinson und E. Sztokfeder als seine Frau. A. Kurc spielte einen typischen Professor.
Zum absoluten Höhepunkt wurde der dritte Akt, in dem Dora Fakiel mit ihrer wunderschönen
Stimme in der Rolle der Zigeunerin glänzte. Mit großem Applaus wurden bedacht: der „alte
Hase“ jüdischer Bühnen, Herr Kutner, sowie der mit seinem Repertoire unvergleichliche Herr
Fostel. Star des Abends war aber Regina Cukier, die mit den Liedern „Dos rejdełe drejt sech“
und „Złodzieje” den Abend krönte.
Z.
128 IV. Teatr Eldorado

16. PERSÖNLICHKEITEN UND ANZEIGEN AUS DEM


THEATER ELDORADO

Die erste Ghettopremiere…

Abb. 29: Freikarte für Emanuel Ringelblum anlässlich der Premiere des ersten Stückes In Rejdł
im Teatr Eldorado.

Teatr Eldorado Dzielna-Straße 1


Dem sehr geehrten Herrn Ringelblum
Hiermit laden wir höflich ein, den sehr geehrten Herrn zu der Premiere
des Stückes In Rejdł – w kołeczku am Dienstag, den 10. Dezember 1940 um 15 Uhr
Die Direktion
mit Hochachtung Ryba
Freikarte Reihe 5, Sitze 5-6; die Einladung gilt als Eintrittskarte für 2 Personen
IV. Teatr Eldorado 129

Die kurzen Auftritte des Żak Lewi...

Abb. 30:
Żak Lewi.

Żak Lewi spielte am Eldorado die Eröffnungsvorstellung In Rejdł und hatte 46 Vorstel-
lungen. Außer der Erwähnung in der Kritik für In Rejdł („Jack Lewi, allseits bekannt auf
´jüdischen Straßen´, routinierter Schauspieler und Rezitator, selbst auch begabter Literat,
gibt ´Karciarze’ expressiv und mit großem Ausdruck – eine wahrhaft dramatische Num-
mer“) wurde er in der Gazeta Żydowska nur noch ein Mal genannt:

Am 8. Februar fand im Sala Gospody Artystów in der orla-Straße 6 ein künstlerisch-literari-


scher Abend statt, der dem Schaffen des literarischen Humoristen J. Obarzanek gewidmet war,
dem Autor des Stückes Nadir un wein niszt. Anwesend waren: Zymra Zeligfeld, Chana Lerner,
Symche Fostel, Jack Lewi […]
130 IV. Teatr Eldorado

Anzeigen aus dem Theater Eldorado

Ausgabennummer Anzeige (Übersetzung)132 Faksimile133

GŻ/42/11/1940 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Täglich um 17.30 Uhr
Samstags und sonntags 15 Uhr
und 17.30 Uhr
Großes musikalisches Schauspiel
„In Rejdl“ – Im Kreise132
Stück in zwei Aufzügen (14 Bilder)

GŻ/44/11/1940 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
LETZTE [SPIEL-]TAGE.
Täglich um 17.30 Uhr
Samstags und sonntags 15 Uhr
und 17 Uhr 30
Großartige Revue
„In Rejdl“ – Im Kreise 133
Stück in zwei Aufzügen (14 Bilder)
SENSATIONELLES STÜCK in Vorbereitung.

GŻ/11/10/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
unwiderruflich die letzten 6 [Spiel-] Tage
„DI MAZEŁDyGE CHASENE”
in der Hauptrolle REGINA CUKIER
Freitag, 14. Februar 1941 Premiere
„DUS DORFSMEDEL“
Komödie in zwei Akten

GŻ/15/9/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Heute und täglich 17.45 Uhr,
samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen)
sowie 17.45 Uhr
„DUS DORFS MEJDŁ”
Komödie in zwei Akten
In der Titelrolle REGINA CUKIER
Regie: KARL CYMBALIST

132 Im Original polnische Übersetzung des jiddischen Originaltitels


133 Im Original polnische Übersetzung des jiddischen Originaltitels
IV. Teatr Eldorado 131

GŻ/17/4/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna [-Straße] 1
Täglich 17.45 Uhr, samstags 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) sowie 17.45 Uhr
Komödie in zwei Akten
DUS DORFS MEJDŁ
Regie: Karl Cymbalist
In der Titelrolle REGINA CUKIER

GŻ/21/8/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Täglich 17.45 Uhr, samstags 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) sowie 17.45 Uhr
„DUS DORFS MEJDŁ“
Komödie in zwei Akten –
Regie: KARL CYMBALIST
In der Titelrolle REGINA CUKIER
GROSSE PREMIERE IN VORBEREITUNG.

GŻ/23/10/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
unwiderruflich die letzten 5 [Spiel-] Tage
„DUS DORFS MEJDŁ“
Regie KARL CYMBALIST
in der Titelrolle REGINA CUKIER
Beginn 17.20 Uhr – Ende 19.20 Uhr
am Freitag, 28. März große Premiere
[des Stücks]
Komediantka

GŻ/35/8/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Heute und täglich 18.00 Uhr
samstags 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
GROSSE PREMIERE
RyWKEŁE DEM REBNS
Komödie in zwei Akten (5 Bilder) von
Z. Kalmanowicz, Musik: M. Elsztejn
Regie: Karl Cymbalist
In der Titelrolle REGINA CUKIER.
Ausgezeichnete Besetzung.
132 IV. Teatr Eldorado

GŻ/37/8/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Täglich um 17.45 Uhr
samstags 15.00 Uhr und 17.45 Uhr
DER GROSSE ERFOLG
RyWKEŁE DEM REBNS
Regie: Karl Cymbalist
In der Titelrolle REGINA CUKIER
AUSGEZEICHNETE BESETZUNG.

GŻ/39/8/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Täglich um 17.45 Uhr
samstags 15.00 Uhr und 17.45 Uhr
DER GROSSE ERFOLG
RyWKEŁE DEM REBNS
Regie: Karl Cymbalist
In der Titelrolle REGINA CUKIER

GŻ/43/8/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
UNWIDERRUFLICH DIE LETZTEN
4 [SPIEL-] TAGE
Freitag 18.00 Uhr, samstags und sonntags (feier-
tags) je 2 Vorstellungen, 15.00 und 18.00 Uhr
HERVORRAGENDE KOMÖDIE
RyWKEŁE DEM REBNS
In der Titelrolle REGINA CUKIER
Regie: Karl Cymbalist.
Dienstag, 3. Juni, Abschiedsvorstellung von
Regina CUKIER
Am Freitag, 6. Juni, SENSATIONELLE
PREMIERE [des Stückes]
CIPE FUN NOWOLIPE
In den Hauptrollen treten auf:
CHANA LERNER, DAWID ZAJDERMAN,
SYMCHE FOSTEL

GŻ/49/8/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Heute und täglich 18.00 Uhr
samstags 15.00 und 18.00 Uhr
CIPE FUN NOWOLIPE
Komödie von S. Korn-Teuer
in den Hauptrollen:
Chana LERNER, Dawid ZAJDERMAN,
Symche FOSTEL
Karten an der Theaterkasse [erhältlich].
IV. Teatr Eldorado 133

GŻ/57/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Heute und täglich 17.45 Uhr
samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen)
und 17.45 Uhr
GROSSE PREMIERE
A HAJM FAR A MAME
Stück in 3 Akten (4 Bilder) von
Z. Kalmanowicz
Regie: D. Zajderman
Musik A. Wolsztejn –
Ausstattung A. Liberman
In den Hauptrollen:
CHANA LERNER
DAWID ZAJDERMAN
SYMCHE FOSTEL
Karten an der Theaterkasse [erhältlich].

GŻ/60/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Heute und täglich 18.00 Uhr,
samstags 15.00 und 18.00 Uhr
A HAJM FAR A MAME
(MUTTER und SOHN)
[Stück von] J. Kalmanowicz in 3 Akten
Bewegendes Schauspiel!!
In den Hauptrollen:
Chana Lerner, Dawid Zajderman,
Symcha Fostel

GŻ/63/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Die dritte Woche:
Heute und täglich 18.00 Uhr,
samstags 15.00 und 18.00 Uhr
DER GROSSE ERFOLG
A HAJM FAR A MAME
(MUTTER und SOHN)
In den Hauptrollen:
Chana Lerner, Dawid Zajderman,
Symcha Fostel
134 IV. Teatr Eldorado

GŻ/67/4/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Unwiderruflich die letzten 3 [Spiel-] Tage
A HAJM FAR A MAME
In den Hauptrollen:
Chana Lerner, Dawid Zajderman,
Symche Fostel
Mittwoch, 6. August,
GROSSE PREMIERE [des Stücks]
UNZER REBENIU

GŻ/69/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Heute und täglich 17.00 Uhr,
samstags 15.00 Uhr und 17.00 Uhr
Sensationelles Schauspiel
UNZER REBENIU
In 3 Akten von I. Frejman
In den Hauptrollen:
CH. LERNER, D. ZAJDERMAN,
S. FOSTEL

GŻ/72/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Heute und täglich 18.00 Uhr,
samstags 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
DER GROSSE ERFOLG
Das Volkskunststück in 3 Akten
UNZER REBENIU
In den Hauptrollen:
Chana Lerner, Dawid Zajderman,
Symcha Fostel

GŻ/75/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
NIE DAGEWESENER ERFOLG!
UNZER REBENIU
In den Hauptrollen:
CH. LERNER, D. ZAJDERMAN,
S. FOSTEL
Heute und täglich 18.00 Uhr,
samstags 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
IV. Teatr Eldorado 135

GŻ/78/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Zum letzten Mal samstags und sonntags um
18.00 Uhr
UNZER REBENIU sowie Sonderkonzert
Dienstag, 2. September Abschiedsabend für
CH. LERNER, D. ZAJDERMAN UND
S. FOSTEL [mit]
„A hajm far a mame“ sowie mit dem
heiteren Finale „A jam fun fargenigen“
Mittwoch, 3. September, feierliche Premiere
„FARKOJFTE NESZUMES“
Einzelheiten auf den Theaterplakaten.

GŻ/97/4/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Täglich 18.00 Uhr, samstags und
sonntags 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
ICyKŁ SZOŁTyK
Regie: Karl Cymbalist
In der Titelrolle: REGINA CUKIER

GŻ/102/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Freitag, den 24. oktober um 17.30 Uhr
FEIERLICHE PREMIERE
KABARET-MAJDEŁ
Dus Kabaret-Mejdl
Komödie in 3 Akten von A. Kalmanowicz
In der Hauptrolle REGINA CUKIER
Regie KARL CYMBALIST

GŻ/111/6/1941 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna-Straße 1
Freitag, den 14. November und täglich
um 17.30 Uhr
GROSSE PREMIERE
DI GRINE KALE
Komödie in 2 Akten von A. ANGL
In der Titelrolle REGINA CUKIER
Regie: KARL CYMBALIST
136 IV. Teatr Eldorado

GŻ/75/6/1942 Theater „ELDORADO“ Warschau,


Dzielna [-Straße] 1
Der große künstlerische Erfolg
Der Dorfs-Jung
[Stück] in 3 Akten von L. Kobryn – In
der Inszenierung und Regie: M. Wiskind –
Musikalische Gestaltung: Prof. Izaaks –
Ausstattung: A. Liberman –
Choreographie: Irena Prusicka
Beginn täglich 17.30 Uhr. Samstags 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) und 17.45 Uhr.
IV. Teatr Eldorado 137

V. Na Pięterku

1. DAS THEATER

Am 1. April 1941 nahm im vierten Stock des Hauses Nr. 29 in der Nowolipki-Straße das
Theater Na Pięterku den Spielbetrieb auf. Zur Premiere kamen drei Stücke und ermittelte
104 Aufführungen. Die letzte Vorstellung war im Juli 1941.
Das Na Pięterku war ein kleines Revuetheater, d. h. es wurden einzelne Nummern,
Sketche, Musik und Tanz gegeben, die Texte schrieb der künstlerische Leiter Artur Tur,
die musikalische Leitung hatte Leon Mendelson inne. Gespielt wurde auf Jiddisch und
Polnisch, und wie üblich bei Nummernrevuen wurde von den Darstellern Gesang, Tanz
und Sprechtext verlangt. Anlässlich der ersten Premiere schrieb die Gazeta Żydowska am
15. April 1941:

Anfang diesen Monats nahm im jüdischen Viertel ein neues kleines Revuetheater mit Namen
Na Pięterku seinen Spielbetrieb auf. Na Pięterku wurde gegründet von Schauspielern, die
früher an polnischen Bühnen engagiert waren. Das Programm ist abwechslungsreich, gespielt
wird auf Jiddisch und Polnisch, und verspricht Humor, Gesang und Tanz. Na Pięterku bietet
eine Bühne für polnischsprechende jüdische Schauspieler. Die erste Revue aus der Feder von
Artur Tur hat den Titel Wiosna idzie, Regie führt Józef Kinelski, der auch die Conférence über-
nimmt. Musik von Leon Mendelson. Wit Lewinson zeichnet für die Ausstattung verantwortlich.
Es treten auf: Maria Hinterhof, Zygmunt Szklar sowie Irena Prusicka mit ihrem Ballett.134

2. DIE LEITUNG

Künstlerischer Leiter des Na Pięterku war Artur Tur, dessen Karriere 1921 im „Kabarett
Sfinks“ als Chefdramaturg begann und der dann u. a. im „Teatr Mignon“, im „Qui pro
Quo“ und „Morskie oko“ arbeitete. Bei Beginn der okkupation änderte er seinen Namen
in Kozłowski, manchmal auch in Tur-Kozłowski. Leider ist nicht zu ergründen, warum
ein so hochkarätiger Theatermann wie Artur Tur nach Schließung des Na Pięterku nicht
in den anderen Theatern des Ghettos ein neues Engagement gefunden hat. Artur Tur über-
lebte das Ghetto, er starb 1968. Die musikalische Leitung hatte Leon Mendelson.

3. ZUM SPIELPLAN

Zur Premiere kamen drei Stücke, mit 104 ermittelten Aufführungen, die Spielzeit erstreckte
sich von April 1941 bis Juli 1941. Gegeben wurde Wiosna idzie (Der Frühling kommt),

134 GŻ/37/8/1941.
138 V. Na Pięterku

Znicz na Pięterku (Znicz im Na Pięterku) und Szaleństwo na Pięterku (Verrückt im Pięter-


ku), allesamt kabarettistische Revuen mit Musik und Tanzeinlagen. In diesen drei Stücken
spielten acht Schauspieler. In wie vielen Rollen sie zu sehen waren, lässt sich nicht ermit-
teln, da es sich – wie gesagt – um Revuen handelt, die aus einzelnen Nummern mit unter-
schiedlichen Besetzungen zusammengesetzt sind, und es leider keine Programmhefte oder
Besetzungszettel gibt. In allen drei Stücken spielte bzw. choreographierte Irena Prusicka,
in zwei Stücken war Michał Znicz zu sehen: in Znicz na Pięterku und Szaleństwo na
Pięterku; wie oft Irena Drybińska, Maria Dwoińska, Maria Hinterhof, Józef Kinelski,
Zygmunt Klar und J. Wajsfeld auftraten, konnte nicht ermittelt werden.

4. DAS ENSEMBLE

An der Spitze des Ensembles stand Michał Znicz, Film- und Bühnenstar im Vorkriegs-
polen, für Choreographie und Ballett zeichnete Irena Prusicka verantwortlich, für Bühnen-
bild und Ausstattung Wit Lewinson, Regie führte wohl in allen Stücken Józef Kinelski.
Nach einer Spielzeit vom 1. April 1941 bis Juli 1941 verließen nach der letzten Dernière
die Schauspieler die Spielstätte und wechselten zu anderen Theatern. Michał Znicz ging
ans Nowy Teatr Kameralny, Irena Drybińska spielte dann mit Unterbrechungen im Femina,
wo auch Maria Dwoińska für ein Stück und Józef Kinelski für neun Stücke engagiert
wurden, Maria Hinterhof trat nach Monaten ohne Engagement im Nowy Teatr Kameralny
und Melody Palace auf, Irena Prusicka schließlich, die schon vorher im Eldorado Choreo-
graphie gemacht hatte, war nach Ende des Engagements im Na Pięterku wieder im El-
dorado und im Femina als Choreographin im Engagement. Zum ständigen Ensemble
des Na Pięterku gehörten also Irena Drybińska, Maria Dwoińska, Maria Hinterhof, Józef
Kinelski, Irena Prusicka, Zygmunt Szklar, Wajsfeld und Michał Znicz.
Warum das Na Pięterku nur drei Premieren spielte, kann nur vermutet werden. offen-
sichtlich lebte es von der Bekanntheit und dem Können von Michał Znicz, und als dieser
zum Nowy Teatr Kameralny ging, Jonas Turkow schreibt „abgeworben wurde“ [„qu’on
avait fait venir du théâtre Kameralni“], löste sich das Ensemble auf.
Leider ist es nicht gelungen, in der Gazeta Żydowska Rezensionen der Vorstellungen
des Na Pięterku ausfindig zu machen. Einzig eine Anzeige und ein Bericht aus der Gazeta
Żydowska Nr. 30 vom 15. April 1941, dass im April 1941 dort zwei Vorstellungen für
Kinder stattfanden, organisiert von der Kinderecke in der Majzelsa-Straße, mit Teilnahme
von Kindern aus der Majzelsa-, Nowolipki- und Stawki-Straße. Gegeben wurden Gesang,
Tanz und Sketche. Die Einnahmen wurden zu Gunsten der Verpflegung der Kinder in der
Majzelsa-Straße 6 verwendet.
V. Na Pięterku 139

5. DAS REPERToIRE 1941

Stück Premiere Dernière Vorstellungen

Wiosna Idzie 01.04.1941 07.05.1941 37

Znicz na Pięterku 09.05.1941 15.06.1941 37

Szaleństwo na Pięterku 17.06.1941 Juli 1941 unbekannt

Extravorstellungen

Stück Premiere Dernière Kritik

Gastspiel „Kinderecke Majzelsa 6” April 1941 April 1941 GŻ/30/2/1941

6. STÜCKE
6.1 Wiosna idzie
[dt. Der Frühling kommt]

Autor: Artur Tur


Regie/Conference: Józef Kinelski
Stück: Revue auf Polnisch und Jiddisch
Premiere: 01.04.1941
Dernière: 07.05.1941
Vorstellungen: 37
Besetzung/Rollen: Maria Hinterhof; Irena Prusicka; Zygmunt Szklar
Musik: Leon Mendelson
Musikalische Leitung: unbekannnt
Choreographie: Irena Prusicka
Bühnenbild/Ausstattung: Wit Lewinson

6.2 Znicz na Pięterku


[dt. Znicz im Na Pięterku]

Regie/Künstlerische Leitung: Artur Tur


Stück: Revue mit Gesang und Tanz
Premiere: 09.05.1941 (17.30 Uhr)
Dernière: 15.06.1941
140 V. Na Pięterku

Vorstellungen: 37
Besetzung/Rollen: Michał Znicz; Irena Prusicka; Maria Dwoińska; Irena Drybyńska; J.
Wajsfeld; Jósef Kinelski
Musikalische Leitung: Leon Mendelson
Choreographie: Irena Prusicka
Presse: Anzeige GŻ/37/8/1941

6.3 Szaleństwo na Pięterku


[dt. Verrückt im Na Pięterku]

Regie/Künstlerische Leitung: Artur Tur


Stück: Revue mit Gesang und Tanz
Premiere: 17.06.1941 (17.30 Uhr)
Dernière: Ende Juli 1941
Vorstellungen: vermutete 30
Besetzung/Rollen: Michał Znicz; Irena Prusicka
Choreographie: Irena Prusicka

6.4 Extravorstellungen

Stück: Gastspiel „Kinderecke Majzelsa 6”


Regie: Blondowska
Vorstellung: April 1941
Besetzung/Rollen: Nuna Rozen (Schirleika); Sonia Wolgruch; Felcia Segał (Tanz); Rutka
Barenbaum; Marek Infeld (Piano); Izio Stenberg; Józef Uswatow (Conferencier)
Presse: Redaktion GŻ/30/2/1941

GŻ/30/2/1941
Dienstag, 15.04.1941

Na Pięterku Redaktion Veranstaltung für Kinder


Gelungene Veranstaltung für Kinder
In dem sympathischen kleinen Theater Na Pięterku (Nowolipki-Straße 29) gab es zwei sehr
gelungene Kindervorstellungen zu sehen.
Die „Kinderecke“ (Majzelsa-Straße 6), in der Kinder aus Wohnblocks der Majzelsa-,
Nowolipki- und Stawki-Straße betreut werden, organisierte mit seinen jungen Schauspielern
eine Vorstellung mit einem gelungenen Programm. Das Ganze – Gesang, Tanz und Sketche –
wurde mit viel Aufwand an Arbeit und Kosten in Szene gesetzt. So kam dann auch das junge
Publikum im ausverkauften Saal voll auf seine Kosten und zeigte sich äußerst zufrieden mit
dem Spektakel.
Unter den Mitwirkenden zeigten besonders großes Talent: die vierjährige Nuna Rozen
(als Schirleika), Sonia Wolgruch, sieben Jahre, Felicia Segał, zehn Jahre (Tanz), und Rutka
Barenbaum, acht Jahre. Auch unter den Knaben gab es wahre „Meister der Bühne“, so z. B.
V. Na Pięterku 141

der sechsjährige Pianist Marek Infeld und der fünfjährige Izio Stenberg („Neger Bambo“).
Regie führte Frau Rysia Blondowska, die ihre Aufgabe hervorragend bewältigte. Sofort in ihr
Herz schlossen die Kinder den Conférencier Herrn Józef Uswatow, der das Geschehen fesch
und schön kommentierte.
Anzumerken ist, dass der Erlös dieser Veranstaltung zur Speisung armer Kinder in der „Kinder-
ecke Majzelsa“ verwendet wird.

7. ANZEIGEN AUS DEM THEATER NA PIęTERKU

Ausgabennummer Anzeige (Übersetzung) Faksimile

GŻ/37/8/1941 „NA PIĘTERKU” No[wolipki-Straße 29,


täglich 17.30 Uhr]
HUMORVOLLE REVUE, GE[SANG
UND TANZ]
Unter dem Titel ZNICZ IM P[IĘTERKU]
Beteiligt sind: Znicz, Prusicka, [Kinelski,
Hinterhof, Szklar, Dwoińska, Drybińska,
Wajsfeld]
Künstlerische Leitung A. TUR
[Musikalische Leitung A. Mendelson.]
142 VI. Teatr Nowy Azazel

VI. teatr nowy azazel

1. DAS THEATER

Als drittes Theater im Ghetto startete am 6. Mai 1941 mit Di lustike kapele, einer Revue
in zwei Teilen und 18 Bildern, das jiddischsprachige Nowy Teatr Azazel in die Spielzeit.
Die letzte Premiere war am 4. Juni 1942, gegeben wurde Nuch halbe Nacht von Igor S.
Korn-Teuer, dessen Cipe fun Nowolipe im Juni 1941 im Eldorado Premiere hatte und im
Melody Palace ab 5. September als Revue unter dem Titel Di Idysze Chasene zu sehen
war. Zur Premiere kamen 18 Stücke, 414 Aufführungen konnten ermittelt werden.
Das Nowy Azazel verdankt seine Spielstätte A. Feyerman (Frajman), einem Obsthänd-
ler, der, als die Baptistengemeinde in den arischen Teil umziehen wollte, deren Immobilie
in der Nowolipie-Straße 72 mit einem ihm gehörenden Grundstück am Stadtrand tauschte.
Chaim Sandler nutzte seine Chance:

Dem Schauspieler Chaim Sandler gelang es, den Großhändler Frajman davon zu überzeugen,
dass es ein gutes Geschäft sei, ein jüdisches Theater zu präsentieren, man denke doch nur an
das Eldorado. Er gab ihm den Ratschlag, aus dem Haus ein jüdisches Theater zu machen,
eine Bühne einzubauen, Sitze in Parterre und auf dem Balkon zu installieren, Schauspieler zu
engagieren, und mit ein bisschen Glück könne man mit dem Theaterspielen beginnen.135

Feyerman, Obsthändler, großformatiger Schmuggler, Schieber, Theaterfreund, eifriger Zu-


schauer im Eldorado und Liebhaber jüdischer Lieder, ließ sich überzeugen und begann
mit dem Umbau:

Daneben wurde ein Mittelsmann mit Beziehungen beauftragt, eine Lizenz zu beschaffen, wo-
bei viel Geld investiert wurde. Das Theater bekam den Namen Teatr Nowy Azazel in Anleh-
nung an das ehemalige Azazel im Vorkriegswarschau, eine Truppe bekam Engagement, eine
Revue wurde vorbereitet, die Premiere plakatiert, allerdings ließ die Lizenz auf sich war-
ten. Man setzte Himmel und Hölle in Bewegung, klopfte an die Tür von Kon, Heller und
Gancwajch, aber die Antwort war immer die gleiche: eine Lizenz für ein polnischsprachiges
Theater immer, aber keine für ein jüdisches Theater, da Frau Judtowa, die eine Lizenz für
das Eldorado, ein jüdisches Theater, hatte, keine Konkurrenz für ihr Eldorado duldete. Erst
als es dem geschäftstüchtigen Chaim Sandler gelang, Frau Judtowa als Teilhaberin ins Azazel
zu holen, bekam er die Lizenz und das Teatr Nowy Azazel konnte seinen Spielbetrieb auf-
nehmen.136

135 Jonas turkow, C’était ainsi, 175.


136 Jonas turkow, C’était ainsi, 212.
VI. Teatr Nowy Azazel 143

Abb. 31: Nowolipie-Straße 72, Eingangsbereich Teatr Nowy Azazel.

Die Gazeta Żydowska vom 13. Mai 1941 kommentierte:

Es gibt einen Ort im Viertel, wo das jüdische Wort wahrhaftig wird, wo es zur Kunst wird,
auf die jüdische Bühne kommt und uns Lachen und Gesang in kulturellem Gewand bringt.
Dieser Ort ist das Nowy Azazel […] Eingerichtet mit Geschick und Geschmack. Alles in neuem
Glanz, jede Einzelheit zeugt von der Genauigkeit des Innenarchitekten, der den modern-
jüdischen Geschmack eines Theatersaales und dessen Ausschmückung genau getroffen hat.
Mit großer Anerkennung muss man hier den Teilhaber des Theaters, Herrn Fajerman, hervor-
heben, dessen Freigiebigkeit und Mäzenatentum für die jüdische Kunst diese neue Bühne
ermöglicht und damit auch jüdischen Künstlern einen Broterwerb gesichert hat.137

2. ZUM SPIELPLAN

Die ersten drei Stücke der Spielzeit waren:138 Di lustike kapele von J. Obwarzanek („voller
Humor und auf hohem literarischen Niveau“); Motke Ganew von Szalom Asz („einfalls-
reich mit Begleitliedern, Zirkusrevueelementen und Ballett bereicherte musikalische
Komödie, in der manchmal Anleihen bei Dostojewski zu finden sind“) – Motke Ganew,
der zu spät seine Schuld durch ein tugendhaftes und ehrenvolles Leben abbüßen will, wird

137 GŻ/38/3/1941.
138 Wenn nicht anders erwähnt, stammen alle Zitate aus Kritiken von Herman Czerwiński.
144 VI. Teatr Nowy Azazel

in Ketten gelegt, eine Rückkehr in die Normalität gibt es nicht für ihn; Hercer cu farkojfen
von Izydor Lilian („entspricht dem Gusto der allermeisten Zuschauer“) – die Tänzerin
Zinia gibt sich einem Wunderheiler hin, damit der ihren geliebten Bajazzo heilt.
Bei diesen Stücken, die eher der „leichten Unterhaltung“ zuzuordnen sind, spielte
Chaim Sandler und führte Regie. Ab August wurde die Stelle des künstlerischen Leiters
mit Ajzyk Samberg besetzt, der vom Eldorado kam, wo er bis dahin ebenfalls die künst-
lerische Leitung innehatte, und nun am Nowy Azazel die künstlerische Richtung vorgab,
wenn auch mit wechselndem Erfolg. Auf dem Spielplan standen jetzt Klassiker des jüdi-
schen Theaters wie Bóg zemsty von Szalom Asz („Meisterwerk von Sz. Asz, ein Stück, das
sich anzusehen für alle Schichten des Viertels lohnt“) – Jankiel Szapczowicz, der König
der Zuhälter, richtet sich zur Tarnung ein Gebetshaus ein, um dort sein Unwesen treiben zu
können; Dybuk von Szymon An-ski („ein Theaterfest, ja, ein feierliches Ereignis“); Dus
grojse gewins von Szalom Alejchem („famose und scharfe Satire, die nichts an Aktualität
verloren hat“) – Geschichte eines armen alten Schneiders, dessen Frau sich plötzlich
in eine „große Dame“ verwandelt; alle drei Stücke waren mit dem Prädikat „anspruchs-
voll“ versehen.
Dann wieder die Hinwendung zu zwei „Unterhaltungsstücken“: Cwaj Ganowim von
A. Kalmanowicz („Melodram für die breite Masse“); Man fur cwaj frojen von I. Zoło-
tarewski; danach ein weiterer Versuch mit einem Klassiker der Welttheaterliteratur: Der
Karger von Molière („Der beste und heutzutage wohl einzige Tragöde der jüdischen
Bühne, Ajzyk Samberg, gab den Harpagon meisterhaft“) und schließlich wieder Volks-
stücke wie: Libe un Farrat („Melodram für breite Schichten des Theaterpublikums“);
Iszo Roo von Josef Latajner („hundert-, wenn nicht tausendmal auf jüdischen Bühnen
gespielt, erfreut das Publikum, es liebt diese Art von Schauspiel“); Szarlatan; die melo-
dramatische Volksoperette Zu spät von Mojsze Richter („Wir werden Zeugen dramati-
scher Szenen zwischen Mann und Frau, zwischen Vater und Kind“); Bar Micwa von
B. Tomaszewski („Volksstück, mit einer gewissen Gefühligkeit gewürzt“) – Frau eines
reichen Kaufmanns fällt in Folge eines fatalen Unfalls in geistige Umnachtung, gilt
als verschollen und kehrt nach zehn Jahren wieder ins normale Leben zurück; Duweds
fidełe von Josef Latajner („Melodram, typisches Volksstück mit bescheidenem Hinter-
grund“) – Konflikt zweier Brüder, der eine skrupelloser Geldmacher, der andere ein
sensibler Künstler; Der Maskirter von W. Sigał („müder Abklatsch von Bóg zemsty von
Asz“) – edler Familienvater entpuppt sich als Verbrecher, der er aus Liebe zu seiner
Familie wurde. Die vorletzte Premiere mit Sulamita von Abraham Goldfaden allerdings
war dann noch einmal „die Rückbesinnung auf das große jüdische Theaterrepertoire“
und nach Herman Czerwiński „ein wahrer Genuss für die Liebhaber des jüdischen The-
aters.“ Als letztes Stück hatte am 4. Juni 1942 Nuch halbe Nacht von Igor S. Korn-Teuer
Premiere.
VI. Teatr Nowy Azazel 145

3. DIE LEITUNG

Eigentümer und Verwalter: A. Feyerman; Direktor: Chaim Sandler; Künstlerischer Lei-


ter ab August 1941: Ajzyk Samberg; Musikalische Leitung: Iwo Wesby, ab Juni 1941
Musikdirektor und orchesterleiter im Femina; Konzessionsinhaberin: Regina Judtowa.

Abb. 32: Ajzyk Samberg, bis August 1941 künstlerischer Leiter des Eldorado, danach
künstlerischer Leiter des Teatr Nowy Azazel.
146 VI. Teatr Nowy Azazel

4. FAMILIENBANDE

Chana Lewin-Sandlerówa: Gattin von Chaim Sandler, Róża Sandlerówna: beider Tochter,
Icchak Salwe: der Gatte von Róża Sandlerówna und damit Schwiegersohn Sandlers.

5. DAS ENSEMBLE

Icchak Salwe spielte in 13 Stücken und gab 316 Vorstellungen; Róża Sandlerówna war
in zwölf Stücken und 302 Vorstellungen zu sehen; Róża Gazel, die im Vorkriegswarschau
Engagements im Teatr Azazel und Scala hatte, war in 13 Stücken besetzt und war in 300
Aufführungen zu sehen; Ajzyk Samberg spielte elf Stücke und spielte 264 Vorstellungen;
M. Rozenfarb war in zehn Stücken besetzt und stand in 247 Vorstellungen auf der Bühne
des Nowy Azazel; Chana Lewin spielte zehn Stücke mit 246 Vorstellungen; Chaim Sand-
ler war neben seinen Regiearbeiten in neun Stücken in 223 Vorstellungen besetzt; Symcha
Fostel war vom 6. Juni 1941 bis 9. Juli in drei Stücken in Folge am Eldorado engagiert,
spielte dann im Melody Palace zwei Stücke, ging dann wieder für ein Stück ans Eldorado,
um nach der Dernière von Dus Kabaret Mejdł ans Nowy Azazel zu wechseln, wo er in
acht Produktionen mit 176 Vorstellungen zu sehen war; Sylwia Czałczyńska hatte 179
Vorstellungen in sieben Stücken; Józef Najwert spielte in fünf Stücken vom 6. Juni 1941
bis zum 29. oktober 1941 und hatte 135 Aufführungen, er spielte dann in Der Dorfs-
jung die letzten Vorstellungen des Eldorado; H. Pałewska spielte 102 Vorstellungen in
vier Stücken; Józef Wajnberg spielte mit Unterbrechungen vom 14. November 1941 bis
31. März 1942 vier Stücke und hatte 87 Aufführungen, um dann am Eldorado im letzten
Stück dieses Theaters (Der Dorfsjung) seine letzte Rolle zu spielen; Hersz Balbirski kam
vom Eldorado, wo er in zwei Stücken gespielt hatte, ans Azazel und spielte vier Stücke
mit 87 Aufführungen; Sara Margot spielte vom 6. Juni 1941 bis 10. Juli 1941 in zwei
Stücken, ging dann ans Melody Palace, von dort wieder zurück ans Azazel, wo sie in
Sulamita, das am 8. Mai 1942 Premiere hatte, mit der Titelrolle besetzt wurde: sie spielte
91 Vorstellungen; Chaim Rozencwajg war für vier Stücke engagiert und spielte 87
Vorstellungen; S. Asman spielte mit Unterbrechungen in der Zeit vom 6. Juni 1941 bis
31. Dezember 1941 in drei Stücken und hatte 79 Vorstellungen; Dawid Hamburger war in
drei Stücken mit 79 Vorstellungen zu sehen; M. Kac hatte zwei Engagements (Der Dybuk,
Dus grojse gewins) in der Zeit vom 22. August 1941 bis 1. oktober 1941 und spielte
46 Vorstellungen. In einem Stück besetzt waren: Dvora Hilsberg in Hercer cu farkojfen
mit 24 Vorstellungen, C. Waks in Der Dybuk mit 23 Aufführungen und Gerszon German
in Libe un Farrat mit 19 Vorstellungen.

6. REGIE

Im Gegensatz zu den anderen Theatern (abgesehen von Na Pięterku und Kameralny), bei
denen mehrere Regisseure zum Zug kamen, war die Regie des Nowy Teatr Azazel fest in
VI. Teatr Nowy Azazel 147

den Händen von Sandler und Samberg, wobei sie in ihren eigenen Stücken auch Hauptrol-
len nicht ausließen. Ersterer führte in acht Stücken Regie und spielte zehn Rollen. Letz-
terer, von der Gazeta Żydowska als „der größte Tragöde der jüdischen Bühne“ gerühmt,
führte in 10 Stücken Regie und spielte 11 Rollen. Für das Stück Der Dybuk wird Dawid
Herman als Co-Regisseur erwähnt.

7. DIE AUTOREN

Szymon Anski (Dybuk); Szolem Alejchem (Dus grojse gewins); Szalom Asz (Bóg zemsty,
Motke Ganew); Abraham Goldfaden (Sulamita); Abraham Goldfaden und Jakub Mikhail-
ovich Gordin (Szarlatan); A. Kalmanowicz (Cwaj Ganowim); Igor S. Korn-Teuer (Libe
un Farrat [Bearbeitung], Nuch halbe Nacht); Josef Latajner (Duweds fidełe, Iszo roo);
Izydor Lilian (Hercer cu farkojfen); Molière, Bearbeitung von Aron Ajnhorn (Der Karger);
J. Obwarzanek (Di lustike kapele); Mojsze Richter (Cu szpejt); W. Sigał (Der Maskirter);
B. Tomaszewski (Bar Micwo); I. Żołaterewski (Man fur cwaj Frojen).

8. DIE MUSIKER

Die musikalische Leitung des Nowy Azazel lag bis Juni in den Händen von Iwo Wesby, der
in der Zwischenkriegszeit das Orchester des Teatr Opery i Operetki in Krakau dirigierte.
Iwo Wesby ging dann nach Warschau und leitete das orchester des Revuetheaters Qui
pro Quo, war Dirigent bei der Schallplattenfirma „odeon“, komponierte Filmmusik und
war von 1937 bis 1939 Chefdirigent des Musiktheaters „Wielka Rewia“. Ab Juni war er
dann Musikdirektor und Orchesterleiter am Femina.

9. DIE CHOREOGRAPHIN UND TÄNZERIN


Aneta Rajzer.

10. DER BÜHNENBILDNER

Für nahezu alle Stücke im Azazel, wenn nicht gar für alle, zeichnete Aleksander Liberman
für Bühnenbild und Ausstattung.

11. BILANZ

Im Durchschnitt erlebte im Azazel ein Stück 24 Aufführungen, verglichen mit Eldorado


(32), Femina (30) und Kameralny (45) die geringste Laufzeit nach der Premiere.
Woran es letztendlich lag, dass das Azazel relativ schlecht im Vergleich zu den anderen
Theatern abschnitt, darüber kann nur spekuliert werden. Vielleicht lag es an der Spielplan-
gestaltung, die keine eindeutige Linie erkennen lässt, oder an schlechter Dramaturgie und
schlechten Inszenierungen, wobei Jonas Turkow (er selbst war Regisseur am Femina, also
148 VI. Teatr Nowy Azazel

Kollege von Ajzyk Samberg), der den auf Jiddisch spielenden Theatern fast durchweg
Niveaulosigkeit attestierte, zu Aufführungen des Azazel bemerkt:

Das Nowy Azazel brachte ein paar bessere Stücke zur Aufführung (Der Karger, Der Dybuk,
Sulamita), aber die waren derart verändert und bearbeitet, dass man sie nicht mehr erkannte.139

Er schiebt damit Ajzyk Samberg als künstlerischem Leiter den schwarzen Peter zu. Guta
Ejzenzwajg bemerkt dazu in seinem Artikel Das Repertoire jüdischer Bühnen:

Die Namen der Autoren der im Azazel gespielten Stücke beweisen, dass es dort zweifelsoh-
ne Bestrebungen gibt, auf höherem Niveau zu spielen. Die Spielplangestaltung ist allerdings
unglücklich zu nennen. Nehmen wir z. B. Der Dybuk – zeitlos und wertvoll, aber für unsere
Nerven, die beruhigt und nicht emotional aufgeputscht werden wollen, absolut ungeeignet. Das
Gleiche lässt sich von dem Stück Cwaj Ganowim sagen, das auch nicht durch das meisterhafte
Spiel von Sandler gerettet werden konnte. Das Azazel agiert noch unentschlossen zwischen
Revue und ernsthaftem Theater.140

Lagen die ersten drei Inszenierungen unter der künstlerischen Leitung von Chaim Sand-
ler mit im Schnitt 31 Aufführungen knapp unter dem Ghettotheaterdurchschnitt (32), so
sank die Zahl der gespielten Aufführungen ab August mit Nuch halbe Nacht auf 23, also
weit unter den Ghettotheaterdurchschnitt. Mit dem ersten Stück Bóg zemsty von Szalom
Asz, bei dem Samberg Regie führte und auch die Hauptrolle spielte, versuchte Samberg,
ein anspruchsvolles künstlerisches Programm aus klassisch jüdischem Repertoire auf die
Bühne des Azazel zu bringen:

An der feierlichen Premiere nahmen viele geladene Gäste teil, es sollte die Richtung des neuen
Theaters festigen, das ausschließlich wertvolle Stücke spielen wollte.141

Danach folgten zwei weitere jüdische Klassiker, Der Dybuk von Szymon An-ski und Dus
grojse gewins von Szolem Alejchem, beide Stücke in der Regie von Samberg, in beiden
spielte Samberg auch wieder die Hauptrollen. Diese drei Stücke wurden im Durchschnitt
22 Mal gespielt. Nach dieser ernüchternden Bilanz versuchte man (wohl Samberg), durch
Einbeziehung von Stücken von A. Kalmanowicz, Josef Latajner und anderen Volksstü-
ckeschreibern die Bilanz aufzubessern, wobei es Iszo roo von Latajner nach der Premiere
auf immerhin 31 Vorstellungen brachte, Duweds fidełe, ebenfalls von Latajner, dann aber
wieder nur auf 16 (beide Stücke mit Samberg als Regisseur). Selbst Molières Der Karger,
überall gern gesehen, brachte es nur auf 23 Vorstellungen.
Die Spielzeit des Azazel erstreckte sich über 14 Monate, in dieser Zeit spielten 21
Schauspieler in insgesamt 18 Stücken und teilten sich 133 Rollen. Keiner dieser 21 Dar-

139 Jonas turkow, C’était ainsi, 178.


140 GŻ/122/2/1941.
141 Ruta sakowska, Menschen im Ghetto, 153.
VI. Teatr Nowy Azazel 149

steller wurde in allen Stücken besetzt: zehn bis 13 Engagements hatten sieben, vier bis
acht Engagements hatten sechs, zwei bis drei Engagements hatten fünf, drei Darsteller
hatten nur ein Engagement.
Betrachtet man die Besetzungsliste des Teatr Nowy Azazel und setzt voraus, dass man
von der Zugehörigkeit zu einem festen Ensemble sprechen kann, wenn die Schauspieler
in der Hälfte (10) und mehr der Stücke innerhalb der Spielzeit besetzt waren und keine
Gastverpflichtungen an anderen Theatern hatten, stellt sich das Ensemble bei 18 gespielten
Stücken wie folgt dar:
Ensemble: Icchak Salwe (13), Róża Gazel (13), Róża Sandlerówna [Roza Sandler]
(12), Ajzyk Samberg (11), Chaim Sandler (10), M. Rozenfarb (10), Chana Lewin (10).
Gäste: acht Engagements: Symcha Fostel; sieben Sylwia Czałczyńska; fünf Józef
Najwert; vier H. Pałewska, Józef Wajnberg, Hersz Balbirski; drei Sara Margot, Chaim
Rozencwajg (Rozencweig), S. Asman, Dawid Hamburger; zwei M. Kac; ein Engagement
Dvora Hilsberg, C. Waks, Gerszon German. D.h. im Schauspielbereich des Nowy Teatr
Azazel gab es sieben feste Ensemblemitglieder und 14 Gäste. Gespielt wurden im Nowy
Teatr Azazel eine Revue, eine musikalische Komödie, vier Komödien, drei Dramen, eine
Satire und sechs Melodramen. In der Gazeta Żydowska erwähnt wurde das Teatr Nowy
Azazel 53mal – 16 Kritiken, 18 redaktionelle Beiträge und 19 Anzeigen. Premiere des letz-
ten Stücks Nuch halbe Nacht von Igor S. Korn-Teuer war am 21. Juni 1942, einen Monat
vor Liquidierung des Ghettos.

12. DAS REPERToIRE 1941/42*

Stück Premiere Dernière Vorstellungen Presse/Kritik

Di Lustike Kapele 06.05.1941 05.06.1941 32 GŻ/38/3/1941

Motke Ganew 06.06.1941 08.07.1941 37 GŻ/49/2/1941

Hercer cu farkojfen 10.07.1941 30.07.1941 24 GŻ/60/5/1941

Got fun nekume 01.08.1941 20.08.1941 21 GŻ/71/3/1941

Der Dybuk 22.08.1941 10.09.1941 23 GŻ/78/5/1941

Dus Grojse Gewins 12.09.1941 01.10.1941 23 GŻ/87/3/1941

Cwaj Ganowim 03.10.1941 29.10.1941 31 GŻ/100/3/1941

Man fur cwaj Frojen 31.10.1941 12.11.1941 15 liegt nicht vor

Der Karger 14.11.1941 03.12.1941 23 GŻ/115/3/1941


150 VI. Teatr Nowy Azazel

Libe und Farrat 05.12.1941 31.12.1941 19 GŻ/128/5/1941

Der Szarlatan 02.01.1942 21.01.1942 22 liegt nicht vor

Iszo Roo 23.01.1942 18.02.1942 31 GŻ/15/2/1942

Cu szpejt 20.02.1942 11.03.1942 23 GŻ/28/3/1942

Bar Micwa 13.03.1942 31.03.1942 22 GŻ/34/2/1942

Duweds Fidełe 02.04.1942 15.04.1942 16 GŻ/45/2/1942

Der Maskirter 17.04.1942 06.05.1942 22 GŻ/51/2/1942

Sulamita 08.05.1942 02.06.1942 30 GŻ/58/2/1942

Nuch Halbe Nacht 04.06.1942 unbekannt unbekannt liegt nicht vor

* Die Zahl der Aufführungen kann in einigen Fällen abweichen, da in der GZ Dernieren-,
in manchen Fällen auch Premierentermine nicht immer als solche ausgewiesen oder auch
unkorrekt datiert sind. (Anmerkung der Herausgeberinnen).

13. STÜCKE

13.1 Di Lustike Kapele


[pl. Wesoła kapela, dt. Die lustige Kapelle]

Autor/Text: J. Obwarzanek, Fajn


Regie: Chaim Sandler
Stück: Revue in zwei Teilen, 18 Bilder
Premiere: Dienstag, 06.05.1941
Dernière: Donnerstag, 05.06.1941
Aufführungen: 32
Vorstellungen: Beginn 17.30 Uhr, samstags 14.30 Uhr Sondervorstellung zu ermäßigten
Preisen
Besetzung/Rollen: (insg. 26-köpfiges Ensemble) Róża Gazel, Chana Lewin, Chaim Sand-
ler, Róża Sandlerówna
Musik: Iwo Wesby
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/38/3/1941; Anzeige GŻ/36/6/1941; Redaktion GŻ/37/3/1941; Anzeige
GŻ/37/8/1941
VI. Teatr Nowy Azazel 151

GŻ/37/3/1941
Freitag, 09.05.1941

Neues jüdisches Theater im Viertel


Das Viertel hat jetzt noch ein neues, kleines jüdisches Theater. Es wurde von einer Gruppe
Schauspielern gegründet, die sich um einen Star der jüdischen Theaterszene, den bekannten,
talentierten Regisseur Ch. Sandler, geschart hat. Es hat den Namen des populären ehemaligen
Nowy Azazel Theaters übernommen und befindet sich in der Nowolipie-Straße 72. Das ganze
Gebäude, Saal und Bühne entsprechen modernen Anforderungen und machen einen guten Ein-
druck auf den Zuschauer. Gezeigt wurde jetzt die humorvolle, auf hohem literarischen Niveau
stehende Revue Di Lustike Kapele, die sich schon in den ersten Tagen eines großen Publikums-
zuspruchs erfreuen kann.

GŻ/38/3/1941
Dienstag, 13.05.1941

Neue Spielstätte für jüdische Kunst und Kultur


(Premiere im Nowy Azazel in Warschau)
Es gibt einen Ort im Viertel, wo das jüdische Wort wahrhaftig wird, wo es zur Kunst wird, auf
die jüdische Bühne kommt und uns Lachen und Gesang in kulturellem Gewande bringt.
Dieser Ort ist das Nowy Azazel, und es ist ein neues Theater in unserem Viertel. Azazel –
ein Name mit Tradition aus der Zeit, als auf jüdischen Straßen um unverfälschtes jüdisches
kulturelles Schaffen gefochten wurde. Damals gewannen das Azazel und sein Ensemble ihre
Zuschauer mit Humor, guten Inszenierungen und sprachlicher Reinheit. Kein Wunder also, dass
auch das heutige Publikum dem Nowy Azazel seine ganze Sympathie schenkt, es schätzt und
jeden Abend den Saal füllt.
Die Einrichtung einer solchen jüdischen Bühne in unserem Viertel zeigt wieder einmal,
dass die jüdischen Massen reif sind für anspruchsvolles Theater und man sie nicht ständig mit
„Schund“ füttern muss.
Das Theater Nowy Azazel ist ein wahres Schatzkästlein, eingerichtet mit Geschick und
Geschmack. Alles in neuem Glanz, jede Einzelheit zeugt von der Genauigkeit des Innen-
architekten, der den modern-jüdischen Geschmack eines Theatersaales und dessen Aus-
schmückung genau getroffen hat. Mit großer Anerkennung muss man hier den Teilhaber des
Theaters, Herrn Fajerman, hervorheben, dessen Freigiebigkeit und Mäzenatentum für die
jüdische Kunst diese neue Bühne ermöglicht und damit auch jüdischen Künstlern einen Brot-
erwerb gesichert hat.
Und in der Tat ist es ein Vergnügen, den grauen Alltag für zwei angenehme Stunden in dem
dämmrigen Saal dieses Theaters zu vergessen.
Und erst die Vorstellung! Sorgfältig vorbereitet wurde von dem Ensemble, von dem etliche
Mitglieder schon am alten Azazel im Engagement waren, das anspruchsvolle Stück Di lustike
Kapele meisterhaft dargeboten.
Ganz im Vordergrund steht vor allen Dingen unser Ch. Sandler, der mit größter Energie als
Regisseur, Schauspieler, Conférencier und Theaterdirektor zugleich fungiert. Und wenn nun
das Nowy Azazel ein solches Niveau erreicht hat, dann ist das einzig das Verdienst dieses talen-
tierten, einfallsreichen und sorgfältigen Ch. Sandler.
Nach Sandler dann, in Monologen von Oberzanek, der die Leute auf der Straße karikierende
Publikumsliebling, Chana Lewin. Frau Lewin-Sandlerówa hat nichts von ihrem Temperament
und ihrer Energie verloren, beider Auftritte wurden mit stürmischem Applaus honoriert.
152 VI. Teatr Nowy Azazel

Und dann R. Gazel. Grazil, elegant und mit höchster künstlerischer Kompetenz. Frau Gaze-
lówna beherrscht meisterhaft melodiöse Rezitation bis hin zum Gesang. Ein Theater mit ihr
garantiert kulturelles Niveau.
Das ganze Ensemble, jung, begabt, mit Begeisterung an der Theaterarbeit, Künstler, die
sicherlich mit dem erfahrenen Theatermeister Sandler auf den Richtigen getroffen sind.
Das gelungene Programm mit Texten von u. a. Fajn (sehr „fein“) verdient, angesehen zu
werden. Leider fehlen ein paar gute Sketche, es gibt zu viele Duette, in denen zudem etliches
an Text verloren geht.
Die Musik von Wesby – erstklassig. Schade nur, dass es dabei zu wenige jüdische Motive
und Elemente gab.
Die Ausstattung von Liberman – bescheiden, nett und geschmackvoll.
Das Nowy Azazel – ein neuer Ort kultureller Arbeit. Es bleibt, diesem Theater alles Gute,
erfolgreiche Arbeit und… stets eine volle Kasse zu wünschen.
Al. R-d.

13.2 Motke Ganew (Motke Ganef)


[pl. Młotke Złodziej, dt. Motke der Dieb]

Autor: Szalom Asz


Regie und Bearbeitung: Chaim Sandler
Stück: Musikalische Komödie in 5 Aufzügen
Premiere: 06.06.1941
Dernière: 08.07.1941
Aufführungen: 37
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags zwei Vorstellungen jeweils 15.00 Uhr und
17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: S. Asman; Sylwia Czałczyńska [Akrobatin Mery, Geliebte des Diebs];
Dawid Hamburger; Józef Najwert [Leierkastenspieler]; Chana Lewin [Spelunkenwirtin];
Sara Margot; H. Pałewska [Motkes Mutter]; M. Rozenfarb [Apache]; Icchak Salwe [Zirkus-
sänger und „batchin“]; Chaim Sandler [Motke Ganew]; Róża Sandlerówna
Musik: Iwo Wesby
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/49/2/1941; Redaktion GŻ/45/3/1941; Anzeige GŻ/45/8/1941; Anzeige
GŻ/47/7/1941; Redaktion GŻ/49/3/1941; Redaktion GŻ/52/2/1941; Anzeige GŻ/52/4/1941

GŻ/45/3/1941
Freitag, 06.06.1941

Von der jüdischen Bühne Nowy Azazel


Heute, Freitag, den 6. Juni, hat um 17 Uhr 30 im Theater Nowy Azazel, Nowolipie-Straße 72,
die sensationelle musikalische Komödie Motke Ganew von Sz. Asz in der Bearbeitung des
talentierten Regisseurs Ch. Sandler Premiere. In den Hauptrollen sind bekannte jüdische Schau-
spieler wie Ch. Lewin, R. Sandler und Chaim Sandler zu sehen.
VI. Teatr Nowy Azazel 153

Abb. 33: Straßenhändler, rechts Verkäufer von Armbinden mit Davidstern; rechts oben an der Haus-
mauer ein Azazel-Plakat, teilweise überklebt von einer „Anordnung.“

Abb. 34: Theater Nowy Azazel, Nowolipie-Straße 72, Große Revue. Es handelt sich hierbei um das
Plakat für das Eröffnungsstück des Spielbetriebs des Azazel Di Lustike Kapele.
154 VI. Teatr Nowy Azazel

GŻ/49/3/1941
Freitag, 20.06.1941

Motke Ganew
Letztens hatte im Nowy Azazel, Warschau, Nowolipie-Straße 72, das bekannte Stück von
Asz Motke Ganew Premiere. Der berühmte Regisseur und Schauspieler auf jüdischen Büh-
nen, Ch. Sandler, hat das Stück zu einer musikalischen Komödie umgearbeitet und spielt auch
die Titelrolle. In weiteren Hauptrollen sind die bekannten jüdischen Schauspieler Ch. Sandler
und Ch. Lewin zu sehen. Die mit hohen Kosten und großem technischen Arbeitsaufwand pro-
duzierte musikalische Komödie übertrifft alle Erwartungen. Der größte Beweis hierfür sind
die jeden Tag ausverkauften Vorstellungen. Tausende müssen wieder gehen, da es keine Kar-
ten gibt. Es gibt keinen Zweifel, Motke Ganew ist der große Schlager in Warschau, auf dessen
Straßen man vom ersten Tag an nur noch Motke Ganew hörte. Beginn täglich 17 Uhr 30,
samstags zwei Vorstellungen, jeweils 15 Uhr und 17 Uhr 30.

GŻ/49/2/1941
Freitag, 20.06.1941

Motke Ganew von Asz als „musikalische Komödie“ in 5 Aufzügen


Ziemlich verwegen, wenn nicht sogar riskant, das Genrestück Motke Ganew von Szalom Asz
in eine musikalische Komödie in fünf Aufzügen umzuarbeiten. Dies tat nun der hervorragende
Künstler und Regisseur Herr Ch. Sandler.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass jegliche mit viel Trara angekündigte Bearbeitungen es so an
sich haben, nicht zu gelingen, indem sie die Idee der Ursprungsdichtung verschleiern und die
Intentionen des Autors verfälschen. Das alles trifft jedoch nicht auf die letzte Theatersensation
zu, die man nur als einen gelungenen Streich, ja eine Großtat des Theaters Nowy Azazel, das
mit großem Aufwand das Stück auf die Bühne brachte, bezeichnen kann. Asz hat in seinem
Schaffen eine spezielle Vorliebe für gewisse Milieus. Hier interessiert ihn die Halbwelt, das
Verbrechen. In Asz, diesem unvergleichlichen Meister der Prosa, dem Beobachter, steckt ein
großer „Ankläger der Gesellschaft”, der grellste Bilder aus dem Leben auf die Bühne bringt.
Und genau das macht Asz mit seinem Motke Ganew, dieser düsteren Geschichte der Kinder der
Niederung.
Die einfallsreich mit Begleitliedern, Zirkusrevueelementen und Ballett bereicherte musi-
kalische Komödie, in der manchmal Anleihen bei Dostojewski zu finden sind, hat an thea-
tralischer Wirkung gewonnen. Daraus geworden ist ein, im engen Wortsinn, abwechs-
lungsreiches Schauspiel, das alles beinhaltet, was man von solcherart Unterhaltung erwartet.
Unerlässlich dabei die moralische Schlussfolgerung: das Schlechte muss überwunden wer-
den. Motke Ganew, der zu spät seine Schuld durch ein tugendhaftes und ehrenvolles Leben
abbüßen wollte, wird in Ketten gelegt, eine Rückkehr in die Normalität wird es für ihn nicht
geben.
Mit großem Einfühlungsvermögen für die Intention des Autors spielte Herr Ch. Sandler die
Titelrolle. Ein begabter und routinierter Schauspieler, der das Publikum stets in Spannung hielt.
Viele Gelegenheiten, ihr Können zu zeigen, hatte die junge Künstlerin Frau S. Czałczyńska
in der Rolle der Mery, eine Akrobatin, die Geliebte des Diebes, die sich mit ihrer Darstellung
für weitere Rollen empfiehlt. In weiteren Rollen spielten: D. Hamburgier, H. Pałewska (sehr
gut als Mutter „Motka“), S. Asman, M. Rozenfarb (ein hervorragender Apache), J. Najwert
(als Leierkastenspielerin), Chana Lewin (eine besonders gut gelungene Darstellung der
Spelunkenwirtin), S. Margot, R. Sandlerówna und I. Salwe (ein sehr talentierter Schauspieler
VI. Teatr Nowy Azazel 155

mit angenehmer und ansprechender Stimme, der sich in zwei Rollen auszeichnete, einmal als
Zirkussänger, zum zweiten als „batchin“). Harmonisch fügte sich die Musik von I. Wesby in
die hinzugefügten Stückelemente. Dekoration und Kostüme auf hohem Niveau: A. Liberman.
Gelungene Regie von Ch. Sandler.
H.Cz.

GŻ/52/2/1941
Montag, 30.06.1941

Noch nie dagewesenes Sensationsstück in Warschau


Das populärste Theater im jüdischen Viertel, das Nowy Azazel, spielt jetzt die letzten Vor-
stellungen des berühmten Stückes Motke Ganew nach Sz. Asz. Von der Premiere an erfreut
sich das Stück ungeheuren Erfolgs, wobei es oft vorkommt, dass die Vorstellung von den
Schauspielern unterbrochen werden muss, um den Szenenapplaus entgegenzunehmen. Vorstel-
lungen täglich um 17 Uhr 30, samstags zwei Vorstellungen jeweils 15 Uhr und 17 Uhr 30.

13.3 Hercer cu farkojfen


[pl. Serca na sprzedaż, dt. Herz zu verkaufen]

Autor/Text: Izydor Lilian; Józef Najwert


Regie: Chaim Sandler
Stück: Komödie in drei Akten
Premiere: Donnerstag, 10.07.1941
Dernière: Mittwoch, 30.07.1941
Aufführungen: 24
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags 2 Vorstellungen jeweils 15.15 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Sylwia Czałczyńska [ältere Frau]; Róża Gazel [Zina]; Dvora Hilsberg;
Chana Lewin [Brane Trane; Sängerin]; Józef Najwert; M. Rozenfarb [Dr. Barnet]; Chaim
Rozencwajg; Icchak Salwe [Bajazzo Boris]; Chaim Sandler [Litauer Chonon]; Róża
Sandlerówna [Tochter Sana]
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/60/5/1941; Redaktion GŻ/56/2/1941; Anzeige GŻ/60/6/1941; Anzeige
GŻ/63/6/1941

GŻ/56/2/1941
Mittwoch, 09.07.1941

Lang erwartete Premiere im Theater Nowy Azazel, Nowilipie-Straße 72


Das beim Publikum äußerst beliebte elegante Theater Nowy Azazel kündigt zur Zeit auf sei-
nen Plakaten ein ungewöhnlich faszinierendes Stück mit dem Titel Hercer cu farkojfen (Serca
na sprzedaż) an. Mit großen Kosten und hohem Aufwand hat der talentierte Regisseur und
Theaterleiter Ch. Sandler zusammen mit dem gesamten Ensemble in vielen Proben das Stück
zur Aufführungsreife gebracht. Die vom Publikum mit Ungeduld erwartete Premiere findet
156 VI. Teatr Nowy Azazel

jetzt am Donnerstag, den 10. Juli, um 17 Uhr 30 statt, wobei das Stück jetzt bereits auf großes
Interesse stößt, da der spannende Inhalt das Publikum in Atem zu halten verspricht. Tragik, ge-
paart mit sprudelndem Humor, macht es hochinteressant und dies umso mehr, als bekannte
Künstler auf der Bühne zu sehen sind wie: Ch. Sandler, Chana Lewin, Roza Gazel und R. Sand-
lerówna. Daneben treten auf: J. Salwe, S. Czałczińska, J. Najwert, M. Roznfarb, J. Wajnberg
und andere. Vorstellungen täglich 17 Uhr 30, samstags zwei Vorstellungen jeweils 15 Uhr 15
und 17 Uhr 30.

GŻ/60/5/1941
Freitag, 18.07.1941

Hercer cu fakojfn
(Premiere im Theater Nowy Azazel)
Hercer cu fakojfn (Herz zu verkaufen) – das ist der prachtvolle und „sensationelle“ Titel des
neuen Premierenstückes im Theater Nowy Azazel. Es ist eine Komödie in drei Akten aus der
Feder von I. Lilian, die um die jüdische Szene im Ausland kreist und durch ihre kecke und zu-
gleich originelle Fassung durchaus dem Gusto der allermeisten Zuschauer entspricht. Vielleicht
ein bisschen zu realistisch, ich würde sagen auch zu bombastisch, dabei aber handwerklich
durchaus gut und mit dem Gefühl dafür, wie eine Szene sein muss und wie die Zuschauer es
haben wollen, umgesetzt, was erfreut und berührt.
Held des Stückes ist ein blinder Bajazzo, der durch ein Wunder gesundet und sein Augen-
licht, das Wertvollste, was ein Mensch besitzt, wiedererlangt und das durch die Tänzerin
„Zina”, die aus Liebe zu ihm den Verführungskünsten eines wundertätigen Arztes nachgibt.
Liebe und Verrat. Für das verkaufte Herz wird der geliebte Bajazzo geheilt. Das Ganze spielt
in einem Kabarett.
Dies bietet den Akteuren viele Gelegenheiten, sich an die Rampe zu spielen und sich aus-
leben zu können. Hier steht Herr Ch. Sandler ganz oben, der den klassischen Typ des Litauers
Chonon gibt, hervorragend charakterisiert und „kostümiert.” Frau Chana Lewin in der Rolle der
urkomischen galizischen „Brane Trane“ riss das Publikum zu Lachanfällen hin. Die bekannte
Künstlerin erhielt einen Szenenapplaus nach dem anderen und musste ihre witzigen und aktuel-
len Couplets mehrmals wiederholen. Besondere Beachtung verdient Frau R. Gazal in der Rolle
der Zina mit ihrem intelligenten und subtilen Spiel, wie auch durch ihren Gesang (Titel des
Liedes: „Awraham“). Den Held des Stückes, den blinden Bajazzo (Boris), gab Herr J. Salve,
der die Rolle mit ziemlich großer Schauspielkunst gestaltete und der ohne Zweifel zu den
führenden Künstlern des Ensembles des Nowy Azazel zu rechnen ist, er bot die Arie „Lache
Bajazzo!“ erstklassig dar. Als ausgezeichnete Künstlerin mit Opernverve zeigte sich Frau
S. Margot in der Rolle der „Sängerin,” die sie mit einem „Strauss-Walzerzyklus“ sehr schön
interpretierte. Mit großem Temperament entwickelte Frau R. Sandlerówna die Rolle der Sana,
der Tochter des Litauers, und ihr ebenbürtig: Herr Najwert, ein routinierter Schauspieler. Auf
den Punkt spielte Herr M. Rozenfarb den zynischen Dr. Barnet. Die talentierte junge Künstle-
rin Frau S. Czałczyńnska, die wir schon als „Mery“ in Motke Ganew von Asz sehen durften,
lieferte in der Rolle der älteren Frau einen Beweis ihrer intelligenten Spielweise. Mit Erfolg
bewältigten Ch. Rozencwajg und D. Hilsberg die kleineren Rollen.
Unbedingt erwähnenswert auch die sehr gelungenen Texte von Herrn J. Najwert. Die Regie
von Ch. Sandler – wie immer ohne Fehl und Tadel. Sehr sehenswert die Dekoration von Herrn
A. Liberman.
H. Cz.
VI. Teatr Nowy Azazel 157

13.4 Got fun nekume


[pl. Bóg zemsty, dt. Der Gott der Rache]

Autor/Text: Szalom Asz


Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Stück in drei Akten
Premiere: Freitag, 01.08.1941142
Dernière: Mittwoch, 20.08.1941
Aufführungen: 21
Vorstellungen: 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr (auch 14.00 Uhr und 14.40 Uhr) zu er-
mäßigten Preisen und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Róża Gazel [Tochter Ryfkełe]; Chana Lewin [Prostituierte Hindl];
Ajzyk Samberg [Hauptrolle Jankiel Szapszowicz]; Chaim Sandler; Róża Sandlerówna
[Verführerin Mańka]; Chaim Rozencwajg [Der Sojfer]; M. Rozenfarb [„Apache“ Szloime];
Józef Najwert [Reb Ele]
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/71/3/1941; Redaktion GŻ/66/5/1941; Anzeige GŻ/66/6/1941; Anzeige
GŻ/69/6/1941; Redaktion GŻ/72/2/1941; Anzeige GŻ/72/6/1941

GŻ/66/5/1941
Freitag, 01.08.1941

A. Samberg in der Titelrolle des Stückes Got fun nekume von Sz. Asz im Theater Nowy
Azazel, Nowolipie-Straße 72
Das populärste jüdische Theater, das Nowy Azazel in der Nowolipie-Straße 72, spielt zur Zeit
Got fun nekume, das berühmte Meisterwerk von Szalom Asz. In den Hauptrollen sind neben
dem exquisiten und vergrößerten Ensemble des Nowy Azazel die Asse der jüdischen Bühne
wie A. Samberg, Chana Lewin und Roza Gazel zu sehen. Die Zusammenarbeit von Darstel-
lung und Regie, die Arbeit von den Könnern des jüdischen Theaters wie A. Samberg und
Roza Gazel, das intelligente und tiefgründige Spiel als auch der Gesang von Chana Lewin,
unvergessen ihr Auftritt in Hercer cu farkojfn als die Galizierin Brane Trane, garantieren, dass
dieses Stück ein Stück wird, das sich anzusehen für alle Schichten des Viertels lohnt. Feierliche
Premiere von Got fun nekume heute, Freitag, den 1. August, 17 Uhr 30. Eingeladen sind alle
Prominenten des Jüdischen Viertels Warschau.

GŻ/71/3/1941
Mittwoch, 13.08.1941
Bóg Zemsty
Stück in 3 Akten von Szalom Asz
In diesen Zeiten sind die jüdischen Theater in nicht geringen Schwierigkeiten, was die Stück-
auswahl und Spielplangestaltung anbelangt. Die Schaffenskraft der Theaterschriftsteller ist

142 Nach Barbara Engelking, Getto Warszawskie, 592, wurde Got fun nekume bereits 1926 im Teatr
Niezależny unter der Regie von Andrzej Marek aufgeführt.
158 VI. Teatr Nowy Azazel

erloschen, also muss man auf ältere Stücke zurückgreifen, manchmal auf sehr ältere, dick
bedeckt vom Staub der Theatergeschichte…, wobei sich hier die Genrestücke von Szalom
Asz nahezu aufzwingen. Es sind Stücke für die breite Masse, die dazu noch den Vorzug haben,
dass sie für Schauspieler geschrieben sind und ihnen die Möglichkeit geben, ihr Können an der
Rampe zu zeigen. Solcherart ist nun Bóg Zemsty, das vor 80 Jahren aus der Feder des genialen
Schriftstellers floss, des Autors von „Miasteczka.” Bóg Zemsty ist ein dramatisches Meister-
stück – an der Hauptrolle des Jankiel Szapszowicz loteten die berühmtesten Schauspieler
auf Bühnen im In- und Ausland ihre künstlerischen Fähigkeiten aus, unter anderem auch
Rudolf Schildkraut. Und nur ein Tragöde von der Qualität eines Ajzyk Samberg vermag diese
Rolle so glaubhaft, so plastisch und so überzeugend auf die Bühne zu bringen. Sein Jankiel
Szaszowicz, König der Zuhälter, war stark im Ausdruck und charakteristisch in den Ges-
ten, wofür er mehrmals verdienten Szenenapplaus bekam. Die Hindle, eine der vielen Frauen
in dem Bordell, spielte Frau Chana Lewin, die in dieser Rolle wieder einen Beweis ihrer
ungewöhnlichen Schauspielkunst gab. Sehr gut Frau R. Gazel als Tochter. Den „Apachen“
Szlojme gab mit großem Erfolg der sehr talentierte M. Rozenfarb. Ausgesprochen typengenau
agierten: J. Najwert als Reb Ele und C. Rozencwajg als „Der Sojfer.” Besonderen Eindruck
machte Frau R. Sandlerówna als verführerische Mańka.
Sehr gute Regie von A. Samberg, das Bühnenbild von A. Liberman stückangemessen.
H. Cz.

GŻ/72/2/1941
Freitag, 15.08.1941

Der größte Tragödienspieler, das Ass der jüdischen Bühne: A. Samberg im Nowy Azazel,
Nowolipie-Straße 72
Das Stück Got fun Nekume (Bóg zemsty) in drei Akten von Szalom Asz, das zurzeit im Nowy
Azazel mit unerhörtem Erfolg auf dem Spielplan steht, bewegt das ganze jüdische Viertel.
Spiel und Inhalt rühren das Publikum zu Tränen. Auch die Zuschauer bleiben ihren Bühnen-
lieblingen nichts schuldig, stürmischer Szenenapplaus, Zugaben werden erzwungen. Vorstellun-
gen täglich 17 Uhr 30, samstags um 14 Uhr 40 (ermäßigte Preise) und 17 Uhr 30. Unabhängig
vom großen Erfolg von Got fun Nekume bereitet die Direktion des Nowy Azazel schon das
Stück […] (Zwischen zwei Welten) Der Dybuk von S. Anski vor, für das die Proben bereits in
vollem Gang sind.

13.5 Der Dybuk


[pl. Dybuk, dt. Der Dybbuk]

Autor/Text: Szymon An-ski


Regie: Dawid Herman, Ajzyk Samberg
Stück: Stück in drei Akten
Premiere: Freitag, 22.08.1941
Dernière: Mittwoch, 10.09.1941
Aufführungen: 23
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags 14.30 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Dawid Hamburger [Brinicer]; M. Kac; Chana Lewin; Józef Najwert;
H. Pałewska; M. Rozenfarb [„Batłen” und Nachme, Vater des jungen Herrn]; Ajzyk Samberg
VI. Teatr Nowy Azazel 159

[Meszułach]; Icchak Salwe [Chunona]; Chaim Sandler [Cadyk aus Miropola]; Róża Sand-
lerówna [Lea]; C. Waks
Choreographie: Sylwia Czałczyńska [Interpretation des Totentanzes]
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/78/5/1941; Redaktion GŻ/72/2/1941; Redaktion GŻ/75/5/1941; Anzeige
GŻ/75/6/1941; Anzeige GŻ/78/6/1941

GŻ/75/5/1941
Freitag, 22.08.1941

Der Dybuk im Nowy Azazel, Nowolipie-Straße 72


In den letzten Tagen ging das Gerücht, dass eines der populärsten Theater des Viertels, das
Nowy Azazel, eine Aufführung des großartigen Stückes Der Dybuk vorbereite. Wir konnten
uns nicht vorstellen, dass es in dieser Zeit möglich sein sollte, ein so großes Meisterwerk, das
enormen Arbeitsaufwand und beträchtliche Kosten erfordert, auf die Bühne zu bringen, wäre da
nicht Ch. Sandler, Theaterdirektor, hochgerühmter Regisseur und begabter Schauspieler, dem
es gelang, dieses Stück unter schwierigsten Bedingungen zu realisieren. Anzumerken ist, dass
in seinem Theater nur erstklassige und gehaltvolle Stücke zur Aufführung kommen, die sich
bis jetzt beim Publikum stets großer Beliebtheit erfreuten. Der Dybuk stieß auch in Holly-
wood auf großes Interesse und wurde dort mit hohem Aufwand an Kräften und finanziellen
Mitteln verfilmt. In der In- und Auslandspresse wurde das Stück ausgiebig besprochen, und
in den Rollen des „Cadyk“ und „Meszułach” glänzten berühmteste Schauspieler. Solchen
schauspielerischen Anforderungen sind Ch. Sandler (in der Rolle des Cadyk) und A. Samberg
(als Meszułach) mit ihrer Schauspielkunst durchaus gewachsen. Neben dem vergrößerten
Ensemble sind zu sehen: die geniale Chana Lewin, R. Sandlerówna und Roza Gazel. Feierliche
Premiere heute, Freitag, den 22. August, 17 Uhr 30. Nach der Premiere großer Empfang (ein-
geladen sind Prominente des öffentlichen Lebens). Vorstellungen täglich 17 Uhr 30, samstags
14 Uhr 30 und 17 Uhr 30.

GŻ/78/5/1941
Freitag, 29.08.1941

Großes Theaterfest im Nowy Azazel


Die Aufführung des Stücks Dybuk aus der Feder des großen jüdischen Theaterschriftstellers
Sz. Anski ist immer ein großes Wagnis. Es ist ein Theaterfest, ja, ein feierliches Ereignis und es
ist rühmenswert, dass das Nowy Azazel jetzt – nach Bóg Zemsty von Asz, mit dem unvergleich-
lichen Samberg in der Hauptrolle – die Herausforderung des Dybuk annimmt. „Na pograniczu
dwóch światów” (so der Titel auf Polnisch) verlangt seriösestes Rollenstudium und großen
Arbeitsaufwand.
An der Spitze des Ensembles und somit im Vordergrund stand der ausgezeichnete Tragö-
dienspieler Herr A. Samberg, der mit großer Innerlichkeit die Rolle des „Meszulach“ gestaltete,
jenen sonderbar geheimnisvollen Sendboten, jenen Geißler des menschlichen Gewissens, jenen
Verteidiger der geschändeten Seelen und unbarmherzigen Richter. Das vollendete Spiel Sam-
bergs machte tiefen Eindruck. Seine majestätische, eherne Stimme, die nicht aus dieser Welt
zu kommen schien, ängstigte, durchdrang und erschütterte den Zuschauer bis ins Innerste. So
spielen kann nur ein wirklich großer Schauspieler.
160 VI. Teatr Nowy Azazel

Den Cadyk aus Miropola gab Herr Ch. Sandler, der in diese Rolle viel Herz und Seele
legte und der die dramatischen Momente mit viel Kraft gestaltete. Ebenfalls sehr gut Herr
Sandler, der im ersten Akt einen der „Batłenów“ spielte. P. D. Hamburger gab den Sender
Brinicer, routiniert fand er dabei genug Gelegenheit, sich in den Vordergrund zu spielen.
Mit ihrem großen Talent, mit ihrem subtilen und tiefgründigen Spiel bewältigte Frau
R. Sandler die schwierige und verantwortungsvolle Rolle der Lea. Typengenau als
Kindermädchen Frade zeigte sich Frau H. Pałewska. Fehlerfrei war Herr Rozenfarb in zwei
Rollen zu sehen, zum einen als „batłen,” zum anderen als Nachme, der Vater des jungen
Herrn. Mit großem Verständnis für die Intentionen des Autors spielte der talentierte Schau-
spieler J. Salve den Chunona, wohl die interessanteste und geheimnisvollste Figur im Stück.
Sehr naturalistisch und charakteristisch war Herr J. Wajnberg als gabe [Problem] des Cadyk
aus Miropola. Tiefen Eindruck machte der „Totentanz“ in der Interpretation von Frau
S. Czałczyńska. In weiteren Rollen waren M. Kac, C. Waks, J. Najwert und C. Rozencwajg
zu sehen.
Regisseur des Stückes laut Programmzettel: Dawid Herman. Ohne jeden Zweifel wird der
Dybuk ein Erfolgsstück werden.
H. Cz.

Abb. 35: Teatr Nowy Azazel – Der Dybuk.


VI. Teatr Nowy Azazel 161

Abb. 36: Teatr Nowy Azazel – Der Dybuk.


162 VI. Teatr Nowy Azazel

13.6 Dus Grojse Gewins


[pl. Wielka wygrana, dt. Der große Gewinn]

Autor/Text: Szolem Alejchem (Szalom Alejchem)


Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Satire in drei Akten
Premiere: Freitag, 12.09.1941
Dernière: Mittwoch, 01.10.1941
Aufführungen: 23
Vorstellungen: täglich 18.00 Uhr, samstags und an den Feiertagen jeweils zwei Vorstellun-
gen um 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: S. Asman [Halunke Wigdorczyk]; Sylwia Czałczyńska; Dawid Ham-
burger; Róża Gazel [Bajla, Tochter des Schneiders]; M. Kac; Józef Najwert [Heirats-
vermittler Sołowieczyk]; Chana Lewin [Eta-Menia; Frau des Schneiders]; H. Pałewska;
Ch. Rozencwejg; M. Rozenfarb [der verliebte Schneidergeselle Kopel]; Icchak Salwe
[Schneidergeselle Motel]; Ajzyk Samberg [Hauptrolle Schneider]
Presse: Kritik GŻ/87/3/1941; Redaktion GŻ/84/2/1941

GŻ/84/2/1941
Freitag, 12.09.1941

Dus Grojse Gewins 200 000 im Teatr Nowy Azazel


Bei den Vorstellungen sind auf der Bühne zu sehen: A. Samberg, der große Tragöde der
jüdischen Bühne, die geniale Chana Lewin und Roza Gazel sowie ein verstärktes Ensemble.
Das ausgezeichnete Stück steht ab heute auf dem Spielplan. Vorstellungen täglich 18 Uhr, am
Samstag und an den Feiertagen jeweils zwei Vorstellungen um 15 Uhr und 18 Uhr.

GŻ/87/3/1941
Freitag, 19.09.1941

Wielka wygrana
(Dus grojse gewins)
Stück in drei Akten von Szalom Alejchem
Nach den Stücken von Asz und Anski griff nun die Direktion des Theaters Nowy Azazel auf das
für die jüdischen Bühnen klassische Repertoire von Szalom Alejchem zurück. Nur ein Schrift-
steller wie Szalom Alejchem, dem jüdischen Mark Twain, nur ein solch großes und un-
verbrüchliches Talent kann aus dem Schatzkästlein vielfältigen jüdischen Lebens die Perlen
nicht alltäglichen Humors schöpfen und gewissermaßen mit Philosophie und tiefer gesell-
schaftlicher Erkenntnis ausschmücken. Wielka wygrana (200 000) ist eine hervorragende und
schneidende Satire auf Neureiche, denen das Schicksal ohne eigenes Dazutun hold ist, die im
Jargon sprechen und „Köpfe verdrehen“ – dieses Stück hat nichts von seiner aktuellen Farbig-
keit verloren, weder in der Kriegs- noch in der Nachkriegszeit…
Die Hauptfigur des Stücks ist ein alter Schneider, gegeben von dem hervorragenden Künst-
ler Herrn A. Samberg. Weiter gibt es da seine Frau „Eta Meni,” die sich plötzlich von der armen
VI. Teatr Nowy Azazel 163

Schneiderfrau in eine „große Dame“ verwandelt. Diese Rolle spielt Frau Chana Lewin her-
vorragend, wobei sie den klassischen Typ der urkomischen Neureichen gibt und damit das
Publikum zu wahren Lachausbrüchen und donnernden Beifallsstürmen oftmals auf offener
Bühne hinreißt. Tosender Applaus auch für Herrn A. Samberg. Sehr natürlich in der Rolle der
Schneidertochter zeigte sich Frau R. Gazel. Sehr gut auch die Gesangsnummern, besonders
das Duett mit Herrn J. Salve, der den Schneidergesellen Motel trefflich spielte, ähnlich wie der
verliebte Kopel, ebenfalls Schneidergeselle, der von M. Rozenfarb gegeben wurde.
Die Rolle des „unsterblichen“ Schadchens Solowejczka (eine Figur, die in den Werken
von Szalom Alejchem immer wiederkehrt) wurde von Herrn J. Najwert konzertant gegeben.
Interessant auch gezeichnet die Erzgauner und Betrüger Wigdorczyka und Rubinczyka, die von
den Damen S. Aman und S. Czałczyńska als Hosenrollen gespielt wurden. In weiteren Rollen
konnten wir sehen: H. Pałewska, D. Hamburger, C. Rozencwajg und M. Kac. Die Regie von
A. Samberg routiniert. Wielka wygrana wird zweifelsohne ein Erfolg.
H. Cz.

Abb. 37: Nowy Teatr Azazel,


Ajzyk Samberg in Wielka
wygrana (Dus grojse gewins).
164 VI. Teatr Nowy Azazel

13.7 Cwaj Ganowim


[pl. Dwaj złodzieje, dt. Die zwei Ganoven]

Autor/Texte: A. Kalmanowicz
Regie: Chaim Sandler
Stück: Melodram in vier Aufzügen
Premiere: Freitag, 03.10.1941
Dernière: Mittwoch, 29.10.1941
Aufführungen: 31
Vorstellungen: täglich 18.00 Uhr, samstags und an den Feiertagen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Sylwia Czałczyńska [Dżeni, Frau des Verbrechers]; Róża Gazel [Dala,
Tochter des Einbrechers]; Chana Lewin [Basia Szames]; Józef Najwert [Zalmen Szames;
Ehemann von Basia]; M. Rozenfarb [Mr. Kuper]; Ajzyk Samberg [Marian Szwarc, einer
der Diebe]; Chaim Sandler [raffinierter Ganove Dżek Wajnsztajn]; Icchak Salwe [Sydny]
Presse: Kritik GŻ/100/3/1941; Redaktion GŻ/93/5/1941; Redaktion GŻ/97/2/1941;
Anzeige GŻ/97/4/1941

GŻ/93/5/1941
Mittwoch, 01.10.1941

Theater in Warschau
Sensationelle Premiere im Theater Nowy Azazel, Nowolipie-Straße 72
Heute, am 3. Oktober, hat im populären und beim Publikum äußerst beliebten Theater
Nowy Azazel, Nowolipie-Straße 72, das sensationelle Stück in vier Akten mit dem Titel Cwaj
Ganowim von A. Kalmanowicz, in der Regie von Ch. Sandler, große Premiere. Das Theater
Nowy Azazel, das sich seine Popularität durch seine phantastische Inszenierung erworben
hat, kann auch diesmal auf einen großen Erfolg gefasst sein. Anzumerken ist, dass die Rollen
in Cwaj Ganowim mit den Publikumslieblingen Ch. Sandler und A. Samberg besetzt sind.
Daneben spielen Chana Lewin, Roza Gazel, R. Sandler – durchweg Asse der jüdischen
Bühne – sowie ein verstärktes Ensemble. Vorstellungen täglich 18 Uhr, Samstag und an den
Feiertagen zwei Vorstellungen jeweils um 15 Uhr und 18 Uhr.

GŻ/97/2/1941
Freitag, 10.10.1941

Unerhörter Erfolg von Cwaj Ganowim im Teatr Nowy Azazel, Nowolipie-Straße 72


Das wunderschöne Stück von Kalmanowicz erfreut sich unerhörten Erfolges vor einem
enthusiastischen Publikum, zumal dieses Stück den besten Künstlern des Viertels Gelegenheit
bietet, ihr Können zu zeigen.
VI. Teatr Nowy Azazel 165

GŻ/100/3/1941
Freitag, 17.10.1941
Cwaj Ganowim
(Dwaj Złodzieje)
Das jüdische Theater bedient sich nun – auf Grund des Nichtvorhandenseins anderer Stücke –
offensichtlich immer öfter bei Stücken von A. Kalmanowicz, gut geeignet für die Bühne,
wenn auch ziemlich bombastisch und sensationsgeladen, allerdings immer mit einer Moral.
Ebenso ist auch die letzte Premiere des Nowy Azazel mit Cwaj Ganowim in vier Aufzügen
eben dieses Autors – ein typisches Melodram, das die Unterwelt mit ihrem „Glanz“ und ihren
Schattenseiten zum Thema hat. Und wie üblich bei solchen Stücken endet das Ganze in
Glück und Eintracht. Die beiden Diebe geben zwei bekannte und routinierte Schauspieler:
A. Samberg und Chaim Sandler. Ersterer spielt Martin Szwarc, einen desillusionierten und
verratenen Vater und Mann, Sandler als Dżeki Wajnsztajn gibt einen raffinierten, gegenüber
Martin charakterlosen Ganoven. In diesen Rollen sind beide unübertrefflich und zeigen ein
wahres Feuerwerk ihrer Schauspielkunst. Frau Chana Lewin und Herr J. Najwert geben sehr
typengenau ein urkomisches Ehepaar, Zalmen Szames und seine Frau Basia. Frau R. Gazel
spielte erfolgreich die Rolle der Dala, Tochter des Einbrechers. Weiterhin waren zu sehen:
S. Czałczyńska (Dżeni, Frau des Verbrechers), M. Rozenfarb (Mr. Kuper) und J. Salve (Sydny).
Regie führte R. Sandler.
Anzumerken wäre, dass sich die Direktion des Nowy Azazel, die über ein höchst qualifi-
ziertes Ensemble und hervorragende Regisseure (Sandler und Samberg) verfügt, um Stücke
größerer Qualität und Niveau bemühen müsste, Stücke, die einen Namen in der Theaterliteratur
haben. Solcherart Spielplangestaltung wird in breiten Schichten der Bevölkerung auf große
Zustimmung stoßen und das Theater, als kultureller und künstlerischer Mittelpunkt, damit in
der öffentlichen Meinung an Prestige gewinnen.
H. Cz.

13.8 Man fur cwaj Frojen


[pl. Mąż dwóch żon, dt. Ein Mann für zwei Frauen]

Autor/Text: I. Żołaterewski
Regie: Chaim Sandler
Stück: Komödie in drei Akten
Premiere: 31.10.1941
Dernière: 12.11.1941
Aufführungen: 15
Vorstellungen: täglich 18.00 Uhr, samstags und sonntags 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
Presse: Keine Kritik vorhanden

13.9 Der Karger


[pl. Skąpiec, dt. Der Geizhals]

Autor/Text: Molière (Übersetzung bzw. Bearbeitung Aron Ajnhorn)


Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Komödie in drei Akten
166 VI. Teatr Nowy Azazel

Premiere: Freitag, 14.11.1941


Dernière: Mittwoch, 03.12.1941
Aufführungen: 23
Vorstellungen: täglich 18.00 Uhr, samstags und sonntags 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Hersz Balbirski; Sylwia Czałczyńska [Marianna]; Róża Gazel [Eliza];
M. Rozenfarb; Icchak Salwe; Ajzyk Samberg [Harpagon]; Róża Sandlerówna [Eufrozyna];
Józef Wajnberg
Presse: Kritik GŻ/115/3/1941; Anzeige GŻ/111/6/1941

GŻ/115/3/1941
Freitag, 21.11.1941

Skąpiec
Molière schrieb für Schauspieler. Molière, wohl vor allen anderen Theaterschriftstellern
der mit dem genialsten Gefühl für die Bühne, schrieb die Texte seinen Schauspielern auf
den Leib. Er kannte ihre Schwächen, ihre Art zu spielen, er beobachtete sie und schrieb
für sie dann Rollen, die einen Teil ihrer Persönlichkeit, ihres Verhaltens beinhalteten.
Folglich findet man auf der Bühne Molières lebendige Menschen und keine Kunst-
figuren, weshalb seine für die Schauspieler geschriebenen Stücke sofort das Publikum ge-
fangen nehmen. Und dafür ist Skąpiec der schlagende Beweis. Harpagon, dieser König
der Geizhälse, dessen Geiz jedes Maß übersteigt und für den Geld das Symbol des Lebens
ist, dessen Schatzkiste ihm teurer ist als jedes Heiligtum, teurer als die höchsten Werte,
dieser Harpagon ist ein Leckerbissen für den Schauspieler, der sozusagen Handlungs-
freiheit hat. Er kann spielen, aber auch alles verspielen. Nicht auszuschließen ist hier-
bei die Gefahr der Chargenspielerei, die charakteristisch für die alte Schauspielschule ist,
aber nicht übertrieben werden sollte. Der beste (und heutzutage wohl einzige) Tragöde
der jüdischen Bühne, A. Samberg, gab den Harpagon meisterhaft. Grundsätzlich allerdings
muss man einwenden, dass es nicht angebracht ist, kleine Gesangs- und Tanzeinlagen in das
(von A. Ajnhorn bearbeitete) Stück zu nehmen, da diese angeblich die Inszenierung bun-
ter und abwechslungsreicher machen. Der Skąpiec ist eine Schauspielkomödie und keine
Operette.
Samberg präsentierte den Skąpiec in neuem Gewand. Kostüme und Kulissen ziemlich
effektvoll. Von den Schauspielern finden besondere Beachtung: R. Gazel (Eliza), R. Sandler
(Eufrozyna), S. Czałczyńska (Marianne), J. Salve und M. Rozenfarb. Sehr gut in ihren Rollen
die Herren H. Balbirski und J. Najwert.
H. Cz.

13.10 Libe un Farrat


[pl. Miłość i zdrada, dt. Liebe und Verrat]

Autor/Texte: Igor S. Korn-Teuer (Bearbeitung)


Regie: Chaim Sandler
Stück: Melodram
Premiere: Freitag, 05.12.1941
Dernière: Mittwoch, 31.12.1941
VI. Teatr Nowy Azazel 167

Aufführungen: 19
Vorstellungen: täglich 18.00 Uhr, samstags und sonntags 15.00 Uhr und 18.00 Uhr
Besetzung/Rollen: S. Asman; Hersz Balbirski; Sylwia Czałczyńska; Symcha Fostel; Róża
Gazel; Gerszon German [Beni]; Chana Lewin; H. Pałewska; Icchak Salwe; Chaim Rozen-
cweig; M. Rozenfarb [Gabryś, Mann vom Land]; Chaim Sandler [Buckliger]; Róża Sand-
lerówna [Asna]; Józef Wajnberg
Musik: Liedtexte und Couplets: Igor S. Korn-Teuer; Chor: Róża Gazel; Icchak Salwe;
Józef Wajnberg, H. Balbinski
Presse: Kritik: GŻ/128/5/1941; Anzeige GŻ/120/6/1941

GŻ/128/5/1941
Sonntag, 21.12.1941

Miłość i zdrada
(Libe un Farrat)
Die letzte Premiere des Theaters Nowy Azazel mit dem Titel Libe un farrat (Miłość i zdrada)
in der Bearbeitung von Herrn S. Korn-Teuer ist ein Melodram, das wohl mit großem Er-
folg in weiten Kreisen der Theateröffentlichkeit aufgenommen werden wird. Wir haben
hier gewissermaßen eine Fabel des ewigen Kampfes von Gut mit Böse und Unrecht mit Ge-
rechtigkeit.
Mit großem dramatischem Talent spielte Herr Ch. Sandler die Rolle des Buckligen. Sein
Spiel zeugte von Maß und schauspielerischer Routine. Ein ganz spezielles komisches Paar gab
ein Paar hervorragender Schauspieler: Frau Chana Lewin, über die wir neulich anlässlich ihres
25-jährigen Bühnenjubiläums schrieben, und Herr Symcha Fostel, der König der jüdischen
Komiker. Jedes Mal, wenn sie die Bühne betraten, gab es Salven von Gelächter. Die Rolle
des Beni spielte mit großem Erfolg Herr G. German, den wir schon auf der Bühne des Nowy
Teatr Kameralny und Femina sehen konnten. Mit großem Können gestaltete er die charak-
teristischen Momente seiner Rolle. Immer näher der Spitze des Ensembles kommt der sich
glänzend präsentierende junge Schauspieler Herr M. Rozenfarb, der in der Rolle des Gabrys,
eines Burschen vom Land, auf die Bühne kam. Sehr gut in der Rolle der Asna war Frau Sand-
lerówna. Es fanden in dem Stück ein Feld, sich auszuzeichnen: Rozencwajg, S. Czałczyńska,
S. Asman und H. Pałewska.
Ein Wort der Anerkennung auch für das ausgezeichnete Gesangsquartett (R. Gazel, J. Salwe,
J. Wajnberg und H. Balbirski). Liedtexte und Couplets aus der Feder von S. Kornteuer.
H. Cz.

Extravorstellung143: Libe un Farrat; 25-jähriges Bühnenjubiläum Chana Lewin;


GŻ/120/4/1941

143 Wahrscheinlich gab es keine „Extravorstellung“; vielmehr wurde Chana Lewin die Premiere inner-
halb des Spielplans gewidmet.
168 VI. Teatr Nowy Azazel

GŻ/120/4/1941
Mittwoch, 03.12.1941

25-jähriges Bühnenjubiläum Chana Lewin


Ein ungewöhnliches Jubiläum feiert jetzt die bekannte Theaterkünstlerin des Nowy Azazel,
Frau Chana Lewin. Die herausragende Künstlerin, einzigartig in ihren Vaudeville-Darbietun-
gen, hat jetzt 25 Jahre Bühnenlebens hinter sich. Eine geraume Zeit in den Kulissen, aber auch
reich an Erfahrungen und schauspielerischer Routine. Chana Lewin durchlief eine harte
Schule – sie musste in der Welt herumziehen, durch alle möglichen Länder, wo sie das jüdi-
sche Wort, den jüdischen Humor und den guten Namen des jüdischen Theaters verbreitete.
Die Jubilarin, voller Temperament und Schwung, kann sich hervorragend in die unterschied-
lichsten Charaktere einfühlen und zählt zu einer der Besten beim Rezitieren von Monologen.
Der 25-jährigen Bühnenarbeit von Frau Lewin gewidmet ist die Originalfassung des Drei-
akters Libe und Farrat (Miłość i zdrada) in der Bearbeitung von Korn-Teuer und der Regie
von Herrn Chaim Sandler. Mitgewirkt bei diesem Programm hat Herr S. Fostel, der zum ersten
Mal auf der Bühne des Azazel stand. Von dieser Jubilarin können wir noch viel erwarten.
H. Cz.

13.11 Der Szarlatan


[pl. Szarlatan, dt. Der Scharlatan]

Autor/Texte: Jakub Mikhailovich Gordin und Abraham Goldfaden


Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Drama in drei Akten
Premiere: 02.01.1942
Dernière: 21.01.1942
Aufführungen: 22
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags zwei Vorstellungen: 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Ajzyk Samberg [Hauptrolle]; Symcha Fostel; Róża Gazel
Presse: Keine Kritik gefunden; Anzeige GŻ/1/5/1942

13.12 Iszo Roo


[pl. Zła żona, dt. Eine schlechte Frau]

Autor/Texte: Josef Latajner


Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Stück in drei Akten (zehn Aufzüge)
Premiere: 23.01.1942
Dernière: 18.02.1942
Aufführungen: 31
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags zwei Vorstellungen: 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Symcha Fostel [lächerlicher Sekretär Chanocha]; Ajzyk Samberg [Abner];
Róża Gazel [Szlomith]; Róża Sandlerówna [Doppelrolle: schlechte Frau und unglückliche
VI. Teatr Nowy Azazel 169

Mutter]; Icchak Salwe [Talmaj]; Józef Wajnberg [Antignoth]; Sylwia Czałczyńska; M.


Rozenfarb; Chaim Rozencwajg
Presse: Kritik GŻ/15/2/1942; Anzeige GŻ/10/6/1942

GŻ/15/2/1942
Mittwoch, 04.02.1942
Iszo Roo
Das Nowy Azazel besinnt sich seit einiger Zeit wieder auf die alte Tradition des jüdischen
Theaters, in der über lange Zeit Stücke (Melodramen und Operetten), die an biblische Themen,
Legenden und Erzählungen angelehnt waren, einen festen Platz hatten. Zu diesem „klas-
sischen“ Repertoire gehören die Werke von Abraham Goldfaden, dem Vater der jüdischen
Bühne. In den Umkreis des „Aufblühens“ des volkstümlichen Goldfaden-Theaters gehören
auch die Stücke des äußerst produktiven Schriftstellers Ludwik144 Latajner. Eines seiner be-
liebtesten Stücke, nämlich Iszo Roo (Zła żona), hatte letztens im Nowy Azazel Premiere. Man
muss hinzufügen, dass, wenn dieses Stück auch sehr altmodisch daherkommt, es von dem
erfahrenen Regisseur A. Samberg durch verantwortungsvolle Bearbeitung und Modernisie-
rung des Textes sowie durch Bühnenbild und Kostüme aufpoliert wurde.
Die Geschichte von Iszo Roo verknüpft das unglückliche Schicksal des Heerführers Abner
und dessen Frau Izebl vor dem Hintergrund des Verlustes eines Kindes mit dem intrigan-
ten Anthignot in einer Reihe von Episoden. Herr A. Samberg gab den Abner, eine Rolle, mit
der er schon mehrmals schauspielerischen Lorbeer errang, eine Rolle, die schon von den alten
jüdischen Bühnenkünstlern wie Abelman, Rapell und anderen gegeben wurde, mit großer
dramatischer Gestaltungskraft. R. Sandler spielte nicht nur die „schlechte Frau“, sondern auch
die unglückliche Mutter mit großer Verantwortung. Ein dankbares Feld der Selbstdarstel-
lung fand R. Gazel, die sich sehr effektvoll in der Rolle der Szlomith präsentierte. Besondere
Erwähnung verdient Herr J. Salwe, der Talmaj, der den angeblichen Feind von General
Abner gab. Herr J. Wajnberg zeichnete sehr treffend die Figur des Antignoth. Viel Komik
kam auf die Bühne, wenn Herr S. Fostel in der Rolle des lächerlichen Sekretärs Chanocha die
Szene betrat. In den anderen Rollen waren zu sehen: S. Czałczyńska, M. Rozenfarb (hervor-
ragend in der Maske des Präsidenten Hurknoth) und C. Rozencwajg.
Iszo Roo, hundert-, wenn nicht tausendmal auf jüdischen Bühnen gespielt, erfreut das Pub-
likum, es liebt diese Art von Schauspiel.
H. Cz.

13.13 Cu szpejt
[pl. Za póżno, dt. Zu spät]

Autor/Texte: Mojsze Richter


Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Melodram
Premiere: 20.02.1942

144 Hier muss Herman Czerwiński eine Verwechslung passiert sein. Ludwik Latajner war ebenfalls
Autor mehrerer jiddischer Theaterstücke, Iszo Roo stammt jedoch aus der Feder seines Namens-
vetters Josef Latajner.
170 VI. Teatr Nowy Azazel

Dernière: 11.03.1942
Aufführungen: 23
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags zwei Vorstellungen je um 15.00 Uhr und
17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Symcha Fostel [Großvater]; Ajzyk Samberg [Musiker Melech Gren];
Chana Lewin [Großmutter Chana Basia]; Róża Gazel [Tochter Beita]; Hersz Balbirski
[Klezmer]; Róża Sandlerówna [Juta; unglückliche Frau und Mutter]; M. Rozenfarb
[Mr. Lancer; Verlobter von Beita]; Józef Wajnberg [Klezmer]; Icchak Salwe [Rabbiner
M. Sztern]
Presse: Kritik GŻ/28/3/1942; Redaktion GŻ/22/2/1942

GŻ/22/2/1942
Freitag, 05.12.1941

Premiere im Theater Nowy Azazel, Nowolipie-Straße 72


Das populäre und beim Publikum äußerst beliebte Warschauer Theater Nowy Azazel kündigt
zur Zeit auf Plakaten das ungeheuer faszinierende Stück Cu szpejt an. Dieses Stück wird
jetzt mit nicht geringem Aufwand an Arbeit und Kosten von dem talentierten Regisseur
A. Samberg und dem gesamten Ensemble zur Aufführungsreife gebracht. Die vom Publikum
mit Ungeduld erwartete Premiere findet jetzt am Freitag, den 20. Februar, um 17 Uhr 30 statt.
Das Niveau des Stückes wird zweifelsohne durch den persönlichen Auftritt des berühmten
A. Samberg gehoben, daneben spielen S. Fostel, Ch. Lewin, R. Gazel, R. Sandler. Vergrößertes
Ensemble. Gespielt wird täglich um 17 Uhr 30, samstags zwei Vorstellungen je um 15 Uhr und
17 Uhr 30.

GŻ/28/3/1942
Freitag, 06.03.1942

Cu szpejt
(Stück in drei Akten von M. Richter)
Cu szpejt, ein Stück in drei Akten von M. Richter, schildert ausdrucksstark das Leben
einer zu Grunde gehenden Familie. Es ist die bedrückende Geschichte des Musikers
Mechel Gren, der vom normalen Lebensweg abweicht und einem verderblichen Laster
unterliegt, das ihn nach ganz unten bringt, gezeigt in sehr (vielleicht allzu sehr) realisti-
schen Bildern. Es gibt für ihn keinen Weg zurück in ein geregeltes, ruhiges Leben. Zu
spät… Wir werden Zeugen dramatischer Szenen zwischen Mann und Frau, zwischen Vater
und Kind.
Die Rolle des Gren gab Herr A. Samberg. Man kann sich keinen besseren Interpreten
dieser Rolle vorstellen, die vom Schauspieler Routine und Schauspielkunst verlangt, und
dafür steht eben der hervorragende Tragöde A. Samberg. Mit viel Ausdruck für die Tragik
gestaltet er die Rolle des Vaters, der schwer für seine Schuld büßt. Sehr gut gespielt von
Frau R. Sandler die Rolle der Juta, der unglücklichen Frau und Mutter. Hervorragend und
sehr effektvoll auch Frau R. Gazel als Beita, die Tochter von Gren, die für ihre Gesang- und
Tanznummer Szenenapplaus bekam. Herr S. Fostel umriss hervorragend die Charakterrol-
le des Großvaters. Frau Chana Lerner, eine der besten jüdischen Vaudeville-Darstellerinnen,
glänzte als die typische Darstellerin der Großmutter Chana Basia, der Frau des „batchen.”
VI. Teatr Nowy Azazel 171

Das Spiel von Fostel und Lewin, dieser beiden hervorragenden Bühnenkünstler, sorgte für
Erschütterung, aber auch für Freude im Publikum.
In den anderen Rollen waren zu sehen: Herr Salwe, stimmlich hervorragend disponiert
als Rabi M. Stern, immer auf der Höhe zeigten sich M. Rozenfarb in der Rolle des Mr. Lancer,
des Verlobten von Beita, sowie die Herren J. Wajnberg und H. Balbirski, die die Klezmer-
musikanten Lajzer Fidler und Josile Pojker ausgezeichnet gaben.
H. Cz.

13.14 Bar Micwa


[pl. Bar Micwo, dt. Bar Mizwa]

Autor/Texte: B. Tomaszewski
Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Populärstück in drei Akten mit Prolog
Premiere: 13.03.1942
Dernière: 31.03.1942
Aufführungen: 22
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags zwei Vorstellungen jeweils um 15.00 und
17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Róża Sandlerówna [Hauptrolle Lea]; Sylwia Czałczyńska; Symcha
Fostel [amerikanischer Kantor]; Ajzyk Samberg [unglücklicher Ehemann]; Chana Lewin
[schwatzhafte Großmutter]; Róża Gazel [Fajgełe]; Hersz Balbirski; M. Rozenfarb [Sem,
amerikanischer Boy]; Józef Wajnberg; Icchak Salwe [Sohn, Hauptrolle]
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/34/2/1942; Redaktion GŻ/31/2/1942; Anzeige GŻ/31/6/1942

GŻ/34/2/1942
Freitag, 20.03.1942

Bar Micwo
Stück in drei Akten mit Prolog von B. Tomaszewski
Der Autor der letzten Premiere Bar Micwo (Bar Mitzwa), B. Tomaszewski, ist Spezialist für
Volksstücke, die fest im Repertoire vieler jüdischer Bühnen verankert sind. Solche Stücke
müssen mit einer gewissen Gefühligkeit gewürzt sein, zu Tränen rühren und zum Lachen ver-
führen, und schon wird das Ganze auch einigermaßen interessant. Zweifelsohne hat der Autor
ein Gefühl für diese Art von Szenen, das Stück ist abwechslungsreich und ganz im Sinne des
Publikums.
Und in der Tat, es ist schon eine sehr anrührende Geschichte von der angeblich verschol-
lenen Lei, der ersten Frau eines reichen Kaufmanns, die in Folge eines fatalen Unfalls in
geistige Umnachtung fällt, dabei das Gedächtnis verliert, zehn Jahre in der Fremde lebt
und ziellos umherirrt. Man streicht sie von der Liste der Lebenden, ihr Mann heiratet ein
zweites Mal, die Kinder sind grenzenlos verzweifelt und haben eine Vision, in der sie die
Mutter sehen. Aber es ist nicht nur eine Vision, denn nach 10 Jahren kehrt die Unglückliche
zurück ins normale Leben, zurück unter das Strohdach ihres Häuschens. Jahre der Tränen und
172 VI. Teatr Nowy Azazel

Trauer werden abgelöst von Freude – und all dies am Tag der Konfirmation des Sohnes, was
dem Publikum großes Vergnügen bereitet.
Die Hauptrolle, die des Baal Bar Micwa, gibt der junge, talentierte Künstler Herr J. Salwe,
der die Rolle mit großer Intensität und Ausdruckskraft gestaltete. Sehr schön auch Frau R.Gazel
in der Rolle der Fajgełe, eine Darstellerin, die sich mit viel Temperament und Schwung mit
ihrem Partner Herrn M. Rozenfarb (sehr begabt, sehr elegant als Sem, ein amerikanischer Boy)
in einer sehr effektvollen Gesangs- und Tanznummer präsentiert. Besonderes Vergnügen be-
reitete dem Publikum ein englisch – jüdischer Dialog, für den das Pärchen laute Bravos erhielt.
Die Rolle der Lei spielte Frau. R. Sandler, die das Publikum über das ganze Stück in Span-
nung hielt. Über das Spiel der erfahrenen Künstler muss man sich nicht weiter auslassen. Frau
Chana Lewin (großartig in der Rolle der geschwätzigen Großmutter), A. Samberg als unglück-
licher Ehemann, der bekannte Komiker S. Fostel, der diesmal einen in seiner Art einzigartigen
amerikanischen Kantor gab.
In den übrigen Rollen waren zu sehen: S. Chałczyńska, J. Weinberg und H. Balbirski. Büh-
nenbild (sehr gelungen) von Herrn A. Libermann.
H. Cz.

13.15 Duweds fidełe


[pl. Skrzypce Dawida, dt. Davids Geige]

Autor/Texte: Josef Latajner


Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Melodram, Stück in drei Akten und fünf Aufzügen
Premiere: 02.04.1942
Dernière: 15.04.1942
Aufführungen: 16
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags jeweils 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Symcha Fostel [Diener Noach]; Ajzyk Samberg [reicher Bruder Tojwie
Geiger]; Chaim Sandler [Titelrolle Musiker Dawid Geiger]; Chana Lewin [Kajla Bajla];
Róża Gazel [Tochter des Musikers]; Róża Sandlerówna [Verwandte des Reichen]; Icchak
Salwe [Jankiel, Sohn des Reichen]
Presse: Kritik GŻ/45/2/1942; Redaktion GŻ/39/2/1942

GŻ/39/2/1942
Mittwoch, 01.04.1942

Duweds Fidełe
Das populäre und beim Warschauer Publikum sehr beliebte Teatr Nowy Azazel plakatiert zur
Zeit die Premiere eines außergewöhnlich faszinierenden Stückes mit dem Titel Duweds Fidełe,
ein Stück in drei Akten und fünf Aufzügen von J. Latajner unter der Regie von A. Samberg, der
bei der Produktion dieses Stückes keine Kosten und Mühen gescheut hat. Diese vom Publi-
kum sehnlich erwartete Premiere findet am 2. April um 17 Uhr 30 statt. Absolut sehenswert
auch das hervorragende Ensemble: Chaim Sandler, A. Samberg, S. Fostel, Ch. Lewin, R. Gazel
u. a., Vorstellungen täglich um 17 Uhr 30, samstags jeweils 15 Uhr und 17 Uhr 30.
VI. Teatr Nowy Azazel 173

GŻ/45/2/1942
Mittwoch, 15.04.1942

Skrzypce Dawida (Duweds Fidełe)


Stück in drei Akten von J. Latajner
Seit neuestem greifen die jüdischen Theater wieder auf Stücke zurück, die seit langem zum
festen Repertoire aller jüdischen Bühnen gehören. Man denke hierbei an die sog. Volks-
operetten von Abraham Goldfaden, dem Vater des jüdischen Theaters, die sich auf biblische
Motive und Legenden beziehen, und Stücke von J. Latajner, die mehr allgemeine, aus dem
Leben gegriffene Themen behandeln. Eines dieser vor etlichen Jahren mit dem Titel Duweds
Fidele (Skrzypce Dawida) geschriebenen Stücke, das über alle jüdischen Bühnen ging, wurde
jetzt im Theater Nowy Azazel aufgeführt. Es ist ein sehr gut gebautes Melodram, das durch
seine Moral großen Eindruck auf die breite Masse macht und vor bescheidenem Hintergrund
den Konflikt zweier Brüder beinhaltet, von denen der eine skrupellos ein Vermögen gemacht
hat, während der andere sein Milieu verlassen konnte und ein großer Musiker wurde. Im Ver-
lauf dieser aufflammenden Auseinandersetzungen kommen Familienzwistigkeiten zu Tage, die
den Zuschauer teils zum Lachen bringen, aber auch durch ihre lebensnahe Wahrheit aufrichtig
erschüttern.
Stücke der Art wie Duweds Fidele haben es so an sich, dass sie nicht ernst genommen
und entstellt werden, wenn ihnen nicht eine ernsthafte szenische Bearbeitung zu Grunde liegt.
Diesen Umstand berücksichtigte der hervorragende Künstler und Regisseur A. Samberg, der
dieses Stück auffrischte und modernisierte und damit ein typisches Volksstück voller Farbe mit
wirkungsvollen Gesangs- und Tanznummern auf die Bühne brachte.
An der Spitze des Ensembles Herr Ch. Sandler, der mit großem künstlerischen Vermögen
(wobei er jegliche Klischees vermied) die Rolle des Dawid Gajger gab, des berühmten Geigen-
virtuosen, der durch sein zauberhaftes Talent Harmonie in das gestörte Familienleben bringt.
Die Rolle des reichen Bruders Tojwi spielte Herr A. Samberg, dessen Name für sich selbst
spricht. Weiter im Ensemble verdient S. Fostel Erwähnung, einer der besten jüdischen Komi-
ker, der die Rolle des Dieners Noach spielte. Jedes Mal, wenn er die Bühne betrat, wurde er
mit ungeheurem Beifall empfangen. Mit ähnlichen Ovationen wurde auch Frau Chana Lewin
in der Rolle der Kajla Bajla bedacht. Mit wenigen charakteristischen Strichen gestaltete sie
die Rolle der reichen Witwe. Ausgesprochen wirkungsvoll präsentierte sich Frau R. Gazel als
Tochter des Musikers. Schön auch die mit viel Beifall bedachten künstlerischen Vokal- und
Tanznummern. Auszeichnung verdient ebenfalls die talentierte Künstlerin R. Sandlerówna,
die die reiche Verwandte von Tojwi gab. Allgemein erfreute auch Herr I. Salwe mit seiner
schönen Stimme in der Rolle des Jankiel, des Sohnes von Tojwi. Kostüme und Dekoration aus-
gesprochen effektvoll.
H. Cz.

13.16 Der Maskirter


[pl. Człowiek w masce, dt. Der Maskierte]

Autor/Texte: W. Sigał
Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Stück in drei Akten
Premiere: 17.04.1942
Dernière: 06.05.1942
174 VI. Teatr Nowy Azazel

Aufführungen: 22
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags zwei Vorstellungen, jeweils um 15.00 Uhr und
17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Ajzyk Samberg [der verbrecherische Vater; Hauptrolle]; Icchak Salwe
[Sohn Refuel]; Chana Lewin; Symcha Fostel; Róża Gazel [Gitele]; Róża Sandlerówna
[Rächerin], M. Rozenfarb [Beni-Sem]
Presse: Kritik GŻ/51/2/1942; Redaktion GŻ/45/2/1942; Anzeige GŻ/45/6/1942

GŻ/45/2/1942
Mittwoch, 15.04.1942

Premiere im Theater Nowy Azazel


Das populäre und beim Publikum sehr beliebte Warschauer Theater kündigt zur Zeit auf sei-
nen Plakaten das äußerst faszinierende Stück von W. Sigał in drei Akten mit dem Titel Der
Maskirter an, von Regisseur A. Samberg mit viel Kosten und Aufwand auf die Bühne ge-
bracht. Die vom Publikum heiß erwartete Premiere findet am 17. April um 17 Uhr 30 statt.
Das Stück ist absolut sehenswert, denn auf der Bühne sind Berühmtheiten zu sehen wie: A.
Samberg, S. Fostel, Chana Lewin, R. Gazel, R. Sandler sowie das ganze übrige Ensemble. Vor-
stellungen täglich 17 Uhr 30, samstags zwei Vorstellungen, jeweils um 15 Uhr und 17 Uhr 30.

GŻ/51/2/1942
Mittwoch, 15.04.1942
Der Maskirter
Stück in drei Akten von W. Sigał
Der Theaterschriftsteller W. Sigał, dessen Werke oft auf den Bühnen gezeigt werden, hat zwei-
felsohne eine Vorliebe für Sensationsthemen, oft übertrieben grell und realistisch. Zu die-
sen Spektakelstücken gehört auch Der Maskirter in drei Akten, das jetzt im Theater Nowy
Azazel gegeben wird. Dieses Stück, in dem sich der Autor mit dem Thema „Rache“ befasst,
ist ein müder Abklatsch des Stückes des Bóg zemsty – mit Meisterschaft zu Papier gebracht
von Szalom Asz. Asz modelliert einen Menschen, der im Laster versunken ist und sich
von seiner schweren Schuld reinwaschen will. Aber man muss ein so talentierter Theater-
schreiber wie Asz sein, um bei einer solchen Thematik nicht auf den Weg von Plattheit
und Übertreibung zu geraten. Im Stück von Sigał ist es der Vater, der 10 Jahre lang die
Maske des Edlen trug, der für das Wohl seiner Kinder kämpfte, sich aber, als die Maske
fiel, als Verbrecher, der er aus Liebe zu seiner Familie war, entpuppte. Lichtblicke in die-
sem Stück sind die Kinder Simon und Rozman (Simon Rozman alias Ajby Ringla), die
Heiterkeit und Freude auf die Bühne bringen – neben künstlich zusammengekleisterten
Einlagen. Das Ganze rettet das Können des Regisseurs Ajzyk Samberg, der auch die Haupt-
rolle des verbrecherischen Vaters spielte. Ganz nach vorne spielte sich J. Salwe, der junge
talentierte Schauspieler, über den wir schon einige Male geschrieben haben und der mit
viel Herz und Gefühl Refuel, den um Ehre und den guten Namen der Familie kämpfen-
den Sohn, gab. Ausgezeichnet auch in den einzelnen Episoden die bekannten Bühnen-
künstler Ch. Lewinowa und S. Fostel, die mit ihrem typengenauen Spiel das Publikum er-
heiterten. Sehr gut Frau R. Gazel als Gitle. Mit viel dramatischem Ausdruck gab Frau R. Sand-
lerówna die Rächerin. Kunstvoll gestaltete Herr M. Rozenfarb die Rolle des Beni-Sem.
VI. Teatr Nowy Azazel 175

An dieser Stelle gebietet die Chronistenpflicht, darauf hinzuweisen, dass sich die Direktion
des Theaters Nowy Azazel entschlossen hat, jetzt wieder auf das klassische jüdische Volks-
theater – dessen Stücke ohne Zweifel immer die Herzen der breiten Masse erreichen – zurück-
zugreifen und die Aufführung von Abraham Goldfaden auf den Spielplan zu bringen.
H. Cz.

13.17 Sulamita
[pl. Sulamita, dt. Shulamit]

Autor/Texte: Abraham Goldfaden


Regie: Ajzyk Samberg
Stück: Stück in drei Akten (sechs Aufzüge)
Premiere: 08.05.1942
Dernière: 02.06.1942
Aufführungen: 30
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags zwei Vorstellungen 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Symcha Fostel; Ajzyk Samberg [Munoach]; Sara Margot [Sulamita];
Icchak Salwe; Róża Sandlerówna
Musik/Musikalische Leitung: unbekannt
Choreographie/Ballett: Aneta Rajzer
Presse: Kritik GŻ/58/2/1942
GŻ/58/2/1942
Freitag, 15.05.1942

Sulamita
Das Stück Sulamita in drei Akten (sechs Aufzüge) von Goldfaden in der Regie von A. Sam-
berg ist ein wahrer Genuss für die Liebhaber des jüdischen Theaters. Der Inhalt spielt vor dem
Hintergrund eines Wortbruches von Awszałom, begangen an der Geliebten Sulamita, als es
zu einem zufälligen Treffen mit Awigail kommt. Dies führt zu einer Reihe von tragischen
Konflikten. Awszałom (so der Name des Herzensritters) vergisst seine Treueschwüre, die er
Sulamita gab, und schenkt sein Herz einer anderen (Awigail). Diese Tat bringt Awszałom und
Abigail kein Glück. Der von einer Vision verzückte Awszałom verlässt schließlich seine Frau
und kehrt zu seiner ersten Geliebten zurück.
Die Rolle der Sulamita gab Sara Margot, Awszałom spielte J. Salwe, der mit seiner an-
ziehenden Stimme immer mehr Talent zeigte. Herr Samberg gestaltete den Munoach als starke
und unvergessliche Figur. Czugitang, eine Sonderklasse für sich, wurde meisterhaft von Herrn
Fostel gegeben, der die Blicke der Zuschauer magisch auf sich zog. Besondere Erwähnung in
dem Stück verdient der orientalische Tanz, in erster Reihe Frau Aneta Rajzer, und besonders
der Trauertanz und Hora. Etwas störend waren die modernen Kostüme, die dem Stückinhalt
entgegenstehen. Dem Stück an sich wird wohl ein großer Erfolg beschieden sein.
Z.
176 VI. Teatr Nowy Azazel

Abb. 38: Sulamita – Chor.

Abb. 39: Sulamita – Chor.


VI. Teatr Nowy Azazel 177

13.18 Nuch Halbe Nacht


[pl. Po połowie nocy, dt. Nach Mitternacht]

Autor/Texte: Igor S. Korn-Teuer


Regie: Chaim Sandler
Stück: Stück in drei Akten (fünf Szenen)
Premiere: 04.06.1942
Aufführungen: nicht zu ermitteln
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags zwei Vorstellungen 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Presse: Redaktion GŻ/65/2/1942

GŻ/65/2/1942
Mittwoch, 03.06.1942

Die letzte Premiere im Teatr Nowy Azazel


Nach Mitternacht
Freitag, den 4. Juni, findet im Theater Nowy Azazel um 17 Uhr 45 eine feierliche Veranstaltung
zu Ehren des verdienten jüdischen Bühnenkünstlers und Regisseurs Chaim Sandler statt. Chaim
Sandler, derzeitiger künstlerischer Leiter, Hauptdarsteller und Seele des in unserem Viertel
äußerst populären Theaters Nowy Azazel, hat bereits lange Jahre der Bühnentätigkeit hinter
sich. Mit zahlreichen und berühmten Ensembles fuhr er durch die Welt und wurde überall
mit Applaus und Ehrungen überhäuft. In unserem Viertel steht er an der Spitze des von ihm ge-
gründeten und überaus beliebten Theaters Nowy Azazel, wo er Stücke bearbeitet und eigene
Texte auf die Bühne bringt. Überaus kultiviert und mit allen Feinheiten der Schauspielkunst
vertraut, spielt er Hauptrollen in seinen Stücken. Großen Wert legt er auf das hohe Niveau
seines Repertoires, wobei er versucht, das Publikum auch mit anspruchsvollen Stücken vertraut
zu machen. Kein Wunder also, dass das Publikum und die Elite der jüdischen Künstler diesen
großen Kulturschaffenden mit einer feierlichen künstlerischen Abendveranstaltung ehren.
Das große Ereignis, das nächsten Donnerstag stattfinden wird, ist gleichzeitig auch die
Premiere des berühmten Stückes in drei Akten und fünf Aufzügen Nuch halbe Nacht in
der Regie von Chaim Sandler. Teilnehmen an diesem gesellschaftlichen Ereignis werden die
besten Künstler unseres Viertels. Auf Grund des feierlichen Charakters und des reichhaltigen
Programms, stößt diese bereits jetzt auf größtes Interesse.
Sewer.

13.19 Extravorstellungen

Matinee Franciszka Mannówna


Vorstellung: 24.01.1942
Besetzung: Diana Blumenfeld; Stefania Grodzieńska; Maria Hinterhof; Dora Fakiel;
Chana Lerner; Edmund Minowicz; Symcha Fostel; Stanisław Stański
Presse: Kritik GŻ/18/2/1942
178 VI. Teatr Nowy Azazel

GŻ/18/2/1942
Mittwoch, 11.02.1942

Matinee Franciszka Mannówna


Die hervorragende und sehr populäre Tänzerin und Preisträgerin internationaler Tanzwett-
bewerbe, Frau Franciszka Mannówna, hat sich durch ihre zahlreichen Auftritte höchste
Anerkennung und Ruhm erworben. Am 24. Januar gab Frau Mannówna im Rahmen einer
Benefizmatinee im Nowy Azazel eine beeindruckende Probe ihres Könnens, als sie ihr neu
choreographiertes Programm dem Publikum vorstellte. Höhepunkt des Programms war eine
von ihr getanzte „Phantasie der Bibel“ in sieben Bildern mit dem Titel „Salome.” Mit diesen
in jeder Beziehung vielgestaltigen Bildern lieferte sie den Beweis, wie sprechend und erzäh-
lend Tanz sein kann – bei entsprechender Gestaltung und künstlerischer Form. Daneben
zeigte Frau Mannówna mit der ihr eigenen temperamentvollen Hingabe „Taniec Hiszpański,”
„Carmeniade“ und „Faruka de Fay’a.” Zusammen mit ihrem hervorragend ausgebildeten
Tanzensemble zeigte sie dann eine Nummer mit dem Titel „Panowie w cylindrach.” Auf der
Bühne waren weiterhin zu sehen: Diana Blumenfeld, Stefania Grodzieńska, Maria Hinterhof,
Dora Fakiel, Chana Lerner, Edmund Minowicz, Symcha Fostel und Stanisław Stański. Das
Publikum bedachte alle Beteiligten mit enthusiastischem Beifall.
H. Cz.

Abb. 40: Franciszka Mannówna.


VI. Teatr Nowy Azazel 179

EINE TÄNZERIN – FRANCISZKA MANNóWNA

SS-Männer treiben die Juden ins „Bad.” Knüppel, Peitschen und Gewehrkolben bekommen
Arbeit.
„Ausziehen“, schreit Unterscharführer Schillinger, der selbst bei seinen Kameraden als Sa-
dist und Schlächter verschrien ist. Aus der Menge kommt eine schwarzhaarige Frau, schaut
Schillinger in die Augen und beginnt zu tanzen – ein Striptease, getanzt mit der Ausdrucks-
kraft einer perfekten Erotiktänzerin. Sie knöpft ihre Seidenbluse auf, sie entkleidet sich wei-
ter, sie zieht ihren Unterrock aus, lange Beine, schwarze Strümpfe mit Strapsen. Schillinger
stiert wie hypnotisiert. Sie knöpft die Strapse auf und nähert sich dem SS-Mann. Plötzlich
bückt sie sich, reißt sie sich die hochhackigen Schuhe von den Füßen und schlägt den Absatz
des einen in Schillingers Nasenbein. Man hört den Knochen brechen. Schillinger schreit auf
vor Schmerz und hält die Hände schützend vors Gesicht. Jetzt läuft alles wie in einem Zeit-
lupenfilm. Franciszka Mann reißt die Pistole des SS-Mannes aus dessen Pistolentasche, ent-
sichert und feuert zweimal auf Schillinger, der zusammenbricht. Der in der Nähe stehende
SS-Mann Emmereich greift zur Pistole, Franciszka Mann ist schneller, noch ein Schuß,
Emmereich ist getroffen, Franciszka wirft die Pistole weg und verschwindet in der Menge
der zur Vergasung bestimmten Juden, ehe die herbeigeeilte SS sie ergreifen kann. Wenn man der
Legende glauben kann, Legende deshalb, weil solche Geschichten zur Legendenbildung ge-
radezu einladen, suchten später SS-Leute in dem Haufen verkeilter Judenleichen nach dem
Körper der Tänzerin, um sie sich anzusehen.145

Extravorstellung zu Ehren Chaim Sandlers


Vorstellung: 04.06.1942, 17.45 Uhr

EPILOG – „EIN FILM WIRD GEDREHT“

In seiner Kronika Getta Warzawskiego schreibt Emanuel Ringelblum, dass bereits im März
1940 von den Deutschen „zusammengebastelte Filmchen“ gedreht wurden. So wurden Er-
eignisse gefilmt, die zeigen sollten, wie die Deutschen Juden vor polnischem Pöbel schützen:

Heute gab es Raubzüge auf der Karmelicka- und der Franciszkańska-Straße. Es kam zu regel-
rechten Straßenschlachten zwischen Rowdies und Juden. Vorneweg stürmten junge polnische
Hooligans. Sie waren mit Knüppeln und Schlagstöcken aus zusammengedrehtem Draht be-
waffnet […] Die Vorfälle wurden gefilmt, besonders der Moment, als deutsche Soldaten in die
Straße liefen und die Hooligans vertrieben.146

Und dieselbe Szene betreffend:

Ein Auto mit aufmontiertem Maschinengewehr. Dahinter eine Kamera, mit der gefilmt wurde,
wie sie die Juden beschützen.147

145 Ryszard Marek Groński, Proca Dawida, 99 –104.


146 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 113.
147 Ebd.
180 VI. Teatr Nowy Azazel

Dass sich auch deutsche offiziere an die deutsche Straßenverkehrsordnung zu halten


haben und dies von jüdischen Polizisten durchgesetzt werden soll, ist Thema einer gefilm-
ten Szene, die im Ghetto in łódź spielt:

Im jüdischen Ghetto in łódź, mitten auf der Zgierska-Straße, steht ein deutscher Polizist, an
den Seiten jüdische Polizisten. Sie halten einen deutschen offizier an, weil er nicht gemäß
der Straßenverkehrsordnung über die Straße geht. Sie befehlen den jüdischen Polizisten, den
offizier festzuhalten [sic!]. Und das filmen sie alles.148

Gedreht wird auch, wie human, ja geradezu fürsorglich Juden umgesiedelt werden:

Ich habe von einer Deutschen gehört, die einen Film über die Umsiedlung von Juden ins Ghetto
von łódź gesehen hat: Bei den Juden stehen auf dem Tisch Teller mit Fisch und Gans. Die
Deutschen sagen „Lassen Sie sich nicht stören“ und warten, bis sie aufgegessen haben. Danach
stellen sie ihnen Fahrzeuge für den Umzug zur Verfügung.149

Ein Lied und der Film Jud Süß

In Lublin wurde die gesamte männliche jüdische Bevölkerung auf den Marktplatz zusammen-
geholt und ihr befohlen, den ganzen Tag stehen zu bleiben. Am Abend wurde den Männern
befohlen, verschiedene Lieder zu singen, wie z.B. Hatikwa und andere. Die gefielen nicht,
aber das Lied „łomir zich iberbeten” war nach ihrem Geschmack. Die Juden fingen Feuer und
sangen „łomir zaj iberłeben.“150

Statt „łomir zich iberbeten” („Lasst uns aussöhnen”), die ersten Worte eines populären
jiddischen Volksliedes, sangen die Juden „łomir zaj iberłeben” („Lasst uns überleben“).
Zur weiteren Geschichte dieses Liedes schreibt Emanuel Ringelblum:

In der Zeitung Völkischer Beobachter erschien ein Artikel über die Realisierung des Filmes Jud
Süss. Sie kamen nach Lublin, wo der Film gedreht wurde. Im Film sangen die Juden „Mir weln
zaj iberłeben.” Und so wird dieses Lied auf ewig in diesem Film zu hören sein.151

Geheimsache Ghettofilm

Im Mai 1942 schreibt Emanuel Ringelblum in sein Notizheft: „Jetzt wird das Ghetto ge-
filmt.“ Tatsächlich wurde das Ghetto gefilmt, vom 2. Mai bis 2. Juni 1942 drehte ein deut-
sches Kamerateam Propagandaaufnahmen im Warschauer Ghetto.

Die jüdische Gangsterpolizei nutzt jede Situation, um Geld zu machen. Jetzt haben sie sich
eine neue Methode ausgedacht. In Zusammenhang mit einem Film über einen Ball, der im

148 Ebd., 131.


149 Ebd., 138.
150 Ebd., 123.
151 Ebd., 130.
VI. Teatr Nowy Azazel 181

Ghetto gedreht werden soll, gehen sie zu dem Eigentümer des vorgesehenen Restaurants
und fordern von ihm weit mehr Getränke als überhaupt gebraucht werden. Letztens gingen sie
in eine Wohnung in der Leszno-Straße 27 und erklärten, dass die Wohnung wegen der Dreh-
arbeiten sofort zu räumen sei. Allerdings sei man bereit, gegen die Zahlung von lediglich
50 zł auf die Räumung zu verzichten (wobei sie während der Verhandlungen eine goldene Uhr
vom Tisch stahlen).152

Auftraggeber des Films war das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda.
Bei dem Filmmaterial handelte es sich um Rohschnitte, der Film wurde vermutlich nie
fertig gestellt. In der Transkription (Rekonstruktion des Drehbuchs anhand des Film-
materials) des Filmfragments des Bundesarchivs Abteilung Filmarchiv Berlin findet sich:

44. Gut gekleidete Ghettobewohner begeben sich ins Theater Nowy Azazel in der Nowolipie-
Straße; Plakat des Stückes Sulamita von A. Goldfaden (nah); der mit Zuschauern gefüllte Saal;
Szenenausschnitt mit sechs Tänzerinnen auf der Bühne; Auftritt der Solotänzerin (nah); Beifall
klatschendes Publikum. (32 m)153

Liest man diese Transkription, kann man auf den ersten Blick vermuten, dass es sich um
eine abgefilmte und geschnittene Vorstellung von Sulamita im Nowy Teatr Azazel handelt,
allein die Kameraeinstellung „nah“ zeigt, dass es sich um nach Drehbuch gefilmte unter-
schiedliche Einstellungen handelt. Über die Dreharbeiten schreibt Jonas Turkow:

Mitten in der Nacht hämmerten zwei jüdische Polizisten an die Tür […]. Sie verlangten nach
meiner Frau, um ihr mitzuteilen, dass sie sich am nächsten Morgen um 8 Uhr in der Chłodna-
Straße 20 zu melden habe […]. Sie gingen nach einer Namensliste vor, die ihnen gegeben
worden sei. Ich konnte einen Blick auf die Liste werfen und fand dort die Namen Marysia
Eizenszadt, Dawid Zajderman, Symcha Fostel, Regina Cukier und den meiner Frau, Diana
Blumenfeld […]. Wenn jemand nicht erscheine, betrachte man dies als Sabotage. Am nächs-
ten Morgen, genau um 8 Uhr, fand sich meine Frau in der Chłodna-Straße 20 ein […]. In
einem Zimmer in der zweiten Etage hatten sich die Filmleute einquartiert. Außerdem waren
noch eine Reihe jüdischer Künstler da sowie zwei Wehrmachtsoffiziere, zwei offiziere der
Luftwaffe samt Rode, einem offizier der jüdischen Polizei, der als Berater in jüdischen An-
gelegenheiten fungierte […]. Als die Reihe an meine Frau kam, wurde sie gefragt, was sie
so singe, worauf sie antwortete, dass sie Schauspielerin und keine Sängerin sei […]. Die
Deutschen allerdings waren dank ihres jüdischen Beraters gut vorbereitet und wussten genau,
wer von den Künstlern Sänger oder Sängerin war. Als meine Frau sagte, sie singe nicht, schau-
ten sie in eine Liste, nannten zwei Lieder und dann hieß es: Und das, was ist das? […].
Am nächsten Morgen um 8 Uhr kamen die Künstler ins Teatr Nowy Azazel, und die Dreh-
arbeiten begannen […]. Als erste war Marysia Eizenszadt an der Reihe, die „Mein Gott, mein
Gott, warum hast Du mich verlassen“ sang, danach Dawid Zajderman mit „Meine jüdische
Mutter“ […]. Die Deutschen verlangten eine völlig überzogene Mimik und Gestik… Wenn
einer der Künstler das nicht brachte, wurde er aufs Übelste beschimpft […]. Während im Saal
gefilmt wurde, sperrten Angehörige der Luftwaffe die Smocza-, Nowolipie- und Żelazna-

152 Ebd., 369.


153 Bundesarchiv-Filmarchiv, Transkription Filmfragment „Ghetto.”
182 VI. Teatr Nowy Azazel

Straße und veranstalteten eine Razzia. Die Menschen wurden dann zum Azazel gebracht und,
da im Saal noch Aufnahmen gemacht wurden, im Foyer unter Bewachung gehalten […]. Bei
der Razzia waren bevorzugt gut gekleidete, alte Juden mit Mantel und langem weißen Bart
und schöne junge Frauen festgenommen worden. Als die Aufnahmen im Saal beendet waren,
wurde den Leuten befohlen, sich unverzüglich in den Zuschauerraum zu begeben. Es war
ein unbeschreibliches Geschiebe und Gedränge, zumal die Deutschen die Menge mit einem
Hagel von Schlägen überschütteten. Als dann endlich alle im Zuschauerraum waren, sortierten
Luftwaffenoffiziere die Menge und platzierten im ersten Rang nur Juden mit langem Bart,
mit jungen geschminkten Frauen im Arm, wobei sie tatkräftig von der Kanaille Rode unter-
stützt wurden.
Gefilmt wurden dann nicht nur Künstler und Zuschauer in Großaufnahme, sondern auch,
neben anderem, kleine Szenen im Publikum, z. B. wie ein alter Jude mit einer jungen ge-
schminkten Frau Zärtlichkeiten austauscht. Wenn einer der Künstler irgendetwas Lustiges
sang, mussten sich die Leute vor Lachen kugeln. Alle lachten so, wie es gewünscht war, sie
lachten, wie sie in ihrem Leben noch nie gelacht hatten, da sie wussten, was passieren würde,
wenn sie es nicht täten. Das Publikum war so dressiert, dass es auf Fingerzeig sofort reagierte,
als wären alle alte erfahrene Schauspieler.
Als Diana Blumenfeld „Ai, Ai, Ai“ gab, sangen alle den Refrain mit. Wenn ein Künstler
seine Nummer beendet hatte, schrie das Publikum (nein, es brüllte) „Bis, Bravo.” Man hielt
die Leute bis um 8 Uhr abends im Saal fest, ohne Essen und ohne Rücksicht auf ihre mensch-
lichen Bedürfnisse.
Die jüdischen Künstler, die man zwang, in dem Film mitzuwirken, waren: Diana Blumen-
feld, Dawid Zajderman, Marysia Eizenszadt, Regina Cukier, Symcha Fostel, Chana Lerner, Ida
Erwest, Irena Prusicka (Tanz) und Ruta Sandberg.
Viel später erfuhr man, dass diese Aufnahmen, wie auch alle anderen, die die Deutschen auf
Straßen, in Restaurants und rituellen Bädern, auf dem Friedhof usw. gedreht hatten, für einen
Propagandafilm mit dem Titel Asien in Mitteleuropa vorgesehen waren.
All das geschah kurz vor der Liquidierung des Warschauer Ghettos.154

154 Jonas turkow, C’était ainsi, 185 – 89.


VI. Teatr Nowy Azazel 183

Abb. 41: Statisten als Publikum vor dem Eingang des Teatr Nowy Azazel.

Abb. 42: Statisten als Publikum im Zuschauerraum des Teatr Nowy Azazel.
184 VI. Teatr Nowy Azazel

14. ANZEIGEN AUS DEM THEATER AZAZEL

Ausgabennummer Anzeige (Übersetzung) Faksimile

GŻ/36/6/1941 Theater Nowy Azazel


Nowolipie [Straße] 72
Heute und täglich die Hit-Revue
mit dem Titel
DI LUSTIKE KAPELE
in 2 Aufzügen – 18 Bilder
26-köpfiges Ensemble, angeführt von:
Ch. SANDLER
Ch. LEWIN
R. GAZEL
R. SANDŁER
Regie Ch. Sandler
Musikalische Leitung I. Vesby
Ausstattung A. Liberman
BEGINN TÄGLICH 17.30 Uhr
samstags 14.30 Uhr Sondervorstellung
zu ermäßigten Preisen.

GŻ/37/8/1941 Theater Nowy Azazel


Nowolipie [Straße] 72
Heute und täglich die Hit-Revue
mit dem Titel
DI LUSTIKE KAPELE
in 2 Aufzügen – 18 Bilder
26-köpfiges Ensemble, angeführt von:
Ch. SANDLER
Ch. LEWIN
R. GAZEL
R. SANDłER
Regie Ch. Sandler
Musikalische Leitung: I. Vesby
Ausstattung A. Liberman
BEGINN TÄGLICH 17.30 Uhr
samstags 14.30 Uhr Sondervorstellung
zu ermäßigten Preisen.
VI. Teatr Nowy Azazel 185

GŻ/45/8/1941 Theater Nowy Azazel


Nowolipie [Straße] 72
Heute, Freitag, 17.30 Uhr,
große feierliche Premiere
MOTKE GANEF
Musikalische Komödie in
5 Aufzügen von Sz. Asz
bearbeitet von Ch. Sandler
Regie: Ch. Sandler –
Musikalische Leitung I. Vesby
Ausstattung A. Liberman
In den Hauptrollen: Ch. Lewin,
R. Sandler, Ch. Sandler
Beginn täglich 17.30 Uhr
samstags 15.00 und 17.30 Uhr.

GŻ/47/7/1941 THEATER NOWY AZAZEL


Nowolipie [Straße] 72
Heute und täglich um 17.30 Uhr
DER GROSSE SCHLAGER
MOTKE GANEW
Musikalische Komödie in
5 Aufzügen von Sz. Asz
in der Bearbeitung von Ch. Sandler
MOTKE GANEW auf der Straße
MOTKE GANEW bei den Dreh-
orgelspielern
MOTKE GANEW im Zirkus
MOTKE GANEW in Irrungen und
Wirrungen
MOTKE GANEW heiratet
Regie Ch. Sandler
Musikalische Leitung I. Vesby
Ausstattung A. Liberman
In den Hauptrollen: Ch. Lewin,
R. Sandler, Ch. Sandler.
Beginn täglich 17.30 Uhr
samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr.
186 VI. Teatr Nowy Azazel

GŻ/52/4/1941 Theater Nowy AZAZEL,


NOWOLIPIE [Straße] 72
Heute und täglich um 17.30 Uhr,
samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr.
DIE LETZTEN [SPIEL-] TAGE DES
GROSSEN SCHLAGERS
MOTKE GANEW
Musikalische Komödie in
5 Aufzügen von Sz. Asz
in der Bearbeitung von Ch. Sandler
In den Hauptrollen: Ch. Lewin, Ch.
Sandler, R. Sandler.
Regie Ch. Sandler
Musikalische Leitung I. Vesby
Ausstattung A. Liberman
MOTKE GANEW auf der Straße
MOTKE GANEW bei den Dreh-
orgelspielern
MOTKE GANEW in Irrungen und
Wirrungen
MOTKE GANEW im Zirkus
MOTKE GANEW heiratet

GŻ/60/6/1941 THEATER NOWY AZAZEL,


Nowolipie [Straße] 72
Heute und täglich 17.30 Uhr
samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
HERCER CU FARKOJFN
Komödie in 3 Akten von I. Lilian
Regie: Ch. Sandler
Ausstattung: A. Liberman –
Texte: J. Najwert
In den Hauptrollen:
Ch. Sandler
Roza Gazel
Ch. Lewin
R. Sandler
VI. Teatr Nowy Azazel 187

GŻ/63/6/1941 THEATER NOWY AZAZEL,


Nowolipie [Straße] 72
Heute und täglich 17.30 Uhr
samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
HERCER CU FARKOJFN
Komödie in 3 Akten von I. Lilian
Regie: Ch. Sandler – Texte: J. Najwert
– Ausstattung: A. Liberman
In den Hauptrollen:
Ch. Sandler
Roza Gazel
Ch. Lewin
R. Sandler

GŻ/66/6/1941 THEATER NOWY AZAZEL,


Nowolipie [Straße] 72
Heute Freitag um 17.30 Uhr
GROSSE FEIERLICHE PREMIERE
GOT FUN NEKUME
Stück in 3 Akten von Sz. Asz
Regie: A. Samberg
In den Hauptrollen:
A. Samberg
Ch. Lewin
Roza Gazel
R. Sandler
Beginn täglich 17.30 Uhr
samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten
Preisen) und 17.30 Uhr

GŻ/69/6/1941 THEATER NOWY AZAZEL,


Nowolipie [Straße] 72
Heute und täglich 17.30 Uhr, samstags
15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
17.30 Uhr
DAS GROSSE MEISTERSTÜCK
GOT FUN NEKUME
(BóG ZENSTY – Der Rachegott)
in drei Akten von Szalom Asz
Regie A. Samberg –
Ausstattung: A. Liberman
In den Hauptrollen: A. SAMBERG
(der größte Tragiker der jüdischen
Bühne), CHANA LEWIN, ROZA
GAZEL, R. SANDLER
und ein erweitertes Ensemble.
188 VI. Teatr Nowy Azazel

GŻ/72/6/1941 THEATER NOWY AZAZEL,


Nowolipie [Straße] 72
HEUTE UND TÄGLICH 17.30 UHR
samstags 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) und
17.30 Uhr
DAS GROSSE MEISTERSTÜCK
GOT FUN NEKUME
in drei Akten von Szalom Asz
Regie A. SAMBERG
In den Hauptrollen:
A. SAMBERG
CHANA LEWIN
ROZA GAZEL
R. SANDLER

GŻ/75/6/1941 THEATER NOWY AZAZEL,


Nowolipie [Straße] 72
Heute, Freitag, 17.30 Uhr
FEIERLICHE PREMIERE
DAS GROSSE EPOS
DES UNSTERBLICHEN
MEISTERSTÜCKES
DER DYBUK in 3 Akten
von Sz. Anski
Regie: w/g D. Herman.
Ausstattung: A. Liberman
In den Rollen Cadyk: Ch. SANDLER
Meszułach A. SAMBERG
und ein erweitertes künstlerisches
Ensemble
Beginn täglich 17.30 Uhr
samstags 14.30 Uhr und 17.30 Uhr.

GŻ/78/6/1941 THEATER NOWY AZAZEL,


Nowolipie [Straße] 72
Heute und täglich 17.30 Uhr
samstags um 14.30 Uhr und 17.30 Uhr
DAS GROSSE EPOS
DER DYBUK
von Sz. Anski – in 3 Akten
Regie: w/g D. Herman –
Ausstattung: A. Liberman
In den Rollen
Cadyk: Ch. SANDLER
Meszułach A. SAMBERG
und ein erweitertes künstlerisches
Ensemble.
VI. Teatr Nowy Azazel 189

GŻ/97/4/1941 THEATER NOWY AZAZEL,


Nowolipie [Straße] 72
Heute und täglich 18.00 Uhr
samstags und feiertags 15.00 Uhr
und 18.00 Uhr
Cwaj Ganowim
(Ch. Sandler – A. Samberg)
Stück in 4 Akten von
A. Kalmanowicz
Regie: Ch. Sandler.

GŻ/111/6/1941 Theater NOWY AZAZEL


NOWOLIPIE [Straße] 72
Heute, Freitag, und täglich pünktlich
17.45 Uhr
Premiere des grossen Schlagers
DER KARGER
Stück in 3 Akten
Bearbeitung: A. AJNHORN
Regie A. SAMBERG
Saal gut geheizt und beleuchtet
Samstags zwei Vorstellungen
um 15.00 Uhr und 18.00 Uhr

GŻ/120/6/1941 Theater Nowy Azazel,


Nowolipie [Straße] 72
Heute, Freitag 17.30 Uhr
FEIERLICHE VORSTELLUNG
ANLÄSSLICH DES 25-JÄHRIGEN
BÜHNENJUBILÄUMS [von]
CHANA LEWIN
PREMIERE [VON]
LIBE UN FARRAT
Stück in 3 Akten – Bearbeitung:
Koren-Teuer
Regie: Ch. SANDLER
1. Auftritt von S. FOSTEL
Samstags 2 Vorstellungen 15.00 Uhr
und 17.00 Uhr
SAAL GUT GEHEIZT UND
BELEUCHTET.
190 VI. Teatr Nowy Azazel

GŻ/1/5/1942 Theater Nowy Azazel,


Nowolipie [Straße] 72
Heute, Freitag (und täglich) 17.30 Uhr
GROSSE PREMIERE
DER SZARLATAN
Stück in 3 Akten [von]
J. Gordon und A. Goldfaden
Regie: A. SAMBERG
In den Hauptrollen:
A. Samberg, S. Fostel
R. Gazel
Samstags 2 Vorstellungen um 15.00
Uhr und 17.30 Uhr.

GŻ/10/6/1942 Theater Nowy Azazel,


Nowolipie [Straße] 72
Heute, Freitag, 17.30 Uhr und täglich
Große feierliche Premiere
ISZO ROO
Stück in 3 Akten (10 Aufzüge) [von]
J. Lateiner
Regie: A. SAMBERG
In den Hauptrollen
A. SAMBERG
S. FOSTEL
R. GAZEL
R. SANDLER
Samstags 2 Vorstellungen um 15.00
Uhr (zu ermäßigten Preisen) und
17.30 Uhr.
VI. Teatr Nowy Azazel 191

GŻ/31/6/1942 Theater Nowy Azazel,


Nowolipie [Straße] 72
Heute, Freitag, 17.30 Uhr
GROSSE PREMIERE
BAR MICWO
Stück in 3 Akten mit Prolog [von]
B. Tomaszewski
Regie: A. SAMBERG
Beginn der Vorstellung täglich
17.30 Uhr
Samstags 2 Vorstellungen um
15.00 Uhr und 17.30 Uhr.
In den Hauptrollen:
A. Samberg
S. Fostel
Ch. Lewin
R. Gazel
R. Sandler

GŻ/45/6/1942 Theater Nowy Azazel,


Nowolipie [Straße] 72
HEUTE, FREITAG, 17.30 Uhr
FEIERLICHE PREMIERE
DER MASKIRTER
Stück in 3 Akten [von] W. Sigał
Regie: A. SAMBERG
In den Hauptrollen
A. Samberg
S. Fostel
Ch. Lewin
R. Gazel
R. Sandler
Beginn der Vorstellung täglich 17.30
Uhr
Samstags 2 Vorstellungen um 15.00
Uhr und 17.30 Uhr.
Am 24. April 17.00 Uhr (pünktlich)
GROSSE FEIER [ANLÄSSLICH]
DES EINJÄHRIGEN BESTEHENS
DES THEATERS.
192 VII. Teatr Femina

VII. teatr femIna

1. VORWEGGENOMMENER NACHRUF ODER DER LAUF DER ZEIT…

Das Femina befand sich in einem vor dem Krieg (1935) erbauten siebenstöckigen moder-
nen Gebäude, Eigentümer war Dawid Bachrach, der 1936 die Genehmigung erhielt, ein
Kino zu betreiben, und 1938 mit dem Spielbetrieb begann. 1939, nach der Kapitulation

Abb. 43: Das Gebäude des Femina 1939, Leszno-Straße 35.


VII. Teatr Femina 193

Warschaus, wurden dann deutsche Revuevorstellungen gegeben, bis das Gebäude 1940 in
das Warschauer Ghetto eingegliedert wurde. Eigentümer wurde dann ein Deutscher, dem
auch das Melody Palace gehörte, und man konnte mit dem Spielbetrieb beginnen.
Bei Beginn der „Großen Aktion”, d. h. der Liquidierung des Ghettos, wurde das ge-
samte Gebiet nördlich der Leszno-Straße zusammen mit der Straßenseite mit ungeraden
Nummern aus dem Ghetto ausgegliedert und der arischen Seite zugeschlagen und das
Femina von den Deutschen eine Zeit lang als Magazin genutzt. Nach der endgültigen
Liquidierung des Ghettos spielte dann wieder ein Theater bis zum Beginn des Warschauer
Aufstands, das Theater Figaro.
In der zweiten Hälfte des Jahres 1950 wurde das Femina zum Kino umgebaut, das den
alten historischen Namen behielt, Kino Femina. Der Zuschauerraum, d. h. die Bestuhlung,
entsprach weitgehend dem des alten Femina und verfügte über 635 Plätze. Im Femina der
Ghettozeit waren dies ca. 900.

Abb. 44: Teatr Femina, Innenansicht.

Nach dem Krieg wurden links und rechts des Femina zwei neue Gebäude hochgezogen.
1948 kam es im Zusammenhang mit dem Bau der Trasse „W-Z“ zur Umbenennung des
östlichen Teils der Leszno-Straße in „al. Karola świerczewskiego“ (Karol świerczewski-
194 VII. Teatr Femina

Allee) und 1991 in „al. Solidarności” (Solidarność-Allee), wobei auch die Hausnummern
geändert wurden. 1996 wurde das Gebäude von dem neuen Eigentümer, der Firma Kino-
plex, umgebaut und modernisiert. Es gab vier Kleinkinos und das Femina wurde das erste

Abb. 45: Kino Femina heute.

Abb. 46: Biedronka.


VII. Teatr Femina 195

Warschauer Multiplex-Kino. 2007 wurde das Femina dann vom Filmzentrum Helios über-
nommen und dann 2010 von der Agora-Gruppe gekauft.
Im Herbst 2013 verständigte sich Jeronimo Martins, der Eigentümer der Discounter-
kette Biedronka, mit den Eigentümern des Gebäudes über den Kauf von 600 m2 Fläche.
Danach erhielt er die Genehmigung zu Umbau und Umnutzung dieser Fläche zum
Discount-Laden. Obwohl das Gebäude im Denkmalregister erfasst war und die zustän-
digen Beamten den Investor verpflichteten, sich die Genehmigung des Chefkonservators
der Hauptstadt einzuholen, konnte trotz zahlreicher Proteste Jeronimo Martins mit der
Einrichtung eines Biedronka-Marktes beginnen; der Konservator hielt das Gebäude in der
jetzigen Form für nicht erhaltenswert, da es bereits 1996 umgebaut worden sei. Im Sep-
tember 2014 wandten sich die Warschauer Verkehrsbetriebe an die Stadt, um die Halte-
stelle Kino Femina löschen und umbenennen zu können. Der Antrag wurde abgelehnt.

2. OUVERTÜRE

Ouvertüre 1
GŻ/4/12/1940
Freitag, 02.08.1940
Läuse
Garantierte radikale Vernichtung von
Läusen durch Gas. D.G.W., Warschau,
Grzybowska-Straße 16, Tel. 3.51,20.

Ouvertüre 2
Achtung!
Zeichen fürs Orchester
Das Orchester beginnt mit dem Vorspiel
Hoch!
Der Vorhang geht hoch
Stefania Grodzieńska singt:

„Die Laus ist ein kleines Tier. Ein Elefant ist groß.
Schwerlich findet man Elefanten auf der Straße. Aber Läuse jede Menge…“
(Der Saal tobt. Das war im 6. Monat der entsetzlichen Typhusepidemie).155

3. DAS THEATER

Mit der Premiere von Batalion humoru, einer Revue in zwei Teilen unter der Regie
von Stanisław Stański und in der Inszenierung von Edmund Minowicz, nahm das Teatr
Femina in der Leszno-Straße 35 am 20. Juni 1941 unter der künstlerischen Leitung von
Jerzy Jurandot den Spielbetrieb auf. Die letzte Aufführung (Bajadera) war am 20. Juli

155 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 219.


196 VII. Teatr Femina

1942, zwei Tage vor Beginn der Liquidierung des Ghettos. Zur Premiere kamen 14 Stücke
mit ermittelten 418 Aufführungen. Zur Eröffnung des Spielplans schreibt die Gazeta
Żydowska:

Im jüdischen Warschau entsteht zurzeit eine neue Theaterspielstätte auf höchstem kulturellem
Niveau. Im eleganten, modernen und geschmackvoll eingerichteten Femina, Leszno-Straße 35,
wird in den allernächsten Tagen ein neues Theater Premiere feiern, das auf Polnisch und Jid-
disch spielen wird. Auf der Bühne werden die besten Künstler der polnischen und jüdischen
Bühne zu sehen sein, die für hohe künstlerische Qualität bürgen. Garantiert wird das durch
hervorragende Theaterautoren und das Engagement der Asse polnischer und jüdischer Schau-
spielkunst. Das Theater in der Leszno-Straße 35, ausgestattet mit mehr als 900 bequemen
Stühlen, einer erstklassigen Akustik und unter kompetenter Leitung, verspricht gehaltvolle und
kulturelle Unterhaltung für alle Schichten im Viertel.156

4. ZUM SPIELPLAN

Das Femina hatte auf dem Spielplan hauptsächlich Operetten und Revuen, aber auch
Volksstücke und Komödien. Es setzte die Tradition der großen Warschauer Revuetheater
wie des legendären Morskie Oko fort, das im Vorkriegswarschau in den dreißiger Jah-
ren im Stil großer französischer Revuen mit „Pariser Schick“ spielte, aber auch die des
Kabaretts Qui pro quo, das 1910 gegründet wurde und bis in die 1930er Jahre Europarang
hatte. Im Femina wurde überwiegend auf Polnisch gespielt, erstklassige Texte von Marian
Hemar, Jerzy „Jerry“ Ryba, Jerzy Jurandot, Julian Tuwim u. a., garniert mit Musik- und
Balletteinlagen, mit Stars wie den Schauspielerinnen Diana Blumenfeld und Franciszka
Mannówna, und aktualisierte Klassiker wie Księżniczka Czardaszka sorgten für Unter-
haltung auf höchstem Niveau. Dazu Jonas Turkow:

Das Femina spielte vor allem Revuen und Operetten, die mit beißenden Anspielungen auf das
Ghettoleben gespickt waren. Bei der Eröffnung der Spielzeit wurde eine Revue mit dem Titel
Szafa gra! auf die Bühne gebracht, in der die Helden Würdenträger des Ghettos, die Ghetto-
polizei usw. waren. Zu sehen war eine Reihe von Tableaux, Hauptthema war Bestechlichkeit,
die Quintessenz des Ganzen war „ohne schmieren läuft nichts.“157

Aber auch die öffentlichen Transportmittel, die sogenannten „Kon-Hellerki“, waren The-
ma. Mit ihnen zu fahren war eine Qual, es herrschte ein unbeschreiblicher Gestank und
fürchterliches Gedränge. Hinzu kam, dass der von Pferden gezogene Waggon jederzeit
von Deutschen angehalten und die Passagiere im Rahmen einer Razzia verhaftet und mit-
genommen werden konnten. Auf der Bühne des Femina sah das dann so aus:

Ein Jude im Omnibus sieht, dass Deutsche kommen, alle Passagiere springen heraus und ver-
stecken sich unter dem Bus. Nach einiger Zeit peilt einer von ihnen die Lage und die anderen

156 GŻ/47/3/1941.
157 Jonas turkow, C’était ainsi, 176.
VII. Teatr Femina 197

fragen „Kann man jetzt?“ (neben „Sind sie weg?“ eine der berühmtesten Fragen im Ghetto).
Nach und nach wird wieder eingestiegen und die Fahrt geht weiter.“158

Auf dem Spielplan des Teatr Femina standen:159


Batalion humoru („Die besten und populärsten jüdischen Künstler, die das Viertel zu bie-
ten hat, auf höchstem Niveau gespielte Revue“); Szafa gra! („blitzschnelle und intelli-
gente Witze in höchster literarisch künstlerischer Manier“); Od gminy do feminy („ein
Feuerwerk außergewöhnlichen Humors“); Księżniczka Czardaszka von Emerich Kálmán
(„ein amüsantes operettenspiel, angereichert mit aktuellen Leckerbissen“); Jim i Jill;
Róża Stambuły von Leo Fall („Zur Premiere kam eine weitere hervorragende operette“);
Miłość szuka mieszkania in der Bearbeitung von Jerzy Jurandot („Ein lebendig illus-
triertes allerliebstes Beziehungsstück“); Pan Hrabia to ja, ebenfalls in der Bearbeitung
von Jurandot („äußerst komische, aber auch ziemlich anspruchslose Geschichte“); Matura
von Władysław Fodor (´Matura´ ist auf Grund seiner zweifellos literarischen Qualität und
seines gesellschaftlichen Hintergrunds absolut sehenswert“); Jarmark Śmiechu von Jerzy
Jurandot („buntes Revuemenü“); Tylko dla dorosłych von Jerzy „Jerry“ Ryba („unter-
haltsame lustige Komödie“); Dziewczę do wszystkiego in der Bearbeitung von Jerzy
Jurandot; Sprawa przy drzwiach zamkniętych von B. Weiler („Zufrieden mit der Tatsache,

Abb. 47: Ein „Omnibus“ der Firma Kon und Heller – unentbehrliches Bühnenelement der Revuen
im Femina.

158 Ebd., 177.


159 Wenn nicht anders erwähnt, stammen alle Zitate aus Kritiken von Herman Czerwiński.
198 VII. Teatr Femina

dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, verlassen wir den Gerichtssaal“) sowie
Bajadera von Emerich Kálmán („Diskutieren kann man, ob die Auswahl dieses Stückes
nun eine besonders glückliche war“).
Ehe das Femina in der Leszno-Straße 35 sich der Czardasfürstin widmete, war es ein
typisches Revuetheater, das äußerst erfolgreich Nummernrevuen, Stücke mit Couplets,
kurze Spielszenen, viel Musik, Ballett und Solotanz auf die Bühne brachte und das mit
Stücken wie Szafa gra! und anderen Triumphe feierte. Szafa gra!, die wörtliche Überset-
zung lautet Der Schrank spielt, ist eine euphemistische Umschreibung für Bestechung.
Im Grunde eine einfache Sache. Man wirft Geld ein und heute würde man sagen ´die
Musik-Box´ spielt. Emanuel Ringelblum schreibt in seiner Kronika Getta Warszawskiego
kurz und treffend: „´Die Musiktruhe spielt´ – die beste populäre Beschimpfung, mit der
die Jüdische Gemeinde bedacht wird. Wenn man Geld hineinwirft, spielt sie.“ Übrigens
nannte man die, die das Geld nahmen, auch „musikalisch Begabte.“ Höhepunkt des
Stückes war die feierliche Enthüllung eines Szafa-gra-Denkmals.

5. DIE LEITUNG

Als Theaterdirektoren bzw. Konzessionsinhaber fungierten Meier Winder, ehemals Inten-


dant des Nowości, des größten jüdischen Theaters in Warschau (auch am Eldorado betei-
ligt), Symcha Ryba (ebenfalls am Eldorado beteiligt und späterer Mitkonzessionsinhaber
des Melody Palace) und Josef Hirszfeld, vor dem Krieg Eigentümer des Picadilly und
diverser Warschauer Cafés und Restaurants (ebenfalls späterer Mitkonzessionsinhaber
des Melody Palace). Künstlerischer Leiter war Jerzy Jurandot, die musikalische Leitung
einschließlich der Dirigate übernahm Iwo Wesby, vor dem Krieg musikalischer Leiter
verschiedener großer Warschauer Revuetheater, u. a. des Wielka Rewia, sowie Komponist
für Filmmusik berühmter polnischer und jiddischer Filme. Texte bzw. die Zusammenstel-
lung von Texten für Revuen lagen in den Händen von Jerzy Jurandot.

6. DAS ENSEMBLE

Engagiert am Femina waren – ohne orchester, Ballett und Chor – 40 Schauspielerinnen


und Schauspieler, die sich bei 14 gespielten Stücken 121 Rollen teilten. Von diesen Schau-
spielern wurde keiner in allen Stücken besetzt mit Ausnahme von Edmund Minowicz, der,
wenn er nicht spielte, mindestens Regie führte. Acht Schauspieler waren für fünf bis zwölf
Stücke im Engagement, elf für zwei bis vier und 21 spielten in lediglich einem Stück.
Edmund Minowicz spielte über die gesamte Spielzeit des Femina in zwölf Stücken,
die er auch inszenierte bzw. an deren Inszenierung er beteiligt war, und spielte in der Zeit
an 342 Kalendertagen 318 Vorstellungen; Stefania Grodzieńska, die vor dem Krieg von
Fryderyk Jarosi für das Kabarett Cyrulik Warszawski verpflichtet wurde, kam zusammen
mit ihrem Mann Jerzy Jurandot ans Femina, spielte dort in elf Stücken mit 314 Vorstel-
lungen, d. h. Stefania Grodzieńska spielte die gesamte Spielzeit mit Ausnahme von zwei
VII. Teatr Femina 199

Stücken durch; Józef Kinelski kam vom Na Pięterku ans Femina, wo er dann mit Unter-
brechungen von August bis September 1941 und Januar 1942 bis Juni 1942 einschließlich
der letzten Premiere (Bajadera) in neun Stücken mit 188 Auftritten spielte; Ada Połomska
(183 Vorstellungen) kam erst 1942 ans Femina, spielte aber dann von Januar 1942 bis Mai
1942 in sieben Stücken in Folge; Leon Rytowski kam im Januar 1942 vom Kameralny,
wo er in zwei Stücken besetzt war, ans Femina (144 Vorstellungen), wo er am 20. Februar
1942 die erste Premiere spielte und danach in sechs weiteren Stücken in Folge zu sehen
war; Zygmunt Regro kam vom Nowy Teatr Kameralny, wo er in Mirla Efros (Dernière
15. September 1941) zu sehen war, um dann nach dreimonatiger Spielpause ab Januar
1942 bis Juli 1942 sechs Stücke mit 132 Vorstellungen in Folge am Femina zu spie-
len, wobei er bei den Stücken Dziewczę do wszystkiego und Sprawa przy drzwiach
zamkniętych als Regieassistent genannt wird; Diana Blumenfeld (die Frau des Regisseurs
Jonas Turkow) kam vom Eldorado, spielte von Juni 1941 bis September 1941 und von
März 1942 bis Juni 1942 am Femina fünf Stücke mit 153 Vorstellungen, um dann Juni/
Juli 1942 für zwei Produktionen am Kameralny verpflichtet zu werden; Stanisław Stański
war für vier Produktionen engagiert, zum einen für Batalion humoru, bei dem er auch
Regie führte, zum anderen für Szafa gra!, Od gminy do feminy, Księżniczka Czardaszka
und spielte 148 Vorstellungen auf der Bühne des Femina; Alina łęczycka spielte vier
Stücke mit 123 Vorstellungen; Franciszka Mannówna spielte (und tanzte) in vier Stücken
mit 81 Vorstellungen; Janusz Srebrzycki spielte die Premiere und 14 Vorstellungen von
Róża Stambuły (2. Januar bis 14. Januar 1942) sowie ab 29. Mai 1942 drei Stücke in Folge
mit 30 Auftritten (ohne Bajadera); Józef orenstein spielte in der Zeit vom 20. Juni 1941
bis 28. oktober 1941 in drei Stücken mit 122 Vorstellungen, ging dann ans Eldorado
und war dort in vier Produktionen besetzt. Bei der Premiere von Bajadera am 26. Juni
1942 wird orenstein als Schauspieler aufgeführt, allerdings auch am 21. Juni 1942 bei
der Premiere von Dorfsjung. Das würde bedeuten, wie bereits im Kapitel Eldorado er-
wähnt, dass Orenstein entweder nur die Premiere von Dorfsjung oder ein paar Vorstel-
lungen spielte, dann umbesetzt wurde und ans Femina ging, um dort in Bajadera den
Fürst Radiani zu geben. Im Femina spielte er 122 Vorstellungen. Irena Drybińska kam
vom Na Pięterku, wo sie für Znicz na Pięterku engagiert war, ging dann ans Femina und
spielte dort drei Stücke mit 112 Vorstellungen; Sara Margot hatte zwei Engagements am
Azazel, ging dann ans Melody Palace, spielte dort zwei Stücke, kam dann ans Femina,
wo sie zweimal besetzt wurde und 66 Vorstellungen hatte, um schließlich wieder ans
Azazel zu gehen und dort Premiere und Aufführungen von Sulamita zu spielen; Szymon
Bogdanowicz spielte zwei Stücke am Femina mit 63 Vorstellungen, ging danach ans
Nowy Teatr Kameralny, wo er in sieben Stücken zu sehen war; Helena ostrowska, be-
kannte Sopranistin der Vorkriegszeit, war in zwei Produktionen mit 46 Vorstellungen
im Engagement; Stefania Stańska spielte in zwei Stücken und bestritt 65 Aufführun-
gen; Gerszon German spielte im Nowy Teatr Kameralny von Mitte September bis Ende
oktober 1941 eine Produktion, kam für ein Engagement ans Azazel, wurde dann im Femina
in zwei Stücken besetzt und stand dort in 30 Vorstellungen auf der Bühne; Mario Malvano
200 VII. Teatr Femina

war für zwei Stücke am Femina und spielte dort 63 Vorstellungen; Regina Cukier kam
vom Eldorado, wo sie fünf Stücke in Folge gespielt hatte, nach zweimonatiger Spielpause
für zwei Stücke ans Femina, hatte dort 65 Vorstellungen, um nach der Dernière wieder ans
Eldorado zu gehen; Ina Grochowska kam vom Na Pięterku, wo sie für eine Produktion
im Engagement war (Znicz na Pięterku, Dernière 15. Juni 1941), ans Femina, wo sie nach
längerer Pause in Róża Stambuły (Premiere 2. Januar 1942) in 39 Vorstellungen zu sehen
war; Stanisław Karo war am Nowy Teatr Kameralny für ein Stück engagiert, kam dann ans
Femina und spielte dort ein Stück (Matura) mit 27 Vorstellungen; Jadwiga Wernisówna
war am Kameralny für drei Produktionen verpflichtet und kam dann für Sprawa przy
drzwiach zamkniętych ans Femina, wo sie sechs Vorstellungen spielte; Jonas Turkow,
Gatte von Diana Blumenfeld, spielte am Femina ein Stück mit 27 Vorstellungen (Matura),
bei dem er auch Regie führte, ging dann ans Kameralny, wo er für zwei Stücke ein-
mal als Schauspieler, zum anderen als Regisseur engagiert wurde; Ewa Kryńska spielte
sechs Vorstellungen von Sprawa przy drzwiach zamkniętych und 24 Vorstellungen von
Dziewczę do wszystkiego; Mimi Marten, Niki Lodor und Miriam orleska spielten in
Szafa gra! 26 Vorstellungen; Noemi Wentland in Miłość szuka mieszkania 39 Vorstellun-
gen; R. Nisenzweig spielte in Sprawa przy drzwiach zamkniętych sechs Vorstellungen;
Stanisław Lestan in Róża Stambuły 15 Vorstellungen; Zofia Karina wurde nach zwölf
Vorstellungen von Batalion humoru Anfang Juni 1941 umbesetzt, statt ihrer spielte
Irena Oberska die restlichen 25 Vorstellungen. Wiera Gran spielte in Batalion humoru 37
Vorstellungen; Maria Dwoińska spielte in Róża Stambuły 15 Vorstellungen; Irena Prusicka
wird in Tylko dla dorosłych in 36 Vorstellungen als Schauspielerin und Tänzerin erwähnt.

7. DIE REGIE

Edmund Minowicz gibt diese Rolle „superbest.“


„Hervorragender Künstler, über dessen künstlerisches Vermögen wir schon öfter an anderer
Stelle geschrieben haben, ist in Polen der Boni der Czardaszfürstin schlechthinnig.“
„Man kann über diesen Schauspieler, der sich schon lange die Bühne erobert hat, nur sagen, er
lebt auf der Bühne.“
„E. Minowicz, hervorragend in der Rolle des Fabrikanten Albert.“
„Edmund Minowicz braucht keinerlei Reklame, da bekannt ist, dass er die Bühne mit Verve,
Humor und Temperament stürmt.“

Hausregisseur und neben Stefania Grodzieńska meistbesetzter Schauspieler des Femina


war Edmund Minowicz. Er spielte in der Vorkriegszeit in Warschau im Nowości, Qui
Pro Quo, Morskie oko, Cyganeria, Stara Banda und im Cyrulik Warszawski. Im Femina
spielte er zwölf Stücke (Batalion humoru, Szafa gra!, Od gminy do feminy, Księżniczka
Czardaszka, Róża Stambuły, Miłość szuka mieszkania, Pan Hrabia to ja, Jarmark Śmie-
chu, Tylko dla dorosłych, Dziewczę do wszystkiego, Sprawa przy drzwiach zamkniętych,
Bajadera). In elf von 14 Stücken führte er Regie bei fünf Revuen, einer operette, zwei
Komödien und drei Dramen; Zygmunt Regro wird bei zwei Stücken (Sprawa przy
VII. Teatr Femina 201

drzwiach zamkniętych und Dziewczę do wszystkiego) als Co-Regisseur von Edmund


Minowicz erwähnt; Jonasz Turkow führte bei Matura Regie; Jerzy Jurandot inszenierte
Róża Stambuły, er wird bei Od gminy do feminy und Dziewczę do wszystkiego als
Dramaturg erwähnt; Stanisław Stański, polnischer Regisseur, Schauspieler, Sänger und
Revuetänzer, übernahm die Co-Regie bei der Inszenierung Batalion humoru.

8. DIE AUTOREN

Bei sieben Stücken findet sich in den Annoncen, Vorberichten und redaktionellen Bei-
trägen der Hinweis „Bearbeitet von …”, sei es, dass diese Stücke aktualisiert, sei es, dass
Namen der Autoren verschwiegen wurden, wenn es sich um einen „arischen“ handelte. Im
ersteren Fall wurden diese Stücke nicht „vom Blatt“ gespielt, so z. B. Emerich Kálmáns
Operette Księżniczka Czardaszka, die von Jerzy Jurandot, dem künstlerischen Leiter des
Femina, bearbeitet und „aktualisiert“ wurde.
Das Stück Miłość szuka mieszkania, bei dem Jurandot als Autor genannt wird, hat als
Vorlage das Stück Kwadratura koła von Walentin Katajew, 1928 aufgeführt im Placów-
ka Żywego Słowa, und war eines der ersten Stücke, die den Alltag in der Sowjetunion
zeigten.160
Bei der Aufführung von Jim i Jill 1932 im Teatr Polski in Warschau werden als Auto-
ren Clifford Grey und Greatrex Newman genannt, bei Jim i Jill, Premiere am 30. Oktober
1941 im Femina, heißt es: „Bearbeitung und Lieder von Marian Hemar.“
Auf die Bühne des Femina kamen Stücke folgender Autoren, wobei man die unter-
schiedlichen Stückgattungen berücksichtigen muss. Bei Revuen, die aus einzelnen Num-
mern zusammengesetzt sind, können die einzelnen Musikstücke und Szenen aus der Feder
von mehreren Komponisten bzw. Autoren, auch von Schauspielern, die im Stück mit-
spielen, stammen – im Gegensatz zu Bühnenwerken, für die lediglich ein Autor zeichnet.
Autoren, die überwiegend Texte für Revuen verfassten, waren:
Jerzy Jurandot, künstlerischer Leiter des Femina, Jerzy „Jerry“ Ryba, Julian Tuwim,
herausragender Vertreter des literarischen Kabaretts der 1920er und 1930er Jahre, der
nach der Kapitulation über Rumänien und Ungarn nach Frankreich ins Exil ging und
dann von dort über Lissabon, Rio de Janeiro nach New York gelangte, seine Texte waren
also nicht speziell für die Revuen am Femina geschrieben. Die Frau von Jerzy Jurandot,
Stefania Grodzieńska, schrieb Texte für Od gminy do feminy; Paulina Braunówna, Kom-
ponistin, Pianistin, Autorin von polnischen Liedtexten u. a. für Diana Blumenfeld und
Wiera Gran, lieferte Texte für Szafa gra!; von Marian Hemar, der zusammen mit Julian
Tuwim in der Vorkriegszeit u. a. Texte für das literarische Kabarett Qui pro Quo und
das Theater Cyrulik Warzawski schrieb, stammen Texte für Batalion humoru. Emanuel
Schlechter (auch bekannt unter seinem Pseudonym Olgierd Lech) kam 1932 von Lem-
berg nach Warschau, Autor von Liedern, Sketchen, Drehbüchern und satirischen Mono-

160 Ryszard Marek Groński, Proca Dawida.


202 VII. Teatr Femina

logen, war u. a. am Qui Pro Quo und Cyrulik Warszawski, nach dem Überfall der Deut-
schen flüchtete er nach Lemberg, das von den Russen besetzt war. Weitere Texte liefer-
ten Frederyk Maj und Al. Rozenfeld; Pan Hrabia to ja war die Bearbeitung des Stückes
Der Juxbaron, Musik: Walter Kollo, Libretto von Alexander Siegmund Pordes, Willi
Wolff und Herman Haller, das am 14. November 1913 am Carl-Schultze-Theater
Hamburg uraufgeführt wurde und unter dem Titel Baron Kimmel im Juli 1939 im
Theater 8.30 in Warschau mit Igo Sym161 in der Titelrolle gegeben wurde. Für Dziewczę
do wszystkiego, das am 29. Mai 1942 Premiere hatte, zeichnet Jerzy Jurandot wieder als
Bearbeiter.

9. DIE MUSIKER – KOMPONISTEN UND LIBRETTISTEN

Neben den Revuen standen auf dem Spielplan drei Operetten von folgenden Komponisten
bzw. Librettisten aufgeführt: Emerich Kálmán, ungarischer Komponist, schrieb vornehm-
lich Operetten und war zusammen mit Franz Lehár und anderen einer der Begründer der
Silbernen Operettenära. Am Femina wurden zwei Werke gespielt, zum einen Księżniczka
Czardaszka, die von Jerzy Jurandot bearbeitet wurde, der die Geschichte im Ghetto an-
siedelte, sowie Bajadera. Leo Fall, dessen Werke von den Nationalsozialisten verboten
worden waren, zählt neben Franz Lehár und Oscar Straus zu den bedeutendsten Kom-
ponisten der sogenannten „Silbernen operettenära”, am Femina hatte am 2. Januar 1942
Róża Stambuły (Uraufführung 1916) Premiere; Alexander Siegmund Pordes lieferte die
Musik für Dziewczę do wszystkiego (Bearbeitung: Jerzy Jurandot), Willi Wolff und Herman
Haller für Pan Hrabia to ja (Bearbeitung: Jerzy Jurandot).

10. DER MUSIKALISCHE LEITER IWO WESBY

10.1 Biographischer Abriss

Iwo Wesby (Iwo Ignacy Singer) wurde am 02. März 1902 in Krakau geboren. Er studierte
Musik an der Wiener Musikakademie, von 1923 bis 1927 war er Dirigent des Krakauer
Teatr Opery i Operetki. Danach ging er nach Warschau, wo er als musikalischer Leiter
und Dirigent Engagements am Qui Pro Quo und der Musikhalle Rex hatte, um schließlich
1930 am Morskie Oko zu arbeiten. Von 1937 bis 1939 war er Chefdirigent des Musik-
theaters Wielka Rewia. Daneben dirigierte er Mitte der 1930er Jahre die Orchester der
Schallplattenfirmen odeon und Syrena Record, komponierte Filmmusik und war von 1937
bis 1939 Chefdirigent des Musiktheaters Wielka Rewia.

161 Am 7. März 1941 vollstreckte ein Kommando des „Bewaffneten Kampfs“ des Kreises Warschau
das Todesurteil an dem bekannten Filmschauspieler Igo Sym wegen Kollaboration mit den Okku-
panten.
VII. Teatr Femina 203

Abb. 48: Iwo Wesby.

Im November 1940 wurde er mit Frau und Tochter in die Pańska-Straße ins Warschauer
Ghetto umgesiedelt, wo er nach Spielbeginn des Teatr Nowy Azazel dort bis Juni 1941 die
musikalische Leitung innehatte. Danach ging er ans Teatr Femina, wo ihn Jerzy Jurandot
als Dirigent, Arrangeur, Komponist und musikalischen Leiter engagierte und er für alle
Revuen und Operetten zeichnete.
Im September 1942 gelang ihm zusammen mit seiner Frau Eleonora und seiner Toch-
ter Olga mit Hilfe gefälschter Kennkarten die Flucht auf die „arische Seite,” wo sie sich
in dem Haus von Mieczysław Fogg verstecken konnten, in dem sie, Erinnerungen der
Tochter nach, wochenlang in einem dunklen, feuchten Keller hausten. Iwo Wesby ge-
lang es – wieder mit gefälschten Papieren – sich nach Wien durchzuschlagen. Seine Frau
und Tochter wurden nach der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes in Arbeits-
lager verbracht, aus denen sie 1945 nach Wien entkommen konnten. 1948 schließlich
Auswanderung nach Amerika, nach New york. Iwo Wesby starb am 24. September 1961.
204 VII. Teatr Femina

10.2 Musikalische Leitung

Iwo Wesby war verantwortlich für Musikauswahl, Engagements von Musikern, wahr-
scheinlich auch für die Bearbeitung von Musikstücken, Ausarbeitung und Arrangements,
d. h. für die Anpassung von Gesangs- und orchesterstücken an die Möglichkeiten des
Theaters.
Unter den Musikern, die im Ghetto gefangen waren, gab es hervorragende Künstler,
darunter ehemalige Mitglieder der Filharmonia Warszawska. Noch vor der Schließung des
Ghettos begannen zwei Dirigenten, Adam Furmański und Marian Neuteich, mit der Grün-
dung eines orchesters, des Żydowska orkiestra Symfoniczna (ŻoS). Allerdings gab es
große Schwierigkeiten, Bläser (besonders Waldhornisten, Fagottisten und Oboisten) samt
deren Instrumente zu finden, auch eine Anzeige in der Gazeta Żydowska am 6. Dezember
1940 brachte keine Ergebnisse. „Flötisten hingegen fand man buchstäblich auf der Straße,
wo sie durch Straßenkonzerte (im November und unter freiem Himmel) sich ein Einkom-
men zu verschaffen suchten.”162
Nicht verfügbare Blasinstrumente wurden oft durch Saxophone ersetzt, was in der
Gazeta Żydowska vom 21. März 1941 folgendermaßen kommentiert wurde: „eines jedoch
würden wir uns vom Dirigenten wünschen, nämlich bei der Interpretation klassischer
Werke die Saxophone wegzulassen“.163 In der Gazeta Żydowska vom 29. August 1941
klagt der Kritiker, dass „die edel und romantisch klingenden Waldhörner durch ziemlich
grelle und oberflächliche Saxophone“ ersetzt wurden.164
Leider gibt es so gut wie keine Informationen über einzelne Orchesterleute oder
Choristen, nach Marian Fuks165 gab es am Femina neben dem musikalischen Leiter Iwo
Wesby Orchester, Chor und Ballett im festen Engagement, ob es am Eldorado außer
Arnold Wolsztejn ebenfalls festangestellte Musiker gab oder ob die Orchester bzw. die
Chöre für jede Operette oder auch andere Stücke jedes Mal neu zusammengestellt wur-
den, ist nicht bekannt. Auch bleibt die Orchesterbesetzung der einzelnen Stücke, beson-
ders die der klassischen Operetten, im Dunkel. Die von Leo Fall, dem Komponisten von
Róża Stambuły, vorgesehene Orchesterbesetzung umfasst: zwei Flöten, zwei Oboen, zwei
Klarinetten, zwei Fagotte, drei Hörner, zwei Trompeten, drei Posaunen, eine Harfe, Schlag-
werk und Streicher (in der Regel 1. Geigen, 2. Geigen, Bratschen, Cello und Kontra-
bass). Bei den o. g. Schwierigkeiten dürfte es sehr schwer, wenn nicht unmöglich gewesen
sein, ein solches Orchester zusammenzustellen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, diese
Stücke nach entsprechender Umarbeitung mit Kammer- oder Salonorchesterbesetzung
auf die Bühne zu bringen (die Fledermaus ist, wenn es hart auf hart geht – eigene Erfah-
rung – auch mit zwei Flügeln und einem Schlagwerk zu stemmen).

162 Barbara EnGElkinG, Getto Warszawskie, 609.


163 GŻ/23/4/1941.
164 GŻ/78/2/1941.
165 Marian Fuks, Beitrag in Kultura i sztuka za murami, hrsg. Ewa Dobrowolska, Warschau, 1978.
VII. Teatr Femina 205

Iwo Wesby scheint all diese Schwierigkeiten im Rahmen seiner Möglichkeiten erfolgreich,
um nicht zu sagen genial bewältigt zu haben, liest man doch in der Gazeta Żydowska:

Die musikalische Bearbeitung lag in den Händen des bekannten Operettenspezialisten, ta-
lentierten Kapellmeisters und Komponisten Iwo Wesby, Chor und Orchester schlugen sich
prächtig und wurden ihren Aufgaben gerecht (Księżniczka Czardaszka), verstärktes Orches-
ter, Verpflichtung zweier Männer- und Damenchöre (Bajadera).166

Iwo Wesby hatte wohl bei so gut wie allen Stücken des Femina die musikalische Leitung.
Neben Iwo Wesby konnten im Bereich Musik nur wenige Künstler ermittelt werden, die
für einzelne Stücke komponierten: Arnold Wolsztejn, musikalischer Leiter des Eldorado,
schrieb vermutlich einige Musiknummern für Szafa gra! und Od gminy do feminy, H. Warsa
für Szafa gra!, Marian Hemar für Jim i Jill.

11. DIE MUSIKER – SÄNGERINNEN UND SÄNGER

Als Sänger bzw. Sängerinnen wurden in der Gazeta Żydowska erwähnt:

der Damenchor Anny Osser und das Gesangstrio Anny Osser in Od gminy do feminy („treff-
lich!“); einzeln erwähnt wurden bei Gesangseinlagen das Duett Edmund Minowicz und
Stefania Grodzieńska in Szafa gra! („konkurrenzloses Duett“); Diana Blumenfeld („ein
weiterer großer Erfolg“); Mimi Marten („gab in Begleitung des Balletts ein ausgezeich-
netes „Chdarf niszt zorgen“ mit Text und Musik von A. Wolstein“); in Od gminy do feminy
Herr Orenstein („stimmlich begabt auch bei den leisen Tönen in der Rolle des opernhaf-
ten Liebhabers“); Regina Cukier („verzaubert mit ihren Gesang- und Tanznummern; glän-
zend und champagnerprickelnd ihre Darbietungen“); das Duett Stefania Grodzieńska und
Edmund Minowicz; in Księżniczka Czardaszka Frau Helena Ostrowska („begnadete Mezzo-
sopranstimme“); Edmund Minowicz („ausgezeichnet“); Józef orenstein („glänzend auf-
gelegter Tenor“); in Róża Stambuły Maria Dwoińska („ihre Stimme frisch und voller Klang-
fülle“); Herr Lestan („schöne Stimme und sängerisches Potential“); in Jarmark Śmiechu Diana
Blumenfeld („unvergleichlich in der Darbietung jüdischer Volkslieder und zu vielen da capos
gezwungen“).

12. DIE CHOREOGRAPHIN UND IHRE COMPAGNIE

Chefin der Theatercompagnie des Femina war Irena Prusicka. 1911 in Warschau geboren,
Choreographin, Tanzlehrerin, Theaterautorin und Dichterin, eröffnete in den 1930er-
Jahren eine Tanzschule, die Szkoła Gimnastyki i Tańca Artystycznego in der Królewska-
Straße 31. Sie unterrichtete dort Franciszka Mann, die bei Batalion humoru auch als
Choreographin erwähnt wird, sowie Wiera Gran und Stefania Grodzieńska. Am Femina
übernahm sie in allen Stücken, die Tanzeinlagen zuließen, die Choreographie. Einzelne
Tänzerinnen (mit Ausnahme von Franciszka Mannówna) wurden bei Kritiken von Stücken

166 GŻ/3/2/1942.
206 VII. Teatr Femina

des Femina selten erwähnt, bei Od gminy do feminy schreibt der Rezensent der Gazeta
Żydowska allerdings: „Fesselnd auch die Nummer ‚Melodia Ulicy‘, eine hervorragende
Gelegenheit für das Femina Ballett mit I. Holska, S. Kaminski und H. Wolska an der Spitze,
sich in verschiedensten, vielfarbigen Kostümen zu repräsentieren.”

13. DER BÜHNENBILDNER


Aleksander Liberman.

14. BILANZ

Im Gegensatz zu Eldorado, Azazel und Kameralny, die hauptsächlich Stücke „vom Blatt
spielten“ – im Eldorado wurde auch auf schon in der Vorkriegszeit gespielte Stücke zu-
rückgegriffen und nach Chargen wie jugendlicher Liebhaber, komische Alte usw. besetzt,
d.h. ein bestimmter Rollentyp wurde entsprechend der Vorgaben im Stück immer wieder
gleich besetzt, so dass man dort unter bestimmten Kriterien von einem festen Ensemb-
le sprechen kann –, lässt sich eine Ensemblestruktur im Femina nicht richtig erkennen.
Neben den hauseigenen Stars wie Edmund Minowicz und Stefania Grodzieńska, die das
Publikum zogen, wurden Rollen mit z. T. sehr prominenten Gästen besetzt.
Im Durchschnitt wurde im Femina ein Stück 29 Mal gespielt, etwas weniger als der
Durchschnitt (32) der gespielten Stücke der Ghettotheater. Nach Barbara Engelking hatte
das Stück Jim i Jill am 30. oktober 1941 Premiere. Allerdings finden sich in der Gazeta
Żydowska außer einer Anzeige vom Mittwoch, den 21. November 1941, „Dritte Woche
des Erfolgsstückes Jim i Jill“ keinerlei Hinweise auf das Stück – weder eine Kritik noch
das sonst übliche „Unwiderruflich die letzten Tage”. Nimmt man den 30. oktober 1941 als
Premierendatum, hätte Jim i Jill bis zum nächsten Premierentermin (2. Januar 1942) des
Stückes Róża Stambułu ungefähr 60 Mal laufen können und wäre somit das erfolgreichste
Stück am Femina gewesen.
Mehr als 29 Aufführungen erlebten: Księżniczka Czardaszka (46), Od gminy do feminy
(39), Miłość szuka mieszkania (39), Batalion humoru (37) und Tylko dla dorosłych (36).
Die wenigsten Aufführungen (6) hatte das Stück Sprawa przy drzwiach zamkniętych.
Stücke, die im Juli /August 1941 Premiere hatten, brachten es im Schnitt auf 32 Vor-
stellungen, September / oktober 1941 auf 43, Januar / Februar 1942 auf 27, März / April
1942 auf 26 und Mai / Juni 1942 auf 22, wobei das schlechte Ergebnis hauptsächlich Spra-
wa przy drzwiach zamkniętych anzulasten ist, das nur sechs Aufführungen erlebte. Ohne
dieses Stück läge der Schnitt bei 30 Aufführungen.
Das letzte Stück im Femina, Bajadera von Emerich Kálmán unter der Regie von
Edmund Minowicz, hatte am 26. Juni 1942 Premiere – einen Monat vor Liquidierung
des Ghettos, die letzte Vorstellung war wohl die am 19. Juli 1942.
VII. Teatr Femina 207

15. DAS REPERToIRE 1941/42

Stück Premiere Dernière Vorstellungen Presse/Kritik

Batalion Humoru 20.06.1941 20.07.1941 37 GŻ/51/3/1941

Szafa gra! 22.07.1941 13.08.1941 26 GŻ/65/2/1941

Od gminy do Feminy 15.08.1941 17.09.1941 39 GŻ/76/3/1941

Księżniczka Czardaszka 19.09.1941 28.10.1941 46 GŻ/91/3/1941

Jim i Jill 30.10.1941 31.12.1941 61 liegt nicht vor

Róża Stambułu 02.01.1942 14.01.1942 15 GŻ/3/2/1942

Miłość szuka mieszkania 16.01.1942 18.02.1942 39 GŻ/10/2/1942

Pan hrabia to ja 20.02.1942 04.03.1942 24 GŻ/28/3/1942

Matura 06.03.1942 30.03.1942 27 GŻ/33/2/1942

Jarmark Śmiechu 01.04.1942 24.04.1942 27 GŻ/43/2/1942

Tylko dla dorosłych 26.04.1942 27.05.1942 36 GŻ/52/2/1942

Dziewczę do wszystkiego 29.05.1942 18.06.1942 24 GŻ/63/2/1942

Sprawa przy drzwiach zamkniętych 20.06.1942 24.06.1942 6 GŻ/73/2/1942

Bajadera 26.06.1942 (19.07.1942) (27) GŻ/81/2/1942

Extravorstellungen Datum Presse/Kritik

12 Uhr Matinee Szafa gra! und Batalion humoru August 1941 GŻ/75/5/1941

25-jähriges Bühnenjubiläum Edmund Minowicz April 1942 GŻ/43/2/1942


208 VII. Teatr Femina

16. STÜCKE

16.1 Batalion Humoru


[dt. Das Humorbataillon]

Autor/Texte: Marian Hemar, Jerzy „Jerry“ Ryba, Jerzy Jurandot, Julian Tuwim
Künstlerisch-dramaturgische Leitung: Jerzy Jurandot
Regie: Stanisław Stański, Inszenierung Edmund Minowicz
Stück: Revue in zwei Teilen
Premiere: Freitag, 20.06.1941
Dernière: Sonntag, 20.07.1941
Aufführungen: 37
Vorstellungen: Beginn: 17.45 Uhr, samstags 15.15 Uhr und 17.45 Uhr
Besetzung/Rollen: Diana Blumenfeld; Irena Drybińska; Wiera Gran; Stefania Grodzieńska;
Irena oberska; Zofia Karina; Franciszka Mannówna; Szymon Bogdanowicz; Edmund
Minowicz; Józef orenstein; Stanisław Stański
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Chor: Damenchor Anny Osser
Choreographie: Ballett Femina, Franciszka Mannówna
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik: GŻ/51/3/1941; Vorbesprechung GŻ/50/2/1941; Redaktion GŻ/47/3/1941;
Redaktion GŻ/49/3/1941; Anzeige GŻ/49/6/1941; Anzeige GŻ/52/4/1941; Redaktion
GŻ/54/2/1941; Redaktion GŻ/57/2/1941; Anzeige GŻ/57/6/1941; Anzeige GŻ/60/6/1941

GŻ/47/3/1941
Freitag, 13.06.1941

Neues jüdisches Theater im Viertel


Im jüdischen Warschau entsteht zurzeit eine neue Theaterspielstätte auf höchstem kulturel-
lem Niveau.
Im eleganten, modernen und geschmackvoll eingerichteten Femina, Leszno-Straße 35, wird
in den allernächsten Tagen ein neues Theater Premiere feiern, das auf Polnisch und Jiddisch
spielen wird. Auf der Bühne werden die besten Künstler der polnischen und jüdischen Bühne zu
sehen sein, die für hohe künstlerische Qualität bürgen. Garantiert wird das durch hervorragende
Theaterautoren und das Engagement der Asse polnischer und jüdischer Schauspielkunst. Das
Theater in der Leszno-Straße, ausgestattet mit mehr als 900 bequemen Stühlen, einer erstklassi-
gen Akustik und unter kompetenter Leitung, verspricht gehaltvolle und kulturelle Unterhaltung
für alle Schichten im Viertel. Einzelheiten in Anzeigen und auf Plakaten.
VII. Teatr Femina 209

GŻ/49/3/1941
Freitag, 20.06.1941

Femina Redaktion Batalion humoru


Eröffnung des Theaters Femina
In der Leszno-Straße 35 findet heute die feierliche Eröffnungsvorstellung des neuen Thea-
ters Femina statt, des größten, repräsentativsten Theaters im Viertel. Gegeben wird das Stück
Batalion Humoru. Das Eröffnungsprogramm wird von den besten und populärsten jüdischen
Künstlern gestaltet, die das Viertel zu bieten hat: Diana Blumenfeld, Irena Drybińska, Wiera
Gran, Stefania Grodzieńska, Zofia Karina, Franciszka Mannówna, Szymon Bogdanowicz,
Edmund Minowicz, Józef orenstein, Stanisław Stański, Damenchor Anny osser und das
Femina-Ballett. Die künstlerisch-literarische Leitung liegt in den Händen von Herrn Jurandot,
musikalische Leitung: Iwo Wesby, Regie: St. Stański und E. Minowicz, Ausstattung A. Liber-
man. Premierenkarten sind an der Theaterkasse erhältlich.

GŻ/50/2/941
Dienstag, 24.06.1941

Aus der Welt der Revue


Im „Königreich des Humors“
Ehe der Vorhang aufgeht...
Rhythmus ist zu hören, unverwechselbar, ein Rhythmus, der die Welt der jüdischen Revue-
künstler im Viertel belebt. Die Schauspielerbruderschaft findet zusammen, sie ist nicht mehr
der Gnade oder Ungnade der Cafés ausgeliefert. Die Türen des geräumigen Saals des Femina
Theaters in der Leszno-Straße 35 sind weit geöffnet. Hier, und nicht irgendwo anders, wie uns
Gerüchte weismachen wollen, wird das „Batalion des Humors“ seine Stätte finden. Batalion
Humoru, das ist der zusammenfassende Titel einer großen jüdisch-polnischen Revue, die am
20. Juni diese Stätte betritt und alle Rekorde an Mannigfaltigkeit und Niveau brechen wird.
Die magische Visitenkarte des Theaterrezensenten der Gazeta Żydowska ermöglicht mir, über
die Schwelle ins Königreich des Humors zu gelangen – dorthin, wohin es einen zieht und
verlockt, hinter die Kulissen... Gespräch mit dem Direktor. Ich lasse die Augen wandern, alles
auf wahrhaft hohem Niveau. Die Autoren, erprobte Liederschreiber: Jurandot und Jerry, wobei
Herr Jurandot dazu noch die Ehre, die literarische Leitung zu übernehmen, und völlig neue
und aktuelle Schöpfungen in petto hat. Für die Musik zuständig ist der talentierte Komponist
Iwo Wesby, während A. Liberman als Ausstattungsleiter und Bühnenbildner uns seine neuen
„Kompositionen“ zeigen wird.
Mit einem Wort – hinter den Kulissen ist schon das, was die Zuschauer dann sehen wer-
den – alles ist erfüllt von begeisterter und eifriger Vorbereitung für die kommenden Publi-
kumsattraktionen. Und hier nun die „Kräfte,” die Namen der Schauspieler, die für sich selbst
sprechen: Diana Blumenfeld (jüdische Lieder), S. Grodzieńska und E. Minowicz (wer kennt
nicht ihre populären Duette!), Sz. Bogdanowicz, S. Stański und J. orenstein, dazu der Anny
Osser-Chor (neu zusammengestellt!), die Tänzerin Mann und viele, viele andere. Das sind
wahrhaftig viele Asse… Mit einem Wort: in diesem einen Theater und diesem einen Programm
zeigen sich die populärsten Namen des Viertels. Noch ein Augenblick… und dann wird der
Vorhang hochgehen. Und wir sehen…
H.Cz.
210 VII. Teatr Femina

GŻ/51/3/1941
Freitag, 27.06.1941

Das einzige auf Polnisch spielende Theater im Viertel


Am vergangenen Freitag nahm das Theater Femina mit der feierlichen Premiere des humor-
vollen Stückes in zwei Teilen Batalion humoru den Spielbetrieb auf. Schon am ersten Tag
bewies das Femina, dass es auf höchstem künstlerischen Niveau (auf Polnisch und Jiddisch)
eine wahrhaftige Seelenspeisung ist. Kein Wunder also, dass die Vorstellung jeden Tag ausver-
kauft ist und dass schon bei der Premiere viele potentielle Zuschauer wieder weggeschickt wer-
den mussten.
Auf der wunderhübschen Bühne des Femina marschierte das „Fröhliche Bataillon”, vorne-
weg solche Stars wie Wiera Gran, Stan. Stański, Stefania Grodzieńska, Edmund Minowicz,
Fr. Mannówna, Jozef orenstein, Diana Blumenfeld, Sz. Bogdanowicz, Drybińska und viele
andere. Eine großartige Bereicherung der Revue war der beeindruckende Auftritt des Anny-
Osser-Chors sowie der des farbenprächtigen Femina-Balletts.
Die äußerst gelungenen Lied- und Sketchtexte stammten aus den Federn von Jurandot, Hemar,
Jerry und Tuwim. Es lohnt, sich die überaus empfehlenswerte Vorstellung im Femina anzu-
sehen. Vorstellungen täglich 17 Uhr 45, samstags 15 Uhr 15 und 17 Uhr 45
H. Cz.

GŻ/54/2/1941
Freitag, 04.07.1941

Batalion Humoru im Theater Femina


Großartiges Spektakel im Femina
Das mit sensationellen Schlagern gespickte und mit enormem Erfolg gespielte Stück Batalion
Humoru (Femina, Leszno-Straße 35) wird in Kürze vom Spielplan genommen. Das Femina,
einzigartig elegant und modern eingerichtet, hat ein betoniertes Kellergeschoß und besitzt da-
mit den angenehm kühlsten Saal im Viertel. Farbenprächtige Stücke sorgen für einige Stun-
den voller Freude und Vergnügen. Und für Lachen, Tanz und Gesang sorgen Bühnenstars wie
Diana Blumenfeld, Wiera Gran, Grodzieńska, Mannówna, oberska, die Herren Bogdanowicz,
Minowicz, orenstein, Stański, der Damenchor Anny osser, das Femina-Ballett sowie viele
andere. Musikalischer Leiter: Iwo Wesby, literarische Leitung: Jurandot. Vorstellungen täglich
um 17 Uhr 30, samstags zwei Vorstellungen, jeweils um 15 Uhr 15 und 17 Uhr 45. Man sollte
sich beeilen, wenn man die letzten Vorstellungen des faszinierenden Stücks noch sehen will, da
in Kürze ein neues Stück Premiere haben wird.

GŻ/57/2/1941
Freitag, 11.07.1941

Letzte Vorstellungen des hervorragenden Stücks Batalion Humoru im Theater Femina


Das ausgezeichnete Stück Batalion Humoru im Theater Femina (Leszno-Straße 35) aus der
Feder von Jerry und Jurandot, das sich ungeheurer Beliebtheit erfreut, wird nur noch kurze Zeit
gegeben. Der große Erfolgs dieses interessanten, humorvollen und lebendigen Stücks ist das
Verdienst der hervorragenden Besetzung mit den besten Bühnenkünstlern des Viertels sowie
der wunderschönen Ausstattung mit Kostümen und Kulissen geschuldet.
VII. Teatr Femina 211

16.2 Szafa Gra!


[dt. Die Musik spielt!]

Autor/Texte: Julian Tuwim [„Reponsator,” „Eine komplizierte Geschichte“]; Paula


Braunówna; Jerzy Jurandot [u. a. „Wir lieben Tiere“]; Redakteur Al. Rozenfeld [„Bäcker”,
„Das Jahr 1900“]; Arnold Wolsztejn [„Chdarf niszt zorgen“]
Regie/Inszenierung: Edmund Minowicz
Stück: Revue in zwei Teilen
Premiere: Dienstag, 22.07.1941
Dernière: Mittwoch, 13.08.1941
Aufführungen: 26
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags 15.15 Uhr und 17.45 Uhr; Theaterkasse:
täglich ab 14.00 Uhr, samstags und sonntags ab 11.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Diana Blumenfeld; Irena Drybińska; Stefania Grodzińska [u. a. Duett
mit Edmund Minowicz]; Alina łęczycka; Franciszka Mannówna [auch Tanz]; Mimi
Marten; Szymon Bogdanowicz; Edmund Minowicz [u. a. Duett mit Stefania Drybińska];
Stefania Stańska; Niki Lodor; Stanisław Stański; Jadwiga Chananowicz; Zofia Karina
(12 Vorstellungen, dann Umbesetzung); Irena oberska (25 Vorstellungen); S. Kamińska;
B. Berkowicz [ordnungspersonal]; als Gast Regina Cukier
Musik: H. Warsa [u. a. „Wir lieben Tiere“]; Arnold Wolsztejn [„Chdarf niszt zorgen“];
Vokaltrio Anny Osser
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Choreographie/Tanz: Femina-Ballett
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik: GŻ/65/2/1941; Redaktion GŻ/60/5/1941; Anzeige GŻ/60/6/1941;
Redaktion GŻ/63/5/1941; Anzeige GŻ/63/6/1941; Redaktion GŻ/64/2/1941; Anzeige
GŻ/67/4/1941; Anzeige GŻ/69/6/1941

GŻ/60/5/1941
Freitag, 18.07.1941

Szafa gra! im Femina


Am nächsten Dienstag, den 22. Juli, hat in dem beliebten und populären Theater Femina
(Leszno-Straße 35) ein faszinierendes Stück voller Humor und jüdischer Aktualitäten unter
dem Titel Szafa gra w Feminie Premiere. Schon allein der Titel verspricht eine Vorstellung auf
hohem Niveau und für das Publikum einen Hochgenuss bezüglich Humor, Gesang und Tanz.
Das alles wird von dem hervorragenden Ensemble des Femina, in dem die besten jüdischen und
polnischen Künstler des jüdischen Viertels engagiert sind, zur Aufführung gebracht. Prächtige
Kostüme, schöne Musik, Chor und Ballett runden das Ganze ab. Das ausgezeichnete Stück
Batalion Humoru wird unwiderruflich die letzten drei Tage gespielt. Vorstellungen täglich
17 Uhr 45, Samstag 15 Uhr 15 und 17 Uhr 45.
212 VII. Teatr Femina

GŻ/63/5/1941
Freitag, 25.07.1941

Premiere im Theater Femina – Szafa gra!


Das Theater Femina ist zweifelsohne ein sehr populäres Theater im Viertel, das sich ein festes
Publikum erobert hat. Lieder und Musik aus Inszenierungen wurden zu Schlagern, die auf
den Gassen gesungen werden. Das zweite Programm des Theaters trägt den originellen und
witzigen Titel Szafa gra! im Femina. Das großartige Stück in zwei Teilen, das am 22. Juli
Premiere hatte, wurde vom Publikum enthusiastisch aufgenommen. Humor, Lachen, unter-
haltsame Musik und prächtige Kostüme – ein Spektakel, das an bessere Zeiten erinnert. Das
Ensemble des Femina wurde extra für dieses Stück vergrößert und auf der Bühne sind zu
sehen die Damen: Diana Blumenfeld, Irena Drybińska, Stefania Grodzieńska, Alina łęczycka,
Franciszka Mannówna, Mimi Marten sowie die Herren: Szymon Bogdanowicz, Edmund
Minowicz, Niki Lodor, Stanisław Stański wie auch das Vokaltrio Anny osser und das Femina-
Ballett. Vorstellungen dieses faszinierenden Stückes: täglich 17 Uhr 30, samstags zwei Vor-
stellungen um 15 Uhr 15 und 17 Uhr 45. Karten an der Theaterkasse ab 14 Uhr, samstags und
sonntags ab 11 Uhr.

GŻ/64/2/1941
Montag, 28.07.1941

Nach der Premiere von Szafa gra! im Theater Femina


Die höchst aktuelle Revue Szafa gra!, die täglich im Theater Femina, Leszno-Straße 35, ge-
geben wird, erfreut sich größten Zuspruchs. Im Ensemble spielen die besten Künstler der
jüdischen und polnischen Bühne im Viertel. Befreiendes Gelächter, hervorragende Musik,
wunderschöne Tänze, aktuellste Witze und eingeflochtene Bonmots, dies alles bringt das vor-
treffliche Ensemble auf hohem Niveau in dem gelungenen Programm auf die Bühne. Vorstel-
lungen täglich 17 Uhr 30, Samstag 15 Uhr 15 und 17 Uhr 45.

GŻ/65/2/1941
Mittwoch, 30.07.1941

Szafa gra! – Premiere im Femina


Mit der ersten, sehr gelungenen und auf höchstem Niveau gespielten, Revue Batalion humoru
hat das Femina (Direktion S. Ryba, künstlerischer und literarischer Leiter: Jurandot) sein
Publikum erobert, allein der Name Femina steht für sich. Jetzt die zweite Revue: „Nasza
Femina gra!“ bzw. Szafa gra! - ein Mosaik unterschiedlichster aktueller Tagesereignisse und
Lebensbetrachtungen… Es hält uns einen Spiegel vor, in dem wir uns wiedererkennen, in dem
wir Interessantes sehen, uns beobachten können und uns darüber krumm und schief lachen.
Und dass das Ganze mit zudem noch blitzschnellem und intelligentem Witz in höchster litera-
risch-künstlerischer Manier, mit Geschmack und Maß saftig gewürzt ist, bringt den Zuschauer
zu noch größerem Entzücken. Und das ist ganz klar Verdienst des künstlerisch-literarischen
Leiters Jerzy Jurandot, der als exzellenter Autor für die Sketche und Lieder zeichnet, der alles
quasi komponiert, zu einer Einheit bringt, indem er die entsprechenden Nummern mit den
künstlerischen Kräften zusammenbringt.
Vorweg gleich ein Sketch aus der Feder von J. Tuwim mit dem Titel „Reponsator,” mit
dem der ausgezeichnete Schauspieler Edmund Minowicz den Reigen anführt und dabei diese
VII. Teatr Femina 213

Rolle „superbest“ gibt. Ebenfalls ausgezeichnet in dieser Nummer Frau Stefania Stańska. In
weiteren Rollen sind Irena Drybińska, Jadwiga Chananowicz und Szymon Bogdanowicz zu
sehen. Eine wertvolle Bereicherung für das Femina ist das Engagement des jungen, vielverspre-
chenden, mit einer schönen Baritonstimme ausgestatteten Sängers Niki Lodor. Ein weiteres
Glanzlicht in dieser Revue ist die äußerst talentierte und renommierte Tänzerin Francizka
Mannówna, die mit ihrer Anmut und ihrem Zauber entzückte. Wie immer, so auch dieses
Mal, begeisterte das konkurrenzlose Duett Edmund Minowicz und Stefania Grodzieńska
das Publikum. Mit ihrem reichen Repertoire an polnischen und jüdischen Liedern feierte
Frau Diana Blumenfeld einen weiteren großen Erfolg (das letzte Lied mit Text von der be-
gabten Autorin P. Braunówna). Die Sensation der Revue war der Auftritt des Femina-Balletts
mit S. Kamińska und B. Berkowicz als „ordnungspersonal des Femina.” Danach die Final-
nummern, ein Feuerwerk an sprühendem Witz: die Enthüllung des „Szafa-gra-Denkmals“
zu Ehren des „Szafagrajstwo“ (Texte von Jurandot, Jerry und F. Maj). Hier konnte sich das
Ensemble auszeichnen und dem Publikum „tausend Freuden“ bereiten. Weiterhin gebietet
die Rezensentenpflicht, das Augenmerk auf den tollen Sketch von Tuwim „Eine komplizierte
Geschichte“ mit konzertanter Begleitung, ausgeführt von A. łęczycka, Sz. Bogdanowicz,
E. Minowicz und St. Stański, zu richten. Ausgezeichnet auch die nicht satirefreie Nummer
unter dem Titel „Wir lieben Tiere!“ (Text Jurandot, Musik H. Wars), hervorragend dargeboten
von St. Stański. Die I-Tüpfelchen setzten dann noch die Nummern „Bäcker...“ und „Das Jahr
1900“ mit witzigen Stückchen des Herrn Redakteurs Al. Rozenfeld. Frau Mimi Marten gab
in Begleitung des Balletts ein ausgezeichnetes „Chdarf niszt zorgen“ mit Text und Musik von
A. Wolstein.
Worte der Anerkennung auch für Herrn S. Machlin-Stański für die mit Geist, Können und
Verve vorgetragene Conférence sowie Herrn Minowicz für dessen Inszenierung der Revue. Die
Musik zu den Texten komponierte der musikalische Leiter und Dirigent des Femina, Herr Iwo
Wesby. Ohne Fehl und Tadel: das durchdachte und hervorragend umgesetzte Bühnenbild sowie
die Trachten und Kostüme von A. Liberman.
H. Cz.

16.3 Od Gminy do Feminy


[dt. Aus der Gemeinde ins Femina]

Autor/Texte: Jerzy „Jerry“ Ryba [u. a. „Kiedy Tańczysz Tango”]; Jerzy Jurandot [„Aidysze
Kinder“]; Frederyk Maj; Julian Tuwim; Arnold Wolsztejn; Stefania Grodzieńska.
Regie: Jerzy Jurandot (künstlerische Leitung), Edmund Minowicz
Stück: Revue in zwei Aufzügen
Premiere: Freitag, 15.08.1941
Dernière: 17.09.1941
Aufführungen: 39
Vorstellungen: täglich um 17.45 Uhr (auch 17.30 Uhr), samstags 15.15 Uhr (Sondervor-
stellung zu ermäßigten Preisen) und 17.45 Uhr
Theaterkasse: täglich ab 14.00 Uhr, sonntags ab 11.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Regina Cukier; Irena Drybińska; Ina Grochowska; Stefania Grod-
zieńska [Rachel; Duett „Szmundka und Mundka”]; Franciszka Mannówna [u. a. „Kiedy
Tańczysz Tango”]; Józef Kinelski [Bäcker]; Edmund Minowicz [harter und unglückli-
214 VII. Teatr Femina

cher Vater, Duett „Szmundka und Mundka”]; Józef orenstein [jüdischer Polizist, „Kiedy
Tańczysz Tango“]; Staniswław Stański; Stefania Stańska; Ina Holska, S. Kamiński,
H. Wolska [Tanz]; Gesangstrio Anny osser.
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Choreographie/Tanz: Femina-Ballett
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik: GŻ/76/3/1941; Redaktion GŻ/72/2/1941; Anzeige GŻ/72/6/1941;
Redaktion GŻ/75/5/1941; Anzeige GŻ/75/6/1941; Redaktion GŻ/78/5/1941;
Anzeige GŻ/78/6/1941; Redaktion GŻ/84/2/1941

GŻ/72/2/1941
Freitag, 15.08.1941

Regina Cukier im Femina


Nach einer längeren Pause zieht es die bekannte jüdische Künstlerin Regina Cukier, eine der
besten Vaudevilledarstellerinnen, jetzt wieder auf die Bühne des Femina. „Während meiner
Theaterpause wurde hinter den Kulissen auch schon davon gesprochen, dass ich mich vom
Theater zurückziehen würde.” Und plötzlich, mit lauter Stimme: „Niemals werde ich mich
vom Theater trennen und ich will, dass das alle hören.“ Und in der Tat genießt Frau Cukier
einen ausgezeichneten Ruf in der Theaterszene, zumal sie bereits in vielen Theatern Europas
und Amerikas zu sehen war. Ihr Fach sind jüdische Lieder und Tanz, aber an erster Stelle steht
die Verbreitung von Humor. Frau Regina Cukier bringt besonders gerne einfache jüdische, auf
dem Land gesungene Volkslieder, von denen sie ein ganzes Repertoire ihr Eigen nennt, sie hat
sich ganz der Folklore verschrieben. Sie möchte, wenn sie jetzt im Femina auftritt, sich als
typische jüdische Liedersängerin präsentieren. „Ich will, dass das Publikum mich auch auf der
Bühne kennenlernt.” Bei dieser Gelegenheit erfahre ich von Frau Cukier, dass ihr Repertoire
Originalstücke sind, die von bekannten Autoren verfasst wurden.
Plötzlich ein Zeichen vom Inspizienten. Frau Cukier eilt auf die Bühne, lächelnd und heiter,
sie tanzt und singt, sie ist die Attraktion des Abends. Sie ist eben Regina Cukier.
H. Cz.

GŻ/75/5/1941
Freitag, 22.08.1941

Ungeheurer Erfolg von Od Gminy do Feminy


Dieses wunderbare, im Femina, Leszno-Straße 35, mit großem finanziellen Aufwand produ-
zierte, Stück erfreut sich weiterhin des Zuspruches eines begeisterten Publikums, zumal im
Ensemble so hochkarätige Schauspieler und Schauspielerinnen wie Regina Cukier, Ina Gro-
chowska, Stefania Grodzieńska, Franciszka Mannówna, Józef Kinelski, Edmund Minowicz,
Józef orenstein und Stanisław Stański, das Vokaltrio Anni osser, das Femina-Ballett und viele
andere zu sehen sind. Vorstellungen täglich um 18 Uhr, samstags 15 Uhr zu ermäßigten Preisen
sowie 18 Uhr.
VII. Teatr Femina 215

GŻ/76/3/1941
Montag, 25.08.1941

Od Gminy do Feminy Große Revue in zwei Teilen


Die jetzt im Femina aufgeführte Revue mit dem Titel Od Gminy do Feminy ist mit einem
Wort: ein Feuerwerk außergewöhnlichen Humors. Das Ganze ist umsponnen von aktuellen
Geschehnissen, besonders von solchen aus der Gemeinde. In allen Nummern, Tanzeinlagen
und Couplets, die sich mit populären Themen befassen, ist Witz, ist Stimmung, ist Augenmaß.
Und das ist es, was wir Niveau nennen. Treffliche und pointierte Nummern, geschickt verknüpft
zu einem Ganzen, zur Femina-Gemeinde.
Besonders beachtet und hervorgehoben werden muss das Bühnenbild, das ausgesprochen
farbenprächtig ausfiel. Sehr beeindruckend sind die originellen und optisch hervorragend ge-
stalteten Kulissen für die in jeder Hinsicht ausgezeichnet gelungene Opernparodie „Aidysze
Kinder“ (der geniale Text von Jurandot, Musik von Iwo Wesby). Diese für das Stück kom-
ponierte „Oper,” die von der Liebe Rachels zu einem Funktionär der jüdischen Polizei und
von dessen abscheulichem Rivalen (einem Bäcker als Endzeitmagnaten) handelt und die
absolut „seriös“ (mit Chor und Ballett, wie es sich in der Oper gehört) aufgeführt wurde, er-
götzte das Publikum über alle Maßen. Höchstvergnüglich in der Rolle der geliebten Rachel ist
Frau Stefania Grodzieńska. Stimmlich begabt (auch bei den leisen Tönen) in der Rolle des
opernhaften Liebhabers (als jüdischer Polizist) zeigt sich Herr Orenstein. Ein großer Erfolg
für Herrn Edmund Minowicz, der den harten und unglücklichen Vater gab. Begabt und mit
Routine in der Rolle des Bäckers Herr Józef Kinelski, der daneben noch in anderen Nummern
zu sehen war. Fesselnd auch die Nummer „Melodia ulicy,” eine hervorragende Gelegenheit für
das Femina Ballett mit I. Holska, S. Kaminski und H. Wolska an der Spitze, sich in verschie-
densten vielfarbigen Kostümen zu präsentieren.
Den Rekord an Beifalls- und Dacapo-Rufen heimste Frau Regina Cukier ein. Diese auf der
jüdischen Bühne wohlbekannte Künstlerin verzauberte das Publikum mit ihrem humorvollen
Spiel, ihrem Gesang und Tanznummern, glänzend und champagnerprickelnd ihre Darbie-
tungen (mit Ballett und in wunderbarer Dekoration) argentinischer, spanischer und jüdischer
Glanzstücke.
Mit großer Leidenschaft brachte die Tänzerin Franciszka Mannówna eine Ungarische
Phantasie auf die Bühne, mit der sie den verdienten Beifall erntete. Bewundernswert auch ihr
Auftritt mit Herrn orenstein bei „Kiedy tańczysz tango” (sehr schöner Text von Jerry), einer
Nummer mit Gesang und Tanz.
Eigentlich müssten wir das Programm Wort für Wort wiedergeben, um ein vollständiges
Bild dieser Aufführung zu zeichnen. Wir begnügen uns mit der Feststellung, dass – unserer
Meinung nach – dieses ganze „Menü“ dem Geschmack eines jeden Revuefeinschmeckers voll
entspricht.
Nicht vergessen (was ein unverzeihlicher Fehler wäre) sei auch das entzückende Vergnü-
gen, das das Duett „Szmundka und Mundka“ (S. Grodzieńska und E. Minowicz) bereitete.
Diese zwei beliebten Künstler sind auf der Bühne das, was Pat und Patachon oder Flipp und
Flapp auf der Leinwand sind.
Noch einmal hervorgehoben werden muss aber ebenso das treffliche Vokaltrio Anny osser,
das sich immer größerer Beliebtheit beim Publikum erfreut.
Und so haben wir vom ersten gemeinsam trefflich ausgemalten Bild mit dem Titel „Urząd
do spraw zbytecznych” bis zum Finale „osłodźcie sobie życie,” wobei die Zuschauer mit
Reklamebonbons überschüttet wurden, ein ungetrübtes Vergnügen auf dem Weg von Od Gminy
do Feminy.
Regie (einschließlich Herrn Minowicz), Ansagerin und Schauspielerin Frau Stefania Stański
216 VII. Teatr Femina

schlugen sich hervorragend. Die sehr gelungenen Sketche und Lieder stammen von Herrn
Jurandot, dem künstlerischen Leiter des Theaters, sowie von Julian Tuwim, Stefania Grod-
zieńska, Jerry, Frederyk Maj und A. Wolsztein. Die Musikauswahl und die ausgezeichneten
Arrangements sind von Iwo Wesby. Das Bühnenbild, das wir oben besprochen haben, ist das
Werk von A. Liberman.
Od Gminy do Feminy [Rest unleserlich]
H. Cz.

GŻ/78/5/1941
Freitag, 29.08.1941

Die dritte Woche Od Gminy do Feminy. Das Erfolgsstück


Schon die dritte Woche erfreut sich die große Revue Od Gminy do Feminy des Femina, Leszno-
Straße 35, ungeheuren Zuspruchs. In dem Stück findet das Publikum alles, was das Herz be-
gehrt. Vorstellungen täglich um 17 Uhr 30, samstags 15 Uhr Sondervorstellung zu ermäßigten
Preisen, Abendvorstellung um 17 Uhr 45. Kassenöffnungszeiten täglich ab 14 Uhr, samstags
und sonntags ab 11 Uhr.

GŻ/84/2/1941
Freitag, 12.09.1941

Unwiderruflich die letzten 4 Vorstellungen von Od Gminy do Feminy


Nur noch vier Tage hat das Theaterpublikum im Viertel Zeit, um sich die hervorragende Revue
Od Gminy do Feminy anzusehen. Die letzte Vorstellung dieses ausgezeichneten Programms ist
am 17. diesen Monats.

16.4 Księżniczka Czardaszka (Księżna Czardaszka)


[dt. Die Czardasfürstin]

Autor/Texte: Emerich Kálmán, Bearbeitung Jerzy Jurandot


Regie: Edmund Minowicz
Stück: Operette
Premiere: Freitag, 19.09.1941
Dernière: Dienstag, 28.10.1941
Aufführungen: 46
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, Vorstellungsende 19.45 Uhr; samstags und sonntags
15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Helena ostrowska [Czardasfürstin]; Edmund Minowicz [Bonifac
Kernberger, genannt Boni]; Józef orenstein [Edwin]; Stefania Grodzieńska [Stasia];
Stanisław Stański [Eigenberg, alter Präsident Weilersheim, Notar Kiss]; Alina łęczycka
[Präsidentengattin]; Józef Kinelski [Dr. Felsenhard]; Marian Gliczyński [Rosendorf]
Musik: Emerich Kálmán
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Bühnenbild: Aleksander Liberman
VII. Teatr Femina 217

Presse: Kritik GŻ/91/3/1941; Redaktion GŻ/94/5/1941; Redaktion GŻ/97/2/1941;


Anzeige GŻ/97/4/1941; Redaktion GŻ/102/5/1941; Anzeige GŻ/102/6/1941

GŻ/91/3/1941
Freitag, 26.09.1941

Premiere Księżna Czardaszka


Nach langen Vorbereitungen präsentiert die Direktion des Theaters Femina jetzt eine große
Revue, ein großes Bühnenspektakel. Ins Rennen geschickt wird Księżna Czardaszka von
Emerich Kálmán, wohl eine der populärsten Operetten überhaupt, gespielt auf nahezu
allen Bühnen des In- und Auslands. Die „Perle der Operetten“ genannte Księżna Czardaszka
ist so bekannt, dass sie eigentlich keinerlei Reklame bedarf. Kálmán und seine Księżna wer-
den niemals altern. Nun hat der künstlerische Leiter des Femina, Herr Jurandot, sie in ein
neues, aktuelles Gewand gekleidet, um sie der Zeit anzupassen. Und so nun spielt die Hand-
lung – wie auf den Plakaten angekündigt – im Warschauer jüdischen Viertel. Wir werden
Zeugen einer herrlichen Auseinandersetzung zwischen der Sienna- und Leszno-Straße.
In ersterer wohnt Präsident Antoni Weilersheim, mächtiger Chef der Firma „Weilersheim
und Eigenberg.” Auf der Leszno-Straße finden wir eine Kneipe, in der die schöne Chan-
sonette Sylva Varescu auftritt – bekannt unter dem Namen Księżna Czardaszka, in die sich
der Sohn der Weilersheims verliebt. Skandal. Blamage. Mesalliance. Auf der Sienna-Straße
Ungewitter. Auf der Leszno-Straße Liebe. Flammend leidenschaftlicher Kampf der Herzen.
Vor diesem Hintergrund nun die ergötzliche Handlung, die mit aktuellen Anspielungen ge-
würzt wurde.
In der Titelrolle Frau Helena Ostrowska, die uns bis jetzt lediglich als Sängerin bekannt
war, jetzt aber das erste Mal auf einer Bühne zu sehen war. Sie verfügt über eine herrliche
Mezzosopranstimme und opernhaften Schwung und wurde vom Publikum sehr herzlich
aufgenommen. Ausgezeichnet Herr Edmund Minowicz in der Rolle des Advokaten Bonifac
Kernberger – genannt Boni. Dieser hervorragende Künstler, über dessen künstlerisches Ver-
mögen wir schon öfter an anderer Stelle geschrieben haben, ist in Polen der Boni der Czardasz-
fürstin schlechthinnig. Kein Wunder also, dass er auf der Bühne den Ton angibt. Die Rolle des
in die Chansonette verliebten Edwin Weilersheim gibt mit großem Erfolg der ausgezeichnete
Tenor und talentierte Darsteller Józef orenstein. Stefania Grodzieńska als Stasia Eigenberg,
wie gewöhnlich auch dieses Mal außerordentlich bezaubernd – ein Feuerwerk des Humors und
Spiels. Herr Stanisław Stański gab einen prächtigen alten Weilersheim und Präsidenten, dazu
noch den hervorragend gesungenen Notar Kiss.
Die typische Präsidentengattin gab Frau Alina łęczycka, den Dr. Felsenhard der routinierte
Herr Józef Kinelski. In der sympathischen Nebenrolle des Rosendorf: Herr Marian Gliczyński.
Die musikalische Aus- und Bearbeitung lag in den Händen des begabten Komponis-
ten und Kapellmeisters Iwo Wesby. Beides gelang ihm ausgezeichnet. Chor und Orchester –
erstklassig. Ohne Fehl und Tadel führte Herr Edmund Minowicz Regie. Die effektvolle Aus-
stattung besorgte Herr A. Liberman. Księżna Czardaszka als schwungvolles Bühnenspektakel
wird wohl alle Erfolgsrekorde in den Schatten stellen.
H. Cz.
218 VII. Teatr Femina

GŻ/94/5/1941
Freitag, 03.10.1941

Unerhörter Erfolg der Operette Księżna Czardaszka im Theater Femina


Die populäre Operette Księżna Czardaszka in drei Akten von E. Kálmán, inszeniert mit einer
wahrhaft opulenten Vorkriegsausstattung, erfreut sich einer derartigen Beliebtheit wie noch
kein anderes Stück vorher im Viertel in irgendeinem anderen Theater. Vorstellungen von
Księżna Czardaszka täglich, Beginn (wegen der Länge des Stückes) pünktlich um 17 Uhr 30.
Am Samstag und an den Feiertagen Zusatzvorstellungen um 15 Uhr zu ermäßigten Preisen.

GŻ/97/2/1941
Freitag, 10.10.1941

Księżniczka Czardaszka– der Schlager im Viertel im Teatr Femina


Nicht zu beschreibenden Erfolges erfreut sich die Operette Księżnica Czardaszka von Kálmán
im Teatr Femina (Leszno-Straße 35). Gespielt wird dieses Stück täglich um 17 Uhr 30, sams-
tags […] zu ermäßigten Preisen.

GŻ/102/5/1941
Mittwoch, 22.10.1941

Noch 4 Tage Księżna Czardaszka


Wegen des ungeheuren Erfolges steht die Operette Księżna Czardaszka vier Tage länger auf
dem Spielplan. Am 25. diesen Monats um 15 Uhr die letzte Vorstellung zu ermäßigten Preisen.
Beginn täglich um 17 Uhr 30, Vorstellungsende 19 Uhr 30. Donnerstag feierliche Premiere der
Komödie in drei Akten Jim i Jill in der Bearbeitung von Marian Hemar, der auch die Lieder
geschrieben hat.

16.5 Jim i Jill


[dt. Jim und Jill]

Autor/Texte: Clifford Grey und Greatrex Newman; Bearbeitung Marian Hemar


Stück: Komödie in drei Akten
Premiere: 30.10.1941
Dernière: 31.12.1941
Aufführungen: 61
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, Ende 19.45 Uhr
Besetzung/Rollen: unbekannt
Musik: Bearbeitung und Lieder von Marian Hemar
Presse: Keine Kritik gefunden; Anzeige GŻ/102/6/1941; Anzeige GŻ/111/6/1941
VII. Teatr Femina 219

16.6 Róża Stambułu


[dt. Die Rose von Stambul]

Autor/Texte: Leo Fall


Bearbeitung & Regie: Jerzy Jurandot
Stück: Operette in drei Akten
Premiere: 02.01.1942
Dernière: 14.01.1942
Aufführungen: 15
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr Vorstellungen zu ermäßigten Prei-
sen, 17.00 Uhr normale Vorstellung
Besetzung/Rollen: Stefania Grodzieńska [Midli Hanum]; Józef Kinelski [Papa]; Edmund
Minowicz [Fridolin Klapson]; Janusz Srebrzycki [Ibrahim Pasza und Hoteldirektor];
Maria Dwoińska [Kondia]; Stanisław Lestan [Ahmed Bej]
Musik: Leo Fall
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik: GŻ/3/2/1942; Anzeige GŻ/1/5/1942; Redaktion GŻ/2/2/1942

GŻ/2/2/1942
Sonntag, 04.01.1942

Róża Stambułu im Theater Femina


Die reizende Operette Róża Stambułu in drei Akten von Leo Fall im Theater Femina, Leszno-
Straße 35, erfreut sich weiterhin größten Erfolgs. Ausgestattet ist die Operette mit großem
Prunk, farbenprächtigen Kostümen und Kulissen. Vorstellungen täglich um 17 Uhr 30, sams-
tags 15 Uhr Vorstellungen zu ermäßigten Preisen, 17 Uhr normale Vorstellung. Der Theatersaal
ist gut beheizt und beleuchtet.

GŻ/3/2/1942
Mittwoch, 07.01.1942
Róża Stambułu
Premiere im Femina
Hinsichtlich des schmissigen Repertoires und der umfangreichen Investitionen in die Aus-
stattung der Räumlichkeiten gehört das Femina zu den führenden Theatern des Viertels. Jetzt
findet man im Repertoire nach Księżnicza Czardaszka eine weitere hervorragende Operette –
zur Premiere kam Róży Stambuły in drei Akten von L. Fall in der Bearbeitung des literari-
schen künstlerischen Direktors Jurandot. Der Komponist Leo Fall, er lebt nicht mehr, aber
sein Name allein spricht schon für sich selbst. Mit seiner Róży Stambuły erwarb er sich unsterb-
lichen Ruhm als Musiker par exzellence.
Der Zauber der orientalischen Motive vor dem Hintergrund der anspruchslosen, aber sehr
geschickt ineinandergeflochtenen Handlung gibt der operette eine sehr spezielle Färbung. Wir
haben zwei Heldenpaare. Das eine Kondia und Ahmed Bej, das andere die bezaubernde Türkin
Midili Hanum und Fridolin, der Sohn des Fabrikanten Klapson. Sie sind der Dreh- und Angel-
220 VII. Teatr Femina

punkt, vom Librettisten und Komponisten mit Musik und Texten versorgt, die jede Gelegen-
heit geben, sich auszuzeichnen.
Die Róży Stambuły gibt Frau Maria Dwoińska, die bisher hauptsächlich als Sängerin auf
sich aufmerksam machte. Die Rolle der Róży Stambuły ist gleichsam ihr erster theatralisch-
szenischer Auftritt. Sie ist Schülerin der früher sehr berühmten Operettenkünstlerin Margot
Kaftal, ihre Stimme frisch und voller Klangfülle. Man versteht und fühlt, was sie singt. Herr
Lestan verfügt über eine schöne Stimme und sängerisches Potential. Man muss sowohl Frau
Dwoińska als auch Herrn Lestan großes Talent bescheinigen. Einfach entzückend ist Frau
Stefania Grodzieńska, die mit ihrem zauberhaften und finessenreichen Spiel die Rolle der
Midla Hanum gibt. Vorzüglich auch als Fridolin Klapson: Edmund Minowicz. Man kann über
diesen Schauspieler, der sich schon lange die Bühne erobert hat, nur sagen, er lebt auf der
Bühne und überträgt dies in den Zuschauerraum. Insgesamt ein großer Erfolg für Herrn
Minowicz und seine Partnerin Frau Grodzieńska. Ausgezeichnet gestaltete Herr Józef Kinelski
den typischen Operettenvater Klapson. Erfolgreich bewältigte Janusz Srebrzycki gleich
zwei Rollen, zum einen die des Ibrahim Pasza, zum anderen die des Hoteldirektors. Die
musikalische Leitung lag in Händen des geschätzten Komponisten und Dirigenten Iwo Wesby,
der seine Aufgabe mit Bravour erfüllte. Ein großes Lob auch für den Bühnenbildner Herrn
A. Liberman, der mit seiner gut durchdachten und äußerst effektvollen, im osteuropäischen Stil
gehaltenen Dekoration beeindruckte.
Herman Czerwiński.167

16.7 Miłość szuka mieszkania


[dt. Die Liebe sucht ein Zuhause]

Autor/Texte: Jerzy Jurandot


Regie: Edmund Minowicz
Stück: Komödie in drei Akten
Premiere: 16.01.1942*
(*Mary Berg berichtet bereits am 29. oktober 1941 von einer Premiere des Stückes. s. S. 221)
Dernière: 18.02.1942
Aufführungen: 39
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Zygmunt Regro; Stefania Grodzieńska; Edmund Minowicz;
Ada Połomska; Sara Margot; Noemi Wentland; Leon Rytowski
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Presse: Kritik: GŻ/10/2/1942; Redaktion GŻ/7/5/1942; Anzeige GŻ/7/6/1942

GŻ/7/5/1942
Freitag, 16.01.1942
Sensationelle Premiere im Femina
Im Femina in der Leszno-Straße 35 hat jetzt ein sensationell originelles Stück Premiere. Es ist
die Premiere des ersten im Viertel geschriebenen, äußerst humorvollen Stücks. Die Premiere
ist heute, Freitag, den 16. Januar, um 17 Uhr 30. Diese erste Stadtteilkomödie in drei Akten hat

167 Hier unterschreibt H.Cz. zum ersten Mal mit seinem vollen Namen.
VII. Teatr Femina 221

den Titel Miłość szuka mieszkania. Autor ist der literarische Leiter des Theaters Jurandot, die
eingängigen Lieder komponierte Iwo Wesby. Die Besetzung des Stückes spricht für sich selbst.
Die Gesamtleitung übernahm Edmund Minowicz.

GŻ/10/2/1942
Freitag, 23.01.1942
Miłość szuka mieszkania
Miłość szuka mieszkania (Liebe sucht ein Zuhause), Komödie in drei Akten aus der Feder
von Jurandot und mit der Musik von Iwo Wesby – ein lebendig illustriertes allerliebstes Be-
ziehungsstück aus dem Viertel. Zwei Paare suchen die Liebe und ein Zuhause: ein Geiger
und ein Gemeindebeamter, beide mit Frau. Die Rollen suchten und fanden hervorragende
Protagonisten: Stefania Grodzieńska, Ada Połomska, Edmund Minowicz und Leon Rytowski.
Zygmunt Regro gab den genau getroffenen Typ des Hauskomiteevertreters mit jiddisch-polni-
schem Jargon. Schmusig zeigte sich Frau Sara Margot mit herrlich großem Stimmumfang als
Fräulein Sara.
Nach dem zweiten Akt – nicht enden wollende Ovationen für die Autoren Jurandot
und Wesby, zu deren Ehren für ihre langjährige Bühnenarbeit dieses Stück aufgeführt wurde.
H.Cz.

Mary Berg über Miłość szuka mieszkania.


29. oktober 1941*
(*Mary Berg korrigiert mit ihrer Eintragung das bislang überlieferte Datum 16.01.1942)

Heute war ich mit Romek in der Premiere im Femina. Es gab eine musikalische Komödie
über das heutige Leben im Ghetto, sie hatte den Titel Miłość szuka mieszkania. Gezeigt wurde
ein junges Ehepaar, das eine Bleibe sucht. Nach langer Suche und vielen Fahrten mit dem
Kon-Hellera finden sie ein kleines Zimmer im Haus der Frau eines Handwerkers, die ein gro-
ßes Zimmer geteilt hat, um es an zwei Ehepaare vermieten zu können. Tatsächlich findet sie
zwei Paare und der Spaß geht los. Allerdings zeigt sich, dass diese Paare nicht gut ausgesucht
wurden, und schließlich entwickeln sich zwei illegale Romanzen, zuerst heimlich, aber dann
wird aufgrund des engen Zusammenlebens alles klar. Die Männer tauschen die Zimmer, eine
Zeitlang sind alle glücklich, aber dann fangen die Männer an, sich mit ihren Ehemaligen zu
streiten. Als sie eines Nachts erschöpft von der Arbeitssuche nach Hause kommen, finden sie
ihre Frauen, die mit dem Chef des Hauskomitees flirten, und der ihnen ein lustiges Liedchen
über Gebühren singt, die er bei der Gemeinde abliefern muss. Das Ende der Romanzen ist
traurig. Die vier jungen Leute fliegen aus der Wohnung, weil sie keine Miete gezahlt hatten.
Das Stück endet in der Straßenbahn, in der die Leute lustige Geschichten über das Ghettoleben
erzählen, besonders über die verschiedenen Komitees und Kommissionen, deren Zahl ständig
größer wird. Das Publikum vergnügte sich vortrefflich und verbrachte ein paar angenehme
Stunden in dem komfortablen Theater und vergaß völlig, welche Gefahren draußen lauerten.
Autor des Stückes ist Jurandot, in den Hauptrollen traten auf: Stefania Grodzieńska, Aleksander
Minowicz, Rigelski168 und Noemi Wentland. Das Bühnenbild war von Liberman.
(Hier gibt es zwei Möglichkeiten: entweder hat J. Jurandot mehrere Fassungen mit unterschied-
lichen Schlüssen geschrieben (der Bericht von Mary Berg weicht erheblich vom vorliegenden
Text des Stückes ab), oder aber sie hat – wie es Zuschauer gerne tun – einiges durcheinander
gebracht.)

168 Gemeint ist vermutlich Leon Rytowski.


222 VII. Teatr Femina

16.8 Pan Hrabia to ja


[dt. Baron Kimmel/Der Juxbaron, wrtl. Der Graf bin ich]

Autor/Texte: Bearbeitung Jerzy Jurandot


Regie: Edmund Minowicz
Stück: Farce in drei Akten
Premiere: 20.02.1942
Dernière: 04.03.1942
Aufführungen: 24
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, samstags je zwei Vorstellungen, um 15.00 Uhr zu
ermäßigten Preisen und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Leon Rytowski [Czyżyk]; Stefania Grodzińska [Pifcia]; Edmund
Minowicz [Fabrikant Albert]; Józef Kinelski; Ada Połomska [junge Ehefrau]; Alina
łęczycka; Gerzon German
Presse: Kritik: GŻ/28/3/1942; Redaktion GŻ/22/2/1942

GŻ/22/2/1942
Freitag, 20.02.1942

Höchstvergnügliche Vorstellung im Theater Femina


Das Theater Femina hat sich schon reichlich Publikumssympathie im Viertel dank seines ge-
lungenen Spielplans erworben. Den Erfolg schlechthinnig heimste es jetzt mit vom Beifall
umtosten Vorstellungen der Komödie in drei Akten Pan Hrabia to Ja! ein. Vorstellungen täg-
lich um 17 Uhr 30, samstags je zwei Vorstellungen, um 15 Uhr zu ermäßigten Preisen und
17 Uhr 30.

GŻ/28/3/1942
Freitag, 06.03.1942

Pan hrabia to ja im Femina


Zurzeit steht im Femina die äußerst unterhaltsame und lustige Farce Pan hrabia to ja in drei
Akten (mit Tanz und Gesang) in der Bearbeitung von J. Jurandot auf dem Spielplan. Es ist
die äußerst komische (und ziemlich anspruchslose) Geschichte eines Landstreichers namens
Czyżyka, der sich plötzlich in einen Grafen verwandelt. Das Ganze, gewürzt mit Verwechs-
lungen und jeder Menge Ulk, lässt das Publikum in homerisches Lachen ausbrechen, wie sich
das für eine Farce gehört, es amüsiert sich köstlich. Sodann ist das Ziel erreicht – und das
ist die Hauptsache.
Die Hauptrolle des „Penners unter der Brücke“ und des Pseudografen spielt mit viel Schmiss
Herr Leon Rytowski. Sein Spiel war geprägt von viel jugendlichem Schwung, Routine und
schauspielerischer Gestaltung, sein Gesang und Tanz voller Temperament und Humor. Frau
Stefania Grodzieńska traf genau den Typus der naiven Pifca. Zusammen mit Herrn Rytowski
brachte sie ein Duett auf die Bühne, sie gaben die Reigenführer des Stückes und spielten
sich an die Rampe, woraufhin es für beide auch reichlich Szenenapplaus gab. Besondere
Erwähnung verdient auch Frau Ada Połomska, die mit großer Redefertigkeit und schauspie-
lerischer Gewandtheit die Rolle der jungen, romantischen Ehefrau spielte. Weiter waren zu
VII. Teatr Femina 223

sehen: E. Minowicz, hervorragend in der Rolle des Fabrikanten Albert, G. Germar, A. łeczycka,
J. Kinelski und andere. Die ausgezeichnete Regie führte E. Minowicz.
H. Cz.

16.9 Matura
[dt. Die Matura]

Autor/Texte: Władysław Fodor


Regie: Jonas Turkow
Stück: Drama in drei Akten
Premiere: 06.03.1942
Dernière: 30.03.1942
Aufführungen: 27
Vorstellungen: täglich um 17.30 Uhr, Vorstellungsende 19.45 Uhr, samstags zwei Vorstel-
lungen, jeweils um 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Jonas Turkow [Dr. Cibula]; Diana Blumenfeld [Katarzyna Kerner];
Józef Kinelski [Stefan Hoff, Direktor des Gymnasiums]; Ada Połomska [Dr. Klotylda
Wiener]; Leon Rytowski [Mathematiklehrer]; Alina łęczycka; Stanisław Karo; Miriam
orleska [Dr. Anna Mathe]; Janusz Srebrzycki; Sara Margot
Presse: Kritik: GŻ/33/2/1942; Redaktion GŻ/28/3/1942; Anzeige GŻ/31/6/1942; Redak-
tion GŻ/32/2/1942

GŻ/28/3/1942
Freitag, 06.03.1942

Heute, Freitag, den 6.3., sensationelle Premiere im Femina (Leszno-Straße 35)


Das Femina, das sich bis jetzt auf Revuen und Operetten spezialisiert hat, bringt jetzt Matura
von Wł. Fodor auf die Bühne, ein Stück, das sich äußerst erfolgreich auf allen Bühnen und
Leinwänden der Welt ungeheurer Beliebtheit erfreut. Regie führt der verdiente und bekannte
Herr Jonas Turkow, der in diesem Stück auch erstmals seit drei Jahren wieder als Schauspie-
ler auf der Bühne steht. Die Hauptrolle der Katarzyna Kerner gibt die hervorragende Schau-
spielerin Diana Blumenfeld, die bereits auf polnischen und jüdischen Bühnen brillierte. Neben
ihr ist das gesamte Ensemble des Femina zu sehen.

GŻ/32/2/1942
Sonntag, 15.03.1942

Großer Erfolg von Matura im Teatr Femina


Unbeschreiblichen Erfolgs erfreut sich das zurzeit auf dem Spielplan des Femina (Leszno-
Straße 35) stehende hervorragende Stück Matura von Wł. Fodor. Gespielt wird jeden Abend
vor bis auf den letzten Platz gefülltem Saal, und das Publikum ist sich einig, eine solch wunder-
bare Vorstellung noch nie in unserem Viertel gesehen zu haben. Die meisterhafte Regie führte
der im Viertel äußerst populäre Regisseur und Schauspieler Jonas Turkow, die Hauptrollen
sind mit Diana Blumenfeld und Jonas Turkow besetzt. Daneben sind im Ensemble beliebteste
224 VII. Teatr Femina

Bühnenkünstler zu sehen: Edmund Minowicz, Miriam orleska, Leon Rytowski, Ada Połomska,
Józef Kinelski, Sara Margot, Janusz Srebrzycki, Alina łęczycka, Staniswław Karo und viele
andere. Vorstellungen täglich um 17 Uhr 30, Vorstellungsende 19 Uhr 45. Samstags zwei Vor-
stellungen, jeweils um 15 Uhr und 17 Uhr 30.

GŻ/33/2/1942
Sonntag, 15.03.1942
Matura
Stück in drei Akten von Wł. Fodor
Nach einer Reihe von Operetten besinnt sich nun das Femina auf das klassische dramatische
Repertoire. Ausgewählt wurde Matura, ein Stück in drei Akten von Wł. Fodor. In der Beset-
zungsliste finden wir das exzellente Künstlerehepaar Diana Blumenfeld und Jonas Turkow –
gespielt wird auf Polnisch.
Dass die Wahl auf Matura fiel, ist eine gute Entscheidung, das Stück ist immer noch aktuell,
szenisch außerordentlich gut konstruiert, es beeindruckt. Der Autor entfaltet vor uns zwei
ungeheuer interessante Welten: zum einen die der mit Höhenflügen ins Leben stürmenden
Jugend, zum anderen die festgefügte, erstarrte Welt von Geschichte, Mathematik, Naturkunde
und anderen Fächern, der sogenannte Lehrkörper. Die Professoren erscheinen, als hätte man
sie von der Bühne des Lebens direkt auf die Theaterbühne gebracht. Wir alle kennen einen
romantischen Gymnasialdirektor wie Dr. Stefan Hoff, in den sich alle Schülerinnen verlieben,
besonders die aus der 8. Klasse, in denen der „Frühling“ zu erwachen beginnt. Die anderen
Lehrer: der schon eher „herbstlich“ gestimmte grauhaarige Philosophieprofessor Dr. Cibula,
der harte und unnachsichtige Mathematikprofessor Dr. Spindler, die – von den Schülern so
wahrgenommene – schlampige und hässliche Literaturprofessorin Dr. Klotylda Wiener und die
edle, eine persönliche Krise durchlebende Dr. Anna Mathé.
Die ganze Schule, insbesondere aber die Professoren, wird durch das Auffinden eines
Liebesbriefes in dem Ranzen der Schülerin Katarzyna Kerner, Schülerin der 8. Klasse, erschüt-
tert. Ein Gericht wird abgehalten und wir werden Zeuge der „Vivisektion“ einer Mädchen-
seele. Lautstarke Entrüstung, aber auch lautstarke Verteidigung. Hinter Katarzyna Kerner
stehen die, die sich noch ein edles Gemüt bewahrt haben, während die anderen, für die das
Leben außerhalb der Schule längst seinen Zauber verloren hat, das „amoralische Verhalten“
anklagen. Die Liebe aber triumphiert. Die Schule, mit all ihren Geheimnissen, bleibt so, wie
sie ist. Am Ende des Schuljahres bleibt die Schule den verkrusteten Traditionen verhaftet, aber
der Frühling erblüht aufs Neue. Matura bezaubert durch seine Poesie, es weckt Erinnerun-
gen, es macht nachdenklich.
Zur Pflicht des Rezensenten gehört es, darauf hinzuweisen, dass das Ensemble des Femina
seine Aufgabe mit Auszeichnung bestanden hat. Zu nennen ist Diana Blumenfeld, die in der
Hauptrolle der Katarzyna Kerner durch ihr das Publikum erschütternde Spiel den Beweis ihrer
Schauspielkunst lieferte. In weiteren Rollen waren zu sehen: Edmund Minowicz als Dr. Hoff,
Jonas Turkow, der den Dr. Cibula spielte, Miriam orleska und Ada Połomska, die die Szenen
bereicherten und als typischer Mathematikprofessor Leon Rytowski. Vervollständigt wurde das
Ensemble durch: A. łęczycka, J. Srebrzycki, J. Kinelski u. a.
Matura ist auf Grund seiner zweifellos literarischen Qualität und seines gesellschaftlichen
Hintergrunds absolut sehenswert. Es ist zu wünschen, dass das Femina und mit ihm die anderen
Theater, sich auf Stücke besinnen, die einen Namen in der dramatischen Literatur haben. Nur
gute Vorstellungen können und sollten zum Erfolg führen.
Herman Czerwiński.
VII. Teatr Femina 225

Abb. 49: Ankündigung Matura.

Ankündigung! Das bekannte


Künstlerpaar Diana Blumen-
feld und Jonas Turkow in dem
berühmten Stück von Fodor
Matura in der Regie von Jonas
Turkow. Täglich ab Freitag,
6. März im Theater Femina,
Leszno-Straße 35.

16.10 Jarmark Śmiechu


[dt. Jahrmarkt des Lachens]

Autor/Texte: Jerzy Jurandot [Dramaturgie]; Jerzy „Jerry“ Ryba; Julian Tuwim u. a.


Regie: Edmund Minowicz
Stück: Humorvolles Frühlingsspektakel/Revue in zwei Teilen
Premiere: 01.04.1942
Dernière: 24.04.1942
Aufführungen: 27
Vorstellungen: täglich von um 13.30 Uhr, feiertags und samstags je zwei Vorstellungen um
15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Stefania Grodzieńska; Diana Blumenfeld; Edmund Minowicz; Leon
Rytowski; Józef Kinelski; Ada Połomska; Sara Margot; Zygmunt Regro; Mario Malvano
Musik und musikalische Leitung: Iwo Wesby
Presse: Kritik: GŻ/43/2/1942; Redaktion GŻ/39/2/1942

GŻ/39/2/1942
Mittwoch, 01.04.1942

Was wird gespielt?


Jarmark śmiechu im Teatr Femina
Das Femina gibt zurzeit ein großes humorvolles Frühlingsspektakel unter dem Titel Jarmark
śmiechu mit Gesang und Tanz aus der Feder von Jerry, Jurandot, Tuwim und anderen. Regie
führt Edmund Minowicz, Komponist und Dirigent des Orchesters Iwo Wesby. Im Ensemble:
Diana Blumenfeld, Stefania Grodzieńska, Edmund Minowicz, Józef Kinelski, Mario Malvano,
Regro, Margot und andere. Vorstellungen täglich 17 Uhr 30, feiertags und samstags jeweils
226 VII. Teatr Femina

zwei Vorstellungen, jeweils um 15 Uhr und 17 Uhr 30. Wegen der großen Publikumsnachfrage
wird an den Feiertagen eine Matinee von Matura mit Diana Blumenfeld und Jonas Turkow
stattfinden. Einzelheiten auf den Plakaten.

GŻ/43/2/1942
Freitag, 10.04.1942

Jarmark Śmiechu
Nach einer Reihe von Operetten und Komödien eröffnete das Femina die Frühlingssaison mit
einer Revue mit dem Titel Jarmark Śmiechu aus der Feder von M. Hemar, Jerry, Jurandot,
J. Tuwim u. a.. Das Ganze spielt sich in zwei Teilen ab, die aus einzelnen Nummern bestehen.
Programm und Aufbau erinnern an frühere Revuen in der Art von Qui pro Quo und Bandy.
Man muss anerkennen, dass der literarische Leiter Jurandot zusammen mit Regisseur Edmund
Minowicz – beide wohlvertraut mit dem Metier – ein buntes Revuemenü auf die Beine gestellt
haben, wobei sich besonders auszeichnen: Stefania Grodzieńska, die mit ihrem Liebreiz, ihrer
Ausstrahlung und ihrem Humor den wahren Revueschwung auf die Bühne bringt und die
besonders – an der Spitze des Ensembles – mit den Nummern „Verschiedene Frauentypen“,
„Małgorzatka“ (Text Tuwim) und der Nummer „Wiosna“ besticht; Beifallsstürme bei dem
Auftritt von Diana Blumenfeld, unvergleichlich in der Darbietung jüdischer Volkslieder und
zu vielen da capos gezwungen; Edmund Minowicz braucht keinerlei Reklame, da bekannt ist,
dass er die Bühne mit Verve, Humor und Temperament stürmt; Leon Rytowski, hervorragender
Tänzer und Sketchespieler, dessen Gesangsnummern mit Tanzeinlagen sehr an oft gesehene
amerikanische Filmnummern erinnern. Von den anderen seien erwähnt: Ada Połomska, Sara
Margot und Zygmunt Regro.
Die Conférence sollte allerdings lebendig sein und unmittelbaren Kontakt mit dem Publikum
haben. Die Musik von Iwo Wesby – nett und mit Delikatesse.
H.Cz.

16.11 Tylko Dla Dorosłych


[dt. Nur für Erwachsene]

Autor/Texte: Jerzy „Jerry“ Ryba; Jerzy Jurandot; Emanuel Schlechter; Julian Tuwim u. a.
Regie: Edmund Minowicz
Stück: Revue
Premiere: 26.04.1942
Dernière: 27.05.1942
Aufführungen: 36
Vorstellungen: täglich 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Edmund Minowicz; Leon Rytowski; Józef Kinelski; Diana Blumen-
feld; Ada Połomska; Zygmunt Regro; Irena Drybińska; Mario Malvano; Irena Prusicka;
Stefania Grodzieńska
Musik und musikalische Leitung: Iwo Wesby
Choreographie/Tanz: Irena Prusicka-Ballett; Franciszka Mannówna [Tanz]
Presse: Kritik: GŻ/52/2/1942; Redaktion GŻ/49/2/1942
VII. Teatr Femina 227

GŻ/49/2/1942
Freitag, 24.04.1942

Tylko dla dorosłych


Das Femina hat ja bereits mit seinem erzkomischen Programm die Herzen des Publikums
erobert. Jetzt aber kam die unterhaltsamste und lustigste Komödie aller Revuen mit dem frap-
pierenden Titel Tylko dla dorosłych (Nur für Erwachsene) auf die Bühne. Die Texte sind von
Jerry, Jurandot, Schlechter, Tuwim und anderen. Regie: Edmund Minowicz, Musik: Iwo Wesby.
Es spielt das hervorragende Ensemble des Femina mit Diana Blumenfeld, Irena Drybińska,
Stefania Grodzieńska, Ada Połomska, Józef Kinelski, Zygmunt Regro und Leon Rytowski.
Vorstellungen täglich 17 Uhr 30, samstags 15 Uhr und 17 Uhr 30.

GŻ/52/2/1942
Freitag, 01.05.1942
Aus dem Femina
Tylko dla dorosłych
Das Ensemble des Theaters Femina, dessen künstlerischer Leiter Herr Jurandot und Regisseur
Edmund Minowicz sind daran gegangen, dem Publikum jetzt eine Revue in großem Stil zu
präsentieren. Erinnert sei, dass das Femina seine künstlerische Tätigkeit mit Revuevorstellun-
gen begann und sich damit einen guten Namen machte. Jurandot, Autor populärer Lied- und
Stücktexte hat nun für Tylko dla dorosłych 17 einzelne Nummern mit trefflichem Humor
und Witz zusammengestellt, mit einem Wort: zwei Stunden pures Revuevergnügen. Vielleicht
hätte man ein bisschen kürzen müssen, vielleicht sind einige Nummern schon allzu bekannt,
aber insgesamt haben diese kleinen Mängel dem Stück nicht geschadet.
Hervorzuheben ist, dass die Revue mit sehr effektvollen Tanzeinlagen und beeindrucken-
dem Bühnenbild glänzen konnte. Stefania Grodzieńska, Edmund Minowicz und Leon Rytowski
machten auf der Bühne als „Troika“ die Reigenführer und bestritten nahezu das ganze
Programm.
Hervorragend der lustige Sketch „Panna Mania“. Es bedarf einer Schauspielerin vom Format
einer Stefania Grodzienska – die noch in den Nummern „Przyjaciel mojego Przyjaciela“ und
„Kochanek“ zu sehen war – um den Typ des „Panna Mania“ mit solchen Finessen und solchem
Liebreiz darzustellen. Viel originellen Humor brachte der Sketch „Milusińscy” mit Edmund
Minowicz und Leon Rytowski als Kleinkinder im Kinderwagen mit Irena Drybińska und Anna
Połomska als Kindermädchen. Entbehrlich die exzentrischen Nummern (Warszawa – Kazcy
Dól – Człowiek Mechaniczny) des ansonsten hochtalentierten Leon Rytowski. Er ist durchaus
zu Besserem fähig. Verdienten Erfolges beim Publikum erfreute sich Diana Blumenfeld, die
Interpretin des „Genre” jüdischer Volkslieder, mit denen sie das Publikum mit ihrem künst-
lerischen Können bezauberte. Irena Prusicka imponierte in der stilvollen Nummer „Melodie
Wschodu“ durch ihre hervorragend geschulte Ballettcompagnie, durch reichen Ausdruck und
Choreographiekunst.
Über „Salome”, getanzt von Franciszka Mannówna, haben wir bereits in einer unserer
vorigen Kritiken geschrieben.
Die Conférence von Józef Kinelski und Leon Rytowski diesmal lebendig und mit Schwung.
Die Musik von Iwo Wesby den einzelnen Nummern entsprechend.
H. Cz.
228 VII. Teatr Femina

16.12 Dziewczę do wszystkiego


[dt. Mädchen für alles]

Autor/Texte: Bearbeitung Jerzy Jurandot; Edmund Minowicz


Regie: Jerzy Jurandot, Edmund Minowicz, Regieassistenz Zygmunt Regro
Stück: Komödie
Premiere: 29.05.1942
Dernière: 18.06.1942
Aufführungen: 24
Besetzung/Rollen: Grzegorz German [Finanzmagnat]; Józef Kinelski [Butler];
Ewa Kryńska [Trąbińska, Frau des Direktors]; Edmund Minowicz [Direktor Trąbiński];
Ada Połomska [Köchin]; Zygmunt Regro [schüchterner Bediensteter]; Leon Rytowski
[persönlicher Sekretär des Finanzmagnaten]; Janusz Srebrzycki [Hotelverwalter]
Musik und musikalische Leitung und Bearbeitung: Iwo Wesby
Choreographie/Ballett: unbekannt
Bühnenbild /Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/63/2/1942

GŻ/63/2/1942
Freitag, 29.05.1942

Dziewczę do wszystkiego
Die letzte Premiere des Femina brachte uns ein Stück auf dem in diesem Theater üblichen
Niveau.
Dziewczę do wszystkiego in der Bearbeitung von Jurandot und der Regie von Minowicz,
führt uns in längst vergangene Zeiten, in denen in irgendeiner abgelegenen Provinz in Filialen
großer Firmen der Hauptstadt Direktoren residierten, die den Vorsitz in Sittlichkeitsvereinen
hatten, aber dennoch anmutigen oder höchst frivolen Attacken von Operettendiven wehrlos
ausgeliefert waren (unvergesslich „Żołnierzu Królowej Madagaskaru”!).
Eigentlich muss man sich wundern, dass einem in die Jahre gekommenen, bescheidenen
Direktor so etwas widerfährt, wäre da nicht der um Jahre jüngere Herr Vorsitzende der
„Zjednoczony Barchan,” der sich auch nicht gegen die o. g. Diva wehren kann, als er in das
Provinznest kommt, um für Sitte und Moral zu werben, aber auch ein wachsames Auge auf
diese zu haben (in Wahrheit geht es ihm um Werbung für seinen Barchanstoff 169, der angeblich
ein Synonym für Sittlichkeit ist). Zur Entschuldigung des Herrn Vorsitzenden muss man aller-
dings sagen, dass er glaubt, Kiki sei die Gattin des Direktors.
Ziehen wir nun mit der gesamten Gesellschaft in die Hauptstadt. Dort erleben wir, wie die
Provinzdirektorsgattin sich statt mit Amor mit der Beförderung ihres Mannes beschäftigt (und
das wahrhaftig tugendhaft) und sich im Ankleidezimmer des Herrn Vorsitzenden entkleidet,

169 Barchan: gerautes Baumwollgewebe in Köperbindung, zur Herstellung ziemlich unerotischer


Damenunterhosen („Liebestöter“) verwandt – daher wohl zur Hebung der Sittlichkeit geeignet;
nach Herrn Marek Paterski konnte man noch nach 1960 in Lignice die „Barchany“ an Sonnen-
tagen in Massen an den Wäscheleinen flattern sehen.
VII. Teatr Femina 229

und es wundert uns nicht im Geringsten, dass dies auch das leichtsinnige Fräulein Kiki tut.
Verwirrung und Verwechslung im Ankleidezimmer des Vorsitzenden des „Zjednoczony
Barchan“ werden dann auch noch durch einen dummen Streich des Bürodieners auf die Spitze
getrieben. Glücklicherweise löst sich dann doch alles auf: Der Herr Direktor aus der Provinz
erreicht eine Stellung, von der er nicht zu träumen gewagt hat, der Herr Vorsitzende bekommt
Fräulein Kiki und umgekehrt.
An der Spitze des Ensembles wie üblich: Herr Minowicz (Direktor Trąbiński) und die
Grodzieńska (Kiki).
Einwandfrei spielte Herr German die Rolle des Firmenpotentaten. Dessen jungen Privat-
sekretär gab Herr R. Rytowski, der allerdings sein zweifellos großes Talent für Charakterrollen
nicht entfalten konnte. Frau Kryńska als Frau Direktorin Trąbińska kämpft um die Karriere
ihres Mannes, um den Glanz ihres Kupfergeschirrs und das Vertuschen ihres ländlichen
Akzents (geht es um letzteres, ist es kein Wunder, dass sie damit völlig allein steht, da der Groß-
teil der Gesellschaft mindestens aus Dubno kommt). Frau Połomska als Küchendragoner –
nicht schlecht trotz zeitweiliger Chargenspielerei. Mit Gefühl gestaltete Herr Regro die Figur
des eingeschüchterten kleinen Beamten, völlig unverständlich allerdings ist, warum er im
letzten Akt mit einer Angel unter dem Arm nach Wołomin zur Hochzeit eines Kollegen auf
die Bühne kommt (Päckchen wären wohl angemessener gewesen). Zu sehen waren auch Herr
Kinelski als sich ständig in die Angelegenheiten seines Herrn einmischender Kammerdiener
und Herr Srebrzycki, der als Hotelangestellter unbesonnen jede gerade gehörte Intimität seiner
Gäste zum Besten gibt, was allerdings zur Folge hat, dass wir schnell zur glücklichen Ent-
wirrung der Verhältnisse und zum Ende aller Komplikationen kommen.
Wegen der sparsamen musikalischen Bearbeitung hatte diesmal Herr Wesby nicht die
Möglichkeit, aus dem Vollen zu schöpfen. Das Bühnenbild von Herrn Liberman – insgesamt
bescheiden.
Sewer

16.13 Sprawa przy drzwiach zamkniętych


[dt. Verhandlung hinter verschlossenen Türen]

Autor/Texte: B. Weiler
Regie: Edmund Minowicz, Zygmunt Regro
Stück: Kriminalstück
Premiere: 20.06.1942
Dernière: 24.06.1942
Aufführungen: 6
Besetzung/Rollen: Jadwiga Wernisówna [Mary Dougan, Hauptrolle]; Leon Rytowski
[Bruder und Anwalt der Angeklagten]; Zygmunt Regro [öffentlicher Ankläger]; Józef
Kinelski [Liftboy]; Edmund Minowicz [Anwalt]; Stefania Grodzieńska [Kamila Makart];
Gerszon German [Polizeiinspektor]; Ada Połomska [Frau des Ermordeten]; R. Nisenzweig
[Freundin der Angeklagten]; Janusz Srebrzycki [Richter]; Ewa Kryńska [Haushälterin].
Bühnenbild /Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik GŻ/73/2/1942
230 VII. Teatr Femina

GŻ/73/2/1942
Sonntag, 21.06.1942

Sprawa przy drzwiach zamkniętych


Die Direktion des Theaters Femina verabschiedete sich diesmal von der leichten Kunst, von
Komödie, Revue und Operette und brachte ein Drama auf die Bühne, ein Sensationsdrama. Die
Übertragung eines „Krimis“ auf die Bühne war schon immer ein risikoreiches Unterfangen,
umso mehr unter den heutigen Bedingungen, wo die Theater nur über bescheidene Mittel und
technische Möglichkeiten verfügen und sich daher keinerlei bühnentechnischer Raffinessen
bedienen können. Man muss jedoch anerkennen, dass sowohl Regisseur als auch Schauspieler
den Schwierigkeiten trotzten, wenn auch nicht ohne Fehler und Unzulänglichkeiten.
Sprawa przy drzwiach zamkniętych aus der Feder von B. Weiler, Regie Minowicz, Coregie
Regro, ist die Geschichte einer Frau des leichten Gewerbes, die angeklagt ist, ihren Freund
ermordet zu haben, die Geschichte eines Prozesses gegen eine Frau, die sich nur deshalb
verkauft, um ihrem geliebten jüngeren Bruder, dem ihre ganze Sorge gilt, eine angemessene
Erziehung angedeihen lassen zu können. Der ziemlich geschickt ohne langweilige und über-
flüssige Längen inszenierte Prozess endet mit einer ohne jeden Zweifel interessanten Pointe,
nämlich der Rehabilitation der Angeklagten und der Entdeckung des wahren Mörders.
Die schwierige Rolle der Angeklagten übernahm Frau Wernisówna, die im Allgemeinen
über viel Schauspielkultur verfügt, aber nicht immer auf der Höhe war. Frau Wernisówna ge-
lang es in Augenblicken höchster Anspannung nicht, sich der Schauspieltechniken zu bedienen,
die wahre Effekte hervorbringen. Herr Rytowski als Bruder und Verteidiger der Angeklagten
gewann dank seines zuweilen wahrhaftigen Spiels unsere Herzen; mit Trauer jedoch müssen
wir feststellen, dass dieser sympathische Künstler den Anforderungen des Textes in keiner
Weise genügen konnte. Herr Minowicz ist sehr überzeugend als Advokat und als Liebhaber, der
den Ehemann seiner Freundin aus materiellen Gründen umbringt.
Frau Połomska als Frau des Ermordeten zeigt diesmal viel Gespür, obwohl sie manchmal,
besonders aber in der Schlußszene nicht den richtigen Ton trifft. Herr Regro spielt mit der
ihm eigenen Routine den öffentlichen Ankläger, der jedoch unnötigerweise am Schluss
des Stückes das Ansehen seines Amtes herabwürdigt. Herr Srebrzycki repräsentiert gemäß der
Würde seines Amtes als Richter – vielleicht manchmal mit zu wenig Leben. Viel Humor in
die drückende Atmosphäre des Gerichtssaales bringt die wie immer voller Anmut spielende
Frau Grodzieńska (Kamila Makart, Kollegin der Angeklagten), einwandfrei gab Frau Nisen-
zweig die zweite Kollegin der Angeklagten (obwohl nicht ganz ersichtlich ist, warum sie diese
mit ihren Aussagen so belastete). Hervorragend Herr Kinelski als Liftboy. Wenig gewitzt
und sein Amt als Polizeiinspektor ein wenig kompromittierend Herr German, in dieser Rolle
ziemlich schwerfällig und wenig agil. Als gute Wirtin zeigte sich Frau Kryńska.
Zufrieden mit der Tatsache, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, verlassen wir den
Gerichtssaal, d. h. den Zuschauerraum, dennoch bleiben einige Zweifel. Warum heißt dieses
Stück Sprawa przy drzwiach zamkniętych (Verhandlung hinter geschlossenen Türen), wenn die
Verhandlung doch die ganze Zeit coram publico stattfindet, warum verliest der Staatsanwalt
die Anklageschrift und nicht der Verhandlungsvorsitzende, warum nimmt nur ein Kronrichter
an der Verhandlung teil, warum macht die Angeklagte ihre Aussagen von der Zeugen- und
nicht von der Anklagebank, und schließlich, last not least, warum hat Herr Minowicz nicht
genug geübt, um ein Messer in der Luft auffangen zu können – was doch ohne jeden Zweifel
ein Augenblick höchster Spannung gewesen wäre?
Das Bühnenbild von Herrn Liberman – trotz einiger Mängel – gelungen.
Sewer.
VII. Teatr Femina 231

16.14 Bajadera
[dt. Die Bajadere]

Autor/Texte: Emerich Kálmán


Bearbeitung: Jerzy Jurandot, Edmund Minowicz
Regie: Edmund Minowicz
Stück: Operette in drei Akten
Premiere: 26.06.1942170
Besetzung /Rollen: Helena ostrowska [Bajadera]; Stefania Grodzieńska [Mirte]; Józef
Kinelski [Filip]; Edmund Minowicz [Napoleon]; Zygmunt Regro [Direktor des operetten-
hauses]; Leon Rytowski [Hauptclaqueur]; Janusz Srebrzycki [Hinduhauptmann]
Musik und musikalische Bearbeitung sowie musikalische Leitung: Iwo Wesby; vergrößer-
tes orchester; zwei Chöre: Herren- und Damenchor
Choreographie/Ballett: Irena Prusicka
Ausstattung: Aleksander Liberman
Presse: Kritik: GŻ/81/2/1942; Redaktion GŻ/75/2/1942; Anzeige GŻ/75/6/1942

GŻ/75/2/1942
Freitag, 26.06.1942
Bajadera
Heute, am 26. Juni 1942, hat um 16 Uhr 45 im Theater Femina, Leszno-Straße 35, die aus-
gezeichnete Operette Bajadera von E. Kálmán Premiere, die aus Anlass des einjährigen
Bestehens des Femina in unserem Viertel gegeben wird. Ein Jahr Femina, das ist ein Jahr
konzentrierter künstlerischer Arbeit, Förderung von Kultur und Kunst auf höchstem Niveau.
Aufgeführt wird die populäre Operette mit großer Ausstattung, mit speziell für diese Produk-
tion vergrößertem Orchester, mit Männer- und Damenchor, mit Ballett, mit farbenprächtigen
Kostümen und originellem Bühnenbild. Ohne Zweifel wird Bajadera die Sensation des Vier-
tels. Der beliebte Iwo Wesby hat die Musik bearbeitet, Regie führte Edmund Minowicz, Texte
für neue Lieder schrieb Jurandot, die Bühne gestaltete A. Liberman und für Choreographie
und Einstudierung der Tänze zeichnet Irena Prusicka. Verstärkt wurde auch das Ensemble
mit Helena ostrowska als Bajadera, Józef orensztajn als Fürst, Stefania Grodzieńska als
Mirte, Minowicz als Napoleon, Józef Kinelski als Filip, Regro als operettendirektor und Leon
Rytowski als Chef der Claque, daneben viele weitere Künstler und Statisten. Vorstellungen
täglich um 17 Uhr 45, samstags 15 Uhr und 17 Uhr 45.

GŻ/81/2/1942
Freitag, 10.07.1942

Theater Femina: Bajadera


Die berühmte und hervorragende Operette Bajadera von Emerich Kálmán, die seinerzeit un-
geheuer populär war (schließlich wird wohl jeder von uns den berühmten Schlager „O, Bajadera“

170 Anlässlich des Jahrestages der Theatergründung.


232 VII. Teatr Femina

wenigstens einmal geträllert haben), wurde uns jetzt wieder in der Bearbeitung von Jurandot
und der Regie von E. Minowicz vor Augen geführt. Diskutieren kann man, ob die Auswahl
dieses Stückes nun eine besonders glückliche war, wobei in jedem Fall anzuerkennen ist, dass
viel getan wurde, um die Vorstellung auf ein Niveau zu bringen, das dem Anspruch eines jeden
Theaters entspricht. Und das ist nicht leicht zu erreichen und zu sagen ist, dass eher die schau-
spielerische Seite der Operette Anerkennung verdient.
Herr Orensztein gibt den in die schöne Operettendiva verliebten Eroberer Fürst Radiani,
wobei anzumerken ist, dass man Herrn Orenstein hier, übrigens wie schon immer, eher als Sän-
ger denn als Schauspieler kennt. Frau Ostrowska (Bajadera) hat zweifelsohne die Reputation
einer ausgezeichneten Sängerin. Ihre große Gesangskultur und die Schönheit ihres Vortrags
dominieren auch in Bajadera, aber es ist schwer, sie hier zu beurteilen, eben nicht als Sängerin,
vielleicht sogar nicht einmal als Operettensängerin.
Viel Schwung brachte Frau Grodzieńska als hochnäsige Kleinbürgerin und Frau, „die ihren
Mann niemals betrügen würde“, ins Geschehen sowie Herr Minowicz als unglücklicher Ver-
ehrer der Reize einer Schokoladenfabrikantengattin. Beide singen und spielen ausgezeichnet
und variieren das ansonsten ziemlich ärmliche Libretto. Hervorragend auch Herr Regro als
Theaterdirektor, während hingegen Herr Rytowski als Chefclaqueur ziemlich überchargierte.
Völlig blass und unglaubwürdig gestaltete Herr Srebrzycki die Figur des Hinduhauptmannes,
fehlerfrei Herr Kinelski als Schokoladenfabrikant. Besondere Anerkennung gilt zweifelsohne
Herrn Wesby, der mit Temperament und Routine das Orchester und den kleinen, aber feinen
Chor dirigierte. Herrn Wesby gelang es mit Erfolg, ständig Kontakt mit Bühne und Orchester
zu halten, und das während der ganzen Vorstellung in ausgezeichneter Weise.
Das Bühnenbild von Herrn Liberman erreichte nicht immer ein angemessenes Niveau, ins-
gesamt jedoch waren die einzelnen Szenen nicht schlecht ausgestattet.
Sewer.

16.15 Extravorstellungen

Szafa gra! und Batalion humoru


Vorstellung: 23.08.1941, 12.00 Uhr Matinee
Presse: Redaktion GŻ/75/5/1941

GŻ/75/5/1941
Freitag, 22.08.1941

Femina Matinee Szafa gra! und Batalion humoru


Sensationelle Matinee im Femina
Am heutigen Samstag wird um 12 Uhr im Femina, Leszno-Straße 35, eine äußerst unterhal-
tende und humorvolle Matinee gegeben. Die Vorstellung beinhaltet zwei Teile, der eine unter
dem Titel Batalion humoru, der andere trägt die Überschrift Szafa gra! Wie wir schon be-
richtet haben, ist diese Doppelaufführung sensationell erfolgreich, und mit der Matinee soll
dem Publikum die Gelegenheit gegeben werden, sich das Stück anzusehen bzw. es sich noch
mal anzusehen, um sich aufs Trefflichste zu amüsieren. Karten zu ermäßigten Preisen (2 bis
4 Zloty 80) an der Theaterkasse.
VII. Teatr Femina 233

Abb. 50: Die letzte Premiere im Theater Femina.


Teatr Femina, Warszawa, Leszno-Straße 35; Freitag, den 26. Juni 17 Uhr 30. Große Jubiläumsfeier.
Anlässlich des einjährigen Bestehens des Theater Femina die sensationelle Premiere der populären
Operette Bajadera. Musikalisch bearbeitet und eingerichtet von Iwo Wesby; Regie: Edmund Minowicz;
neue Liedtexte: Jurandot, Ausstattung: A. Liberman, Choreographie: Irena Prusicka. Prachtvolle
Ausstattung, Chor und Ballett, Ensemble: Helena Ostrowska, Stefania Grodzieńska, Józef Orenstein,
Edmund Minowicz, Józef Kinelski, Zygmunt Regro, Leon Rytowski sowie Statisterie; Täglich um
17 Uhr 30, Vorstellungsende 20 Uhr; samstags 15 und 17 Uhr 30.171

Księżniczka Czardaszka
Vorstellung: 03.04.1942, 25-jähriges Bühnenjubiläum Edmund Minowicz
Besetzung/Rollen: Edmund Minowicz; Helena ostrowska; Józef orenstein; Stanisław
Stański; Alina Lyczycka; Szymon Bogdanowicz [Laudatio]; Stefania Grodzieńska;
Andrzej Marek; Herman Czerwiński; Józef Kinelski; Symcha Fostel
Presse: Redaktion GŻ/43/2/1942

171 GŻ/75/2/1942
234 VII. Teatr Femina

GŻ/43/2/1942
Mittwoch, 01.04.1942

25 Jahre Bühnenarbeit von Edmund Minowicz


Wie wir bereits berichteten, findet am Freitag den 3. April im Saal des Femina eine Vorstel-
lung von Księżniczka Cardaszka statt. Die Rolle des Boni spielt der beim Publikum allseits
beliebte Edmund Minowicz. Dass Herr Minowicz genau an diesem Tag in dieser Rolle auftritt,
hat einen speziellen Grund: als Boni eroberte er seinerzeit die Herzen des Publikums. Bei sei-
nem heiß ersehnten 25- jährigen Bühnenjubiläum will Herr Minowicz zeigen, dass er nichts
von seiner schauspielerischen Attraktivität verloren hat. Auch die übrigen Rollen sind hervor-
ragend besetzt. Man kann sicher sein, dass diese Jubiläumsvorstellung auf reges Interesse des
Publikums stoßen wird.

Gastspiel in jiddischer Sprache der Schüler der Schulen Nowolipki 22, Gęsia 9 und
Nowolipki 68
Vorstellung: 05.05.1942
Stücke: „Der Frühling ist gekommen,” „Der Ball des Waisenkindes”, „Die Jahreszeiten”

Gastspiel in jiddischer Sprache von Kindern der Kinderhorte


Vorstellung: 30.05.1942

EPILOG – NACH DER LETZTEN VORSTELLUNG

Es war der letzte Tag vor Beginn der Aussiedlung. Einen Tag zuvor wurde das Theater wegen
der allgemeinen Panik im Ghetto geschlossen. Als wir das Theater verließen, das wir nie
wieder betreten sollten, war es uns schwer ums Herz. Wir hatten gute und schlechte Zeiten
erlebt, hatten dort gearbeitet, fast nichts gehabt und am Hungertuch genagt. Niemand von uns
dachte an die Zukunft oder daran, dass wir morgen tot sein könnten – wir dachten an diesen
dunklen, kalten Saal, den wir eben verließen, dachten daran, dass wir dort zwei Jahre unseres
Lebens verbracht hatten, unsere zwei schwersten Jahre, aber auch die uns in der Erinnerung
teuersten. […]
Jetzt standen wir ohne Arbeit auf der Straße und uns drohte nicht nur Hunger, wir wussten
auch, dass in kurzer Zeit mit der Aussiedlung aus dem Ghetto begonnen würde und dass davon
in erster Linie Arbeitslose betroffen sein würden. Wir gingen also zum Arbeitsamt.172

Von den nahezu 70 Theaterleuten des Femina entkamen nur acht der Vernichtung, unter
ihnen auch Zygmunt Regro, der sich später auf Grund von Wahnvorstellungen, dass ihn
die Gestapo verhaftet habe, fürchterlich verstümmelte, um nicht als Jude erkannt zu wer-
den, und sich das Leben nahm.173

172 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 294.


173 Vgl. ebd., 410.
VII. Teatr Femina 235

17. ANZEIGEN AUS DEM THEATER FEMINA

Ausgabennummer Anzeige (Übersetzung) Faksimile

GŻ/49/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Heute ab dem 20. Juni um 17.45 Uhr
(samstags um 15.15 Uhr und 17.45 Uhr)
ein großes Spektakel in 2 Akten mit dem Titel
„BATALION HUMORU”
Texte von Hemar, Jerry, Jurandot, Tuwim
Unter Beteiligung von:
Diana Blumenfeld Szymon Bogdanowicz
Irena Drybińska Edmund Minowicz
Wiera Gran Józef orenstein
Stefania Grodzieńska Stanisław Stański
Zofia Karina Damenchor Anny Osser
Franciszka Mannówna “Femina”-Ballett
Künstlerisch-literarische Leitung: Jurandot
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Regie: S. Stański und E. Minowicz
Ausstattung: A. Liberman
KARTEN AN DER THEATERKASSE
ERHÄLTLICH.

GŻ/52/4/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Heute und täglich 17.45 Uhr
(samstags um 15.15 Uhr und 17.45 Uhr)
der große Erfolg
„BATALION HUMORU“
aus der Feder von Jerry und Jurandot
Unter Beteiligung von
Diana Blumenfeld Damenchor Anny Osser
Irena Drybińska “Femina”-Ballett
Wiera Gran Szymon Bogdanowicz
Stefania Grodzieńska Edmund Minowicz
Irena Obertka Józef orenstein
Franciszka Mannówna Stanisław Stański
Künstlerisch-literarische Leitung: Jurandot
Musikalische Leitung: Ivo Vesby
Regie: S. Stański
Inszenierung: E. Minowicz
Ausstattung: A. Liberman
Die Theaterkasse öffnet täglich um 14.00 Uhr und
samstags und sonntags um 11.00 Uhr.
236 VII. Teatr Femina

GŻ/57/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
DIE LETZTEN [SPIEL-] TAGE
Heute und täglich 17.30 Uhr
Samstags 15.15 Uhr (zu ermäßigten
Preisen) und 17.45 Uhr
die größte künstlerische Leistung im Viertel
das sensationelle Spektakel
BATALION HUMORU
REICHE AUSSTATTUNG!
WUNDERSCHÖNES BALLETT!
HUMOR! SATIRE! GESANG!
TANZ! MUSIK!
Kühlster und elegantester Theatersaal
in Warschau.

GŻ/60/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Unwiderruflich die letzten 3 Tage
BATALION HUMORU
täglich 17.30 Uhr, samstags 15.15 Uhr
und 17.45 Uhr
Dienstag 22. Juli PREMIERE
SZAFA GRA!
Details auf den Plakaten.

GŻ/63/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
SZAFA GRA!
Tolles Spektakel in 2 Aufzügen.
HUMOR! GESANG! TANZ! SATIRE!
Täglich 17.30 Uhr,
samstags 15.15 Uhr
und 17.45 Uhr

GŻ/67/4/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Der große Erfolg des tollen Spektakels
SZAFA GRA!
Täglich 17.30 Uhr,
samstags 15.15 Uhr
Sondervorstellung zu ermäßigten Preisen
Der kühlste Saal im Viertel!
VII. Teatr Femina 237

GŻ/69/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Die letzte [Spiel-] Woche!
Täglich 17.30 Uhr, samstags 15.15 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) und 17.45 Uhr
SZAFA GRA!
Donnerstag, 14. August
GROSSE PREMIERE
Gastauftritte der hervorragenden Künstlerin
REGINA CUKIER

GŻ/72/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Heute, Freitag 15. August, 17.30 Uhr,
samstags um 15.45 Uhr und 17.45 Uhr
SENSATIONELLE PREMIERE
OD GMINY DO FEMINY
in 2 Akten aus der Feder von Jerry,
Jurandot, Fr. Maj, Tuwim und Wolsztejn
Unter Beteiligung von
Regina Cukier Józef Kinelski
Irena Drybińska Edmund Minowicz
Ina Grochowska Józef orenstein
Stefania Grodzieńska Stanisław Stański
Franciszka Mannówna Vokal-Trio Anny Osser
“Femina”-Ballett und andere
Künstlerisch-literarische Leitung: Jurandot
Musikalische Leitung: Iwo Wesby
Samstags 15.15 Uhr Sondervorstellung
zu ermäßigten Preisen.
Die Theaterkasse öffnet täglich um 14.00 Uhr
und samstags und sonntags um 11.00 Uhr.

GŻ/75/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Täglich 17.30 Uhr, samstags um 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) und 17.45 Uhr
OD GMINY DO FEMINY
SENSATIONELLE BESETZUNG
Samstag, 23. August 12.00 Uhr
SENSATIONELLE MATINEE
BATALION HUMORU
SZAFA GRA
in einem Programm
Ermäßigte Preise von 2 bis 4,80 Zloty.
238 VII. Teatr Femina

GŻ/78/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Die dritte Woche des rekordverdächtigen
Erfolgsstücks
OD GMINY DO FEMINY
Unter Beteiligung von

Regina Cukier Józef Kinelski


Irena Drybińska Edmund Minowicz
Ina Grochowska Józef orenstein
Stefania Grodzieńska Stanisław Stański
Franciszka Mannówna Vokal-Trio Anny Osser

“Femina”-Ballett
Täglich 17.30 Uhr, samstags um 15.15
Sondervorstellung zu ermäßigten Preisen.

GŻ/97/4/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Zum vierzigsten Mal
Księżna Czardaszka
Vorstellungsbeginn täglich 17.30 Uhr,
Ende 19.45 Uhr
Samstags und feiertags 2 Vorstellungen
15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen)
und 17.30 Uhr.

GŻ/102/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Unwiderruflich die letzten 4 [Spiel-] Tage. –
Der Erfolg des Viertels.
Księżna Czardaszka
Samstag 15.00 Uhr letzte Vorstellung
zu ermäßigten Preisen.
Vorstellungsbeginn täglich 17.30 Uhr,
Ende 19.30 Uhr
Freitag, den 30. Oktober
GROSSE PREMIERE „JIM I JILL“
Lustige Komödie in 3 Akten.
VII. Teatr Femina 239

GŻ/111/6/1941 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Dritte Woche des rekord-
verdächtigen Erfolgs JIM I JILL
Komödie in 3 Akten in Bearbeitung
und Lieder von Marian HEMAR
Beginn täglich 17.30 Uhr, Ende 19.45 Uhr
Samstag 15 Uhr Spezialvorstellung
zu ermäßigten Preisen.

GŻ/1/5/1942 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Heute und täglich 17.30 Uhr,
samstags 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen)
und 17.30 Uhr die wunderschöne Operette
in 3 Akten von Leo Fall
„RÓŻA STAMBUŁU“
Künstlerisch-literarische Leitung Jurandot –
musikalische Leitung Ivo Wesby.
Regie Edmund Minowicz –
Ausstattung A. Liberman.
Sensationelle Besetzung. –
Das Theater ist gut geheizt und beleuchtet.

GŻ/7/6/1942 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Ab Freitag 16. Januar und täglich 17.30 Uhr
samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr
SENSATIONELLE VORSTELLUNG
Die erste Komödie des Viertels in 3 Akten
Miłość szuka mieszkania
von Jurandot und Wesby
Sensationelle Besetzung. –
Das Theater ist gut geheizt und beleuchtet.

GŻ/31/6/1942 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Täglich 17.30 Uhr, samstags 15.00 Uhr
und 17.30 Uhr
das berühmte Stück von W. Fodor
„MATURA“
in der Regie von JONAS TURKOW
[unter Mitwirkung von]
Diana Blumenfeld […]
240 VII. Teatr Femina

GŻ/75/6/1942 Theater „FEMINA“, Warschau,


Leszno [Straße] 35
Freitag, 26. Juni, 17.30 Uhr
GROSSE JUBILÄUMSFEIER
Anlässlich des einjährigen Bestehens des
„Theater Femina“ die sensationelle Premiere der
populären Operette in 3 Akten von E. Kalman
BAJADERA
Musikalisch bearbeitet und eingerichtet
von Iwo Wesby
Regie: Edmund Minowicz
Neue Liedtexte: Jurandot
Ausstattung: A. Liberman
Choreographie: Irena Prusicka
PRACHTVOLLE AUSSTATTUNG!
CHOR! BALLETT!
Auf der Bühne treten auf: Helena Ostrowska,
Stefania Grodzieńska, Józef orenstein,
Edmund Minowicz, Józef Kinelski, Zygmunt Regro,
Leon Rytowski, Statisten und viele andere.
Beginn täglich 17.30 Uhr. Ende 20.00 Uhr.
Samstags 15.00 Uhr und 17.30 Uhr.
VII. Teatr Femina 241

VIII. nowy teatr kameralny

Abb. 51: Andrzej Marek (Mark Arnstein). Konzessionsinhaber, künstlerischer Leiter


und Hausregisseur des Nowy Teatr Kameralny.

Folgendes soll sich in der zweiten oktoberhälfte [1941] ereignet haben: zu dem Direktor des
Theaters (angeblich ein Neophyt, seinen Namen weiß ich nicht) in der Nowolipki-Straße 52
[Nowy Teatr Kameralny], in dem auf Polnisch gespielt wird und in dem der bekannte
Schauspieler Michał Znicz (auch ein Neophyt) auftritt, kamen sechs Juden. Sie stellten sich
als offizielle Mitarbeiter der Gelben [Gestapo] vor, verlangten 1000 zł und drohten, wenn
242 VIII. Nowy Teatr Kameralny

sie das Geld nicht bekämen, mit Deportation. Nach längerer Verhandlung einigte man sich
darauf, erst mal auf einen Verschärften in die Kneipe zu gehen. Kurze Zeit später tauch-
te vor der Kneipe ein Auto mit uniformierten Gelben auf. Nachdem sie sich einen Über-
blick verschafft hatten, um was es ging, legten sie den sechs Juden Handschellen an. Da-
nach tranken sie mit dem Direktor ein paar Gläschen und nahmen die Verhafteten mit.
Tatsächlich war der Direktor ihr Mann. Er hatte unbemerkt mit den Gelben telefoniert, die
dann auch sofort kamen. Über das weitere Schicksal der sechs Juden erfuhr man folgendes:
sie saßen ungefähr zwei Monate im Pawiak Gefängnis, danach brachte man sie nach Ausch-
witz zur Vernichtung – angeblich soll das der Frau von einem wortwörtlich gesagt worden
sein.174

1. DAS THEATER

Als viertes Theater eröffnete das polnischsprachige Nowy Teatr Kameralny am 18. Juli
seine Spielzeit mit dem Stück Mirla Efros von Jakub Mikhailovich Gordin, das es auf 76
Vorstellungen brachte. Angekündigt wurde das Theaterereignis in der Gazeta Żydowska
am 16. Juli 1941:

Das sich immer mehr verbreitende jüdische Kulturleben Warschaus wird nun morgen durch
ein neues erstklassiges Theater von großer Bedeutung bereichert. Es ist das Nowy Teatr
Kameralny, das von dem bekannten Regisseur und Bühnenschriftsteller Andrzej Marek ge-
gründet wurde. Aufgeführt werden sollen überwiegend Stücke hervorragender jüdischer
Autoren in polnischer Sprache. Bei der feierlichen Eröffnung wird Mirla Efros – die Proben
sind in vollem Gang – von J. Gordin in der polnischen Bearbeitung von Andrzej Marek,
der auch Regie führt, zur Aufführung kommen. Dieses Stück wurde bereits vor zehn Jahren
in Warschau gespielt und hatte damals 160 Aufführungen in Folge. Bei der Premiere ist auf
der Bühne ein sorgfältig zusammengestelltes Ensemble mit erstklassigen Schauspielerinnen
und Schauspielern polnischer Bühnen zu sehen – kurz gesagt, ein interessantes kulturelles Fest-
ereignis im jüdischen Viertel Warschaus.175

Das Theater befand sich auf dem Gelände der Kirche św. Augustyn in der Nowolipki-
Straße 52. Emanuel Ringelblum gibt als Spielstätte eine zum Theater umgestaltete Ka-
pelle des Klosters in der Nowolipki-Straße an. Nach Schließung des Ghettos befand sich
św. Augustyn auf Ghettogebiet und diente noch etliche Monate als Kirche für Katholiken
jüdischer Herkunft. Nach Schließung der Kirche blieben noch längere Zeit Pfarrer
Franciszek Garncarek und Vikar Leon Więckowicz im Pfarreigebäude. Ersterer wurde
am 20. Dezember 1943 von den Deutschen ermordet, Vikar Leon Więckowicz wurde am
3. Dezember 1942 verhaftet, da er Juden geholfen hatte, und starb am 4. August 1944
im KZ Groß-Rosen.
Umgebaut zu einem Theater wurden die Räumlichkeiten („Wo genau sich die Bühne
Mareks befand, in den Kellerräumen oder im ehemaligen Pfarrgebäude, das sich auf die-

174 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego, 332.


175 GŻ/59/3/1941.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 243

sem Grundstück befand, ist nicht zu ermitteln“)176 von dem Architekten, Bauingenieur
und Innendekorateur Rubin Szwarc, der auch als Bühnenbildner Mirla Efros ausstattete.

2. ZUM SPIELPLAN

Am 24. Juni 1941 schreibt die Gazeta Żydowska:

Unter dem Namen Nowy Teatr Kameralny wird im jüdischen Viertel in Kürze ein neues
Theater seine Pforten öffnen, das sich ganz der ernsthaften Kunst und Bühnenliteratur widmen
wird. Bereits jetzt weckt das zu erwartende Repertoire, das ausschließlich aus abendfüllenden
Stücken der besten jüdischen Autoren bestehen wird, ins Polnische übersetzt von den besten
Übersetzern und Dramaturgen, in breiten Kreisen der jüdischen Intelligenz höchstes Interesse.
Die Vorstellungen beginnen in den ersten Julitagen, gespielt wird dann täglich in dem her-
vorragend geeigneten Theatersaal in der Nowolipki-Straße 52, unter Mitwirkung der besten
jüdischen Künstler der polnischen Theaterszene. Geleitet wird das Theater von dem Theater-
schriftsteller und Diplomregisseur Andrzej Marek.177

Andrzej Marek, der jüdische Intellektuelle, fasziniert von der polnischen Kultur, „träumte
von der Integration der klassischen jüdischen Literatur in das polnische Theater.“178 Ganz
im Sinne dieses Konzeptes eröffnet Andrzej Marek die Spielzeit mit Mirla Efros, geschrie-
ben 1898 von Jakub Gordin, dem Reformator des jüdischen Theaters. Marek hatte Mirla
Efros bereits 1929 im Warschauer „Teatr Elizeum“ 160 Mal en suite aufgeführt und hatte
mit diesem Stück offensichtlich den Geschmack der assimilierten jüdischen Intelligenz
voll getroffen. Im Nowy Teatr Kameralny wurde Mirla Efros 76 Mal gegeben.
Gespielt wurde im Teatr Nowy Kameralny von Juli 1941 bis Juli 1942, also fast ein
Jahr. Auf dem Spielplan standen:179
Mirla Efros von Jakub Gordin („Gordins Werke brauchen keine Reklame“) – ein
in seiner Art eigenes „Epos“ des jüdischen Familienlebens; Moje żony mnie zdradzają
(„Nach Mirla Efros jetzt das nächste vorzügliche Stück“) – geschäftlich sehr erfolgreicher
„Pillendreher” wird sein ganzes Leben lang von Frauen reingelegt; Skarb pod latarnią von
Marian Hemar („eine niveauvolle Komödie, die den allerbesten Eindruck hinterlässt“) –
drei Hinterhofmusikanten finden unter einer Laterne ein, von einem Dieb weggewor-
fenes, Brillantenkollier von Millionenwert; Potęga pieniądza („klassische amerikanische
Satire“) – über die Magie des Geldes; Dr Berghof przyjmuje od 2 – 4 („Hochgelobt von
den besten Kritikern“) – spiegelt die Tragödie „das Problem ärztlicher Tätigkeit aus
literarischem Blickwinkel bei einer der schrecklichsten menschlichen Tragödien“;
Szczęśliwe dni, Gastspiel der Theatertruppe Studio – in der Kritik wird als Autorin

176 Barbara EnGElkinG, Getto Warszawskie, 599.


177 GŻ/50/2/1941.
178 Ruta sakowska, Menschen im Ghetto, 154.
179 Wenn nicht anders erwähnt, sind alle Zitate aus Kritiken von Herman Czerwiński.
244 VIII. Nowy Teatr Kameralny

S. Szpirówna erwähnt. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um eine Bearbeitung, da


1939 anlässlich der Premiere des Stückes am Theater „Ateneum“ (Warschau) als Autor
Claude André Puget genannt wird („ein Schauer von Emotionen und Frische“) frühreife
graziöse und freie Jungen und Mädchen ergötzen sich an Liebesproblemen und spielen
mit der Liebe; Pieśniarze von Andrzej Marek („Pieśniarze von Andrzej Marek feiert
Triumphe“) – begnadeter Sänger verliert seine Stimme; Finał małżeństwa von Stefan
Pollatschek („hervorragenden Bühnenbearbeitung“) – Tragikomödie eines Ehelebens in
sieben farbigen Bildern; Pocałunek przed lustrem („Die Sensation – das hervorragende
Stück geht in die fünfte Woche”) und Droga do szczęścia.

3. DIE LEITUNG UND REGIE – ODER: DER ALLEINHERRSCHER…

Das Nowy Teatr Kameralny war fest in der Hand von Andrzej Marek, er war Konzessions-
inhaber, hatte die dramaturgische und künstlerische Leitung und führte bei sieben von
neun Produktionen Regie, die übrigen zwei inszenierte Jonas Turkow. Andrzej Marek, in
Warschau geboren, besuchte polnische und jüdische Schulen und veröffentlichte bereits
in jungen Jahren Beiträge und Kritiken in polnischen und jüdischen Zeitungen. Er war
Schüler von Stanisław Przybyszewski, dem „Meteor Młodej Polski,” und begann seine
Theaterkarriere, indem er jüdische Themen in polnischer Sprache auf die Warschauer
Bühnen brachte, u. a. Pieśniarze (1901), das er auf Polnisch geschrieben und anschlie-
ßend ins Jiddische übersetzt hatte und das wahre Triumphe auf den Bühnen Amerikas
und Europas feierte, ein Stück, das er viel später im Nowy Teatr Kameralny im Ghetto
aufführen sollte.
Zwischen 1914 und 1922 schrieb Marek für jüdische Theater in Russland, England
und Amerika, wo er auch Regie führte. Zurück in Polen, übersetzte er jüdische Stücke ins
Polnische und führte auf polnischen Bühnen Regie, so z.B. bei Der Dybuk von Szalom
Anski, wobei ihn die jüdische Presse als „Assimilierungsgehilfen“ diffamierte, der das
jüdische Theater untergrabe.

4. DAS ENSEMBLE

Irena oberska spielte in sieben Stücken und hatte 331 Vorstellungen; Szymon Bogdano-
wicz war in sieben Stücken besetzt und spielte 316 Vorstellungen; Ina Grochowska war
in sechs Stücken und 287 Vorstellungen zu sehen; Zenon Borowicz spielte fünf Stücke
und gab 213 Vorstellungen; Marian Gliczyński war in fünf Stücken besetzt und in 260
Vorstellungen auf der Bühne des Kameralny zu sehen; Felicja Korzelska spielte fünf
Stücke mit 238 Vorstellungen; Michał Znicz übernahm nach 13 Vorstellungen von
Mirla Efros die Hauptrolle, die Zygmunt Regro bis dahin gespielt hatte. Znicz spielte
insgesamt fünf Stücke und brachte es auf 238 Vorstellungen; Zygmunt Rzęcki war für
vier Stücke im Engagement und spielte 199 Vorstellungen; Ignacy Moszkowicz spielte
in vier Stücken und hatte 198 Vorstellungen; Jadwiga Wernisówna war in drei Stücken
VIII. Nowy Teatr Kameralny 245

besetzt und gab 155 Vorstellungen; Leon Rytowski war für zwei Stücke mit 93 Vorstel-
lungen engagiert; Maria Hinterhof war in zwei Stücken und 87 Vorstellungen zu sehen;
Stanisław Szebego spielte 103 Vorstellungen in zwei Stücken; Bronisława Gersonówna
war in zwei Stücken zu sehen und spielte 83 Vorstellungen.
Für ein Stück engagiert waren: Rysio Goldfluss, Helena Gotlib, Zygmunt Regro (Mirla
Efros, 69 Vorstellungen); Gerszon German war besetzt in Moje żony mnie zdradzają (49
Vorstellungen); Alfons Niedźwiecki spielte 47 Vorstellungen von Pieśniarze; Diana Blu-
menfeld war engagiert für Pocałunek przed lustrem (44 Vorstellungen); Jonas Turkow
ebenfalls in Pocałunek przed lustrem (44 Vorstellungen); Ludwik Altman war besetzt in
Potęga pieniądza (39 Vorstellungen); Stanisław Karo spielte in Potęga pieniądza (39 Vor-
stellungen); im Rahmen des Gastspiels des Teatr Studio spielten in dem Stück Szczęśliwe
dni jeweils eine Aufführung Helena Blauszyld, Mieczysław świeca und Nadia Boren.

5. DIE AUTOREN

L. Blum (Droga do śzęścia), Władysław Fodor (Pocałunek przed lustrem), Jakub Mikhai-
lovich Gordin (Mirla Efros), Marian Hemar (Skarb pod latarnią); J. Montgomery (Potęga
pieniądza); Stefan Pollatschek (Finał małżeństwa, Dr Berghof przyjmuje od 2– 4); Laurent
Doillet (Moje żony mnie zdradzają); Andrzej Marek (Pieśniarze) und Claude André Puget
(Gastspiel Szczęśliwe dni).

6. DER BÜHNENBILDNER

In den Kritiken der Gazeta Żydowska wird nur Rubin Szwarc für das Bühnenbild Mirla
Efros erwähnt.

7. BILANZ

Am Nowy Teatr Kameralny spielten 23 Schauspieler in insgesamt neun Stücken und teil-
ten sich 68 Rollen. Keiner dieser 23 Schauspieler war in allen Stücken besetzt: sieben
Darsteller hatten fünf bis sieben Engagements, sieben Darsteller zwei bis vier und neun
hatten lediglich ein bis zwei Engagements.
Nach den Kriterien für ein festes Ensemble – Engagement in mehr als der Hälfte
der Stücke und ohne Gastverpflichtungen an anderen Theatern bzw. überwiegend am
Haus beschäftigt (kein Engagement an anderen Theatern) – bestand das feste Ensemble
des Teatr Nowy Kameralny aus folgenden Schauspielerinnen und Schauspielern: Irena
oberska, Szymon Bogdanowicz, Ina Grochowska, Zenon Borowicz, Marian Gliczyński,
Felicja Korzelska, Michał Znicz, Ignacy Moszkowicz, Zygmunt Rzęcki. In Zahlen sind
dies neun feste Ensemblemitglieder, fünf mehrfach engagierte Gäste (darunter Jadwiga
Wernisówna, die in Mirla Efros immerhin die Hauptrolle spielte) und neun Gäste mit
einem Engagement.
246 VIII. Nowy Teatr Kameralny

Im Durchschnitt erlebte im Kameralny ein Stück 45 Aufführungen, also weit über dem
Ghettotheaterdurchschnitt von 32 Aufführungen. 45 Aufführungen und mehr erreichten
Mirla Efros (76), Skarb pod latarnią (54), Moje żony mnie zdradzają (49), Pieśniarze
(47). Ein besonderer Erfolg war auch Dr Berghof przyjmuje od 2 – 4 mit 63 Aufführungen
nach Premiere.
Nach Stückgattungen aufgegliedert wurden am Nowy Teatr Kameralny gespielt: sechs
Komödien (darunter eine satirische Komödie, eine Tragikomödie) und drei Dramen. Im
Gegensatz zu den anderen Theatern war das Teatr Nowy Kameralny überwiegend ein
Sprechtheater, Tanz- oder Musikeinlagen werden in den Kritiken nicht erwähnt.
Das letzte Stück mit dem Titel Droga do szczęścia (Der Weg ins Glück) kam am Nowy
Teatr Kameralny wohl nicht mehr zur Premiere. Am 22. Juli begann die „Wielka Akcja“,
d. h. die Liquidierung des Ghettos, bei der 265 000 Juden in den Gaskammern von
Treblinka ermordet wurden. Zur Premiere kamen neun Stücke mit 413 ermittelten Auf-
führungen. In der Gazeta Żydowska erwähnt wurde das Nowy Teatr Kameralny zwölf-
mal – drei Kritiken, fünf redaktionelle Beiträge und vier Anzeigen.

Abb. 52: Die Kirche Św. Augustyn in der Nowolipki-Straße 52 im zerstörten Warschauer Ghetto.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 247

8. DAS REPERToIRE*

Stück Premiere Dernière Vorstellungen Kritik

Mirla Efros 18.07.1941 15.09.1941 76 GŻ/64/2/1941

Moje żony mnie zdrazają 17.09.1941 29.10.1941 49 GŻ/90/5/1941

Skarb pod latarnią 31.10.1941 17.12.1941 54 GŻ/113/3/1941

Potęga pieniądza 19.12.1941 21.01.1942 39 GŻ/3/2/1942

Doktor Berghof przyjmuje 23.01.1942 25.03.1942 63 GŻ/17/3/1942

Szczęśliwe dni (Gastspiel) 07.02.1942 1 GŻ/20/2/1942

Pieśniarze 27.03.1942 06.05.1942 47 GŻ/40/2/1942

Finał małżeństwa 08.05.1942 11.06.1942 40 GŻ/57/6/1942

Pocałunek przed lustrem 13.06.1942 20.07.1942 44 liegt nicht vor

Droga do szczęścia unbekannt unbekannt unbekannt liegt nicht vor

Extravorstellung

Matinee 25-jähriges 01.03.1942 ident. mit 1 GŻ/25/2/1942


Bühnenjubiläum Premiere GŻ/29/2/1942
Michał Znicz und
Stanisław Szebego

* Die Zahl der Aufführungen kann in einigen Fällen abweichen, da in der GZ Dernieren-,
in manchen Fällen auch Premierentermine nicht immer klar als solche ausgewiesen oder
auch unkorrekt datiert sind. (Anmerkung der Herausgeberinnen).
248 VIII. Nowy Teatr Kameralny

9. STÜCKE

9.1 Mirla Efros


Autor: Jakub Mikhailovich Gordin
Regie/Bearbeitung: Andrzej Marek
Stück: Stück in vier Akten
Premiere: 18.07.1941
Dernière: 15.09.1941
Aufführungen: 76
Vorstellungen: 17.40 Uhr, Ende 20.00 Uhr, Nachmittagsvorstellungen samstags 15.00 Uhr,
Ende 17.15 Uhr; auch: Beginn der Vorstellungen täglich 17 Uhr 30, samstags und sonn-
tags 14.30 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und 17.30 Uhr (Ende der Vorstellung 19.45 Uhr).
Besetzung/Rollen: Jadwiga Wernisówna [Mirla Efros]; Ignacy Moszkowicz [Szalman,
Adjutant Mirlas]; Felicja Korzelska [Schwiegertochter Szajndl]; Irena oberska [Machla];
Helena Gotlib [Chana Dwojre]; Zygmunt Regro [Nachumec bis 31. Juli]; Michał Znicz
[Umbesetzung Nuchumec ab 1. August]; Zygmunt Rzęcki [verliebter Josef]; Marian
Gliczyński [Daniel]; Rysio Goldfluss [resoluter Enkel Szlojmele]
Presse: Kritik: GŻ/64/2/1941; Redaktion GŻ/59/3/1941; Anzeige GŻ/63/6/1941; Redak-
tion GŻ/66/5/1941; Anzeige GŻ/66/6/1941; Redaktion GŻ/68/3/1941; Redaktion
GŻ/69/5/1941; Anzeige GŻ/69/6/1941; Anzeige GŻ/72/6/1941; Redaktion GŻ/75/5/1941;
Anzeige GŻ/75/6/1941; Redaktion GŻ/78/5/1941; Anzeige GŻ/78/6/1941; Redaktion
GŻ/84/2/1941; Redaktion GŻ/86/3/1941

GŻ/59/3/1941
Montag, 14.07.1941

Nowy Teatr Kameralny


Das sich immer mehr verbreitende jüdische Kulturleben Warschaus wird nun morgen durch
ein neues erstklassiges Theater von großer Bedeutung bereichert. Es ist das Nowy Teatr
Kameralny, das von dem bekannten Regisseur und Bühnenschriftsteller Andrzej Marek ge-
gründet wurde. Aufgeführt werden sollen überwiegend Stücke hervorragender jüdischer
Autoren in polnischer Sprache. Bei der feierlichen Eröffnung wird Mirla Efros – die Proben
sind in vollem Gang – von J. Gordin in der polnischen Bearbeitung von Andrzej Marek, der
auch Regie führt, zur Aufführung kommen. Dieses Stück wurde bereits vor zehn Jahren in
Warschau gespielt und hatte damals 160 Aufführungen in Folge. Bei der Premiere ist auf der
Bühne ein sorgfältig zusammengestelltes Ensemble mit erstklassigen Schauspielerinnen und
Schauspielern polnischer Bühnen zu sehen – kurz gesagt, ein interessantes kulturelles Fest-
ereignis im jüdischen Viertel Warschaus.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 249

GŻ/64/2/1941
Montag, 28.07.1941

Mirla Efros
Stück in vier Akten von J. Gordin – polnische Bearbeitung Andrzej Marek – Feierliche Pre-
miere im Nowy Teatr Kameralny.
Gordins Werke brauchen keine Reklame. Das große schriftstellerische Talent Jakub Gor-
dins spricht für sich selbst. Seine in verschiedene Sprachen übersetzten Werke haben weder
an Frische noch an Aktualität verloren. Die in den Stücken behandelten Probleme haben ihre
eigene Aussagekraft, sie treffen den Kern und werden auf den Punkt gebracht. In Würdigung all
dessen hat Herr Andrzej Marek, der bekannte Regisseur polnischer und jüdischer Bühnen und
auch Theaterschriftsteller (Autor von Wieczna Bajka und Pieśniarz), sich verdient gemacht,
indem er für die Eröffnungsvorstellung des Nowy Teatr Kameralny eines der besten Stücke in
der Bühnenliteratur ausgewählt hat, nämlich Gordins Mirla Efros, auf die Bühne gestellt in der
polnischen Bearbeitung von Herrn Marek.
Mirla Efros, ein in seiner Art eigenes „Epos“ des jüdischen Familienlebens, hat Tradition
im Theaterleben. Man erinnere sich, dass die Hauptrolle vor Jahren auf polnischer Bühne
von der berühmten polnischen Schauspielerin Wanda Siemaszkowa, der Zierde des polni-
schen Theaters, wie auch auf jüdischer Bühne von der großen Tragödin und „Mutter des
jüdischen Theaters“, der Ester Rachel Kamińska selig, gespielt wurde. Neben ihnen spielten
in den anderen Rollen die berühmtesten Schauspieler.
Nicht wenige Schwierigkeiten hatte der versierte Regisseur Andrzej Marek zusammen mit
dem angesehenen Bühnenarchitekten Ingenieur Rubin Szwarc bei der „Montage“ der Bühne
sowie bei der Zusammenstellung des Ensembles, mit dem er dann schließlich das „Terrain“
betrat. Bei der Premiere herrschte eine ungewöhnlich angespannte Stimmung. Offensichtlich
hatten Regisseur und Schauspieler öfter mit den eher bescheidenen Bedingungen zu kämpfen;
man muss jedoch anerkennen, dass sie diese schwierige, sagen wir sehr verantwortungsvolle
Aufgabe im Rahmen der Möglichkeiten gut gemeistert haben.
Die Hauptrolle gab Frau J. Wernisówna, die starke dramatische Akzente setzte, die Ta-
lent und Routine bewiesen. Neben Mirla Efros, der Heldin des Stückes und an der Spitze des
Ensembles, stand Herr J. Moszkowicz (ein durchaus talentierter Amateurschauspieler), der
die Figur des Szalman durchaus charakteristisch gestaltete, diesen schlauen und pfiffigen
Mann, aber gleichzeitig als Adjutant Mirlas treu mit Leib und Seele der zu verwaltenden Firma
ergeben. Sehr gut interpretierte Frau Korzelska die Rolle der gehässigen und windigen
Szajndel, wobei sie äußerst intelligent die Charaktereigenschaften einer Schwiegertochter
herausarbeitete, die über die Schwiegermutter herrschen will. Mit großem Einfühlungsver-
mögen und Verständnis für die Intention des Autors spielte I. Oberska die Rolle der Machla.
Das komische Schwiegerelternpaar, die Eltern von Szajndel, gaben die bekannte jüdische
Künstlerin H. Gotlieb (die lange nicht auf der Bühne zu sehen war) als „Chana Dwojre” und
Herr Regro als „Nachumec”, die beide Bewegung und Humor auf die Bühne brachten. Die
sentimentale Rolle des verliebten Josefs bewältigte Herr Z. Rzęcki mit Erfolg. Überzeugend
in der Rolle des Daniel war Herr Gliczyński. Als resoluter Enkel „Szlojmel“, dem es zur Über-
raschung aller gelingt, durch sein Flehen den Trotz der Großmutter zu brechen, überzeugte
kess, laut und überzeugend Rysio Goldfluss.
Das Nowy Teatr Kameralny, das mit großem Ehrgeiz der Kunst dienen will, kann auf diesen
Erfolg zählen.
H. Cz.
250 VIII. Nowy Teatr Kameralny

GŻ/66/5/1941
Freitag, 01.08.1941

Michał Znicz im Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Dem allseits beliebten Nowy Teatr Kameralny ist es gelungen, sein Ensemble mit einem der
besten Darsteller des polnischen Theaters zu verstärken. Es ist kein geringerer als der äußerst
populäre und bekannte Schauspieler Michał Znicz, der Alte wie Junge auf den polnischen
Bühnen des Viertels begeistert hat. Mit Michał Znicz besitzt nun das Nowy Teatr Kameralny
ein Ensemble mit den besten Schauspielern der polnischen Bühnen. Beginn der Vorstellungen
täglich 17 Uhr 30, samstags und sonntags 14 Uhr 30 (zu ermäßigten Preisen) und 17 Uhr 30
(Ende der Vorstellung 19 Uhr 45).

GŻ/68/3/1941
Mittwoch, 06.08.1941

Michał Znicz in der Rolle des Nuchemec


Die polnische Fassung des Stückes Mirla Efros von Andrzej Marek, das zurzeit im Nowy Tea-
tr Kameralny gespielt wird, erfreut sich auch weiterhin eines großen Publikumszuspruches.
Jetzt hat Michał Znicz die Rolle des Nuchemec übernommen, die bisher sehr erfolgreich von
Herrn Z. Regro gegeben wurde. Er, so könnte man sagen, lebt im Theater, für ihn sind die
Theaterbretter sein Ein und Alles. Überzeugend spielt er die Rolle des unbekümmerten Klein-
stadtjuden. In seiner Interpretation wird Nechemec zu einer interessanten und charakteris-
tisch gefassten Figur.
H.Cz.

GŻ/69/5/1941
Freitag, 08.08.1941

Mirla Efros
Das zurzeit gespielte Stück Mirla Efros in der polnischen Version von Andrzej Marek ent-
wickelt sich zur künstlerischen Sensation des Warschauer Jüdischen Viertels. Das Stück, her-
vorragend gespielt von einem Ensemble erstklassiger Schauspieler, gespickt mit Einfällen
des berühmten Regisseurs Andrzej Marek, findet im vollbesetzten Saal des Nowy Kameralny
stets begeisterten Beifall des Publikums. Äußerst gut gefallen in der Rolle der Mirla Efros Frau
Wernisówka, vormals Schauspielerin am Stadttheater łódź, sowie der bekannte Künstler
der hauptstädtischen Theaterszene, der hervorragende Komiker Michał Znicz, der mit seiner
Darstellung des Nuchemec zum absoluten Publikumsliebling aufstieg.
Anzumerken ist, dass die Vorstellungen pünktlich um 17 Uhr 40 beginnen und um 19 Uhr
25 enden, was den Besuchern dieses ausgezeichneten Stückes erlaubt, nach der Vorstellung
rechtzeitig auch in die weit entferntesten Wohnungen im Viertel zurückzukommen. Samstags
um 14 Uhr 40 Vorstellungen zu ermäßigten Preisen.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 251

GŻ/75/5/1941
Freitag, 22.08.1941

Nowy Teatr Kameralny


Dieses sympathische Theater erfreut sich weiterhin seines verdienten Erfolges beim Publikum.
Das zeigt sich daran, dass das Stück Mirla Efros bereits die fünfte Woche vor stets vollem
Haus gegeben wird. Jetzt wird ein neues Stück, eine lustige Komödie mit dem erstaunlichen
Titel Moje żony mnie zdradzają!, geprobt. Die Hauptrolle des hintergangenen Ehemannes
spielt der hervorragende Komiker Michał Znicz, der gerade diese Rolle, die er an vielen Büh-
nen bereits gespielt hat, zu den besten seines reichhaltigen Repertoires zählt. Er nennt diese
Rolle seine „Jubiläumsrolle“, da er sie schon 500 Mal gespielt hat und mit den kommenden
Aufführungen seinen eigenen Rekord schlagen will. Vorstellungen von Mirla Efros täglich
17 Uhr 40, samstags 15 Uhr und 17 Uhr 40. In Kürze dann das neue Erfolgsstück Moje żony
mnie zdradzają!

GŻ/78/5/1941
Freitag, 29.08.1941

Nowy Teatr Kameralny


Zurzeit wird in dem schönen Theater Nowy Teatr Kameralny (Nowolipki-Straße 52) das Stück
Mirla Efros gegeben. Vorstellungen täglich 17 Uhr 40, samstags um 15 Uhr und 17 Uhr 40.
Geprobt wird bereits das nächste Stück, das in Kürze ins Repertoire aufgenommen wird. Es ist
die Komödie Moje żony mnie zdradzają! mit Michał Znicz in der Hauptrolle. Regie führen wird
Andrzej Marek, Diplomregisseur der Künstlervereinigung polnischer Bühnen. K.B.

GŻ/84/2/1941
Freitag, 12.09.1941

Letzte Vorstellungen von Mirla Efros


Auf Grund des außergewöhnlichen Erfolgs von Mirla Efros muss die Premiere des bereits ge-
probten Moje żony mnie zradzają! um ein paar Tage verschoben werden. Heute, Freitag, sowie
morgen und übermorgen finden die letzten Vorstellungen statt, wobei am Samstag zwei Vor-
stellungen um 15 Uhr und 17 Uhr 40 gegeben werden. In allen Vorstellungen übernimmt
Michał Znicz die Rolle des Nechemec. Höchst interessant zu werden verspricht die Premiere
des Stückes mit dem vielsagenden Titel Moje żony mnie zdradzają!..., dem das zahlreiche
Publikum des Teatr Nowy Kameralny mit Spannung entgegensieht, ein Beweis dafür ist die
große Nachfrage nach Karten, deren Vorverkauf schon begonnen hat.

GŻ/86/3/1941
Mittwoch, 17.09.1941

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Nach dem sensationellen Rekorderfolg von Mirla Efros (76 Vorstellungen!) bringt nun das
Nowy Teatr Kameralny eine vergnügliche Komödie mit dem vieldeutigen Titel Moje żony
mnie zdradzają!… Die Titelrolle, die des Mannes, den, wie es scheint, „alle Frauen betrügen“,
spielt Michał Znicz. In weiteren großen Rollen sind zu sehen: die bezaubernde Ina Grochowska,
252 VIII. Nowy Teatr Kameralny

die hervorragende Charakterdarstellerin Irena oberska sowie Szymon Bogdanowicz, Stanisław


Szebego und G. German. Regie führt der bewährte Regisseur Andrzej Marek. Geht man von
der Reaktion des Publikums bei der Premiere von Moje żony mnie zdradzają! aus, wird das
Stück sicherlich ein großer Erfolg. Die Theaterdirektion bittet um Beachtung, dass die Vor-
stellungen vor 20 Uhr enden und pünktlich 17 Uhr 40 beginnen. Die Nachmittagsvorstellungen
am Samstag beginnen Punkt 15 Uhr und enden 17 Uhr 15.

DER SCHAUSPIELER MICHAł ZNICZ

Michał Znicz (Michał Feiertag), 1888 in Warschau geboren, Weltkriegsteilnehmer, kam


1918 aus deutscher Gefangenschaft nach Warschau zurück und stand am 16. Februar 1918
auf der Bühne des Theaters Sfinks. Danach folgten Engagements im Qui Pro Quo, Stańczyk
und Niebieski Młyn. 1923 –1925 spielte er im Theater in łódź, in der Spielzeit 1925/1926
im Słowacki-Theater Krakau, von 1927 – 29 wieder in łódź, 1929 dann im Krakauer
Theater Gong, führte in der Spielzeit 1930/1931 Regie am Theater in Lwów und 1931/1932
in łódź. Zurück in Warschau arbeitete er als Regisseur im Teatr Kameralny, danach sah
man ihn auf den Bühnen von Cyrulik Warszawski (1935, 1936, 1937), Wielka Rewia
(1937), Małe Qui Pro Quo (1938), Buffo (1938) und Wielka Rewia (1939). Im Ghetto
spielte er dann am Na Pięterku und Nowy Teatr Kameralny. Michał Znicz starb 1942
oder 1943. Die Umstände seines Todes sind ungeklärt. Möglicherweise wurde er bei
der Liquidierung des psychiatrischen Krankenhauses in Otwock, in das er sich wegen sei-
ner Depressionen begeben hatte, von den Deutschen erschossen. Die wahrscheinlichste

Abb. 53: Michał Znicz


VIII. Nowy Teatr Kameralny 253

und die am meisten – in verschiedensten Variationen – verbreitete Ansicht ist die, dass
Michał Znicz Selbstmord verübte, entweder in Wołomin oder in besagter psychiatrischer
Klinik. Michał Znicz war einer der populärsten Schauspieler im Vorkriegspolen, der neben
seinen Bühnenauftritten in der Zeit von 1921 – 1939 auch in 28 Filmen spielte. Er begann
seine Karriere als Vaudevilledarsteller, wechselte dann ins Komödienfach, spielte aber
auch immer wieder ernsthafte Rollen in großen Dramen:

Auf der Bühne war er zutiefst anrührend, er erschütterte sein Publikum in der Rolle des klei-
nen unglücklichen Menschen, der nicht verstehen konnte, wie alles, was er liebte, vom Leben
und von Menschen niedergetrampelt wurde.180

9.2 Moje żony mnie zdradzają!


[jidd. Kłopoty Bourrachona!, dt. Meine Frauen hintergehen mich!]

Autor/Texte: Laurent Doillet


Regie: Andrzej Marek
Stück: Komödie
Premiere: 17.09.1941
Dernière: 29.10.1941
Aufführungen: 49
Vorstellungen: täglich 17.40 Uhr, Vorstellungsende 19.45 Uhr; samstags und sonntags
17.00 Uhr zu ermäßigten Preisen
Besetzung/Rollen: Michał Znicz [Bourrachon]; Gerszon German [Dr. Widal]; Szymon
Bogdanowicz [edler Don-Juan]; Ina Grochowska [Julia]; Irena oberska [Celina]; Stanis-
ław Szebego [Professor]
Presse: Kritik GŻ/90/5/1941; Redaktion GŻ/75/5/1941 [siehe oben]; Redaktion
GŻ/84/2/1941 [siehe oben]; GŻ/86/3/1941 [siehe oben]; Redaktion GŻ/93/5/1941;
Redaktion GŻ/97/2/1941; Anzeige GŻ/97/4/1941; Redaktion GŻ/100/3/1941;
Redaktion GŻ/102/5/1941; Anzeige GŻ/102/6/1941

GŻ/90/5/1941
Mittwoch, 24.09.1941

Moje żony mnie zdradzają


Nach Mirla Efros hatte jetzt das nächste vorzügliche Stück mit dem Titel Moje żony mnie
zdradzają! Premiere, ein Stück, das in der Theaterwelt unter dem Titel Kłopoty Bourrachona
sehr bekannt ist und alle Kennzeichen einer französischen Komödie besitzt. Diese Komö-
die glänzt durch sprachliche Geschliffenheit und meisterhafte Szenengestaltung, es ist ein
Theaterereignis, das keinen Wunsch des Zuschauers offen lässt. Von Anfang bis Ende zieht es
das Publikum in seinen Bann. Es amüsiert, vor Lachen fließen Tränen, aber auch vor Rührung.

180 Kazimierz Krukowski, Kollege von Michał Znicz.


254 VIII. Nowy Teatr Kameralny

Heuchelei, Falschheit und menschliche Possenhaftigkeit, all das, was wir vom Leben kennen,
sind zu einer einzigartigen Satire verwoben.
Wahrhaftig wohlgeordnet verläuft das Leben des grundehrlichen, guten und von allen ge-
liebten Apothekers Romuald Bourrachona. Er liebt seinen Beruf als Pillendreher, ist geschäft-
lich sehr erfolgreich, aber mit Frauen hat er stets Pech. Sein ganzes Leben lang wurde er von
Frauen reingelegt, bringt ihnen aber immer wieder aufrichtig seine Gefühle entgegen. Auf
ihn, den armen Gehörnten, tragisch und komisch zugleich, aber prasseln die Kümmernisse
nieder, die ihm vom Schicksal aufgezwungen werden – er jedoch verliert nie sein sonniges
Gemüt, und mannhaft erträgt er einen Schlag nach dem anderen.
Durch drei Akte hindurch entfaltet sich vor uns, gleichsam wie in einem Kaleidoskop, das
Kleinstadtleben mit seinen Gerüchten, Freuden und Sorgen; eine Galerie von Typen und Figu-
ren, die alle ihre eigene Geschichte, sozusagen ihre Lebenshypotheken mit sich herumtragen.
Da gibt es den Freund, der ihm – ganz Gentleman – die Frau ausspannt, da gibt es die Schwes-
ter, die ihm keine Ruhe gönnt, da gibt es die junge Frau, die dem unglücklichen Bourrachona
ein paar schöne Monate bereitet, und doch sitzt er auch hier wieder in der Patsche, als sie
ihn zum Vater eines fremden Kindes erklärt. Ein Geflecht aus verschiedenartigsten Szenen und
all das urkomisch, mit einem Wort – die menschliche Komödie.
Den Bourrachon gibt Michał Znicz, der diese Figur famos, ja hochinteressant darstellt,
wobei er mit einer Reihe schauspielerischer Kabinettstückchen aufwartet. Sein „Gehörnter“
erheitert und bringt zum Lachen, dann wieder greift er einem ans Herz und berührt. So wie
Michał Znicz zu spielen, dessen Talent wir schon oft auf großen Bühnen bewundern durften, ist
eine besondere Klasse der Schauspielkunst. Neben ihm glänzte und beeindruckte die talentierte
Bühnenkünstlerin Frau Irena Oberska, die mit viel Schwung und Temperament die Rolle der
Celina, einer „Ausgeburt der Hölle“, spielte. Den charakteristischen Professor gab der bekannte
Schauspieler Herr Stanisław Szebego. Julia Karo, die schamlose Verführerin und Büßerin in
einer Person, wurde dargestellt von der jungen Schauspielerin Ina Grochowska. Sehr gut und
ganz im Komödienfarcenstil: Herr Szymon Bogdanowicz als „edler Don-Juan“. Mit freiem
Spiel und Redegewandtheit gab der junge Künstler Herr Gr. German den Dr. Widal. Die Regie
von Andrzej Marek: durchdacht und präzise.
H. Cz.

GŻ/93/5/1941
Mittwoch, 24.09.1941

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Die hervorragende Komödie Moje żony mnie zdradzają!, die zur Zeit im Nowy Teatr Kame-
ralny gegeben wird, ist ohne jeden Zweifel ein großer Publikumserfolg, was die ständig aus-
verkauften Vorstellungen beweisen, auch die an den Feiertagen um 15 Uhr und 17 Uhr 40. Die
Direktion des Nowy Teatre Kameralny bat uns anzumerken, dass die Direktion beschlossen hat,
das Programm so oft wie möglich – unabhängig vom Erfolg eines Stückes – zu wechseln, um
seinem Publikum ein möglichst abwechslungsreiches Programm zu bieten. Das soll vor allem
philanthropischen Einrichtungen und Hauskomitees entgegenkommen, die die Absicht haben,
Vorstellungen zu kaufen, um ihre Fonds aufzubessern.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 255

GŻ/97/2/1941
Freitag, 10.10.1941

Hervorragende Komödie im Teatr Nowy Kameralny


Die zweite Premiere Moje żony mnie zdradzają! beweist aufs trefflichste, dass die Eröffnung
dieses Theaters eine absolute kulturelle Notwendigkeit war. Das Publikum wartete genau auf
dieses Theater. Der Beweis: ein brechend voller Saal bei jeder Vorstellung.

Abb. 54: Szene aus Moje żony mnie zdradzają!


256 VIII. Nowy Teatr Kameralny

GŻ/102/5/1941
Mittwoch, 22.10.1941

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Dieses äußerst beliebte und hervorragend geführte Theater hat jetzt die letzten Aufführungen
der urkomischen Komödie Moje żony mnie zdradzają! mit Michał Znicz angekündigt, wobei
Eintrittskarten zu ermäßigten Preisen an der Kasse zu haben sind. Jetzt hat das Nowy Teatr
Kameralny die Premiere einer Komödie mit Gesangseinlagen von Marian Hemar mit dem
Titel Skarb pod latarnią angekündigt. Die Besetzung dieses neuen Stückes ist: Michał Znicz,
Irena oberska, Ina Grochowska, Szymon Bogdanowicz, Stanisław Szebego und der neu ver-
pflichtete, hervorragende Schauspieler vom Theater Grudno, Leon Rytowski. Die Regie hat
Andrzej Marek.

GŻ/100/3/1941
Freitag 24.10.1941

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Die grandiose satirische Komödie Moje żony mnie zdradzają!, die während der Feiertags-
vorstellung vor restlos ausverkauftem Saal gegeben wurde, wird demnächst von den Pla-
katen verschwinden und einer neuen Komödie mit Gesang unter dem Titel Skarb pod
latarnią von Marian Hemar Platz machen. Michał Znicz spielt die Rolle des fröhlichen Hinter-
hofmusikanten. Weiterhin sind zu sehen: Irena Oberska, Leon Rytowski und ein neu
engagierter Schauspieler des Italienischen Theaters in Gródno. Regie führt Andrzej Marek.
Für die letzten Vorstellungen von Moje żony mnie zdradzają! gelten stark ermäßigte Ein-
trittspreise.

9.3 Skarb pod Latarnią


[dt. Der Schatz unter der Laterne]

Autor/Texte: Marian Hemar


Regie: Andrzej Marek
Stück: Komödie in drei Akten
Premiere: 31.10.1941
Derniere: 17.12.1941
Aufführungen: 54
Besetzung/Rollen: Leon Rytowski [Wicek]; Michał Znicz [Teofil]; Szymon Bogdano-
wicz [Florek]; Ina Grochowska [verführerische Witwe]; Irena oberska [Felka]; Stanisław
Szebego [der schlaue Armenier Karapet]
Presse: Kritik GŻ/113/3/1941; Redaktion GŻ/100/3/1941 [siehe oben]; Redaktion
GŻ/102/5/1941 [siehe oben]; Redaktion GŻ/108/2/1941; Anzeige GŻ/111/6/1941; Anzeige
GŻ/114/6/1941; Anzeige GŻ/120/6/1941
VIII. Nowy Teatr Kameralny 257

GŻ/108/2/1941
Mittwoch, 05.11.1941

Theater Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Heute, am Freitag, hat eine neue Komödie in drei Akten unter dem Titel Skarb pod latarnią aus
der Feder von Marian Hemar Premiere. Die Hauptrolle gibt Michał Znicz, Regie führt Andrzej
Marek. Das Theater ist gut beleuchtet und beheizt. Beginn 17 Uhr 30, morgen am Samstag zwei
Vorstellungen: 15 Uhr 30 zu ermäßigten Preisen und 17 Uhr 30.

GŻ/113/3/1941
Sonntag, 16.11.1941
Skarb pod latarnią
(Komödie in drei Akten von Marian Hemar)
Das Nowy Teatr Kameralny zeigt jetzt das dritte Stück (in Reihe) aus der Feder von Marian
Hemar, die Komödie in drei Akten Skarb pod latarnią. Das Stück wurde bereits seinerzeit
unter dem Titel Muzyka na ulicy gespielt. Die Komödien Hemars zeichnen sich vor allem
durch ihre hervorragende Szenenwirksamkeit und ihre Unkompliziertheit aus, es sind subtile,
aber leicht erzählbare Stücke mit freundlichem Hintergrund, Lebensgefühl und dem, was man
„bissige Philosophie“ nennen kann. Dieser talentierte Schriftsteller (der Autor von Jim i Jill)
kann um ein scheinbar kleines Ereignis, das er dann zum Thema eines Stückes macht, die
richtige Atmosphäre schaffen, diesem durch eine entsprechende Gestaltung Geltung geben und
das Ganze harmonisch durchgestaltet auf die Bühne bringen.
Skarb pod latarnią ist eine Komödie mit Niveau, sie ist es wert, ihr einige Worte mehr als
sonst zu widmen, vor allen Dingen aber ist sie allerbest und allersympathischst.
Es geht um das interessante Leben dreier Hinterhofmusikanten, als da sind: Teofil (philo-
sophischer Geiger), Wicek (prasserischer Mandolinenspieler) und Florek (romantischer Zieh-
harmonikaspieler), die einen Schutzengel namens Fela haben – ehrlich, gut, angenehmes
Wesen, sie führt den Haushalt von Florek. Aber sie ist nicht nur Köchin, sie liebt Florek, und
diese Liebe ist inniglich und bereit zur höchsten Hingabe. Nun entwickelt sich im Weiteren
eine lebendige und lustige Geschichte, die damit beginnt, dass einer der Musikanten ein Etui
findet, darin ein Brillantenkollier von Millionenwert. Dieser Schatz, von einem Dieb unter die
Laterne geworfen, ändert das Leben der drei Musiker radikal. Sie verfallen in einen Taumel.
Die Situation rettet aber dann ein lebender Schatz – Fela. Ihre romantische Rückkehr unter das
Dach des Musikers wird zur Rückkehr ins Familiennest, ins häusliche Glück.
In dem Stück treten sechs Personen auf, sie spielen mit Verve und Engagement und neh-
men den Zuschauer gefangen. Große Schauspielkunst von Michał Znicz als philosophischem
Geigenbetrachter. Herr Leon Rytowski, Neuengagement und ein Glücksfall für das Nowy Teatr
Kameralny, gab mit Schwung und nicht alltäglichem Humor die Rolle des Wicek, des Man-
dolinenspielers aus Czerniakow. Szymon Bogdanowicz spielte Florek, den phantasievollen
Ziehharmonikaspieler. Mit Ruhe und großem künstlerischen Potential gab Frau Irena Oberska
die Felka. Ina Grochowska zeigte die schelmische, süß flötende lustige Witwe, den schlauen
Armenier Karape traf Stanisław Szebego auf den Punkt. Die Regie von Andrzej Marek: ge-
lungen.
H. Cz.
258 VIII. Nowy Teatr Kameralny

MARIAN HEMAR

Abb. 55: Marian Hemar.


VIII. Nowy Teatr Kameralny 259

Marian Hemar (Jan Marian Hescheles), im Nowy Kurier Warszawski vom 16. Dezember
1939 als „Monopolist für Verfälschungen“ geschmäht, wurde am 6. April 1901 in Lemberg
(damals Österreich-Ungarn) geboren, wuchs dort auf und studierte nach seinem Abitur
Medizin und Philosophie. Nach einem dreimonatigen Aufenthalt in Ungarn kam er
nach Polen zurück und kämpfte in Piłsudskis Armee im Polnisch-Sowjetischen Krieg
(1918 –1920). 1925 ging er nach Warschau, arbeitete dort zusammen mit Julian Tuwim in
Qui Pro Quo, Banda und Cyrulik Warszawskie. Hemar war Autor von Sketchen, Witzen
und politischer Satire, er schrieb hunderte von Gedichten und äußerst populären Lie-
dern, wobei er meist die Musik dazu komponierte, verfasste Theaterstücke und Hör-
spiele. Von 1934 bis 1935 war er Direktor des Theaters Nowa Komedia. Im Juni 1928
nahm er mit seinem Bugatti an einem Autorennen des „Kleinpolnischen Automobil-
klubs“ teil und belegte den neunten Platz. Nach dem Überfall der Deutschen Wehrmacht
und der Besetzung Polens wurde Hemar auf Grund eines von ihm geschriebenen und
gern gesungenen Liedes über den Schnurrbart Adolf Hitlers („Dieser Schnurrbart, ach
dieser Schnurrbart…“), das in der Vorkriegszeit zu diplomatischen Verwicklungen zwischen
Berlin und Warschau führte, von der Gestapo gesucht. Hemar gelang die Flucht nach
Rumänien, von dort floh er in den mittleren osten und kämpfte als Gefreiter in der
„Polish Independent Carpathian Rifle Brigade“ (für die er eine Brigadehymne kompo-
nierte) in Palästina und vor Tobruk. Schließlich holte ihn General Sikorski nach London,
wo er bei der BBC Goebbels Propagandafunk lächerlich machte und bekämpfte. Nach
dem Krieg blieb er in London, da es ihm als Anhänger der polnischen Londoner Exil-
regierung nach dem Krieg unmöglich war, ins kommunistische Polen zurückzukehren, wo
ihm, wie fast allen seiner Landsleute, die auf Seiten der Alliierten kämpften, sofortige
Verhaftung und Deportation drohten. Er gründete ein Theater im „Klub polnischer Emi-
granten“ sowie das Einpersonentheater Teatr Hemara, dessen wöchentliche Kabarett-
aufführungen vom Sender Radio freies Europa ausgestrahlt wurden. Marian Hemar starb
am 11. Februar 1972.

9.4 Potęga pieniądza


[dt. Die Macht des Geldes]

Autor/Texte: J. Montgomery
Polnische Fassung: Andrzej Marek
Regie: Andrzej Marek
Stück: Komödie in drei Akten
Premiere: 19.12.1941
Derniere: 21.01.1942
Aufführungen: 39 Vorstellungen
Besetzung/Rollen: Michał Znicz [Hauptrolle Bairda]; Leon Rytowski [Geldfälscher
Jackson Ives]; Szymon Bogdanowicz; Ina Grochowska; Felicja Korzelska; Irena oberska;
Marian Gliczyński; Ignacy Moszkowicz [Detektiv]; Stanisław Szybego; Zenon Borowicz;
260 VIII. Nowy Teatr Kameralny

Stanisław Karo; Ludwik Altman [Experte Hammond]


Presse: Kritik: GŻ/3/2/1942; Anzeige GŻ/128/6/1941; Anzeige GŻ/1/5/1942; Redaktion
GŻ/2/2/1942; Redaktion GŻ/4/2/1942; Redaktion GŻ/7/5/1942; Anzeige GŻ/7/6/1942

GŻ/2/2/1942
Sonntag, 04.01.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Potęga pieniądza, eine Komödie aus dem Millionärsleben, erfreut sich in diesem sym-
pathischen Theater großen Erfolgs. Unter der Regie von Andrzej Marek agieren die Schau-
spieler auf außergewöhnlich hohem künstlerischem Niveau. In den Proben: Dr Berghof
przyjmuje od 2 – 4.

GŻ/3/2/1942
Mittwoch, 07.01.1942

Potęga Pieniądza
Das Nowy Teatr Kameralny zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass jedes Stück, un-
abhängig von irgendeiner Stückegattung, stets von kulturellem Wert und gut geschrieben sein
muss. Nach Moje żony mnie zdrazają! und Skarb na ulicy hat nun Potęga Pieniądza Premiere,
alles Stücke, die durchaus auf dem Niveau des Teatr Letni in Warschau anzusiedeln sind.
Potęga Pieniądza, eine Komödie in drei Akten in der polnischen Version von Andrzej Ma-
rek, stand bereits vor ein paar Jahren unter dem Titel Tajemnica Powodzenia auf dem Spielplan
des Teatr Letni in Warschau. Es ist eine klassische amerikanische Satire, die in Industriellen-
kreisen spielt. Das Stück spiegelt mit seinen vielen bühnenwirksamen Szenen äußerst prägnant
die Magie des Geldes wider, als Symbol für das Leben, als Türöffner zur Welt, zeigt die hellen
und dunklen Seiten.
Die Hauptrolle, die des Baird, spielt Michał Znicz. Diese Rolle scheint nur für diesen sehr
talentierten Bühnenkünstler geschrieben zu sein, der geradezu nach der Darstellung dieses
Menschentypus verlangt – Pechvogel und Glückspilz in einem. Znicz gibt auf der Bühne alles
aus seinem großen künstlerischen Vermögen. Daneben ohne Fehl und Tadel: Szymon Bog-
danowicz, Marian Gliczyński, Zemon Borowicz, Stanisław Karo, Stanisław Szebego, Irena
Oberska, Felicja Korzelska, Ina Grochowska und Leon Rytowski (hervorragend als Geld-
fälscher Jackson Ives). Ignac Moszkowicz überzeugte als Detektiv, ebenso Ludwik Altman
als Experte Hammond. Die Regie: erstklassig.
H.Cz.

GŻ/4/2/1942
Freitag, 09.01.1942

Potęga Pieniądza im Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Die drei Wochen im Nowy Teatr Kameralny gespielte satirische Komödie aus dem amerika-
nischen Millionärsleben in drei Akten Potęga Pieniądza unter der Regie von Andrzej Marek
schlägt alle Publikumsrekorde. Im stets vollbesetzten Zuschauersaal feiert das Publikum die
Spitzenkünstler enthusiastisch. Der Regisseur Andrzej Marek probt bereits für das nächste
Stück mit dem Titel Dr Berghof przyjmuje od 2 – 4, das demnächst Premiere haben wird.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 261

GŻ/7/5/1942
Freitag, 16.01.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Die hervorragende Komödie Potęga pieniądza steht nur noch ein paar Tage auf dem Spiel-
plan. Am Freitag, den 23. Januar, steht dann die Premiere des sensationellen Stücks Dr Berghof
przymuje od 2 – 4 ins Haus. In der Hauptrolle ist der neu engagierte Bühnenkünstler Zenon
Borowicz zu sehen. Die Rolle des Dr. Axt spielt Michał Znicz.

9.5 Dr Berghof przyjmuje od 2– 4


[dt. Dr. Berghof, Sprechstunde von 2–4]

Autor/Texte: Stefan Pollatschek


Bearbeitung/Regie: Andrzej Marek
Stück: Tragödie in drei Akten (acht Aufzüge)
Premiere: 23.01.1942
Derniere: 25.03.1942
Aufführungen: 63
Vorstellungen: täglich Beginn 17.40 Uhr, Ende der Vorstellungen 19.45 Uhr, samstags
zwei Vorstellungen, jeweils um 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und 17.40 Uhr
Besetzung/Rollen: Zenon Borowicz [Dr. Jan Berghof]; Bronisława Gersonówna [Gräfin
Brygida di Rona]; Szymon Bogdanowicz; Michał Znicz [Dr. Axt]; Ina Grochowska [Prof.
Heimskirchner]; Felicja Korzelska [Małgorzata Fleissner]; Irena oberska [Frau Wunder,
unglückliche Mutter der operierten Tochter]; Marian Gliczyński [Dr. Müller]; Ignacy
Moszkowicz [Prof. Plohner, Chirurg und Krankenhauschef]; Stanisław Szebego [Provinz-
arzt]; Zygmunt Rzęcki [Dr. Fellner]
Presse: Kritik GŻ/17/3/1942; Redaktion GŻ/7/5/1942 [siehe oben]; Anzeige GŻ/10/6/1942;
Redaktion GŻ/14/2/1942; Anzeige GŻ/16/4/1942; Redaktion GŻ/19/2/1942; Redaktion
GŻ/25/2/1942; Redaktion GŻ/28/3/1942; Redaktion GŻ/31/2/1942; Anzeige GŻ/31/6/1942

GŻ/14/2/1942
Sonntag, 01.02.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Mit außergewöhnlichem Erfolg wird seit einer Woche im Nowy Teatr Kameralny das neue
Stück Dr Berghof przymuje od 2–4 gegeben. Jeden Abend füllt sich der Saal bis fast auf den
letzten Platz mit exquisitem Publikum, das die einzelnen Szenen oder aber auch das Spiel
der Schauspieler enthusiastisch beklatscht. Die Titelrolle gibt der außergewöhnlich talentierte
Künstler von der Lemberger Bühne Zenon Borowicz; den Dr. Axt spielt der hervorragende
Michał Znicz, in den übrigen Rollen: Gersonówka, Moszkowicz, Rzęcki und Szebego. Regie
führt Andrzej Marek, der auch als Mitautor dieses ungemein interessanten Stückes zeichnet.
262 VIII. Nowy Teatr Kameralny

GŻ/17/3/1942
Sonntag, 08.02.1942

Dr Berghof przymuje od 2– 4
Stück in drei Akten von Andrzej Marek nach einer Erzählung von Stefan Pollatschek
Seit jeher fanden die Erzählungen und Romane von Stefan Pollatschek höchste Anerken-
nung in breiten Leserkreisen und fast jede seiner Arbeiten wurde ein literarischer Erfolg. Einen
beachtlichen Platz in der „Modeliteratur“ der Arztromane hatte seinerzeit und hat auch heute
noch die Erzählung Dr Berghof empfängt von 2– 4. Hochgelobt von den besten Kritikern
spiegelt sie das Problem ärztlicher Tätigkeit aus literarischem Blickwinkel bei einer der
schrecklichsten menschlichen Tragödien wider. Alle Werke Pollatscheks beinhalten idealis-
tische Ideen und kühne Anschauungen über die uns umfangende Wirklichkeit, so eben auch
die Erzählung Dr. Berghof empfängt von 2–4. Pollatschek attackiert die Welt der Ärzte und
schaut hinter die Kulissen der „Medizinerwelt“ – er zwingt, über die unermesslich sublimen
Probleme eines Arztes nachzudenken, einerseits „Geschäftsmann“, andererseits jemand, der
helfen muss.
Der hervorragende Regisseur, der Autor von Pieśniarze, Andrzej Marek bringt die Erzählung
als eine Art Bühnen-Filmgeschehen auf die Bühne. Mit Einfühlungsvermögen für die Inten-
tionen Pollatscheks gelingt es ihm, in den drei Akten (acht Aufzügen) einen ungewöhnli-
chen Reichtum an Handlung zu entfalten, die den Zuschauer vom ersten bis zum letzten Auf-
zug fesselt.
Bei dieser Bearbeitung verliert die Erzählung nichts, nein, sie gewinnt in der Bühnenfas-
sung dazu.
In Dr Berghof empfängt von 2–4 gibt es zwei Hauptprotagonisten. Der eine ist Dr. Jan
Berghof, ein Arzt voller Ideale, der gegen die Methoden des herrschenden ärztlichen Verhaltens
kämpft und für ein Überdenken der Ansichten und Verhaltensweisen eintritt. Zum anderen gibt
es da Dr. Axt, einen Arzt voller Humor, einen Lebenskünstler, der fröhlich, aber auch mit einem
gewissen Zynismus auf dieses „Ärztetheater“ blickt. Die Rolle des Dr. Berghof spielt der junge
Bühnenkünstler Herr Z. Borowicz, der unzweifelhaft Talent für Dramatik besitzt. Geistige
Beweglichkeit, hervorragende Diktion, freies Körperspiel – Fähigkeiten, die diesem sym-
pathischen Schauspieler alle Möglichkeiten einer Karriere auf den Bühnenbrettern eröffnen.
Michał Znicz als Dr. Axt ist voll in seinem Element. Er gibt den typischen Arzt mit Witz und
Ironie, mit gesundem Menschenverstand beurteilt er das Leben und die versteckten Machen-
schaften der Ärzte.
Die Frauen: Gräfin Brigida di Rona und Małgorzata Fleissner, um die sich die persönliche
Tragödie von Dr. Berghof spinnt, wobei Bronisława Gerson als Gräfin und Felicja Korzelska
ihre Aufgaben mit Bravour lösten. Sehr gelungen auch das Ärztekonsilium, bestehend aus
Ignacy Moszkowicz (trefflich in der Rolle des Krankenhauschefs Prof. Plohner), Ina Grochowska
(Prof. Heimskirchner), Zygmunt Rzęcki (charakteristisch und erzkomisch) und Szymon
Bogdanowicz. Als Frau Wunder, die unglückliche Mutter der operierten Tochter, agierte Irena
Oberska, die das Publikum mit ihrem Spiel zu Tränen hinriss. Die sehr gut gelungene Charak-
terisierung des Provinzarztes Dr. Mittermarder lieferte Staniswław Szebego. Als tapferer Ver-
teidiger des Ärztestandes stand auf der Bühne Herr Rzęcki, der auch die Rolle des Dr. Fellner,
des Verantwortlichen für Gebühren, gab. In der Rolle des Dr. Müller: M. Gliczyński.
Wie es sich gehört, erfüllte das Ensemble (manche Rollen waren doppelt besetzt) alle An-
sprüche – eine eindrucksvolle Aufführung.
Herman Czerwiński
VIII. Nowy Teatr Kameralny 263

GŻ/19/2/1942
Freitag, 13.02.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki -Straße 52


Dr Berghof przymuje od 2–4 von Andrzej Marek nach einer Erzählung von Stefan Pollatschek
geht jetzt in diesem Theater in die vierte Woche und erfreut sich immer noch der Zustim-
mung des Publikums. Das ist allein Verdienst des Stückes selbst, das sich sehr lebensnah mit
aktuellen Problemen des Lebens befasst, wobei die Schauspieler auf ungewöhnlich hohem
Niveau agieren.

GŻ/25/2/1942
Freitag, 27.02.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Dr. Berghof przymuje od 2– 4 von Andrzej Marek nach einer Erzählung von Stefan Pollatschek
läuft weiterhin mit ungeheurem Erfolg. Zurzeit probt Andrzej Marek Boski śpiewak. Dieses
Stück wurde lange vor dem Krieg schon mit ungeheurem Erfolg unter dem Titel Pieśniarze
Ghetta auf den ersten polnischen Bühnen gegeben und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Die
Titelrolle spielt Zenon Borowicz. Regie führt der Autor.

GŻ/28/3/1942
Freitag, 06.03.1942

Nowy Teatr Kameralny


Mit ungeheurem Erfolg läuft zurzeit in der sechsten Woche im Nowy Kameralny das Stück
Dr Berghof przymuje od 2–4. Die künstlerische Leitung ruht sich allerdings nicht auf dem
Erfolg dieses Stückes aus, sondern bereitet bereits die nächste Premiere vor. Es wird dies das
Stück Boski śpiewak von Andrzej Marek sein. Das Stück hatte früher den Titel Pieśniarze
Ghetta und gehörte seinerzeit zum „eisernen Repertoire“ der besten literarisch-dramatischen
Bühnenstücke.

GŻ/31/2/1942
Freitag, 13.03.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolopki -Straße 52


Die Aufführungen des Stückes Dr Berghof przymuje od 2– 4 nähern sich dem Ende. Trotz des
ungebrochenen Erfolgs dieses schönen Stückes hat sich die Direktion entschlossen, ein neues
Stück von Andrzej Marek unter dem Titel Pieśniarze (Boski śpiewak) auf den Spielplan zu
bringen, das auf dem Leben des genialen und aus vielen Legenden bekannten „chazen“ aus
Wilna beruht. In Pieśniarze wird ein bedeutend vergrößertes Ensemble mit allen Schauspiel-
assen zu sehen sein. In den Aufführungen gibt es reichlich stimmungsvolle Musik und Gesang.
Intensive Proben unter Leitung des Autors sind bereits in vollem Gange.
264 VIII. Nowy Teatr Kameralny

9.6 Szczęśliwe dni


[dt. Glückliche Zeiten]

Theater: Gastspiel „Zespół teatru Studio”


Autor/Texte: Claude André Puget
Bearbeitung: S. Szpirówna
Regie: Wolf Perlmutter
Stück: Stück in drei Akten
Premiere: 07.02.1942
Aufführungen: 1
Besetzung/Rollen: Mieczysław świeca [oliner]; Helena Blauszyld [Perette]; Nadia Boren
[Marianna]
Musik: M. Spolański
Presse: Kritik GŻ/20/2/1942

GŻ/20/2/1942
Sonntag, 15.02.1942

Jugend beherrscht die Bühne


Am 7. Februar hatte auf der Bühne des Teatr Kameralny das Ensemble „Studio“ mit dem Stück
Szczęśliwe dni Premiere. Es war keine normale Premiere, es war vielmehr ein Schauer von
Emotionen und Frische.
Der Vorhang geht auf und das Publikum taucht ein in eine sorglose Ferienatmosphäre
französischer Jugendlicher. Frühreife graziöse und freie Jungen und Mädchen ergötzen sich
an Liebesproblemen, sie spielen mit der Liebe. Aber dann wird aus der Spielerei Ernst, es
kommt zu Eifersucht bei den Jungen und Rivalität bei den Mädchen. Aber das dauert nur eine
Zeitlang, und auf der Bühne dominieren wieder Vergnügen und Sorglosigkeit. Feriengefühl
und Frische der französischen Jugend rühren mit ehrlichem Sentiment, mit leichter Ironie und
echter Begeisterung.
Meisterhaft trifft die junge Autorin die französische Seele, als würde ein Tango getanzt
werden, allerdings hätte sie Längen im ersten Akt vermeiden sollen. Die jungen Schauspiel-
amateure ersetzten den Mangel an Bühnenerfahrung durch Talent. Durch ihr intelligentes
Spiel zeichneten sich aus: Nadia Boren als Marianna, Helena Blauszyld als Perette. Mit viel
Temperament gab Mieczysław świeca den oliner. Die Regie von Wolf Perlmutter ohne Fehl
und Tadel.
Leichtigkeit weht durch das Stück, kein Wunder, Autorin, Regisseur und Schauspieler sind
kaum 25 Jahre alt. Szczęśliwe dni unterscheidet sich von den Stücken, die im Viertel gespielt
werden, da es das kulturelle Ziel des besseren Teils unserer Jugend formuliert als deren Sehn-
sucht nach einem eigenen Lebensgefühl.
Die jungen Amateurkünstler – große Talente. In der Werkstatt gibt es noch zwei „junge“
Stücke und die enthusiastische Zustimmung des Publikums zeigt, dass das Ensemble „Studio“
seinen Platz in der Welt der Kunst gefunden hat.
C.K.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 265

9.7 Pieśniarze
[alternativer Titel Boski śpiewak, dt. Der göttliche Sänger]

Autor/Texte: Andrzej Marek


Regie: Andrzej Marek
Stück: Drama
Premiere: 27.03.1942
Derniere: 06.05.1942
Aufführungen: 47
Vorstellungen: täglich Beginn 17.40 Uhr, Ende der Vorstellungen 19.45 Uhr, samstags zwei
Vorstellungen, jeweils um 15.00 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und 17.40 Uhr.
Besetzung/Rollen: Zenon Borowicz [Hauptrolle Joel Dawid]; Maria Hinterhof [osna, die
blinde Schwester des Sängers]; Szymon Bogdanowicz [Noech]; Ina Grochowska [des-
sen Frau]; Felicja Korzelska [Dawids Frau]; Irena oberska [Frau des Reichen]; Zygmunt
Rzęcki [Vater von Joel Dawid]; Ignacy Moszkowicz [Mordechaj Straszun, Reicher aus
Wilna]; Marian Gliczyński [Ćhasside Lejb Porusz]; Stanisław Szebego [Alter]; Alfons
Niedźwiecki [blinder Bettler]; Nusbaum; Gerszon German; Bronisława Gersonówna.
Presse: Kritik GŻ/40/2/1942; Redaktion GŻ/28/3/1942 [siehe oben]; Redaktion
GŻ/37/5/1942; Anzeige GŻ/37/6/1942; Anzeige GŻ/42/6/1942; Redaktion GŻ/43/2/1942;
Redaktion GŻ/45/2/1942; Redaktion GŻ/50/2/1942; Anzeige GŻ/45/6/1942

GŻ/37/5/1942
Freitag, 27.03.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Heute kommt im Teatr Kameralny mit der Premiere von Pieśniarze von Andrzej Marek ein
neues Stück auf den Spielplan, dem die wunderschöne Legende vom „göttlichen Sänger“,
dem Wunderkantor der Wilnaer Synagoge Joel Dawid Lewensztan, bekannt als „Der Wilner
Balabesl“, zu Grunde liegt. Dieses 1902 geschriebene Werk, erstaufgeführt am Teatr Miejs-
kim in łódź, wurde von der polnischen, jiddischen und hebräischen Presse als aufsehen-
erregendes Stück eines großen Talentes gefeiert, zumal der Autor noch nicht einmal 30 Jahre
alt war. Berühmte Literaten wie Przybyszewski, Brzozowski, Feldman, Bogusławski, Naum
Sokołów und andere schrieben über Pieśniarze begeisterte Rezensionen. In einem wahren
Triumphzug eroberte das Stück die polnischen, russischen, jiddischen und hebräischen Bühnen.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass jetzt die Wiederaufnahme von Pieśniarze auf der Bühne
des Nowy Teatr Kameralny im polnischen Original auf großes Interesse bei der gesamten
Intelligenz unseres Viertels stößt. Zu sehen ist das gesamte Ensemble, die Hauptrollen sind
besetzt mit: Bogdanowicz, Borowicz, Gersonówna, Gliczyński, German, Grochowska, Hinter-
hof, Korzelska, Moszkowicz, Niedźwiedzki, Nusbaum, oberska, Rzęcki und Szebego. Regie:
der Autor.
266 VIII. Nowy Teatr Kameralny

GŻ/40/2/1942
Freitag, 03.04.1942

Nowy Teatr Kameralny


Der talentierte Autor und Regisseur Andrzej Marek schrieb vor 40 Jahren ein Stück mit dem
Titel Pieśniarze und dieses Werk (nach einer wahren Begebenheit aus dem Jahr 1836) öffnete
dem jungen Schriftsteller seinerzeit Tür und Tor für eine Dramatikerkarriere.
Pieśniarze hat seinen Platz in der Theaterliteratur gefunden und zeigt uns das Streben
nach dem Höchsten. In diesem Stück spürt man den Geist wahrer Poesie, der sich unmittelbar
auf den Zuschauer überträgt. Viel Schönheit ist in der poetischen Schilderung des berühm-
ten Kantors aus Wilna, der die Welt mit seinem Genius elektrisierte und in Erstaunen ver-
setzte – als Sänger, der sein Volk überglücklich machte. Dieser göttliche Sänger aber durch-
lebt auf seinem Weg in seiner beseelten Gesangskunst das Drama seiner Seele. Joel Dawid,
Sohn des Ghettos in Wilna, reißt sich los von dieser Welt, alle Quellen seiner Inspiration sind
ausgeschöpft. „Ich kann hier nicht mehr singen, kein Baum, keine Blätter flüstern mir neue
Melodien ins ohr.“ – sagt der unglückliche Bałabuł, der Kantor der großen Synagoge in Wilna.
Die Macht der Lieder in ihm verlangt nach neuen Ufern. Der Held des Stückes gedenkt Uriel
Acostas, des Reformers, dem es zu eng, zu stickig wurde in seiner Umgebung und den eine
unbewusste Kraft nach einem größeren Feld jagen ließ, dorthin, wo er seine ungeheure, nicht
zu beschreibende Mission zum Wohl der Menschen erfüllen konnte. Allerdings trifft er auf
seiner Wanderung auf unüberwindliche Hindernisse. Dies ist auch das Drama von Joel Dawid,
der in dem Augenblick seine Stimme, seinen Nachtigallengesang verliert, als „Sie“ vor
seinen Seelenaugen erscheint, „Sie“, die große Liebe und magische Muse für den beseelten
Schriftsteller. Joel Dawid verliert zum großen Schmerz der Gemeinschaft, der er entstammt,
seinen Gesang. Das macht die Tiefe dieses Geistesdramas aus, das die Grundfesten der Welt
erschüttert.
Das Stück von Andrzej Marek ist symbolisch aufzufassen und die goldenen Fäden des
Dramas sind die religiösen Motive, die Ausdruck des Herzens sind; Lieder, die Kleinode der
Synagogenschätze sind. Wir haben es im Stück mit zwei entgegengesetzten Welten zu tun.
Die eine, geprägt von Reichtum und Eitelkeit, in der Joel durch Familie, Umfeld usw. gefangen
ist, die andere Welt, die Welt der Poesie, die überirdisch und fern des falschen Glanzes des
Alltäglichen ist. Der zweite Akt in der Vorhalle der Synagoge ist gewaltig, vor uns taucht ein
Bild auf, das nahezu das ganze jüdische Leben widerspiegelt. Wie also ist dieses Stück, das
schon die berühmtesten Kritiker rezensiert haben, gelungen?
Wir müssen hier die Möglichkeiten des Theaters im jüdischen Viertel berücksichtigen und
anmerken, dass Andrzej Marek im Rahmen des Möglichen alles getan hat, was nur möglich
war. Herr Zenon […] gab den Joel Dawid. Es ist dies eine verantwortungsvolle Rolle, die […]
dramatischen Ausdruck und schauspielerische Intuition […] erfordert. […] Der Künstler er-
füllte diese Aufgabe im Rahmen […] Herr Ignac Moszkowicz spielte den Mordechaj Straszun
ein wenig zu grell und chargenhaft. An die Spitze des Ensembles stellte sich im zweiten Akt
Herr Alfons Niedźwiecki (hinter diesem Pseudonym verbirgt sich ein seit Jahren bekannter
Amateurschauspieler), der als Chaim, ein blinder Bettler, mit großer Tragik und ausdruckvol-
lem Spiel auf die Bühne kam. Sehr gut und charaktervoll in der Rolle des Noech Bałaguł, mit
Schwung und Temperament gespielt von Szymon Bogdanowicz. Sehr gut auch interpretierte
Herr Marian Gliczyński den Chassiden Lejb Porusz. Nicht unerwähnt bleiben sollen die Damen
und Herren: Irena Oberska (in der Rolle der Frau des Reichen), Felicja Korzelska (Frau des
Joel Dawid), Zygmunt Rzęcki (der mit Gespür für die Intention des Autors die Rolle des
Vaters des „göttlichen Sängers“ gab), Stanisław Szebeg (der den Alten trefflich spielte), Ina
Grochowska (charaktervoll in der Rolle der Frau des Bałaguł).
VIII. Nowy Teatr Kameralny 267

Ein Hinweis an die Akteure: man sollte auf unnötige „polnisch-jiddische“ Klangfärbung bei
der Aussprache verzichten. An den Hintergrund des Stückes angepasstes Bühnenbild von Herrn
A. Liberman.
Herman Czerwiński

GŻ/43/2/1942
Freitag, 10.04.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Pieśniarze von Andrzej Marek feiert Triumphe in diesem jeden Tag ausverkauften Theater.
Ungeachtet […] ist bereits die nächste Premiere in Vorbereitung: Finał Małżeństwa nach der
bekannten Erzählung von […], dem Autor von Dr. Berghof. Bühnenadaption Andrzej Marek.
Premiere in Kürze.

GŻ/45/2/1942
Mittwoch, 15.04.1942

Nowy Teatr Kameralny (Nowolipki-Straße 52)


Das schöne Stück Pieśniarze von A. Marek wird auf Grund der hohen Kosten jetzt schon die
letzte Woche gespielt. Geprobt wird jetzt Finał małżeństwa nach der berühmten Erzählung von
Stefan Pollatschek, dem Autor von Dr. Berghof, das neulich im Theater Kameralny riesigen
Erfolg hatte.
Finał małżenstwa behandelt aufsehenerregend und radikal ein Eheproblem und es gibt
keinen Zweifel, dass dieses Stück reges Interesse bei der breiten Masse hervorruft. Premiere
in Kürze.

GŻ/50/2/1942
Sonntag, 26.04.1942

Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Letzte Vorstellungen von Pieśniarze von Andrzej Marek
Trotz des ungebrochenen Erfolgs des vorzüglichen Stücks Pieśniarze von Andrzej Marek wird
es jetzt vom Spielplan genommen. Das Drama erfreute sich außergewöhnlichen Zuspruchs
breiter gesellschaftlicher Kreise. Das Theater Kameralny, das dank des hervorragenden künst-
lerischen Leiters Andrzej Marek und dem auf hohem Niveau spielenden Ensemble an der
Spitze der Theater im Viertel steht, plakatiert jetzt das Stück Finał małżeństwo von Andrzej
Marek nach einer Erzählung von Stefan Pollatschek, dem Autor von Dr. Berghof. Premiere
in Kürze.

9.8 Finał Małżeństwa


[dt. Das Ende einer Ehe]

Autor/Texte: Stefan Pollatschek


Bearbeitung/Regie: Andrzej Marek
Stück: Tragikomödie in sieben Bildern
Premiere: 08.05.1942
268 VIII. Nowy Teatr Kameralny

Derniere: 11.06.1942
Aufführungen: 40
Besetzung/Rollen: Maria Hinterhof [Hanusia]; Szymon Bogdanowicz [Richter Dr. Kem-
brich]; Ina Grochowska [Sekretärin Elżbieta Lerner]; Felicja Korzelska [Joanna Klar];
Irena oberska [Frau Amlach]; Zygmunt Rzęcki [Arbeiter Lenden]; Marian Gliczyński
[Rechtsanwalt orber]; Zenon Borowicz [Rechtsanwalt Warmans]; Bronisława Gersonówna
[Rechtsanwältin Warmans]; Ignacy Moszkowicz
Presse: Kritik GŻ/57/6/1942; Anzeige GŻ/37/6/1942; Redaktion /43/2/1942 [siehe oben];
Anzeige GŻ/54/6/1942; Anzeige GŻ/57/6/1942

GŻ/57/6/1942
Mittwoch, 13.05.1942

Finał Małżeństwa
Der populäre Roman Finał Małżenstwo war jetzt im Nowy Teatr Kameralny in einer hervor-
ragenden Bühnenbearbeitung zu sehen. Der talentierte Dramaturg und Regisseur Andrzej
Marek entwickelt vor den Augen der Zuschauer die Tragikomödie eines Ehelebens in sieben
farbigen Bildern – fast wie in einem Film. Protagonisten des Stückes sind das Rechtsanwalts-
ehepaar Warmans, das Ehepaar Amlach, der ehemalige Richter Kembrich und schließlich der
Arbeiter Lenden. Bei der Lösung der verworrenen Verhältnisse zeigt der Autor Drama und
Komödie von Ehen.
Die Rolle des Advokaten Warmans spielte Herr Zenon Borowicz, der diese Figur intelligent
gestaltete. Manchmal jedoch konnte er nicht ganz überzeugen. Frau Bronisława Gerson als
Rechtsanwaltsgattin zeigte viel Authentizität und wahrhaftes Spiel. Herr Ignacy Moszkowicz
in der Rolle des Malers Amlach überzeugte besonders bei dramatischen Momenten. Frau Ire-
na Oberska als Frau Amlach zelebrierte die „vis comica“ bei witzigen Dialogen in Perfekti-
on, gefiel aber auch, wenn es nötig war, mit entsprechender Tragik. Der mit außergewöhnli-
chem Talent begabte Szymon Bogdanowicz spielte den durch Leid gebeugten ehemaligen
Richter Dr. Kembrich und rührte mit seiner Schlichtheit die Zuschauer. Sein Richter Kem-
brich ist ein gebrochener Mann, der sein Leid hinter einer Maske von Ironie und Skepsis ver-
birgt, der uns aber in Momenten der Verzweiflung sein wahres Gesicht zeigt. Das Spiel von
Herrn Bogdanowicz, voll von dramatischem Ausdruck und Komik zugleich, ist zurückgenom-
men und mit Augenmaß. Hervorragend auch in der Gestaltung der Hanusa war Frau Maria
Hinterhof – sehr stark im Dramatischen und spritzig in witzigen Dialogen. Sehr gut auch Frau
Felicja Korzelska, die mit großer Anmut die Joana Klar gab. Ihrem ausgezeichneten Spiel
mangelt es jedoch manchmal an Überzeugungskraft. Sehr überzeugend auch Herr Zygmunt
Rzęcki, dessen Darstellung des Arbeiters Lenden das Publikum tief beeindruckte. Herr Marian
Gliczyński als Advokat orber brachte mit temperamentvollem Spiel Humor und Schwung
auf die Bühne. Charaktergenau und ausgezeichnet ausgearbeitet gab Ina Grochowska die
Sekretärin Elżbieta Lerner. Schade, dass diese Künstlerin nur in kleineren Charakterrollen
besetzt ist. Herr Szebego als Gerichtsvorsitzender – gut wie immer. Schließlich sei hier noch
ein unbekannter Schauspieler erwähnt, der mit Anmut die Rolle des Fredzio gab.
Die Regie von Andrzej Marek – auf hohem Niveau. Das hervorragend gespielte Stück wird
mit Sicherheit ein großer Erfolg.
Z.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 269

9.9 Pocałunek przed lustrem


[dt. Kuss vor dem Spiegel]

Autor/Texte: László Fodor


Regie: Jonas Turkow
Stück: Stück in acht Bildern
Premiere: 13.06.1942
Derniere: 20.07.1942
Aufführungen: 44
Vorstellungen: täglich 17.45 Uhr (Ende der Vorstellung 20.05 Uhr), samstags zwei Vor-
stellungen 15.00 Uhr und 17.45 Uhr
Besetzung/Rollen: Diana Blumenfeld; Jonas Turkow; Szymon Bogdanowicz; Zenon
Borowicz
Presse: Keine Kritik gefunden; Redaktion GŻ/69/2/1942; Anzeige GŻ/72/8/1942; Anzeige
GŻ/81/6/1942; Redaktion GŻ/83/2/1942

GŻ/69/2/1942
Freitag, 12.06.1942

Teatr Nowy Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Morgen, am 13. Juni 1942, wird im Theater Kameralny um 17 Uhr 45 die sensationelle
Premiere des Stückes Pocałunek przed lustrem in acht Bildern von Wł. Fodor gegeben. Dieses
äußerst erfolgreiche Stück war schon auf allen Bühnen der Welt sowie als Spielfilm zu sehen.
Regie führt der berühmte Regisseur und Schauspieler Jonas Turkow. In den Hauptrollen sind
zu sehen: die bekannte Schauspielerin jüdischer und polnischer Bühnen, Diana Blumenfeld,
sowie Jonas Turkow an der Spitze des erweiterten Ensembles. Zu der Premiere eingeladen
wurden Vertreter des öffentlichen Lebens des Viertels. Vorstellungen: täglich um 17 Uhr 45,
samstags um 15 Uhr und 17 Uhr 45.

GŻ/83/2/1942
Mittwoch, 15.07.1942

Aus dem Theater Kameralny


Das Stück Pocałunek przed lustrem in der Regie von Jonas Turkow wird jetzt bereits die
sechste Woche mit großem Erfolg gespielt. Trotz des außergewöhnlichen Publikumsinteresses
beschloss die Direktion des Teatr Nowy Kameralny in der Nowolipki-Straße 52, eine neue
Premiere vorzubereiten, und zwar für das Stück Droga do szczęścia, wofür ebenfalls der be-
kannte und verdienstvolle Regisseur Jonas Turkow die Spielleitung übernommen hat. In den
Hauptrollen werden zu sehen sein: Jonas Turkow und Diana Blumenfeld. Droga do szczęścia
ist ein fröhliches und unterhaltsames Stück mit Musik, Gesang und Tanz. Die musikalische
Leitung liegt in den Händen von I. Hamerman, Choreographie: Irena Prusicka. Die Proben
sind in vollem Gange. Premiere in Bälde.
270 VIII. Nowy Teatr Kameralny

9.10 Droga do szczęścia


[dt. Der Weg ins Glück]

Autor/Texte: L. Blum
Regie: Jonas Turkow
Stück: Komödie in 3 Akten
Premiere: angekündigt am 24.07.1942
Besetzung/Rollen: Diana Blumenfeld; Jonas Turkow; Ensemble
Musik: M. Spolański
Musikalische Leitung: I. Hamerman
Choreographie/Ballett: Irena Prusicka
Presse: Keine Kritik gefunden; Anzeige GŻ/81/6/1942; Redaktion GŻ/83/2/1942 [siehe
oben]; Anzeige GŻ/87/6/1942

9.11 Extravorstellungen

Moje żony mnie zdradzają!


Anlass: 25-jähriges Bühnenjubiläum Michał Znicz und Stanisław Szebego
Vorstellung: 01.03.1942, Matinee
Presse: Redaktion GŻ/25/2/1942; Redaktion GŻ/29/2/1942

GŻ/25/2/1942
Freitag, 27.02.1942

Jubiläum von Michał Znicz und Stanisław Szebego


Über alle Maßen interessant zu werden verspricht eine Matinee am 1. März im Nowy Teatr
Kameralny anlässlich der 25-jährigen Bühnenarbeit der Herren Michał Znicz und Stanisław
Szebego. Beide Künstler haben schon jetzt einen festen Platz auf den jüdischen Bühnen.
Michał Znicz gab sein Debüt 1918 in Warschau. Danach spielte er in Lodsch, Krakau und Lem-
berg. Die Chronistenpflicht gebietet auch, seine besten Rollen zu erwähnen, in Moje żony mnie
zdradzają!, Kłopoty Bourachona, Szwejk, Porwanie Sabinek, Muzyka na ulicy und andere, be-
sonders aber sind den Theaterbesuchern des jüdischen Viertels seine Rollen als Nechemec in
Mirla Efros und als Dr. Axt in Doktor Berghof empfängt im Gedächtnis geblieben.
Der zweite Jubilar, Herr Szebego, hat ebenfalls seine schauspielerischen Meriten, da er einst
neben den größten Assen polnischer Schauspieler auf der Bühne stand. Beim Film arbeitete er
als Produktionsleiter und Regisseur. Nach Vorstellung der beiden Jubilare wird die von Humor
sprudelnde hervorragende Komödie Moje żony mnie zdradzają! gegeben.
H.Cz.

GŻ/29/2/1942
Sonntag, 08.03.1942

Jubiläum Michał Znicz und Stanisław Szebego


Nach unserer Ankündigung fand nun am 1. März 1942 im Nowy Teatr Kameralny vor zahlreich
erschienenem Publikum eine Jubiläumsmatinee zu Ehren der beiden Bühnenkünstler Michał
Znicz und Stanisław Szebego anlässlich ihres 25-jährigen Bühnenschaffens statt. Aufgeführt wurde
VIII. Nowy Teatr Kameralny 271

die großartige Komödie Kłopoty Bourachona, in der Znicz die Hauptrolle des vom Pech verfolg-
ten Apothekers Bourachon spielt, der ständig von den Frauen hereingelegt wird. Znicz spielte
diese Rolle schon ein paar hundert Mal auf jüdischen Bühnen. Der zweite Jubilar, Herr Szebego,
gab einen hervorragenden zerstreuten Professor. Enthusiastischer Beifall für die zwei Akteure.

Am Freitag, den 24. Juli 1942, zwei Tage nach Beginn der Verladung der Juden in Vieh-
waggons zur Vergasung nach Treblinka, erschien in der Gazeta Żydowska die Ankündigung
der Premiere des Stückes Der Weg ins Glück im Nowy Teatr Kameralny. Aufgeführt wurde
es nicht mehr.

Abb. 56: Letzte


Ankündigung des
Nowy Teatr
Kameralny,
GŻ/87/6/1942,
Freitag 24.07.1942.181

181 Übersetzung: Nowy Teatr Kameralny, Nowolipki-Straße 52


Feierliche Premiere Bezaubernde Komödie
Droga do szczęścia in drei Akten von L. Blum Musik: M. Spolański Regie: Jonas Turkow
Musikalische Leitung: I. Hamerman Choreographie: Irena Prusicka
In den Hauptrollen an der Spitze des vergrößerten Ensembles:
Diana Blumenfeld und Jonas Turkow
Heute und täglich 17 Uhr 45 (Vorstellungsende 20 Uhr 5)
Samstag zwei Vorstellungen 15 Uhr und 17 Uhr 45
272 VIII. Nowy Teatr Kameralny

10. ANZEIGEN AUS DEM THEATER KAMERALNY

Ausgabennummer Anzeige (Übersetzung) Faksimile

GŻ/63/6/1941 NOWY TEATR KAMERALNY – NOWOLIPKI [Straße] 52


Heute und täglich 17.30 Uhr. Samstags und sonntags 14.30 Uhr und 17.30 Uhr
MIRLA EFROS
Polnische Adaption und Regie ANDRZEJ MAREK
Bühnenbild: Architekt RUBIN SZWARC

GŻ/66/6/1941 NOWY TEATR KAMERALNY – NOWOLIPKI [Straße] 52


Heute und täglich 17.30 Uhr, Ende 19.45 Uhr,
samstags 14.30 Uhr Vorstellung zu populären Preisen
MIRLA EFROS
In der Rolle des Nuchemec MICHAŁ ZNICZ
Polnische Adaption und Regie ANDRZEJ MAREK
Bühnenbild: Architekt RUBIN SZWARC

GŻ/69/6/1941 NOWY TEATR KAMERALNY


Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
MIRLA EFROS
Polnische Adaption und Regie
Andrzej Marek
In der Rolle des Nuchemec
Michał ZNICZ
Samstags 14.40 Uhr Vorstellung
zu ermäßigten Preisen
VIII. Nowy Teatr Kameralny 273

GŻ/78/6/1941 LETZTE [SPIEL-] WOCHE


NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
MIRLA EFROS
Polnische Adaption und Regie
Andrzej Marek
In der Rolle des Nuchemec
Michał Znicz
Samstags 14.40 Uhr Vorstellung
zu ermäßigten Preisen

GŻ/97/4/1941 Die lustige Komödie


NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
Samstags und feiertags 15.00 Uhr
Vorstellung zu ermäßigten Preisen
MOJE ŻONy
MNIE ZDRADZAJĄ
Die Abenteuer des “Gehörnten”
in 3 Akten
Regisseur
ANDRZEJ MAREK
Michał ZNICZ
in seiner größten Rolle

GŻ/102/6/1941 ERMÄSSIGTE PREISE


DIE LETZTEN [SPIEL-] TAGE
Die lustige Komödie
NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
Samstags und feiertags 15.00 Uhr und
17.40 Uhr
MOJE ŻONy
MNIE ZDRADZAJĄ
Michał Znicz
In der Hauptrolle des “Gehörnten”
Regie A. Marek
Am 31. Oktober Premiere [des Stückes]
SKARB POD LATARNIĄ
[von] Marian Hemar
In der Hauptrolle MICHAł ZNICZ
274 VIII. Nowy Teatr Kameralny

GŻ/111/6/1941 Nowy Teatr KAMERALNY


Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
SKARB POD LATARNIĄ
Komödie mit Gesang in 3 Akten
[von] MARIAN HEMAR
Regie
Andrzej MAREK
In der Rolle des komödiantischen
Hinterhofmusikanten
Michał Znicz
Saal gut geheizt und beleuchtet
Samstag 15.00 Uhr [Vorstellung]
zu ermäßigten Preisen.

GŻ/114/6/1941 Nowy Teatr KAMERALNY


Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
Samstags und feiertags 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) und 17.40 Uhr
SKARB POD LATARNIĄ
Komödie mit Gesang in 3 Akten
[von] MARIAN HEMAR
Regie ANDRZEJ MAREK
In der Rolle des komödiantischen
Hinterhofmusikanten MICHAŁ ZNICZ
GUTSCHEIN
für Leser der Gazeta Żydowska
Bei Vorlage dieses Gutscheines beim
Kauf eines Billetts eine Freikarte,
ausgenommen samstags und sonntags.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 275

GŻ/120/6/1941 Saal gut geheizt und beleuchtet


NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
Samstags und feiertags 15.00 Uhr
und 17.40 Uhr
SKARB POD LATARNIĄ
Komödie mit Gesang in 3 Akten
[von] MARIAN HEMAR
Regie A. Marek
In der Rolle des komödiantischen
Hinterhofmusikanten
Michał ZNICZ

GŻ/128/6/1941 Saal gut geheizt und beleuchtet


NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
POTĘGA PIENIĄDZA
Sensationelle satirische Komödie aus
dem Leben amerikanischer Millionäre
in 3 Akten
in polnischer Bearbeitung und Regie
von A. MAREK
In der Hauptrolle
Michał ZNICZ
Samstags 2 Vorstellungen 15.00 Uhr
zu ermäßigten Preisen und 17.40 Uhr.
276 VIII. Nowy Teatr Kameralny

GŻ/7/6/1942 DIE LETZTEN [SPIEL-] TAGE


Saal gut geheizt und beleuchtet
NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
Samstags 2 Vorstellungen 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) und 17.40 Uhr.
POTĘGA PIENIĄDZA
Sensationelle satirische Komödie aus
dem Leben amerikanischer Millionäre
in 3 Akten
in polnischer Adaption und Regie
von A. Marek
In der Hauptrolle
Michał ZNICZ
Am 23. die lange erwartete Premiere von
Dr BERGHOF przyjmuje od 2- 4
In den Hauptrollen Michał Znicz
und Z. Borowicz

GŻ/10/6/1942 Saal gut geheizt und beleuchtet


NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute, Freitag, 23.01.1942, 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
DIE LANGE ERWARTETE PREMIERE
[von]
Dr BERGHOF
przyjmuje od 2-4
[von] Stefan Pollatschek und Andrzej
Marek
Samstags 2 Vorstellungen 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) und 17.40 Uhr
Regie
Andrzej
MAREK
In den Rollen
des Dr. Axt ... Michal Znicz
des Dr. Berghof ... Zenon Borowicz
und ein erweitertes künstlerisches
Ensemble
VIII. Nowy Teatr Kameralny 277

GŻ/31/6/1942 DIE LETZTE [SPIEL-] WOCHE


Saal gut geheizt und beleuchtet
NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
Dr BERGHOF
przyjmuje od 2-4
[von] Stefan Pollatschek und
Andrzej Marek
Samstags 2 Vorstellungen 15.00 Uhr
(zu ermäßigten Preisen) und 17.40 Uhr
Regie
Andrzej
MAREK
IN KÜRZE!
PIEŚNIARZE
von ANDRZEJ MAREK

GŻ/37/6/1942 Saal gut geheizt und beleuchtet


NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute, Freitag, 17.45 Uhr
GROSSE FEIERLICHE PREMIERE
PIEŚNIARZE
[von] ANDRZEJ MAREK
REGISSEUR
AUTOR
Unsere nächsten Premieren:
1) CHASIA SIEROTA [von] J. Gordin
2) FINAŁ MALŻEŃSTWA
nach dem Roman von Stefan Pollatschek.
278 VIII. Nowy Teatr Kameralny

GŻ/45/6/1942 DIE LETZTE [SPIEL-] WOCHE


Saal gut geheizt und beleuchtet
NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.40 Uhr
(Ende 19.45 Uhr)
PIEŚNIARZE
Stück in 3 Akten
[von] ANDRZEJ MAREK
REGISSEUR
AUTOR
Samstags 2 Vorstellungen 15.00 Uhr
und 17.40 Uhr
In Kürze!
FINAŁ MAŁŻEŃSTWA
nach einer Erzählung von
Stefan Pollatschek.

GŻ/54/6/1942 NOWY TEATR KAMERALNY


Nowolipki [Straße] 52
Heute, 8. Mai 17.45 Uhr
DIE LANG ERWARTETE PREMIERE
FINAŁ MAŁŻEŃSTWA
Tragikomisches Ehestück in 7 Bildern
von Andrej Marek, in Anlehnung an
einen Roman von Stefan Pollatschek
Regie
ANDRZEJ MAREK
Nächste Premiere
CHASIA SIEROTA
[von] J. Gordin.

GŻ/57/6/1942 NOWY TEATR KAMERALNY


Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.45 Uhr
(Ende 20.05 Uhr)
FINAŁ MAŁŻEŃSTWA
Tragikomisches Ehestück in 7 Bildern
von Andrej Marek, in Anlehnung an
einen Roman von Stefan Pollatschek
Regie
ANDRZEJ MAREK
Samstags 2 Vorstellungen 15.00 Uhr
und 17.40 Uhr
Nächste Premiere
CHASIA SIEROTA
[von] J. Gordin
VIII. Nowy Teatr Kameralny 279

GŻ/72/8/1942 NOWY TEATR KAMERALNY


Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.45 Uhr
(Ende 20.05 Uhr)
DAS SENSATIONELLE STÜCK
POCAŁUNEK PRZED LUSTREM
in 8 Bildern
Inszenierung und Regie
Jonas Turkow
Samstags 2 Vorstellungen 15.00 Uhr
und 17.45 Uhr
In den Hauptrollen
DIANA BLUMENFELD UND
JONAS TURKOW
an der Spitze eines erweiterten
Ensembles.

GŻ/81/6/1942 DIE LETZTEN [SPIEL-] TAGE


DIE GROSSE SENSATION
NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.45 Uhr
(Ende 20.05 Uhr)
POCAŁUNEK PRZED LUSTREM
MIT DIANA BLUMENFELD
UND JONAS TURKOW
in den Hauptrollen
Samstags 2 Vorstellungen, 15.00 Uhr
und 17.45 Uhr
Freitag 17. Juli PREMIERE
DROGA DO SZCZĘŚCIA
in der Regie von Jonas Turkow.
280 VIII. Nowy Teatr Kameralny

GŻ/87/6/1942 FEIERLICHE PREMIERE


BEZAUBERNDE KOMÖDIE
NOWY TEATR KAMERALNY
Nowolipki [Straße] 52
Heute und täglich 17.45 Uhr
(Ende 20.05 Uhr)
DROGA DO SZCZĘŚCIA
in 3 Akten von L. BLUM
Musik. M. SPoLAńSKI
Regie JONAS TURKOW
Musikalische Leitung: I. Hamerman
Choreographie
Irena Prusicka
Samstags 2 Vorstellungen, 15.00 Uhr
und 17.45 Uhr
In den Hauptrollen
DIANA BLUMENFELD UND
JONAS TURKOW
an der Spitze eines erweiterten
Ensembles.
VIII. Nowy Teatr Kameralny 281

IX. meloDy Palace

1. DAS THEATER

Anfang September 1940


Diskret beleuchteter Saal. Gedämpftes Gemurmel, leises melodisches Rauschen umfängt mich,
als ich das Melody Palace betrete. Ich setze mich an ein Tischchen. Ich schaue mich um. Viele
Menschen. Ich betrachte sie genauer…
– „Guten Abend, meine Damen und Herren“ – die Stimme des Ansagers reißt mich aus mei-
nen Betrachtungen.
Herr Minowicz gibt den Conférencier. Und es ist gut, auf andere Gedanken zu kommen. Man
will sich vergnügen und Basta!
Die Musik wird lauter und eindringlicher! Sie soll diese unselige Unruhe in mir betäuben,
sie soll mein Herz beruhigen – sie soll mit meinem Gefühl und meinen Gedanken eins werden.
Sie soll mich vergessen machen. Ob sie weiß, dass sie mir so gut tut?
Auf dem Parkett die Gestalt einer Tänzerin. Ja – es ist sie – ich habe sie einst gesehen. Es
ist Franciszka Mannówna. Der Krieg hat ihr die Seele ihres Tanzes nicht genommen. Sie tanzt
wie früher – kultiviert und kontrolliert. Sie hat sich alles in ihrem Inneren bewahrt und ist nicht
gebrochen worden. Ist das so? Frau Franciszka? Du und Dein Tanz, ihr strebt ungebrochen zu
den Höhen. Wie ist das möglich, Franciszka?
Erkläre es mir. Lehre es mich. Mir ist es nicht gelungen… Der sehnsuchtsvolle Tango „Ver-
gessen“ erklingt… eine andere Stimmung.
Mir gegenüber sitzt ein älterer Herr. Gedankenverloren, das Gesicht mit ein paar Falten.
Ruhig, fast gleichgültig sitzt er da, unberührt von der allgemeinen Stimmung. Plötzlich hebt
er den Kopf, seine Augen beginnen zu glänzen und seine Finger – warum habe ich sie nicht
bemerkt! – schmale, edle, nervige Finger, die jetzt für mich unverständliche Tonfolgen auf
den Tisch zeichnen. Herr Biadowitz singt mit kräftiger und voller Stimme die Arie „La Donna
Mobile“. Jetzt löst sich das Rätsel. Jetzt verstehe ich Dich. Ich kannte Dich nicht, aber jetzt
weiß und verstehe ich, was du bist und sein möchtest. Deine Finger haben es mir gezeigt. Und wir
sehen das Orchester, das Du dirigierst, und ich fühle mit Dir Deine Freude und Deinen Schmerz.
Langsam versinkst Du wieder in Teilnahmslosigkeit – wie vorher. Nichts mehr berührt Dich.
Aber die anderen sind voller Spannung. Dora Fakiel singt unsere geliebten jüdischen Lieder
wie „Idł mitn fidł, Arie mitn bas”. Wir singen mit, unsere Köpfe bewegen sich im Takt der
bekannten Melodien. Langsam, langsam wird der Gesang leiser, und die Menschen gehen, ein
Lied auf den Lippen. Auch ich stehe auf. Die Gedanken gehen durcheinander. Dieser künstle-
rische Cocktail – wohl charakteristisch für die Zeit, in der wir leben. Alles wurde geboten, von
allem ein bisschen. Und jeder kann sich davon mitnehmen, was er möchte.182

Bereits Mitte 1940 wurde der Saal des Melody Palace im jüdischen Viertel als Veranstal-
tungsort für Revuen, Tanz- und Kabarettveranstaltungen sowie für Konzerte genutzt. Chaim
Kapłan schreibt dazu in seinem Tagebuch:

182 GŻ/14/2/1940.
282 IX. Melody Palace

Abb. 57: Melody Palace, Rymarska-Straße 12


IX. Melody Palace 283

Mitten im offiziellen Judenviertel gibt es eine Tanzbar, die nur von Juden besucht wird. Jene
Leute, die selbst in Notzeiten nur an ihr Vergnügen denken, gehen dorthin, um einen angeneh-
men Abend zu verbringen. Außer an Getränken können sie sich dort auch an jüdischer Musik
und an jüdischen Liedern erfreuen. Gestern wurden dort vierhundert Eintrittskarten zu einem
Preis von viereinhalb Złoty das Stück verkauft, während die Selbsthilfemarken, die dort unter
diesen behaglich lebenden Leuten verkauft wurden, sechzig Złoty einbrachten. Und dies auch
nur nach vielem Bitten und Betteln und Mahnen.183

Die erste Anzeige in der Gazeta Żydowska vom 02. August 1940 wirbt mit

Melody Palace. Seit 1. August mit völlig neuem Programm! Täglich ab 16 Uhr. Samstag und
Sonntag Matineen mit dem kompletten Programm. Orchester: Leopold Rubinsztajn. Cocktail-
bar ab 16 Uhr geöffnet.184

Daneben gab es u. a. Auftritte der Theatertruppe Pięć wesołych chwatów mit Diana
Blumenfeld, R. Rozen-Najwirt, Dawid Birenbaum, Icchak Grynspan und Józef Kinelski
unter Leitung von Mieczysław Fridman. Auch Jerzy Jurandot hatte dort zusammen mit
Michał Znicz, Edmund Minowicz, Zygmunt Regro und Symcha Fostel mehrere Auftritte.

In dem eben installierten Ghetto gab es in der Rymarska-Straße ein Tanzlokal, das Melody
Palace. Eigentümer war der bekannte Restaurantbesitzer Hirszfeld. Das Melody Palace war
ein riesiger zweistöckiger, nicht besonders einladender Saal, der nichts mit einem warmen und
intimen Tanzlokal gemein hatte. Das Parkett hatte die Ausmaße einer Schlittschuhbahn bzw.
Basketballfeldformat. Die Galerien im ersten und zweiten Stock waren für Publikum bestuhlt.
Von Galerie zu Galerie führten Treppen, auf der höchsten kam man in die Bar, wo Leute, die
bis zu diesen Zeiten kaum etwas getrunken hatten, sich einen Wodka nach dem anderen rein-
kippten, als seien sie gelernte Säufer, die im Alkohol Vergessen finden. Für uns hatte der Bar-
mann immer ein Gratisgläschen, aber wir gingen kein einziges Mal angetrunken auf die Bühne.
Im Saal selbst gab es ein großes Podium für das Orchester von Leopold Rubinsztajn und ein
kleineres für uns.185

Henryk Makower schreibt über das Melody Palace:

Hervorragendes Kabarett – Tanzdarbietungen auf europäischem Niveau. Ein großer Saal, aber
dennoch eine ziemlich düstere Angelegenheit. Hier verkehrten die Ghettoreichen, Spekulanten,
Betrüger, die Geschäfte mit Deutschen und für Deutsche machten, daneben die reich gewor-
denen Ordnungsdienstleute mit ihren Flittchen. Zu sehen waren im Melody Palace die besten
Künstler des Ghettos, darunter viele meiner Bekannten wie z. B. Dora Fakiel. Musik mach-
ten verschiedene Orchester, aber meist spielte das von Leopold Rubinstein, den ich aus dem
Taburin in łódź kannte. Ich weiß nicht, wie die einzelnen Kabarettveranstaltungen und die-
ses Nachtleben waren. Trotz vieler Bitten und Einladungen von Dora Fakiel war ich nicht
ein einziges Mal in diesen Vorstellungen – das immer größer werdende Elend und die auf den

183 Chaim kapłan, Buch der Agonie, 219.


184 GŻ/4/12/1940.
185 Jerzy Jurandot, Miasto skazanych, 429.
284 IX. Melody Palace

Bürgersteigen liegenden Leichen machten es mir einfach unmöglich. Aber das Verlangen nach
solch einem Wahnsinn war groß. Davon zeugt die Tatsache, dass in einem Anbau des Melody
Palace die sogenannte Tawerna cygańska eingerichtet wurde, entsprechend dekoriert und dann
Bachus und Venus geweiht. Ein Spielsalon wie auch die vorigen Investitionen waren von den
Deutschen gedeckt und für die gedacht, für die Karten wichtiger waren als Wodka, Tanzerei
oder Frauen.
Dennoch war ich ziemlich oft im Melody Palace, nämlich dann, wenn dort Symphoniekon-
zerte gegeben wurden. Ich erinnere mich daran mit einem Gefühl von Freude und Melancholie.
Die Orchesterleitung hatte meist mein Patient und guter Bekannter inne, Marian Neuteich, ein
hervorragender Musiker und vor dem Krieg bekannt vom Warschauer Radio. Stets kämpfte
er mit der Unterbesetzung des Orchesters und dem Mangel an Noten. Die Musiker litten an
Hunger, zwei starben buchstäblich den Hungertod. Konzertveranstalter waren die Eigentümer
des Melody Palace – irgendwelche Arier zusammen mit irgendwelchen Juden, die das Orchester
schamlos ausbeuteten. Die Karten waren ziemlich teuer, der Saal groß und fast immer gedrängt
voll. Juden lieben Musik. Unter den Zuhörern konnte man neben den Reichen viele kleine
Beamte, arme Jugendliche und Vertreter der Welt des Proletariats sehen. Proben gab es nur
wenige, wie auch konnte man von diesen Hungerleidern von Musikern anstrengende Probe-
arbeit verlangen, für die sie lediglich ein paar Groschen bekamen. Besonders die großen sym-
phonischen Werke, kaum geprobt, instrumental wild besetzt, klangen nicht besonders angenehm
für Besseres gewohnte Ohren. Und dennoch machten die „V. Symphonie“ von Beethoven,
Tschajkowskis „Pathetik“ oder auch die „Eroika“ großen Eindruck in diesem Kabarettlokal
mit seiner elenden Akustik. Als ich das erste Mal bei einem Konzert im Melody Palace war und
als dort nach drei energischen Schlägen von Neuteich mit dem Taktstock aufs Pult die Unter-
haltungen im Saal abbrachen und das Geschepper des Geschirrs und das Klirren der Gläser
verstummte – es war durchaus üblich, dass man während eines Konzertes aß und trank – spielte
urplötzlich ein Geigenquartett. Als die V. Symphonie erklang, kamen mir die Tränen, und ich war
so ergriffen, wie ich es noch nie vorher bei einem Konzert erlebt hatte, auch nicht bei den besten
Konzerten der Lodscher oder Warschauer Philharmonie mit den berühmtesten Dirigenten.186

2. ZUM SPIELPLAN

Zu sehen waren im Melody Palace ausschließlich Volksstücke mit Musik bzw. Operetten
wie Di idysze Chasene187 mit dem Franciszka-Mannówna-Ballett und verstärktem Ensemble
(„urkomisches und attraktives Volkstheater“); Szachne wi lojfste („rekordverdächti-
gem Publikumserfolg – Humor! Gesang! Tanz!“); Di Rumenisze Chasene und Freiliche
Kabcunym („eine Revue par excellence“).

3. DIE LEITUNG

Künstlerischer Leiter und Dramaturg des Melody Palace war bis Juni 1941 Jerzy Jurandot,
der dann ans Femina ging (er hatte also nichts mehr zu tun mit den Inszenierungen, die ab

186 Henryk MakowEr, Pamiętnik z getta warszawskiego październik 1940-styczen 1943, Wrocław et al.,
1987, 196 –197.
187 In Anführungszeichen gesetzte Kommentare sind Zitate aus den jeweiligen Kritiken von Herman
Czerwiński.
IX. Melody Palace 285

September vom Volksbühnenensemble Zajderman gegeben wurden). Verwaltungsdirektor


war Mieczysław Fridman, Konzessionsinhaber waren Józef Hirszfeld und Symcha Ryba.
Die musikalische Leitung lag in den Händen von Leopold Rubinsztajn.
Im September 1941 schließlich gründete dann die bekannte Schauspielerfamilie
Zajderman – Dawid Zajderman, seine Frau Chana Lerner und beider Sohn Harry Zajder-
man – zusammen mit dem Sänger und Schauspieler Symcha Fostel ein festes Volksbühnen-
ensemble, dessen Spielstätte nun das Melody Palace wurde, und gaben mit Di Idysze
Chasene, einem Volksstück, am 5. September 1941 die erste Premiere.

4. DAS ENSEMBLE

Am Melody Palace spielten: Symcha Fostel, Chana Lerner und Dawid Zajderman, die
alle vom Eldorado kamen und dort am 2. September 1941 ihre Abschiedsvorstellung
gaben. Sie spielten vom 5. September 1941 bis 22. oktober 1941 in allen vier Stücken
und hatten 70 Auftritte. Symcha Fostel ging nach dem Ende des Melody Palace ans
Nowy Azazel, wo er für acht Stücke Engagement fand; Harry Zajderman spielte am
Eldorado bis 31. August 1941 und war im Melody Palace in drei Stücken mit 39 Auf-
tritten zu sehen. Danach ging er wieder ans Eldorado zurück, wo er dann in drei Stücken
auf der Bühne stand. Bemerkenswert ist, dass Harry Zajderman, obwohl er zusam-
men mit Symcha Fostel, Chana Lerner und Dawid Zajderman das Eldorado verließ,
in dem redaktionellen Beitrag der Gazeta Żydowska „Die bekannten Künstler Chana
Lerner, Dawid Zajderman und Symcha Fostel werden nach dreimonatigem Engage-
ment das Eldorado verlassen,“ nicht erwähnt wurde; Dawid Birenbaum kam ebenfalls
vom Eldorado, wo er mit einer Unterbrechung vom 6. Dezember 1940 bis 9. Juli
1941 spielte, am Melody Palace war er in drei Stücken mit 39 Auftritten zu sehen.
Danach ging er wieder zurück ans Eldorado, wo er dann noch zwei Stücke spielte;
Sara Margot hatte Rollen in zwei Stücken; in Di Rumenisze Chasene trat sie 16 Mal
auf, in die Freiliche Kabcunym 48 Mal. Sara Margot kam vom Teatr Nowy Azazel ans
Melody Palace, ging dann ans Femina und hatte dann wieder ein Engagement am
Teatr Nowy Azazel; Maria Hinterhof, die vom Na Pięterku kam, spielte in Szachne wi
lojfste, hatte 31 Auftritte und wurde danach am Nowy Teatr Kameralny für zwei Stücke
angestellt. Die Choreographin Franciszka Mannówna spielte in Freiliche Kabcunym
48 Vorstellungen.

5. REGIE

In den Kritiken der Gazeta Żydowska wird lediglich Igor S. Korn-Teuer für das Stück Di
Idysze Chasene als Regisseur erwähnt.
286 IX. Melody Palace

6. AUTOREN

Die Stücke Di Idysze Chasene und Freiliche Kabcunym stammen aus der Feder von Igor
S. Korn-Teuer, Di Rumenisze Chasene von Mojżesz Schor. Für Szachne wi lojfste konnte
weder in redaktionellen Beiträgen noch in der Anzeige ein Hinweis auf den Autor ge-
funden werden.

7. MUSIK, MUSIKALISCHE LEITUNG, CHOREOGRAPHIE


UND BÜHNENBILD

Zygmunt Berland, Felicja Messing und A. Rumszyński waren für Musik und musikalische
Leitung zuständig.
Choreographin des Melody Palace war Franciszka Mannówna (Freiliche Kabcunym,
Szachne wi lojfste, Di Idysze Chasene).
In den Kritiken und redaktionellen Beiträgen konnte kein Bühnenbildner gefunden
werden.

8. BILANZ

Das Volksbühnenensemble des Melody Palace bestand – wie bereits erwähnt – hauptsäch-
lich aus den Mitgliedern der Zajdermanfamilie. Für die jeweiligen Stücke, die nach den
Ankündigungen und Kritiken äußerst aufwendig inszeniert waren (verstärktes Ensemble,
orchester, Chor, Ballett, Statisterie), wurden Gäste verpflichtet, über deren Namen und
Zahl nichts zu ermitteln war, auch ist so gut wie nichts über Chöre, Musiker und Ballett
bekannt, wer von ihnen fest im Engagement war oder wer als Gast auftrat. Mit der Pre-
miere und den anschließenden Vorstellungen von Freiliche Kabcunym endete der Spiel-
betrieb des Melody Palace im Ghetto. Im Zuge der Ausgliederung, d. h. der Verkleinerung
des Ghettos am 20. März 1942, fand sich die Rymarska-Straße auf der arischen Seite
wieder, wo das Melody Palace dann unter anderem Namen als Konzertsaal diente:

Im Melody in der Rymarska-Straße 12 spielte das Jazzorchester von Georg Scott, einem jun-
gen, schmucken Mulatten, einem hervorragenden Dirigenten, von dem man vor dem Krieg
nichts gehört hatte. Das Scott-Orchester spielte vor allem amerikanische Titel, aber auch auf
Wunsch von Gästen Tangos wie „Jalousie“ oder „Ramona“.188

Das Melody Palace wurde 18 Mal in der Gazeta Żydowska erwähnt: elf redaktionelle Bei-
träge, drei Kritiken und vier Anzeigen.

188 Barbara EnGElkinG, Getto Warszawskie, 601– 602.


IX. Melody Palace 287

9. VERANSTALTUNGEN MELODY PALACE


VOR SPIELZEIT-ERÖFFNUNG
DURCH DIE ZAJDERMANTRUPPE

Melody Palace Benefiz Kinderfestival


Vorstellung: 03.05.1941
Besetzung/Rollen: Stefania Grodzieńska [Conférence]
Regie und Choreographie: Helena Ajzenberżanka
Presse: Redaktion GŻ/34/3/1941

GŻ/34/3/1941
Freitag, 25.04.1941

Kinderfestival
Am Samstag, den 3. Mai findet unter der Schirmherrschaft der Frau Redakteurin Gancwajch
(JWP.) um 12 Uhr im Melody Palace, Rymarska-Straße 12, ein großes Kinderfestival statt.
Zu sehen sein wird eine dreiteilige Pantomime mit Gesang und Tanz unter dem Titel Der ver-
zauberte Wald, aufgeführt von dem hervorragenden Kinderensemble Helena Ajzenberżanka.
Erster Teil „Vorfrühling“, zweiter Teil „Phantasie einer Sommernacht“ und dritter Teil „Im Glanz
der Sonne“. Regie und Choreographie Helena Ajzenberżanka. Gezeigt werden Ensemble- und
Solotanz, Tiroler, ukrainische, russische und andere Tänze. Ausführende sind 60 Kinder im
Alter von drei bis zwölf Jahren. Die Conférence übernimmt St. Grodzieńska. Die gesamten
Einnahmen sind für arme Kinder vorgesehen. Vorverkauf: Pastetenbar Sienna-Straße 32,
Konditorei Sommer Żelazna-, Ecke Chłodna-Straße, Ż.T.o.S. Tłomacka-Straße 5 und Melody
Palace Rymarska-Straße 12.

Melody Palace (Kawiarnia Literacka) Ałe Glach


Vorstellung: Mitte Mai 1941
Presse: Redaktion GŻ/41/3/1941

GŻ/41/3/1941
Freitag, 23.05.1941

Kawiarnia Literacka
In diesen Tagen wurde in den unteren Räumlichkeiten des Melody Palace (Rymarska-Straße 12)
die Kawiarnia Literacka unter qualifizierter Leitung und Mitarbeit hervorragender polnisch-
jüdischer Schriftsteller eröffnet. Die Kawiarnia Literacka soll vor allem ein Treffpunkt der jüdi-
schen Intelligenz sein, die bis jetzt kein auf entsprechend hohem Niveau stehendes Café zur
Verfügung hatte. Es ist daher nicht zu verwundern, dass breiteste Kreise der jüdischen Intelli-
genz die Eröffnung der Kawiarnia Literacka begrüßen.
288 IX. Melody Palace

Abram Rubinsztajn

Jeder Warschauer kennt Rubinstein, fast jeder erfreut sich an dessen „Weisheiten“ und viele
zitieren ihn bei Unterhaltungen und Gesprächen. Eines Tages nun entdeckten Passanten in
der Auslage eines Photogeschäftes Bilder, die eben diesen Rubinstein in verschiedenen Posen
zeigen und mit „Photographie – Erinnerung an Rubinstein“ beworben werden und für zwei
Złoty im Geschäft gekauft werden können. Die Bedeutung dieser scheinbar kleinen Bilder
wird um so größer, wenn man bedenkt, dass sie das Idol eines großen Kreises von Rubinstein-
verehrern zeigen, und unwillkürlich fragt man sich:
– Was ist daran so besonders und warum sind die Redensarten dieses „Penners“ so populär?
Wahrhaft merkwürdig und schwer zu glauben ist die Tatsache, dass Menschen von Kultur, die
sich die „Intelligenz“ nennen, Redensarten übernehmen und auch verkünden, die mit Kultur
nicht das Geringste zu tun haben.
Ich erinnere mich, dass Ende März bei mir drei Herren erschienen, die, statt einer ordentli-
chen Begrüßung, mich im Chor mit – „Halt durch Junge! Gib den Bon ab!“ bedachten, wobei
sie vor Lachen brüllten.
Ich stand verdutzt da und konnte nur noch denken, dass sie verrückt geworden seien.
Es dauerte nicht lange und alle diese Slogans fanden Eingang in die Umgangssprache, in die
Presse und wurden sogar Thema etlicher Theatervorstellungen. Das „Alle gleich“ dieses nicht
ganz zurechnungsfähigen Menschen wurde Redensart aller Schichten.
Hier drei authentische Beispiele, Dokumente – selbst erlebt:
– Meine Verehrung. Wie die Zeit vergeht… Apropos, haben Sie irgendetwas von dem
Ingenieur B. gehört? Na ja, wahrscheinlich hat er die „Bons abgegeben“.
– Entschuldigung, was hat er abgegeben?
– Ha, ha, ha, das ist köstlich. Das kennen Sie nicht? Rubinstein, das ist ein Spruch von
Rubinstein. Von wem? Wer ist dieser Rubinstein?
– Was, wer ist?? – mein Gesprächspartner wurde merklich kühler – Sie müssen Rubinstein
doch schon einmal gesehen haben! Seit einem Jahr geht er mit seinem Spruch „Alle gleich“
durch die Straßen und bettelt.
– Möglich. Aber ich erinnere mich nicht an ihn. Also dieser Bettler ist der Urheber dieses
Spruches. Wissen Sie, na ja, das ist schon komisch, sozusagen unterhaltsam…
– Auf jeden Fall unterhaltsamer als Ihre Gesellschaft.
Mein Gesprächspartner, das war nun klar, dieser gebildete Mensch also begeisterte sich an
den Plattheiten und zweifelhaften Witzen dieses Rubinsteins.
Zweites Beispiel:
– Na Servus. Was machst Du so? Weißt Du, Bruder, bald werden wir alle gleich sein, ja, alle
gleich…
Und: Ich treffe eine liebe Bekannte.
– Stasiu! – zwitschernd und zerfahren – Stasiu! wie ich mich freue, dich zu sehen. Weißt du,
ich möchte nicht allein zu Krysia gehen. Komm, begleite mich, du Blitzkerl, also „Junge halt
durch!“
Kurz gesagt: Es ist endlich Zeit, den Bon zurück an Rubinstein abzugeben.
St.C.189

189 GŻ/94/5/1941.
IX. Melody Palace 289

Während in den Ghettotheatern Regina Cukier, Michał Znicz, Diana Blumenfeld und die
anderen Größen der Ghettotheaterlandschaft ihre Triumphe feierten, stand ein anderer
Akteur an der Rampe der großen Ghettobühne. Er war der Star der Ghettostraßen. Jeder
kannte ihn. Hieß es „Rubinsztajn hat gesagt“, wusste jeder, dass es sich um den Rubin-
sztajn handelte – Abram Rubinsztajn aus łódź. Selbst vor den deutschen Gendarmen
hatte er nicht den geringsten Respekt. Er quatschte sie an, parodierte sie zu deren Ver-
gnügen und schnorrte Zigaretten. Der Narr des Ghettos. Ein Narr von Shakespearescher
Dimension. Die jüdische Ausgabe des polnischen Stańczyk, des Hofnarren etlicher polni-
scher Könige.

Abb. 58:
Abram Rubinsztajn.
290 IX. Melody Palace

Ob er verrückt war oder die Rolle seines Lebens spielte, ist umstritten, aber was bedeutet
schon „Verrücktsein“ in einer Umgebung, in der alle Vorstellungen von Normalität seit
Einrichtung des Ghettos von den Besatzern verrückt wurden. Seine Auftritte und Sprüche
waren legendär.

Seine Rufe wie „chłopcze trzymaj się“, „ałe glach” oder „oddaj bon“, die zu hören sind, wenn
er einen Leichenwagen sieht, sind so populär, dass man sie überall als Tagesdevise, als Parole
hören kann. Schon früh morgens, bei schlechtem wie bei gutem Wetter, sieht man ihn auf der
Straße, sieht man, wie er hinter der Straßenbahn, hinter Droschken und Leichenwagen herläuft
und dabei in Richtung der darauf liegenden Leichen sein „Gib den bon ab“ ruft. Er springt auf
jede Straßenbahn auf und dann wieder ab, alle Schaffner kennen ihn, das ganze jüdische Viertel
kennt ihn. Und seine „Weisheiten“ gehen von Mund zu Mund durchs Viertel, sind zuhause in
den Cafés, bei Versammlungen der Hauskomitees und in der Gemeinde zu hören. Angeblich
auch bei einer Sitzung des Judenrates, wo in Anwesenheit des Vorsitzenden das Rubinsztajin-
sche „Ingeł hałt doch”, „Ałe glach” usw. zu hören gewesen sein soll.190

Sein „Alle gleich”, sein „Den Bon abgeben“, sein „Jingł halt durch“ war fester Bestandteil
des Ghettovokabulars, wobei „Jingł halt durch” Überschrift einiger Glossen in der Gazeta
Żydowska abgab, die sich offensichtlich die Popularität Rubinsztajns zu Nutze machen
wollte und diese Artikel mit „Rubinsztajn“ zeichnete.

Am lautesten rief Rubinsztajn sein „Alle gleich“. Das klingt banal. Man muss sich jedoch er-
innern, dass er das im Frühjahr 1941 rief und diese harmlose Feststellung sich als verschlüsselte
Botschaft erwies. Es ging um die Gleichheit vor dem Tod, vor dem kein Reichtum, keine Aura
von Macht und kein Verdienst schützte. Motel Pinkert, Eigentümer des größten Begräbnis-
institutes, wusste, was zu tun war, und eröffnete eine Filiale in der Smocza-Straße. Der König
der Toten offerierte Begräbnisse mit Sarg und Leichenwagen. Immer öfter jedoch wurden
Leichen auf den Bürgersteigen eingesammelt. Sie wurden auf einen Karren geworfen und dann
in einem Massengrab begraben [...].191

Im Mittelalter war der eigene Löffel ein lebensnotwendiges Werkzeug und wurde immer
überallhin mitgeführt. Ihn „abzugeben“ (oder „abgeben zu müssen“) war gleichbedeutend
mit „kein Lebensrecht mehr zu haben“, d. h. mit dem Tod. Rubinsztajns Euphemismus
hieß „Den Bon abgeben“. Der „Bon“, das waren die Lebensmittelmarken, und die Bons
abgeben hieß sterben, keine Bons zu haben, war gleichbedeutend mit Tod, wobei man,
wenn man sich nur von den Lebensmitteln ernährte, die auf Marken ausgegeben wurden,
auch verhungerte. Und um überleben zu können, forderte Rubinsztajn folgerichtig die
Lebensmittelkarten von den Toten, die auf Fahrrädern mit Ladefläche (eine Erfindung
Motel Pinkerts) weggeschafft wurden. Und das Lied der bettelnden Kinder, die „Gib far a
sztikele Brot“ sangen, endete mit dem Rubinsztajnrefrain:

190 GŻ/35/2/1941.
191 Ryszard Marek Groński, Proca Dawida, 27.
IX. Melody Palace 291

Die Bons, oh die Bons,


Ich will die Bons nicht abgeben!
Ich will ein Stückchen Brot,
Mehr brauch ich nicht…

In seiner Kronika Getta Warszawskiego schreibt Emanuel Ringelblum im Mai 1941:


„Die Popularität von Rubinsztajn wird immer größer. Letztens wurde im Melody Palace
eine Revue mit dem Titel ´Alle gleich´ aufgeführt,“192 und Ryszard Marek Groński fügt
hinzu:

Im Melody Palace wurde Rubinsztajn in Couplets als Kollege, als Schauspieler eines avant-
gardistischen Spektakels gewürdigt: Die populärste Gestalt im Viertel das ist Rubinsztajn, ein
Verrückter, ein Mensch in Lumpen auf der Straße Unser Rubisnztajn, der gerade jetzt ruft:
Szabes far ale jidelach Urem, rach, ale glach!193

Rubinsztajn allerdings gab sich nicht damit zufrieden, die Attraktion einer Revue zu sein.
Er inszenierte seine eigene Komödie in zwei Akten mit dem Titel Tod und Auferstehung
des Abraham Rubinsztajn, besetzte die Hauptrollen mit der Ghettoprominenz, sorgte für
Statisterie und Bühnenbild – einen Friedhof – und wartete auf die Besprechung seiner
Inszenierung in der Gazeta Żydowska, die dann auch prompt titelte:

Rubinsztajn gestorben…
Die Sensation im Viertel
Wer kannte ihn nicht, den tanzenden Sokrates des Viertels, Rubinsztajn, diesen unbekümmerten
Spaßmacher auf unseren Straßen, diesen Stańczyk aus der Pawia, der betrübten Seelen Mut und
Zuversicht gab, der jedem riet, „den Bon nicht abzugeben“, und es gab nicht einen, der seine
trefflichen Weisheiten, Sprüche, seine Schlager und seine Schlagfertigkeit nicht kannte.
Und nun gibt es ihn nicht mehr. Er ist gestorben. Völlig unvermutet. Unvermutet deshalb, da
es sich niemand vorstellen konnte. Er wird fehlen in unserem Straßenbild, dessen unverzicht-
barer Bestandteil er war.
Zu seinem Begräbnis kamen seine Verehrer, Trauernde aus allen Schichten der Bevölkerung,
Vertreter zahlreicher Institutionen, Gemeindebeamte, ja sogar Gemeinderäte. Und so nahmen
nun zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unseres Viertels am offenen Grab mit
warmen Worten Abschied von Rubinsztajn.194

Rubinsztajn bedankt sich für die herzliche Anteilnahme...


Die Nachricht vom Tod Rubinsztajns war eine Sensation. Blitzschnell verbreitete sie sich im
Ghetto, die Menschen trauerten.
Beim Begräbnis drängten sich die Massen mit den Würdenträgern vorneweg. Mit Melan-
cholie und warmen Worten wurde er verabschiedet. Einige Tage lang war es das Tagesthema.
Immerhin hatte uns Rubinsztajn wieder einmal überrascht. Er starb für sich – auf einer ver-
waisten Straße.

192 Emanuel rinGElbluM, Kronika Getta Warszawskiego.


193 Ryszard Marek Groński, Proca Dawida, 31.
194 GŻ/110/2/1941.
292 IX. Melody Palace

Um wie viel größer war die Überraschung, die er uns vorgestern bereitete. Er selbst erschien
in eigener Person, um die Gerüchte über seinen angeblichen Tod richtigzustellen. Den ganzen
Tag über besuchte er Institutionen und Persönlichkeiten und dankte ihnen für ihre Teilnahme
am Begräbnis, für sein Gedenken, für die Grabreden, für die Worte des herzlichen Mitgefühls
und überhaupt für alles, was er in den Tagen seines Hinscheidens erfahren hatte.
Man kann sich vorstellen, was der Anblick des „Gestorbenen“ bewirkte (einige Frauen wur-
den sogar ohnmächtig). Dann verkündete er mit einem gewissen Stolz, dass er tatsächlich krank
gewesen sei und als er fühlte, dass der Tod ihn holen wollte, habe er einen Stellvertreter mit
einem ähnlichen Namen wie dem seinen beschafft.
Er selbst habe dann äußerst interessiert beobachtet, wie man auf sein Hinscheiden reagiert
habe, und sei überwältigt gewesen von so viel Mitgefühl. Und so erschien er nun in der Re-
daktion unserer Zeitung, um sich für die große Anteilnahme zu bedanken, und bat um eine
Anzeige mit dem Text „Leider vermag ich nicht, allen persönlich zu danken (so spricht nur
ein Mann mit Takt und Weltmanieren…), und so möchte ich mich bei allen, die mir in diesen
schweren Tagen (obwohl sie für ihn selbst ganz lustig waren, bemerkt er mit einem Lächeln) ihr
Mitgefühl gezeigt haben, auf diesem Wege usw. usw.195

Abb. 59: Straßenszene mit plakatierter Rubinsztajn-Revue Ałe Glach.


„Aktualitätenrevue Ałe Glach […] In den Sälen des Souterrain (des Melody Palace) Kawi-
arnia Literacka.“
Links: Ankündigung eines Jubiläumskonzertes im Melody Palace (wahrscheinlich in der
Kawiarnia Literacka) der Revueschauspielerin und Coupletsängerin Ida Erwest, die vor dem
Krieg Engagements im Qui pro Quo hatte, im Ghetto auch u. a. im Café Gertner auftrat.
Rechts: Ankündigung für eine Varietéveranstaltung mit Chana Lerner, Symcha Fostel, Dawid
und Harry Zajderman. Wahrscheinlich auch im Melody Palace, da für diese Schauspieler, außer
für Chana Lerner, die am Eldorado spielte, in dieser Zeit (Mai 1941) keine Engagements an
den damals spielenden Theatern Eldorado, Azazel und Na Pięterku zu finden sind.

195 GŻ/113/3/1941; möglicherweise ist das Ganze aber auch ein Coup der Gazeta Żydowska, da es
sehr schwer vorstellbar ist, dass Rubinsztajn für die Dauer seines Todes untergetaucht war und –
von niemandem erkannt – die Reaktionen auf seinen Tod beobachten konnte.
IX. Melody Palace 293

Abb. 60: Straßenszene mit plakatierter Rubinsztajn-Revue Ałe Glach.


Bettelnde Straßenkinder, orthodoxe Juden und modisch gekleidete Frauen mit Hut und Pelzmantel –
auf dem Umschlagplatz bei der Verladung in die Viehwaggons und der Vergasung in Treblinka erfüllte
sich Rubinsztajns Prophezeihung des „Ałe glajch.“

Melody Palace Benefiz Korczak


(Benefiz zugunsten des Waisenhauses von Janusz Korczak)
Vorstellung: 15.06.1941
Schirmherren: Moryc Kon und Zelik Heller
Presse: Redaktion GŻ/41/3/1941; Redaktion GŻ/48/3/1941

GŻ/41/3/1941
Freitag, 23.05.1941

Ankündigung: Matinee für das Waisenhaus des Dr. Korczak


Am Sonntag, den 25. diesen Monats findet um 12 Uhr 15 in den Salons des Melody Palace,
Rymarska-Straße 12, eine große künstlerische Matinee unter Beteilung zahlreicher Warschauer
Künstler statt. Die Veranstaltung findet auf Initiative der beiden Persönlichkeiten des öffent-
lichen Lebens im Viertel, der Herren M. Kon und Z. Heller statt. Der gesamte Erlös ist den
300 Waisen in dem musterhaft geführten Waisenhaus des Herrn Dr. Korczak in der Chłodna-
Straße 38 zugedacht und verdient deshalb größte Unterstützung aller. Karten gibt es im Kauf-
haus Kon und Heller, Leszno-Straße 14, sowie an der Theaterkasse am Tag der Vorstellung.
294 IX. Melody Palace

GŻ/48/3/1941
Dienstag, 17.06.1941

Für das Waisenhaus des Dr. Korczak


Ein abwechslungsreiches und künstlerisches Programm kam vorgestern als große Matinee
auf die Bühne des Melody Palace. Die Vorstellung erfreute sich ungewöhnlichen Zuschauer-
zuspruchs, was vor allem den Organisatoren, den Herren M. Kohn und Z. Heller, zu ver-
danken ist, unter deren Schirmherrschaft die gesamten Einnahmen an das Waisenhaus des
Dr. Korczak gingen. Zu sehen waren erstklassige Nummern von bekannten Künstlern wie:
Dora Fakiel, Stefania Grodzieńska, Sophie Rewelt, Wiera Gran, Edmund Minowicz, Michał
Znicz, Zajderman, Fostel und andere. Darüber hinaus glänzte das verstärkte Ensemble des be-
kannten Rubinsztein-Orchesters. Insgesamt ein imponierendes Ereignis.

Melody Palace Benefiz Stefania Grodzieńska


Vorstellung: 29.06.1941
Besetzung: Wiera Gran; Michał Znicz; Symcha Fostel; Józef orenstein; Stanisław Szeps;
Vokaltrio Anny Osser
Presse: Kritik GŻ/58/3/1941

GŻ/58/3/1941
Montag, 14.07.1941

Melody Benefiz Stefania Grodzieńska


Am 29. Juni 1941 war im Melody Palace eine Benefizveranstaltung für Stefania Grodzieńska
zu sehen. Diese junge Künstlerin, die ein ausgesprochenes Talent fürs Komische hat und die
mit ihrem außergewöhnlichen Zauber und ihrer Anmut im Verlauf einiger Monate zum Liebling
des Publikums wurde, wovon der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal und die begeisterten
ovationen des Publikums beredtes Zeugnis abgaben. Stefania Grodzieńska gab einige ihrer
hervorragenden Solonummern, um dann zusammen mit Edmund Minowicz populäre Duette
darzubieten. Zu sehen waren auch: Wiera Gran, Michał Znicz, Symche Fostel, Józef orenstein,
Stanisław Szeps und das Vokaltrio Anny osser. Als Conférencier fungierte mit Humor und
Schwung der literarische Leiter des Femina: Herr Jurandot.

Melody Palace Młody Artyści dla Ż.P.R.


Vorstellung: 15.07.1941
Besetzung: Sylwia Czałczyńska; Fela Firstenberg; Sara Margot; Adam Kuźmiński; Trio
Irena Prusicka; Mira Brachkowska; Irena Goldstadt; Dolly Lefelholz; B-cia Pięknowiści;
Harry Zajderman; Marysia Ajzensztadt; Anna Dicksztejn; Conference: Ina Grochowska
Orchesterleitung: H. Szpilman
Presse: Redaktion GŻ/59/3/1941
IX. Melody Palace 295

GŻ/59/3/1941
Mittwoch, 13.07.1941

Große Künstlerparade im Melody Palace


Am Freitag, den 15. Juli, findet um 16 Uhr 15 im Melody Palace in der Rymarska-Straße 12
eine große Künstlerparade unter dem Titel Młody Artyści dla Ż.P.R. statt. Auf der Bühne sind
zu sehen: Sylwia Czałczyńska, Fela Firstenberg, Sara Margot, Adam Kuźmiński, Trio Irena
Prusicka, Mira Brachkowska, Irena Goldstadt, Dolly Lefelholz, B-cia Pięknowiści, Harry Zajder-
man sowie die „Nachtigall“ des jüdischen Viertels Marysia Ajzensztadt mit der hervorragen-
den Pianistin Anna Dicksztejn. Die Conférence übernimmt Ina Grochowska und das orchester
leitet H. Szpilman. Die Einnahmen kommen jüdischen Kranken zugute.

Marysia Ajzensztadt: „Nachtigall des Ghettos“

Das zweite Konzert des Kammerorchesters im „Gesellschaftssaal“ in der Orla-Straße 6 am


7. Dezember wurde zu einem wahrhaft künstlerischen Ereignis. Und dieses künstlerische Ereig-
nis war der Auftritt von Marysia Ajzensztadt. Schwerlich nur kann man ohne innere Be-
wegung über diese junge, aber schon so große Künstlerin berichten. Schon der erste öffentliche
Auftritt im Melody Palace im letzten Dezember schlug den Unterzeichner dieses Artikels in
seinen Bann, wie es auch die weiteren Konzerte taten, in denen er diese große Sängerin hören
durfte, ob in verräucherten Cafés, in den großen Sälen von Femina und Melody Palace oder
in einer Wohnung. Sie sang Mozart, Schubert, Verdi, Puccini, Operettenarien, französische
Hirtenlieder, jüdische Volkslieder – Perlen der Musikliteratur, aber auch anspruchslose Film-
liedchen. Immer wieder bezaubert sie uns mit ihrer Gesangskunst und man muss sagen, dass
sie in kaum einem Jahr ihrer Karriere immer wieder zeigt, welch großartige, welch durch Got-
tes Gnade gesegnete Künstlerin sie ist. Es fällt schwer, den Erfolg der Stimme von Marysia
Ajzensztadt zu ergründen, den außergewöhnlichen Erfolg dieser jungen Künstlerin zu be-
greifen, deren Gesang – abgesehen von kleinen Schwankungen – vollendet ist und über
jeder Kritik steht. Ihre Stimme, voller Frische und verzaubertem Glanz, ihre vollendete Atem-
technik, ihre Intonationssicherheit, ihre große und ausgeglichene Stimmlage, ihre den jewei-
ligen Stimmungen angepasste Stimmfärbung, ihre sorgfältig gearbeiteten Koloraturen und
ihre hervorragende Sprechkultur – das ist bei weitem nicht alles, was den Gesang von Marysia
Ajzensztadt auszeichnet. Der Hauptgrund ihres Erfolgs jedoch ist ihre Bühnenpräsenz, ihre
Ausdruckskraft, mit der sie jenes geheimnisvolle Band zwischen sich und dem Publikum knüpft
und mit der sie auch den uninteressiertesten Zuschauer für sich gewinnt. Große Talente sind
und waren immer schon selten. In unserem Viertel gibt es zwei. Und das sind Szymon Pull-
man, der meisterhafte Dirigent, und eben Marysia Ajzensztadt, die junge Sängerin von Gottes
Gnaden, und ihr kongenialer Begleiter Szymon Pullman – beide in ihrer Kunst unübertreff-
lich. Marysia Ajzensztadt sang sieben Schubertlieder. Begleitet wurde sie von Herrn Professor
Ignacy Rosenbaum, dem Besten in seinem Fach.
Wiktor Hart.196

Marysia Ajzensztadt wurde auf dem Umschlagplatz von einem SS-Mann bei der Verladung
in Viehwaggons erschossen.

196 GŻ/126/2/1941. Wiktor Hart war das Pseudonym von Marcel Reich-Ranicki.
296 IX. Melody Palace

Abb. 61: Marysia Ajzensztadt.


IX. Melody Palace 297

10. DAS REPERToIRE 1941

Stück Premiere Dernière Vorstellungen Kritik

Di Idysze Chasene 05.09.1941 24.09.1941 23 GŻ/85/3/1941

Szachne wi lojfste?! 26.09.1941 22.10.1941 31 liegt nicht vor

Di Rumenisze Chasene 24.10.1941 03.12.1941 16 GŻ/113/3/1941

Freiliche Kabcunym 05.12.1941 unbekannt unbekannt GŻ/120/4/1941

11. STÜCKE

11.1 Di Idysze Chasene


[pl. Wesele żydowskie, dt. Die jüdische Hochzeit]

Autor/Texte: Igor S. Korn-Teuer


Dramaturgie: M. Tykociński [„A liebe“; „A hojf komitet” ]
Regie/Inszenierung: Igor S. Korn-Teuer
Stück: Volksstück
Premiere: 05.09.1941
Dernière: 24.09.1941
Aufführungen: 23
Vorstellungen: Vorstellungsbeginn täglich um 17.30 Uhr; samstags und sonntags um 12.00
Uhr das gleiche Programm in einer speziellen Matinee mit Vorstellungen zu ermäßigten
Eintrittspreisen
Besetzung/Rollen: Symcha Fostel; Dawid Zajderman; Dawid Birenbaum; Chana Lerner;
Harry Zajderman
Musik: Berland-orchester; Felicja Messing [Begleitung]; „Wajse necht“ – Text und Musik
Arnold Wolsztejn
Musikalische Leitung: Zygmunt Berland
Choreographie: Franciszka Mannówna
Presse: Kritik GŻ/85/3/1941; Redaktion GŻ/78/5/1941; Anzeige GŻ/78/6/1941; Redak-
tion GŻ/84/2/1941
298 IX. Melody Palace

GŻ/78/5/1941
Freitag, 29.08.1941

Veranstaltungskalender: Feierliche Eröffnung der Herbstspielzeit im Melody Palace


Am kommenden Freitag, den 5. September eröffnet um 17 Uhr 45 die populärste Bühne
des Viertels, das Melody Palace, Rymarska-Straße 2, die Herbstspielzeit mit seinem
Überraschungsprogramm, für das als Verstärkung die besten künstlerischen Kräfte der
Theaterszene gewonnen werden konnten. Geprobt wurde ein großes Stück, das mit Elan,
Thematik und Originalität alles übertreffen wird, was bislang in Warschau gezeigt wurde.
Mit einem Wort: bestes und wohlfeiles Vergnügen im Viertel. Einzelheiten in den nächs-
ten Tagen.

GŻ/84/2/1941
Freitag, 12.09.1941

Di idysze chasene im Melody Palace


Jeden Abend sind jetzt die überaus populären Künstler wie Chana Lerner, Dawid Zajderman
und Symcha Fostel sowie das Franciszka-Mannówna-Ballett nebst verstärktem Ensemble
in dem urkomischen Volksstück Di idysze chasene auf der Bühne des Melody Palace
zu sehen. Vorstellungsbeginn täglich um 17 Uhr 30. Am Samstag und Sonntag um 12 Uhr
das gleiche Programm in einer speziellen Matinee mit Vorstellungen zu ermäßigten Ein-
trittspreisen.

GŻ/85/3/1941
Montag, 25.09.1941

Di idysze Chasene – Wesele żydowskie im Melody Palace


Es war eine hervorragende Idee, die ausgedehnten Räumlichkeiten des Melody Palace für
Vorstellungen in großem Stil zu nutzen. Dazu gehört zweifelsohne das Heimatstück Di idysze
chasene in zwei Teilen, ein Werk des bekannten Autoren S. Korn-Teuer.
Das Schauspiel zeigt in lebendigen und farbigen Bildern eine „ganze Hochzeit“ mit allen
Vorbereitungen, Aufregungen, Pannen und Sticheleien. Man kann das Ganze eine Fon-
täne sprudelnden Humors, Schwungs und sorgloser Freude nennen, was sofort auf den
Zuschauer überspringt. Das Neue an dieser Inszenierung ist, dass das Geschehen nicht
auf einer Guckkastenbühne stattfindet, sondern vielmehr auf einer speziell gebauten
Spielfläche, so dass die Zuschauer unmittelbaren Kontakt zu den Schauspielern haben,
mit diesen feiern und als Gäste an dieser „Jüdischen Hochzeit“ teilnehmen. Wenn wir
jetzt noch Namen dieser fröhlichen Hochzeiter nennen wie: Dawid Zajderman, den hervor-
ragenden Sänger, Chana Lerner, die wunderbare Vaudevilledarstellerin, Symcha Fostel,
den König der jüdischen Komiker, Harry Zajderman, den vielversprechenden und hoch-
talentierten Schauspieler, Franciszka Mannówna, die begnadete und mitreißende Tänzerin,
sowie das Berland-Orchester unter dem Taktstock des bekannten Musikers Zygmunt Ber-
land – dann gibt es keinerlei Zweifel, dass Di idysze chasene außerordentlich erfolgreich
sein wird.
Der erste Teil beginnt mit einem von Lebenslust überschäumenden Prolog, dargeboten von
den zwei Batchen S. Fostel und D. Birnbaum, unter Einbeziehung des gesamten Ensembles
und Balletts. Sehr gelungen die Nummer „A liebe“ mit Text von M. Tykociński, der Musik
IX. Melody Palace 299

von Wolsztejn und gesungen von Ch. Lerner, D. Birnbaum und H. Zajderman. Wahre Lach-
salven ernteten Telegramme, die an die Neuvermählten gerichtet waren. Diese Depeschen,
gespickt mit hervorragenden Stückchen und Witzen, verkündeten: Frau Chana Lerner und
S. Fostel. Besonderen Eindruck machte die rührende Nummer „Wajse necht“ – weiße
Nächte – mit Text und Musik von A. Wolsztejn, dargeboten von Franciszka Mannówna und
H. Zajderman.
Wahre Begeisterung erregte das Ballett (Choreographie und Einstudierung: Franciszka
Mannówna), das sich äußerst effektvoll präsentierte. Die Solonummern begleitete Frau
F. Messing. Die ganze „Hochzeitszeremonie“ endete mit der vergnüglichen Nummer „A hojf
komitet“ (Text M. Tykociński) und dem Finale unter Beteiligung aller Mitwirkenden sowie
des Publikums, das sich an allem, was es sah und hörte, trefflich unterhielt.
H. Cz.

11.2 Szachne wi lojfste


[dt. Szachne, wohin läufst Du?]

Stück: Volksoperette
Premiere: 26.09.1941
Dernière: 22.10.1941
Aufführungen: 31
Vorstellungen: Täglich um 16.00 Uhr konzertiert das vergrößerte Orchester von Zygmunt
Berland, Vorstellung dann um 17.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Chana Lerner; Dawid Zajderman; Symcha Fostel; Maria Hinterhof;
Franciszka Mannówna
Musik: Zygmunt Berland, Orchester „Z. Berland“
Musikalische Leitung: Zygmunt Berland
Choreographie: Franciszka Mannówna
Presse: Keine Kritik gefunden; Redaktion GŻ/94/5/1941; Redaktion GŻ/97/2/1941;
Anzeige GŻ/97/4/1941

GŻ/94/5/1941
Freitag, 03.10.1941

Nach der gelungenen Premiere im Melody Palace


In dem populären, oft besuchten und im Viertel einzigartigen Melody Palace (Rymarska-Straße
12) gab jetzt – nach 6 Wochen höchsten Erfolges – das Ensemble aus besten Schauspielern,
vorneweg Chana Lerner, Dawid Zajderman und Symcha Fostel, das champagnerprickelnde
Schauspiel Szachne wi lojfste?! Extra engagiert für dieses Stück wurde die berühmte, auf
Polnisch rezitierende Frau Maria Hinterhof. Das Stück, das ein voller Erfolg war, hatte letz-
ten Freitag Premiere. Vorstellungen täglich 17 Uhr 30.
300 IX. Melody Palace

GŻ/97/2/1941
Freitag, 10.10.1941

Ausgelassenes Schauspiel Szachne wi lojfste im Melody Palace


Unter Mitwirkung der besten Künstler des Viertels läuft das Stück Szachne wi lojfste im
Melody Palace, Rymarska-Straße 12. Täglich um 16 Uhr konzertiert das vergrößerte Orchester
von Zygmunt Berland, Vorstellung dann um 17 Uhr 30.

11.3 Di Rumenisze Chasene


[dt. Die Rumänische Hochzeit]

Autor/Texte: Mojżesz Schor


Stück: Operette in drei Akten mit Chor, Ballett und Statisterie
Premiere: 24.10.1941
Derniere: 03.12.1941
Aufführungen: 16
Vorstellungen: Beginn der Vorstellungen täglich um 17.30 Uhr, Vorstellungsende 19.30 Uhr
Besetzung/Rollen: Dawid Birenbaum [Szmul Kizler]; Symcha Fostel [Szlojme Jojne];
Dawid Zajderman [Izrael]; Chana Lerner [Dwojra]; Sara Margot [Rachela]; Harry Zajder-
man [Motke]
Musik: A. Rumszyński
Presse: Kritik GŻ/113/3/1941; Redaktion GŻ/102/5/1941; Anzeige GŻ/102/6/1941; An-
zeige GŻ/111/6/1941

GŻ/102/5/1941
Mittwoch, 22.10.1941

Di rumenisze chasene im Melody Palace


Im Melody Palace, Rymarska-Straße 12, hat heute um 17 Uhr 30 die bekannte und populäre
jüdische Operette von Schor Di rumenisze chasene Premiere. Die Musik zu dieser Operette
schrieb A. Rumszyński. Extra für dieses Stück wurde die Bühne einfallsreich umgebaut. Be-
ginn der Vorstellungen täglich um 17 Uhr 30, Vorstellungsende 19 Uhr 30.

GŻ/113/3/1941
Sonntag, 16.11.1941

Di rumenysze chasene
Die Rumenysze chasene, eine operette von Szor mit der Musik von Rumszyński, war auf nahe-
zu allen jüdischen Bühnen zu sehen, besonders auf den jüdischen Bühnen Amerikas. Der Inhalt
dieser mehr oder weniger sich ähnelnden Humbugstücke ist fast immer mehr oder weniger
gleich. Es ist ein typisches Volksstück mit Chor, Ballett und Statisten, mit Humor, Liedern,
Refrains usw. Und am allerwichtigsten – ein glückliches Ende.
IX. Melody Palace 301

In den Hauptrollen bekannte Gesichter, routinierte Schauspieler: Chana Lerner (Dwojna),


Dawid Zajderman (Izrael), Symche Fostel (Szlojme Jojne). Erfolgreich bewältigte die junge
Sängerin Sara Margot die Rolle der Rachel. Besondere Erwähnung verdient Herr Fostel in der
Rolle des alten rumänischen Gebirglers. Daneben interpretierte er mit großem künstlerischen
Einfühlungsvermögen das jüdische Volkslied „Hulet kinder a zoj łang wi ijr zent jing”, Text und
Musik von dem bekannten Volkssänger jüdischer Lieder, Gebiertig. Weiterhin zeichneten sich
aus: Harry Zajderman (Motke), Dawid Birnbaum (Szmul Kizler) und andere.
Ohne jeden Zweifel wäre es besser gewesen, wenn die Vorstellung in einem Theater statt-
gefunden hätte und nicht in einem Konzertsaal, der bestimmt seine besonderen Vorzüge hat,
aber für Theater ziemlich ungeeignet ist…
H. Cz.

11.4 Freiliche Kabcunym


[dt. Die fröhlichen Armen]

Autor/Texte: u. a. Igor S. Korn-Teuer


Stück: Operette in drei Akten mit Chor, Ballett und Statisterie
Premiere: 05.12.1941
Aufführungen: unbekannt
Besetzung/Rollen: Dawid Birenbaum; Symcha Fostel; Dawid Zajderman; Chana Lerner;
Sara Margot; Harry Zajderman
Musik: A. Rumszyński
Choreographie: Franciszka Mannówna
Presse: Kritik GŻ/120/4/1941

GŻ/120/4/1941
Mittwoch, 03.12.1941

Freiliche Kabcunym
Stück in zwei Teilen in der Bearbeitung von S. Korn-Teuer.
Die letzte Premiere im Melody Palace mit dem Titel Freiliche Kabcunym zeigte ein gut
durchdachtes Stück, eine Revue par excellence, ausreichend kurzweilig, im Programm einige
originelle Nummern (Texte von S. Korn-Teuer) und, was das Wichtigste ist, genau im Ton
getroffen, besonders in den Sketchen „Zwei Tojbe“ (Zwei Taube), „A majdł in djurn“ (Ein
Mädchen in den Jahren) und „A Giet zoł Mit Zajn“ (Geschieden muss sein). Ausführende waren
Chana Lerner, Sara Margot, Dawid Zajderman, Symcha Fostel, Dawid Birnbaum und Harry
Zajderman. Diese Künstler, die gewissermaßen schon eine eigene Hausnummer in der Schau-
spielerszene haben, sie einzeln zu besprechen ist wahrhaftig überflüssig. Man muss jedoch
unterstreichen, dass, wenn einer der erwähnten Schauspieler mit seinem Repertoire auftrat,
er mit stürmischem Beifall empfangen wurde. Sehr effektvoll auch die Tanzdarbietungen von
Frau Franciszka Mannówna („Marsu“ und „Małagan“).
H. CZ.
302 IX. Melody Palace

11.5 Extravorstellungen

Feiertagsmatinee
Vorstellung: 06.10.1941 und 07.10.1941, 12.00 Uhr Matinee
Besetzung/Rollen: Aneta Rajzer [Tanz]; Stefania Grodzieńska; Edmund Minowicz, Sara
Margot
Musik: Berland-Orchester unter Leitung von Zygmunt Berland
Presse: Redaktion GŻ/97/2/1941

GŻ/97/2/1941
Freitag, 10.10.1941

Zwei sensationelle Matineen an den Feiertagen im Melody Palace


Am Montag und Dienstag, den 6. bzw. 7. Oktober, veranstaltet das Melody Palace zwei Feier-
tagsmatineen mit reichhaltigem Programm, in denen die berühmte Tänzerin Aneta Rajzer
zum ersten Mal im Viertel auf der Bühne zu sehen sein wird. Die Sensation dieser Matineen
sind die Auftritte der Publikumslieblinge Stefania Grodzieńska und Edmund Minowicz
mit ihren populären Liedern und Sketchen. Ebenfalls zu sehen sein werden die bekannte
Sängerin Sara Margot und das vergrößerte Berland-Orchester unter Leitung von Zygmunt
Berland.

Jubiläum Diana Blumenfeld


Vorstellung: 06.12.1941, Matinee 12.00 Uhr
Besetzung/Rollen: Diana Blumenfeld; Artur Gold; Ajzik Samberg; Symcha Fostel;
Włodzimierz Boruński; Helena ostrowska; Franciszka Mannówna; Wiera Gran; Marysia
Ajzensztadt
Musik: Zygmunt Wolfsohn; Liliana Warm; Ignac Rozenbaum; Irena Prusicka; Felicja
Messing; Jakub Kagan
Presse: Redaktion GŻ/119/3/1941

GŻ/119/3/1941
Sonntag, 30.11.1941

Jubiläum Diana Blumenfeld


Wer liebt nicht in diesen schweren Zeiten die unvergleichlichen Chansons und Lieder von –
Diana Blumenfeld, der zu Recht der Name „Königin des jüdischen Lieds“ gebührt. Wenn sie
zu singen beginnt, wenn sie eines der alten, zauberhaften Lieder singt, verschwindet die
Schwermut und man fühlt die warme Atmosphäre einer vergangenen altväterlichen Idylle.
Sie kann, wie keine andere, den jüdischen Volksliedern einen unsagbaren Zauber verleihen, sie
erzählt sie mit ihren Worten, ihren Melodien, ihren Gesten, ihrer Haltung und vor allem mit
ihrem Gefühl und nicht mit Routine. Und das gibt sie an ihre Zuschauer weiter. Kraft und
Wahrheit, die aus Erlebtem entstehen. Und eben das sichert ihr die enthusiastische Begeiste-
rung des Publikums, das jeden ihrer Auftritte zu dem Ereignis im Viertel macht. Die Matinee
und Jubiläumsveranstaltung für Diana Blumenfeld – ein Fest der Kunst mit den besten Künst-
IX. Melody Palace 303

lern des Viertels ist zu erwarten. Neben der Jubilarin werden auf der Bühne zu sehen sein:
Marysia Ajzensztadt, Wiera Gran, Franciszka Mannówna, Helena ostrowska, W. Boruński,
S. Fostel, Samberg, Artur Gold u. a., die von Jakub Kargan, Felicja Messing, Janina Prusicka,
Ignac Rozenbaum, Liliana Warm und Professor Zygmunt Wolfsohn begleitet werden. Die
Jubiläumsveranstaltung zu Ehren von Diana Blumenfeld (für die sich die gesamte Künstler-
welt des Viertels vorbereitet) findet am Samstag, den 6. Dezember um 12 Uhr im Melody
Palace statt und hat bereits jetzt schon größtes Interesse in weiten Kreisen des Publikums er-
regt, besonders aber bei der jüdischen Intelligenz, da sich bei ihr die Darbietungen von Diana
Blumenfeld großer Beliebtheit erfreuen.

Jubiläum Diana Blumenfeld


Vorstellung: Mitte Dezember 1941, Matinee
Besetzung/Rollen: Diana Blumenfeld; Artur Gold; Stanisław Stański [Conférence];
Mordechai Mazo
Musik: orchester Kagan; Franciszka Mannówna [Tanz]; Marysia Ajzensztadt
Presse: Kritik GŻ/126/2/1941

GŻ/126/2/1941
Mittwoch, 17.12.1941

Jubiläum Diana Blumenfeld


Die Jubiläumsmatinee der berühmten Sängerin – der Königin des jüdischen Liedes – Diana
Blumenfeld war eine kulturelle Offenbarung für das jüdische Viertel. Diese Matinee ver-
einigte die kulturelle jüdische Elite Warschaus, die Bruderschaft der Künstler auf der Bühne
und im Zuschauerraum. Allerdings waren Bühne und Saal nicht weit voneinander, die
Bühne des Melody Palace hat ihren Platz in der Mitte des Saales, wodurch Intimität und
Nähe entsteht, charakteristisch für die Auftritte von Diana Blumenfeld, die diesen Eindruck
noch verstärkt. Die ganze Matinee war wie ein großes Familienfest. Abgerundet wurde diese
Stimmung durch den Auftritt von Direktor Mazo, der das Geheimnis der Jubilarin enthüllte,
es war ein Lied, das Diana Blumenfeld vor genau einem Jahr gesungen hatte. Es gibt drei
Möglichkeiten, dem Kummer zu begegnen: Weinen, Schweigen oder – die Antwort der Ge-
ehrten – Singen. Und deshalb machen ihre Lieder solch tiefen Eindruck.
Der Auftritt Diana Blumenfelds wurde von den Zuschauern im bis auf den letzten Platz
gefüllten Saal mit tosendem, nichtendenwollendem Beifall gefeiert. Bei dieser Matinee über-
traf Diana Blumenfeld sich selbst. Ihre unvergleichliche Art der Darbietung, in der sie mit
ihrem Gesang uns ihre Helden und Themen nahebringt, erreicht höchste Sphären der Kunst.
Bei ihrem Auftritt bewies Diana Blumenfeld ihr außergewöhnliches Talent als Sängerin und
Rezitatorin, die Zusammenstellung des Programms – intelligent und geschmackvoll.
Zu hören war: „Majne draj techter“, „Der klajne szmukler“ und „Curyk a-hajm“, jedes
der Lieder war eine Offenbarung, Mimik, Gestik und ihr Gefühl für die Seele der jüdischen
Volkslieder unübertroffen. Mit enthusiastischem Beifall wurde sie immer wieder zu vie-
len Dacapos gerufen. Weiterhin waren zu sehen: Artur Gold mit dem Klangorchester,
Franciszka Mannówna und die „Nachtigall des Viertels”, Marysia Ajzenstadt, mit einer Reihe
von Liedern ihres reichhaltigen Repertoires. Die Conférence übernahmen Dir. Mazo und
Stański. Die hervorragend gestaltete und durchdachte Matinee machte tiefen Eindruck auf die
Zuschauer.
F.
304 IX. Melody Palace

12. ANZEIGEN AUS DEM THEATER MELODY PALACE

Ausgabennummer Anzeige (Übersetzung) Faksimile

GŻ/78/6/1941 MELODY PALACE, Warschau, Rymarska [Straße] 12


Kommenden Freitag 17.45 Uhr
FEIERLICHE ERÖFFNUNG DER HERBSTSAISON
Große künstlerische Überraschung
DI IDYSZE CHASENE ???
In Kürze weitere Einzelheiten.

GŻ/97/4/1941 „MELODY PALACE“, Warschau, Rymarska [Straße] 12


Humor! Gesang! Tanz!
DAS FRÖHLICHE SCHAUSPIEL
SZACHNE WI ŁOJFSTE?!
H. Lerner – D. Zajderman – S. Fostel
M. Hinterhof – Fr. Mannówna –
Orchester Z. Berland
Beginn täglich 17.30 Uhr

GŻ/102/6/1941 „MELODY PALACE“, Warschau, Rymarska [Straße] 12


Am Freitag, den 24. oktober und täglich 17.30 Uhr
SENSATIONELLE PREMIERE [von]
DI RUMENISZE CHASENE
in 3 Akten von M. Schor –
Musik A. Rumszyński
In den Hauptrollen: Ch. Lerner,
D Zajderman, S. Fostel.

GŻ/111/6/1941 „MELODY PALACE“, Warschau, Rymarska [Straße] 12


Unwiderruflich die letzten 4 [Spiel-] Tage
DI RUMENISZE CHASENE
Operette in 3 Akten von M. Schor
In den Hauptrollen: Ch. Lerner,
D Zajderman, S. Fostel
Beginn 17.30 Uhr, Ende 19.45 Uhr
IX. Melody Palace 305

Abb. 62: Emanuel Ringelblum, Historiker, Initiator


und Leiter des Untergrundarchivs Oneg Schabbat

Emanuel Ringelblum wurde am 7. März 1944 mit seiner Frau, seinem kleinen Sohn und
anderen Untergetauchten in einem Versteck aufgestöbert und einige Tage später mit seiner
Frau und seinem Sohn im Warschauer Pawiak-Gefängnis erschossen.

Zwei Eintragungen aus Ringelblums Kronika Getta Warszawskiego, die man nach dem
Krieg – versteckt in einer Milchkanne – fand:

Karnevalsfeier im Melody Palace. Die schönsten Beine wurden prämiert.


Februar 1941

Auf polnischen Straßen sieht man manchmal ein Lächeln, auf jüdischen – Trauer.

Die (Deutschen) haben zuerst Halina Dikstejn umgebracht und dann Ehrlich. Grund: Sie inter-
venierten auf dem Umschlagplatz und befreiten gegen Geld viele Leute. In ihren Wohnungen
hatten sie viele Chassiden versteckt. Sie hatten Kontakte zu Rabbinern. Sie hatten vor dem
Beginn der Deportation gewarnt, obwohl diese von Czerniakow abgeleugnet wurde. Sie hatten
versucht, mit Geld die Aktion abzuschwächen. Sie hatten Literaten, Schriftstellern, Schauspie-
lern usw. Bescheinigungen ausgestellt, dass sie Mitarbeiter der Firma „Kohn und Heller“ seien.
Jedermann hatte gedacht, dass sie die Gemeinde übernehmen würden.
306 IX. Melody Palace

Massenmord auch an bildenden Künstlern und Schauspielern. Sehr viele von ihnen arbeiteten
im shop197 von Heinz Müller. Das Unglück traf sie, weil Dr. Stabenow, der im Umsiedlungs-
stab die Entscheidung hatte, ob ein shop auf der Liste blieb oder gestrichen wurde, d. h. diesen
shop liquidieren ließ.

Sie kamen in den shop und nahmen alle mit, darunter eben auch die bildenden Künstler und
Schauspieler. Schuld an der Ermordung unserer Maler, Bildhauer, Schauspieler usw. trugen
die Leiter der shops, die ausschließlich ans Geld in ihrer Tasche dachten und in die guten
shops nur Leute aufnahmen, die enorm viel dafür zahlen konnten. Da die Künstler kein Geld
hatten, mussten sie in schlechten shops Schutz suchen und wurden bei der ersten Gelegenheit
liquidiert.

Fast während der ganzen Aussiedlungszeit wurde im KOM198-Büro gearbeitet. Ein Teil der
Mitarbeiter des KOM war in shops untergekommen. Die, die geblieben waren, dienten wort-
wörtlich bis zur letzten Sekunde der jüdischen Gemeinde. Manch wertvoller Mensch wurde
dank ihrer Bemühungen gerettet; dem Büro wurden Informationen über die Verhaftung und
Verschleppung zum Umschlagplatz dieses oder jenes Schriftstellers, Malers, Schauspielers
oder Funktionärs gemeldet. Anfangs waren die Interventionen des KOM in diesen Fällen so-
gar noch erfolgreich. In den ersten Tagen legten sie noch Wert auf die öffentliche Meinung.
Bald jedoch mussten sich die Vertreter der öffentlichen Meinung (das KOM) ihr Einspruchs-
recht mit teuren „Geschenken“ beim Kommandanten des Umschlagplatzes, bei Szmerling
erkaufen. Der Verbrecher Szmerling mit einer ungeheuren Peitsche in der Hand. Er hat
sich die Gnade Jener (der Deutschen) erworben. Mehrmals hatte er Polizisten die Nummer
heruntergerissen, die Juden auf dem Umschlagplatz freiließen. Getreu führt er ihre Anordnun-
gen aus.

Silvester in Warschau. General von Sammern sollte heute in der Gemeinde sein. Spaßvögel
sprechen, ein „glückliches neues Jahr“ zu wünschen. Man will ein jüdisches Theater gründen.
1. Januar 1943

197 shop – Geschäft, Lager – Werkstätten von Handwerkern (Schuster, Schneider, Kappenmacher
u. a.), wurden seit Januar 1941 im Ghetto eingerichtet; Grundlage bildeten Maschinen und Werk-
zeug, die die Handwerker selbst mitbringen mussten. Ab Ende 1941 wurden die Betriebe von
deutschen Firmen übernommen. Für die Ghettobewohner war es jedoch entscheidend, hier eine
Anstellung zu finden; nur so konnten sie sich eine ärmliche Existenz sichern und – später – den
Transport nach Treblinka für einige Zeit verzögern.
198 KOM – Komitet Opiekunczy Miejski – Städtisches Fürsorgekomitee, Bezeichnung für Abteilun-
gen der Zydowska Samopomoc Spoleczna (ZSS), der „Jüdischen Sozialen Selbsthilfe“ in Städten.
IX. Melody Palace 307

ePIlog

Das Warschauer Ghetto existierte in seiner ursprünglichen Form vom 16. November 1940
bis 22. Juli 1942. Letzteres Datum bedeutet nicht die vollständige Liquidierung des Ghettos,
sondern den Beginn einer 7-wöchigen Aussiedlungsaktion, in deren Verlauf 75 % der
Juden, d. h. 265 000 Juden, ins Vernichtungslager Treblinka gebracht wurden („Wielka
Akcja“). Diese Deportationen dauerten – mit Unterbrechungen – bis 12. September 1942:

1. Etappe: 22. – 30. Juli 1942

2. Etappe: 31. Juli – 14. August 1942

3. Etappe: 15. August – 6. September 1942

4. Etappe: 6. – 10. September 1942

Juden im Ghetto 15.11.1940: 450 000 –500 000

Juden im Ghetto 22.5.1942: 350 000

während der Aktion gestorben oder ermordet: 10 380

in Durchgangslager gebracht: 11 580

geschätzte Zahl der Juden, die auf die arische Seite gelangten: 8 000

geschätzte Zahl von im Ghetto verbliebenen Juden, illegal oder mit „Lebensnummern”:
35 000

in Vernichtungslager Deportierte: 265 000 199

199 Israel GutMann, Żydzi Warszawscy 1939 –1943, Warschau, 1993, 100, 273, 291–295.
308 Epilog

Abb. 63: „Umschlagplatz.”

Abb. 64: Transport nach Treblinka


Epilog 309

Abb. 65: Transport nach Treblinka

Abb. 66: Treblinka


310 Epilog

Abb. 67: Das Vernichtungslager Treblinka.


In der Ferne ist der Rauch über dem Lager sichtbar.
Epilog 311

VerzeIchnIs Der akteure

1. THEATERLEITUNG

Feyerman, A. Nowy Azazel Eigentümer und Verwalter

Fridman, Mieczysław Melody Palace Eigentümer

Hirszfeld, Józef Melody Palace Konzessionsinhaber


Femina Konzessionsinhaber

Judtowa, Regina Eldorado Konzessionsinhaberin


Nowy Azazel Konzessionsinhaberin
Melody Palace Konzessionsinhaberin

Jurandot, Jerzy Melody Palace Künstlerische und dramaturgische Leitung


bis Juni 1941
Femina Künstlerische und dramaturgische Leitung
ab Juni 1941

Marek, Andrzej Kameralny Konzessionsinhaber, Geschäftsführer,


dramaturgische und künstlerische Leitung,
Hausregisseur

Mendelson, Leon Na Pięterku Musikalische Leitung

Rubinsztajn, Leopold Melody Palace Musikalische Leitung

Ryba, Symcha Eldorado Direktion


Femina Direktion
Melody Palace Konzessionsinhaber

Samberg, Ajzyk Eldorado Künstlerische Leitung bis August 1941


Nowy Azazel Künstlerische Leitung ab August 1941

Sandler, Chaim Nowy Azazel Direktion, künstlerische Leitung

Tur, Artur Na Pięterku Künstlerische Leitung

Wesby, Ivo Nowy Azazel Musikalische Leitung


Femina ab Juni 1941 Musikdirektor und
Orchesterleiter
312 Verzeichnis der Akteure

Winder, Meier Eldorado Direktion


Femina Direktion

Wolsztejn, Arnold Eldorado Musikalische Leitung

2. AUTOREN

2.1 Autoren nach Zahl der gespielten Stücke

8 Jurandot, Jerzy Femina

6 Kalmanowicz, Zelig Eldorado, Nowy Azazel

4 Korn-Teuer, Igor S. Eldorado, Nowy Azazel, Melody Palace

4 Sigał, A. Eldorado, Nowy Azazel

4 Tuwim, Julian Femina

3 Hemar, Marian Femina, Kameralny

3 Tur, Artur Na Pięterku

3 Wolsztejn, Arnold Eldorado, Femina

2 Alejchem, Szolem Eldorado, Nowy Azazel

2 Asz, Szalom Nowy Azazel

2 Goldfaden, Abraham Nowy Azazel

2 Gordin, Jakub Mikhailovich Eldorado, Kameralny

2 Latajner, Josef Nowy Azazel

2 Pollatschek, Stefan Kameralny

2 Ryba, Jerzy „Jerry‟ Cafe Sztuka

2 Steinberg, Izio Eldorado

1 Ajnhorn, Aron Nowy Azazel

1 Angel, A. Eldorado

1 An-ski, Szymon Nowy Azazel


Verzeichnis der Akteure 313

1 Blum, L. Kameralny

1 Braunówna, Paula Femina

1 Fodor, László Femina

1 Frejman, I. Eldorado

1 Goldberg, S. Eldorado

1 Grodzieńska, Stefania Femina

1 Grey, Clifford und Femina


Newman, Greatrex

1 Kobryn, Leo Eldorado

1 Kulbak, Moische Eldorado

1 Lang, Ajb Eldorado

1 Lewi, H. Eldorado

1 Lilian, Izydor Nowy Azazel

1 Maj, Frederyk Femina

1 Majzel, J. Eldorado

1 Molière Nowy Azazel

1 Montgomery, J. Kameralny

1 Nachber Eldorado

1 Obwarzanek Nowy Azazel

1 Papiernikowa Eldorado

1 Rajzelman Eldorado

1 Richter, Mojsze Eldorado

1 Rozenfeld, Al. Femina

1 Schlechter, Emanuel Femina

1 Schor, Mojżesz Melody Palace


314 Verzeichnis der Akteure

1 Stein, Leo und Femina


Jenbach, Bela

1 Szpirówna, S. Kameralny

1 Tomaszewski, B. Nowy Azazel

1 Tykociński M. Melody Palace

1 Veiller, Bayard Femina

1 Zołotarewski, I. Nowy Azazel

1 Zylbergcwaig, Zalmen Eldorado

2.2 Autoren und ihre Stücke (alphabetisch)

Ajnhorn, Aron Der Karger Nowy Azazel

Alejchem, Szolem In Rejdł Eldorado


Dus Grojse Gewins Nowy Azazel

Angel, A. Di grine kale Eldorado

An-ski, Szymon Der Dybuk Nowy Azazel

Asz, Szalom Motke Ganew, Got fun nekume Nowy Azazel

Blum, L. Droga do szczęścia Kameralny

Braunówna, Paula Szafa Gra Femina

Grey, Clifford und Jim i Jill Femina


Newman, Greatrex

Fodor, László Matura Femina

Frejman, I. Unzer Rebeniu Eldorado

Goldberg, S. Di Inge Rebecn Eldorado

Goldfaden, Abraham Der Szarlatan, Sulamita Nowy Azazel


Verzeichnis der Akteure 315

Gordin, Jakub Mikhailovich In Rejdł Eldorado


Mirla Efros Kameralny

Grodzieńska, Stefania Od Gminy do Feminy Femina

Hemar, Marian Batalion Humoru, Jim i Jill Femina


Skarb pod latarnią Kameralny

Jurandot, Jerzy Batalion Humoru, Od Gminy do Feminy, Femina


Księżniczka Czardaszka (Bearbeitung),
Miłość szuka mieszkania (Bearbeitung),
Pan Hrabia to ja; Jarmark Śmiechu;
Tylko dla dorosłych; Dziewczę do
wszystkiego

Kalmanowicz, Zelig Di Mazeldyke Chasenene, Eldorado


Rywkełe dem Rebns, A hajm far
a mame, Dus Kabaret-Mejdł, Di
freiliche Mechutonim
Cwaj Ganowim Nowy Azazel

Kobryn, Leo Der Dorfs Jung Eldorado

Korn-Teuer, Igor S. Cype fun Nowolipie Eldorado


Nuch Halbe Nacht Nowy Azazel
Di idysze chasene, Freiliche Kabcunym Melody Palace

Kulbak, Moische In Rejdł Eldorado

Lang, Ajb Farkojfte neszumes Eldorado

Latajner, Josef Iszo Roo, Duweds Fidełe Nowy Azazel

Lewi, H. Di Komediantke Eldorado

Lilian, Izydor Harcer cu farkojfen Nowy Azazel

Maj, Frederyk Od Gminy do Feminy Femina

Majzel, J. Dus Dorfs Mejdł Eldorado

Molière Der Karger Nowy Azazel


316 Verzeichnis der Akteure

Montgomery, J. Potęga pieniądza Kameralny

Nachber Git mir ub mein harc Eldorado

Obwarzanek Die Lustike Kapele Nowy Azazel

Papiernikowa In Rejdł Eldorado

Pollatschek, Stefan Dr Berghof , Finał małżeństwa Kameralny

Rajzelman In Rejdł Eldorado

Richter, Mojsze Cu szpejt Eldorado

Rozenfeld, Al. Szafa Gra Femina

Ryba, Jerzy „Jerry‟ Żywe Dziennik Nr. 1, Żywe Dziennik Café Sztuka
Kropka nad I.

Schlechter, Emanuel Tylko dla dorosłych Femina

Schor, Mojżesz Di Rumenisze Chasene Melody Palace

Sigał, A. Gasnkind, Cypke Fajer, Godzina Eldorado


przed ślubem
Der Maskirter Nowy Azazel

Stein, Leo und Księżniczka Czardaszka Femina


Jenbach, Bela

Steinberg, Izio Icykł Szołtykł, Wus Majdłech Darfn Eldorado


Wisn!

Szpirówna, S. Sczęśliwe dni (Gastpiel Teatr Studio) Kameralny

Tomaszewski, B. Bar Micwo Nowy Azazel

Tur, Artur Wiosna idzie, Znicz na Pięterku, Na Pięterku


Szaleństwo na Pięterku

Tuwim, Julian Szafa Gra, Od Gminy do Feminy, Femina


Jarmark Śmiechu, Tylko dla dorosłych

Tykociński M. Di Idysze Chasene Melody Palace

Veiller, Bayard Sprawa przy drzwiach zamkniętych Femina


Verzeichnis der Akteure 317

Wolsztejn, Arnold In Rejdł Eldorado


Szafa Gra, Od Gminy do Feminy Femina

Zołotarewski, I. Man fur cwaj Frojen Nowy Azazel

Zylbergcwaig, Zalmen In Rejdł Eldorado

3. REGIE

3.1 Regisseure nach Zahl ihrer Regiearbeiten1200

12 Minowicz, Edmund Femina

11 Cymbalist, Karl Eldorado

10 Samberg, Ajzyk Nowy Azazel

8 Sandler, Chaim Nowy Azazel

7 Marek, Andzrej Kameralny

3 Kinelski, Józef Na Pięterku

3 Kutner, Szlomo Eldorado

3 Zajderman, Dawid Eldorado

2 Jurandot, Jerzy Femina

2 Regro, Zygmunt Femina

1 Herman, Dawid Nowy Azazel

1 Korn-Teuer, Igor S. Melody Palace

1 Perlmutter, Wolf Kameralny

1 Rozen, Symcha Eldorado

1 Stański, Staniswław Femina

1 Turkow, Jonas Femina

1 Wiskind, Maksymilian Eldorado

200 Einschließlich Regie bei einzelnen Revuenummern


318 Verzeichnis der Akteure

3.2 Regisseure und ihre Regiearbeiten (alphabetisch)2

Cymbalist, Karl In Rejdł, Di Mazeldyke Chasenene, Dus Dorfs Eldorado


Majdł, Di Komediantke, Rywkełe dem Rebns,
Icykł Szołtykł, Dus Kabaret-Mejdł, Di grine
kale, Di Inge Rebecn, Gasnkind, Wus Majdłech
Darfn Wisn!

Herman, Dawid Der Dybuk 201 Nowy Azazel

Jurandot, Jerzy Od Gminy do Feminy (Dramaturgie), Femina


Dziewczę do wszystkiego

Kinelski, Józef Wiosna idzie, Znicz na Pięterku, Szaleństwo Na Pięterku


na Pięterku

Korn-Teuer, Igor S. Di idysze chasene Melody Palace

Kutner, Szlomo Git mir ub mein harc, Di freiliche Mechutonim, Eldorado


Godzina przed ślubem

Marek, Andzrej Mirla Efros, Mojy żony mnie zdradzają, Kameralny


Skarb pod latarnią, Potęga pieniądza,
Dr Berghof, Pieśniarze, Finał małżeństwa

Minowicz, Edmund Batalion Humoru, Od Gminy do Feminy, Femina


Księżniczka Czardaszka, Róża Stambułu,
Miłość szuka mieszkania, Pan Hrabia to
ja, Jarmark Śmiechu, Tylko dla dorosłych,
Dziewczę do wszystkiego, Sprawa przy
drzwiach zamkniętych, Bajadera

Perlmutter, Wolf Sczęśliwe dni (Gastpiel Teatr Studio) Kameralny

Regro, Zygmunt Dziewczę do wszystkiego (Assistenz), Femina


Sprawa przy drzwiach zamkniętych (Assistenz)

Rozen, Symcha Farkojfte neszumes Eldorado

201 In der Anzeige GŻ 22.8.1941 führte lt. Programmzettel Dawid Herman Regie, „Reż.: w/g D.
Hermana.“ Barbara Engelking nennt Ajzyk Samberg als Regisseur vgl. Barbara EnGElkinG, Getto
Warszawskie, 638.
Verzeichnis der Akteure 319

Samberg, Ajzyk Got fun Nekume, Der Dybuk, Dus Grojse Nowy Azazel
Gewins, Der Karger, Der Szarlatan, Iszo Roo,
Bar Micwa, Duweds Fidele, Der Maskirter,
Sulamita

Sandler, Chaim Die Lustike Kapele, Motke Ganew, Hercer Nowy Azazel
zu farkojfen, Cwaj Ganowim, Man fur cwaj
Frojen, Nuch halbe Nacht

Stański, Staniswław Batalion Humoru Femina

Turkow, Jonas Matura Femina

Wiskind, Maksymilian Der Dorfs Jung Eldorado

Zajderman, Dawid Cype fun Nowolipie, A hajm far a mame, Eldorado


Unzer Rebeniu
320 Verzeichnis der Akteure

4. DARSTELLERINNEN UND DARSTELLER*

4.1 Darstellerinnen und Darsteller nach ihren Engagements

Vorstellungen Stücke Name

538 13 Cukier, Regina

386 11 Sztokfeder, Ewa

379 9 Bogdanowicz, Szymon

369 11 Rozen, Symcha

368 8 Oberska, Irena

358 10 Bryn, Maks

346 9 Rozen, Pola

324 13 Salwe, Icchak

321 8 Znicz, Michał

318 10 Birenbaum, Dawid

318 12 Minowicz, Edmund

311 7 Grochowska, Ina

307 13 Gazel, Róża

302 13 Sandlerówna, Róża

299 8 Grynszpan, Jakub

298 8 Garbarz, Fela

275 8 Welisz, Irena

264 12 Samberg, Ajzyk

262 11 Kinelski, Józef

259 8 Kurc, Abram

* siehe dazu auch Anmerkung auf S. 86


Verzeichnis der Akteure 321

259 9 Orenstein, Józef

247 11 Rozenfarb, M.

247 9 Rytowski, Leon

244 11 Grodzieńska, Stefania

238 5 Gliczyński, Marian

238 5 Korzelska, Felicja

230 10 Lewin, Chana

223 9 Sandler, Chaim

215 8 Kutner, Szlomo

213 5 Borowicz, Zenon

213 9 Zajderman, Harry

207 6 Cymbalist, Karl

203 12 Fostel, Symcha

201 7 Regro, Zygmunt

199 4 Rzęcki, Zygmunt

198 4 Moszkowicz, Ignacy

197 6 Blumenfeld, Diana

183 7 Połomska, Ada

179 7 Czałczyńska, Sylwia

173 9 Margot, Sara

169 5 Mannówna, Franciszka

168 7 Lerner, Chana

168 7 Zajderman, Dawid

163 7 Najwert, Józef


322 Verzeichnis der Akteure

161 4 Wernisówna, Jadwiga

154 4 Hinterhof, Maria

152 6 Balbirski, Hersz

152 5 Jawerbaumówna, Fela

149 4 Drybińska, Irena

148 4 Stański, Stanisław

140 4 Prusicka, Irena

106 4 Fakiel, Dora

105 2 Karo, Stanisław

102 4 Pałewska, H.

99 4 Zylberg, Jochewet

98 4 German, Gerszon

97 2 Szebego, Stanisław

96 3 Natan, Naomi

87 4 Wajnberg, Józef

83 2 Gersonówna, Bronisława

83 3 Hamburger, Dawid

79 3 Asman, S.

77 4 Łęczycka, Alina

71 3 Turkow, Jonas

69 1 Goldfluss, Rysio

69 1 Gotlib, Helena

69 2 Szeftel, Symcha

66 4 Rozencwajg, Chaim
Verzeichnis der Akteure 323

64 2 Winder, Meier

52 2 Dwoińska, Maria

47 1 Niedźwiecki, Alfons

46 2 Kac, M.

46 1 Lewi, Żak

46 2 Ostrowska, Helena

46 1 Uberman, Adam B.

45 4 Srebrzycki, Janusz

45 1 Wicher, Pinek

41 3 Goldenberg, Estera

39 1 Altman, Ludwik

39 1 Korn-Teuer, Igor S.

39 1 Wentland, Noemi

38 1 Kajzerowicz, Maria

37 1 Gran, Wiera

37 1 Karina, Zofia

37 1 Norski-Nożyca, Bołesław

37 1 Szklar, Zygmunt

37 1 Wajsfeld, J.

36 1 Malvano, Mario

27 1 Orleska, Miriam

26 1 Lodor, Niki

26 1 Marten, Mimi

25 1 Kon, Szlomo
324 Verzeichnis der Akteure

24 1 Hilsberg, Dvora

24 1 Kryńska, Ewa

24 1 Ler, Muni

23 1 Waks, C.

15 1 Lestan, Stanisław

6 1 Nisenzweig, R.

4.2 Darstellerinnen und Darsteller und ihre Engagements (alphabetisch)

Name Stücke Theater Engagement Stücke

Altman, 1 Kameralny 19.12.1941– Potęga pieniądza


Ludwik 21.01.1942
Asman, 3 Nowy Azazel 06.06.1941– Motke Ganew
S. 08.07.1941
12.09.1941– Dus Grojse Gewins
01.10.1941
05.12.1941– Libe und Farrat
31.12.1941
Balbirski, 6 Eldorado 02.05.1941– Rywkełe dem Rebens
Hersz 02.06.1941
08.08.1941– Unzer Rebeniu
31.08.1941
Nowy Azazel 14.11.1941– Der Karger, Libe und Farrat
03.12.1941
20.02.1942– Cu szpejt, Bar Micwa
31.03.1942
Birenbaum, 10 Eldorado 06.12.1940– In Rejdł
David 15.01.1941
14.02.1941– Dus Dorfs Mejdł, Di Kome-
09.07.1941 diantke, Rywkełe dem rebens,
Cype fun Nowolipie
Verzeichnis der Akteure 325

27.02.1942– Wus majdłech Darfn Wisn!,


19.06.1942 Godzina przed ślubem
Melody Palace 05.09.1941– Di Idysze Chasene
24.09.1941
24.10.1941– Di Rumenisze Chasene,
05.12.1941 Freiliche Kabcunym
Blumenfeld, 6 Femina 20.06.1941– Batalion Humoru, Szafa Gra
Diana 13.08.1941
06.03.1942– Matura, Jarmark Śmiechu,
27.05.1942 Tylko dla dorosłych
Kameralny 13.06.1942– Pocałunek przed lustrem
20.07.1942
Bogdanowicz, 9 Femina 20.06.1941– Batalion Humoru, Szafa Gra
Szymon 13.08.1941
Kameralny 17.09.1941– Moje żony mnie zdradzają,
05.02.1942 Skarb pod latarnią, Potęga
pieniądza, Dr Berghof
27.03.1942– Pieśniarze, Finał małżeństwa,
20.07.1942 Pocałunek przed lustrem
Borowicz, 5 Kameralny 19.12.1941– Potęga pieniądza, Dr Berghof
Zenon 21.01.1942
27.03.1942– Pieśniarze, Finał małżeństwa,
20.07.1942 Pocałunek przed lustrem
Bryn, 10 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł, Di Mazeldyke
Maks 25.03.1941 Chasenene, Dus Dorfs Mejdł
02.05.1941– Rywkełe dem Rebens, Cype
31.08.1941 fun Nowolipie, A hajm far a
mame, Unzer Rebeniu
24.10.1941– Icykł Szołtykł
12.11.1941
17.12.1941– Di Inge Rebecn
19.01.1942
21.06.1942 Der Dorfs Jung
326 Verzeichnis der Akteure

Cukier, 13 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł, Di Mazeldyke


Regina 02.06.1941 Chasenene, Dus Dorfs Mejdł,
Di Komediantke, Rywkełe
dem Rebens
26.09.1941– Icykł Szołtykł, Dus Kabaret
30.03.1942 Mejdł, Di grine kale, Di
Inge Rebecn, Gasnkind,
Wus Majdłech Darfn Wisn!
Femina 22.07.1941– Szafa Gra, Od Gminy do
17.09.1941 Feminy
Cymbalist, 6 Eldorado 17.01.1941– Di Mazeldyke Chasenene
Karl 12.02.1941
28.03.1941– Di Komediantke
30.04.1941
26.09.1941– Icykł Szołtykł, Dus Kabaret
12.11.1941 Mejdł
17.12.1941– Di Inge Rebecn
19.01.1942
23.04.1942– Di freiliche Mechutonim
22.05.1942
Czałczyńska, 7 Nowy Azazel 06.06.1941– Motke Ganew, Hercer cu
Sylwia 30.07.1941 farkojfen
12.09.1941– Dus Grojse Gewins, Cwaj
29.10.1941 Ganowim
14.11.1941– Der Karger, Libe und Farrat,
31.03.1942 Bar Micwa
Drybińska, 4 Na Pięterku 09.05.1941– Znicz na Pięterku
Irena 15.06.1941
Femina 20.06.1941– Batalion Humoru
20.07.1941
15.08.1941– Od Gminy do Feminy
17.09.1941
26.04.1942– Tylko dla dorosłych
27.05.1942
Verzeichnis der Akteure 327

Dwoińska, 2 Na Pięterku 09.05.1941– Znicz na Pięterku


Maria 15.06.1941
Femina 02.01.1942– Róża Stambułu
14.01.1942
Fakiel, 4 Eldorado 05.09.1941– Farkojfte Neszumes
Dora 24.09.1941
24.10.1941– Dus Kabaret Mejdł
12.11.1941
23.04.1942– Di freiliche Mechutonim
22.05.1942
21.06.1942 Der Dorfs Jung
Fostel, 12 Melody Palace 05.09.1941– Di Idysze Chasene, Szachne
Symcha 22.10.1941 wi lojfste
Eldorado 24.10.1941– Dus Kabaret Mejdł
12.11.1941

Nowy Azazel 05.12.1941– Libe und Farrat, Der Szarlatan,


02.06.1942 Iszo Roo, Cu szpejt, Bar
Micwa, Duweds fidełe, Der
Maskirter, Sulamita

Garbarz, 8 Eldorado 14.02.1941– Dus Dorfs Mejdł, Di Komedi-


Fela 31.08.1941 antke, Rywkełe dem Rebens,
Cype fun Nowolipie, A hajm
far a mame, Unzer Rebeniu

26.09.1941– Icykł Szołtykł


22.10.1941
17.12.1941– Di Inge Rebecn
19.01.1942
Gazel, 13 Nowy Azazel 06.05.1941– Di Lustike Kapele
Róża 04.06.1941
10.07.1941– Hercer cu farkojfen, Got fun
20.08.1941 nekume
12.09.1941– Dus Grojse Gewins, Cwaj
29.10.1941 Ganowim
328 Verzeichnis der Akteure

14.11.1941– Der Karger, Libe und Farrat,


06.05.1942 Der Szarlatan, Iszo Roo,
Cu szpejt, Bar Micwa,
Duweds fidełe, Der Maskirter
German, 4 Nowy Azazel 05.12.1941– Libe und Farrat
Gerszon 31.12.1941
Femina 29.05.1942– Dziewczę do wszystkiego,
24.06.1942 Sprawa przy drzwiach
zamkniętych
Kameralny 17.09.1941– Moje żony mnie zdradzają
29.10.1941
Gersonówna, 2 Kameralny 23.01.1942– Dr Berghof
Bronisława 05.02.1942
08.05.1942– Finał małżeństwa
11.06.1942
Gliczyński, 5 Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros
Marian 15.09.1941
19.12.1941– Potęga pieniądza, Dr Berghof
05.02.1942
27.03.1942– Pieśniarze, Finał małżeństwa
06.05.1942
Goldenberg, 3 Eldorado 06.12.1940– In Rejdł
Estera 15.01.1941
05.09.1941– Farkojfte Neszumes
24.09.1941
01.04.1942– Git mir ub mein harc
15.04.1942
Goldfluss, 1 Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros
Rysio 15.09.1941
Gotlib, 1 Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros
Helena 15.09.1941
Gran, 1 Femina 20.06.1941– Batalion Humoru
Wiera 20.07.1941
Verzeichnis der Akteure 329

Grochowska, 7 Femina 15.08.1941– Od Gminy do Feminy


Ina 15.09.1941
Kameralny 17.09.1941– Moje żony mnie zdradzają,
05.02.1942 Skarb pod latarnią, Potęga
pieniądza, Dr Berghof
27.03.1942– Pieśniarze, Finał małżeństwa
11.06.1942
Grodzieńska, 11 Femina 01.04.1942– Batalion Humoru, Szafa
Stefania 27.05.1942 Gra, Od Gminy do Feminy,
Księżniczka Czardaszka
20.06.1941– Róża Stambułu, Miłość szuka
28.10.1941 mieszkania, Pan Hrabia to ja
02.01.1942– Jarmark Śmiechu, Tylko dla
16.01.1942 dorosłych
20.06.1942– Sprawa przy drzwiach
20.07.1942 zamkniętych, Bajadera
Grynszpan, 8 Eldorado 17.01.1941– Di Mazeldyke Chasenene, Dus
Jakub 02.06.1941 Dorfs Mejdł, Di Komediantke,
Rywkełe dem Rebens
05.09.1941– Farkojfte Neszumes, Icykł
22.10.1941 Szołtykł
17.12.1941– Di Inge Rebecn, Gasnkind
25.02.1942
Hamburger, 3 Nowy Azazel 06.06.1941– Motke Ganew
David 08.07.1941
22.08.1941– Der Dybuk, Dus Grojse
01.10.1941 Gewins
Hilsberg, 1 Nowy Azazel 22.08.1941– Hercer cu farkojfen
Dvora 01.10.1941
Hinterhof, 4 Na Pięterku 14.04.1941– Wiosna idzie
Maria 07.05.1941
Melody Palace 26.09.1941– Szachne wi lojfste
22.10.1941
330 Verzeichnis der Akteure

Kameralny 27.03.1942– Pieśniarze, Finał małżeństwa


11.06.1942
Jawerbaumówna, 5 Eldorado 11.07.1941– A hajm far a mame, Unzer
Fela 22.10.1941 Rebeniu, Farkojfte Neszumes,
Icykł Szołtykł
27.02.1942– Wus Majdłech Darfn Wisn!
30.03.1942
Kac, 2 Nowy Azazel 22.08.1941– Der Dybuk, Dus Grojse
M. 01.10.1941 Gewins
Kajzerowicz, 1 Eldorado 02.05.1941– Rywkełe dem Rebens
Maria 02.06.1941
Karina, 1 Femina 20.06.1941– Batalion Humoru
Zofia 20.07.1941
Karo, 2 Kameralny 19.12.1941– Potęga pieniądza
Stanisław 21.01.1942
Femina 06.03.1942– Matura
30.03.1942
Kinelski, 11 Na Pięterku 09.05.1941– Znicz na Pięterku
Józef 15.06.1941
Femina 15.08.1941– Od Gminy do Feminy
17.09.1941
02.01.1942– Róża Stambułu
14.01.1942
20.02.1942– Pan Hrabia to ja, Matura,
20.07.1942 Jarmark Śmiechu, Tylko
dla dorosłych, Dziewczę
do wszystkiego, Sprawa przy
drzwiach zamkniętych,
Bajadera
Kon, 1 Eldorado 21.06.1942 Der Dorfs Jung
Szlomo
Korn-Teuer, 1 Eldorado 06.06.1941– Cype fun Nowolipie
Igor S. 09.07.1941
Verzeichnis der Akteure 331

Korzelska, 5 Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros, Potęga pieniądza,


Felicja 05.02.1942 Dr Berghof
27.03.1942– Pieśniarze, Finał małżeństwa
11.06.1942
Kryńska, 1 Femina 29.05.1942– Dziewczę do wszystkiego
Ewa 18.06.1942
Kurc, 8 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł
Abram 15.01.1941
14.02.1941– Dus Dorfs Mejdł
25.03.1941
03.09.1941– Farkojfte Neszumes, Icykł
12.11.1941 Szołtykł, Dus Kabaret Mejdł
23.04.1942– Di freiliche Mechutonim,
21.06.1942 Godzina przed ślubem, Der
Dorfs Jung
Kutner, 8 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł, Di Mazeldyke
Szlomo 12.02.1941 Chasenene
24.10.1941– Dus Kabaret Mejdł
12.11.1941
01.04.1942– Git mir ub mein harc, Cype
21.06.1942 fun Nowolipie, Di freiliche
Mechutonim, Godzina przed
ślubem, Der Dorfs Jung
Łęczycka, 4 Femina 22.07.1941– Szafa Gra
Alina 13.08.1941
19.09.1941– Księżniczka Czardaszka
28.10.1941
06.03.1942– Pan Hrabia to ja, Matura
30.03.1942
Ler, 1 Eldorado 03.09.1941– Farkojfte Neszumes
Muni 24.09.1941
Lerner, 7 Eldorado 06.06.1941– Cype fun Nowolipie, A hajm
Chana 31.08.1941 far a mame, Unzer Rebeniu
332 Verzeichnis der Akteure

Melody Palace 05.09.1941– Di Idysze Chasene, Szachne


05.12.1941 wi lojfste, Di Rumenisze Cha-
sene, Di freiliche kabcunym
Lestan, 1 Femina 02.01.1942– Róża Stambułu
Stanisław 14.01.1942
Lewi, 1 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł
Żak 15.01.1941
Lewin, 10 Nowy Azazel 06.05.1941– Di Lustike Kapele, Motke
Chana 04.06.1941 Ganew, Got fun nekume,
Der Dybuk

03.10.1941– Cwaj Ganowim


29.10.1941
05.12.1941– Libe und Farrat
31.12.1941
20.02.1942– Cu szpejt, Bar Micwa,
06.05.1942 Duweds fidełe, Der Maskirter
Lodor, 1 Femina 22.07.1941– Szafa Gra
Niki 13.08.1941
Malvano, 1 Femina 26.04.1942– Tylko dla dorosłych
Mario 27.05.1942
Mannówna, 5 Femina 20.06.1941– Batalion Humoru, Szafa Gra,
Franciszka 17.09.1941 Od Gminy do Feminy

26.04.1942– Tylko dla dorosłych


27.05.1942
Melody Palace 26.09.1941– Szachne wi lojfste
22.10.1941
Margot, 9 Nowy Azazel 06.06.1941– Motke Ganew, Hercer cu
Sara 30.07.1941 farkojfen
Melody Palace 24.10.1941– Di Rumenisze Chasene,
05.12.1941 Freiliche Kabcunym
Femina 02.01.1942– Róża Stambułu, Miłość szuka
18.02.1942 mieszkania
Verzeichnis der Akteure 333

06.03.1942– Matura, Jarmark Śmiechu


24.04.1942
Nowy Azazel 08.05.1942– Sulamita
02.05.1942
Marten, 1 Femina 22.07.1941– Szafa Gra
Mimi 13.08.1941
Minowicz, 12 Femina 20.06.1941– Batalion Humoru, Szafa Gra,
Edmund 28.10.1941 Od Gminy do Feminy,
Księżniczka Czardaszka
02.01.1942– Róża Stambułu, Miłość szuka
04.03.1942 mieszkania, Pan Hrabia to ja
01.04.1942– Jarmark Śmiechu, Tylko
20.07.1942 dla dorosłych, Dziewczę do
wszystkiego, Sprawa przy
drzwiach zamkniętych,
Bajadera
Moszkowicz, 4 Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros
Ignacy 15.09.1941
19.12.1941– Potęga pieniądza, Dr Berghof
05.02.1942
27.03.1942– Pieśniarze
06.05.1942
Najwert, 7 Nowy Azazel 06.05.1941– Motke Ganew, Hercer cu
Józef 20.10.1941 farkojfen, Got fun nekume,
Der Dybuk, Dus Grojse
Gewins, Cwaj Ganowim

Eldorado 21.06.1942 Der Dorfs Jung


Natan, 3 Eldorado 27.02.1942– Wus Majdłech Darfn Wisn!,
Naomi 30.03.1942 Di freiliche Mechutonim

21.06.1942 Der Dorfs Jung


Niedźwiecki, 1 Kameralny 27.03.1942– Pieśniarze
Alfons 06.05.1942
334 Verzeichnis der Akteure

Nisenzweig, 1 Femina 20.06.1942– Sprawa przy drzwiach zam-


R. 24.06.1942 kniętych
Norski-Nożyca, 1 Eldorado 27.02.1942– Wus Majdłech Darfn Wisn!
Bołesław 30.03.1942
Oberska, 8 Femina 20.06.1941– Batalion Humoru
Irena 20.07.1941
Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros, Moje żony mnie
05.02.1942 zdradzają, Skarb pod latarnią,
Potęga pieniądza, Dr Berghof
27.03.1942– Pieśniarze, Finał małżeństwa
11.06.1942
Orenstein, 9 Eldorado 27.02.1942– Wus Majdłech Darfn Wisn!
Józef 30.03.1942
14.04.1942– Cypke Fajer, Di freiliche
21.06.1942 Mechutonim, Godzina przed
ślubem
Femina 15.08.1941– Batalion Humoru, Od Gminy
28.10.1941 do Feminy, Księżniczka
Czardaszka
26.06.1942– Bajadera
20.07.1942
21.06.1942 Der Dorfs Jung
Orleska, 1 Femina 06.03.1942– Matura
Miriam 30.03.1942
Ostrowska, 2 Femina 26.06.1942– Księżniczka Czardaszka,
Helena 20.07.1942 Bajadera
Pałewska, 4 Nowy Azazel 06.06.1941– Motke Ganew
H. 08.07.1941
22.08.1941– Der Dybuk, Dus Grojse
10.09.1941 Gewins
05.12.1941– Libe und Farrat
31.12.1941
Verzeichnis der Akteure 335

Połomska, 7 Femina 16.01.1941– Miłość szuka mieszkania,


Ada 24.06.1942 Pan Hrabia to ja, Matura,
Jarmark Śmiechu, Tylko
dla dorosłych, Dziewczę do
wszystkiego, Sprawa przy
drzwiach zamkniętych
Regro, 7 Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros
Zygmunt 31.07.1941
Femina 16.01.1942– Miłość szuka mieszkania,
20.07.1942 Jarmark Śmiechu, Tylko
dla dorosłych, Dziewczę do
wszystkiego, Sprawa przy
drzwiach zamkniętych,
Bajadera
Rozen, 9 Eldorado 06.12.1940– In Rejdł, Di Mazeldyke
Pola 31.08.1941 Chasenene, Dus Dorfs Mejdł,
Di Komediantke, Rywkełe dem
Rebens, Cype fun Nowolipie,
A hajm far a mame, Unzer
Rebeniu
17.12.1941– Di Inge Rebecn
19.01.1942
Rozen, 11 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł
Symcha 15.01.1941
14.02.1941– Dus Dorfs Mejdł
25.03.1941
02.05.1941– Rywkełe dem Rebens, Cype
30.03.1942 fun Nowolipie, A hajm far
a mame, Unzer Rebeniu,
Farkojfte Neszumes,
Icykł Szołtykł, Dus Kabaret
Mejdł, Wus Majdłech Darfn
Wisn!
21.06.1942 Der Dorfs Jung
Rozencwajg, 4 Nowy Azazel 10.07.1941– Hercer cu farkojfen
Chaim 30.07.1941
336 Verzeichnis der Akteure

22.08.1941– Got fun nekume, Dus Grojse


01.10.1941 Gewins
05.12.1941– Libe und Farrat
31.12.1941
Rozenfarb, 11 Nowy Azazel 06.06.1941– Motke Ganew, Hercer cu
M. 29.10.1941 farkojfen, Got fun nekume,
Der Dybuk, Dus Grojse
Gewins, Cwaj Ganowim
14.11.1941– Der Karger, Libe und Farrat
31.12.1941
20.02.1942– Cu szpejt, Bar Micwa
31.03.1942
17.04.1942– Der Maskirter
06.05.1942
Rytowski, 9 Kameralny 31.10.1941– Skarb pod latarnią, Potęga
Leon 21.02.1942 pieniądza
Femina 20.02.1942– Pan Hrabia to ja, Matura,
20.07.1942 Jarmark Śmiechu, Tylko
dla dorosłych, Dziewczę do
wszystkiego, Sprawa przy
drzwiach zamkniętych,
Bajadera
Rzęcki, 4 Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros
Zygmunt 15.09.1941
23.01.1942– Dr Berghof
05.02.1942
27.03.1942– Pieśniarze, Finał małżeństwa
11.06.1942
Salwe, 13 Nowy Azazel 06.06.1941– Motke Ganew, Hercer cu
Icchak 30.07.1941 farkojfen
22.08.1941– Der Dybuk, Dus Grojse
29.10.1941 Gewins, Cwaj Ganowim
14.11.1941– Der Karger, Libe und Farrat
31.12.1941
Verzeichnis der Akteure 337

23.01.1942– Iszo Roo, Cu szpejt, Bar


02.06.1942 Micwa, Duweds fidełe, Der
Maskirter, Sulamita
Samberg, 12 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł
Ajzyk 15.01.1941
Nowy Azazel 01.08.1941– Got fun nekume, Der Dybuk
10.09.1941
03.10.1941– Cwaj Ganowim
29.10.1941
14.11.1941– Der Karger
03.12.1941
02.01.1942– Der Szarlatan, Iszo Roo,
02.06.1942 Cu szpejt, Bar Micwa,
Duweds fidełe, Der Maskirter,
Sulamita
Sandler, 9 Nowy Azazel 06.05.1941– Di Lustike Kapele, Motke
Chaim 29.09.1941 Ganew, Hercer cu farkojfen,
Got fun nekume, Der Dybuk,
Dus Grojse Gewins, Cwaj
Ganowim
05.12.1941– Libe und Farrat
31.12.1941
02.04.1942– Duweds fidełe
15.04.1942
Sandlerówna, 13 Nowy Azazel 06.05.1941– Di Lustike Kapele, Motke
Róża 10.09.1941 Ganew, Hercer cu farkojfen,
Got fun nekume, Der Dybuk

14.11.1941– Der Karger, Libe und Farrat


31.12.1941
23.01.1942– Iszo Roo, Cu szpejt, Bar
02.06.1942 Micwa, Duweds fidełe, Der
Maskirter, Sulamita
Srebrzycki, 4 Femina 02.01.1942– Róża Stambułu
Janusz 14.01.1942
338 Verzeichnis der Akteure

29.05.1942– Dziewczę do wszystkiego,


20.07.1942 Sprawa przy drzwiach
zamkniętych, Bajadera
Stański, 4 Femina 20.06.1941– Batalion Humoru, Szafa
Stanisław 28.10.1941 Gra¸ Od Gminy do Feminy,
Księżniczka Czardaszka
Szebego, 2 Kameralny 31.10.1941– Skarb pod latarnią
Stanisław 17.12.1941
23.01.1942– Dr Berghof
05.02.1942
Szeftel, 2 Eldorado 02.05.1941– Rywkełe dem Rebens
Symcha 02.06.1941
26.09.1941– Icykł Szołtykł
22.10.1941
Szklar, 1 Na Pięterku 01.04.1941– Wiosna idzie
Zygmunt 07.05.1941
Sztokfeder, 11 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł, Di Mazeldyke
Ewa 02.06.1941 Chasenene, Dus Dorfs Mejdł,
Di Komediantke, Rywkełe
dem Rebens
05.09.1941– Farkojfte Neszumes,
12.11.1941 Icykł Szołtykł,
Dus Kabaret Mejdł
17.12.1941– Di Inge Rebecn
19.01.1942
23.04.1942– Di freiliche Mechutonim
22.05.1942
21.06.1942 Der Dorfs Jung
Turkow, 3 Femina 06.03.1942– Matura
Jonas 30.03.1942
Kameralny 13.06.1942– Pocałunek przed lustrem
20.07.1942
Eldorado 21.06.1942 Der Dorfs Jung
Verzeichnis der Akteure 339

Uberman, 1 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł


Adam B. 15.01.1941
Wajnberg, 4 Nowy Azazel 14.11.1941– Der Karger, Libe und Farrat
Józef 31.12.1941
20.02.1942– Cu szpejt, Bar Micwa
31.03.1942
Wajsfeld, 1 Na Pięterku 09.05.1941– Znicz na Pięterku
J. 15.06.1941
Waks, 1 Nowy Azazel 22.08.1941– Der Dybuk
C. 10.09.1941
Welisz, 8 Eldorado 17.01.1941– Di Mazeldyke Chasenene
Irena 12.02.1941
02.05.1941– Rywkełe dem Rebens, Cype
31.08.1941 fun Nowolipie, A hajm far a
mame, Unzer Rebeniu
26.09.1941– Icykł Szołtykł
22.10.1941
17.12.1941– Di Inge Rebecn
19.01.1942
23.04.1942– Di freiliche Mechutonim
22.05.1942
Wentland, 1 Femina 16.01.1942– Miłość szuka mieszkania
Noemi 18.02.1942
Wernisówna, 4 Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros
Jadwiga 15.09.1941
19.12.1941– Potęga pieniądza
21.01.1942
27.03.1942– Pieśniarze
06.05.1942
20.06.1942– Sprawa przy drzwiach
24.06.1942 zamkniętych
Wicher, 1 Eldorado 28.03.1941– Di Komediantke
Pinek 30.04.1941
340 Verzeichnis der Akteure

Winder, 2 Eldorado 17.12.1941– Di Inge Rebecn


Meier 19.01.1942
21.06.1942 Der Dorfs Jung
Zajderman, 7 Eldorado 06.06.1941– Cype fun Nowolipie, A hajm
Dawid 31.08.1941 far a mame, Unzer Rebeniu
Melody Palace 05.09.1941– Di Idysze Chasene, Szachne
05.12.1941 wi lojfste, Di Rumenisze
Chasene, Freiliche Kabcunym
Zajderman, 9 Eldorado 06.06.1941– Cype fun Nowolipie, A hajm
Harry 31.08.1941 far a mame, Unzer Rebeniu
01.04.1942– Git mir ub mein harc,
22.05.1942 Di freiliche Mechutonim
21.06.1942 Der Dorfs Jung
Melody Palace 05.09.1941– Di Idysze Chasene,
05.12.1941 Di Rumenisze Chasene,
Freiliche Kabcunym
Znicz, 8 Na Pięterku 09.05.1941– Wiosna idzie, Znicz na
Michał 17.06.1941 Pięterku, Szaleństwo
na Pięterku

Kameralny 18.07.1941– Mirla Efros, Moje żony mnie


05.02.1942 zdradzają, Skarb pod latarnią,
Potęga pieniądza, Dr Berghof
Zylberg, 4 Eldorado 06.12.1940 – In Rejdł
Jochewet 15.12.1941
01.04.1941– Git mir ub mein harc,
21.04.1942 Cypke Fajer
24.05.1942– Godzina przed ślubem
19.06.1942
Verzeichnis der Akteure 341

5. TANZ UND CHOREOGRAPHIE

5.1 Theater Eldorado

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Holska, Solistin 28.03.1941– Di Komediantke 39


Ina 30.04.1941
Milsztejn, Solistin 06.12.1940 – In Rejdł 46
Estera 15.01.1941
Prusicka, Tanz, 06.12.1940 – In Rejdł 46
Irena Choreographie 15.01.1941
28.03.1941– Di Komediantke 39
09.09.1941 Rywkełe dem Rebens 38
Cype fun Nowolipie 39
05.09.1941 – Farkojfte Neszumes 23
12.11.1941 Icykł Szołtykł 31
Dus Kabaret Mejdł 23
27.02.1942 – Wus Majdłech Darfn 37
30.03.1942 Wisn!
21.06.1942 Der Dorfs Jung nicht ermittelt

5.2 Theater Na Pięterku

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Prusicka, Tanz, 14.04.1941– Wiosna idzie 37


Irena Choreographie 17.06.1941 Znicz na Pięterku 37
Szaleństwo na Pięterku nicht ermittelt

5.3 Theater Nowy Azazel

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Rajzer, Solistin 08.05.1942– Sulamita 30


Aneta 02.06.1942
342 Verzeichnis der Akteure

5.4 Theater Femina

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Berk, Solistin 22.07.1941– Szafa Gra 26


B. 13.08.1941

Holska, Solistin 22.07.1941– Szafa Gra 26


Ina 13.08.1941

Kami, Solistin 22.07.1941– Szafa Gra 26


S. 17.09.1941 Od Gminy do Feminy 39

Mannówna, Tanz, 20.06.1941– Batalion Humoru 37


Franciszka Choreographie 17.09.1941 Szafa Gra 26
Od Gminy do Feminy 39

26.04.1942– Tylko dla dorosłych 36


27.05.1942

Prusicka, Tanz, 20.06.1941– Batalion Humoru 37


Irena Choreographie 17.09.1941 Szafa Gra 26
Od Gminy do Feminy 39

26.06.1942– Bajadera 27
20.07.1942

Wolska, Solistin 15.08.1941– Od Gminy do Feminy 39


H. 17.09.1941

5.5 Theater Melody Palace

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Mannówna, Tanz, 05.09.1941– Di idysze chasene 23


Franciszka Choreographie 24.10.1941 Szachne wi lojfste 31
Di Rumenisze Chasene 16

05.12.1941 Di freiliche kabcunym nicht ermittelt


Verzeichnis der Akteure 343

6. KOMPONISTEN, SÄNGERINNEN UND SÄNGER, DIRIGENTEN

6.1 Theater Eldorado

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Ajzensztadt, Dirigent 06.12.1940 – In Rejdł 46


Dawid 12.02.1941 Di Mazeldyke Chase- 34
nene

Elsztejn, Komposition -- Rywkełe dem Rebens 38


M.

Fajwiszys, Komposition -- In Rejdł 46


Izrael

Gladsztejn, Chorleitung 06.12.1940 – In Rejdł 46


Izaak 12.02.1941 Di Mazeldyke Chase- 34
nene

Rechtcejt, Komposition -- Unzer Rebeniu 27


D.

Sekunda, Komposition -- Di Komediantke 39


Sz. Cype fun Nowolipie 39
Icykł Szołtykł 31
Wus majdłech Darfn 37
Wisn!

Somer, Komposition -- Dus Dorfs Mejdł 46


J.

Wolsztejn, Orchester- 06.12.1940 – In Rejdł 46


Arnold leitung 12.02.1941 Di Mazeldyke Chasenene 34

28.03.1941– Di Komediantke 39
12.11.1941 Rywkełe dem Rebens 38
Cype fun Nowolipie 39
A hajm far a mame 31
Unzer Rebeniu 27
Farkojfte Neszumes 23
Dus Kabaret Mejdł 23
344 Verzeichnis der Akteure

Zaks, Dirigent 01.04.1942– Git mir ub mein harc 17


Iccak 21.06.1942

6.2 Theater Na Pięterku

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Mendelson, Lieder und -- Wiosna idzie 37


Leon Liedtexte Znicz na Pięterku 37
Szaleństwo na Pięterku nicht ermittelt

6.3 Theater Nowy Azazel

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Wesby, Komposition, 06.05.1941– Di Lustike Kapele 32


Ivo Musikalische 30.07.1941 Motke Ganew 34
Leitung Hercer cu farkojfen 27

6.4 Theater Femina

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Fall, Komposition -- Róża Stambułu nicht ermittelt


Leo

Hemar, Lieder und -- Jim i Jill nicht ermittelt


Marian Liedtexte

Kálmán, Komposition -- Księżniczka Czardaszka 46


Emerich Bajadera
27

Osser, Einstudierung, 20.06.1941– Batalion Humoru 37


Anny Chorleitung 17.09.1941 Szafa Gra 26
Vokaltrio Od Gminy do Feminy 39
Verzeichnis der Akteure 345

Warsa, Komposition -- Szafa Gra 26


H.

Wesby, Komposition, 20.06.1941– Batalion Humoru 37


Ivo Musikalische 22.07.1941
Leitung

15.08.1941– Od Gminy do Feminy 39


28.10.1941 Księżniczka Czardaszka 46

01.04.1942– Jarmark Śmiechu 27


24.04.1942

29.05.1942– Dziewczę do wszyst- 24


20.07.1942 kiego
Bajadera 27

6.5 Theater Kameralny

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Spolański, Komposition Gastspiel Sczęśliwe dni nicht ermittelt


M. Teatr Studio

6.6 Theater Melody Palace

Name Position Engagement Stücke Aufführungen

Berland, Leitung 05.09.1941– Di idysze chasene 23


J. Orchester 22.10.1941 Szachne wi lojfste 31
Berland

Gebirtig, Komposition -- Di Rumenysze Chasene 16


Mordechai

Messing, Begleitung 05.09.1941– Di idysze chasene 23


M. 24.09.1941

Rumszyński, Komposition -- Di Rumenysze Chasene 16


A. Di freiliche kabcunym nicht ermittelt
346 Verzeichnis der Akteure

7. AUSSTATTUNG UND BÜHNENBILD

7.1 Theater Eldorado

Bühnenbild Stück Spielzeit Aufführungen

Liberman, Di Mazeldyke Chasenene 17.01.1941–12.02.1941 34


Aleksander

Dus Dorfs Mejdł 14.02.1941–25.03.1941 46

Di Komediantke 28.03.1941–30.04.1941 39

Cype fun Nowolipie 06.06.1941– 09.07.1941 39

A hajm far a mame 11.07.1941– 06.08.1941 31

Unzer Rebeniu 08.08.1941–31.08.1941 27

Der Dorfs Jung 21.06.1942, Premiere nicht ermittelt

7.2 Theater Na Pięterku

Bühnenbild Stück Spielzeit Aufführungen

Lewinson, Wiosna idzie 14.04.1941– 07.05.1941 37


Wit

Znicz na Pięterku 09.05.1941–15.06.1941 37

Szaleństwo na Pięterku 17.06.1941, Premiere nicht ermittelt

7.3 Theater Nowy Azazel

Bühnenbild Stück Spielzeit Aufführungen

Liberman, Di Lustike Kapele 06.05.1941– 04.06.1941 32


Aleksander

Motke Ganew 06.06.1941– 08.07.1941 37


Verzeichnis der Akteure 347

Hercer cu farkojfen 10.07.1941–30.07.1941 24

Got fun nekume 01.08.1941–20.08.1941 21

Der Dybuk 22.08.1941–10.09.1941 23

7.4 Theater Femina

Bühnenbild Stück Spielzeit Aufführungen

Liberman, Batalion Humoru 20.06.1941–20.07.1941 37


Aleksander

Od Gminy do Feminy 15.08.1941–17.09.1941 39

Księżniczka Czardaszka 19.09.1941–28.10.1941 46

Róża Stambułu 02.01.1942–14.01.1942 15

Dziewczę do wszystkiego 29.05.1942–18.06.1942 24

Sprawa przy drzwiach 20.06.1942–24.06.1942 6


zamkniętych

Bajadera 26.06.1942–20.07.1942 27

7.5 Theater Kameralny

Bühnenbild Stück Spielzeit Aufführungen

Liberman, Pieśniarze 27.03.1942– 06.05.1942 47


Aleksander

Szwarc, Mirla Efros 18.07.1941–15.09.1941 69 (76)


Rubin
348 Verzeichnis der Akteure
Verzeichnis der Akteure 349

lIteratur

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1939 –1945, Osnabrück, Fibre, 1999.

schMidt, Annalena, (Selbst-)Hilfe in Zeiten der Hilflosigkeit? Die „Jüdische Soziale


Selbsthilfe“ und die „Jüdische Unterstützungsstelle“ im Generalgouvernement
1939 –1944/45, Inaugural-Dissertation, Justus Liebig Universität Gießen, 2015.

turkow, Jonas, C’était ainsi: 1939 –1943 la vie dans le ghetto de Varsovie, Paris,
Austral, 1995.
Literatur 351

VerzeIchnIs Der abbIlDungen

Abb. 1: Rückseite des Umschlags:


Das von den Deutschen völlig zerstörte Warschau nach Unterdrückung des
Aufstandes von 1943. Foto Zbyszko Siemaszko, 1950.
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/9a/Warsaw_
Ghetto_destroyed_by_Germans%2C_1945.jpg [07.04.2021]

Abb. 2: Das Theater Nowości in der Długa-Straße 25 / Hipoteczna-Straße 8.


Quelle: http://www.eilatgordinlevitan.com/warsaw/w_pix/theater/061907_
04_b.gif. [13.04.2020]

Abb. 3: Das Scala, Dzielna-Straße 1.


Quelle: Jaroslaw Zielinski, „Przedwojenna Zydowska Warsawa”, 2012.

Abb. 4: Diana Blumenfeld.


Quelle: http://www.eilatgordinlevitan.com/warsaw/w_pix/theater/061907_
20_b.gif [07.04.2021]

Abb. 5: Vorkriegszeit. Theaterleute vor dem „Haus der Schauspieler.“


Quelle: Bild 6474. Mit freundlicher Genehmigung Ghetto Fighters’ House
Muzeum, Israel / Photo Archive

Abb. 6: „Café Splendid.“ (Leszno 12)


Quelle: MPW_IP-1283. Mit freundlicher Genehmigung Mieczysław
Bil-Bilażewski / Collections of the Warsaw Rising Muzeum

Abb. 7: Zeitungsjunge, Gazeta Żydowska, 1941.


Quelle: Bild: 3186_56. Mit freundlicher Genehmigung yad Vashem, Photo
Archive, Jerusalem.

Abb. 8: Gazeta Żydowska, Nr. 63, 25.07.1941, 6.


Quelle: https://cbj.jhi.pl/documents/791244/5/. [13.04.2020]

Abb. 9: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-19A / Ludwig Knobloch,
Mai 1941.

Abb. 10 und Cover: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-26A / Ludwig Knobloch, Mai 1941.
352 Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 11: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-34A / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 12: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Femina


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-29A / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 13: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Azazel


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-30A / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 14: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Azazel


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-32A

Abb. 15: Theater im Ghetto – möglicherweise Theater Azazel


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-31A / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 16: Teatr Eldorado, Dzielna-Straße 1 (Kinogebäude).


Quelle: unbekannt.

Abb. 17: Teatr Eldorado Ensemble.


Quelle: http://www.eilatgordinlevitan.com/warsaw/w_pix/theater/061907_
24_b.gif. [13.04.2020]

Abb. 18: Ankündigung des Teatr Eldorado, Dzielna-Straße 1.


Quelle: http://www.eilatgordinlevitan.com/warsaw/w_pix/theater/061907_
22_b.gif. [13.04.2020]

Abb. 19: Eingang des Theater Eldorado mit Plakaten von Rywkełe dem rebens.
Quelle: Bundesarchiv, Bild 1011-134-0771A-22 / Zermin, Sommer 1941.

Abb. 20: Eingang des Theater Eldorado mit Plakaten von Rywkełe dem rebens
(Ausschnitt).
Quelle: Bundesarchiv, Bild 1011-134-0771A-22 (Ausschnitt) / Zermin,
Sommer 1941.

Abb. 21: Szene aus Rywkełe dem rebns (Premiere 2. Mai 1941).
Quelle: Bundesarchiv, Bild 101l-134-0771A-28 / Zermin, Mai 1941.

Abb. 22: Szene aus Rywkełe dem rebens.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101l-134-0771A-23 / Zermin, Mai 1941.

Abb. 23: Szene aus Rywkełe dem rebens. Am Pult Arnold Wolsztejn.
Quelle: Bundesarchiv, Bild 101l-134-0771A-25 / Zermin, Mai 1941.
Verzeichnis der Abbildungen 353

Abb. 24: Szene aus Rywkełe dem rebens.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0770-33 / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 25: Eldorado-Premieren-Plakat in den Auslagen einer Metzgerei.


Quelle: Bild: 2536_6. Mit freundlicher Genehmigung yad Vashem, Photo
Archive, Jerusalem.

Abb. 26: Eldorado-Premieren Plakat in den Auslagen einer Metzgerei (Ausschnitt).


Quelle: Bild: 2536_6 (Ausschnitt). Mit freundlicher Genehmigung yad Vashem,
Photo Archive, Jerusalem.

Abb. 27: Dora Fakiel


Quelle: Bild 6467. Mit freundlicher Genehmigung Ghetto Fighters’ House
Muzeum, Israel / Photo Archive.

Abb. 28: Programm Dorfs-Jung.


Quelle: Bild 78B4973 Emanuel Ringelblum. Mit freundlicher Genehmigung
Jewish Historical Institute in Warsaw, Poland.

Abb. 29: Freikarte für Emanuel Ringelblum anlässlich der Premiere des ersten Stückes
In Rejdł im Teatr Eldorado.
Quelle: Bild 060508_55 Ringelblum. Mit freundlicher Genehmigung Jewish
Historical Institute in Warsaw, Poland.

Abb. 30: Żak Lewi.


Quelle: http://www.eilatgordinlevitan.com/warsaw/w_pix/theater/061907_
35_b.gif. [13.04.2020]

Abb. 31: Nowolipie-Straße 72, Eingangsbereich Teatr Nowy Azazel.


Quelle: http://3.bp.blogspot.com/-QgFA1cIIFky/Vfcv2r-TyzI/AAAAAAAAcA/
b4GaPd-z-5s/s1600/s1.jpg. [13.04.2020]

Abb. 32: Ajzyk Samberg.


Quelle: Bild 1211. Mit freundlicher Genehmigung Ghetto Fighters’ House
Muzeum, Israel / Photo Archive.

Abb. 33: Straßenhändler, rechts Verkäufer von Armbinden mit Davidstern; rechts oben an
der Hausmauer ein Azazel-Plakat, teilweise überklebt von einer „Anordnung.“
Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0782-20 / Ludwig Knobloch.

Abb. 34: Theater Nowy Azazel, Nowolipie-Straße 72, Große Revue.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0782-20 / Ludwig Knobloch (Ausschnitt).
354 Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 35: Teatr Nowy Azazel – Der Dybuk.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101l-134-0767-24A / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 36: Teatr Nowy Azazel – Der Dybuk.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101l-134-0767-23A / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 37: Nowy Teatr Azazel, Ajzyk Samberg in Wielka wygrana (Dus grojse gewins).
Quelle: Bild 6459. Mit freundlicher Genehmigung Ghetto Fighters’ House
Muzeum, Israel / Photo Archive.

Abb. 38: Sulamita – Chor.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101l-134-0767-40 / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 39: Sulamita – Chor.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101l-134-0767-37A / Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 40: Francziska Mannówna.


Quelle: https://de.findagrave.com/memorial/117685931/franciszka-rosenberg
#source [07.04.2021]

Abb. 41: Statisten als Publikum vor dem Eingang des Teatr Nowy Azazel.
Quelle: http://warsawid.blogspot.com/2015/09/jency.html. [13.04.2020]
Jency / Warszawa Identyfikacja.

Abb. 42: Statisten als Publikum im Zuschauerraum des Teatr Nowy Azazel.
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=FrfQnUMZFzA (Videostill).
[13.04.2020]

Abb. 43: Das Gebäude des Femina 1939, Leszno-Straße 35.


Quelle: https://www.warszawa.ap.gov.pl/referat_gabarytow/galerie/Leszno2_
galeria/4232.html?fbclid=IwAR0LwW6_JocHQyw_ScWNpnk3h2gueD7Skx
5ltE3eKK3LyRtmDkzx2FNZvyA. [04.10.2021]

Abb. 44: Teatr Femina, Innenansicht.


Quelle: https://jedenraz.files.wordpress.com/2014/12/dsc00583.jpg.
[13.04.2020]; Leo Ciak, Biedronka wpelznie na gruzy Feminy –
„Architekture”, 1964, nr 5, s. 192.

Abb. 45: Eingang zum Kino Femina, al. Solidarnosci 115, Warsawa.
Foto: Adrian Grycuk
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Femina_Cinema_in_
Warsaw#/media/File:Kino_Femina_w_Warszawie_01.JPG [07.04.2021]
Verzeichnis der Abbildungen 355

Abb. 46: Biedronka. Foto: Sebastian Szczepaniak


Quelle: https://www.wiadomoscihandlowe.pl/img/artykuly/2372_biedronka-
nie-zamknie-kina-femina_1.jpg. [07.04.2021]

Abb. 47: Ein „omnibus“ der Firma Kon und Heller.


Quelle: Narodowego Archivum Cyfrowego.

Abb. 48: Iwo Wesby


Quelle: Teatr Wielka operetka Programmheft S 7, https://fbc.pionier.net.pl/
details/nnbzqV3 [11.11.2021]

Abb. 49: Ankündigung Matura.


Quelle: Bild 37501. Mit freundlicher Genehmigung Ghetto Fighters’ House
Muzeum, Israel / Photo Archiv.

Abb. 50: Bajadera – Die letzte Premiere im Theater Femina.


Quelle: GZ/75/6/1942 – Anzeige.

Abb. 51: Andrzej Marek (Mark Arnstein).


Quelle: Bild 6413. Mit freundlicher Genehmigung Ghetto Fighters’ House
Muzeum, Israel / Photo Archive.

Abb. 52: Die Kirche „św. Augustyn“ in der Nowolipki-Straße 52 im zerstörten


Warschauer Ghetto.
Quelle: https://www.fakt.pl/hobby/historia/kosciol-na-nowolipkach-miej-
sce-w-ktorym-widziano-cudy/96elrw1. [13.04.2020]; The History Files,
European Kingdoms, Poland.

Abb. 53: Michał Znicz.


Quelle: Encyklopedia Teatru Polskiego.

Abb. 54: Szene aus Moje żony mnie zdradzają.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0767-20A/ Ludwig Knobloch, Mai 1941.

Abb. 55: Marian Hemar.


Quelle: Narodowego Archivum Cyfrowego

Abb. 56: Letzte Ankündigung für Droga do Szczescia im Nowy Teatr Kameralny.
Quelle: GŻ/87/6/1942, Freitag 24.07.1942.

Abb. 57: Melody Palace, Rymarska-Straße 12.


Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0782-16 / Ludwig Knobloch, Mai 1941.
356 Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 58: Abram Rubinsztajn.


Quelle: Bild 389. Mit freundlicher Genehmigung Ghetto Fighters’ House
Muzeum, Israel / Photo Archive.

Abb. 59: Straßenszene mit plakatierter Rubinsztajn-Revue Ałe Glach.


Quelle: FA109_21. Mit freundlicher Genehmigung yad Vashem, Photo Archive,
Jerusalem.

Abb. 60: Straßenszene mit plakatierter Rubinsztajn-Revue Ałe Glach.


Quelle: http://kolejkamarecka.pun.pl/_fora/kolejkamarecka/gallery/81_
1304407828.jpg. [13.04.2020]

Abb. 61: Marysia Ajzensztadt.


Quelle: DD 1309/2020 fot. Foto-Forbert, 1940-1942, Emanuel Ringelblum. .
Mit freundlicher Genehmigung Jewish Historical Institute in Warsaw, Poland.

Abb. 62: Emanuel Ringelblum, Historiker, Initiator und Leiter des Untergrundarchivs
Oneg Schabbat
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Emanuel_Ringelblum#
/media/File:EmanuelRingelblum_1900-1944.jpg [07.04.2021]

Abb. 63: „Umschlagplatz.”


Quelle: Bild 4613_18. Mit freundlicher Genehmigung yad Vashem, Photo
Archive, Jerusalem.

Abb. 64: Transport nach Treblinka vom Umschlagplatz im Warschauer Ghetto, 1942.
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/47/Umschlag-
platz_loading.jpg [07.04.2021]

Abb. 65: Transport nach Treblinka.


Quelle: https://treblinka.weebly.com/uploads/2/4/4/1/24412978/3782743_
orig.png. [07.04.2021].

Abb. 66: Treblinka death camp in Poland. railway sign at Yad Vashem, CC By-SA 3.0
Foto David Shankbone.
Quelle: railway sign at yad Vashem, CC By-SA 3.0.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Treblinka_Concentration_Camp_sign_
by_David_Shankbone.jpg [07.04.2021] Foto: David Shankbone

Abb. 67: Treblinka uprising (Zabecki 1943) 1. Januar 1943.


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Treblinka_uprising_(Z%C4%-
85becki_1943).jpg#/media/Datei:Treblinka_uprising_(Z%C4%85becki_1943).
jpg [07.04.2021] Foto: Franciszek Ząbecki.
Verzeichnis der Abbildungen 357

PersonenregIster

Ajnhorn / Eynhorn / Einhorn, Aron / Aaron Bogdanowicz, Szymon


Autor 18, 147, 165, 166, 189, 312, 314 Schauspieler 199, 208, 209, 210, 211, 212,
Ajzenberżanka, Helena 213, 233, 235, 244, 245, 252, 253, 254, 256,
Regisseurin, Choreographin 287 257, 259, 261, 262, 265, 266, 268, 269, 320,
Ajzensztadt, Dawid 325
Dirigent, Chorleiter des Synagogenchors Boren, Nadia
84, 88, 90, 343 Schauspielerin 245, 264
Ajzensztadt, Marysia Borowicz, Zenon
Sängerin, auf dem ‚Umschlagplatz‘ Schauspieler 244, 245, 259, 260, 261, 262,
erschossen 294, 294, 295, 296, 302, 303, 263, 265, 268, 269, 276, 321, 325
356 Boruński, Włodzimierz
Altman, Ludwik Schauspieler, Regisseur, hat überlebt 302,
Schauspieler 245, 260, 323, 324 303
Angel, A. Brachkowska, Mira
Autor 79, 84, 114, 312, 314 Schauspielerin 294, 295
Asman, S. Braunówna, Paulina / Paula
Schauspieler 146, 149, 152, 154 Autorin 63, 64, 201, 211, 213, 313, 314
Brojtman, Józef
Balbirski, Hersz Schauspieler 88, 89
Schauspieler 30, 31, 82, 96, 97, 146, 149, Bryn / Brin, Maks / Max
166, 167, 170, 171, 172, 322, 324 Schauspieler, 1943 im Warschauer Ghetto
Berland, Zygmunt verstorben 9, 21, 22, 30, 81, 83, 88, 89, 90,
Musiker 297, 299, 300 91, 93, 96, 97, 102, 103, 104, 105, 106, 108,
Birenbaum / Birnbaum, Dawid 112, 113, 115, 116, 117, 121, 124, 320, 325
Schauspieler 16, 22, 82, 83, 88, 89, 91, 94,
95, 96, 97, 102, 103, 116, 120, 124, 283, Chananowicz, Jadwiga
285, 297, 298, 299, 300, 301, 320, 324 Schauspielerin 211, 213
Blauszyld, Helena Cukier, Regina
Schauspielerin 245, 264 Schauspielerin, am 3. November 1943
Blondowska, Rysia bei der Aktion „Erntefest“ in Majdanek
Regisseurin 140, 141 erschossen 16, 20, 21, 23, 25, 27, 29, 30, 42,
Blum, L. 80, 81, 83, 87, 88, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96,
Autor 245, 270, 271, 280, 313, 314 97, 98, 101, 111, 112, 113, 114, 115, 116,
Blumenfeld, Diana 117, 123, 124, 125, 126, 127, 130, 131, 132,
Schauspielerin, hat überlebt 9, 10, 22, 30, 137, 181, 182, 200, 205, 211, 213, 214, 215,
42, 51, 122, 123, 177, 178, 181, 182, 196, 237, 238, 289, 320, 326
199, 200, 201, 205, 208, 209, 210, 211, 212, Cymbalist, Karl / Karol
203, 223, 224, 225, 226, 227, 235, 239, 269, Regisseur, Schauspieler, am 3. November
270, 271, 279, 280, 283, 289, 302, 303, 321, 1943 bei der Aktion „Erntefest“ in Majdanek
325, 351 erschossen 21, 22, 80, 81, 82, 83, 89, 90, 91,
358 Personenregister

92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 101, 111, 113, Fostel, Symcha / Symche
114,115, 116, 117, 119, 124, 125, 127, 130, Schauspieler, am 3. November 1943 bei der
131, 132, 135, 317, 318, 321, 326 Aktion „Erntefest“ in Majdanek erschossen
Czałczyńska, Sylwia 24, 26, 30, 31, 63, 82, 83, 87, 98, 102, 103,
Schauspielerin 146, 149, 152, 154, 155, 104, 105,106,107, 108, 113, 125, 126, 127,
156, 159, 160, 162, 163, 164, 165, 166, 129, 132, 133, 134, 135, 146, 149, 167, 168,
167, 169, 171, 321 169, 170, 171, 172,173, 174, 175, 177, 178,
Czerniakow, Adam 181, 182, 189, 190, 191, 233, 283, 285, 292,
Vorsitzender des Judenrats (1939 –1942), 294, 297, 298, 299, 300, 301, 302, 303, 304,
beging im Juli 1942 Selbstmord 18, 19, 38, 321, 327
59, 61, 62, 76, 125, 30 Fridman, Mieczysław
Czerwiński, Herman Verwaltungsdirektor 283, 285, 311
Theaterkritiker, Ende 1942 verstorben 19, Furmański, Adam
27, 30, 31, 40, 42, 43, 44, 45, 46, 48, 51, Dirigent 204
52, 60, 62, 63, 78, 79, 81, 143, 144, 169,
197, 220, 224, 233, 243, 262, 267, 284 Garbarz, Fela
Schauspielerin, im Warschauer Ghetto
Dicksztejn, Anna verstorben 81, 83, 91, 94, 95, 96, 97, 102,
Pianistin 294, 295 103,104,105, 112, 113, 115, 320, 327
Drybińska, Irena Gazel / Gazelówna, Róża
Schauspielerin 138, 141, 199, 208,209, Schauspielerin 31, 146, 149, 140, 152, 155,
210, 211, 212, 213, 226, 227, 235, 237, 156, 157, 158, 159, 162, 163, 164, 165, 166,
238, 328, 326 167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 184,
Dwoińska, Maria 186, 187, 188, 190, 191, 320, 327
Schauspielerin 138, 140, 141, 200, 205, German, Gerszon
219, 220, 323, 327 Schauspieler, in Treblinka vergast 43, 146,
149, 176, 199, 222, 228, 229, 230, 245, 252,
Elsztejn, M. 253, 254, 265, 322, 328, 351
Komponist 90, 97, 98, 131, 343 Gersonówna, Bronisława
Erwest, Ida Schauspielerin 245, 261, 262, 265, 268, 322,
Schauspielerin, Sängerin 24, 182, 292 328
Gladsztejn, Izrael
Fajwiszys, Izrael Musik- und Gesangslehrer, 1942 in Treblinka
Musiker und Chorleiter, 1943 im SS-Lager vergast 84, 88, 90, 343
Poniatowa ermordet 88, 343 Gliczyński, Marian
Fakiel / Fakielnówa, Dora Schauspieler 216, 217, 244, 245, 248, 249,
Schauspielerin, 1943 im SS-Lager 258, 260, 261, 262, 265, 266, 268, 321, 328
Poniatowa ermordet 82, 110, 111, 113, Gold, Artur
119,121, 126, 127, 177, 178, 281, 283, Leiter der Artur Gold Combo, 1943 in
294, 322, 327, 353 Treblinka vergast 70, 302, 303
Falk, Ada Goldberg, S.
Schauspielerin 122, 123 Autor 76, 79, 84, 114, 115, 313, 314
Feyerman / Frajman, A. Goldenberg / Goldinberg, Estera
Theaterbesitzer, Mäzen 142, 145, 311 Schauspielerin, April 1943 in einem Bunker
Firstenberg, Fela während des Ghettoaufstandes ermordet)
Schauspielerin 294, 295 8, 22, 82, 88, 89, 110, 111, 323, 328
Personenregister 359

Goldfaden, Abraham 257, 258, 259, 273, 274, 275, 312, 315,
Autor 144, 147, 168, 169, 173, 175, 181, 344, 355
190, 312, 314 Herman, Dawid
Goldfluss, Rysio Regisseur 147, 158, 160, 188, 317, 318
Schauspieler 245, 248, 249, 322, 328 Hilsberg, Dvora
Goldstadt, Irena Schauspielerin 146, 149, 155, 156, 324, 329
Schauspielerin 294, 295 Hinterhof, Maria
Gordin, Jakub Mikhailovich Schauspielerin 61, 66, 67, 122, 123, 137,
Autor 7, 17, 55, 78, 88, 89, 147, 168, 242, 138, 139, 141, 177, 178, 243, 245, 258, 265,
242, 245, 248, 249, 277, 278, 312, 315 268, 274, 275, 285, 299, 204, 222, 229
Gotlib, Helena Hirszfeld, Józef
Schauspielerin 20, 245, 248, 322, 328 Konzessionsinhaber 12, 198, 283, 285, 311
Gran, Wiera Holska, Ina
Schauspielerin und Sängerin, hat überlebt Tänzerin 84, 94, 95, 122, 123, 206, 214,
20, 25, 26, 64, 84, 200, 201, 205, 208, 209, 215, 341, 342
210, 235, 294, 302, 303, 323, 328
Grochowska, Ina Jawerbaumówna, Fela
Schauspielerin 200, 213, 237, 238, 244, Schauspielerin 82, 104, 105, 106, 108, 110,
245, 251, 253, 254, 256, 257, 259, 260, 111, 112, 113, 116, 117, 322, 330
261, 262, 265, 266, 268, 294, 295, 320, Judtowa, Regina
329 Konzessionsinhaberin 12, 31, 76, 77, 79,
Grodzieńska, Stefania 142, 145, 311
Schauspielerin und Autorin, hat überlebt Jurandot, Jerzy
25, 84, 177, 178, 195, 198, 200, 201, 205, Autor, künstlerischer Leiter, Dramaturg,
206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, Regisseur 195, 196, 197, 198, 201, 202,
215, 216, 217, 219, 220, 221, 222, 225, 203, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 215,
226, 227, 229, 230, 231, 232, 233, 235, 216, 217, 219, 220, 221, 222, 225, 226,
237, 238, 240, 287, 294, 302, 313, 315, 227, 228, 231, 232, 233, 234, 235, 237,
321, 329, 349 239, 240, 283, 284, 294, 311, 312, 315,
Grynspan, Icchak 317, 318, 349
Schauspieler 283
Grynszpan, Jakub Kac, M.
Schauspieler 25, 27, 81, 90, 91, 93, 94, Schauspieler 146, 149, 158, 160, 162, 163,
95, 96, 97, 110, 111, 112, 113, 115, 116, 323, 330, 354, 355
124, 125, 320, 329 Kajzerowicz, Maria
Schauspielerin 82, 96, 97, 323, 330, 367
Halpern, Herman Kalmanowicz, A.
Schauspieler 9 Autor 135, 144, 147, 148,, 164, 165, 189
Hamburger / Hamburgier, Dawid Kalmanowicz, Zelig
Schauspieler 9, 146, 149, 152, 158, 160, Autor 79, 84, 89, 90, 96, 97, 98, 103, 104,
163, 322, 329 105, 113, 114, 118, 131, 133, 312, 315
Hamerman, I. Kagan, Jakub
Musikalischer Leiter 269, 270, 271, 280 Orchesterleiter 302, 303, 367
Hemar, Marian (Hescheles, Jan Marian) Karina, Zofia
Autor, hat überlebt 20, 196, 201, 205, 208, Schauspielerin 122, 123, 200, 208, 209, 211,
210, 218, 226, 235, 239, 243, 245, 256, 235, 323, 330
360 Personenregister

Karo, Stanisław Łęczycka, Alina


Schauspieler 200, 223, 224, 245, 260, 322, Schauspielerin, Tänzerin 211, 212, 213, 216,
330 217, 222, 223, 224, 233, 322, 331
Karpiński, Henryk Lefelholz, Dolly
Schauspieler 122, 123 Schauspielerin 294, 395
Kawecka, Wiktoria Ler, Muni
Schauspielerin 122, 123 Schauspielerin 324, 331
Kinelski, Józef Lerner, Chana
Regisseur, Schauspieler 137, 138, 139, Schauspielerin, am 3. November 1943
140, 141, 199, 213, 214, 215, 216, 217, bei der Aktion „Erntefest“ in Majdanek
219, 220, 222, 223, 224, 225, 226, 227, erschossen 83, 87, 98, 102, 103, 104, 105,
228, 229, 230, 231, 232, 233, 237, 238, 106, 107, 108, 125, 129, 132, 133, 134, 135,
240, 283, 317, 318, 320, 330 170, 177, 178, 182, 268, 285, 292, 297, 298,
Klar, Zygmunt 299, 300, 301, 304, 321, 331
Schauspieler 138 Lestan, Stanisław
Kon, Szlomo Schauspieler 200, 205, 219, 220, 324, 332
Schauspieler 83,121, 323, 330 Lewi, H.
Korn-Teuer / Kornteuer / Korntayer, Autor 78, 84, 94, 313, 315
Igor S., Autor, Regisseur, Schauspieler, Lewi, Żak / Jack / Jacques
Ende 1941 in Auschwitz vergast 78, 82, Schauspieler, im Ghetto verstorben 63, 76,
84, 102, 103, 132, 142, 147, 149, 166, 82, 88, 89, 129, 323, 341, 353
167, 168, 178, 285, 286, 297, 298, 301, Lewin / Lewin-Sandlerówa, Chana
312, 315, 317, 323, 33 Schauspielerin 9, 30, 146, 149, 150, 151,
Korzelska, Felicja 152, 154, 155, 156, 157, 158, 159, 162, 163,
Schauspielerin 244, 245, 248, 249, 259, 164, 165, 167, 168, 170, 171, 172, 173, 174,
260, 261, 262, 265, 266, 268, 321, 331 184, 185, 186, 187, 188, 189, 191, 321, 332
Kryńska, Ewa Lewinson, Wit
Schauspielerin 200, 228, 229, 230. 298, Bühnenbildner 137, 138, 139, 346
324, 331 Liberman, Aleksander
Kulbak, Moische / Mosche Bühnenbildner 9, 85, 90, 91, 93, 94, 95, 96,
Schauspieler 88, 89, 313, 315 97, 98, 100, 102, 104, 106, 108, 111, 112,
Kurc, Abram 113, 121, 133, 136, 147, 150, 152, 155, 156,
Schauspieler, in Treblinka vergast 22, 82, 157, 158, 159, 171, 172, 184, 185, 186, 187,
83, 88, 89, 91, 93, 110, 111, 113, 114, 119, 188, 206, 208, 209, 211, 213, 214, 216, 217,
120, 121, 124, 127,320, 331 219, 220, 221, 228, 229, 230, 231, 232, 233,
Kutner, Szlomo 235, 239, 240, 257, 346, 347
Regisseur, Schauspieler, ermordet Lilian, Izydor
am 3. November bei der Liquidierung Autor 144, 147, 155, 156, 186, 187, 313,
des Arbeitslagers in Trawniki 45, 76, 82, 315
83, 88, 89, 90, 113, 117, 118, 119, 120, Lodor, Niki
121, 127, 317, 331 Schauspieler 200, 211, 212, 213, 323, 332
Kuźmiński, Adam
Schauspieler 294, 295 Maj, Frederyk
Autor 202, 213, 216, 237, 313, 315
Lang, Ajb Majzel, J.
Autor 78, 84, 108, 111, 313, 315 Autor 78, 84, 91, 92, 313, 315
Personenregister 361

Malvano, Mario des Warschauer Ghettos verstorben 63, 244,


Schauspieler 199, 225, 226, 323, 332 245, 248, 249, 259,260, 261, 262, 265, 266,
Mannówna / Mann, Franciszka 268, 321, 333
Tänzerin, Choreographin, in Auschwitz
vergast 84, 126, 127, 177, 178, 179, 196, Nachber
199, 205, 208, 209, 210, 211, 212, 213, Autor 79, 84, 117, 313, 316
214, 215, 226, 227, 235, 237, 238, 281, Najwert / Najwirt, Józef / Josef
284, 285, 286, 297, 298, 299, 301, 302, Schauspieler 22, 83, 121, 146, 149, 152,
303, 304, 321, 332, 342, 354 154, 155, 156, 157, 158, 160, 162, 163,
Marek, Andrzej (Mark Arnstein / Arnsztejn) 164, 165, 166, 186, 187, 321, 333
Konzessionsinhaber, künstlerischer Leiter, Natan / Natanówna, Naomi / Noemi / Ida
Dramaturg, Regisseur, 1943 in Treblinka Schauspielerin 8, 82, 83, 116, 117, 119,
vergast 16, 17, 31, 41, 50, 157, 233, 241, 121, 322, 333
242, 243, 244, 245, 248, 249, 250, 251, 252, Neuteich, Marian
253, 254, 256, 257, 259, 260, 261, 262, 263, Dirigent, in Treblinka ermordet 204, 284,
265, 266, 267, 268, 272, 273, 274, 275, 276, 268
275, 276, 311, 317, 318, 355 Niedźwiecki, Alfons
Margot, Sara Schauspieler 19, 245, 265, 266, 323, 333
Schauspielerin, im Pawiak-Gefängnis Nisenzweig, R.
ermordet 146, 149, 152, 154, 156, 175, Schauspieler 200, 229, 324, 334
199, 220, 221, 223, 224, 225, 226, 285, Norski-Nożyca, Bołesław
294, 295, 300, 301, 302, 321, 332 Schauspieler, in Lublin ermordet oder
Marten, Mimi in Majdanek vergast 25, 83, 116, 117, 122,
Schauspielerin 200, 205, 211, 212, 213, 123, 323, 334
323, 333 Nusbaum
Mazo, Mordechai Bühnenbildner 125, 126, 265
Schauspieler, beim Ghettoaufstand 1943 in
einem Bunker in der Franciszkańska Straße Oberska, Irena
verstorben 6, 22, 107, 303 Schauspielerin 200, 208, 210, 211, 244,
Mendelson, Leon 245, 248, 249, 252, 253, 254, 256, 257,
Komponist 137, 139, 140, 141, 311, 346 259, 260, 261, 262, 265, 266, 268, 320,
Messing, Felicja 334
Musikerin 286, 297, 299, 302, 303 Obwarzanek / obarzanek / ob-nek, J.
Milsztejn, Estera Autor 143, 147, 150, 313, 316
Tänzerin 84, 88, 89, 122, 123, 341 Orenstein / orensztejn, Józef
Minowicz, Edmund Schauspieler 20, 31, 50, 82, 83, 116, 117,
Regisseur, Schauspieler, 1943 in 118, 119, 120, 198, 205, 208, 209, 210,
Treblinka vergast 20, 25, 43, 177, 178, 214, 215, 216, 217, 231, 232, 233. 235,
195, 198, 200, 201, 205, 206, 207, 208, 237, 238, 240, 294, 321, 334
209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, Orleska, Miriam
217, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, Schauspielerin, 1943 in Treblinka vergast
226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 51, 200, 223, 224, 323, 334
234, 235, 237, 238, 239, 240, 281, 283, Osser, Anny
294, 302, 317, 318, 320, 333 Sängerin, Chorleiterin 205, 208, 209, 210,
Moszkowicz, Ignacy 211, 212, 214, 215, 235, 237, 238, 294,
Schauspieler, bei der ersten Liquidierung 344
362 Personenregister

Ostrowska, Helena Rozenbaum / Rosenbaum, Ignacy / Ignac


Schauspielerin 35, 199, 205, 216, 217, Musiker 322, 323
231, 232, 233, 240, 302, 303, 323, 334 Rozen / Rosen, Pola
Schauspielerin 81, 83, 88, 90, 91, 92, 94, 95,
Pałewska, H. 96, 97, 102, 103, 104, 105, 106, 108, 115,
Schauspielerin 146, 149, 152, 154, 158, 124, 320, 335
160, 162, 163, 167, 322, 334 Rozen / Rosen, Symcha
Papiernikowa Regisseur, Schauspieler 81, 83, 88, 91, 92,
Autorin 88, 89, 313, 316 96, 97, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106,
Perlmutter, Wolf 108, 110, 111,112, 113, 114, 116, 117, 121,
Regisseur 264, 317, 318 124, 127, 317, 318, 320, 335
Pięknowiści, B-cia Rozencwajg, Chaim
Schauspielerin 294, 295 Schauspieler 146, 149, 155, 156, 160, 162,
Połomska, Ada 163, 167, 169, 322, 335
Schauspielerin, im Juli 1942 nach Rozenfarb, M.
Treblinka deportiert und vergast 4, 5, Schauspieler 146, 149, 152, 154, 155, 156,
28, 35, 43, 199, 220, 221, 222, 223, 224, 157, 158, 160, 162, 163, 164, 165, 166, 167,
225, 226, 227, 228, 229, 230, 321, 335 169, 170, 171, 172, 321, 336
Prusicka, Irena Rozenfeld, Al.
Tänzerin, hat überlebt 21, 84, 88, 90, 91, Autor 208, 211, 223, 313, 316
94, 95, 96, 97, 98, 102, 103, 110, 111, 112, Rozen-Najwirt, R.
113, 114, 116, 117, 121, 122, 123, 124, Schauspieler 283
125, 127, 136, 137, 138, 139, 140, 141, Rubinsztajn / Rubinstein, Abram
182, 200, 205, 226, 227, 231, 233, 240, Schauspieler, in Treblinka vergast 288, 289,
269, 270, 271, 280, 294, 295, 302, 303, 356
322, 341, 342 Rubinsztajn / Rubinstein, Leopold
Pullman, Szymon Musikalischer Leiter 283, 285, 311
Dirigent, bei der ersten Aussiedlungs- Rumszyński, A.
aktion nach Treblinka vergast 62, 62, 295 Musiker 286, 300, 301, 304, 345
Ryba, Jerzy “Jerry”
Rabinowicz, Mieczysław Autor 196, 197, 201, 208, 213, 225, 226,
Musikalischer Leiter 65, 122, 123 312, 316
Rajzer / Reizer, Aneta / Anita Ryba, Symcha
Tänzerin, in Treblinka vergast 9, 147, 175, Theaterdirektor, Konzessionsinhaber 75, 76,
302, 341 79, 128, 212, 285, 311
Rechtcejt, D. Rytowski, Leon
Komponist 84, 106, 108, 343 Schauspieler 199, 220, 221, 222, 223, 224,
Regro, Zygmunt 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233,
Schauspieler, Regisseur, hat überlebt, 240, 245, 256, 257, 259, 260, 321, 336
beging später Selbstmord 21, 20, 43, 199, Rzęcki, Zygmunt
200, 220, 221, 225, 226, 227, 228, 229, Schauspieler, 1943 im Ghetto ermordet
230, 231, 232, 233, 234, 240, 244, 245, 245, 248, 249, 261, 262, 265, 266, 268, 321,
248, 249, 250, 283, 317, 318, 321, 335, 336
360
Richter, Mojsze Salwe / Salve, Icchak
Autor 144, 147, 169, 170, 313, 316 Schauspieler 31, 146, 149, 152, 154, 155,
Personenregister 363

156, 159, 162, 164, 166, 167, 169, 170, 171, Stański, Stanisław
172173, 174, 320, 336 Regisseur, Schauspieler 65, 122, 123, 124,
Samberg, Ajzyk 177, 178, 195, 199, 201, 208, 209, 210,
Künstlerischer Leiter, Regisseur, am 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 233,
7. November 1942 im Lager Poniatowa 235, 237, 238, 317, 322, 338
ermordet 9, 22, 26,26, 30, 31, 41, 45, 49, Steinberg / Stenberg, Izio
63, 75, 76, 79, 85, 88, 89, 107, 124, 125, Autor 41, 78, 111, 112, 116, 117, 123, 312,
144, 145, 146, 147, 148, 149, 157, 158, 316
159, 162, 163, 164, 165, 166, 168, 169, Świeca, Mieczysław
170, 171, 172, 173, 174, 175, 187, 188, Schauspieler 245, 264
189, 190, 191, 302, 303, 311, 317, 318, Szebego, Stanisław
319, 320, 337, 353, 354 Schauspieler 245, 247, 252, 253, 254, 256,
Sandler, Chaim 257, 260, 261, 262, 265, 268, 270, 271, 322,
Theaterdirektor, künstlerischer Leiter, 338
Regisseur, Schauspieler, am 3. November Szeftel, Symcha
1943 bei der Liquidierung des Arbeits- Schauspieler 9, 82, 96, 97, 112, 113, 124,
lagers Trawniki ermordet 6, 9, 12, 47, 322, 338
142, 144, 145, 146,147, 148, 149, 150, Szeps, Stanisław
151, 152, 154, 155, 156, 157, 158, 159, Schauspieler 294
160, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, Szklar, Zygmunt
171, 172, 173, 174, 175, 177, 179, 184, Schauspieler 137, 138, 139, 141, 323, 338
185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 311, Szpilman, H.
317, 319, 320, 321, 337 orchesterleiter 294, 295
Sandlerówna / Sandler, Róża / Roza / Rosa Szpirówna, S.
Schauspielerin 146, 150, 151, 152, 154, Autorin 244, 264, 314, 316
157, 158, 159, 170, 171, 172, 173, 174, Sztokfeder, Ewa
175, 320, 337 Schauspielerin 22, 81, 83, 88, 89, 93, 94,
Schlechter, Emanuel (“Olgierd Lech”) 95, 96, 97, 101, 110, 111,113, 114, 115,
Autor 201, 226, 227, 313, 316 119, 121, 124, 127, 320, 338
Schor / Schorr, Mojżesz Szwarc, Rubin
Autor 286, 300, 304, 313, 316 Bühnenbildner 243, 245, 249, 272, 347
Segałowicz, Klara
Schauspielerin, 1942 im Pawiak-Gefängnis Tur / Cwibak / Tur-Kozłowski, Artur
erschossen 7, 22, 107 Autor 137, 139, 140, 311, 312, 316
Sekunda, Szymon Turkow, Jonas / Jonasz
Komponist 41, 84, 94, 95, 102, 112, 115, Regisseur, Schauspieler, hat überlebt
116, 117, 343 7, 9, 13, 22, 23, 31, 43, 44, 49, 50, 78,
Somer, J. 138, 142, 147, 148, 181, 182, 196, 199,
Komponist 84, 91, 93, 343 200, 201, 223, 224, 245, 269, 270, 271,
Spolański, M. 279, 280, 317, 319, 322, 350
Musiker 264, 270, 271, 280, 345 Turkow, Zygmunt
Srebrzycki, Janusz Regisseur, Theaterleiter 7, 45
Schauspieler 43, 199, 219, 220, 223, 224, Tykociński, M.
228, 229, 230,231, 232, 323, 337 Dramaturg 297, 298, 299, 314, 316
Stańska, Stefania
Schauspielerin 199, 211
364 Personenregister

Uberman, Adam B. Wolsztejn, Arnold


Schauspieler 82, 88, 323, 339 orchesterleiter, Autor 79, 84, 87, 88, 89,
90, 91, 93, 94, 98, 101, 103, 104, 105, 106,
Wajnberg, Józef 108, 110, 112, 113, 124, 126, 127, 133, 204,
Schauspieler 146, 149, 156, 160, 166, 167, 205, 211, 213, 237, 297, 299, 312, 317,
169, 170, 171, 322, 339 343, 352
Wajnberg / Weinberg, Szymon
Schauspieler, am 3. November 1943 bei der Zajderman, Dawid
Liquidierung des Arbeitslagers Trawniki Regisseur, Schauspieler, am 3. November
ermordet 9 1943 bei der Aktion „Erntefest“ in
Wajsfeld, J. Majdanek erschossen 16, 24, 30, 63, 82, 83,
Schauspieler 138, 140, 141, 323, 339 87, 98, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108,
Waks, C. 125, 126, 127, 132, 133, 134, 135, 181, 182,
Schauspieler 146, 149, 159, 160, 324, 339 285, 297, 298, 299, 300, 301, 304, 319, 321,
Warm, Liliana 340
Musikerin 302 Zajderman, Harry
Warsa, H. Schauspieler, am 3. November 1943
Komponist 205, 211, 345 bei der Aktion „Erntefest“ in Majdanek
Welisz, Irena erschossen 16, 82, 83, 102, 103, 104, 105,
Schauspielerin 82, 83, 90, 96, 97, 102, 106, 107, 117, 121, 127, 285, 292, 294, 297,
103, 106, 112, 115, 119, 120, 339 298, 299, 301, 321, 340
Wentland, Noemi / Nina Zaks, Icchak
Schauspielerin 19, 200, 220, 221, 323, 339 Dirigent, in Treblinka vergast 117, 118, 121,
Wernisówna, Jadwiga 344
Schauspielerin 43, 200, 229, 230, 244, Znicz / Feiertag, Michał
245, 248, 249, 250, 322, 339 Schauspieler, bei der Liquidierung der
Wesby / Vesby / Singer, Iwo (Ignacy) psychiatrischen Klinik „Zofiówka“ in
Musikalischer Leiter, Komponist, Otwock ermordet oder durch Freitod ums
orchesterleiter, hat überlebt 20, 145, 147, Leben gekommen 138, 140, 141, 199, 200,
150, 152, 155, 198, 202, 203, 204, 205, 241, 244, 245, 247, 248, 250,251, 252, 253,
208, 209, 210, 211, 213, 215, 216, 217, 254, 257, 259, 260, 261, 262, 270, 271, 272,
219, 220, 221, 225, 226, 227, 228, 229, 273, 274, 275, 275, 276, 283, 289, 294, 316,
231, 232, 233, 235, 237, 239, 240, 311, 318, 320, 326, 330, 340, 355
344, 345, 355 Żołaterewski, I.
Wicher, Pinek Autor 147, 165
Schauspieler 82, 94, 95, 323, 339 Zylbercwajg, Zalman
Winder, Meier / Meir Autor 78, 84, 88, 89
Theaterdirektor 21, 23, 30, 75, 76, 79, 82, Zylberg, Jochewet
87, 106, 107, 115, 121, 198, 312, 323, 340 Schauspielerin 82, 83, 89, 117, 118, 120,
Wiskind, Maksymilian / Maks 126, 127, 317, 322, 340
Regisseur, von Ukrainern ermordet 7, 8,
78, 83, 121, 136, 317, 319
Wolfowicz, A.
Sänger 83, 88, 89
Wolska, H.
Tänzerin 206, 214, 215, 342
Personenregister 365

stückeregIster

A Hajm far a Mame 79, 82, 83, 84, 85, 86,121, 122 136, 146,
(Zelig Kalmanowicz) 16, 45, 78, 84, 86, 199, 319, 327, 330, 331, 333, 335, 338, 340,
103, 104, 105, 106, 133, 134, 135, 315, 341, 346, 353
319, 325, 327, 330, 331, 335, 339, 340,
343, 346 Der Dybuk
(Szalom An-ski) 144, 146, 147, 148, 149,
Bajadera 158,159, 160, 161,188. 243, 313, 318, 319,
(Emerich Kálmán, Adaption Jerzy Jurandot) 330, 332, 333, 334, 337, 339, 347, 354
17, 27, 42, 195, 198, 199, 200, 202, 205, Der Karger
206, 207, 231, 232, 233, 240, 318, 329, (Molière, Adaption Aron Ajnhorn) 144, 147,
330, 333, 334, 335, 336, 338, 342, 344, 149, 165, 189, 314, 315, 319, 324, 326, 328,
345, 347, 355 336, 337, 339
Bar Micwa Der Maskirter
(B. Tomaszewski) 144, 150, 171, 172, (W. Sigał) 147, 150, 173, 174, 191, 316,
319, 324, 326, 327, 328, 332, 336, 337, 319, 327, 328, 332, 336, 337
339 Der Szarlatan
Batalion Humoru (Jakub Mikhailovich Gordin und
(Marian Hemar) 29, 82, 195, 197, 199, Abraham Goldfaden) 144, 147, 150, 168,
200, 201, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 190, 314, 319, 327, 328, 328, 337
211, 212, 232, 235, 236, 237, 315, 318, Di freiliche Mechutonim
319, 325, 326, 328, 329, 330, 332, 333, (Zelig Kalmanowicz) 16, 45, 59, 82, 84, 86,
334, 338, 342, 344, 345 118, 119, 315, 318, 326, 327, 331, 333, 335,
338, 340
Cu szpejt Di grine Kale
(Mojsze Richter) 147, 150, 169, 170, 316, (A. Angel) 79, 84, 86, 114, 135, 314, 318,
324, 327, 328, 332, 336, 337, 339 326
Cwaj Ganowim Di Idysze Chasene
(A. Kalmanowicz) 44, 47, 144, 147, 148, (Igor S. Korn-Teuer) 50, 83, 142, 284, 185,
149, 164,165, 189, 315, 319, 326, 327, 186, 297, 298, 304, 315, 316, 318, 325, 327,
332, 333, 336, 337 332, 340, 342, 345
Cype fun Nowolipie Di Inge Rebecn
(Igor S. Korn-Teuer) 86, 98, 102, 103, 315, (S. Goldberg) 45, 79, 82, 84, 114, 115, 314,
319, 323, 325, 327, 330, 331, 335, 339, 318, 325, 326, 327, 329, 335, 338, 339, 340
340, 341, 343, 346 Di Komediantke
Cypke Fajer (H. Lewi) 86, 94, 95, 96, 315, 318, 326, 327,
(J. Sigal) 27, 45, 79, 84, 85, 86, 118, 316, 329, 335, 338, 339, 341, 343, 346
334, 340 Di Mazeldyke Chasenene
(Zelig Kalmanowicz) 45, 78, 84, 86, 89, 90,
Der Dorfs Jung 124, 315, 318, 325, 326, 329, 331, 336, 339,
(Leon Kobryn) 8, 27, 42, 48, 49, 75, 78, 343, 346
366 Stückeregister

Di Rumenisze Chasene Gasnkind


(Mojżesz Schor) 16, 284, 285, 286, 297, (A. Sigal) 27, 45, 79, 84, 85, 86, 115, 316,
300, 303, 316, 325, 332, 340, 342 318, 326, 329
Die Lustike Kapele Git mir ub mein harc
(J. obwarzanek, Fajn) 42, 142, 143, 147, (Nachber) 79, 84, 85, 86, 117, 316, 318,
149, 150, 151, 153, 184, 316, 319, 327, 328, 331, 340, 344
332, 337, 344, 346 Godzina przed ślubem
Dr Berghof przyjmuje od 2– 4 (A. Sigal) 42, 79, 84, 86, 120, 316, 318, 325,
(Stefan Pollatschek) 243, 245, 245, 260, 331, 334, 340
261, 262, 263, 267, 270, 276, 277, 316, 318, Got fun nekume
325, 328, 329, 331, 333, 334, 336, 338, 340 (Szalom Asz) 149, 157, 158, 187, 188, 314,
Droga do szczęścia 319, 327, 332, 333, 336, 337, 347
(L. Blum) 27, 244, 245, 246, 247, 269,
270, 271, 279, 280, 314, 355 Hercer cu farkojfen
Dus Dorfs Mejdł (Izydor Lilian; Józef Najwert) 144, 146,
(J. Majzel) 14, 16, 41, 44, 78, 84, 85, 86, 147, 149, 155, 156, 157, 186, 187, 319, 326,
91, 92, 93, 124, 130, 131, 315, 324, 327, 327, 329, 332, 333, 335, 336, 337, 344, 347
329, 331, 335, 338, 343, 346
Dus Grojse Gewins Icykł Szołtykł
(Szolem Alejchem) 144, 146, 147, 148, (Izio Steinberg) 44, 45, 78, 84, 86, 111, 112,
149, 162, 163, 314, 319, 324, 326, 329, 123, 135, 318, 325, 326, 327, 329, 330, 331,
330, 332, 334, 336, 337, 354 335, 338, 339, 341, 343
Dus Kabaret Mejdł In Rejdł
(Zelig Kalmanowicz) 16, 45, 79, 82, 83, (Szolem Alejchem,
84, 86, 113, 127, 135, 315, 318, 326, 327, Adaption Arnold Wolsztejn) 26, 75, 78, 79,
331, 335, 338, 341, 343 82, 83, 84, 85, 86, 88, 89, 90, 128, 129, 130,
Duweds Fidełe 314, 315, 316, 317, 318, 324, 325, 326, 328,
(Josef Latajner) 144, 147, 148, 150, 172, 331, 332, 335, 337, 338, 339, 340, 341, 343,
173, 315, 319, , 327, 328, 332, 337 353
Dziewczę do wszystkiego Iszo Roo
(Adaption Jerzy Jurandot) 197, 199, 200, (Josef Latajner) 144, 147, 148, 150, 168,
201, 202, 207, 228, 315, 318, 328, 330, 169, 190, 315, 319, 327, 328, 337
331, 333, 335, 336, 338, 345, 347
Jarmark Śmiechu
Farkojfte neszumes (Jerzy Jurandot) 197, 200, 205, 207, 225,
(Ajb Lang) 44, 78, 83, 84, 86, 87, 108, 226, 315, 316, 318, 325, 329, 330, 333, 335,
111, 112, 123, 135, 315, 318, 327, 328, 336, 345
331, 335, 338, 341, 343 Jim i Jill
Finał małżeństwa (Clifford Grey und Greatrex Newman,
(Stefan Pollatschek, Adaption Marian Hemar) 13, 297, 201,
Adaption Andrzej Marek) 17, 42, 244, 205, 206, 207, 218, 238, 239, 257, 314, 351,
245, 247, 267, 268, 277, 278, 316, 318, 344
325, 328, 329, 330, 331, 334, 336
Freiliche Kabcunym Księżniczka Czardaszka
(Igor S. Korn-Teuer) 27, 82, 284, 285, 286, (Emerich Kálmán,
297, 301, 315, 325, 332, 340, 342, 345 Adaption Jerzy Jurandot) 196, 197, 198,
Stückeregister 367

199, 200, 201, 202, 205, 206, 207, 216, Pan hrabia to ja
217, 218, 219, 233, 238, 315, 316, 318, (Adaption Jerzy Jurandot) 197, 200, 202, 207,
329, 331, 333, 334, 338, 344, 345, 347 222, 315, 318, 329, 330, 331, 333, 335, 336
Pieśniarze
Libe und Farrat (Andrej Marek) 16, 17, 41, 244, 245, 236,
(Adaption Igor S. Korn-Teuer) 144, 146, 247, 262, 263, 265, 266, 267, 277, 278, 318,
147, 150, 166, 167, 168, 189, 324, 326, 325, 328, 329, 330, 331, 333, 334, 336, 339,
327, 328, 332, 334, 336, 337, 339 347
Pocałunek przed lustrem
Man fur cwaj Frojen (László Fodor,
(I. Żołaterewski) 144, 147, 149, 165, 317, Adaption Jonas Turkow) 17, 244, 245, 247,
319 269, 279, 325, 338
Matura Potęga pieniądza
(László Fodor) 197, 200, 201, 207, 223, (J. Montgomery) 243, 245, 247, 259, 260,
224, 225, 326, 239, 314, 319, 325, 330, 261, 275, 276, 316, 318, 324, 325, 328, 329,
331, 333, 334, 335, 336, 338, 355 330, 331, 333, 334, 336, 339, 340
Miłość szuka mieszkania
(Jerzy Jurandot) 19, 32, 33, 197, 200, 201, Róża Stambułu
206, 207, 220, 221, 239, 315, 318, 329, (Leo Fall) 40, 197, 199, 200, 201, 202, 204,
332, 333, 335, 339 205, 206, 207, 219, 220, 239, 318, 327, 329,
Mirla Efros 330, 332, 333, 337, 344, 347
(Jakub Mikhailovich Gordin) 11, 15, 18, Rywkełe dem Rebens
27, 38, 50, 55, 56, 199, 242, 243, 244, 245, (Zelig Kalmanowicz) 27, 45, 78, 80, 82, 84,
246, 247, 248, 249, 250, 251, 253, 270, 97, 324, 325, 326, 327, 329, 330, 335, 338,
272, 273, 315, 318, 328, 331, 333, 334, 339, 341, 343, 352, 353
335, 336, 339, 340, 347
Moje żony mnie zdradzają Skarb pod latarnią
(Laurent Doillet) 15, 17, 18, 243, 245, (Marian Hemar) 13, 15, 243, 245, 246, 247,
246, 247, 241, 252, 253, 254, 256, 260, 256, 257, 260, 273, 274, 275, 315, 318, 325,
270, 273, 325, 328, 329, 334, 340, 355 329, 334, 336, 338, 340
Motke Ganew Sprawa przy drzwiach zamkniętych
(Chaim Sandler) 17, 45, 143, 147, 149, (B. Weiler) 14, 15, 16, 17, 27, 42, 43, 197,
152, 154, 155, 156, 185, 186, 314, 319, 199, 200, 206, 207, 229, 230, 316, 318, 328,
324, 326, 329, 332, 333, 334, 336, 337, 329, 330, 333, 334, 335, 336, 338, 339, 347
344, 346 Sulamita
(Abraham Goldfaden) 8, 9, 42, 144, 146,
Nuch Halbe Nacht 147, 148, 150, 175, 176, 181, 199, 314, 319,
(Igor S. Korn-Teuer) 27, 142, 144, 147, 327, 333, 337, 341, 354
148, 149, 150, 177, 315, 319 Szachne wi lojfste
(unbekannt) 50, 284, 285, 286, 297, 299,
Od gminy do Feminy 300, 327, 329, 332, 340, 342, 345
(Jerzy „Jerry“ Ryba) 80, 81, 197, 199, Szafa gra!
200, 201, 205, 206, 207, 213, 214, 215, (Julian Tuwim) 29, 80, 81, 196, 197, 198,
216, 237, 239, 315, 316, 317, 318, 326, 199, 200, 201, 205, 207, 211, 212, 232, 336,
329, 330, 332, 333, 334, 338, 342, 344, 237, 314, 316, 317, 325, 326, 329, 331, 332,
345, 347 333, 338, 342, 344, 345
368 Stückeregister

Szaleństwo na Pięterku 107, 108, 109, 125, 134, 135, 314, 319,
(Artur Tur) 27, 138, 139, 140, 316, 318, 324, 325, 327, 330, 331, 335, 339, 340,
340, 341, 344, 346 343, 346
Szczęśliwe dni
(Claude André Puget, Wiosna Idzie
Adaption S. Szpirówna) 42, 243, 245, 247, (Artur Tur) 137, 139, 316, 318, 329, 338,
264, 316, 318, 345 340, 341, 344, 346
Wus Majdłech Darfn Wisn!
Tylko dla dorosłych (Izio Steinberg) 45, 79, 83, 84, 86, 116,
(Jerzy „Jerry“ Ryba) 42, 197, 200, 206, 117, 316, 316, 325, 326, 330, 333, 334,
207, 226, 227, 315, 316, 318, 325, 326, 335, 341, 343
329, 330, 332, 333, 335, 336, 342
Znicz na Pięterku
Unzer Rebeniu (Artur Tur) 138, 139, 141, 199, 200, 316,
(I. Frejman) 45, 78, 82, 83, 84, 86, 105, 106, 318, 326, 327, 330, 339, 340, 341, 344, 346

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