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Raphaela Schätz

Deutsch als Zweit-


sprache fördern
Studie zur mündlichen Erzählfähigkeit
von Grundschulkindern
Deutsch als Zweitsprache fördern
Raphaela Schätz

Deutsch als
Zweitsprache fördern
Studie zur mündlichen Erzählfähigkeit
von Grundschulkindern
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Heinz Mandl
Raphaela Schätz
München, ­Deutschland

Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München, 2016

ISBN 978-3-658-15867-5 ISBN 978-3-658-15868-2 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-658-15868-2

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„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“

Ludwig Wittgenstein (1998 – 1951)


Geleitwort

Sprachliche Fähigkeiten sind für die persönliche Entwicklung jedes Einzelnen


sowie die Teilhabe an Bildung und Gesellschaft von großer Bedeutung. Dieser
Zusammenhang nimmt sowohl in wissenschaftlichen als auch in politischen
Diskussionen einen zentralen Stellenwert ein und wirft immer wieder die Frage
auf, wie sprachliche Fähigkeiten gefördert werden können. Dabei sind in Ver-
bindung mit politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen vor allem Kinder
im Fokus, die aufgrund ihrer Migrationsgeschichte zwei- oder mehrsprachig
aufwachsen und in bildungsfernen Familien leben. Bisher ist es kaum gelungen,
die Wirksamkeit bestehender Sprachförderinitiativen für diese Zielgruppe empi-
risch nachzuweisen.

Die Dissertation von Raphaela Schätz leistet für diese Diskussion einen wichti-
gen Beitrag, indem sie untersucht, inwieweit eine theoriebasierte zweijährige
Sprachförderung die sprachlichen Fähigkeiten von Grundschulkindern mit Mig-
rationshintergrund in der Zweitsprache Deutsch fördert. Dabei wird die mündli-
che Erzählfähigkeit, die relevante sprachliche Fähigkeiten in ihrer Anwendung
integriert, als Förderziel in den Mittelpunkt gerückt. Dazu entwickelt Raphaela
Schätz ein theoriebasiertes Rahmenmodell der mündlichen Erzählfähigkeit, das
die Grundlage für die empirische Studie bildet. Das Modell beinhaltet als zentra-
le Aspekte, die basalen sprachlichen und die spezifischen pragmatischen Fähig-
keiten, die die sprachliche Komponente bilden, sowie die personale Komponente
und situative Bedingungen. Besonders hervorzuheben ist, dass dieses Rahmen-
modell der mündlichen Erzählfähigkeit mit den Aspekten der Zweisprachigkeit
ergänzt wird. Auf der Basis vorhandener Ansätze wird ein didaktischer Ansatz
zur Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit von Kindern mit Deutsch als
Zweitsprache vorgestellt. Dieser didaktische Ansatz zeichnet sich dadurch aus,
dass sich kommunikationsorientierte und sprachstrukturelle Aspekte sinnvoll
ergänzen. Anerkennung verdient die Konzeption und Durchführung der Feldstu-
8 Geleitwort

die in einem herausfordernden Kontext, der durch einen hohen Migrationsanteil


und niedrigen sozioökonomischen Status gekennzeichnet ist. Es gelingt, die
erfolgreiche Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in Deutsch als Zweit-
sprache in einem Zeitraum von zwei Jahren bei Grundschulkindern im ersten und
zweiten Schuljahr empirisch nachzuweisen. Im Rahmen der Längsschnittstudie
werden Erkenntnisse gewonnen, die bezogen auf die Förderung der Komponen-
ten basaler sprachlicher und spezifischer pragmatischer Fähigkeiten der mündli-
chen Erzählfähigkeit in bisherigen Studien bei Grundschulkindern nicht erzielt
werden konnten.

Die Arbeit ist für die Praxis relevant. Sie zeigt erfolgreich die Förderung der
Erzählfähigkeit entsprechend den didaktischen Prinzipien für Schulanfänger mit
intensivem Förderbedarf in der Zweitsprache Deutsch auf. Das untersuchte
Sprachförderprogramm stößt sowohl bei pädagogischen Fachkräften als auch bei
den geförderten Kindern und deren Eltern auf hohe Akzeptanz, was für die er-
folgreiche Umsetzung, Wirkung und Verbreitung eine wichtige Voraussetzung
ist.

Prof. Dr. Heinz Mandl


Danksagung

Ich möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken, die mich auf dem Weg zu
meiner Promotion gefördert und unterstützt haben.

Großer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Heinz Mandl, der mir von Be-
ginn an dieses Vorhaben zutraute, mir stets mit konstruktiven Diskussionen
wichtige Denkanstöße geben konnte und mich mit seinem fachlichen Rat jeder-
zeit unterstützte. Auch Herrn Prof. Dr. Frank Fischer möchte ich für seine hilf-
reichen Anregungen und die Übernahme des Zweitgutachtens danken.

Besonders bedanken möchte ich mich bei der Stiftung Fairchance, der Familie
Schöwel und allen Beteiligten des Projekts MITsprache, insbesondere bei Katrin
Baumhöver und Fahri Baykara, die mich an ihrem Engagement und ihrer Lei-
denschaft für ihre Arbeit teilhaben ließen und mich so in die Welt der Weddinger
Grundschulen einführten. Ebenso danke ich allen Förderkräften, die für die
Durchführung der Studie viel zusätzliche Zeit und Mühe aufbrachten.

Zudem möchte ich mich auch bei meinen (ehemaligen) Kollegen der Arbeits-
gruppe Mandl bedanken, die mir mit fachlichem und freundschaftlichem Rat
stets zur Seite standen.

Mein besonderer Dank gilt meiner Familie. Meinen Eltern, die es mir als eine
Selbstverständlichkeit ermöglichten, diesen Weg zu gehen. Meinen Geschwis-
tern für das fleißige Korrekturlesen und die hilfreichen Anmerkungen. Und mei-
nem Freund Josef für die viele positive Bestärkung und verständnisvolle Unter-
stützung während der gesamten Zeit.
Inhaltsverzeichnis

Geleitwort ............................................................................................................ 7

Danksagung ......................................................................................................... 9

Abbildungsverzeichnis...................................................................................... 17

Tabellenverzeichnis .......................................................................................... 19

Abkürzungsverzeichnis .................................................................................... 21

Zusammenfassung ............................................................................................ 23

1 Problemstellung und Ziel der Arbeit ......................................................... 25

2 Grundlagen des Zweitspracherwerbs ........................................................ 35

2.1 Grundlegende Begriffsbestimmungen .............................................. 35


2.1.1 Sprache ............................................................................................ 35
2.1.2 Entwicklung, Erwerb und Lernen ................................................... 39
2.1.3 Mehrsprachigkeit und Deutsch als Zweitsprache ............................ 41

2.2 Theoretische Ansätze des Spracherwerbs ........................................ 44

2.3 Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs ............................... 50


2.3.1 Kontrastivhypothese........................................................................ 50
2.3.2 Identitätshypothese.......................................................................... 52
2.3.3 Interlanguagehypothese .................................................................. 53
2.3.4 Interdependenz- und Schwellenniveauhypothese ........................... 55
2.3.5 Input- und Interaktionshypothese .................................................... 57
2.3.6 Zusammenfassung der theoretischen Ansätze zum
Zweitspracherwerb .......................................................................... 59
12 Inhaltsverzeichnis

3 Mündliche Erzählfähigkeit ......................................................................... 67

3.1 Theoretische Grundlagen des Erzählens .......................................... 67


3.1.1 Erzähltheoretische Perspektiven ..................................................... 69
3.1.2 Formen des Erzählens ..................................................................... 74

3.2 Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit ............................... 75


3.2.1 Basale sprachliche Fähigkeiten der mündlichen Erzählfähigkeit .... 78
3.2.2 Spezifische pragmatische Fähigkeiten der mündlichen
Erzählfähigkeit ................................................................................ 82
3.2.3 Personale Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit ................ 91
3.2.4 Situative Bedingungen der mündlichen Erzählfähigkeit ................. 94
3.2.5 Zusammenfassung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit . 98

4 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit zweisprachiger


Kinder ........................................................................................................ 103

4.1 Erwerbsverlauf der basalen sprachlichen Fähigkeiten


zweisprachiger Kinder ..................................................................... 103
4.1.1 Phonetik und Phonologie .............................................................. 104
4.1.2 Semantik und Lexikon .................................................................. 107
4.1.3 Morphologie und Syntax ............................................................... 110

4.2 Erwerbsverlauf der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten


zweisprachiger Kinder ..................................................................... 118
4.2.1 Kommunikative Einbettung .......................................................... 119
4.2.2 Darstellung von Inhalt und Struktur .............................................. 124
4.2.3 Verwendung sprachlicher Mittel ................................................... 136

4.3 Zwischenfazit zum Erwerbsverlauf der sprachlichen


Komponente zweisprachiger Kinder ............................................... 146

4.4 Personale Komponente im Erwerbsverlauf der mündlichen


Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder .......................................... 153
Inhaltsverzeichnis 13

4.5 Situative Bedingungen im Erwerbsverlauf der mündlichen


Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder .......................................... 159

4.6 Zusammenfassung des Erwerbsverlaufs mündlicher


Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder .......................................... 170

5 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in Deutsch als


Zweitsprache .............................................................................................. 173

5.1 Theoretische Grundlagen der Sprachförderung ............................ 173


5.1.1 Realisierungsformen der Sprachförderung .................................... 175
5.1.2 Kommunikationsorientierte Ansätze der Sprachförderung ........... 181
5.1.3 Sprachstrukturelle Ansätze der Sprachförderung .......................... 191
5.1.4 Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen der
Sprachförderung ............................................................................ 200

5.2 Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung .. 202

5.3 Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit .......... 214


5.3.1 Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten .......................... 219
5.3.2 Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ............... 224
5.3.3 Förderung der personalen Komponente ........................................ 228
5.3.4 Situative Bedingungen bei der Förderung der mündlichen
Erzählfähigkeit .............................................................................. 231
5.3.5 Zusammenfassung der Förderung mündlicher Erzählfähigkeit..... 235

6 Untersuchungsgegenstand ........................................................................ 239

6.1 Das Sprachförderprogramm MITsprache ..................................... 239


6.1.1 Sprachförderung ............................................................................ 239
6.1.2 Qualifizierung der Förderkräfte .................................................... 242
6.1.3 Elternarbeit .................................................................................... 243

6.2 Kontext des Sprachförderprogramms MITsprache ...................... 243


6.2.1 Kontext zur Realisierung der Sprachförderung ............................. 244
14 Inhaltsverzeichnis

6.2.2 Kontext zur Realisierung der Qualifizierung der Förderkräfte ..... 245
6.2.3 Kontext zur Realisierung der Elternarbeit ..................................... 246

7 Fragestellungen ......................................................................................... 249

7.1 Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten .......................... 250

7.2 Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ............... 252

8 Methode ..................................................................................................... 255

8.1 Untersuchungsdesign ........................................................................ 255

8.2 Stichprobe.......................................................................................... 257


8.2.1 Auswahl der Stichprobe ................................................................ 257
8.2.2 Beschreibung der Stichprobe ........................................................ 260
8.2.3 Repräsentativität der Stichprobe ................................................... 264

8.3 Sprachstandstest ............................................................................... 265


8.3.1 Einsatz des Sprachstandstests ....................................................... 266
8.3.2 Erfassung der basalen sprachlichen Fähigkeiten ........................... 268
8.3.3 Erfassung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ................ 272
8.3.4 Erfassung personenbezogener Merkmale ...................................... 279

8.4 Durchführung der theoriebasierten Sprachförderung .................. 279

8.5 Statistische Analyse .......................................................................... 280

9 Ergebnisse .................................................................................................. 283

9.1 Ergebnisse zur Förderung der basalen sprachlichen


Fähigkeiten ........................................................................................ 283
9.1.1 Wortschatzvielfalt ......................................................................... 283
9.1.2 Satzbau mit Wortschatz ................................................................ 287
9.1.3 Artikel im Nominativ .................................................................... 290
Inhaltsverzeichnis 15

9.2 Ergebnisse zur Förderung der spezifischen pragmatischen


Fähigkeiten ........................................................................................ 293
9.2.1 Inhaltsdarstellung .......................................................................... 294
9.2.2 Strukturdarstellung ........................................................................ 297
9.2.3 Konnektoren .................................................................................. 300

10 Diskussion .................................................................................................. 305

10.1 Diskussion der Ergebnisse zur Förderung der basalen


sprachlichen Fähigkeiten ................................................................. 305
10.1.1 Wortschatzvielfalt ......................................................................... 305
10.1.2 Satzbau mit Wortschatz ................................................................ 307
10.1.3 Artikel im Nominativ .................................................................... 310

10.2 Diskussion der Ergebnisse zur Förderung der spezifischen


pragmatischen Fähigkeiten .............................................................. 312
10.2.1 Inhaltsdarstellung .......................................................................... 312
10.2.2 Strukturdarstellung ........................................................................ 314
10.2.3 Konnektoren .................................................................................. 316

10.3 Gesamtdiskussion ............................................................................. 317


10.3.1 Einordnung der Ergebnisse in den Forschungsstand ..................... 319
10.3.2 Einschränkungen und weiterer Forschungsbedarf ........................ 321
10.3.3 Implikationen für die Forschung ................................................... 326
10.3.4 Implikationen für die Praxis .......................................................... 329

10.4 Ausblick ............................................................................................. 333

11 Literaturverzeichnis .................................................................................. 337


Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Syntaktische Struktur einer Erzählung nach Rumelhart (1975) .... 71

Abbildung 2: Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit ............................ 76

Abbildung 3: Modell zur mündlichen Erzählfähigkeit ....................................... 99

Abbildung 4: Sprachliche Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit bei


zweisprachigen Kindern ............................................................. 151

Abbildung 5: Kohorten in den drei Schuljahren ............................................... 256

Abbildung 6: Auswahl der Stichprobe .............................................................. 258

Abbildung 7: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Wortschatzvielfalt' .......... 286

Abbildung 8: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Satzbau mit Wortschatz' . 289

Abbildung 9: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Artikel im Nominativ' ..... 292

Abbildung 10: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Inhaltsdarstellung' ......... 296

Abbildung 11: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Strukturdarstellung' ...... 299

Abbildung 12: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Konnektoren' ................ 302


Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Überblick der Studien zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung 211

Tabelle 2: Design der Studie ............................................................................. 255

Tabelle 3: Demographische Merkmale der Stichprobe ..................................... 260

Tabelle 4: Sprachlicher Hintergrund der Stichprobe ........................................ 263

Tabelle 5: Herkunft der Stichprobe................................................................... 264

Tabelle 6: Erfasste Variablen der basalen sprachlichen Fähigkeiten im


Sprachstandstest DfdS ..................................................................... 269

Tabelle 7: Kodierschema für Artikel im Nominativ ......................................... 272

Tabelle 8: Erfasste Variablen der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten


im Sprachstandstest DfdS ................................................................ 273

Tabelle 9: Wesentlicher Inhalt der Bildergeschichte ........................................ 274

Tabelle 10: Kodierschema für Akteur ............................................................... 276

Tabelle 11: Kodierschema für Setting .............................................................. 277

Tabelle 12: Kodierschema für Auslösendes Ereignis ....................................... 277

Tabelle 13: Richtwerte zur Interpretation der Effektstärkemaße ...................... 281

Tabelle 14: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable


'Wortschatzvielfalt' ........................................................................ 284

Tabelle 15: Post-hoc Analyse für 'Wortschatzvielfalt‘ mit Bonferroni-


Korrektur ....................................................................................... 287

Tabelle 16: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable 'Satzbau


mit Wortschatz' ............................................................................. 287
20 Tabellenverzeichnis

Tabelle 17: Post-hoc Analyse für 'Satzbau mit Wortschatz' mit Bonferroni-
Korrektur ....................................................................................... 290

Tabelle 18: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable ‚Artikel


im Nominativ‘ ............................................................................... 291

Tabelle 19: Post-hoc Analyse für 'Artikel im Nominativ' mit Bonferroni-


Korrektur ....................................................................................... 293

Tabelle 20: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable


'Inhaltsdarstellung'......................................................................... 294

Tabelle 21: Post-hoc Analyse für ‚Inhaltsdarstellung' mit Bonferroni-


Korrektur ....................................................................................... 297

Tabelle 22: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable


'Strukturdarstellung' ...................................................................... 298

Tabelle 23: Post-hoc Analyse für ‚Strukturdarstellung' mit Bonferroni-


Korrektur ....................................................................................... 300

Tabelle 24: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable


'Konnektoren' ................................................................................ 301

Tabelle 25: Post-hoc Analyse für ‚Konnektoren' mit Bonferroni-Korrektur .... 303
Abkürzungsverzeichnis

BISS Bildung durch Sprache und Schrift

bzw. beziehungsweise

DaZ Deutsch als Zweitsprache

DfdS Deutsch für den Schulstart

FG Fördergruppe

ggf. gegebenenfalls

GGP grammatisches Geschlechtsprinzip

HSET Heidelberger Sprachentwicklungstest

INC Index of Narrative Complexity

Kap. Kapitel

L1 Erstsprache

L2 Zweitsprache

L3 Drittsprache

LAD Language Acquisition Device

NGP natürliches Geschlechtsprinzip

u.a. unter anderem

VG Vergleichsgruppe

vgl. vergleiche

z.B. zum Beispiel


Zusammenfassung

Die Bedeutung von Sprache ist unumstritten. Insbesondere das mündliche Erzäh-
len gilt aufgrund der Betonung der Pragmatik, also der Anwendung von Sprache,
als relevantes Förderziel für Grundschulkinder mit intensivem Förderbedarf in
der Zweitsprache Deutsch. Trotzdem mangelt es an empirischen Nachweisen für
wirksame Fördermaßnahmen. Daher ist es Ziel dieser Arbeit, die Förderung der
mündlichen Erzählfähigkeit von Grundschulkindern mit Deutsch als Zweitspra-
che theoretisch zu erörtern und empirisch zu untersuchen.

Als Orientierungsrahmen dienen theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs,


die neben persönlichen Merkmalen vor allem den Kontakt zur Sprache als we-
sentlich für den Zweitspracherwerb ansehen. Unter Berücksichtigung der text-
strukturellen, kognitiven und interaktiven Perspektiven auf das Erzählen wird die
mündliche Erzählfähigkeit in eine sprachliche Komponente, eine personale
Komponente und situative Bedingungen unterteilt. Die sprachliche Komponente
besteht dabei aus basalen sprachlichen und spezifischen pragmatischen Fähigkei-
ten. Ein empirischer Überblick zum ungesteuerten Erwerbsverlauf der mündli-
chen Erzählfähigkeit zeigt die Relevanz, die sprachliche Komponente von Schul-
anfängern, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, zu fördern. Die Gegenüber-
stellung wesentlicher Merkmale kommunikationsorientierter und sprachstruktu-
reller didaktischer Ansätze sowie der Einbezug des aktuellen Forschungsstands
lassen den Schluss zu, dass die Schaffung authentischer Kommunikationssituati-
on und die bewusste Gestaltung des sprachlichen Inputs wichtige didaktische
Prinzipien für die Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in Deutsch als
Zweitsprache sind.

In einer quasiexperimentellen Feldstudie mit 128 Schulanfängern, die sich auf


Förder- und Vergleichsgruppe verteilen, wird überprüft, inwieweit eine zweijäh-
rige additive Sprachförderung in Kleingruppen, die diese didaktischen Prinzipien
realisiert, die mündliche Erzählfähigkeit in der Zweitsprache Deutsch fördert.
24 Zusammenfassung

Der standardisierte Sprachstandstest wird zu drei Messzeitpunkten eingesetzt,


vor der Sprachförderung sowie nach dem ersten und nach dem zweiten Förder-
jahr. Die Ergebnisse zeigen in fünf der sechs erfassten Bereiche der mündlichen
Erzählfähigkeit mittlere und kleine Effekte für die zweijährige theoriebasierte
Sprachförderung.

Die Arbeit bringt damit einen empirischen Nachweis für die Wirksamkeit einer
theoriebasierten zweijährigen Sprachförderung, die die Schaffung authentischer
Kommunikationssituation und die bewusste Gestaltung des sprachlichen Inputs
realisiert. Dabei zeigt sich auch, dass sich das theoretisch entwickelte Modell zur
mündlichen Erzählfähigkeit, das den Aspekt der Zweisprachigkeit berücksich-
tigt, empirisch bewährt. Zukünftige Untersuchungen sollten vor allem personale
und kontextuelle Einflussfaktoren sowie die konkrete Umsetzung von didakti-
schen Prinzipien in der Sprachförderung fokussiert betrachten.
1 Problemstellung und Ziel der Arbeit

Die Bedeutung von Sprache ist für die Bildung aber auch für die persönliche
Entwicklung und die gesellschaftliche Teilhabe unumstritten. In der Schule
übernimmt die Sprache eine Schlüsselfunktion, indem Wissen und Inhalte in
erster Linie mithilfe von Sprache vermittelt und auch wieder angewendet wer-
den. Damit ist Sprache unweigerlich mit dem Bildungserfolg und beruflichen
Chancen verbunden. Auf der sozialen Ebene nehmen die sprachlichen Fähigkei-
ten eine ebenso wichtige Rolle ein. So sind für die direkte Interaktion und den
Aufbau von Beziehungen mit Gleichaltrigen und Erwachsenen altersgerechte
sprachliche Fähigkeiten nötig. Gelingt die Bewältigung dieser elementaren sozia-
len Bedürfnisse aufgrund sprachlicher Defizite nicht, kann dies zu sozial-
emotionalen Auffälligkeiten führen (Albers, 2009; Petermann, 2015). Fasst man
die Bedeutung von Sprache weiter, befähigt Sprache auch ganz wesentlich zur
Teilhabe an der demokratischen Wissensgesellschaft, die hauptsächlich ver-
sprachlichtes Wissen nutzt (Ehlich, Valtin & Lütke, 2012). Die Sprache der
Mehrheitsgesellschaft zu beherrschen, ist elementar, um sich informieren und
gesellschaftliche Belange verstehen zu können. Darüber hinaus sind sprachliche
Fähigkeiten nötig, um eigene Ansichten, Einschätzungen, Meinungen und
Standpunkte differenziert äußern zu können (Leu, 2007). Denn nur so kann an
gesellschaftlichen Diskursen partizipiert werden.

Es existiert also ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Bedeutsamkeit sprachli-


cher Fähigkeiten. Trotzdem ist seit mehreren Jahren der Rückstand zwei- und
mehrsprachiger Kinder hinsichtlich ihrer sprachlichen Fähigkeiten gegenüber
Gleichaltrigen bekannt. Dies belegen beispielsweise Sprachstandserhebungen in
Berlin für Kinder zwischen vier und fünf Jahren (Ehlich et al., 2012). Demnach
weisen 52 % der Kinder, die zu Hause nicht ausschließlich Deutsch sprechen,
also mehrsprachig aufwachsen, einen Sprachförderbedarf auf. Im Vergleich dazu
wird nur bei 10 % der Kinder mit deutscher Familiensprache ein Sprachförder-

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R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_1
26 Problemstellung und Ziel der Arbeit

bedarf ermittelt. Ähnliches können Chilla, Rothweiler und Babur (2010) für
Hamburg belegen. Die Leistungsvergleichsstudie IGLU zeigt repräsentativ für
ganz Deutschland, dass Grundschulkinder mit Migrationshintergrund im Lesen
mindestens ein Lernjahr gegenüber ihren Mitschülern1 zurückliegen (Schwippert,
Wendt & Tarelli, 2012). Im Forschungsprojekt KEIMS kann ebenso einen Nach-
teil der Grundschüler mit Migrationshintergrund in der sprachlichen Entwick-
lung von mittlerer Effektstärke gegenüber Gleichaltrigen festgestellt werden
(Chudaske, Hentschel, John, Lindner-Müller & Arnold, 2009).

Dieser Nachteil ist auch für andere Altersstufen belegt. Die Leistungsvergleichs-
studie PISA zeigt für 15-Jährige mit Migrationshintergrund eine bedeutsam ge-
ringere Lesekompetenz als für Gleichaltrige, deren Eltern in Deutschland gebo-
ren sind (Stanat, Rauch & Segeritz, 2010). Ähnliches ergibt sich auch für die
Kompetenzbereiche Mathematik und Naturwissenschaften. Diese Unterschiede
bleiben auch unter Kontrolle des sozioökonomischen Status und der Motivation
der Schüler bedeutsam. Darüber hinaus zeigt sich, dass insbesondere die Gruppe
der untersten Kompetenzstufen unter den Schülern mit Migrationshintergrund
bedeutend größer ist als unter den übrigen Mitschülern (Prenzel, Sälzer, Klieme
& Köller, 2013).

Dieser Rückstand in den sprachlichen Fähigkeiten mehrsprachiger Kinder wirkt


sich letztlich auch auf den Bildungsverlauf aus (Holler, 2007). So haben Kinder
mit Migrationshintergrund ein doppelt so hohes Risiko eine Förderschule zu
besuchen (Werning, 2010). Für Kinder mit türkischem Hintergrund ist bekannt,
dass sie deutlich häufiger in der Grundschule eine Klasse wiederholen als Kinder
ohne Migrationshintergrund (Wilmes, Schneider & Crul, 2011). Insgesamt zeigt
sich für Deutschland, dass Kinder mit Migrationshintergrund an Haupt- und
Förderschulen überrepräsentiert sind und die Schule häufiger ohne Abschluss
verlassen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2014). Am Beispiel Berlin
belegt das auch die Schulstatistik. Im Jahr 2013 verließen 8 % der Schulabgänger
1
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf eine geschlechtsneutrale Be-
zeichnung verzichtet. Entsprechende Begriffe wie Mitschüler, Lehrer oder Erzieher gelten
grundsätzlich für alle Geschlechter.
Problemstellung und Ziel der Arbeit 27

die Schule ohne Abschluss. Davon hatten 46 % eine andere Familiensprache als
Deutsch (Senatsverwaltung für Bildung Jugend und Wissenschaft Berlin, 2014),
was die Ungleichheit nochmals verdeutlicht.

Bedarf an Sprachförderung
Aus diesen genannten Punkten, den geringeren sprachlichen Fähigkeiten im
Deutschen von Kindern, die aufgrund ihrer Migrationsgeschichte zwei- oder
mehrsprachig aufwachsen und dadurch Nachteile in der Bildungsbeteiligung, in
der gesellschaftlichen Teilhabe und in der sozial-emotionalen Entwicklung erfah-
ren können, leitet sich ein großer Bedarf an Sprachförderung ab. Es ist notwen-
dig, die sprachlichen Fähigkeiten dieser Kinder in der Unterrichts- und Mehr-
heitssprache Deutsch zu fördern, damit sie die gleichen Chancen für eine erfolg-
reiche Schulkarriere haben und in ihrer persönlichen Entwicklung nicht beein-
trächtigt werden.

Dieser Forderung wurde in den letzten Jahren mit mehreren Initiativen zur
Sprachförderung begegnet (Lisker, 2011; Redder et al., 2011). Die Mehrheit der
verfügbaren Sprachfördermaßnahmen ist dem elementarpädagogischen Bereich
zuzuschreiben (Paetsch, Wolf, Stanat & Darsow, 2014; Redder et al., 2011).
Dass Sprachförderung während der Kindergartenzeit vollumfänglich ausreicht,
damit zweisprachig aufwachsende Kinder mit einem sozial schwachen Hinter-
grund Chancengleichheit erfahren, ist allerdings ein Trugschluss. An Grundschu-
len wird das Thema der Förderung von Deutsch als Zweitsprache zum Teil aber
immer noch als Sonderaufgabe wahrgenommen. Dies kann man daran erkennen,
dass die Entwicklung von Lehrplan und Lehrmittel im Vergleich zu anderen
Fächern weniger professionalisiert sind (Rost-Roth, 2014). Gleichzeitig ist es
allerdings die besondere Aufgabe der Schule, alle Kinder entsprechend ihren
Fähigkeiten zu fördern (Holler, 2007), wozu auch die mehrsprachigen Kinder
zählen. Um diesem Defizit zu begegnen, gibt es zwar neuere Anstrengungen wie
beispielsweise die Bund-Länder Initiative ‚Bildung durch Sprache und Schrift
(BISS)‘, die auch Deutsch als Zweitsprache in der Grundschule thematisiert
(Becker-Mrotzek, Hasselhorn, Roth & Stanat, 2016). Aktuell liegen allerdings
28 Problemstellung und Ziel der Arbeit

nur wenige Maßnahmen für Vor- und Grundschüler vor, die ihre Wirkung empi-
risch nachweisen können (Hofmann, Polotzek, Roos & Schöler, 2008; Paetsch et
al., 2014; Rost-Roth, 2014; Schneider et al., 2012).

Dieses Forschungsdefizit kann an mehreren Faktoren festgemacht werden. So ist


die Förderung des Zweitspracherwerbs bei Kindern ein relativ junger For-
schungsgegenstand, der von mehreren Disziplinen bearbeitet wird, allen voran
von der Sprachwissenschaft, der Pädagogik und der Psychologie. Dies führt u.a.
bisher dazu, dass die Theoriebildung eher breit verläuft und die Umsetzung theo-
riebasierten Wissens in die Konzeption von Sprachfördermaßnahmen nicht kon-
sequent stattfindet. Gleichzeitig sind aufgrund des hohen Bedarfs auch Maßnah-
men im Einsatz, die eher praktisch plausibel aber nicht theoretisch fundiert sind.

Um letztlich die Wirksamkeit theoriebasierter Sprachförderung empirisch zu


prüfen, bedarf es zunächst einer adäquaten und längerfristigen Umsetzung der
Maßnahmen im Feld, was häufig nur mit Einschränkungen zu realisieren ist.
Darüber hinaus sind ein (quasi-)experimentelles Design und die Verfügbarkeit
passender Instrumente erforderlich. Dass insbesondere die Bildung von Kon-
trollgruppen in diesem Feld mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert ist,
diskutieren bereits Limbird und Stanat (2006). Ebenso der Mangel an reliablen
und validen Instrumenten zur Erhebung der sprachlichen Fähigkeiten in Deutsch
als Zweitsprache, die gleichzeitig testökonomischen Voraussetzungen entspre-
chen, wird kritisiert und trägt zu dieser Forschungslücke bei (Kaltenbacher,
2011; Redder et al., 2011). Da viele Evaluationsvorhaben diese Bedingungen
nicht vollständig realisieren, können bisher kaum empirisch begründete Aussa-
gen zur Wirksamkeit von Sprachförderung allgemein und besonders für Vor-
und Grundschulkinder, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, getroffen wer-
den. Es gibt also bislang kaum empirische Nachweise, dass die eingesetzten
Maßnahmen zur Sprachförderung ihre Ziele erreichen.
Problemstellung und Ziel der Arbeit 29

Mündliche Erzählfähigkeit als Förderziel


Im Kontext der fehlenden Wirksamkeitsnachweise stellt die Wahl der Förderzie-
le ein weiteres Problemfeld dar. So liegt der Fokus von Sprachfördermaßnahmen
bisher vor allem auf einzelnen sprachlichen Bereichen wie phonologische Be-
wusstheit, Wortschatz oder Grammatik (Schneider et al., 2013). Um diese eher
isoliert voneinander betrachteten Ziele zu bündeln, bietet es sich an, die mündli-
che Erzählfähigkeit als übergeordnetes Förderziel zu wählen. Die mündliche
Erzählfähigkeit integriert wichtige sprachliche Fähigkeiten in ihrer Anwendung.
So benötigt man zum Erzählen neben spezifischen pragmatischen Fähigkeiten
auch die basalen sprachlichen Bereiche Phonetik und Phonologie, Semantik und
Lexikon sowie Morphologie und Syntax. Das bedeutet, dass beim Fördern der
mündlichen Erzählfähigkeit auch das zielsprachliche Produzieren und Verstehen
von Sätzen im Fokus stehen (Schramm, 2007). Dass diese basalen sprachlichen
Fähigkeiten für Grundschüler mit Deutsch als Zweitsprache als Zielgruppe ein
immer noch relevantes Förderziel darstellt, zeigen die Ergebnisse der Länderver-
gleichsstudie (Böhme, Felbrich, Weirich & Stanat, 2013). So kann durch die
Wahl des Förderziels eine umfassende Sprachförderung erfolgen. Darüber hinaus
hilft die Spezialisierung auf die mündliche Erzählfähigkeit auch, den bereits
dargestellten Forderungen nach einer theoriebasierten Sprachförderung zu genü-
gen.

Insgesamt hat das Erzählen eine hohe Relevanz für die persönliche Entwicklung.
Beim Erzählen ist der Einzelne gefordert, seine Erfahrungen zu strukturieren.
Man geht davon aus, dass das Erzählen persönlicher Erlebnisse die Entwicklung
des Selbstkonzepts fördert (List, 2011). So kann das Erlebte in der Interaktion
mit den Zuhörern mitgeteilt, eingeordnet und reflektiert werden. Auf diese Weise
ist auch die Entwicklung des autobiographischen Gedächtnisses mit dem Erzäh-
len verknüpft (Welzer, 2011). Erzählwürdige Ereignisse, die sich vom Alltag
durch besondere Gegebenheiten unterscheiden, sind häufig Gegenstand von
Erzählungen. Diese selbst erlebten Ereignisse gehen in das autobiographische
Gedächtnis ein, was für die persönliche Entwicklung relevant ist (Kapica, Klages
30 Problemstellung und Ziel der Arbeit

& Pagonis, 2014). Zusätzlich ist das mündliche Erzählen auch ein wichtiger
Bestandteil des Soziallebens. So unterstützt das Erzählen nicht nur die Ausbil-
dung des Selbst sondern auch von sozialen Beziehungen (Merkelbach, 2004).
Darüber hinaus ist mit dem Erzählen auch das Unterscheidenkönnen der eigenen
und der fremden Perspektive verbunden (Wieler, 2007), was letztlich einen wich-
tigen Aspekt in der kognitiven Entwicklung darstellt.

Auch können mehrere Studien zeigen, dass die ausgeprägte Erzählfähigkeit ein
positiver Prädiktor für spätere schulische Leistungen ist. Sowohl das Lesever-
ständnis (Griffin, Hemphill, Camp & Wolf, 2004), als auch Fähigkeiten im Be-
richten (Chang, 2006) und sogar mathematischen Fähigkeiten (O'Neill, Pearce &
Pick, 2004) können durch die mündliche Erzählfähigkeit im Vorschulalter vor-
hergesagt werden. Dieser Zusammenhang kann mitunter dadurch erklärt werden,
dass sich das mündliche Erzählen bereits in Teilen an der Schriftsprache orien-
tiert, indem man sich durch das Erzählen vom unmittelbaren Kontext löst und
allein durch Sprache den Kontext der Erzählung schafft (Fried, Hoeft, Isele,
Stude & Wexeler, 2012; Quasthoff et al., 2011).

Die mündliche Erzählfähigkeit von Kindern, die Deutsch als Zweitsprache er-
werben, in der Grundschule zu fördern, ist also ein erstrebenswertes Ziel, insbe-
sondere für Kinder mit einem intensiven Förderbedarf. Erzählen ist in der Regel
auch Bestandteil des Curriculums in der Grundschule. Dabei liegt der Fokus
allerdings auf der Schriftlichkeit, was für zweisprachige Kinder häufig eine zu-
sätzliche Hürde darstellt. Gleichzeitig fehlt es an passenden didaktischen Ansät-
zen für die Grundschule, die das mündliche Erzählen fördern, insbesondere unter
dem Aspekt des Zweitspracherwerbs (Becker & Wieler, 2013). Es ist also weit-
gehend unklar, wie die mündliche Erzählfähigkeit bei Kindern mit Deutsch als
Zweitsprache in der Grundschule gefördert werden kann.

Ziel der Arbeit


Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine theoriebasierte, zweijährige Sprachför-
derung daraufhin zu untersuchen, inwiefern sie die mündliche Erzählfähigkeit
Problemstellung und Ziel der Arbeit 31

von Schulanfängern in ihrer Zweitsprache Deutsch fördert. Besonders hervorzu-


heben ist, dass dazu eine mehrjährige Feldstudie in einem herausfordernden
Kontext durchgeführt wird, der sich durch einen hohen Migrationsanteil und
einen geringen sozioökonomischen Status der Bewohner auszeichnet. Diese
beiden Faktoren gelten in Kombination als starke Risikofaktoren für die sprach-
liche Entwicklung (Heppt, Haag, Böhme & Stanat, 2015; Schwippert et al.,
2012; Weinert & Ebert, 2013).

Um die Ergebnisse der empirischen Studie mit bisherigen Befunden vergleichen


und mit theoretischen Ansätzen erklären zu können, werden zunächst theoreti-
sche Grundlagen zum Zweitspracherwerb und der mündlichen Erzählfähigkeit
dargestellt. Diese beiden Aspekte dienen als Ausgangspunkt für die Beschrei-
bung und Analyse des Erwerbsverlaufs der mündlichen Erzählfähigkeit zwei-
sprachiger Kinder auf Basis bisheriger empirischer Ergebnisse. Darauf aufbau-
end wird die zu untersuchende Sprachförderung theoretisch eingeordnet werden.

Aufbau der Arbeit


Die vorliegende Arbeit besteht bezogen auf die Analyse der Erzählfähigkeit aus
einem theoretischen und einem empirischen Teil. Der theoretische Teil gliedert
sich in vier Kapitel.

In Kapitel 2 werden die Grundlagen des Zweitspracherwerbs dargestellt. Dafür


werden zunächst die grundlegenden Begriffe Sprache, Entwicklung, Erwerb und
Lernen sowie Mehrsprachigkeit und Deutsch als Zweitsprache näher bestimmt
und voneinander abgegrenzt. Anschließend werden allgemeine theoretische
Ansätze des Spracherwerbs kurz erläutert, um darauf aufbauend wesentliche
theoretische Hypothesen zur Erklärung des Zweitspracherwerbs aufzuzeigen.

Kapitel 3 stellt zunächst die theoretischen Grundlagen der mündlichen Erzählfä-


higkeit dar. Dazu werden nach einer allgemeinen Begriffsbestimmung des Erzäh-
lens drei erzähltheoretische Perspektiven eingenommen, die textstrukturelle, die
kognitive und die interaktive Perspektive. Außerdem werden verschiedene For-
men des Erzählens beschrieben. Im zweiten Teil dieses Kapitels werden die
32 Problemstellung und Ziel der Arbeit

Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit näher erläutert und in einem Mo-


dell dargestellt. Demnach setzt sich die mündliche Erzählfähigkeit aus folgenden
Komponenten zusammen: Die basalen sprachlichen Fähigkeiten und spezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten, die zusammen die sprachliche Komponente
darstellen, der personalen Komponente und den situativen Bedingungen.

In Kapitel 4 wird der Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit bei mehr-


sprachigen Kindern detailliert beschrieben. Dazu werden Ergebnisse bisheriger
empirischer Studien in diesem Bereich dargestellt und entsprechend eingeordnet.
Die Beschreibung gliedert sich nach den Komponenten der mündlichen Erzähl-
fähigkeit. So werden für den Erwerbsverlauf der basalen sprachlichen Fähigkei-
ten die Ebenen der Phonetik und Phonologie, der Semantik und des Lexikons
sowie der Morphologie und Syntax erläutert. Die spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten der Erzählfähigkeit gliedern sich nach kommunikativer Einbettung,
Darstellung von Inhalt und Struktur sowie der Verwendung sprachlicher Mittel.
In einem Zwischenfazit werden die wesentlichen Aspekte zum Erwerbsverlauf
der sprachlichen Komponenten zusammengefasst. Anschließend werden die
personale Komponente und situative Bedingungen im Erwerbsverlauf näher
beschrieben.

Kapitel 5 beschreibt schließlich Ansätze zur Förderung der mündlichen Erzähl-


fähigkeit in Deutsch als Zweitsprache. Dazu werden zunächst theoretische
Grundlagen vorgestellt. Diese umfassen unterschiedliche Realisierungsformen
sowie zwei unterschiedliche didaktische Perspektiven, die als kommunikationso-
rientierte Ansätze und sprachstrukturelle Ansätze bezeichnet werden. Anschlie-
ßend wird der Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderungen
für Vor- und Grundschulkinder vorgestellt. Darauf basierend wird im letzten
Abschnitt dieses Kapitels beschrieben, wie die mündliche Erzählfähigkeit in
Deutsch als Zweitsprache gefördert werden kann. Dies wird entsprechend der
Komponenten von mündlicher Erzählfähigkeit dargestellt.

Die darauf folgenden fünf Kapitel enthalten den empirischen Teil der Arbeit. In
Kapitel 6 wird der Gegenstand der Untersuchung beschrieben. Diesen stellt das
Problemstellung und Ziel der Arbeit 33

Sprachförderprogramm MITsprache dar, in dessen Rahmen die theoriebasierten


didaktischen Ansätze zur Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in der
Zweitsprache Deutsch realisiert werden. Das Sprachförderprogramm besteht aus
der Sprachförderung selbst, einer Qualifizierung für die Förderkräfte sowie einer
professionellen Elternarbeit. Zusätzlich wird der Kontext beschrieben, in dem
das Sprachförderprogramm umgesetzt wird.

Kapitel 7 erläutert die zu untersuchenden Fragestellungen der empirischen Stu-


die. Diese befassen sich damit, inwieweit die basalen sprachlichen sowie die
spezifischen pragmatischen Fähigkeiten des mündlichen Erzählens mithilfe des
theoriebasierten didaktischen Ansatzes gefördert werden können.

Anschließend wird in Kapitel 8 die Methode der Studie erklärt. Dazu wird das
Untersuchungsdesign, die Stichprobe, der Sprachstandstest und die damit erho-
benen Variablen sowie die Durchführung der Sprachförderung detailliert be-
schrieben. Abschließend werden Anmerkungen zur statistischen Analyse aufge-
führt.

Kapitel 9 enthält die Ergebnisse der Studie. Diese werden gegliedert nach den
formulierten Fragestellungen dargestellt.

Kapitel 10 stellt die Diskussion der Ergebnisse dar. Zunächst werden die Einzel-
ergebnisse gegliedert nach den basalen sprachlichen und spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten des mündlichen Erzählens diskutiert. Anschließend folgt eine
Gesamtdiskussion, in der die Ergebnisse in den aktuellen Forschungsstand ein-
geordnet werden, Einschränkungen vorgenommen werden und weiterer For-
schungsbedarf abgeleitet wird. Abschließend werden Implikationen für die For-
schung und die Praxis festgehalten und ein Ausblick gegeben.
2 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

In diesem ersten Theoriekapitel werden allgemeine Grundlagen des Zweit-


spracherwerbs dargestellt. Dazu werden zunächst die relevanten Begriffe, Spra-
che, Entwicklung, Erwerb und Lernen sowie Mehrsprachigkeit und Deutsch als
Zweitsprache näher bestimmt (vgl. Kap. 2.1). Anschließend wird ein kurzer
Überblick zu allgemeinen theoretischen Ansätzen des Spracherwerbs gegeben
(vgl. (Kap. 2.2), der die Grundlage für die unterschiedlichen theoretischen An-
sätze des Zweitspracherwerbs bildet. Diese werden im Anschluss ausführlicher
dargestellt und abschließend zusammengefasst (vgl. Kap. 2.3).

2.1 Grundlegende Begriffsbestimmungen

Die drei folgenden Abschnitte bestimmen zentrale Begriffe für den Zweitsprach-
erwerb. Zuerst wird ausgeführt, was unter dem Begriff Sprache im Rahmen die-
ser Arbeit zu verstehen ist und welche wichtigen Bestandteile Sprache besitzt.
Danach werden Bedeutung und Verwendung von Entwickelung, Erwerb und
Lernen differenziert dargestellt. Anschließend folgt eine Klärung des Begriffs
Mehrsprachigkeit, indem auch Muttersprache, Erstsprache und Zweitsprache
definiert werden.

2.1.1 Sprache
Sprache ist ein System, das aus Symbolen und Regeln besteht und der Kommu-
nikation dient (Beller & Bender, 2010). Bei der Verwendung von Sprache kann
zwischen Produktion und Rezeption unterschieden werden, was sowohl die
mündlichen (Sprechen und Hören) als auch die schriftlichen Bereiche (Schreiben
und Lesen) einbezieht (Hopp, Thoma & Tracy, 2010, S. 615). Sprache zeichnet
sich nach Hockett (1960) besonders durch ihre Produktivität aus. Das bedeutet,
dass ein kompetenter Sprecher unendlich viele Äußerungen erzeugen kann, in-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017


R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_2
36 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

dem er die Symbole entsprechend den Regeln der Sprache kombiniert. So kön-
nen völlig neue Äußerungen produziert und verstanden werden, ohne diese Äu-
ßerungen vorher gelernt zu haben.

Unter Symbolen, die einen wesentlichen Bestandteil von Sprache darstellen, wird
in erster Linie Gesprochenes, also kombinierte Laute bzw. Phoneme 2, verstan-
den. Zusätzlich zählen auch Gebärden oder Schrift zu Symbolen der Sprache
(Beller & Bender, 2010). Diese werden aber im Folgenden vernachlässigt, da der
Fokus der Arbeit auf der Mündlichkeit liegt.

Zu den Symbolen der gesprochenen Sprache zählen vorrangig Wörter, die aus
Morphemen3 zusammengesetzt und zu Sätzen kombiniert werden. Wörter kön-
nen grob in Funktions- und Inhaltswörter unterschieden werden (Beller & Ben-
der, 2010). Funktionswörter übernehmen vor allem grammatische Funktionen
und haben dabei ohne Kontext eher wenig inhaltliche Bedeutung. Beispiele dafür
sind Konjunktionen, Artikel oder Präpositionen (Römer, 2010). Inhaltswörter
hingegen haben auch ohne Kontext eine ziemlich klare inhaltliche Bedeutung.
Klassische Beispiele dafür sind Substantive, Verben, Adjektive und Adverbien
(Káňa, 2010). Aus mehreren Wörtern können schließlich Sätze gebildet werden.
Sie bestehen in der Regel mindestens aus einem Subjekt und einem Prädikat.
Wichtig bei der Kombination der Wörter zu einem Satz sind die dazugehörigen
Regeln, die neben Symbolen den zweiten wesentlichen Bestandteil von Sprache
darstellen (Beller & Bender, 2010).

Die Regeln einer Sprache sind auch unter dem Begriff Grammatik bekannt (Bar-
kowski, 2010). Für das Verstehen einer Sprache sind die Regeln mindestens so

2
Laute, die in einer Sprache vorkommen und innerhalb dieser Sprache die kleinste bedeutungsun-
terscheidende Einheit bilden, werden als Phoneme bezeichnet (Hirschfeld (2010a) . So ist es z.B.
im Deutschen nicht relevant, ob das Wort „rot“ mit einem vorderem, gerolltem „r“ oder einem
hinterem, weniger gerolltem „r“ gesprochen wird. Es wird zwar ein unterschiedlicher Laut gebil-
det, die Bedeutung bleibt allerdings gleich. Somit handelt es sich dabei im Deutschen um das
gleiche Phonem.
3
Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten einer Sprache. Man kann zwischen
lexikalischen und grammatischen Elementen unterscheiden, die zur Wortbildung genutzt werden
(Fiuza da Silva Regis (2010a). So besteht z.B. das Wort „Freunde“ aus dem lexikalischen Ele-
ment „Freund-“ und dem grammatischen Element „-e“, das den Plural markiert.
Grundlegende Begriffsbestimmungen 37

bedeutend wie die Symbole. Das verdeutlicht das Beispiel bei Beller und Bender
(2010), das die nahezu unlösbare Aufgabe formuliert, einen Satz aus einer frem-
den Sprache mithilfe eines Wörterbuchs zu verstehen, ohne die Grammatik der
Sprache zu kennen. Es ist also auch für die Semantik entscheidend, welche Re-
geln vor allem für den Satzbau und die Wortbildung gelten. Die erste Kategorie
von Regeln wird als Syntax bezeichnet und bezieht sich auf die Strukturen in-
nerhalb von Sätzen (Beyer & Gerlach, 2011). Vor allem die Anordnung der
Wörter übernimmt in vielen Sprachen, wie auch dem Deutschen, eine wichtige
Rolle, da sie allein die Bedeutung von Sätzen verändern kann. Dies zeigt das
Beispiel „Ulla liebt Tom“ im Vergleich zu „Tom liebt Ulla“ (Weinert & Grimm,
2008). Die zweite Kategorie von Regeln kann unter Flexion zusammengefasst
werden. Diese bezieht sich auf die Veränderung eines Wortes, um grammatikali-
sche Kategorien auszudrücken. Dazu zählen im Deutschen z.B. Tempus, Nume-
rus, Genus und Kasus. Insbesondere das Deutsche weist starke morphologische
Ausprägungen auf, was für das Lernen der Sprache von hoher Relevanz ist
(Fiuza da Silva Regis, 2010b).

Aus psychologischer Perspektive ist neben der Beschreibung der beiden wesent-
lichen Bestandteile von Sprache, den Symbolen und Regeln, ihre kognitive Re-
präsentation von Interesse. Beller und Bender (2010) unterscheiden drei Arten
von Wissensbeständen:

 Lexikalisches Wissen
 Grammatikalisches Wissen
 Pragmatisches Wissen

Das lexikalische Wissen bezeichnet den Wortschatz, der die Wörter einer Spra-
che umfasst (Köster, 2010b). Neben der Semantik der Wörter sind auch ihre
phonologischen, morphologischen und syntaktischen Eigenschaften gespeichert
(Beyer & Gerlach, 2011). Somit stellt das Lexikon eine Querverbindung zu den
anderen sprachlichen Komponenten dar. Das grammatikalische und pragmati-
sche Wissen ist in der Regel als prozedurales Wissen gespeichert (Beller & Ben-
der, 2010). Das pragmatische Wissen ist entscheidend für den Sprachgebrauch.
38 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

Denn lexikalisches und grammatikalisches Wissen alleine sind nicht ausrei-


chend, um sprachbasiert zu kommunizieren (Quasthoff et al., 2011). Pragmati-
sches Wissen bezieht sich auf die kompetente und dem Kontext entsprechend
angemessene Verwendung von Sprache (Weinert & Grimm, 2008). Darüber
hinaus sind Weltwissen, Konzeptwissen und soziales Handlungswissen eng mit
Sprache verbunden. Insbesondere die Semantik und Pragmatik bedienen sich
dieser Wissensbereiche (Ruberg & Rothweiler, 2012).

Eine eher sprachwissenschaftlich orientierte Beschreibung von Sprache ist die


Differenzierung von Sprachkomponenten, wie sie beispielsweise bei Weinert
(2006) oder auch Tracy (2008) zu finden ist:

 Rhythmisch-prosodische Komponente
 Phonologische Komponente
 Morphologische Komponente
 Syntaktische Komponente
 Lexikalisch-semantische Komponente
 Pragmatische Komponente

Diese Komponenten können zwar eigenständig dargestellt werden, sind aber in


der Sprachverwendung stark miteinander verschränkt, was die Komplexität von
Sprache noch einmal verdeutlicht (Weinert & Grimm, 2008).

Sprache verfolgt verschiedene Funktionen. Als Hauptfunktion von Sprache kann


die Kommunikation bezeichnet werden, weshalb auch die pragmatische Kompo-
nente von hoher Bedeutung ist. Diese Funktion greift auch Bühler (1982) in
seinem Organon-Modell auf, das nach Platon Sprache als Werkzeug versteht. In
diesem Modell wird im Grunde das klassische Sender-Empfänger-Modell
(Shannon & Weaver, 1949) um einen dritten Aspekt ergänzt, den Gegenstand
bzw. Sachverhalt. Demnach haben sprachbasierte Mitteilungen drei verschiedene
Funktion:
Grundlegende Begriffsbestimmungen 39

 Ausdrucksfunktion (bezogen auf den Sender)


 Darstellungsfunktion (bezogen auf den Gegenstand bzw. Sachverhalt)
 Appellfunktion (bezogen auf den Empfänger)

Dabei ist eine besondere Eigenschaft von Sprache, dass das, worüber gesprochen
wird, nicht in der Situation verfügbar sein muss. Kommunikation kann also mit-
hilfe von Sprache losgelöst vom realen Gegenstand bzw. Sachverhalt stattfinden
(Beyer & Gerlach, 2011). Durch die Kommunikation erfüllt Sprache auch eine
soziale Funktion, da durch den Austausch mit Anderen einem grundlegenden
menschlichen Bedürfnis begegnet wird, sich sozial eingebunden zu fühlen (Jam-
pert, Best, Guadatiello, Holler & Zehnbauer, 2007). Vygotskij (2002) bezeichnet
dies auch als interpersonale Funktion von Sprache.

Darüber hinaus hat Sprache auch eine gesellschaftliche Funktion und gilt mit
seinen umfangreichen Komponenten als gesellschaftliches Handlungsmittel
(Redder et al., 2011).

Sprache übernimmt aber auch Funktionen, die mehr die innere Welt des Spre-
chenden betreffen, wie Jampert et al. (2007) es bezeichnen. Sprache ist eng mit
dem Denken verwoben. So übernimmt Sprache eine wichtige Rolle beim Spei-
chern, Aufbauen, Organisieren und Abrufen von Wissen (Kany & Schöler, 2010)
sowie beim Problemlösen (Weinert, 2006). Je nach Situation gehen Sprache und
Denken eine wechselseitige Beziehung ein und beeinflussen sich gegenseitig
(Beller & Bender, 2010; Beyer & Gerlach, 2011).

2.1.2 Entwicklung, Erwerb und Lernen


Im Kontext von sprachlichen Fähigkeiten und deren Förderung begegnet man
häufig den Begriffen Entwicklung, Erwerb und Lernen von Sprache. Für eine
differenzierte Verwendungsweise ist eine genauere Auseinandersetzung mit
diesen drei Begriffen sinnvoll.

Der Entwicklungsbegriff ist aus entwicklungspsychologischer Perspektive als


Veränderung bzw. auch Stabilität von Fähigkeiten und anderen psychischen
40 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

Dispositionen zu verstehen. Die Besonderheit dabei ist, dass die Veränderung


bzw. die Stabilität hinsichtlich des Alters betrachtet wird. Die Zeitdimension
spielt also eine wichtige Rolle (Montada, 2008). Darüber hinaus betont Oerter
(1981), dass es sich bei Entwicklung um eine Reihe von Veränderungen handelt,
die nicht zufällig ablaufen und daher im Rahmen der Entwicklungspsychologie
erklärbar sind. Bezogen auf Sprache meint der Entwicklungsbegriff also eine
Reihe von Veränderungen der sprachlichen Fähigkeiten über die Lebenszeit
hinweg. Hier sind vor allem das Säuglingsalter und die frühe Kindheit im Fokus,
da das Verstehen und Produzieren von Sprache zu den wichtigsten frühen Ent-
wicklungsaufgaben zählen (Weinert & Grimm, 2008).

Eng mit dem Entwicklungsbegriff ist auch der Begriff des Erwerbs verbunden.
So werden in der Entwicklungspsychologie beide Begriffe zur Beschreibung der
Sprachentwicklung ohne weitere Differenzierung nahezu synonym verwendet
(Weinert, 2006; Weinert & Grimm, 2008). Eine Abgrenzung des Begriffs Er-
werb erfolgt hier gegenüber vererbt bzw. angeboren. Inwiefern sprachliche Fä-
higkeiten angeboren oder erworben sind, wird in den folgenden Abschnitten
diskutiert (vgl. Kap. 2.2).

Darüber hinaus wird im Zusammenhang mit Sprache häufig versucht, den Er-
werbsbegriff gegenüber Lernen abzugrenzen. Aus Perspektive der pädagogi-
schen Psychologie wird Lernen als Veränderung von Verhalten oder Verhaltens-
potenzial definiert. Diese Veränderung erfolgt aufgrund von Erfahrung, womit
nicht nur Wissen sondern auch emotionale und situative Elemente gemeint sind,
und ist von Vererbung, Reifung und momentanen Zuständen abzugrenzen (Pren-
zel & Schiefele, 1993). Auch ist damit die Idee verbunden, dass Lernprozesse
durch die entsprechende Gestaltung von Lernumgebungen gesteuert, initiiert und
unterstützt werden können. Eben dies greifen auch einige Autoren auf, indem sie
zwischen Language Acquisition und Language Learning unterscheiden (Krashen,
2009; Mitchell & Myles, 2004). So gilt der Erwerb von Sprache als ungesteuer-
ter Prozess, der außerhalb von Unterrichtssituationen stattfindet. Demgegenüber
wird das Lernen von Sprache als gesteuerter Prozess im Rahmen von Unterricht
Grundlegende Begriffsbestimmungen 41

beschrieben (Guadatiello, 2007). Eine exakte Abgrenzung der beiden Prozesse


scheint auf Grundlage dieser Kriterien allerdings kaum möglich, da beispielswei-
se auch im Rahmen von Unterricht ungesteuerte Prozesse ablaufen können. Gua-
datiello (2007) löst diese Diskussion auf, indem er für das Aneignen einer Spra-
che die Bedeutung von Aspekten beider Prozesse betont.

Ferner scheint der Unterschied der Begriffe in der Wahl der Perspektive zu lie-
gen. So ist für die Entwicklungspsychologie der Aspekt des ungesteuerten Er-
werbs bzw. der Sprachentwicklung, die eine Reihe von Veränderungen zu einer
bestimmten Lebenszeit beinhaltet, von besonderem Interesse. Daher sind hier die
Begriffe Entwicklung und Erwerb häufig passender. Die pädagogische Psycho-
logie hingegen hat einen besonderen Fokus auf mögliche Interventions- und
Unterstützungsmöglichkeiten und sucht daher nach Mechanismen, mit deren
Hilfe der Lernprozess gefördert bzw. gesteuert werden kann, was eher dem Be-
griff des Lernens näher kommt. Im Rahmen dieser Arbeit werden daher die bei-
den Begriffe, Erwerben und Lernen, eben entsprechend dieser Perspektiven ver-
wendet.

2.1.3 Mehrsprachigkeit und Deutsch als Zweitsprache


Insbesondere im Rahmen von Migration ist das Verfügen über mehrere Sprachen
die Regel. Will man jedoch Migrationshintergrund mit Mehrsprachigkeit gleich-
setzen, begeht man häufig einen Fehlschluss. Unter Migrationshintergrund wird
verstanden, dass mindestens ein Elternteil im Ausland geboren ist (Stanat et al.,
2010). So gibt es in Deutschland Kinder mit Migrationshintergrund, in deren
Familien nur Deutsch gesprochen wird. Genauso gibt es Kinder, deren beide
Eltern in Deutschland geboren sind und die Kinder somit laut Definition keinen
Migrationshintergrund haben. Trotzdem werden innerhalb der Familie mehrere
Sprachen gesprochen (Chlosta & Ostermann, 2014). Genauso lässt der Begriff
Mehrsprachigkeit offen, in welcher Reihenfolge und in welchem Kontext die
jeweiligen Sprachen erworben werden bzw. wurden und über welche Fähigkeiten
letztlich die Person in den Sprachen verfügt. Zunächst bezeichnet der Begriff
Mehrsprachigkeit nur, dass eine Person regelmäßig mehr als eine Sprache ver-
42 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

wendet, so dass sie mindestens in jeder ihrer Sprachen Alltagsgespräche führen


kann (Tracy, 2014). Diese weite Definition ist auch die Grundlage für die vorlie-
gende Arbeit. Denn dadurch kann der Realität an vielen Grundschulen in
Deutschland Rechnung getragen werden, die vielfältige Formen an Mehrspra-
chigkeit aufweist. Trotzdem wird im Rahmen dieser Arbeit häufig auch nur von
Zweisprachigkeit gesprochen, was vor allem den Fokus auf die Zweitsprache
Deutsch legen soll. Gleichzeitig soll der Begriff Zweisprachigkeit nicht katego-
risch ausschließen, dass möglicherweise eine dritte Sprache vorhanden ist.

Um die verschiedenen Formen der Mehrsprachigkeit zu beschreiben, sind die


Begriffe Erstsprache und Zweitsprache hilfreich. Erstsprache, oder auch Mutter-
sprache, ist demnach die Sprache, die eine Person von Geburt an erwirbt
(Ahrenholz, 2014a). Das Besondere daran ist, dass gleichzeitig mit der Sprache
auch das Sprechen an sich erworben wird (Olariu, 2007). Der Erstspracherwerb
erfolgt in der Regel zunächst vor allem im Rahmen der Familie und ist daher die
gleiche Sprache, die die Hauptbezugspersonen des Kindes sprechen. Hier zeigt
sich schon die erste Möglichkeit zur Mehrsprachigkeit. Sprechen die Bezugsper-
sonen des Kindes verschiedene Sprachen mit dem Kind, erwirbt das Kind von
Geburt an zwei Erstsprachen. Diese Form der Mehrsprachigkeit ist als Bilingua-
lismus oder Zweisprachigkeit bekannt. Diese kann auch erreicht werden, wenn
eine zweite Sprache erst später erworben wird. Diese wird dann als Zweitsprache
bezeichnet (Ahrenholz, 2014a).

Um die Fähigkeiten in beiden Sprachen näher zu beschreiben, werden Unterfor-


men der Zweisprachigkeit differenziert (Apeltauer, 2001). So spricht man von
balancierter Zweisprachigkeit, wenn beide Sprachen auf hohem Niveau be-
herrscht werden. Eine dominante Sprache im Rahmen von Zweisprachigkeit
meint, wenn diese häufiger und kompetenter genutzt wird als die zweite Sprache.
Eine weitere Unterform ist Semilingualismus oder doppelte Halbsprachigkeit.
Dies liegt vor, wenn keine der beiden Sprachen in allen Lebensbereichen kompe-
tent verwendet werden kann. Ein typisches Beispiel dafür ist, wenn eine Sprache
vor allem innerhalb der Familie, also im persönlichen Umfeld, genutzt wird und
Grundlegende Begriffsbestimmungen 43

die andere Sprache in der Schule. Dann entwickeln sich die beiden Sprachen nur
für die Verwendung im jeweiligen Kontext weiter, jedoch fällt es der Person
schwer die andere Sprache auch im anderen Kontext kompetent einzusetzen.
Apeltauer (2001) betont, dass dies kein neues Phänomen ist, sondern bereits in
den 1930er Jahren beobachtet und beschrieben wurde. Ebenso warnt er davor,
kein defizitäres Bild durch die Bezeichnung Semilingualismus zu befördern.
Würde man den Wortschatz und die morphosyntaktischen Regeln beider Spra-
chen einer solchen Person zusammenzählen, käme man mindestens auf den glei-
chen Umfang wie bei einsprachigen Personen.

Eine weitere Differenzierungsmöglichkeit zur Beschreibung der Zweisprachig-


keit ist die Reihenfolge bzw. der Zeitpunkt des Spracherwerbs (Chilla et al.,
2010). So bezeichnet der simultane Erwerb, dass zwei Sprachen gleichzeitig
erworben werden. Der sukzessive Zweitspracherwerb meint, dass eine Person
zunächst seine Erstsprache erwirbt und zeitlich dazu versetzt eine zweite Spra-
che. Welche Erwerbsprozesse hier konkret ablaufen und wie sich diese vom
Erstspracherwerb unterscheiden, wird in den nächsten Abschnitten betrachtet
(vgl. Kap. 2.3). In der Literatur wird häufig zwischen frühem oder kindlichem
Zweitspracherwerb, der mit drei oder vier Jahren beginnt, und dem Zweitsprach-
erwerb bei Erwachsenen, der frühestens mit Ende der Pubertät einsetzt, unter-
schieden. Die Annahme dahinter ist, dass hier unterschiedliche Erwerbsprozesse
aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungsstufen ablaufen (Ahrenholz,
2014a).

Um die Zweisprachigkeit noch genauer zu beschreiben, kann auch der Er-


werbskontext miteinbezogen werden. So ist mit Zweitspracherwerb häufig der
Spracherwerb außerhalb formaler Lernsituationen gemeint und wird eher dem
informellen Lernen zugeordnet, das nichtintentional im Alltag, in der Familie
aber auch in der Schule abläuft (Overwien, 2005). Zweitspracherwerb findet oft
im Rahmen von Migration statt, da sich dadurch die Familiensprache und die
Umgebungssprache oder die Sprache in der Schule unterscheiden. Deshalb wer-
den zwei Sprachen in Alltagssituationen erworben, um letztlich kommunizieren
44 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

zu können (Ahrenholz, 2014a). Gleichzeitig steht der Begriff Deutsch als Zweit-
sprache (DaZ) auch für ein Unterrichtsfach, das ab der Grundschule beginnt, ein
vom jeweiligen Bundesland definiertes Curriculum aufweist und den Erwerb der
Unterrichtssprache Deutsch bei zwei- und mehrsprachigen Kindern fördern soll
(Jeuk, 2010). Wie diese Förderung realisiert werden kann und welche didakti-
schen Ansätze verfolget werden, wird in Kapitel 5 näher erläutert. Ein anderer
Kontext für Zweitspracherwerb ist beispielsweise ein Auslandsaufenthalt, was
häufig im Erwachsenenalter relevant ist. Im Kontrast dazu steht der Fremdspra-
chenerwerb, der in formalen Lernsituationen stattfindet, also im Unterricht oder
Sprachkurs mit dem Ziel eine Sprache, die nicht die Umgebungssprache ist, zu
erlernen (Overwien, 2005). Ein typisches Beispiel dafür ist der Spanischunter-
richt an deutschen Sekundarschulen. Eine klare Abgrenzung ist in der Praxis
allerdings kaum möglich. So erwerben insbesondere Migranten eine zweite
Sprache in der Regel in informellen Lernsituationen, besuchen aber zusätzlich
dazu oftmals Sprachkurse, die vor allem Elemente des Fremdsprachenerwerbs
aufweisen (Ahrenholz, 2014a).

Mehrsprachigkeit ist natürlich nicht auf zwei Sprachen begrenzt, sondern bein-
haltet auch Personen, die drei oder mehr Sprachen beherrschen. Zur Differenzie-
rung der Sprachen nach Beginn des Erwerbsprozesses werden die Bezeichnun-
gen L1 für Erstsprache, L2 für Zweitsprache, L3 für Drittsprache usw. verwen-
det. Zur einfacheren Lesbarkeit werden diese Abkürzungen auch im Rahmen der
vorliegenden Arbeit genutzt.

2.2 Theoretische Ansätze des Spracherwerbs

Was sich eine Person im Zuge des Spracherwerbs alles aneignet, wurde in einem
vorherigen Abschnitt bereits allgemein dargestellt (vgl. Kap. 2.1.1). Wie der
Spracherwerb abläuft, ist in keiner übergeordneten Theorie für den gesamten
Sprachentwicklungsprozess vollständig abgebildet und erklärt (Weinert &
Grimm, 2008). Weinert und Ebert (2013) bezeichnen den Spracherwerb sogar
„als eines der großen Geheimnisse der Psychologie“ (S. 305). Jedoch existieren
Theoretische Ansätze des Spracherwerbs 45

verschiedene theoretische Ansätze, die jeweils unterschiedliche Aspekte des


Spracherwerbs besonders in den Fokus nehmen und die den Hauptströmungen
der Lerntheorien zuzuordnen sind. Da sie eine Grundlage für die weiteren theore-
tischen Ausführungen bilden, werden sie im Folgenden kurz dargestellt. Aus-
führlicher setzten sich damit bereits andere Autoren auseinander (Grimm, 2000;
Hoff, 2013; Klann-Delius, 1999; Oksaar, 2003; Szagun, 2013; Weinert, 2006).

Der behavioristische Ansatz, die Entwicklung und Lernen in erster Linie durch
Reiz-Reaktions-Mechanismen erklären, setzt sprachliches Verhalten mit jeder
anderen Form von Verhalten gleich. Damit gilt aus behavioristischer Perspektive
auch der Spracherwerb in höchstem Maße von der Umwelt abhängig (Oksaar,
2003). Imitation und Verstärkung sind für Skinner (1957) die zentralen Erklä-
rungsansätze für Spracherwerb. So imitieren Kinder ihre Eltern oder andere
kompetente Sprecher. Dabei werden zielsprachliche Äußerungen verstärkt, was
den Erwerb begünstigt. Die allgemeine Kritik an dieser Lerntheorie gilt auch für
den Spracherwerb. So werden innerpsychische Vorgänge, wie Emotion, Kogniti-
on und Motivation, bei der Erklärung von Verhalten und Verhaltensänderung
nicht berücksichtigt. Spezifisch für den Spracherwerb lässt die behavioristische
Perspektive offen, warum Kinder Äußerungen produzieren, die sie vorher noch
nie gehört haben und auch trotz nicht immer korrekten Inputs innerhalb kurzer
Zeit ihre Muttersprache erwerben. Darüber hinaus ist fraglich, inwiefern eine
nicht-zielsprachliche Äußerung eines Kindes zu Bestrafungen im Sinne des Be-
haviorismus führt. Denn auch nicht-zielsprachliche Äußerungen können ihr
kommunikatives Ziel erreichen und werden damit aus Perspektive des Behavio-
rismus belohnt (Jeuk, 2010). Ein Beispiel dafür sind kindliche Äußerungen wie
‚Mama trinken‘. Trotz aller Kritik und der Ablehnung des Behaviorismus als
universale Erklärung des Spracherwerbs ist dieser theoretische Ansatz dahinge-
hend bedeutend, dass die Reaktion auf kindliche Äußerungen und ihre Wirkun-
gen auf die Entwicklung im Fokus stehen.

Als kritische Antwort und direkte Reaktion auf die behavioristische Position
kann der nativistische Ansatz gesehen werden, dessen Hauptvertreter und Be-
46 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

gründer der Linguist Noam Chomsky ist. Dieser prägte die Vorstellung, dass
jeder Mensch von Geburt an über ein Spracherwerbsystem, das Language Acqui-
sition Device (LAD), verfügt. Dieses besteht aus einer sogenannten Universal-
grammatik, in der allgemeine Sprachprinzipien verankert sind, sowie einem
Hypothesenbildungs- und Hypothesenprüfverfahren. Der sprachliche Input, dem
Kinder ausgesetzt sind, gilt demnach eher als Auslöser, um auf Grundlage der
angeborenen universalen Sprachfähigkeiten Hypothesen zu Regeln der Gramma-
tik der entsprechenden Muttersprache zu bilden und zu prüfen (Klann-Delius,
1999; Weinert & Grimm, 2008). So werden aus nativistischer Position beim
Spracherwerb in erster Linie Regeln erworben. Dabei sollen allgemeine kogniti-
ve Fähigkeiten eine eher untergeordnete Rolle spielen (Pinker, 2007). Der Nati-
vismus stellt damit einen Erklärungsansatz für den raschen kindlichen Spracher-
werb dar, der allein durch Imitation und Verstärkung nicht erklärbar zu sein
scheint. Daher wirkt die Annahme, dass wichtige Komponenten des Spracher-
werbs angeboren sind, logisch. Kritisch lässt sich anmerken, dass der Fokus vor
allem auf den grammatikalischen Regeln liegt und Funktionen der Sprache eher
außer Acht gelassen werden. Ebenso werden mögliche Einflussfaktoren weitest-
gehend vernachlässigt, wie die individuelle Entwicklung oder Wirkungen der
Umwelt (Klann-Delius, 1999).

Der kognitive Ansatz, der vor allem die innerpsychischen Vorgänge beim Lernen
in den Fokus nimmt und damit die Blackbox des Behaviorismus öffnet, nimmt
auch in der theoretischen Auseinandersetzung mit Spracherwerb eine zentrale
Rolle ein. So sind vor allem Jean Piagets Überlegungen bedeutend, der die Vor-
gänge und Voraussetzungen der Sprachentwicklung grundsätzlich nicht von
denen der allgemeinen kognitiven Entwicklung unterscheidet (Weinert &
Grimm, 2008). So wird der Spracherwerb als eine Folge der kognitiven Entwick-
lung betrachtet. Auch geht die kognitive Position im Gegensatz zum Nativismus
nicht davon aus, dass es angeborene sprachspezifische Disposition gibt, sondern
führt den Spracherwerb auf grundlegende kognitive Fähigkeiten zurück. Indem
sich das Kind mithilfe seiner Wahrnehmung aktiv mit seiner Umwelt auseinan-
dersetzt, wird die Entwicklung angeregt (Jeuk, 2010; Klann-Delius, 1999). Die
Theoretische Ansätze des Spracherwerbs 47

Kritik an diesem Ansatz weist vor allem zurück, dass die Sprachentwicklung
ausschließlich mit allgemeinen kognitiven Entwicklungsprozessen zu erklären
ist. Auch sind interindividuelle oder auch u-förmige Entwicklungsverläufe durch
den kognitiven Ansatz kaum zu erklären (Klann-Delius, 1999).

Unter den interaktionistischen Ansätzen lassen sich eine Reihe theoretischer


Ansätze des Spracherwerbs zusammenfassen. Gemeinsame Merkmale dieser
Ansätze sind, dass der Spracherwerb durch einen Austausch zwischen Umwelt
und Individuum erfolgt. Dabei ist zu beachten, dass es sich um bidirektionale
Prozesse handelt. Das Individuum wird also nicht nur von seiner Umwelt beein-
flusst, sondern hat auch eine Wirkung auf seine Umwelt, die anfangs vor allem
durch die Bezugspersonen repräsentiert ist (Klann-Delius, 1999). Darüber hinaus
kommt der sozialen Interaktion im Spracherwerb eine zentrale Bedeutung zu.
Zwar wird neben angeborenen kognitiven Dispositionen auch ein angeborenes
Spracherwerbssystem vermutet, was dem Nativismus ähnlich ist. Jedoch über-
nimmt die Umwelt im Interaktionismus eine viel entscheidendere Rolle, da ohne
Interaktion mit der Bezugsperson das angeborene Spracherwerbssystem nicht
funktionieren könnte. Die Bezugsperson schafft eine Art Hilfesystem, das Lan-
guage Acquisition Support System (LASS), in dem sie Sprachinput und Interak-
tion steuert und reguliert, so dass die Sprachentwicklung des Kindes begünstigt
wird (Bruner, 2002). Das LASS wird als Gegenstück zu Chomskys LAD gese-
hen und zeichnet sich dadurch aus, dass die Bezugsperson seine Sprache hin-
sichtlich Prosodie, aber auch Wortschatz, Morphologie und Syntax an das Kind
anpasst (Jeuk, 2010). So spricht beispielsweise eine Mutter mit ihrem Baby lang-
samer, mit mehreren Pausen und in einer höheren Tonlage, was auch eine höhere
Aufmerksamkeit beim Baby erzeugt. Diese besondere Sprechweise ist auch als
Motherese, Babytalk oder Ammensprache bekannt (Falk, 2008). Die Interaktion
mit den Bezugspersonen ist also für die sprachliche Entwicklung essentiell. Hier
greift auch die theoretische Überlegung Vygotskijs (2002) zur Zone der nächsten
Entwicklung, die als aktuelles Entwicklungspotential definiert wird, das mithilfe
einer weiterentwickelten Bezugsperson erreicht werden kann. Die Zone der
nächsten Entwicklung ist daher eine wichtige Orientierungshilfe, wie Förderung
48 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

von Sprachentwicklung gestaltet werden kann (Rapp, 2013). Kritik an der inter-
aktionistischen Position bezieht sich häufig darauf, dass diese Ansätze sich aus-
schließlich auf Bedingungen des Spracherwerbs beziehen und die eigentlichen
Prozesse außer Acht lassen (Lisker, 2011). Als Verdienst dieser Position kann
aber hervorgehoben werden, dass sowohl angeborenen Dispositionen als auch
dem Einfluss, vor allem durch die Bezugspersonen in der Interaktion mit dem
Kind, entsprechende Bedeutung für den Spracherwerb zugeschrieben wird.

Zusammenfassend können die vier dargestellten Ansätze zur theoretischen Erklä-


rung des Spracherwerbs zwei unterschiedlichen Theoriefamilien zugeordnet
werden, den Outside-in und den Inside-out Theorien (Golinkoff & Hirsh-Pasek,
1990). Bei den sogenannten Outside-in Theorien spielen angeborene, sprachspe-
zifische Dispositionen keine bzw. eine untergeordnete Rolle. Gleichzeitig wer-
den für den Spracherwerb allgemeine Lernmechanismen verantwortlich gemacht.
Der Begriff Outside-in bezieht sich dabei auf die Vorstellung, dass Umweltein-
flüsse, aber auch nicht sprachspezifische mentale Prozesse auf den Spracherwerb
wirken (Weinert & Grimm, 2008). Hierzu können also die behavioristischen und
die kognitiven Ansätze gezählt werden (Golinkoff & Hirsh-Pasek, 1990). Dem-
gegenüber stehen die sogenannten Inside-out Theorien, deren Gemeinsamkeit es
ist, dass von angeborenen sprachspezifischen Dispositionen ausgegangen wird,
die damit unabhängig von allgemeinen kognitiven Fähigkeiten sind. Diese Über-
legungen basieren auf der Annahme, dass alles, was an Kinder von außen heran-
getragen wird, also vor allem der sprachliche Input, nicht ausreicht, um Sprache
in der Art und Weise zu erwerben, wie dies Kinder tun. Gleichzeitig steckt auch
die Idee darin, dass der Spracherwerb nicht mit allgemeinen Lernmechanismen
erklärt werden kann, sondern sprachspezifische Lernprozesse ablaufen (Weinert
& Grimm, 2008). Zu dieser Theoriefamilie zählen vor allem nativistische Ansät-
ze (Golinkoff & Hirsh-Pasek, 1990). Inwiefern interaktionistische Ansätze dazu
gezählt werden können, hängt von ihrer Ausrichtung ab, da sie auch Merkmale
der Outside-in Theorien aufweisen. Schließlich können die interaktionistischen
Ansätze auch als Synthese der beiden Theoriefamilien angesehen werden, indem
Theoretische Ansätze des Spracherwerbs 49

sowohl sprachspezifischen Dispositionen als auch der Umwelt eine große Bedeu-
tung zugeschrieben wird (Weinert & Grimm, 2008).

Trotz aller Widersprüche, die in den unterschiedlichen theoretischen Ansätzen


existieren, kristallisiert sich eine wichtige Grundannahme für den Spracherwerb
heraus. Und zwar ist die Passung zwischen den inneren Voraussetzungen des
Kindes und den äußeren Faktoren entscheidend, damit diese in einem erfolgrei-
chen Spracherwerb münden (Weinert & Grimm, 2008). Auch hat sich bei vielen
die Annahme durchgesetzt, dass sich Spracherwerb zwar nicht völlig unabhängig
von allgemeinen kognitiven Prozessen vollzieht, Sprache aber trotzdem ein ei-
genständiges Phänomen und damit ein spezifischer Teilbereich der Entwicklung
ist, wofür sprachspezifische Voraussetzungen nötig sind (Karmiloff-Smith,
1995). Das belegt Weinert (2006) u.a. mit Entwicklungsstörungen, in denen
allgemeine kognitive Fähigkeiten und sprachliche Fähigkeiten sich weitgehend
unabhängig voneinander entwickeln. Demgegenüber stehen empirische Ergeb-
nisse, die Szagun (2013) in einem Überblick so interpretiert, dass die Existenz
angeborener sprachspezifischer Voraussetzungen bisher nicht nachzuweisen war.
So spricht beispielsweise die Plastizität des Gehirns, wenn die typischen Areale
für Sprachverarbeitung beschädigt werden, gegen die nativistische Position.
Bisher fehlen also anerkannte empirische Belege für die Gültigkeit der Inside-out
bzw. Outside-in Theorien. Basierend auf empirischen Beobachtungen gibt es
aber detaillierte Ausführungen, die den monolingualen Spracherwerb beschrei-
ben. Diese sind z.B. bei Weinert (2006), Szagun (2013) oder Bavin (2012), ge-
gliedert nach den einzelnen Sprachkomponenten, umfassend dargestellt. Welche
Mechanismen hinter dem beobachtbaren Spracherwerb vermutet werden, ist
jedoch größtenteils von der jeweiligen theoretischen Position abhängig.

Der Fokus dieser vorgestellten theoretischen Ansätze liegt zwar darauf, den
Erstspracherwerb und damit auch die Entwicklung der Fähigkeiten zu erklären,
Sprache zu produzieren und zu verstehen. Diese Überlegungen sind aber auch
elementar, um den Erwerb weiterer Sprachen nachzuvollziehen und schließlich
zu fördern. Im folgenden Abschnitt werden diese wichtigen theoretischen Über-
50 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

legungen weiter auf die Ziele der Arbeit zugespitzt, indem theoretische Ansätze
zum Zweitspracherwerb diskutiert werden.

2.3 Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs

In diesem Abschnitt werden nun theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs


vorgestellt, die auch durch die unterschiedlichen theoretischen Positionen des
Erstspracherwerbs geprägt sind (vgl. Kap. 2.2). Da bisher keine umfassende
Theoriebildung zur Erklärung des Zweitspracherwerbs existiert (Oksaar, 2003),
werden im Folgenden verschiedene Ansätze separat dargestellt, die sich zum Teil
stark auf einzelne Phänomene des Zweitspracherwerbs konzentrieren. Eine zu-
sammenfassende Einordnung und Bewertung der theoretischen Ansätze erfolgt
in der abschließenden Zusammenfassung.

2.3.1 Kontrastivhypothese
Die Entwicklung der Kontrastivhypothese geht auf Beobachtungen Anfang der
1940er Jahre in den USA zurück, wo viele Erwachsene aufgrund des Weltkriegs
eine zweite Sprache lernten, die dem Englischen nicht sehr ähnlich war, wie z.B.
Japanisch (Grießhaber, 2010). Die Beobachtungen, die hauptsächlich im Kontext
von Unterricht stattfanden, führten zu dem Schluss, dass die Ähnlichkeit bzw.
der Unterschied zwischen Erst- und Zweitsprache den Spracherwerb beeinflusst
(Klein, 1992).

Diese These, die von den Linguisten Charles Fries und Robert Lado geprägt
wurde, kann der behavioristischen Position des Spracherwerbs zugeordnet wer-
den. Ihr liegt die Idee zugrunde, dass beim Zweitspracherwerb im Sinne des
Reiz-Reaktions-Mechanismus eine neue Reaktion erlernt werden muss, die der
Zweitsprache entspricht (Grießhaber, 2010). Umso ähnlicher sich Erst- und
Zweitsprache sind, desto einfacher erfolgt das Erlernen dieser neuen Reaktion
der Zweitsprache. Der Erwerb der Zweitsprache basiert also auf den bereits er-
worbenen Strukturen der Erstsprache, was durch eine Ähnlichkeit der Strukturen
vereinfacht wird bzw. zu Problemen bei unterschiedlichen Strukturen führt
Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs 51

(Klein, 1992). So wird der Transfer zwischen Erst- und Zweitsprache als positiv
bezeichnet, wenn die Strukturen von Erst- und Zweitsprache gleich sind und
somit der Transfer zu einer zielsprachlichen Äußerung in der Zweitsprache führt.
Ein Transfer ist hingegen negativ, wenn sich die Strukturen von Erst- und Zweit-
sprache stark unterscheiden und somit ein Transfer zu Fehlern in den Äußerun-
gen der Zweitsprache führt (Grießhaber, 2010).

Ein typisches Beispiel für einen negativen Transfer im Bereich Wortschatz sind
die sogenannten ‚false friends‘ von deutschen Englischlernern, wozu z.B. das
englische Wort ‚actual‘ zählt, das im Sinne eines negativen Transfers für die
Bedeutung des deutschen Wortes ‚aktuell‘ benutzt wird, wofür stattdessen ziel-
sprachlich ‚current‘ zu benutzen wäre. Ähnliche Beispiele existieren auch für
grammatische Strukturen (Grießhaber, 2010). Dass solche Äußerungen beim
Erwerb einer Zweitsprache existieren, ist also unumstritten. Fraglich ist, inwie-
fern diese Phänomene auch durch die beschriebenen Mechanismen umfassend
erklärt und anhand kontrastiver Analysen prognostiziert werden können, was der
Anspruch der starken kontrastiv-analytischen Hypothese ist (Bausch & Kasper,
1979). Die Kritik daran führen Bausch und Kasper (1979) differenziert aus und
kommen zu dem Schluss, dass diese Hypothese in ihrer starken Version nicht
haltbar ist, worin sie mit Klein (1992) übereinstimmen. So wird vor allem die
Tatsache kritisiert, dass die Kontrastivhypothese mithilfe von linguistischen
Unterschieden in der Struktur von Erst- und Zweitsprache psychologische Pro-
zesse, wie Transfer und Schwierigkeiten im Erwerb, vorhersagen möchte. Dabei
wird allerdings ignoriert, dass es sich beim Zweitspracherwerb um einen länge-
ren dynamischen Prozess handelt und daher eine Analyse statischer Sprachstruk-
turen wichtige Aspekte ausblendet. So können weitere sprachliche Faktoren auf
den Erwerb der Zweitsprache wirken wie z.B. bereits erworbene Strukturen der
Zweitsprache (Bausch & Kasper, 1979).

Auch empirisch lässt sich der Einfluss der Erstsprache auf den Zweitspracher-
werb nicht in der postulierten Weise bestätigen. Untersuchungen zeigen, dass
Erwerbsschwierigkeiten nicht nur bei Unterschieden zwischen den Strukturen
52 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

der Erst- und Zweitsprache, sondern auch bei fehlenden deutlichen Unterschie-
den auftreten (Juhász, 1970). Demnach ist die Argumentation der Kontrastivhy-
pothese nicht bestätigt. Somit müssen noch andere Mechanismen im Zweit-
spracherwerb wirken, die den Prozess beeinflussen und nicht zielsprachige
Lerneräußerungen und Lernschwierigkeiten erklären. Schlussendlich stellt der
Einfluss der Erstsprache auf den Zweitspracherwerb zwar einen wichtigen Erklä-
rungsansatz dar, der allerdings den Zweitspracherwerb nicht umfassend be-
schreibt, sondern nur einen Teilaspekt herausgreift.

2.3.2 Identitätshypothese
Die Identitätshypothese, die auf die theoretische Position des Nativismus zu-
rückgeht, ist eine Reaktion auf die behavioristisch geprägte Kontrastivhypothese
und wurde Ende der 1960er Jahre von Stephen Pit Corder begründet. Sie postu-
liert im Sinne des angeborenen LAD, dass der Zweitspracherwerb den gleichen
Prozessen unterliegt wie der Erstspracherwerb (Oksaar, 2003). Gleichzeitig wird
ein Einfluss der Erstsprache auf den Zweitspracherwerb abgestritten. Daher
werden nicht-zielsprachliche Äußerungen in der Zweitsprache, wie beim Erst-
spracherwerb auch, nur auf die Struktur der zu erlernenden Sprache zurückge-
führt. Sie sind vielmehr als produktive Zwischenschritte im Spracherwerb zu
verstehen (Bausch & Kasper, 1979; Jeuk, 2010). Damit zeigt sich bereits der
wesentliche Unterschied zur Kontrastivhypothese (vgl. Kap. 2.3.1).

Um die Identitätshypothese zu bestätigen, wurde in empirischen Untersuchungen


nach ähnlichen Entwicklungsverläufen im Erst- und Zweitspracherwerb und bei
unterschiedlichen Zweitsprachenlernern gesucht. Bausch und Kasper (1979)
geben einen Überblick über relevante Studien, die den Zweitspracherwerb im
Sinne der Identitätshypothese belegen wollen, indem Entwicklungsverläufe un-
terschiedlicher Gruppen von Sprachenlernern verglichen werden. Dabei können
eine Reihe von universalen Entwicklungsprozessen identifiziert werden. Gleich-
zeitig sind in den empirischen Daten aber auch interindividuelle Unterschiede in
den Entwicklungsprozessen zu finden. Diese Befunde veranlassen manche dazu,
die Identitätshypothese als widerlegt zu betrachten (Oksaar, 2003). Andere sehen
Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs 53

trotz der genannten Unterschiede in diesem theoretischen Ansatz eine Möglich-


keit, eine einheitliche Theorie für den Spracherwerb in Erst- und Zweitsprache
zu bilden (Klein, 1992). Trotzdem bleibt die Frage offen, wie die interindividuel-
len Unterschiede zu begründen sind. Hier kommt wieder die Frage zum Einfluss
der Erstsprache auf. Auch ist fraglich, inwiefern die kognitive Entwicklung, die
bei einem sukzessiven Zweitspracherwerb weiter fortgeschritten ist als beim
Erstspracherwerb, einen Einfluss auf die Erwerbsprozesse hat. Dies zeigt sich
beispielsweise in der frühen Phase des sukzessiven Zweitspracherwerbs. Dort ist
zu beobachten, dass Kinder die Ein- und Zweiwortphase schneller durchlaufen
als in der Erstsprache (Jeuk, 2010).

Schlussendlich greift dieser theoretische Ansatz die nativistische Idee auf, dass
für den Spracherwerb, sei es nun die erste oder zweite Sprache, ein angeborenes
Spracherwerbssystem verantwortlich ist. Auch wenn man diesem theoretischen
Ansatz folgt, bleibt zu kritisieren, dass sich die Identitätshypothese zu wenig mit
der Erklärung interindividueller Unterschiede im Zweitspracherwerb und damit
mit möglichen Einflussfaktoren beschäftigt.

2.3.3 Interlanguagehypothese
Ein weiterer theoretischer Ansatz, der versucht Zweitspracherwerb zu erklären,
wählt einen neuen Weg, indem er sich intensiv mit der Lernersprache (engl.
Interlanguage) als eigenes System beschäftigt (Oksaar, 2003). Dieser Ansatz
geht auf den Linguisten Larry Selinker zurück, der Anfang der 1970er Jahre die
Ausführungen der Identitätshypothese als Grundlage nahm, um die Interlangu-
agehypothese zu entwickeln (Selinker, 1972). Die Lernersprache bildet sich
demnach beim Erwerb einer Zweitsprache und hat Merkmale der Erst- und
Zweitsprache. Sie ist also zwischen den Systemen der Erst- und Zweitsprache zu
verorten und wird als ein eigenständiges Sprachsystem angesehen, die sich in
mehreren Zwischenschritten entwickelt (Jeuk, 2010). Trotzdem hat sie eine ge-
wisse Variabilität, was bedeutet, dass neben scheinbar bereits erworbenen Struk-
turen auch nicht-zielsprachliche Strukturen verwendet werden. Als wesentliche
Neuerung dieses Ansatzes innerhalb der theoretischen Diskussion um den Zweit-
54 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

spracherwerb gilt, dass die Lernersprache und mit ihr die scheinbaren Fehler der
sprachlichen Äußerungen nicht mehr als defizitär, sondern als Teil des regulären
Erwerbsprozesses betrachtet werden. Auch sehen die Vertreter dieser Hypothese
trotz aller Variabilität eine gewisse Systematik im Zweitspracherwerb, der sich
durch systematische Übergänge immer weiter der Zielsprache annähert (Klein,
1992). Erreich ein Lerner nicht das Niveau der Zielsprache bzw. verharrt längere
Zeit auf einem Niveau der Interlanguage, spricht man von Fossilierung (Jeuk,
2010).

Selinker (1972) definiert auch fünf zentrale Prozesse, die während des Zweit-
spracherwerbs ablaufen. Ganz wesentlich sind dabei die Strategien, die der Ler-
ner anwendet. Zum einen, um Regeln der Zweitsprache zu erwerben, indem
Hypothesen aufgestellt und überprüft werden, was an die nativistische Position
angelehnt ist. Zum anderen zählen dazu auch Kommunikationsstrategien, um mit
Personen zu kommunizieren, die die zu erlernende Zweitsprache sprechen. Dazu
zählt beispielsweise auch das Vermeiden, indem schwierige sprachliche Kon-
struktionen durch einfache ersetzt werden, oder auch das Ausweichen auf para-
und nonverbale Mittel wie Modulation, Mimik und Gestik. Bausch und Kasper
(1979) differenzieren eine Reihe weiterer Kommunikationsstrategien, die zum
Teil auch empirisch ermittelt wurden. Als weiteren Prozess beschreibt Selinker
(1972) das Übergeneralisieren von Regeln. Hier werden bereits erworbene Re-
geln der Zielsprache auf Bereiche übertragen, für die sie nicht gelten. Dies kann
beispielsweise bei der Beugung starker Verben passieren, wenn entsprechend der
Regel für schwache Verben anstatt ‚sie ging‘ ‚sie gehte‘ gebildet wird, da die
bereits erworbene Regel für alle Verben übergeneralisiert wird. Der Transfer aus
Trainings bzw. der Lernumgebung bezeichnet die Resultate, die aufgrund von
Übung entstanden. Beispielsweise können aufgrund von zu wenig Differenzie-
rung in der Lernumgebung Äußerungen nicht mit der Zielsprache übereinstim-
men. Darüber hinaus gehört dazu der Transfer von Regeln und Symbolen aus
anderen Sprachen, was in aller Regel die Erstsprache des Lernenden ist. Das
Zusammenwirken dieser Prozesse soll die interindividuellen Unterschiede und
Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs 55

gleichzeitig die dahinter vermutete Systematik im Zweitspracherwerb erklären


(Bausch & Kasper, 1979).

In der Forschung fand dieser theoretische Ansatz große Resonanz, da man sich
nicht mehr auf einzelne Aspekte wie den Einfluss der Erstsprache (vgl. Kap.
2.3.1) oder den Erwerbsmechanismus an sich (vgl. Kap. 2.3.2) konzentriert,
sondern versucht die Situation des Zweitsprachenlerners umfassender zu erklä-
ren, indem vor allem die Prozesse in den Fokus rücken (Grießhaber, 2010). Kri-
tik richtet sich eher an unklare Begriffsbestimmungen. So verwendet Selinker
(1972) die Begriffe Prozesse und Strategien nahezu äquivalent, was im Rahmen
von empirischen Untersuchungen auf Kritik bzw. Widersprüche stößt (Grießha-
ber, 2010).

2.3.4 Interdependenz- und Schwellenniveauhypothese


Die Interdependenz- und Schwellenniveauhypothese wurden vom Psychologen
James Cummins etwa zur gleichen Zeit wie die Interlanguagehypothese formu-
liert. Die beiden Hypothesen gehen auf eine Untersuchung im Auftrag der UNE-
SCO zurück, die die schwedischen und finnischen Sprachkenntnisse von Schul-
kindern mit finnischen Migrationshintergrund in Schweden querschnittlich er-
fasste (Skutnabb-Kangas & Toukomaa, 1976). Dabei konnte festgestellt werden,
dass Kinder, die erst im Alter von zehn Jahren migriert waren, nach einigen
Jahren über mehr sprachliche Fähigkeiten in Schwedisch verfügten als gleichalt-
rige zweisprachige Kinder mit Migrationshintergrund, die bereits in Schweden
geboren waren und dort das Bildungssystem durchlaufen hatten. Es erwies sich
also als bedeutend über welche Fähigkeiten der Lerner in seiner Erstsprache
verfügt, wenn der Zweitspracherwerb beginnt.

Dies greift die Interdependenzhypothese mit ihrer Hauptaussage auf, dass der
Erwerb einer weiteren Sprache und die Fähigkeiten in der Erstsprache sich ge-
genseitig beeinflussen und damit voneinander abhängig sind (Cummins, 1979).
Die Schwellenniveauhypothese definiert darauf aufbauend zwei Schwellen, die
jeweils die Art der Beeinflussung beschreiben. Zudem werden auch die kogniti-
56 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

ven, sprachübergreifenden Fähigkeiten betrachtet, die ebenso unter einem wech-


selseitigen Einfluss der sprachlichen Fähigkeiten stehen. Beispielsweise werden
kognitive Fähigkeiten u.a. auch durch Sprache vermittelt, was die Abhängigkei-
ten verdeutlicht. Die untere Schwelle ist dadurch gekennzeichnet, dass in beiden
Sprachen nur ein niedriges Niveau erreicht wird, was auch als Semilingualismus
bekannt ist (vgl. Kap. 2.1.3). In diesem Fall vermutet die Schwellenniveauhypo-
these einen negativen Einfluss der sprachlichen Fähigkeiten auf die kognitiven
Fähigkeiten. Da das Kind nicht über die sprachlichen Fähigkeiten verfügt, kann
es sich in der Bildungseinrichtung nicht adäquat an sprachlich vermittelten Lern-
prozessen beteiligen (Cummins, 1979). Verfügt ein Kind in einer seiner Spra-
chen über ein zielsprachliches Niveau, kann das als dominante Zweisprachigkeit
bezeichnet werden. Hier sind keine negativen Auswirkungen auf die kognitiven
Fähigkeiten zu vermuten, sofern die Lernprozesse auch in der dominanten Spra-
che möglich sind. Als obere Schwelle beschreibt Cummins (1979) ein ziel-
sprachliches Niveau in beiden Sprachen. Diese hohen Fähigkeiten in Erst- und
Zweitsprache sollen einen positiven Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten
haben.

Damit können die Ergebnisse der UNESCO Untersuchung erklärt werden, da die
Kinder, die in Schweden geboren wurden, ihre Erstsprache Finnisch nur inner-
halb der Familie entwickelten und Schwedisch ab dem Kindergarten in Bil-
dungseinrichtungen erwarben, was eher zum Semilingualismus führte. Hingegen
war die Erstsprache der Kinder, die im Schulalter aus Finnland migrierten, be-
reits durch Kindergarten- und Schulbesuch auf einem zielsprachlichen Niveau,
sodass die Zweitsprache Schwedisch einfacher erworben werden konnte.

Auch konnte in weiteren Studien gezeigt werden, dass Kinder, die aufgrund von
später Migration ihre Erstsprache zunächst im Herkunftsland und den dortigen
Bildungseinrichtungen erwerben, weniger Schwierigkeiten beim Erwerb der
Zweitsprache aufweisen als Migranten der zweiten Generation, die bereits im
Zielland Kindergarten und Schule besuchen und dort keine Förderung der Erst-
sprache erhalten (Knapp, 1997). Den Zusammenhang mit kognitiven Fähigkeiten
Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs 57

versuchten weitere Studien zu bestätigen, die zeigten, dass die Förderung der
Erstsprache im Zielland den Bildungserfolg steigert (Siebert-Ott, 2003). Jedoch
fassen Paetsch et al. (2014) kritisch zusammen, dass die bisher gefundenen Zu-
sammenhänge auch durch bisher nicht kontrollierte Faktoren erklärbar wären
und sehen daher den Einfluss von Fähigkeiten in der Erstsprache auf die Zweit-
sprache als empirisch nicht bestätigt.

An diese Argumentation lässt sich allerdings auch Kritik anschließen, da die


empirisch gefundenen Zusammenhänge keine ausreichende Bestätigung des
Einflusses von Fähigkeiten in der Erstsprache auf die Zweitsprache sind. Neben
den beschriebenen Fällen gibt es auch eine Gruppe von Kindern, die nur in Kin-
dergarten und Schule die Zweitsprache erwerben und trotzdem keinen Rückstand
gegenüber Gleichaltrigen aufweisen (Jeuk, 2010). Wie dies erklärt werden kann,
lässt der beschriebene theoretische Ansatz offen, da weitere Einflussfaktoren im
familiären Umfeld und auch auf individueller Ebene nicht berücksichtigt werden.
Jedoch gilt die Konzentration auf Fähigkeiten in der Erstsprache und die damit
gesteigerte Bedeutung von bilingualen Bildungsprogrammen als Verdienst der
Arbeiten zur Interdependenz- und Schwellenniveauhypothese. Auch kann damit
der zum Teil auftretenden Geringschätzung von typischen Erstsprachen von
Migranten entgegengewirkt werden.

2.3.5 Input- und Interaktionshypothese


Die theoretischen Ansätze zur Rolle von Input und Interaktion sowie später auch
dem Output im Zweitspracherwerb gehen auf das Monitor Modell des Linguisten
Stephen Krashen (2009) zurück. Dazu formulierte er mehrere Hypothesen zum
Zweitspracherwerb, wovon im Folgenden die Inputhypothese und ihre Weiter-
entwicklungen herausgegriffen werden. Diese lassen sich jeweils den interaktio-
nistischen Ansätzen des Spracherwerbs zuordnen (vgl. Kap. 2.2).

Die Inputhypothese geht in ihrer starken Version davon aus, dass verständlicher,
sprachlicher Input der alleinige, notwendige Faktor für erfolgreichen Zweit-
spracherwerb ist (Mitchell & Myles, 2004). Dem liegen Beobachtungen im Erst-
58 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

spracherwerb zugrunde, die das sogenannte Motherese (vgl. Kap. 2.2) als zentra-
le Quelle des Spracherwerbs ausmachen. Dabei wird der sprachliche Input an
den Lerner, das Baby oder Kleinkind, angepasst. Demnach erfolgt der Zweit-
spracherwerb im Sinne der Inputhypothese folgendermaßen. Der Input in der
Zweitsprache muss für den Lerner verständlich sein und er sollte ein gewisses
Maß über dem Niveau der aktuellen Lernersprache sein. Wenn genügend Input
präsentiert wird, integriert der Zweitsprachenlerner diese neue Form automatisch
und nähert so seine Lernersprache ein Stück weit mehr an die Zielsprache an
(Mitchell & Myles, 2004).

Der Linguist Michael Long ergänzt die Idee des Inputs um einen wichtigen As-
pekt, indem er die Interaktionshypothese formulierte. Die Ergänzung besteht
darin, dass der Input in der Zweitsprache durch eine sich anschließende Interak-
tion verständlicher gemacht werden kann. Es geht also vor allem um Nachfragen
und Aushandeln von Bedeutungen, um das Verständnis zu sichern. Schließlich
führt dann der verständliche Input im Sinne der Inputhypothese zum erfolgrei-
chen Zweitspracherwerb (Mitchell & Myles, 2004). Anhand einiger experimen-
teller Studien wurde versucht die Interaktionshypothese zu überprüfen, die Mit-
chell und Myles (2004) in einem Überblick zusammenfassen. Darin finden sich
vor allem Hinweise dafür, dass die Interaktion das Verständnis des Inputs för-
dert. Allerdings liefert einzig die Studie von Mackey (1999) Belege dafür, dass
die verständnisfördernde Interaktion auch den Zweitspracherwerb begünstigt.
Eine umfassende empirische Bestätigung steht also noch aus.

Eine zweite Ergänzung dieses theoretischen Ansatzes nimmt schließlich die


Linguistin Merrill Swain vor, indem sie nach Input und Interaktion den Output in
den Fokus rückt. Ihrer Annahme nach reicht das Verstehen des Inputs nicht aus,
um eine Zweitsprache zu erwerben. Erst die eigene Produktion schafft beim
Lerner das Bewusstsein für mögliche Lücken in der eigenen Lernersprache. Dies
ist dann ein Anlass, bewusst über die eigene Lernersprache zu reflektieren, um
einen Lernprozess anzustoßen. Darüber hinaus bietet das Produzieren von Spra-
che auch Gelegenheit, die eigene Lernersprache beim Anwenden zu testen (Mit-
Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs 59

chell & Myles, 2004). Wird das kommunikative Ziel nicht erreicht, oder erhält
man direktes Feedback vom Interaktionspartner, ist dies wiederum ein Anlass die
eigene Lernersprache zu reflektieren und Lernprozesse anzustoßen. Damit kon-
zentriert sich diese zweite Erweiterung der Inputhypothese bereits sehr auf be-
wusste Lernprozesse im Zweitspracherwerb. Dies kann für eine ältere Zielgruppe
sicher ein wichtiger Aspekt sein, jedoch lässt die Outputhypothese offen, welche
kognitiven Fähigkeiten dafür vorausgesetzt werden und ob sie dadurch auch
schon für Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter gelten kann. Positiv ist
dennoch anzumerken, dass die Aktivität des Lerners dadurch in den Fokus ge-
rückt wird, was vorherige Ansätze eher vernachlässigten.

Insgesamt konzentriert sich dieser theoretische Ansatz zum Zweitspracherwerb


vor allem auf Umwelteinflüsse. Überarbeitungen insbesondere der Interaktions-
hypothese rücken aber mehr und mehr den Lerner selbst in den Fokus, indem
zum Beispiel seine Aufmerksamkeit beim Input als wichtige Größe gesehen wird
(Mitchell & Myles, 2004). Kritik an der grundlegenden Inputhypothese wird
vornehmlich hinsichtlich der unklaren Begriffe, wie z.B. „verständlicher Input“,
geäußert. Dies wirft in erster Linie Probleme bei der Operationalisierung in em-
pirischen Überprüfungen auf.

2.3.6 Zusammenfassung der theoretischen Ansätze zum Zweitspracherwerb


In den vorangegangen Abschnitten wurden bedeutende theoretische Ansätze des
Zweitspracherwerbs dargestellt. Diese sind jeweils von ihren grundlegenden
Annahmen zum Spracherwerb geprägt und unterscheiden sich daher in vielen
Punkten. Jedoch greift sich die Mehrheit der Ansätze bestimmte Aspekte des
Zweitspracherwerbs heraus, um dazu konkrete theoretische Hypothesen zu for-
mulieren, die häufig allerdings bisher keine klare empirische Bestätigung fanden.

So konzentriert sich die Kontrastivhypothese in erster Linie auf die Unterschiede


bzw. Ähnlichkeiten zwischen den zu erwerbenden Sprachen und ist damit sehr
linguistisch geprägt, indem in diesem theoretischen Kontext hauptsächlich kon-
trastive Analysen der einzelnen Sprachen angestellt werden. Vom Lerner exis-
60 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

tiert ein eher behavioristisches Bild, das weitere Einflussfaktoren auf Erwerbs-
prozesse überwiegend ausblendet.

Die Identitätshypothese nimmt eine ähnlich extreme Position ein, indem der
Erwerbsprozess, ganz im Sinne des Nativismus, überwiegend von angeborenen
Faktoren bestimmt wird und damit nicht auf Unterschiede zwischen Erst- und
Zweitspracherwerb eingegangen wird. Der Fokus dieses theoretischen Ansatzes
liegt hier auf dem Erwerbsprozess selbst. Jedoch bleibt dabei die wichtige Frage
offen, wie die zahlreich beobachteten Unterschiede in Erwerbsverläufen zu er-
klären sind.

Einen anderen Zugang liefert die Interlanguagehypothese, die die beobachtbare


Lernersprache ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, die sich im Laufe des
Zweitspracherwerbs ausbildet. Schlussendlich erklärt dieser theoretische Ansatz
auch die Prozesse des Zweitspracherwerbs. Damit hat er einen ähnlichen Fokus
wie die Identitätshypothese, liefert aber andere Argumente, indem spezifische
Prozesse für den Zweitspracherwerb beschrieben werden. Darüber hinaus rückt
durch diesen theoretischen Ansatz die Defizitfokussierung bei Mehrsprachigen
in den Hintergrund und die Lernersprache findet entsprechende Anerkennung.

Die Interdependenz- und Schwellenniveauhypothese betrachten ähnlich wie die


Kontrastivhypothese den Einfluss der Erstsprache auf den Zweitspracherwerb.
Dabei wählen sie aber einen völlig anderen Ansatz, indem sie nicht die Merkma-
le der Erstsprache an sich, sondern die bereits erworbenen Fähigkeiten des
Lerners in der Erstsprache als Einfluss auf den Erwerb der Zweitsprache beach-
ten. Damit rücken sie die Bedeutung der Erstsprache wieder in den Fokus, was
vor allem für bilinguale Bildungsprogramme relevant ist.

Die Input- und Interaktionshypothese fokussiert sich auf den sprachlichen Input
und sich daran anschließende Interaktionen. Dabei nehmen auch der produzierte
Output und damit die Aktivität des Lerners eine wichtige Rolle ein. Insgesamt
sind also die Einflüsse der Umwelt im Zentrum der Aufmerksamkeit und wie
diese für den Zweitspracherwerb gestaltet sein sollten.
Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs 61

Was bleibt nun nach Betrachtung dieser theoretischen Ansätze zum Zweit-
spracherwerb? Letztlich ist der Zweitspracherwerb ein vielschichtiger Prozess.
Zum einen besteht Sprache aus mehreren Komponenten bzw. Wissensbeständen
(vgl. Kap. 2.1.1). Darüber hinaus ist der Erwerb als langfristiger Prozess zu se-
hen, der mehrere Jahre dauert, und nicht nur deswegen von vielfältigen persona-
len und kontextuellen Faktoren beeinflusst wird. Dadurch scheint es beinahe
unmöglich eine einheitliche Theorie für den Zweitspracherwerb zu formulieren.
Trotz dieser Herausforderung kritisiert Oksaar (2003) die bisherige Theoriebil-
dung in diesem Feld, da zahlreiche theoretischen Ansätze bestehen, die aller-
dings häufig nur Phänomene beschreiben und nicht erklären. Ebenso fehlt es an
einer Synthese der bestehenden Ansätze, die zum Teil sehr spezifische Aspekte
beschreiben, um zu einer umfassenderen Theorie zu gelangen. Auch ist das Vor-
gehen der bisherigen theoretischen Hypothesenbildung kritisch zu hinterfragen,
da häufig nicht-zielsprachliche Äußerungen der Zweitsprachenlerner als Aus-
gangspunkt dienen und dadurch eher eine rekursive Fehleranalyse stattfindet.
Dieses eher induktive Vorgehen hat seine Berechtigung, insofern eine weitere
empirische Überprüfung stattfindet. Hier findet sich jedoch die zweite Schwach-
stelle der bisherigen theoretischen Ansätze zum Zweitspracherwerb. So basieren
viele Studien auf sehr geringen Fallzahlen, was für die Linguistik als durchaus
typisch gilt, aber für inferenzstatistische Verfahren zur Überprüfung von Hypo-
thesen häufig unzureichend ist. Daher gibt es zwar ausführliche Fallbeschreibun-
gen, die aber aufgrund der vielfältigen personalen und kontextuellen Faktoren
häufig nicht verallgemeinerbar sind. Jedoch werden vor allem in den letzten
Jahren mehrere Anstrengungen unternommen, dieses Feld auch empirisch zu
erschließen, wie es z.B. Webersik und Paetsch (2014) anstreben und Vorschläge
dazu bringen. Trotzdem stellt Rost-Roth (2014) fest, dass es insbesondere für
den Zweitspracherwerb von Kindern im Vor- und Grundschulalter eher wenige
Untersuchungen gibt, die den Standards einer empirischen Lehr-Lernforschung
entsprechen.

Dennoch lassen sich als Essenz der bisherigen theoretischen Ansätze folgende
wichtige Punkte des Zweitsprachenerwerbs für die weiteren Ausführungen fest-
62 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

halten (Ahrenholz, 2014c; Klein, 1992). Der Verlauf des Zweitspracherwerbs


lässt sich maßgeblich durch drei abstrakte Aspekte erklären: der Antrieb, das
Sprachvermögen sowie den Zugang zur Sprache.

Der Antrieb umfasst nach Klein (1992) alle affektiv-motivationalen Faktoren, die
in unterschiedlicher Intensität auf die verschiedenen Komponenten des Sprach-
erwerbs wirken. Neben den Einstellungen gegenüber einer zu erwerbenden
Zweitsprache sind die kommunikativen Bedürfnisse und die soziale Integration,
die mit einer Sprache erfüllt werden können, entscheidend (Gardner, 2006).
Dieser Aspekt wird vor allem in den sprachwissenschaftlich geprägten Ansätzen
zum Zweitspracherwerb kaum explizit angesprochen. Aus Perspektive der päda-
gogischen Psychologie ist es allerdings unerlässlich, personale Aspekte wie die
affektiv-motivationalen Faktoren beim Erwerb oder Lernen von Fähigkeiten zu
berücksichtigen (Krapp, Geyer & Lewalter, 2014).

Als zweiten wichtigen Einflussfaktor nennt Klein (1992) das Sprachvermögen,


wozu alle angeborenen und bisher erworbenen Fähigkeiten zählen, die dem
Spracherwerb dienen. Ob dazu nun ein LAD im Sinne der Identitätshypothese
zählt, bleibt kritisch zu hinterfragen (vgl. Kap. 2.3.2). Auch wie sich der Einfluss
der Erstsprache im Detail verhält, ist weiterhin ungeklärt (vgl. Kap. 2.3.1. und
2.3.4). Hinsichtlich des Zweitspracherwerbs ist dabei wichtig, dass sich das
Sprachvermögen im Laufe der Zeit auch verändert. Damit kann sich der Zweit-
spracherwerb je nach Zeitpunkt des Erwerbs auch mehr oder weniger vom Erst-
spracherwerb unterscheiden. Daher ist ein identischer Verlauf von Erst- und
sukzessiven Zweitspracherwerb kaum vorstellbar (vgl. Kap. 2.3.2). Darüber
hinaus wird davon ausgegangen, dass sich das Sprachvermögen einer zweispra-
chigen Person aus allgemeinsprachlichen und sprachspezifischen Fähigkeiten
zusammensetzt. Die allgemeinsprachlichen Fähigkeiten sind für jede spezifische
Sprache verfügbar und werden gleichzeitig auch mit einer bestimmten Sprache
erworben. Die sprachspezifischen Fähigkeiten sind einer bestimmten Sprache
zugeordnet.
Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs 63

Der Zugang zur Sprache wird von Klein (1992) als dritter wichtiger Einflussfak-
tor angeführt. Dazu zählt im Sinne der Input- und Interaktionshypothese (vgl.
Kap. 2.3.5) der sprachliche Input, der sich aus dem bloßen Schallstrom sowie
bedeutenden Informationen zusammensetzt, die parallel dargeboten werden wie
Mimik, Gestik aber auch der Kontext. Diese Informationen helfen, der wahrge-
nommenen Sprache Bedeutung zuzuschreiben. Ebenfalls zum Sprachzugang
wird die Kommunikation bzw. Interaktion gezählt (Ahrenholz, 2014c). Hier
kann der Zweitsprachenlerner selbst Sprache produzieren und erhält direkte
Rückmeldung dazu. Er testet gewissermaßen sein bisher erworbenes Sprachsys-
tem und kann es gegebenenfalls modifizieren (Klein, 1992).

Diese drei Aspekte, Antrieb, Sprachvermögen und Zugang zur Sprache, können
sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, sich im Laufe des Zweitspracherwerbs
verändern und daher auch verschiedenartige Einflüsse auf den Erwerbsverlauf
nehmen. Um den Erwerbsverlauf zu beschreiben, nennen Klein (1992) und
Ahrenholz (2014c) drei wesentliche Merkmale: die Struktur, die Geschwindig-
keit und letztlich den Endzustand des Zweitspracherwerbs. Die Struktur des
Erwerbverlaufs ist oberflächlich nur durch das Hinzuerwerben neuer sprachli-
cher Formen in der Zweitsprache zu beobachten, was häufig als Phasen, Schritte
oder Stufen beschrieben wird. Dahinter stecken jedoch komplexe Vorgänge, die
das individuelle Sprachsystem verändern, da die einzelnen Sprachkomponenten
nur in Abhängigkeit voneinander funktionieren und daher nur in dieser Weise
erworben werden können. Klein (1992) bezeichnet dies als Synchronisierung der
einzelnen Sprachkomponenten. Gleichzeitig ist die Struktur des Zweitspracher-
werbs durch eine gewisse Variabilität charakterisiert, die jeweils von den oben
beschriebenen Faktoren beeinflusst wird. Trotz aller Unterschiede lassen sich
Gruppen identifizieren, die ähnlichen individuellen und kontextuellen Einfluss-
faktoren unterliegen und daher ähnliche Verläufe im Zweitspracherwerb aufwei-
sen, was sich in der Lernersprache zeigt (vgl. Kap. 2.3.3). Auch geht man davon
aus, dass der Spracherwerb allgemein und damit auch der Zweitspracherwerb auf
grundlegenden Regeln basieren (vgl. Kap. 2.3.2), die nicht beliebig manipulier-
bar sind. Neben der Struktur ist die Geschwindigkeit ein markantes Merkmal zur
64 Grundlagen des Zweitspracherwerbs

Beschreibung des Zweitspracherwerbs. Sie kann ebenso interindividuell ver-


schieden sein und wird von den oben beschriebenen Faktoren, Antrieb, Sprach-
vermögen und Zugang, maßgeblich beeinflusst, so dass sich die Geschwindigkeit
des Zweitspracherwerbs im Laufe der Zeit häufig verändert. Kommt es zu einem
sogenannten Endzustand beim Zweitspracherwerb, wirken in der Regel die Ein-
flussfaktoren nicht mehr. Dieser Endzustand kann als zielsprachliches Beherr-
schen der Zweitsprache beschrieben werden, wobei sowohl der Begriff Endzu-
stand als auch der Begriff Zielsprache missverständliche Assoziationen wecken
können. So kann man davon ausgehen, dass Menschen den Spracherwerb nie
vollständig abschließen (Oksaar, 2003). Trotzdem kommt es bei vielen Zweit-
sprachenlernern ab einem gewissen Zeitpunkt in manchen Bereichen zu soge-
nannten Fossilierungen (vgl. Kap. 2.3.3) oder sogar einem Rückfall zu früheren
Phasen oder Stufen im Zweitspracherwerb. Letztlich verläuft der Zweitsprach-
erwerb eher diskontinuierlich und ist auch durch u-förmige oder stagnierende
Phasen gekennzeichnet.

Die in diesem Kapitel dargestellten theoretischen Überlegungen zum Zweit-


spracherwerb bilden die Grundlage für die in den weiteren Kapiteln ausgeführten
theoretischen Aspekte zum Erwerbsverlauf und zur Förderung der mündlichen
Erzählfähigkeit von mehrsprachigen Kindern (vgl. Kap. 4 und Kap. 5). Die um-
fangreiche Darstellung der theoretischen Hypothesen zum Zweitspracherwerb
sind dahingehend hilfreich, da jede einen wichtigen Aspekt des Zweitspracher-
werbs in den Blick nimmt. Trotz der zum Teil unzureichenden empirischen Be-
stätigung bilden sie damit einen Orientierungsrahmen für weitere theoretische
Überlegungen und entsprechende empirische Forschung. Darüber hinaus sind
mit den drei Aspekten, Antrieb, Sprachvermögen sowie Zugang zur Sprache,
drei wichtige Faktoren identifiziert, um den Zweitspracherwerb zu erklären. So
wird im Folgenden unter dem Begriff Antrieb vor allem die affektiv-motivatio-
nale Ebene innerhalb der Person verstanden (vgl. Kap. 3.2.3 und Kap. 1.1). Das
Sprachvermögen meint alle sprachlichen Fähigkeiten, die im folgenden Kapitel
als sprachliche Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit dargestellt werden
(vgl. Kap. 3.2) und deren Erwerbsverlauf anschließend beschrieben wird (vgl.
Theoretische Ansätze des Zweitspracherwerbs 65

Kap. 4.1 und Kap. 1.1). Der Zugang zur Sprache, der auch als sprachlicher Input
bekannt ist, fließt bei der Betrachtung des Erwerbsverlaufs der mündlichen Er-
zählfähigkeit als wichtige situative Bedingung mit ein (vgl. Kap. 1.1). Darüber
hinaus beschäftigt sich Kapitel 5 ausführlich damit, wie der sprachliche Input zu
gestalten ist, damit er positiv auf den Erwerb der mündlichen Erzählfähigkeit
wirkt.

Zunächst werden allerdings im nächsten Kapitel grundlegende theoretische


Überlegungen zur mündlichen Erzählfähigkeit dargestellt (vgl. Kap. 3.1) und
anschließend wichtige Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit beschrie-
ben (vgl. Kap. 3.2).
3 Mündliche Erzählfähigkeit

Im vorangegangenen Kapitel wurden theoretische Aspekte zum Erwerb der


Sprachfähigkeiten in der Zweitsprache dargestellt. In diesem Kapitel wird ein
besonderer Aspekt der Sprachfähigkeiten herausgegriffen, die mündliche Erzähl-
fähigkeit, da diese im Fokus der in dieser Arbeit untersuchten Sprachförderung
steht. Insbesondere die Mündlichkeit liefert für die Sprachförderung von Schul-
beginn an ein großes Förderpotenzial, da keine weiteren Fähigkeiten wie Lesen
oder Schreiben erforderlich sind. Dies steht im Kontrast zum bisherigen Regel-
unterricht, wo hauptsächlich das schriftliche Erzählen viel Raum einnimmt. Vor
allem für Schulanfänger mit intensivem Sprachförderbedarf kann die Schriftlich-
keit zu Beginn aber eine besondere Herausforderung darstellen, weshalb im
Rahmen dieser Arbeit der Schwerpunkt auf dem mündlichen Erzählen liegt.

Im Folgenden werden die theoretischen Grundlagen der mündlichen Erzählfä-


higkeit dargestellt, um ein einheitliches Verständnis sicherzustellen. Dazu wer-
den anschließend erzähltheoretische Perspektiven (vgl. Kap. 3.1.1) sowie unter-
schiedliche Formen des Erzählens (vgl. Kap. 3.1.2) diskutiert, um abschließend
die Komponenten der Erzählfähigkeit detailliert zu beschreiben (vgl. Kap. 3.2).

3.1 Theoretische Grundlagen des Erzählens

Wie bereits beschrieben (vgl. Kap. 2.1.1), dient Sprache in erster Linie der
Kommunikation, wozu lexikalisches und grammatikalisches Wissen, aber auch
vor allem die Pragmatik von hoher Bedeutung ist. Neben dem Beschreiben, Be-
richten und Argumentieren ist das Erzählen eine grundlegende Kommunikations-
form (Rank, 1995) und findet stets im Rahmen von Interaktion statt (Becker,
2011b). Erzählen umfasst das sprachliche Wiedergeben eines realen oder ausge-
dachten Ereignisses (Quasthoff et al., 2011) und kann daher als rekonstruktiv
bezeichnet werden (Becker, 2011b). Das erzählte Ereignis zeichnet sich dadurch

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017


R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_3
68 Mündliche Erzählfähigkeit

aus, dass es eine zeitliche Abfolge enthält (Labov & Waletzky, 1997) und vom
Erzähler für erzählwürdig gehalten und entsprechend sprachlich dargestellt wird.
Als erzählwürdig gilt häufig etwas Unerwartetes oder Ungewöhnliches (Carroll
& Timm, 2003), was die unterschiedlichen Autoren auch als Planbruch (Hoff-
mann, 1984), Komplikation (Labov & Waletzky, 1997) oder Höhepunkt (Peter-
son & MacCabe, 1983) bezeichnen. Der Unterschied zum Berichten liegt insbe-
sondere in der persönlichen Bewertung und emotionalen Involviertheit des Er-
zählers. Diese betonen den subjektiven und evaluativen Charakter des Erzählens.
Erzählt wird, was den Erzähler emotional berührt (Schröder, 2005; Wagner &
Steinsträter, 1989).

Im Laufe der kindlichen Entwicklung ist das Erzählen eine der ersten Sprach-
verwendungsweisen, deren Inhalt in der Regel losgelöst von der Situation ist, in
der gerade erzählt wird (Reich, 2013). Um den Inhalt trotzdem verständlich ver-
mitteln zu können, muss mithilfe von Sprache der entsprechende Kontext ge-
schaffen werden. Dazu ist ein komplexes Bündel an Fähigkeiten erforderlich
(Becker, 2011a), das sich natürlich aus sprachlichen, aber auch sozialen, kogniti-
ven und affektiv-motivationalen Bestandteilen zusammensetzt. Zudem hat Er-
zählen auch immer einen situativen Charakter. Auch wenn sich Erzähler und
Zuhörer mithilfe der Sprache inhaltlich von der Situation lösen können, so findet
es in einer sozialen Situation statt und wird von dieser auch beeinflusst. Wie
diese Aspekte der mündlichen Erzählfähigkeit zusammenhängen, wird im An-
schluss an die theoretischen Grundlagen näher erläutert (vgl. Kap. 3.2).

Erzählen ist also das sprachliche Wiedergeben eines realen oder ausgedachten
Ereignisses, das der Erzähler für erzählwürdig hält, und findet im Rahmen von
Interaktion in einer sozialen Situation statt. Besonders ist dabei, dass der Erzäh-
ler eine persönliche Bewertung des Ereignisses vornimmt. Zudem können mithil-
fe von Sprache Inhalte vermittelt werden, die von der aktuellen Situation losge-
löst sind. Das Ergebnis von Erzählen ist schließlich die Erzählung, die eine
sprachliche Einheit aus zusammenhängenden Sätzen mit einer spezifischen über-
Theoretische Grundlagen des Erzählens 69

geordneten Struktur darstellt und in eine Kommunikation eingebettet ist (Toolan,


1988).

3.1.1 Erzähltheoretische Perspektiven


In der Erzähltheorie, die überwiegend sprachwissenschaftlich geprägt ist, aber
u.a. auch Einflüssen der Ethnologie, Geschichte, Literaturwissenschaft, Pädago-
gik, Psychologie und Soziologie unterliegt, lassen sich drei Perspektiven auf
Erzählen unterscheiden (Gülich & Quasthoff, 1985):

 Textstrukturelle Perspektive
 Kognitive Perspektive
 Interaktive Perspektive

Die textstrukturelle Perspektive hat in erster Linie die Erzählung als abgeschlos-
senes Produkt zum Gegenstand und lässt den Prozess des Erzählens überwiegend
außer Acht. Als prominenteste Vertreter gelten hier Labov und Waletzky (1997),
die in den 1960er Jahren mündliche Erlebniserzählungen aus dem Alltag von
US-Amerikanern verschiedener Altersgruppen untersuchten, die im Rahmen von
Interviews entstanden. Diese Daten bilden die Grundlage für ihr „Höhepunkt-
strukturmodell“, das die wesentlichen Strukturelemente einer Erzählung be-
schreibt:

 Orientierung führt in Ort und Zeit ein und stellt die Akteure vor.
 Komplikation stellt den Hauptteil der Erzählung als Abfolge von Ereig-
nissen dar und macht die Erzählwürdigkeit deutlich, indem etwas Un-
erwartetes passiert.
 Evaluation gibt eine subjektive Bewertung der Komplikation ab.
 Auflösung klärt die Komplikation des Hauptteils.
 Coda stellt wieder den Bezug zur aktuellen Situation her und macht das
Ende der Erzählung deutlich.

Dieses Analysemodell wurde häufig angewendet und entsprechend modifiziert


(Becker, 2011b; Petersen, Laing Gilliam & Gilliam, 2008; Peterson & MacCabe,
70 Mündliche Erzählfähigkeit

1983; Quasthoff, 1980; Quasthoff et al., 2011), was die Bedeutsamkeit für Theo-
rie und Empirie verdeutlicht. Es liefert ein anschauliches Modell, wie Erzählun-
gen aufgebaut sind. Gleichzeitig gibt es einen Rahmen, um die Vollständigkeit
und Qualität einer Erzählung zu bewerten. Dies ist insbesondere für den Erwerb
von Erzählfähigkeit von Bedeutung, sowohl für Entwicklungsaspekte als auch
im Zusammenhang mit Interventionen. Zudem zeichnet sich das Modell durch
seinen induktiven Ansatz aus, da es aus der Empirie heraus entwickelt wurde,
indem alltägliche, mündliche Erzählungen untersucht wurden. Hier liegen auch
die Grenzen des Analysemodells, da es in erster Linie auf Grundlage persönli-
cher Erlebniserzählungen entwickelt wurde. So kann die vollständige Übertrag-
barkeit aller Strukturelemente auf andere Erzählformen wie Bildergeschichten
oder Nacherzählungen in Frage gestellt werden.

Mit der kognitiven Wende, die im Kontext von Sprache vor allem mit Chomsky
(1971) verbunden ist, gewinnt auch innerhalb der Erzähltheorien die kognitive
Perspektive an Bedeutung. Dadurch rücken kognitive Prozesse des Erzählens,
also das Produzieren und vor allem das Verstehen von Erzählungen, in den Fo-
kus (Hoppe-Graff, 1984). Die zentrale Annahme ist, dass dem Erzählen ein so-
genanntes Erzählschema zugrunde liegt, das kognitiv repräsentiert ist (Merkt,
2013). Es ist beim Verstehen, aber auch Produzieren von Erzählungen aktiviert
und erleichtert so die kognitiven Prozesse beim Erzählen. Ein Schema wird all-
gemein als ein aktives Netzwerk verstanden, in dem Wissen und Zusammenhän-
ge aufgrund von Erfahrung hierarchisch organisiert sind (Ballstaedt, Mandl,
Schnotz & Tergan, 1981). Schemata kommen beim Erzählen also zweierlei zum
Tragen: einerseits als Erzählschema, wie eine typische Erzählung organisiert ist,
und andererseits hinsichtlich der Inhalte der Erzählung, die z.B. bei einer Erzäh-
lung über einen Spaziergang mit einem Hund entsprechende Schemata aktiveren.
Führt man diese kognitive Perspektive weiter, sind Erzählungen hierarchisch
organisiert und ähnlich wie Sätze nach entsprechenden Regeln aufgebaut, was
Rumelhart (1975) in einer syntaktischen Struktur grafisch abbildet (vgl. Abbil-
dung 1).
Theoretische Grundlagen des Erzählens 71
Abb. 1

Story

Setting Episode

Event Reaction

Event Change of Internal Overt


State Response Response

Event Event

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)

Abbildung 1: Syntaktische Struktur einer Erzählung nach Rumelhart (1975)

Demnach kann eine Geschichte in zwei Oberkategorien, das Setting und die
Episode, unterteilt werden. Im Setting, das am Beginn steht, werden die Akteure
eingeführt und beschrieben. Die Episode gliedert sich in Ereignisse und Reaktio-
nen, die sowohl internal als auch external verlaufen können. Dieses Gerüst wur-
de in zahlreichen Modellen weiterentwickelt, die unter dem Begriff Story
Grammar bekannt wurden (Stein & Glenn, 1979). Die hierarchische Organisati-
on einer Erzählung und die Gliederung in einzelne Episoden, die relativ unab-
hängig voneinander reproduziert werden können, konnte auch in mehreren Expe-
rimenten nachgewiesen werden (Black & Bower, 1979). Auch Mandler und
Goodman (1982) zeigten in Experimenten mit Studenten, dass Erzählschemata
zum Verstehen von Erzählungen genutzt werden.

Die Fokussierung kognitiver Aspekte beim Erzählen kann als wichtiger Mehr-
wert innerhalb der Erzähltheorie eingeordnet werden, was durch die empirische
72 Mündliche Erzählfähigkeit

Bestätigung bekräftigt wird. Auch wenn die frühen Modelle der Erzählgramma-
tik vor allem dazu dienen, das Verstehen von Erzählungen zu analysieren (Hop-
pe-Graff, 1984), liefern spätere Versionen auch Ansätze, um den Erwerb von
Erzählfähigkeit zu erfassen und zu beschreiben (Boueke, Schülein, Büscher,
Terhorst & Wolf, 1995). Ein häufiger Kritikpunkt an den frühen Modellen der
Erzählgrammatik ist, dass der Planbruch bzw. die Komplikation innerhalb der
Erzählstruktur missachtet wurde. Dieser Aspekt steht häufig mit der Erzählwür-
digkeit in Verbindung und macht damit ein Kernmerkmal von Erzählungen aus.
Dies ist neben der hierarchischen Ordnung auch ein wesentlicher Unterschied
zum Höhepunktstrukturmodell von Labov und Waletzky (1997).

Als dritte Perspektive in der Erzähltheorie ergänzt die interaktive Perspektive


bisherige Überlegungen um den Aspekt, dass Erzählen stets im sozialen Raum
stattfindet. Somit gilt es, neben der Struktur der Erzählung und zugrundeliegen-
den kognitiven Schemata, auch den Zuhörer und den Erzähler zu berücksichti-
gen, die miteinander in Interaktion treten. Hausendorf und Quasthoff (1996), als
Hauptvertreter der interaktiven Perspektive, definieren für das Erzählen ver-
schiedene „Jobs“, die von Erzähler oder Zuhörer vollzogen werden müssen. Die
fünf Jobs werden wie folgt beschrieben:

 Darstellen der Inhalts- und/ oder Formrelevanz


 Thematisieren
 Elaborieren oder Dramatisieren
 Abschließen
 Überleiten

Der erste Job besteht darin, deutlich zu machen, dass nun eine Erzählung (Form)
mit entsprechendem Inhalt folgt, und dafür innerhalb der Interaktion einen pas-
senden Rahmen zu setzen. Das Thematisieren gibt einen inhaltlichen Überblick
oder Ausblick auf das Kommende und stellt eine Art Zugzwang her, damit im
Folgenden eine Person erzählt, also die weiteren Jobs inhaltlich übernimmt.
Beim Elaborieren bzw. Dramatisieren wird das Erzählwürdige genauer darge-
stellt, was in unterschiedlicher Qualität passieren kann. Dieser Job stellt den
Theoretische Grundlagen des Erzählens 73

klassischen Hauptteil der Erzählung dar. Das Abschließen meint, das inhaltliche
Ende der Erzählung darzustellen. Das Überleiten beschreibt den Job, einen An-
schluss zur weiteren Kommunikation zu ermöglichen. Zur Bewältigung dieser
Jobs stehen Erzähler und Zuhörer entsprechende „Mittel“ zur Verfügung, die je
nach Rolle unterschiedlich ausfallen. Der Zuhörer, der im Rahmen der interakti-
ven Perspektive neu in den Fokus rückt, tritt vor allem durch Nachfragen, Auf-
fordern und dem Zeigen von Interesse in Aktion. Dabei kann er während aller
fünf Jobs aktiv werden.

Die Bedeutung der interaktiven Perspektive für die Erzähltheorie liegt offen-
sichtlich in der Ausweitung des Blickwinkels auf die Interaktion, die neben dem
Erzähler den Zuhörer miteinbezieht. Dass dem Zuhörer ebenso wie dem Erzähler
wichtige Aufgaben im Rahmen des Erzählens zugeschrieben werden, betont den
Interaktionsgedanken und kommt der theoriegeleiteten Beschreibung einer Er-
zählung im Alltag näher. Auch wird durch die Beschreibung der Jobs der Fokus
vielmehr auf den Prozess des Erzählens gelenkt. In der Empirie findet das Mo-
dell insofern Anklang, da es ermöglicht Erzählsituationen jenseits des Labors
detailliert zu analysieren, indem die Interaktion mit dem Zuhörer berücksichtigt
wird. Dies realisiert beispielsweise Meng (1992) in einer längsschnittlichen Un-
tersuchung einer Kindergartengruppe, in der sie das Zusammenspiel von Zuhörer
und Erzähler beobachtet, und bestätigt darin die Bedeutung der interaktiven
Perspektive. Genauso hilft das Modell, authentische Erzählsituationen für stan-
dardisierte Beobachtungen zu entwickeln, um die Entwicklung der Erzählfähig-
keit zu untersuchen (Hausendorf & Quasthoff, 1989). Darüber hinaus lassen sich
Implikationen für Förderansätze hinsichtlich der Erzählfähigkeit ableiten (Quast-
hoff et al., 2011).

Wie bereits deutlich wurde, hat jede der drei Perspektiven seinen Schwerpunkt,
vernachlässigt dadurch aber andere wichtige Aspekte des Erzählens. Daher ist es
nicht unüblich, dass insbesondere empirische Arbeiten eine Kombination der
Ansätze verfolgen. So haben bereits Peterson und MacCabe (1983) bei ihrer
Analyse von Kindererzählungen u.a. das Höhepunktstrukturmodell (Labov &
74 Mündliche Erzählfähigkeit

Waletzky, 1997) und die Erzählgrammatik (Stein & Glenn, 1979) angewendet,
um die Vorzüge jedes Analyseansatzes einzubeziehen. Auch Boueke et al.
(1995) entwickeln auf Grundlage der verschiedenen Perspektiven ein eigenes
Modell, das versucht die für sie relevanten Elemente zu integrieren. Dies führt
letztlich zu einem hohen Komplexitätsgrad, der empirisch kaum mehr abbildbar
ist. Trotzdem leistet ihre Untersuchung einen wichtigen Beitrag, um den Erwerb
der mündlichen Erzählfähigkeit nachzuvollziehen, und wird daher im nächsten
Kapitel (vgl. Kap. 4) detaillierter aufgegriffen.

3.1.2 Formen des Erzählens


Für das Erzählen lassen sich unterschiedliche Formen differenzieren, was häufig
mit verschiedenen Situationen und Strukturen verbunden ist. Zunächst kann
zwischen mündlichen und schriftlichen Erzählformen unterschieden werden,
wobei im Rahmen dieser Arbeit immer das mündliche Erzählen gemeint ist,
sofern nicht anders erwähnt. Insbesondere bei Erzählungen von Kindern haben
sich für die Unterscheidung die Begriffe primäre Produktion und Reproduktion
etabliert (Müller, 2012). Bei der primären Produktion kann zwischen fiktiv und
nonfiktiv differenziert werden. Für die Reproduktion können verschiedene Vor-
lagen unterschieden werden. Dies führt letzten Endes zu vier Prototypen von
Erzählformen, die im Alltag von Kindern eine hohe Relevanz aufweisen (Becker,
2011b):

 Phantasieerzählung (fiktive primäre Produktion)


 Erlebniserzählung (nonfiktive primäre Produktion)
 Bildergeschichte (visuelle Vorlage für Reproduktion)
 Nacherzählung (auditive Vorlage für Reproduktion)

Betrachtet man den interaktiven Charakter von Erzählen, können darüber hinaus
drei grundlegende soziale Konstellationen für Erzählen unterschieden werden
(Claussen, 2004):
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 75

 Monologisches Erzählen: eine Person erzählt den Zuhörenden


 Dialogisches Erzählen: mindestens zwei Personen erzählen sich wech-
selseitig
 Gemeinsames Erzählen: mindestens zwei Personen erzählen gemeinsam

Vor allem Formen des dialogischen Erzählens haben auch ohne etwas Unge-
wöhnlichem für die Erzähler einen erzählwürdigen Charakter. In sogenannten
Geflechterzählungen erzählen mehrere Personen abwechselnd von gemeinsamen
Erlebnissen, um sich gegenseitig kollektiver Erfahrungen zu vergewissern
(Andresen, 2013). Erzählungen nehmen also in unterschiedlichen Situationen
unterschiedliche Formen mit entsprechenden Aufgaben an.

Vergleiche zwischen Kulturen und Sprachen zeigen ab einem gewissen Detail-


grad sprachspezifische Unterschiede, wie etwas erzählt wird (Berman & Slobin,
1994b). Jedoch enthalten Erzählungen über alle Kulturen und Sprachen hinweg
ähnliche Inhalte, aber auch ähnliche Formen, Aufgaben und Strukturen, so dass
wesentliche Merkmale des Erzählens als relativ kulturunabhängig gelten können
(Berman & Slobin, 1994b; Martínez & Scheffel, 2009).

In den vorangegangenen beiden Abschnitten wurden auf einer allgemeinen Ebe-


ne die theoretischen Grundlagen des Erzählens dargestellt, indem unterschiedli-
che Perspektiven der Erzähltheorie diskutiert wurden und verschiedene Formen
des mündlichen Erzählens beschrieben wurden. Auf dieser Basis werden nun im
Folgenden die Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit ausgeführt.

3.2 Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit

Um nun konkret fassbar zu machen, was der Einzelne zum Erzählen benötigt,
wird der Begriff der Erzählfähigkeit eingeführt. Fähigkeiten sind in der pädago-
gischen Psychologie als Bedingungen definiert, die innerhalb der Person liegen
und nötig sind, um eine bestimmte Leistung zu erbringen (Häcker, 2013). Diese
können sowohl genetisch veranlagt als auch erworben sein (Tenorth & Tippelt,
2007). Fähigkeiten können nicht direkt erfasst werden, sondern werden aufgrund
76 Mündliche Erzählfähigkeit

von Verhalten z.B. in Tests operationalisiert (Häcker, 2013). Es kann also ausge-
hend von Verhalten auf zugrundeliegende Fähigkeiten geschlossen werden. Da-
bei wird bereits deutlich, dass auch die Situation und der jeweilige Kontext eine
maßgebliche Rolle für die Beschreibung von Fähigkeiten spielen. So lässt sich
im Sinne des Situated-Cognition Ansatzes Handeln und damit auch sprachliches
Handeln nur im jeweiligen Kontext verstehen (Reinmann & Mandl, 2006), was
die Bedeutung von Situation und Kontext für das mündliche Erzählen bestärkt.

Erzählfähigkeit setzt sich demnach aus in der Person verankerten Bedingungen


und situativen Bedingungen zusammen. Diese in der Person verankerten Bedin-
gungen lassen sich für die Erzählfähigkeit in eine sprachliche Komponente und
eine weitere personale Komponente unterscheiden (vgl. Abbildung 2).

Sprachliche Komponente

sprach- sprach-
spezifisch spezifisch
Basale Spezifische Personale
sprachliche pragmatische Komponente
Fähigkeiten Fähigkeiten
allgemein-
sprachlich

Situative Bedingungen

Abbildung 2: Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit

Die für das Erzählen elementare sprachliche Komponente kann in basale sprach-
liche Fähigkeiten und spezifische pragmatische Fähigkeiten unterteilt werden.
Denn alleine durch das Beherrschen basaler sprachlicher Fähigkeiten in Wort-
schatz und Grammatik, ist das erfolgreiche Erzählen noch nicht gewährleistet.
Daher bedarf es innerhalb der sprachlichen Komponente für das Erzählen zusätz-
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 77

lich der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten. Darüber hinaus kann die


sprachliche Komponente in sprachspezifisches und allgemeinsprachliches Wis-
sen unterteilt werden. Dies gilt sowohl für die basalen sprachlichen, als auch für
die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten. Allgemeinsprachliches Wissen kann
nicht einer spezifischen Sprache zugeordnet werden, sondern beinhaltet ganz
allgemein Wissen über Sprache. Es kann also auch als metasprachliches Wissen
bezeichnet werden (Chilla et al., 2010; Riehl, 2014; Scharff Rethfeldt, 2013).
Dazu zählen grundsätzliche Erkenntnisse, was Sprache ist und wie sie funktio-
niert, zum Beispiel, dass sie über bestimmte Regeln und Symbole verfügt und
dass Laute in bestimmten Reihenfolgen gebildet werden, denen Bedeutungen
zugeschrieben werden. Dieses Wissen muss aber nicht explizit abrufbar sein,
sondern kann vor allem bei jungen Kindern ausschließlich implizit verfügbar
sein (Knapp, 2010). In Anlehnung an Cummins (1980) Überlegungen zur
‚Common Underlying Proficency (CUP)‘, die den sprachspezifischen Ausprä-
gungen zugrunde liegt, dient allgemeinsprachliches Wissen sowohl der Erst- als
auch der Zweitsprache. Um sprachlich zu handeln, also beispielsweise zu erzäh-
len, sind innerhalb der sprachlichen Komponente folglich allgemeinsprachliches
und sprachspezifisches Wissen nötig. Das sprachspezifische Wissen enthält alle
Symbole und Regeln einer bestimmten Sprache.

Als weitere Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit gilt die personale


Komponente. Hierfür lässt sich in der Literatur ein ganzes Bündel an relevanten
Aspekten identifizieren. Diese können in verschiedene Ebenen der personalen
Komponente unterteilt werden, die je nach erzähltheoretischer Perspektive unter-
schiedlich stark betont werden (Becker & Wieler, 2013; Carroll & Timm, 2003;
Quasthoff et al., 2011; Schelten-Cornish, 2010; Schröder, 2005).

Darüber hinaus ist die Situation, in der sich das Verhalten zeigt, also erzählt
wird, ein entscheidender Aspekt beim Betrachten der mündlichen Erzählfähig-
keit (Jampert et al., 2007). Jede Situation hat auch einen bestimmten Kontext,
der ebenfalls das Erzählen beeinflusst. Diese Aspekte werden unter dem Begriff
situative Bedingungen der mündlichen Erzählfähigkeit zusammengefasst.
78 Mündliche Erzählfähigkeit

Diese genannten Aspekte der Erzählfähigkeit werden in den folgenden Abschnit-


ten näher erläutert. Auch wenn die Darstellung separiert erfolgt, vollzieht sich
der Einsatz und auch der Erwerb der Erzählfähigkeit nur in einem komplexen
Zusammenspiel der Komponenten und unter Einfluss der situativen Bedingun-
gen (List, 2007). Als beobachtbar gilt vor allem das sprachliche Handeln, dem
die genannten Aspekte zugrunde liegen.

3.2.1 Basale sprachliche Fähigkeiten der mündlichen Erzählfähigkeit


Hinsichtlich der basalen sprachlichen Fähigkeiten muss der Erzählende in der
Lage sein, zielsprachliche Sätze zu produzieren und zu verstehen (Schröder,
2005). Dazu sind Fähigkeiten erforderlich, die sich unter Einbezug der vorange-
gangenen Überlegungen zu Sprache (vgl. Kap. 2.1.1) in drei relevante Ebenen
untergliedern lassen (Lisker, 2011):

 Phonetik und Phonologie


 Semantik und Lexikon
 Morphologie und Syntax

Diese Komponente der Erzählfähigkeit ist sprachspezifisch, also stark von der
jeweiligen Sprache abhängig. Da im Rahmen dieser Arbeit die Erzählfähigkeit
im Deutschen analysiert wird, beziehen sich die folgenden genaueren Ausfüh-
rungen in Beispielen auf das Deutsche. Die grundlegende Struktur der basalen
sprachlichen Fähigkeiten für die Erzählfähigkeit soll aber sprachunspezifisch
gelten.

Phonetik und Phonologie


Die Ebene der Phonetik und Phonologie ist vor allem unter dem Begriff der
phonologischen Bewusstheit bekannt. Diese galt lange Zeit als wichtiger Prädik-
tor für den Erwerb von Lesen und Schreiben, was eine Metaanalyse über 52
Studien im Englischen (Ehri et al., 2001) und auch eine Metaanalyse über 21
Studien im Deutschen (Pfost, 2015) nachweisen konnten. Allerdings wird aus
sprachwissenschaftlicher Perspektive das Konstrukt der phonologischen Be-
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 79

wusstheit inzwischen mit einiger Kritik konfrontiert, da es eine Zusammenfas-


sung sehr unterschiedlicher Teilfähigkeiten sei (Ehlich et al., 2012). Auch zeigen
Gorecki und Landerl (2015) in einer aktuellen Längsschnittstudie mithilfe eines
Strukturgleichungsmodells, dass zwischen der phonologischen Bewusstheit und
der späteren Leseleistung kein kausaler Zusammenhang besteht. Indem die frühe
Lesekompetenz kontrolliert wird, entwickeln sich die phonologische Bewusstheit
und die Leseleistung lediglich parallel, was ein weiteres Argument für die Kritik
am ungenauen Konstrukt phonologische Bewusstheit darstellt.

Auch für die Mündlichkeit ist die Ebene der Phonetik und Phonologie essentiell
(Lisker, 2011). Phonetische Fähigkeiten beziehen sich in erster Linie auf die
Wahrnehmung, Unterscheidung und Produktion der Laute einer Sprache. Mithil-
fe phonologischer Fähigkeiten werden den verschiedenen Lauten unterschiedli-
che Bedeutungen zugeschrieben. Somit werden die Laute einer Sprache richtig
verwendet und verstanden (Kany & Schöler, 2010).

Zusätzlich zählt Lisker (2011) auch prosodische Fähigkeiten zu dieser Sprach-


ebene. Dazu gehört das Produzieren und auch Verstehen lautlicher Markierungen
von Gesprochenem, was über einzelne Laute hinausgeht (Falk, 2008). Mithilfe
prosodischer Fähigkeiten wird die Sprachmelodie bzw. der Sprachrhythmus
verstanden und auch gestaltet, indem u.a. Tonhöhe, Lautstärke und Länge modu-
liert werden (Weinert & Grimm, 2008). So können Äußerungen akzentuiert,
gegliedert oder melodisiert werden, um die Bedeutungsdifferenzierung zu unter-
stützen. Beispielsweise ergibt sich ein semantischer Unterschied, ob man von
„umfahren“ oder „umfahren“ spricht (Hirschfeld, 2010b). Die prosodischen
Fähigkeiten nehmen im Kontext von mündlichem Erzählen eine besondere Rolle
ein, da mit ihrer Hilfe auch erzählspezifische Markierungen vorgenommen wer-
den können. Durch gezielte Betonungen verleihen vor allem Kinder im Vor-
schulalter der Erzählung eine subjektive Bewertung und Emotionalität. Dies
zeigte Reilly (2001) in einer Studie, in der Erzählungen verschiedener Alters-
gruppen verglichen wurden.
80 Mündliche Erzählfähigkeit

Semantik und Lexikon


Die Ebene der Semantik und des Lexikons bezieht sich in erster Linie auf die
Bedeutung von Sprache. Unter Semantik wird die Bedeutung von Zeichen ver-
standen. Diese Zeichen werden Sachverhalten oder Objekten in der Realität
zugeordnet. Dabei steht die Bedeutung von Wörtern im Vordergrund, aber auch
die anderen Sprachkomponenten sind mit der Semantik verknüpft (Beyer &
Gerlach, 2011). Dies zeigen die bereits erwähnten Beispiele für die Prosodie
(„umfahren“ oder „umfahren“) und für die Syntax („Ulla liebt Tom“ oder „Tom
liebt Ulla“). Genauso gibt es aber auch Beispiele für die Morphologie („Tom
redet viel“ oder „Tom redete viel“). So können auch vermeintlich kleine Details
die Bedeutung verändern.

Das Lexikon einer Sprache beschreibt alle Wörter einer Sprache (Köster, 2010b)
und kann synonym zum Begriff Wortschatz verwendet werden (Köster, 2010a).
Das Beherrschen von Wörtern ist die Grundlage für alle kommunikativen Fähig-
keiten (Komor, 2008) und damit auch für das Erzählen. Bevor erste morphologi-
sche und syntaktische Regeln realisiert werden können, kann bereits mithilfe
einzelner Wörter Kommunikation entstehen. Was aber wirklich unter dem Be-
herrschen von Wörtern zu verstehen ist, bzw. wie es vor allem auch messbar
gemacht werden kann, ist weitestgehend offen (Bargmann, 2011). Die Schwie-
rigkeit liegt u.a. in den unterschiedlichen Dimensionen des Lexikons, die Daller,
Milton und Treffers-Daller (2007) als ‚breadth‘, ‚depth‘ und ‚fluency‘ beschrei-
ben. Darunter ist zunächst der Umfang, die Quantität, des Wortschatzes zu ver-
stehen, also die bloße Anzahl der Wörter, über die eine Person verfügt. Der zwei-
te Aspekt meint die Tiefe, also die Qualität des Wortschatzes, wie präzise und
umfassend ein Wort den Begriff abbildet. Der dritte Aspekt bezieht sich auf das
flüssige Verwenden des Wortschatzes. Dazu zählt das rasche Verstehen und
Produzieren von Wörtern (Bargmann, 2011). Das Lexikon bildet somit das Fun-
dament der basalen sprachlichen Fähigkeiten für das Erzählen.
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 81

Abhängig von Umfang und Tiefe des verfügbaren Wortschatzes können jedoch
qualitative Unterschiede entstehen, zum Beispiel bei der Beschreibung einer
Handlung mit einem treffenden oder auch weniger treffenden Verb.

Morphologie und Syntax


Die Ebene der Morphologie und Syntax fokussiert sich auf die Regeln einer
Sprache und ist vor allem unter dem Begriff Grammatik bekannt. Zwar kann mit
einzelnen Wörtern eine erste verbale Kommunikation angebahnt werden. Um
aber tatsächlich Ereignisse zu kommunizieren, also auch zu erzählen, sind zu-
sätzlich Regeln zur Bildung von Sätzen aus mehreren Wörtern nötig, welche
innerhalb der Ebene der Morphologie und Syntax verankert sind (Kany &
Schöler, 2010).

Die Syntax einer Sprache bezieht sich auf die Strukturen innerhalb von Sätzen
(Beyer & Gerlach, 2011). Unter Zuhilfenahme von syntaktischen Regeln werden
Wörter zu Sätzen kombiniert. Im Deutschen besteht ein vollständiger Satz aus
einem Subjekt und einem Prädikat und kann bzw. muss zum Teil durch Objekte
oder adverbielle Bestimmungen ergänzt werden. Darüber hinaus sind ganz im
Sinne der Produktivität von Sprache zahlreiche andere Erweiterungen möglich
(Gadler, 1998). Zu den wichtigsten syntaktischen Regeln zählt im Deutschen die
Verbzweitstellung, also dass das finite Verb im Hauptsatz an der zweiten Stelle
steht (Settinieri & Spaude, 2014). Damit gehen weitere wichtige Regeln einher,
wie die Subjekt-Verb-Kongruenz. Diese beinhaltet, dass das finite Verb in Nu-
merus und Person dem Subjekt entspricht. Diese Kongruenz wird wiederum
durch morphologische Veränderungen am Verb markiert („du gehst“ und „wir
gehen“), was die Verschränkung von Morphologie und Syntax verdeutlicht. Eine
weitere wichtige Regel, die mit der Verbzweitstellung verbunden ist, ist die
Satzklammer. Sie beinhaltet die sogenannte Verbendstellung, also dass der infi-
nite Teil eines Verbs am Satzende steht. Dieser infinite Teil kann ein Partizip
(„er ist nach Hause gegangen“), ein Infinitiv („der Hund kann bellen“) oder das
Präfix eines trennbaren Verbs („sie holt ihn ab“) sein (Albers, 2009).
82 Mündliche Erzählfähigkeit

Die Morphologie einer Sprache bezeichnet die Form und innere Struktur von
Wörtern (Fiuza da Silva Regis, 2010b). Es geht also um die Wortbildung, die zur
grammatischen Markierung vor allem die Flexion von Substantiven, Adjektiven
und Verben umfasst. Darüber hinaus werden im Deutschen aber auch Artikel,
Pronomina und manche Adverbien flektiert. Markiert werden dabei in erster
Linie Kasus, Numerus und Genus. Bei Verben sind es u.a. Person, Numerus,
Tempus und Modus (Matthey, 2010). Darüber hinaus zählen auch die Regeln zur
Bildung neuer Wörter zur Morphologie. Im Deutschen haben hier Komposita,
also zusammengesetzte Wörter, einen besonderen Stellenwert.

3.2.2 Spezifische pragmatische Fähigkeiten der mündlichen Erzählfähigkeit


Ergänzend zu den basalen sprachlichen Fähigkeiten (vgl. Kap. 3.2.1) bedarf es
spezifischer pragmatischer Fähigkeiten, um erfolgreich zu erzählen. Betrachtet
man noch einmal die drei Arten von Wissensbeständen für Sprache (Beller &
Bender, 2010) oder auch die Differenzierung der Sprachkomponenten (Weinert,
2006), können in Hinblick auf die Erzählfähigkeit das lexikalische und gramma-
tische Wissen bzw. die rhythmisch-prosodischen, phonologischen, morphologi-
schen, syntaktischen und lexikalisch-semantischen Komponenten vor allem den
basalen sprachlichen Fähigkeiten zugrechnet werden. Übrig bleibt das pragmati-
sche Wissen bzw. die pragmatische Komponente. Diese benötigt zur Umsetzung
lexikalisches und grammatisches Wissen (Lisker, 2011). Die Spezifizierung des
pragmatischen Wissens im Hinblick auf Erzählen ergibt die spezifischen prag-
matischen Fähigkeiten. Andere Ansätze gehen sogar noch einen Schritt weiter
und definieren eigens eine sogenannte diskursive Basisqualifikation (Guckels-
berger, 2008). Diese detaillierte Aufgliederung der sprachlichen Komponente
wird allerdings für diese Arbeit als nicht zielführend angesehen.

Der Fokus liegt bei den spezifischen pragmatischen Fähigkeiten vor allem auf
der Verwendung von Sprache innerhalb einer Interaktion, um eine mündliche
Erzählung zu realisieren. Was genau darunter zu verstehen ist, wird in diesem
Abschnitt erläutert. Nichtsdestotrotz ist eine klare Trennung zwischen den Wis-
sensbeständen bzw. Sprachkomponenten hinsichtlich basaler sprachlicher und
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 83

spezifischer pragmatischer Fähigkeiten nicht möglich. Vielmehr sind die Fähig-


keiten für das Erzählen durch die Wissensbestände und Sprachkomponenten eng
miteinander verwoben. Dies wird bereits bei den zentralen Begriffen Kohärenz
und Kohäsion deutlich, die jeweils nur mithilfe basaler sprachlicher Fähigkeiten
realisiert werden können. Da diese beiden Begriffe in vielen theoretischen An-
sätzen zur Erzählfähigkeit als eine wichtige Zielgröße erwähnt werden, sei es
explizit oder eher implizit, werden sie im Folgenden als erstes näher erläutert.
Anschließend werden drei theoretische Modelle zur Erzählfähigkeit dargestellt,
um abschließend eine Zusammenfassung und Systematisierung der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten zu liefern.

Kohärenz und Kohäsion


Unter Kohärenz wird eine Struktur der Inhalte einer Erzählung verstanden, die
dem Zuhörer nachvollziehbar und sinnvoll erscheint (Karmiloff & Karmiloff-
Smith, 2001). Dies wird durch das Anwenden einer allgemeingültigen Erzähl-
struktur und das Präsentieren relevanter Informationen ermöglicht, so dass Inhal-
te direkt aus der Erzählung entnommen oder aufgrund von Weltwissen schluss-
gefolgert werden können (Martínez & Scheffel, 2009). Eine kohärente Erzählung
enthält demnach Inhalte, die sinnvoll miteinander verbunden sind.

Die Kohäsion einer Erzählung hingegen bezieht sich auf spezifische sprachliche
Markierungen bzw. Mittel, die einzelne Sätze innerhalb zusammenhalten und sie
auch untereinander verbinden (Karmiloff & Karmiloff-Smith, 2001). Kohäsion
bezieht sich also nicht nur auf einzelne Äußerungen, sondern vor allem auch auf
die äußerungsübergreifende Ebene, um logische Verbindungen zwischen den
Äußerungen herzustellen (Hickmann, 2003). Diese sprachlichen Markierungen
bzw. Mittel sind vor allem Pronomen (z.B. sie, dieser, jenes), Konnektoren (z.B.
als, dann, weil, darum), aber z.B. auch Tempusänderungen und die Wortstellung
innerhalb eines Satzes (Karmiloff & Karmiloff-Smith, 2001).

Hickmann (2003) kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die beiden Begriffe


Kohärenz und Kohäsion vor allem in empirischen Untersuchungen häufig ver-
84 Mündliche Erzählfähigkeit

mischt werden, was die Notwendigkeit einer Abgrenzung verdeutlicht. Daneben


verwenden manche Autoren nur einen der beiden Begriffe und fassen darunter
Aspekte von Kohärenz und Kohäsion zusammen (Carroll & Timm, 2003; Kapica
et al., 2014). Im Folgenden werden die beiden Begriffe entsprechend der voran-
gegangen Beschreibung verwendet. Grundsätzlich können Kohärenz und Kohä-
sion als für jede Textform relevant betrachtet werden (Boueke et al., 1995), was
die Bedeutung von Erzählfähigkeit nochmals herausstellt.

Prozessorientierung
Hoffmann (1989) fokussiert sich eher auf den Prozess hinsichtlich der spezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten, indem er einzelne Elemente im Erzählprozess
identifiziert, denen letztlich die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten zugrun-
de liegen. Die Basis dafür bildet eine idealtypische Erzählung. Um diese zu rea-
lisieren, unterscheidet er zwei Hauptprozesse des Erzählens: Die kommunikative
Einbettung ist sowohl zu Beginn als auch am Ende der Erzählung notwendig.
Das Etablieren und Füllen eines szenischen Vorstellungsraums betrifft die ei-
gentliche Erzählung.

Ausgangspunkt für das mündliche Erzählen ist eine Interaktion. Innerhalb dieser
muss der Erzähler einschätzen können, ob und wie eine Erzählung zu platzieren
ist. Auch muss er das Wissen und Interesse des Zuhörers beurteilen können, um
die Erzählung entsprechend danach auszurichten. Dazu muss der Erzähler bereits
vor dem eigentlichen Erzählen den Inhalt in einer groben Struktur kognitiv re-
präsentiert haben. Daraufhin muss innerhalb der Interaktion zur Erzählung über-
geleitet werden. Diese Vorgänge zählen zur kommunikativen Einbettung.

Beim Etablieren und Füllen des szenischen Vorstellungsraums beschreibt Hoff-


mann (1989), dass relevante Akteure, Gegenstände, Orte und Zeiten ausgewählt,
entsprechend eingeführt und fokussiert werden müssen. Der Erzähler muss ent-
scheiden können, welche Informationen über Akteure, Gegenstände, Orte und
Zeiten für die Erzählung relevant sind und welche davon der Zuhörer noch nicht
kennt und daher beschrieben werden müssen. Auch Veränderungen im Laufe der
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 85

Erzählung müssen dargestellt werden. Dazu ist es nötig, den Bezug zu bereits
Eingeführtem herzustellen, was Hoffmann (1989) als kontinuierliche Referenz
bezeichnet, aber auch unter dem Aspekt der Kohäsion bekannt ist. Hierzu sollte
der Erzähler über besondere sprachliche Mittel verfügen und sie entsprechend
einsetzen können. Für das Einführen z.B. eines bisher nicht bekannten Akteurs
werden indefinite Nominalphrasen verwendet. Um dann wieder darauf Bezug zu
nehmen, werden definite Nominalphrasen oder auch Pronomina verwendet (z.B.
„Ein Mädchen ging spazieren. Da sah das Mädchen eine Blume, die sie pflück-
te.“) (Ahrenholz, 2006).

Neben dem Darstellen der Akteure, Gegenstände, Orte und Zeiten, beschreibt
Hoffmann (1989) Aufgaben, die sich den Handlungen der Erzählung widmen,
also dem eigentlichen Gegenstand der Erzählung. Die Handlungen müssen aus-
gewählt und beschrieben werden. Zudem müssen Verbindungen zwischen den
Handlungen, Akteuren, Gegenständen, Orten und Zeiten geschaffen werden.
Auch muss die Beziehung zwischen den einzelnen Handlungen deutlich gemacht
werden. Dazu gehört auch, die Umstände der Handlungen sowie Ergebnisse und
Folgen darzustellen. Zusätzlich muss Entscheidendes innerhalb der Handlungen
entsprechend betont werden. Eine besondere Rolle nehmen die Akteure als
Handlungsträger ein. Ihnen müssen auch innere Zustände, wie Absichten, Be-
dürfnisse und Wünsche, zugeschrieben werden. Als weitere Aufgabe nennt
Hoffmann (1989) das Bewerten auf verschiedenen Ebenen. So können sowohl
die ganze Erzählung als auch einzelne Handlungen sowie die Akteure eine Eva-
luation durch den Erzähler erhalten.

Am Ende der Erzählung muss diese auch wieder in die Kommunikation einge-
bettet werden. Dies erfolgt, indem die Erzählung deutlich abgeschlossen wird
und zur Folgeinteraktion übergeleitet wird. Parallel zum gesamten Erzählprozess
muss der Erzähler auch kontinuierlich überprüfen, inwiefern das Gesagte ver-
standen wurde und ggf. Korrekturen bzw. Erläuterungen vornehmen. Dieses
Element zählt Hoffmann (1989) ebenfalls zur kommunikativen Einbettung.
86 Mündliche Erzählfähigkeit

Die Darstellung des mündlichen Erzählens von Hoffmann (1989) ist detailreich
und stellt wichtige Aspekte des Erzählprozesses dar. Sie integriert die interaktive
Perspektive der Erzähltheorie, indem das Anbahnen und Überleiten einen wich-
tigen Stellenwert einnimmt. Genauso lassen sich auch Aspekte der textstrukturel-
len und kognitiven Perspektive der Erzähltheorie finden, wie das Planen, Bewer-
ten und Verbinden. Diese theoretische Ausführung bildet auch für die Empirie
eine erste Grundlage, um spezifische pragmatische Fähigkeiten von Erzählenden
zu beschreiben, um Unterschiede zwischen Personen oder Veränderungen über
die Zeit herauszuarbeiten. Aufgrund fehlender eindeutiger Kategorien bietet sich
dieses Vorgehen vor allem für einzelne Fälle und qualitative Forschungsfragen
an.

Strukturorientierung
Weitere theoretische Modelle zur Beschreibung der spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten lösen sich mehr von den konkreten Prozessen und setzen auf einer
abstrakteren Ebene an. So benennt Quasthoff (2006) in ihrem Modell zum Er-
zählen die drei Dimensionen, globale Struktur, globale Semantik und globale
Form. Somit nimmt sie im Vergleich zu Hoffmann (1989) eher eine strukturori-
entierte Perspektive auf die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ein.

Die globalstrukturelle Dimension meint die Fähigkeit, die Erzählung eigenstän-


dig zu planen und umzusetzen. Dabei spielt auch die Platzierung innerhalb der
Interaktion eine wichtige Rolle. Erzählanlässe müssen erkannt werden. Ebenso
muss eine Erzählung deutlich abgeschlossen werden, so dass die Interaktion
weitergeführt werden kann, in die eine mündliche Erzählung als vollständige
Einheit eingebettet ist (Quasthoff et al., 2011).

Die globalsemantische Dimension bezieht sich in erster Linie auf die Fähigkeit,
die relevanten Inhalte einer Erzählung vollständig wiederzugeben und entspre-
chend kohärent aufzubauen (Quasthoff, 2006). Dabei nehmen der Einstieg und
die Darstellung des Höhepunkts einen besonderen Stellenwert ein. Ebenso zählt
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 87

hierzu die Bewertung der Ereignisse, was bei Labov und Waletzky (1997) als
Evaluation bezeichnet wird.

Die Dimension der globalen Form umfasst die Fähigkeiten, in der Erzählung
entsprechende sprachliche Formen einzusetzen, um Hervorhebungen oder Zu-
sammenhänge darzustellen. Sprachliche Hervorhebungen sind vor allem beim
Höhepunkt sowie Einstieg und Abschluss relevant, z.B. die Darstellung der Un-
vorhersehbarkeit durch das Wort „plötzlich“. Um einzelne Äußerungen sprach-
lich zu einer Einheit zu verbinden, also Kohäsion zu erzeugen, dienen beispiels-
weise Konnektoren wie „und dann“ (Quasthoff et al., 2011).

Dieses Modell nimmt im Vergleich zum Vorherigen nicht den Prozess des Er-
zählens, sondern die Struktur in den Fokus und unterscheidet dabei drei wichtige
Dimensionen an Fähigkeiten, die dafür nötig sind. Auch wenn die Beschreibung
der Dimensionen im theoretischen Modell ohne der konkreteren Operationalisie-
rung durch das dazugehörige Beobachtungsinstrument DO-BINE (Quasthoff et
al., 2011) sehr abstrakt bleibt, liefert das Modell einen wertvollen Beitrag zur
Auseinandersetzung mit der Erzählfähigkeit, sowohl auf theoretischer Ebene, als
auch durch das entwickelte Beobachtungsinstrument auf empirischer Ebene.

Kombination aus Prozess- und Strukturorientierung


Ohlhus (2013) greift diese Dreigliederung der spezifischen pragmatischen Fä-
higkeiten für das Erzählen von Quasthoff (2006) auf und betont dabei explizit
den Planungsaspekt, der nötig ist, da das ganze Vorhaben des Erzählens komple-
xe Anforderungen beinhaltet. Die besondere Hervorhebung der Planung lässt
sich auch bei Gantefort (2013) finden, der ein umfassendes Modell zum schriftli-
chen Erzählen formuliert, das aber auch für das mündliche Erzählen hilfreiche
Ansätze liefert. Dabei kombiniert er Aspekte der prozess- und strukturorientier-
ten Perspektive, indem er kognitive Prozesse und die notwendige Erzählstruktur
beschreibt. Bezogen auf die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten unterschei-
det Gantefort (2013) zwei Komponenten des Generierens, die im Arbeitsge-
dächtnis ablaufen. Zunächst werden eine schematische und eine semantische
88 Mündliche Erzählfähigkeit

Makrostruktur der Erzählung generiert und anschließend mit einer Mikrostruktur


ergänzt. Die Begriffe der Makro- und Mikrostruktur prägten bereits van Dijk und
Kintsch (1983). Für die Generierung der schematischen Makrostruktur muss der
Erzähler zunächst den Erzählanlass innerhalb der Interaktion als solchen identifi-
zieren, was den Anstoß dazu gibt, das entsprechende kognitive Schema zu akti-
vieren, in diesem Fall ein Erzählschema. Die schematische Makrostruktur deckt
Aspekte der Pragmatik ab, indem u.a. Funktionen des Erzählens innerhalb der
Interaktion mit einbezogen werden. Für die Generierung der semantischen Mak-
rostruktur wird der verfügbare Inhalt zu einem Ereignis in eine grobe Ordnung
gebracht. Sie bezieht sich auf das Thema der Erzählung. Die zweite Komponente
des Generierens umfasst die semantische Mikrostruktur. Diese füllt die Makro-
struktur mit genauen Inhalten, indem die Makrostruktur auf einzelne Äußerun-
gen herunter gebrochen wird, um letztlich eine zusammenhängende Struktur für
die Erzählung darzustellen. Diese Komponente des Generierens ist eng mit dem
Formulieren der Äußerungen verbunden. Als weiterer Prozess im Arbeitsge-
dächtnis nennt Gantefort (2013) das Kontrollieren und Steuern, was sich im
Mündlichen dann durch Reformulierungen und Korrekturen des Gesagten zeigen
kann. Zusammengefasst muss ein Erzähler also in der Lage sein, schematische
und semantische Makrostrukturen und semantische Mikrostrukturen zu generie-
ren. Auf dieser Basis wird schließlich die Erzählung formuliert, was in Hinblick
auf die generierten Strukturen laufend kontrolliert und gesteuert wird.

Durch die Unterscheidung in Makro- und Mikrostrukturen ergänzt Gantefort


(2013) in Anlehnung an van Dijk und Kintsch (1983) bestehende Modelle zur
Erzählfähigkeit um den Aspekt der Hierarchie. Die verschiedenen Komponenten
der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten werden in eine hierarchische Ord-
nung gebracht, indem vor den konkreten Äußerungen Makrostrukturen generiert
werden, die von einer Mikrostruktur ergänzt werden. Darüber hinaus werden
Prozesse im Arbeitsgedächtnis differenziert betrachtet, was die kognitiven As-
pekte des Erzählens stark hervorhebt. Durch die Fokussierung auf das schriftli-
che Erzählen werden allerdings soziale und auch emotionale Elemente weniger
berücksichtigt.
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 89

Die Überlegungen zur Erzählfähigkeit aus den drei vorgestellten, theoretischen


Modellen gelten als Grundlage für weitere Ausführungen zu den spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten. Fasst man die wesentlichen Aspekte der drei darge-
stellten theoretischen Modelle zusammen, so setzen sich spezifische pragmati-
sche Fähigkeiten aus prozess- und strukturorientierten Elementen zusammen und
können in drei Ebenen untergliedert werden:

 Kommunikative Einbettung
 Darstellung von Inhalt und Struktur
 Verwendung sprachlicher Mittel

Diese drei Ebenen werden im Folgenden zusammenfassend dargestellt.

Kommunikative Einbettung
Zunächst muss der Erzählende eine Erzählung im Rahmen der Kommunikation
passend integrieren. Dazu gehört, dass ein Erzählanlass innerhalb einer Interakti-
on als solcher erkannt und adäquat genutzt wird. Dafür ist ein entsprechendes
Feingefühl nötig, um die Erzählung innerhalb der sozialen Situation passend zu
platzieren (Boueke et al., 1995). Eine Erzählung kann auch eingebettet werden,
indem sie bewusst angekündigt wird (Kapica et al., 2014). Darüber hinaus wer-
den im Rahmen der kommunikativen Einbettung spezifische pragmatische Fä-
higkeiten benötigt, um den Sprecher zu wechseln und mit Rückmeldungen der
Zuhörer angemessen umzugehen, was auch unter dem Begriff sprachliche Ko-
operation bekannt ist (Guckelsberger, 2008). Dazu gehören neben des Nachfra-
gens des Zuhörers oder dem geäußerten Wunsch nach einem höheren Detailgrad
in der Erzählung auch nonverbale Rückmeldungen des Zuhörers wie Aufmerk-
samkeit oder Beifall (Boueke et al., 1995). Weiterhin muss die Erzählung im
Rahmen der Interaktion auch entsprechend abgeschlossen werden, sodass das
Ende der Erzähleinheit deutlich wird und sich weitere Kommunikation anschlie-
ßen kann.

Alles in allem muss der Erzähler den Prozess des Erzählens innerhalb einer In-
teraktion steuern können. Aus Sicht der Entwicklungspsychologie ist diese Ebe-
90 Mündliche Erzählfähigkeit

ne der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten, insbesondere die Rollenüber-


nahme als Erzähler, eng mit den (sozial-)kognitiven Fähigkeiten verknüpft, die
vor allem die Perspektivenübernahme umfasst (vgl. Kap. 3.2.3) (Andresen,
2008). Guckelsberger (2008) fasst diesen Aspekt der Erzählfähigkeit mit den
Begriffen Turn- und Reparatur-Apparat zusammen, die alle Aktivitäten zum
Sprecherwechsel bzw. zur Verständnissicherung auf Zuhörer- und Sprecherseite
beinhalten.

In Anlehnung an die in Kapitel 3.1.1 dargestellten theoretischen Ansätze bezieht


sich diese Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten auf die kommuni-
kative Einbettung (Hoffmann, 1989), Aspekte der globalstrukturellen Dimension
(Quasthoff et al., 2011) sowie die Generierung der schematischen Makrostruktur
(Gantefort, 2013).

Darstellung von Inhalt und Struktur


Neben der kommunikativen Einbettung muss der Erzählende in der Lage sein,
Inhalt und Struktur der Erzählung kohärent darzustellen. Dazu ist es notwendig,
die für die Erzählung relevanten Inhalte zu äußern. Relevante Inhalte transportie-
ren, wer was wie mit wem wann und wo getan hat. Zusätzlich ist Teil der Inhal-
te, die Erzählwürdigkeit des Erzählten deutlich zu machen und eine persönliche
Bewertung vorzunehmen. Um diese Äußerungen sinnvoll zu strukturieren, muss
der Erzählende über ein entsprechendes Erzählschema verfügen, das kognitiv
repräsentiert ist (Becker-Mrotzeck et al., 2015) und die grundlegenden Elemente
einer Erzählung enthält, die grob in Exposition und Handlung untergliedert wer-
den können. Diese kognitive Repräsentation von Inhalt und Struktur muss an-
schließend auch entsprechend versprachlicht werden. Auf Zuhörerseite muss
man ebenfalls in der Lage sein, auf Grundlage seines Vor- und Weltwissens und
seiner sprachlichen Fähigkeiten die Kohärenz der Erzählung sprachlich und
kognitiv zu erfassen (Becker-Mrotzeck et al., 2015).

In Rückgriff auf die in Kapitel 3.1.1 dargestellten theoretischen Ansätze deckt


diese Ebene der spezifischen narrativen Fähigkeiten Aspekte der Etablierung
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 91

eines szenischen Vorstellungsraums (Hoffmann, 1989), der globalsemantischen


Dimension (Quasthoff et al., 2011) sowie der semantischen Makro- und Mikro-
struktur (Gantefort, 2013) ab. Gleichzeitig wird die Verbindung zu kognitiven
Fähigkeiten deutlich.

Verwendung sprachlicher Mittel


Als dritte Ebene der spezifischen narrativen Fähigkeit kann der Einsatz sprachli-
cher Mittel gelten. Diese unterstützen die Kohäsion der Erzählung, indem sie
Zusammenhänge sowie eine kontinuierliche Referenz innerhalb des produzierten
Textes herstellen. Dazu dienen in erster Linie Konnektoren, aber auch andere
sprachliche Mittel wie die Verwendung von Pronomen. Darüber hinaus kann
mithilfe sprachlicher Mittel Relevantes entsprechend hervorgehoben werden, wie
beispielsweise beim Höhepunkt, Einstieg oder auch Abschluss einer Erzählung.
Letztlich erhöht der Einsatz adäquater sprachlicher Mittel die Kohäsion der Er-
zählung und damit auch das Verständnis auf der Zuhörerseite.

Hinsichtlich der bereits beschriebenen theoretischen Ansätze Kapitel 3.1.1 be-


zieht sich diese Ebene der spezifischen narrativen Fähigkeiten auf einzelne As-
pekte der Etablierung eines szenischen Vorstellungsraums (Hoffmann, 1989), die
Dimension der globalen Form (Quasthoff et al., 2011) sowie Aspekte der seman-
tischen Mikrostruktur (Gantefort, 2013).

3.2.3 Personale Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit


Ergänzend zur sprachlichen Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit, aufge-
teilt in basale sprachliche und spezifische pragmatische Fähigkeiten, ist für die
mündliche Erzählfähigkeit auch eine weitere personale Komponente wichtig, die
sich in folgende Ebenen untergliedern lässt:

 (Sozial-)kognitive Ebene
 Affektiv-motivationale Ebene
 Kreativität
 Wahrnehmung und Motorik
92 Mündliche Erzählfähigkeit

Diese Ebenen werden im Folgenden im Hinblick auf ihre Relevanz für das
mündliche Erzählen genauer dargestellt.

(Sozial-)kognitive Ebene
Ein wichtiger Bestandteil der (sozial-)kognitiven Ebene ist das Verfügen über
eine Theory of Mind (Jungmann & Albers, 2013). Dadurch ist der Erzähler in der
Lage, anderen Personen mentale Zustände zuzuschreiben und die Perspektive
anderer Personen einzunehmen. Dies ist für das Erzählen insofern relevant, da
dem Erzählenden bewusst ist, dass der Zuhörer über ein anderes Wissen verfü-
gen kann und die Erzählung dementsprechend gestaltet werden muss (Kapica et
al., 2014). In einer Studie mit über 100 Kindern im Alter zwischen vier und neun
Jahren konnte regressionsanalytisch bestätigt werden, dass das Verfügen über
eine Theory of Mind mit der Erzählfähigkeit zusammenhängt (Fernandez, 2013).

Darüber hinaus zählt zur personalen Komponente der Erzählfähigkeit, die ein
Kind im Laufe seiner Entwicklung erwirbt, die Verfügbarkeit von Wissen, das im
Gedächtnis gespeichert und abgerufen wird. Zunächst ist Wissen zum Erzählge-
genstand nötig, also zu einem Ereignis. Dieses kann durch Erleben, Beobachten
oder Erzählungen selbst wahrgenommen worden sein (van Dijk & Kintsch,
1983) und ist im episodischen Gedächtnis gespeichert. Alternativ kann der Er-
zählgegenstand auch ausgedacht sein und der eigenen Phantasie entspringen.
Aber auch für Phantasieerzählungen ist Wissen nötig. Das sogenannte Weltwis-
sen (Schelten-Cornish, 2010) besteht u.a. aus medial vermitteltem Wissen, das
von Personen unabhängig und im semantischen Gedächtnis gespeichert ist. Zu-
sätzlich wird es durch persönliche Erlebnisse angereichert und ist daher auch mit
dem episodischen Gedächtnis verbunden (List, 2011). Das Weltwissen liefert
also die Grundlage für den Erzählgegenstand von Phantasieerzählungen. Es
umfasst aber auch die bereits erwähnten kognitiven Schemata (vgl. Kap. 3.1.1)
und Skripts, die Routinen, Abläufe und Muster für Ereignisse enthalten (Enge-
mann, 2013). Ein typisches Beispiel dafür ist der Restaurantbesuch, der in der
Regel nach einem bestimmten Muster abläuft. Das verfügbare Weltwissen ist
demnach für das Erzählen auch dahingehend relevant, da es den Erzählenden
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 93

dabei unterstützt, etwas Ungewöhnliches, was von bekannten Routinen abweicht,


zu identifizieren und damit die Erzählwürdigkeit eines Ereignisses zu erkennen.
Zum Erzählen werden also gedächtnisbezogene Leistungen benötigt, die das
Erinnern oder Ausdenken, aber auch das Bewerten von Ereignissen umfassen.
Bisher konnte jedoch nur ein geringer Zusammenhang zwischen Intelligenz und
der Erzählfähigkeit nachgewiesen werden (Meindl & Jungmann, 2014). Die
aktuellen empirischen Befunde legen also nahe, dass sich die (sozial-)kognitiven
Voraussetzungen für die Erzählfähigkeit vor allem auf einzelne Aspekte wie
Verfügbarkeit von Wissen und einer Theory of Mind beziehen.

Affektiv-motivationale Ebene
Jedes Handeln, so auch das sprachliche Handeln in Form von Erzählen, bedarf
einer entsprechenden Aktivierung auf affektiv-motivationaler Ebene. So sind
auch für das Erzählen bestimmte Motive und Emotionen sowie die daraus abge-
leitete Motivation entscheidend (Brandstätter, Schüler, Puca & Lozo, 2012;
Heckhausen & Heckhausen, 2010). Demnach ist ein gewisser Grad an emotiona-
ler Involviertheit erforderlich, um überhaupt zu erzählen (Schröder, 2005; Wag-
ner & Steinsträter, 1989). So konnte Albers (2009) zeigen, dass Kinder mehr
erzählen, wenn sie Interesse am Thema haben. Aber auch der emotionale Bezug
zu den Interaktionspartnern scheint die Qualität der sprachlichen Interaktion
positiv zu beeinflussen. Neben diesen eher intrinsischen motivationalen Aspek-
ten, die auch die persönliche Bedeutsamkeit sowie eine positive emotionale
Konnotation einschließen, sind auch extrinsische motivationale Aspekte für das
Erzählen von Bedeutung. Diese sind durch einen instrumentellen Charakter ge-
prägt, was mit negativen oder positiven Konsequenzen verbunden sein kann
(Deci & Ryan, 1985). Letztlich kann die affektiv-motivationale Ebene als ein
zentraler Faktor dafür betrachtet werden, ob die vorhandene Erzählfähigkeit
tatsächlich in eine sprachliche Handlung übergeht.
94 Mündliche Erzählfähigkeit

Kreativität
Neben den (sozial-)kognitiven und affektiv-motivationalen Ebenen nimmt die
Kreativität eine weitere wichtige Ebene der personalen Komponente für die
Erzählfähigkeit ein. So sind Erzählende in der Lage Neues darzustellen, was
zuvor in dieser Art noch nicht vorhanden war. Das kann sich auf kleinere Aspek-
te in Nacherzählungen beziehen, wie es Blaschitz (2014) in ihrer Studie aufzeigt
und als narrativ-kreatives Potenzial bezeichnet. Die Kreativität als individuelle
Voraussetzung kann sich aber auch auf die ganze Erzählung beziehen, was sich
dann vor allem in Phantasieerzählungen widerspiegelt. Mithilfe der verfügbaren
Mittel werden Erzählungen oder Teile einer Erzählung produziert, die zuvor
noch nicht produziert oder gehört wurden (Tracy, 2008).

Wahrnehmung und Motorik


Schließlich sind für die Erzählfähigkeit auch die auditive und visuelle Wahr-
nehmung sowie bestimmte motorische Fähigkeiten nötig, die jeweils bei der
personalen Komponente anzusiedeln sind (Lisker, 2011). Diese Fähigkeiten sind
in Verbindung mit der sprachlichen Komponente für das Erzählen elementar. So
sind sie sowohl wichtige Aspekte für den Spracherwerb als auch grundlegend für
das Verstehen und Produzieren von Sprache (Weinert, 2006). Darüber hinaus
bedarf auch das schriftliche Erzählen oder auch das Erzählen mithilfe von Ge-
bärden entsprechender motorischer Fähigkeiten, die über die Bildung akustischer
Laute beim mündlichen Erzählen hinausgehen.

3.2.4 Situative Bedingungen der mündlichen Erzählfähigkeit


Zusätzlich zu der sprachlichen und personalen Komponente sind für die mündli-
che Erzählfähigkeit situative Bedingungen von Relevanz, die auch als extraper-
sonelle Faktoren des Erzählens bekannt sind (Schröder, 2005). Damit wird be-
tont, dass sprachliches Handeln und dadurch auch das Erzählen immer in einer
bestimmten Situation stattfindet und davon auch beeinflusst wird. Alleine die
Wahrnehmung der gegenwärtigen Situation ist bereits von der jeweiligen Person
abhängig und zeigt die gegenseitige Beeinflussung von Situation und Person
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 95

(Heckhausen & Heckhausen, 2010). Diese situativen Bedingungen der mündli-


chen Erzählfähigkeit lassen sich aus theoretischer Perspektive in folgende Ebe-
nen untergliedern:

 Anforderungen der unmittelbaren Situation


 Sozialer Kontext

Diese Ebenen werden zwar im Folgenden in einzelnen Abschnitten dargestellt,


interagieren aber auch miteinander und sind in der Situation selbst nur schwer
voneinander zu trennen.

Anforderungen der unmittelbaren Situation


Eine wesentliche Ebene der situativen Bedingungen der mündlichen Erzählfä-
higkeit sind die Anforderungen der unmittelbaren Situation, in der erzählt wird.
Dabei spielt zum einen die Funktion des Erzählens eine wichtige Rolle. Darüber
hinaus ist die Beziehung zwischen Erzähler und Zuhörer entscheidend.

Erzählen übernimmt in der Regel die grundlegende Funktion, Erfahrungen zu


verarbeiten, zu bewahren oder weiterzugeben. Wenn dies in alltäglichen Interak-
tionen passiert, erfolgt es überwiegend mündlich (Hausendorf & Quasthoff,
1996). Quasthoff (2001) liefert eine Sammlung von insgesamt 19 verschiedene
Funktionen von Erzählen innerhalb von Gesprächen. Diese können in inhaltsba-
sierte Erzählungen mit überwiegend kommunikativer Funktion und Erzählungen
mit vor allem interaktiver Funktion unterteilt werden, in denen die gemeinsame
Aktivität im Vordergrund steht. Darüber hinaus können die Funktionen von
Erzählen in Anlehnung an Bühlers (1982) Organon Modell für Sprache (vgl.
Kap. 2.1.1) differenziert werden (Quasthoff, 1980):

 Sprecherorientiertes Erzählen (z.B. zur Selbstdarstellung oder psychi-


schen Entlastung)
 Hörerorientiertes Erzählen (z.B. zur Unterhaltung oder Information)
 Kontextbezogenes Erzählen (z.B. zur Erklärung)
96 Mündliche Erzählfähigkeit

Schröder (2005) differenziert die Funktionen des Erzählens stärker aus der Per-
spektive des Sprechers. Demnach werden Erzählungen vor allem genutzt, um die
eigene Perspektive darzustellen und damit auch den Zuhörer zu beeinflussen.
Häufig übernehmen Erzählungen mehrere Funktionen, die auch ineinander über-
gehen und daher nicht klar voneinander abgegrenzt werden können (Merkelbach,
2004). Eine eher hörerorientierte Erzählung schließt also sprecherorientierte
Funktionen zur gleichen Zeit nicht aus.

Entsprechend der intendierten Funktion muss der Erzählende in der Lage sein,
die Erzählung passend zu gestalten, was vor allem die spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten in Abhängigkeit von den basalen sprachlichen Fähigkeiten
und der weiteren personalen Komponente betrifft. Die Funktion der Erzählung
bedingt demnach vor allem Inhalt und Struktur der Erzählung, aber auch wie die
Erzählung kommunikativ eingebettet wird und wie sprachliche Mittel eingesetzt
werden. Letztlich hängt die gezeigte mündliche Erzählfähigkeit mit den Funktio-
nen der konkret zu realisierenden Erzählung zusammen. Daher ist die Funktion
der Erzählung innerhalb der konkreten Situation im Kontext der mündlichen
Erzählfähigkeit jeweils zu berücksichtigen.

Die Beziehung zwischen Erzähler und Zuhörer betont vor allem die interaktive
Perspektive der Erzähltheorie (vgl. Kap. 3.1.1). Sie richtet den Blick darauf, dass
Erzählen zwischen mindestens zwei Personen stattfindet, die mehr oder minder
gemeinsam die Jobs des Erzählens zu bewältigen haben (Hausendorf & Quast-
hoff, 1996). Die Beziehung zwischen diesen beiden Personen besteht schon
länger oder entsteht auch erst während des Erzählens. Der Prozess des Erzählens
trägt auch dazu bei, die Beziehung zwischen Erzähler und Zuhörer zu definieren
und zu entwickeln (Guckelsberger, 2008; Schröder, 2005). Der Aspekt der Be-
ziehung zum Zuhörer nimmt damit eine wichtige Ebene der situativen Bedin-
gungen in Bezug auf die mündliche Erzählfähigkeit ein.

Beziehungen können unterschiedlich beschaffen sein. So lassen sich aus der


Perspektive von Kindern grob zwei Arten von Beziehungen unterscheiden. Zum
einen gibt es Beziehungen zu Erwachsenen, deren bedeutendste die Eltern-Kind-
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 97

Beziehung darstellt. Aber auch andere erwachsene Bezugspersonen, sowohl aus


dem privaten Umfeld als auch in Bildungseinrichtungen wie Kindergarten oder
Schule sind von Bedeutung. Die zweite Art ist die Beziehung unter Gleichaltri-
gen, die im nahen Umfeld vor allem mit Geschwistern, aber auch mit Freunden
und anderen Kindern z.B. in Bildungseinrichtungen eingegangen wird. Darüber
hinaus unterscheiden sich Beziehungen hinsichtlich ihrer Intensität, aber auch
welche Rollen die jeweiligen Personen innerhalb der Beziehung einnehmen.
Diese Aspekte können die Realisierung der Erzählung beeinflussen, vor allem
dahingehend wie die Erzählung kommunikativ eingebettet wird, wie Inhalt und
Struktur dargestellt werden, aber auch wie sprachliche Mittel verwendet werden.
Hier spielt auch die bereits erläuterte Ebene der Funktion einer Erzählung eine
wichtige Rolle. Denn je nach Beziehung kann auch mit einer Erzählung eine
andere Funktion verfolgt werden. Diese beiden Ebenen der situativen Bedingun-
gen sind also eng miteinander verknüpft.

Sozialer Kontext
Als zweite Ebene der situativen Bedingungen der mündlichen Erzählfähigkeit
ergibt sich der soziale Kontext der Interaktion zwischen Erzähler und Zuhörer.

Der soziale Kontext der Erzählung kann für Kinder in innerhalb und außerhalb
der Familie unterteilt werden, wobei unter außerhalb der Familie vor allem insti-
tutionelle Bildungseinrichtungen wie Kindergarten und Schule verstanden wer-
den. Der innerfamiliäre Bereich kann als erster Kontext bezeichnet werden, in
dem ein Kind dem Erzählen begegnet, und nimmt damit eine besondere Rolle ein
(Becker, 2011a). Insgesamt bestimmt der Kontext die Art und Weise des Erzäh-
lens mit, damit es letztlich zu einer Passung zwischen Erzählung und Kontext
kommt. So wird innerhalb der Familie anders von einem Erlebnis erzählt als in
der Schule. Dieser Unterschied kann hinsichtlich aller sprachlichen Ebenen (vgl.
Kap. 3.2.1 und 3.2.2) auftreten. Besonders hervorzuheben sind dabei die seman-
tisch-lexikalische Ebene sowie alle drei Ebenen der spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten. So ist der verfügbare Wortschatz vor allem anfangs auch eng mit
dem Erwerbskontext verknüpft (Szagun, 2013) und damit auch die Wortschatz-
98 Mündliche Erzählfähigkeit

verwendung. Ebenso ist die kommunikative Einbettung, wie eine Erzählung


angebahnt, platziert und abgeschlossen wird, stark kontextabhängig. So macht es
für die Erzählung einen Unterscheid, ob der Erzählanlass beispielsweise in der
Schule zwischen Lehrer und Schüler stattfindet oder innerhalb der Familie zwi-
schen Geschwistern. Auch die Darstellung von Inhalt und Struktur können sich
je nach Kontext unterscheiden, da verschiedene Schwerpunkte gelegt werden
und andere Erwartungen an die Erzählung gestellt werden. Ebenso ist die Ver-
wendung sprachlicher Mittel kontextabhängig. Darüber hinaus besteht für den
Kontext auch ein Zusammenhang mit den beiden anderen Ebenen der situativen
Bedingungen, der Funktion und der Beziehung zum Zuhörer. Insgesamt lassen
sich die unterschiedlichen Erzählweisen mit dem Alter immer weiter ausdiffe-
renzieren. So muss dieses Wissen über den jeweiligen Kontext auch erst erwor-
ben werden (Schröder, 2005).

3.2.5 Zusammenfassung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit


Die in den vorangegangenen Abschnitten dargestellten Komponenten der münd-
lichen Erzählfähigkeit lassen sich zusammenfassend in einem vereinfachten
Modell darstellen (vgl. Abbildung 3).
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 99

Sprachliche Komponente
Personale
Komponente
Spezifische
Basale sprachliche pragmatische (Sozial-)kognitiv
Fähigkeiten Fähigkeiten
Affektiv-
motivational
Phonetik & Phonologie Kommunikation
Kreativität
Semantik & Lexikon Inhalt & Struktur
Motorik &
Morphologie & Syntax Sprachliche Mittel Wahrnehmung

Situative Bedingungen
Anforderungen der
Sozialer Kontext
unmittelbaren Situation

Abbildung 3: Modell zur mündlichen Erzählfähigkeit

In diesem Modell liegt die Betonung auf den einzelnen Elementen, die für er-
folgreiches Erzählen innerhalb der Person und in der Situation vorhanden sein
müssen. Dies ist im Rahmen dieser Arbeit wichtig, um im nächsten Schritt den
Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit genau zu betrachten (vgl. Kap.
4) und daran anschließend Möglichkeiten für die Förderung der mündlichen
Erzählfähigkeit abzuleiten (vgl. Kap. 5). Auch ist die detaillierte theoretische
Auseinandersetzung mit der Erzählfähigkeit eine wichtige Basis für den empiri-
schen Teil dieser Arbeit, um die mündliche Erzählfähigkeit entsprechend zu
erfassen (vgl. Kap. 8).

Trotz der Notwendigkeit die Erzählfähigkeit hinsichtlich ihrer einzelnen Kom-


ponenten detailliert zu betrachten, stehen diese einzelnen Komponenten auch im
Zusammenhang zueinander, bedingen sich gegenseitig und sind miteinander
verknüpft, was im Folgenden noch einmal explizit betont werden soll. So ist das
Zusammenspiel der basalen sprachlichen und spezifischen pragmatischen Fähig-
100 Mündliche Erzählfähigkeit

keiten sowie der personalen Komponente und den situativen Bedingungen für
das erfolgreiche Erzählen elementar.

Die enge Verbindung zwischen Kognition und Sprache wurde schon vielfach
betont (Beller & Bender, 2010; Beyer & Gerlach, 2011). Ein Rückstand in der
sprachlichen Entwicklung geht beispielsweise häufig mit einer verzögerten kog-
nitiven Entwicklung einher (Albers, 2009). Dabei sind besonders die sozial-
kognitiven Voraussetzungen wie das Verfügen über eine Theory of Mind, und
die basalen sprachlichen Fähigkeiten relevant, um für den Zuhörer verständliche
Äußerungen produzieren zu können.

Aber auch zwischen den basalen sprachlichen und den spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten ist aus einer entwicklungspsychologischen Perspektive ein
Zusammenhang vorhanden, da beide Bereiche für erfolgreiches sprachliches
Handeln benötigt werden (Becker, 2011a). Dies bestätigen auch aktuelle Studien,
indem sie einen starken positiven Zusammenhang zwischen den basalen sprach-
lichen und den spezifischen pragmatischen Fähigkeiten nachweisen (Dollnick &
Pfaff, 2013; Meindl & Jungmann, 2014; Quasthoff et al., 2011). Knapp (1997)
zeigt in seiner Untersuchung, dass Kinder mit geringen basalen sprachlichen
Fähigkeiten vor allem Schwierigkeiten haben, Inhalt und Struktur der Erzählung
kohärent darzustellen sowie mithilfe sprachlicher Mittel eine entsprechende
Kohäsion zu erzeugen.

Insbesondere für die Realisierung der Erzählung sind die affektiv-motivationalen


Voraussetzungen und die situativen Bedingungen wichtig, da ohne die Interakti-
on von Person und Situation keine sprachliche Handlung erfolgt.

Die theoretischen Überlegungen zum mündlichen Erzählen (vgl. Kap. 3.1) sowie
die Darstellung der Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit (vgl. Kap.
3.2) bilden den grundlegenden Orientierungsrahmen für die weiteren Ausführun-
gen in dieser Arbeit, sowohl theoretisch als auch für die empirische Untersu-
chung. Im nächsten Kapitel wird dafür zunächst der Erwerbsverlauf der mündli-
chen Erzählfähigkeit bei mehrsprachigen Kindern betrachtet. Zu diesem Zweck
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit 101

wird das bereits in diesem Abschnitt dargestellte Modell zur mündlichen Erzähl-
fähigkeit hinsichtlich der sprachlichen Komponente noch differenziert (vgl. Kap.
1.1). In Kapitel 5 erfolgen dann theoretische Ausführungen, wie die mündliche
Erzählfähigkeit bei mehrsprachigen Kindern gefördert werden kann, was im
anschließenden empirischen Teil der Arbeit untersucht wird.
4 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit
zweisprachiger Kinder

Nach zwei allgemeinen theoretischen Kapiteln zu den Themen mündliche Er-


zählfähigkeit (vgl. Kap. 3) und Grundlagen des Zweitspracherwerbs (vgl. Kap.
2) wird in diesem Kapitel der Erwerb der mündlichen Erzählfähigkeit bei zwei-
sprachigen Kindern behandelt, um so die beiden Aspekte zusammenzuführen.
Dies erfolgt gegliedert nach den Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit. Der
Erwerbsverlauf der sprachlichen Komponente wird zunächst für die basalen
sprachlichen Fähigkeiten dargestellt, anschließend für die spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten. Dies wird vor allem anhand entsprechender empirischer Da-
ten des aktuellen Forschungsstands dargestellt. Dabei wird der Fokus auf zwei-
und mehrsprachige Kinder gelegt, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, etwa
zwischen fünf und neun Jahre alt sind und sich damit im Vor- bzw. Grundschul-
alter befinden. Anschließend wird die Rolle der personalen Komponenten und
der situativen Bedingung im Erwerbsverlauf erörtert und mit entsprechenden
empirischen Studien belegt. Ziel dieses Kapitels ist es, sich detailliert mit dem
Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder ausei-
nanderzusetzen, um letztlich gezielt pädagogisch handeln zu können (Ehlich et
al., 2012). Das gezielte pädagogische Handeln in Form von Sprachförderung ist
schließlich Inhalt des nächsten Kapitels (vgl. Kap. 5).

4.1 Erwerbsverlauf der basalen sprachlichen Fähigkeiten zweisprachiger


Kinder

In diesem Abschnitt wird der Erwerbsverlauf der basalen sprachlichen Fähigkei-


ten im Deutschen von zweisprachigen Kindern im Vor- und Grundschulalter
anhand des aktuellen Forschungsstands dargestellt. Dieser ist nach den drei Ebe-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017


R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_4
104 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

nen Phonetik und Phonologie, Semantik und Lexikon sowie Morphologie und
Syntax gegliedert (vgl. Kap. 3.2.1).

Um den Erwerbsverlauf der basalen sprachlichen Fähigkeiten zweisprachiger


Kinder entsprechend zu beschreiben, sind einige Aspekte des Zweitspracher-
werbs zu berücksichtigen (vgl. Kap 2.3.6). So ist der Zugang zur Sprache als
relevante Einflussgröße einzubeziehen. Insbesondere die Kontaktdauer mit der
Zweitsprache Deutsch hat sich hier als wichtiger Indikator etabliert. Eine weitere
Einflussgröße für den Erwerbsverlauf sind die bereits erworbenen Fähigkeiten in
der Erstsprache (Klein, 1992; List, 2007). Genauso gibt es Hinweise darauf, dass
die Beschaffenheit der Erstsprache den Zweitspracherwerb beeinflusst. So zeigt
die Untersuchung von Tunç (2012), dass sprachstrukturelle Ähnlichkeiten zwi-
schen Erst- und Zweitsprache den Zweitspracherwerb erleichtern können und im
Gegenzug größere sprachstrukturelle Unterschiede den Zweitspracherwerb er-
schweren können. Im Folgenden werden daher die genannten Aspekte, Zugang
zur Sprache bzw. Kontaktdauer mit Deutsch, Erstsprache sowie Fähigkeiten in
der Erstsprache, berücksichtigt, sofern sie in den berichteten Studien genannt
werden.

4.1.1 Phonetik und Phonologie


Im Folgenden wird zunächst der Erwerb von Phonetik und Phonologie im Erst-
spracherwerb und anschließend beim frühen Zweitspracherwerb beschrieben.

Monolingualer Erwerbsverlauf: Phonetik und Phonologie


Der Erwerb phonetischer und phonologischer Fähigkeiten beginnt mit der Wahr-
nehmung von Lauten bereits pränatal und erstreckt sich über mehrere Jahre
(Weinert & Grimm, 2008). Diese Ebene der basalen sprachlichen Fähigkeiten ist
insofern sprachspezifisch, da sich die Fähigkeit, Laute zu unterscheiden und
später auch zu produzieren, der wahrgenommenen Sprache anpassen (Kany &
Schöler, 2010).
Basale sprachliche Fähigkeiten 105

Die Produktion von Lauten beginnt mit der Geburt und wird als vorsprachliche
Phase bezeichnet, die nach circa sechs bis achten Monaten durch die Bildung
sprachlicher Laute erweitert wird. Die vorsprachliche Phase verläuft für Kinder
jeglicher Erstsprache ähnlich, indem das Schreien nach und nach mit Gurren,
Lachen und Lallen ergänzt wird. Die verbale Phase verläuft spätestens mit der
Bildung der ersten Wörter mit circa zwölf Monaten sprachspezifisch, da das
System der jeweiligen Sprachen erworben wird (Weinert & Grimm, 2008). Für
alle Sprachen gilt aber, dass vor dem Konsonanten- das Vokalsystem erworben
wird (Kany & Schöler, 2010; Weinert & Grimm, 2008). Detaillierte Ausführun-
gen zur Erwerbsreihenfolge der phonetischen und phonologischen Fähigkeiten in
der Erstsprache Deutsch können beispielsweise Kany und Schöler (2010) ent-
nommen werden.

Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Kinder im ersten Lebensjahr auch


bereits über prosodische Fähigkeiten verfügen (Weinert & Grimm, 2008), die
auch zu dieser Sprachebene gezählt werden können (vgl. Kap. 3.2.1). Der
Spracherwerb verläuft also nicht ausschließlich analytisch von einzelnen Lauten
hin zu Wörtern und Sätzen. Melodie und Rhythmus der Sprache spielen bereits
von Geburt an eine wichtige Rolle. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass
Kinder das sogenannte Motherese (vgl. Kap. 2.2) gegenüber einem monotonen
Sprachangebot bevorzugen und ihm mehr Aufmerksamkeit schenken. Ab etwa
fünf Monaten können Kinder auch den Rhythmus ihrer Muttersprache von ande-
ren Sprachen unterscheiden (Falk, 2008). Kinder erwerben also schon im ersten
Lebensjahr wichtige Elemente der phonetischen und phonologischen Fähigkei-
ten, indem sie sich ein differenziertes Wissen über Kategorien, Strukturen und
Regelmäßigkeiten ihrer Erstsprache aneignen (Weinert & Grimm, 2008).

Erwerbsverlauf beim frühen Zweitspracherwerb: Phonetik und Phonologie


Beginnt der Kontakt mit der Zweitsprache erst nach Ausbildung der phoneti-
schen Fähigkeiten, ist der Lernende je nach Art der Erst- und Zweitsprache mit
besonderen Herausforderungen konfrontiert. Denn dann ist diese Ebene der
sprachlichen Komponente bereits durch die Erstsprache geprägt und ggf. nicht
106 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

vollständig für die Zweitsprache anpassbar. Für den Erwerb phonetischer Fähig-
keiten in der Zweitsprache ergibt sich also eine kritische Zeitspanne (Lisker,
2011).

Bei einem simultanen bzw. sehr früh beginnenden Zweitspracherwerb erwerben


Kinder in der Regel die phonetischen und phonologischen Fähigkeiten bis zum
sechsten Lebensjahr zielsprachlich (Landua, Maier-Lohmann & Reich, 2008).
Aber auch bei einem später beginnenden, sukzessiven Zweitspracherwerb kann
innerhalb von zwei Jahren Deutschkontakt das sprachspezifische Wissen der
Phonetik und Phonologie erworben werden (Lisker, 2011). Der sukzessive
Zweitspracherwerb unterscheidet sich insofern, da der Großteil des allgemein-
sprachlichen Wissens auf der phonetischen und phonologischen Ebene bereits
mit der Muttersprache erworben wurde und dann vor allem noch sprachspezifi-
sches Wissen der Zweitsprache zu erwerben ist. Jedoch geht man davon aus,
dass die sprachspezifische Ebene der Phonetik und Phonologie ähnlich wie bei
einsprachigen Kindern erworben wird, indem ähnliche Strategien zur Wahrneh-
mung und Produktion angewendet werden (Scharff Rethfeldt, 2013). Bisher
konnten lediglich einige Besonderheiten, vor allem hinsichtlich der Produktion,
beobachtet werden wie z.B. Verzögerungen in der Aussprache, andere Ausspra-
che von Lauten, Vertauschen der Länge und Kürze von Lauten oder Verände-
rungen bei Konsonantenverbindungen (Landua et al., 2008). Dabei ist vor allem
der Einfluss der Erstsprache bedeutsam. Insgesamt gibt es bisher für die Gruppe
der zweisprachigen Vor- und Grundschulkinder, die Deutsch als Zweitsprache
erwerben, nur wenige empirische Studien zum Erwerb der phonetischen und
phonologischen Fähigkeiten (Ahrenholz, 2014b). Die Mehrheit der vorhandenen
Untersuchungen basiert auf Einzelfällen, die den Erwerbsverlauf exemplarisch
beschreiben. Hier besteht also weiterer Forschungsbedarf, um theoretische Über-
legungen und bereits vorhandene empirische Erkenntnisse zum Zweitspracher-
werb aus anderen Sprachen für Deutsch als Zweitsprache weiter abzusichern und
vor allem sprachspezifische Besonderheiten des Deutschen zu ergänzen.
Basale sprachliche Fähigkeiten 107

4.1.2 Semantik und Lexikon


Der Erwerb der semantischen und lexikalischen Fähigkeiten bei zweisprachigen
Kindern bezieht sich zum einen auf den Erwerb von Konzepten, Begriffen und
Bedeutungen, zum anderen auf die dafür sprachlichen Bezeichnungen in der
jeweiligen Sprache (vgl. Kap. 3.2.1) (Scharff Rethfeldt, 2013).

Monolingualer Erwerbsverlauf: Semantik und Lexikon


Nach einem Überblick von Weinert und Grimm (2008) lassen sich für einspra-
chige Kinder erste Wortproduktionen um den ersten Geburtstag herum beobach-
ten. Das Wortverständnis hingegen beginnt bereits einige Monate vorher sich zu
entwickeln, so dass man davon ausgeht, dass ein Kind bereits bei der Produktion
der ersten Worte etwa 60 Wörter verstehen kann. So beginnt der Erwerb ver-
gleichsweise langsam. Sobald aber ein Kind mit etwa anderthalb Jahren die so-
genannte 50-Wörter-Marke im Produzieren erreicht hat und etwa 200 Wörter
verstehen kann, steigt die Erwerbsgeschwindigkeit enorm, so dass mit drei Jah-
ren bereits um die 1000 Wörter produziert werden können. Ein einsprachiges,
sechsjähriges Kind kann schließlich zwischen 3000 und 5000 Wörter produzie-
ren und zwischen 9000 und 14000 Wörter verstehen (Kany & Schöler, 2010).
Diese Angaben sind allerdings interindividuell sehr variabel und eher als grobe
Orientierung zu betrachten. Lediglich die 50-Wörter-Marke hat sich als bedeut-
same Grenze erwiesen, an die sich der sogenannte Vokabelspurt anschließt
(Komor, 2008). Hinzu kommt, dass der Erwerb von Semantik und Lexikon nie
als abgeschlossen bezeichnet werden kann, da lebenslang neue Wörter und Be-
deutungen erworben werden.

Hinsichtlich des Erwerbsverlaufs der einzelnen Wortarten für deutschsprachige,


monolinguale Kinder benennt Apeltauer (2007b) die Inhaltswörter, also Nomen,
Verben und später auch Adjektive, als erste Gruppe, die erworben wird. Funkti-
onswörter entwickeln sich demnach erst verstärkt, sobald etwa 400 Wörter pro-
duziert werden können. Einen detaillierteren, empirisch fundierten Überblick
dazu liefert erstmals Kauschke (2000) in einer Untersuchung von längsschnittli-
108 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

chen, spontansprachlichen Daten von 32 Kindern im Alter von 13 bis 36 Monate.


Trotzdem bleibt es weiterhin schwierig, ein einheitlich geltendes Muster für den
Erwerbsverlauf der semantischen und lexikalischen Fähigkeiten zu bestimmen,
da diese interindividuell sehr variabel sind (Scharff Rethfeldt, 2013).

Erwerbsverlauf beim frühen Zweitspracherwerb: Semantik und Lexikon


Für den Erwerb dieser Ebene der basalen sprachlichen Fähigkeiten bei zweispra-
chigen Kindern kann man entsprechend der Identitätshypothese (vgl. Kap. 2.3.2)
davon ausgehen, dass sich der Verlauf im Erst- und Zweitspracherwerb ähnelt
(Jeuk, 2003; Kostyuk, 2005; Scharff Rethfeldt, 2013). So beginnt auch in der
Zweitsprache der Erwerb der ersten Wörter vergleichsweise langsam, wohinge-
gen danach die Erwerbsgeschwindigkeit ähnlich dem Vokabelspurt ansteigt.

Zum Erwerb von Wortbedeutungen in der Zweitsprache beschreibt Apeltauer


(2005) mehrere Phasen, die sich ebenfalls an den Erstspracherwerb anlehnen und
häufig fließend ineinander übergehen. Demnach muss das Wort zunächst inner-
halb des Lautstroms herausgefiltert, gespeichert und schließlich wiedererkannt
werden. Dabei kommen auch die phonetischen und phonologischen Fähigkeiten
zum Einsatz. Diesem Lautmuster wird eine Bedeutung zugeschrieben, die eng
mit der Erwerbssituation verbunden ist. In dieser Phase ist das Wort noch nicht
flexibel abrufbar, da es noch stark mit der Situation verhaftet ist. Daran knüpft
die Artikulationsphase an, in der das Wort häufig aktiv verwendet wird. Dabei
wird die Aussprache geübt, was vor allem beim sukzessiven Zweitspracherwerb
wichtig ist. Gleichzeitig hilft es, auch weitere Bedeutungen zu erschließen bzw.
zu präzisieren, was vor allem durch den aktiven Gebrauch und weniger durch
Zuhören und Beobachten erfolgt. Damit einher geht der Bedeutungsausbau.
Dabei bedienen sich Lernende verschiedener Strategien. Die häufigsten davon
sind die Überdehnung, bei der ein Wort als Oberbegriff für ähnliche Begriffe
verwendet wird, beispielsweise Auto für alle Fahrzeuge, und die Unterdehnung,
bei der ein Wort für nur ein spezifisches Objekt verwendet wird, beispielsweise
Auto nur für das eigene Familienauto (Kany & Schöler, 2010). Um die Wortbe-
deutung der Zielsprache Schritt für Schritt anzupassen, muss das Wort vom Kon-
Basale sprachliche Fähigkeiten 109

text, in dem es erworben wurde, gelöst werden und in weiteren Kontexten ange-
wendet werden. Darüber hinaus wird das Wort mit anderen Wörtern vernetzt.
Ober- und Unterbegriffe werden gebildet und zueinander in Beziehung gesetzt
(Apeltauer, 2005). Vor allem beim sukzessiven Zweitspracherwerb ergibt sich
die Besonderheit, dass der Lernende auf bereits erworbene Begriffe in der Erst-
sprache zurückgreifen kann und diese ebenfalls mit dem neuen Wort in der
Zweitsprache in Verbindung bringen kann (Ehlich et al., 2012). Zusätzlich wird
mit dem neuen Wort auch morphologisches und syntaktisches Wissen erworben.
Dies verdeutlicht wieder die starke Verknüpfung der verschiedenen sprachlichen
Ebenen. Wenn eine Automatisierung stattgefunden hat, kann dieser Erwerbspro-
zess als abgeschlossen bezeichnet werden. Es zeigt sich also, dass der Erwerb
semantischer und lexikalischer Fähigkeiten ein komplexer und längerer Prozess
ist. Auch ist Vorsicht geboten von einmaligen zielsprachigen Wortverwendungen
darauf zu schließen, dass ein Kind das Wort mit seinen Bedeutungen vollständig
erworben hat und entsprechend flexibel verwenden kann (Apeltauer, 2007b).

Mehrere Studien versuchen den Wortschatz von Kindern mit Deutsch als Zweit-
sprache zu beschreiben und mit dem von monolingualen Kindern zu vergleichen.
Im Rahmen der BiKS-3-8 Studie zeigt sich für zweisprachige, etwa dreieinhalb-
jährige Kindergartenkinder ein deutlicher Rückstand zu einsprachigen Altersge-
nossen im Verstehen und Produzieren des Wortschatzes im Deutschen (Dubowy,
Ebert, von Maurice & Weinert, 2008). Auch für Grundschulkinder bleibt dieser
Unterschied bestehen. So untersucht Limbird (2007) in einer Längsschnittstudie
den Wortschatz im Deutschen von 169 einsprachigen und zweisprachigen
Grundschülern mit Türkisch als Erstsprache. Dabei ergibt sich, dass die zwei-
sprachigen Schüler über einen signifikant kleineren Wortschatz im Deutschen
verfügen als die einsprachigen Altersgenossen, was auch über die Zeit stabil
bleibt. Diese Ergebnisse bestätigt auch die DESI-Studie, die u.a. den Wortschatz
der Neuntklässler über alle Schulformen in Deutschland hinweg erfasst. Dem-
nach haben zwei- bzw. mehrsprachige Schüler, unabhängig von der Schulform,
einen kleineren Wortschatz im Deutschen als ihre einsprachigen Mitschüler
(Willenberg, 2008).
110 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Der quantitative Unterschied im Wortschatz zwischen ein- und mehrsprachigen


Schülern bleibt also mindestens bis ins Jugendalter bestehen. Jedoch darf nicht
vernachlässigt werden, dass Zweisprachige auch über einen Wortschatz in ihrer
Erstsprache verfügen. Summiert man den verfügbaren Wortschatz in Erst- und
Zweitsprache, erreichen Zweisprachige in der Regel einen größeren Wortschatz-
umfang als einsprachige Gleichaltrige (Riehl, 2014; Scharff Rethfeldt, 2013).
Somit kann nicht grundsätzlich von einem defizitären Wortschatz bei Mehrspra-
chigen ausgegangen werden. Häufig gliedern sich die verfügbaren Wortfelder in
der jeweiligen Sprache nach dem Erwerbskontext. So zeigt Ott (1997), dass der
Wortschatz in der Erstsprache in der Regel dem familiären Kontext entspricht
und daher Wortfelder wie Haushalt, Beruf, Natur und Gefühle abdeckt. Auch
geht der Schulbeginn häufig mit einem enormen Anstieg des Wortschatzumfangs
einher, indem ein neuer Kontext für den Wortschatzerwerb erschlossen wird.
Dies kann aber den Rückstand der zweisprachigen Schulanfänger gegenüber
monolingualen Gleichaltrigen nicht verringern (Ehlich et al., 2012). Dieser Un-
terschied zwischen ein- und zweisprachigen Schülern zeigt allerdings ein erheb-
liches Potential für Zweisprachige auf. So könnten sie sowohl ihre Fähigkeiten in
der Zweitsprache im außerschulischen Bereich ausweiten, wie auch ihre erst-
sprachlichen Fähigkeiten verstärkt im schulischen Bereich anwenden bzw. auf
die Zweitsprache übertragen. Dieses bislang vernachlässigte Potential gilt es, u.a.
für die Sprachförderung, systematisch zu nutzen.

4.1.3 Morphologie und Syntax


Der Erwerb morphologischer und syntaktischer Fähigkeiten bezieht sich auf den
Regelerwerb einer Sprache, die sich auf Strukturen und Formen von Wörtern
und Sätzen beziehen (vgl. Kap. 3.2.1). Im Folgenden werden zunächst Erkennt-
nisse zum Erwerb der Syntax dargestellt und anschließend zum Erwerb der Mor-
phologie.
Basale sprachliche Fähigkeiten 111

Monolingualer Erwerbsverlauf: Syntax


Der monolinguale Erwerb syntaktischer Fähigkeiten im Deutschen lässt sich im
Vergleich zu semantischen und lexikalischen Fähigkeiten ziemlich detailliert
beschreiben. Clahsen (1982) entwickelt auf Grundlage einer detaillierten längs-
schnittlichen Fallanalyse ein fünfstufiges Modell, das den Syntaxerwerb von
Kindern hinsichtlich produzierender Fähigkeiten abbildet. Diesem Modell liegt
die Auffassung zu Grunde, dass der Erwerb entsprechend der Reihenfolge dieser
Stufen verläuft.

Die erste Stufe wird mit der Produktion der ersten Wörter erreicht, also mit etwa
zwölf Monaten. Zwischen anderthalb und zwei Jahren, nach Erreichen der 50-
Wörter-Marke, werden auf der zweiten Stufe auch Zwei- und Dreiwortäußerun-
gen gebildet, die noch häufig auf Funktionswörter verzichten, unflektierte Wör-
ter nutzen und eine Verbendstellung aufweisen. Durch die Kombination von
mindestens zwei Wörtern spricht man vom Erwerb des syntaktischen Prinzips,
da Wörter zueinander in Bezug gesetzt werden. Die Sprache zeichnet sich in
dieser Phase durch ihren telegraphischen Stil und eine hohe Kontextabhängigkeit
aus (Jungmann & Albers, 2013). So produziert das Kind nur die wichtigsten
Satzelemente und lässt die übrigen aus. Auch sind die Äußerungen nur mit dem
entsprechenden Kontext verständlich, da morphologische Markierungen und
weitere syntaktische Elemente noch weitestgehend fehlen. Mit etwa zweieinhalb
Jahren beginnt nach Clahsen (1982) die dritte Stufe des Syntaxerwerbs. Diese
zeichnet sich durch Mehrwortäußerungen aus, in denen bereits die Verbzweit-
stellung und zum Teil die Subjekt-Verb-Kongruenz realisiert werden. Zudem
werden neben Nomen und Verben weitere Wortarten verwendet, wie Adjektive,
Präpositionen und Konjunktionen. Der telegraphische Stil mit seinen zahlreichen
Auslassungen gilt als überwunden. Die vierte Stufe erreicht ein Kind mit etwa
drei Jahren. Damit ist die Subjekt-Verb-Kongruenz vollständig erworben. Auch
die Satzklammer und erste Nebensätze werden gebildet. Mit etwa dreieinhalb
Jahren hat das einsprachige Kind mit der fünften Stufe komplexe Strukturen
erworben, indem Teil- und Nebensätze gebildet werden (Clahsen, 1982). Eine
112 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

ähnliche Erwerbsreihenfolge findet auch Tracy (1991) in ihrer Untersuchung, die


die ausführliche Beschreibung mehrerer Fallstudien enthält.

Erwerbsverlauf beim frühen Zweitspracherwerb: Syntax


Betrachtet man den Erwerb dieser Ebene der basalen sprachlichen Fähigkeiten
des Deutschen bei zweisprachigen Kindern, zeigt sich ein ähnlicher Erwerbsver-
lauf wie im Erstspracherwerb für die syntaktischen Fähigkeiten (Scharff Reth-
feldt, 2013). So überträgt und ergänzt Grießhaber (2011) die gewonnen Erkennt-
nisse zum Erwerbsverlauf in der Erstsprache (Clahsen, 1982) und beim unge-
steuerten Zweitspracherwerb erwachsener Migranten (Clahsen, Meisel & Piene-
mann, 1983) auf den frühen Zweitspracherwerb. Er vereinfacht das Modell zum
Zweitspracherwerb auf ebenfalls fünf Stufen, die im Folgenden beschrieben
werden (Grießhaber, 2011; Heilmann, 2012). Stufe Null ist durch bruchstückhaf-
te Äußerungen gekennzeichnet, die kein finites Verb enthalten. Daran schließt
sich Stufe eins an, die ein Subjekt und ein finites Verb in einfachen Äußerungen
enthält, auch wenn noch nicht immer eine Subjekt-Verb-Kongruenz vorhanden
ist. Auf Stufe zwei wird dann der finite vom infiniten Verbteil entsprechend der
Satzklammer aufgeteilt. Stufe drei zeichnet sich durch die sogenannte Inversion
aus. Ein Adverbiale steht am Wortanfang, wodurch das Subjekt an die dritte
Stelle rückt und das finite Verb an zweiter Stelle vor dem Subjekt steht. Dies
zeigt, dass die Verbzweitstellung vollständig realisiert wird. Auf Stufe vier wer-
den dann auch Nebensätze gebildet, in denen das Verb die zielsprachliche End-
stellung einnimmt. Damit gelten die Grundpfeiler der syntaktischen Struktur im
Deutschen als erworben. Inwiefern sich dieses Stufenmodell des frühen Zweit-
spracherwerbs empirisch bewährt, bedarf noch einer umfassenderen Prüfung.
Bisherige Anwendungen beschränken sich auf Fallbeschreibungen (Pienemann,
1981) und kleine Stichproben, die häufig ungenau beschrieben sind, mit Inter-
ventionen kombiniert sind und den Fokus auf den Schriftspracherwerb legen
(Grießhaber, 2007). Darüber hinaus lässt sich an diesem Stufenmodell kritisie-
ren, dass es sich vor allem an der Entwicklung des Verbs orientiert und daher
andere wichtige Bereiche der deutschen Syntax außer Acht lässt. Jedoch kann
Basale sprachliche Fähigkeiten 113

auch argumentiert werden, dass die Verbstellung ein wesentliches Element dar-
stellt und damit das Modell eine sinnvolle Reduktion aufweist. So befasst sich
auch Haberzettl (2005) in einer umfassenden, längsschnittlichen Fallanalyse mit
der Verbstellung im frühen Zweitspracherwerb und kann einen ähnlichen Er-
werbsverlauf nachweisen.

Weitere Forschungsergebnisse beschreiben mehrere Bestandteile des zweit-


sprachlichen Syntaxerwerbs. So untersuchen Kaltenbacher und Klages (2007)
Kindergartenkinder, deren Deutschkontakt im Alter von drei bis vier Jahren
begann und die über unterschiedliche Erstsprachen verfügen. Nach ein bis zwei
Jahren Kontaktzeit realisieren die Kinder wichtige Satzglieder zielsprachlich,
wie Verb, Subjekt und auch Objekte oder Adverbialen. Jedoch fehlen häufig
noch Funktionswörter, wie Artikel, Präpositionen oder Hilfsverben. Die Auto-
rinnen schließen daraus, dass im frühen Zweitspracherwerb die Satzstruktur in
einer ähnlichen Geschwindigkeit und Reihenfolge wie im Erstspracherwerb
erworben wird und schließlich nur durch den späteren Erwerbsbeginn zeitlich
verschoben ist. Auch die Untersuchung von Grundschülern der dritten und vier-
ten Jahrgangsstufe, die mit drei oder vier Jahren mit Deutsch in Kontakt kamen
und unterschiedliche Erstsprachen haben, bestätigen diese Ergebnisse. Die Kin-
der haben bereits die zentralen Grundmuster der Syntax des Deutschen erwor-
ben, wie die Satzklammer, die Inversion und zum Teil die Verbendstellung in
Nebensätzen (Ahrenholz, 2007).

Monolingualer Erwerbsverlauf: Morphologie


Der Erwerb morphologischer Fähigkeiten ist in erster Linie sprachspezifisch und
damit stark von der jeweiligen Sprache abhängig. Als allgemeinsprachliches
Wissen kann lediglich das Grundverständnis gelten, dass die einzelnen Morphe-
me unterschiedliche Funktionen und Bedeutungen aufweisen. Im einsprachigen
Erwerb des Deutschen sind vor allem die Teilbereiche, Flexion, Kasus, Genus
und Numerus, bedeutend und werden daher im Folgenden dargestellt.
114 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Die Flexion, also die Wortbeugung, beginnt mit etwa zwei Jahren und ist in ihren
Grundzügen mit etwa sechs Jahren abgeschlossen. Jedoch gibt es einige Formen,
die erst später vollständig erworben werden, wie die Flexion unregelmäßiger
Verben (Kany & Schöler, 2010). Das Kasussystem bei Substantiven, Adjektiven,
Artikeln, Pronomen und Präpositionen stellt eine der schwierigsten und langfris-
tigsten Erwerbsaufgaben im Deutschen dar. Der Erwerb beginnt mit etwa zwei
Jahren. Mit ungefähr zweieinhalb Jahren werden bereits Artikel in Verbindung
mit Substantiven verwendet (Kemp & Bredel, 2008). Auch gibt es eine feste
Erwerbsreihenfolge für das Kasussystem (Kany & Schöler, 2010). Zuerst wird
der Nominativ als sogenannter Subjektkasus erworben. Dieser wird später um
den Akkusativ ergänzt, der als Objektkasus fungiert und damit nicht immer ziel-
sprachlich verwendet wird. Das verändert sich, sobald der Objektkasus mithilfe
des Dativerwerbs differenziert werden kann. Der Genitiv tritt bereits früh bei
Eigennamen auf. Vollständig erworben ist er häufig aber erst im Grundschulalter
(Kemp & Bredel, 2008). Der Genuserwerb scheint bei einsprachigen Kindern
mit dem Erlernen des Wortschatzes einherzugehen (Kany & Schöler, 2010).
Jedoch gibt es auch Forschungsergebnisse, die darauf hinweisen, dass auch beim
Erstspracherwerb phonologische Regeln für den Genuserwerb genutzt werden
(Szagun, Stumper, Sondag & Franik, 2007). Für den Erwerb des Numerus wird
ebenfalls angenommen, dass er zum Teil mit jedem Wort entsprechend erlernt
wird. Gleichzeitig gibt es Regeln, die aus der Lautstruktur ableitbar sind, die den
Numeruserwerb unterstützen könnten. Dieses Prozess ist etwa mit Beginn der
Schulzeit abgeschlossen (Kany & Schöler, 2010).

Erwerbsverlauf beim frühen Zweitspracherwerb: Morphologie


Betrachtet man nun den frühen Zweitspracherwerb morphologischer Fähigkeiten
des Deutschen, stellt sich die Frage, wo Abweichungen zum Erstspracherwerb
auftreten. Die Flexion des Verbs vollzieht sich entsprechend dem Überblick von
Landua et al. (2008) ähnlich dem der Erstsprache. So wird nach der infiniten
Form die erste, dritte und abschließend die zweite Person erworben. Dieser Pro-
zess erfolgt gemäß den Daten einer Fallstudie innerhalb von einem halben Jahr
Basale sprachliche Fähigkeiten 115

(Haberzettl, 2005). Hinsichtlich des Tempus ist die Datenlage ziemlich deutlich,
dass zunächst das Präsens und anschließend das Perfekt erworben wird (Landua
et al., 2008). Weitere Formen sind dann das Präteritum und Futur.

Der Erwerb des Kasus im frühen Zweitspracherwerb wird häufig in Kombinati-


on mit Genus und Numerus betrachtet, da diese drei Kategorien im Deutschen
konfundieren und dadurch auch für den Lerner hochgradig komplex sind. Für
das Kasussystem zeigt sich nach Kaltenbacher und Klages (2007) eine ähnliche
Erwerbsreihenfolge wie im Erstspracherwerb. Schwierigkeiten ergeben sich vor
allem beim Dativ, der erst spät richtig markiert wird. So ist er bei einer Kinder-
gartengruppe, die ein durchschnittliches Alter von etwa fünfeinhalb Jahren und
einer Kontaktdauer zwischen zwei und vier Jahren aufweist, noch nicht erworben
(Kaltenbacher & Klages, 2007). Für den Genitiv gibt es die Vermutung, dass er
mündlich und ungesteuert nur schwer erworben werden kann. Hier kann vor
allem die Schriftsprache unterstützend wirken (Landua et al., 2008).

Der Genuserwerb ist ein langwieriger Prozess. So berichten Kaltenbacher und


Klages (2007), dass in ihrer Stichprobe aus dem letzten Kindergartenjahr der
Genuserwerb bei einigen Kindern noch nicht angefangen hatte. Die Autorinnen
beschreiben ein Stufenmodell für den Genus- und Kasuserwerb, deren Stufe
anhand der Artikelverwendung erkennbar ist. Das Modell beginnt mit Stufe eins,
auf der keine Artikel genutzt werden, und entwickelt sich über einen beliebigen
Gebrauch von Artikeln (Stufe zwei) über ein zweigliedriges Genus- (Femininum
und Maskulinum) und Kasussystem (Nominativ und Akkusativ) (Stufe drei bis
fünf) hin zu einem dreigliedrigen Genus- (Femininum, Maskulinum und Neut-
rum) und zweigliedrigen Kasussystem (Stufe sechs) (Kaltenbacher & Klages,
2007).

Schließlich unterscheidet sich auch der Numeruserwerb vom Erstspracherwerb,


insofern sprachspezifische Unterschiede in der Pluralbildung zwischen Erst- und
Zweitsprache bestehen wie z.B. beim Russischen und Deutschen. Dieser Er-
werbsprozess nimmt ebenfalls mehr Zeit in Anspruch (Landua et al., 2008).
116 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Die bisher dargestellten Stufenmodelle legen den Schluss nahe, dass der Sprach-
erwerb linear verläuft, was aber nicht für alle Bereiche zutrifft. Vor allem bei
morphologischen Fähigkeiten, aber auch in anderen Bereichen, kommt es häufig
zu u-förmigen Entwicklungen (Lisker, 2011). Diese lassen sich auf das Überge-
neralisieren erworbener Regeln zurückführen, was häufig bei der Pluralbildung
von Substantiven oder der Flexion unregelmäßiger Verben zu beobachten ist.
Das lässt sich dadurch erklären, dass ein Kind zunächst die zielsprachliche Form
produziert ohne das dahinterstehende Regelsystem erworben zu haben. Manche
Autoren sprechen auch von auswendig gelernten Wortformen (Kany & Schöler,
2010). Sobald erste Regeln für die Wortbildung erworben sind, werden diese für
alle Wörter verwendet, also übergeneralisiert. Dadurch entstehen für zuvor ziel-
sprachliche Äußerungen wieder nicht korrekte Wortformen. Dies ist allerdings
nicht als Rückschritt zu interpretieren, sondern ist im Sinne der Übergeneralisie-
rung ein wichtiger Schritt im Erwerbsverlauf. Das Kind hat eine Regel erkannt
und wendet diese an. Treten zu einem späteren Zeitpunkt wieder zielsprachliche
Äußerungen auf, kann von einem vollständig erworbenen Regelsystem ausge-
gangen werden. Dieser Aspekt ist ein wichtiger Punkt bei der Bewertung sprach-
licher Fähigkeiten. So besteht die Gefahr, dass bei einmaligen, kurzfristigen
Beobachtungen falsche Schlüsse gezogen werden, da eine zielsprachliche Äuße-
rung bereits als vollständig erworbenes Regelsystem interpretiert werden könnte.

Bisher wurden vor allem produktive Fähigkeiten auf der Ebene der Morphologie
und Syntax beschrieben. Weinert und Grimm (2008) stellen in einem Studien-
überblick dar, dass das Verstehen der syntaktischen und morphologischen Ebene
bereits vor den ersten produktiven Fähigkeiten erworben wird. Ab der Grund-
schule wird diese Fähigkeit u.a. durch den Schriftspracherwerb ausdifferenziert
(Kotzerke, Ebert & Weinert, 2014). So ergaben Analysen im Rahmen der längs-
schnittlichen BiKS-Studie, dass einsprachige Schüler der ersten Klasse einfache
Satzstrukturen verstehen, die beispielsweise Präpositionen oder Pluralformen
enthalten. Auch eine höhere Schwierigkeitsstufe mit Passivkonstruktionen oder
Personalpronomen im Akkusativ oder Dativ bereitet der Mehrheit keine Ver-
ständnisschwierigkeiten. Komplexere Satzstrukturen mit dem Konnektor „dass“
Basale sprachliche Fähigkeiten 117

oder mit Relativsätzen, die ein Pronomen als Objekt aufweisen, sind hingegen
für einen großen Teil der ersten Klasse noch eine Herausforderung. Hier zeigt
sich allerdings eine kontinuierliche Entwicklung, so dass in der dritten Klasse
fast alle Kinder auch hier keine Verständnisprobleme mehr aufweisen (Kotzerke
et al., 2014).

Für den frühen Zweitspracherwerb ergibt die Analyse von Daten des Nationalen
Bildungspanels von fünfjährigen zweisprachigen Kindern, dass diese im Ver-
gleich zu monolingualen Kindern geringere Fähigkeiten im Grammatikverständ-
nis haben. Besonders lange Sätze mit Teilsätzen und Präpositionalphrasen berei-
ten den zweisprachigen Kindern Verständnisschwierigkeiten (Berendes, Wagner,
Meurers & Trautwein, 2015). Die Ergebnisse in Bezug auf die Satzlänge bestä-
tigt auch eine Studie mit älteren Kindern der dritten Grundschulklasse (Haag,
Heppt, Stanat, Kuhl & Pant, 2013). Eine weitere Studie zum Hörverstehen, in der
u.a. das Verständnis grammatischer Strukturen, wie Nebensätze und Passivkon-
struktionen, von zweisprachigen Kindern der zweiten und dritten Klasse mit
einsprachigen Gleichaltrigen verglichen wird, kommt zu einem ähnlichen Ergeb-
nis. Kinder mit Deutsch als Zweitsprache weisen geringere Fähigkeiten in den
geprüften grammatikalischen Bereichen auf (Heppt, Stanat, Dragon, Berendes &
Weinert, 2014). Die bereits erwähnte längsschnittliche BiKS-Studie (Kotzerke et
al., 2014) zeigt ebenfalls einen Rückstand der zweisprachigen Grundschulkinder
gegenüber monolingualen Gleichaltrigen in allen drei untersuchten Klassenstu-
fen. Jedoch versteht auch eine große Mehrheit der zweisprachigen Kinder bereits
in der ersten Klasse einfache Satzstrukturen, die zum Beispiel Präpositionen oder
Pluralformen enthalten. Ebenso bereitet auch die höhere Schwierigkeitsstufe mit
Passivkonstruktionen oder Personalpronomen im Akkusativ oder Dativ der
Mehrheit der zweisprachigen Kinder keine Verständnisschwierigkeiten. Hin-
sichtlich der komplexen Satzstrukturen, die beispielsweise den Konnektor „dass“
oder Relativsätze enthalten, erreichen die zweisprachigen Schüler nach zwei
Jahren, also in der dritten Klasse, das Niveau der einsprachigen Mitschüler in der
ersten Klasse (Kotzerke et al., 2014).
118 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Zusammenfassung
Insgesamt zeigt sich für die Kindergarten- und Grundschulzeit ein Rückstand der
zweisprachigen Kinder in den morphologischen und syntaktischen Fähigkeiten
des Deutschen gegenüber einsprachigen Gleichaltrigen, ähnlich wie für die Ebe-
ne der Semantik und des Lexikons (Dubowy et al., 2008). Auch wenn vor allem
in den letzten Jahren mehrere Studien mit größeren Stichproben durchgeführt
wurden, die sowohl im Querschnitt ein- mit zweisprachigen Kindern verglei-
chen, als auch im Längsschnitt den Erwerbsverlauf zweisprachiger Kinder erfas-
sen, besteht weiterhin ein großer Forschungsbedarf in diesem Feld. So fehlen
fundierte Erkenntnisse zum frühen Zweitspracherwerb vor allem für die produk-
tiven morphologischen und syntaktischen Fähigkeiten im Deutschen, die auf
einer breiten empirischen Basis stehen, indem auch relevante Einflussfaktoren
wie Kontaktdauer, Erstsprache, sowie weitere individuelle, familiäre und institu-
tionelle Faktoren systematisch erfasst werden. Da die Kinder mit frühem Zweit-
spracherwerb eine besonders heterogene Gruppe darstellen, sind vor allem die
genannten Einflussfaktoren von hoher Bedeutung.

4.2 Erwerbsverlauf der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten


zweisprachiger Kinder

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass für die spezifischen pragmatischen


Fähigkeiten die gleichen Erwerbsmechanismen greifen wie für die basalen
sprachlichen Fähigkeiten (Becker, 2011a). Der Unterschied zwischen diesen
beiden Bereichen ist darin zu vermuten, dass die spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten weniger sprachspezifisch sind und daher ein einfacherer Transfer
von der Erstsprache auf die Zweitsprache erfolgen kann (Ehlich, Bredel & Reich,
2008), was in Ansätzen der Interdependenzhypothese entspricht (vgl. Kap.
2.3.4). Gleichzeitig ist im Kontext der Mehrsprachigkeit zu beachten, dass die
basalen sprachlichen Fähigkeiten in der Zweitsprache elementar sind, um spezi-
fische pragmatische Fähigkeiten für das Erzählen in der Zweitsprache einzuset-
zen, da diese beiden Bereiche eng miteinander verknüpft sind (Dollnick & Pfaff,
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 119

2013). Dies relativiert also die einfache Übertragbarkeit von der Erst- in die
Zweitsprache.

Im folgenden Abschnitt wird der Erwerbsverlauf der spezifischen pragmatischen


Fähigkeiten im Deutschen von zweisprachigen Kindern im Vor- und Grund-
schulalter anhand des aktuellen Forschungsstands dargestellt. Dieser ist in die
drei Ebenen kommunikative Einbettung, Inhalt und Struktur sowie sprachliche
Mittel gegliedert (vgl. Kap. 3.2.2). Entsprechend den erzähltheoretischen Per-
spektiven kann auch die Mehrheit der empirischen Untersuchungen in diesem
Bereich den drei Strömungen, textstrukturell, kognitiv und interaktiv zugeordnet
werden (vgl. Kap. 3.1.1). Dies spiegelt sich nicht nur im theoretischen Hinter-
grund, sondern auch in der methodischen Realisierung der jeweiligen Studien
wider, was die Vergleichbarkeit der Studien zum Teil einschränkt.

4.2.1 Kommunikative Einbettung


Diese Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten umfasst die kommuni-
kative Einbettung einer Erzählung im Rahmen einer Interaktion (vgl. Kap. 3.2.2).
Dazu gehört, dass ein Erzählanlass erkannt und genutzt werden kann, die Fähig-
keit zur sprachlichen Kooperation, die den Sprecherwechsel und eine adäquate
Verständnissicherung beim Zuhörer beinhalten, sowie ein angemessener Ab-
schluss der Erzählung, um weitere Kommunikation anschließen zu können. Im
Folgenden wird zunächst der Entwicklungsverlauf von einsprachigen Kindern
vorgestellt. Anschließend werden Forschungsergebnisse zum frühen Zweit-
spracherwerb berichtet.

Forschungsstand zum monolingualen Erwerbsverlauf:


Kommunikative Einbettung
Im Entwicklungsverlauf sind bereits im ersten Lebensjahr vorsprachliche Inter-
aktionen zwischen dem Kind und seiner Bezugsperson zu beobachten, die als
Vorläuferformen des Sprecherwechsels interpretiert werden können (Guckels-
berger, 2008). Diese vorsprachlichen Interaktionen gelten als wichtige Basis für
120 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

die Entwicklung der Fähigkeiten zur kommunikativen Einbettung (Karmiloff &


Karmiloff-Smith, 2001).

Im Alter von etwa zwei bis drei Jahren beginnen Kinder in der Regel zu erzählen
(Berman, 2012; Guckelsberger, 2008). Allerdings werden viele wichtige Jobs
des Erzählens im Sinne der interaktiven Perspektive (Hausendorf & Quasthoff,
1996) noch vom kompetenteren und älteren Zuhörer übernommen. So gibt in
diesem Alter häufig der Zuhörer den Erzählanlass, indem er konkret nach einem
Ereignis frägt, und unterstützt auch die Verständnissicherung, indem er relevante
Informationen ergänzt (Guckelsberger, 2008). In diesem Alter kann also noch
nicht von einem autonomen, kompetenten Erzähler hinsichtlich der kommunika-
tiven Einbettung gesprochen werden. Die Untersuchung von Meng (1991), die
Alltagssituationen von Kindergartenkindern hinsichtlich der Erzählfähigkeit
analysiert, findet erst bei dreieinhalbjährigen Kindern Erzählungen, die das An-
bahnen und Abschließen innerhalb einer Interaktion beinhalten. Jedoch realisiert
diese Altersgruppe auch bereits wichtige Elemente, wie das Abstimmen mit dem
erwachsenen Zuhörer in der Einleitungsphase über das Thema oder auch die
Verständnissicherung des Zuhörers in der Abschlussphase.

Für Fünfjährige liegen differenziertere Untersuchungsergebnisse vor. Becker


(2011b) vergleicht in ihrer umfassenden Studie die Produktion verschiedener
Erzählformen. Anhand einer kleinen Teilstichprobe von 17 Kindern, die im
Durchschnitt etwa fünf Jahre alt sind, zeigt sie, dass diese Altersgruppe bei der
Realisierung von Phantasieerzählungen, Nacherzählungen und vor allem Erleb-
niserzählungen noch häufiger Unterstützung von Seiten des Zuhörers benötigt.
Bildergeschichten realisiert diese Altersgruppe bereits völlig ohne die Unterstüt-
zung durch den Zuhörer, was Becker (2011b) auf die spezifischen Anforderun-
gen der Erzählform zurückführt.

Hausendorf und Quasthoff (1996) untersuchen die Erzählfähigkeit u.a. von 18


fünfjährigen Kindern im Rahmen eines inszenierten und damit auch standardi-
sierten Ereignisses, das die Kinder später erzählen. Die Ergebnisse zeigen, dass
die elementaren Aufgaben der kommunikativen Einbettung wie das Abschließen
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 121

der Erzählung und das Überleiten zur weiteren Kommunikation nur wenigen
Kindern bereits eigenständig gelingen. Hier zeigt sich also trotz anderer Untersu-
chungs- und Erzählbedingungen ein ähnliches Ergebnis wie bei Becker (2011b).
Fünfjährige Erzähler benötigen also noch häufig die Unterstützung von erwach-
senen Zuhörern, vor allem in primär produzierten Erzählungen, um die kommu-
nikative Einbettung in eine Interaktion zu bewältigen.

Mit Beginn des Schulalters zwischen sechs und sieben Jahren verändern sich die
Erzählfähigkeiten hinsichtlich der kommunikativen Einbettung merklich. Meng
(1991) entdeckt bei den von ihr untersuchten Sechsjährigen eine kompetente
kommunikative Einbettung der Erzählungen in die laufende Interaktion. Auch
Becker (2011b) findet bei einer weiteren Teilstichprobe von 19 Siebenjährigen
keine Zuhörerunterstützung mehr beim Erzählen von Bildergeschichten, Nacher-
zählungen und den primär produzierten Phantasieerzählungen. Einzig die Erleb-
niserzählung bedient sich weiterhin der Zuhörerunterstützung innerhalb der In-
teraktion. Hausendorf und Quasthoff (1996) untersuchen ebenfalls 19 siebenjäh-
rige Kinder und können feststellen, dass eine Mehrheit im Vergleich zu den
Jüngeren die Notwendigkeit der kommunikativen Einbettung innerhalb der In-
teraktion erkennt und diese auch in Ansätzen durch das Anbahnen und Überlei-
ten sowie die Verständnissicherung realisiert.

Für ältere Grundschulkinder (19 Neunjährige) findet Becker (2011b) nur noch
vereinzelt den Bedarf durch den Zuhörer unterstützt zu werden. Auch Hausen-
dorf und Quasthoff (1996) berichten auf Grundlage der 20 untersuchten Zehnjäh-
rigen und den 17 14-Jährigen, dass ab etwa zehn Jahren Kinder in der Lage sind,
eine Erzählung kompetent abzuschließen und erfolgreich in die weitere Interak-
tion überzuleiten, was ein wichtiger Aspekt der kommunikativen Einbettung ist.
Auch Berman (2012) hält ab dem Alter von zehn Jahren das eigenständige Er-
zählen als abgeschlossene sprachliche Einheit, eingebettet in eine Interaktion, für
erreicht, auch wenn sie den Entwicklungsprozess insgesamt noch nicht als abge-
schlossen betrachtet. So werden bestimmte Ausdrucksfähigkeiten zum Teil erst
122 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

im Jugend- bzw. frühen Erwachsenenalter erworben, was die lange Entwick-


lungsdauer betont (Morek, 2013).

Forschungsstand zum Erwerbsverlauf beim frühen Zweitspracherwerb:


Kommunikative Einbettung
Für den Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit im frühen Zweitsprach-
erwerb hinsichtlich der kommunikativen Einbettung gibt es vergleichsweise nur
wenige Untersuchungen. Eine spanische Forschergruppe vergleicht die Erzählfä-
higkeit von 37 bilingualen Kindern mit 24 monolingualen Kindern im Alter von
fünf Jahren (Manterola, Almgren & Idiazabal, 2013). Die zweisprachige Gruppe
erwirbt Spanisch als Familiensprache (L1), was auch die regionale Mehrheits-
sprache ist, und Baskisch als Instruktionssprache (L2) ab zwei oder drei Jahren
in der Kindertagesstätte. Die einsprachige Vergleichsgruppe erwirbt Baskisch
innerhalb der Familie und in der Kindertagesstätte, was gleichzeitig die regionale
Mehrheitssprache ist. Alle Kinder erzählen eine zuvor vorgetragene Bilderge-
schichte in Baskisch nach. Die Ergebnisse zeigen, dass lediglich 11 % der zwei-
sprachigen Kinder und 15 % der einsprachigen Kinder beim Erzählen auf die
Unterstützung des Zuhörers zurückgreifen. Vergleicht man dies mit den Resulta-
ten aus den berichteten monolingualen Untersuchungen, scheint diese Alters-
gruppe über ungewöhnlich ausgeprägte Fähigkeiten in der kommunikativen
Einbettung zu verfügen. Genauso gibt es keinen vermuteten Nachteil der zwei-
sprachigen Kinder gegenüber den einsprachigen Gleichaltrigen. Kritisch anzu-
merken bleibt, dass die Vergleichbarkeit der Studien schwierig ist, da die kom-
munikative Einbettung unterschiedlich erhoben wurde.

Eine weitere Untersuchung dieser Forschergruppe (Almgren, Beloki & Mantero-


la, 2008) zeigt ein anders Bild. Dort wird eine ähnliche Stichprobe untersucht
(35 Kinder mit L1 Spanisch und L2 Baskisch sowie 24 Kinder mit L1 Baskisch
oder Baskisch-Spanisch und L2 Spanisch). Die gesamte Stichprobe spricht in der
Kindertageseinrichtung Baskisch und somit ist die zweite Gruppe nur zum Teil
innerhalb der Familie und in ihrem Umfeld sowie durch Medien in Kontakt mit
Spanisch. Alle Kinder erzählen im Alter von fünf Jahren eine zuvor vorgetragene
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 123

Bildergeschichte in Spanisch nach. Die Ergebnisse zeigen, dass 23 % der Spa-


nisch L1 Gruppe und 63 % der Spanisch L2 Gruppe nicht in der Lage sind ohne
Zuhörerunterstützung die Geschichte zu erzählen. Dieser deutliche Unterschied
zu den Ergebnissen der zuvor berichteten Studie (Manterola et al., 2013) lässt
sich womöglich auf den unterschiedlichen Erwerbskontext der untersuchten
Sprachen zurückführen. Dies würde auf einen Vorteil der Zweitsprache, die in
einer Bildungsinstitution erworben wird, gegenüber der Erst- bzw. Familienspra-
che in Bezug auf das Erzählen hindeuten. Letztlich bleibt es schwierig, die Er-
gebnisse dieser beiden Studien hinsichtlich des frühen Zweitspracherwerbs zu
interpretieren, da jeweils unklar ist, wie die basalen sprachlichen Fähigkeiten in
der jeweils erfassten Sprache sind. Nahe liegt, dass die spanische Stichprobe
(Almgren et al., 2008) über deutlich geringere basale sprachliche Fähigkeiten
verfügt als die baskische Stichprobe (Manterola et al., 2013) und dies einen we-
sentlichen Einfluss auf die Realisierung der kommunikativen Einbettung beim
mündlichen Erzählen hat. Der aktuelle Forschungsstand lässt aber keinen eindeu-
tigen Schluss zu, wie sich die Fähigkeiten zur kommunikativen Einbettung beim
Erzählen in der Zweitsprache entwickeln. Die berichteten Studien legen die
Vermutung nahe, dass es mit einem bestimmten Niveau an basalen sprachlichen
Fähigkeiten keinen Unterschied in den Fähigkeiten zur kommunikativen Einbet-
tung hinsichtlich Erst- und Zweitsprache gibt. Diese Argumentation spricht auch
für den eher allgemeinsprachlichen Charakter dieser Ebene der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten.

Insgesamt gibt es zur kommunikativen Einbettung nur wenige empirische Er-


gebnisse, was auch mit der eher schwierigen standardisierten Erhebung dieses
Konstrukts zusammenhängen mag. Die vorhandenen Studien bleiben auch häufig
auf einem deskriptiven Niveau, was u.a. auch der zum Teil geringen Stichpro-
bengröße und der eher qualitativen Beschreibung des Erzählverhaltens geschul-
det ist. Hier zeigt sich also ein Forschungsbedarf, um theoretische Überlegungen
empirisch abzusichern. Denn aus theoretischer Perspektive ist die kommunikati-
ve Einbettung ein relevanter Teil der mündlichen Erzählfähigkeit, insbesondere
mit Betonung der interaktiven Perspektive.
124 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

4.2.2 Darstellung von Inhalt und Struktur


Diese Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten umfasst die kohärente
Darstellung von Inhalt und Struktur einer Erzählung (vgl. Kap. 3.2.2). Dazu
zählt, relevante Inhalte in einem passenden Detailgrad in einer entsprechenden
Struktur zu realisieren. So erfährt der Zuhörer, wer was wie mit wem wann und
wo getan hat und auch im Sinne der Erzählwürdigkeit, wieso dies relevant ist.
Die Entwicklung dieser Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ist
häufig die Hauptfragestellung vieler Studien zum Erzählen und ist daher vor
allem für monolinguale Kinder entsprechend umfangreich untersucht. Im Fol-
genden werden zunächst Forschungsergebnisse zum Entwicklungsverlauf von
einsprachigen Kindern und anschließend zum frühen Zweitspracherwerb vorge-
stellt.

Forschungsstand zum monolingualen Erwerbsverlauf: Inhalt und Struktur


Bereits Ende der 1970er Jahre erfassen Botvin und Sutton-Smith (1977) elizitier-
te Phantasieerzählungen von insgesamt 220 New Yorker Kindern zwischen drei
und zwölf Jahren. Orientiert an der textstrukturellen Erzählperspektive (vgl. Kap.
3.1.1) definieren Botvin und Sutton-Smith (1977) vorab unterschiedliche Levels,
wie Kinder im Laufe ihrer Entwicklung die Struktur einer Erzählung realisieren.
Die Studie ergibt unter Kontrolle des Alters einen positiven Zusammenhang
zwischen der Strukturkomplexität und der Länge der Erzählung. Verteilt auf die
verschiedenen Altersgruppen zeigen sich folgende Ergebnisse. Demnach erzählt
die Mehrheit der Drei- und Vierjährigen ohne jegliche Struktur, indem Äußerun-
gen ohne deutlichen inhaltlichen Bezug zueinander aneinandergereiht werden.
Fünf- und sechsjährige Kinder verwenden in der Mehrheit einfache Strukturen,
wo bereits erste inhaltliche Verbindungen zwischen den geäußerten Ereignissen
erkennbar sind. Ab sieben Jahren zeigt sich deutlich, dass die Mehrheit der Kin-
der sogenannte episodische Strukturen verwenden, indem mehrere Episoden
aneinandergereiht und diese auch entsprechend entwickelt werden. Als höchstes
Level beschreiben Botvin und Sutton-Smith (1977) eingebettete episodische
Strukturen, die Nebenhandlungen enthalten. Diese Erzählstruktur lässt sich ver-
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 125

einzelt auch bereits ab dem Alter von sieben Jahren finden. Am häufigsten ver-
wenden dies allerdings die elf- und zwölfjährigen Kinder. Ein weiteres markan-
tes Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass einfache Strukturen in jeder Alters-
gruppe auftauchen. Genauso verwenden einige Fünfjährige bereits episodische
Strukturen, wie auch die Mehrheit der neunjährigen Probanden. Dies zeigt eine
hohe interindividuelle Variabilität hinsichtlich Alter und Komplexität der Er-
zählstruktur. Direkte Aussagen zum Entwicklungsverlauf sind aufgrund der
querschnittlichen Untersuchung zu einem Messzeitpunkt nicht eindeutig mög-
lich. So könnte sowohl ein u-förmiger Entwicklungsverlauf als auch eine starke
Variabilität in der Erwerbsgeschwindigkeit dafür verantwortlich sein. Hervorzu-
heben an dieser Untersuchung ist, dass sie auf einer relativ großen Stichprobe
basiert und auch interferenzstatistische Verfahren zur Berechnung von Korrelati-
onen verwendet. Damit ist eine empirisch fundierte Aussage zu den Erzählfähig-
keiten hinsichtlich der Darstellung von Inhalt und Struktur in den untersuchten
Altersgruppen möglich.

Eine aktuellere Untersuchung analysiert die Erzählstruktur in Anlehnung an


Labov und Waletzkys (1997) Höhepunktstrukturmodell (vgl. Kap. 3.1.1) von
Kindern im Kindergartenalter (Bartl, Vollmann, Strutzmann & Marschik, 2011;
Strutzmann, Bartl, Vollmann & Marschik, 2011). Dafür realisieren 54 österrei-
chische Kindergartenkinder zwischen drei und sechs Jahren je drei Bilderge-
schichten in Deutsch. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit keine komplexen
Strukturen zum Erzählen verwenden. Einige Kinder realisieren zwar bereits mit
drei Jahren und die Mehrheit mit viereinhalb Jahren das auslösende Ereignis
sowie das Problem als Hauptteile der Erzählung. Komplexere Strukturen mit
Orientierung, Evaluation und Auflösung der Komplikation können allerdings
von der Mehrheit der Kindergartenkinder noch nicht gebildet werden. Um aller-
dings wirklich den Entwicklungsverlauf darzustellen, ist auch diese Quer-
schnittsstudie nicht ideal. Ein interessantes Ergebnis dieses Studiendesigns ist
hingegen, dass die jeweilige Geschichte einen Einfluss auf die Realisierung der
Erzählstruktur zu haben scheint. Dies ist vor allem für die Erfassung der Erzähl-
126 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

fähigkeit relevant, wenn auf Grundlage einer Geschichte auf die vorhandenen
Fähigkeiten geschlossen wird.

Ein ähnliches Untersuchungsdesign wählen auch Boueke et al. (1995) für eine
größere und zum Teil ältere Stichprobe. Sie lassen insgesamt 96 Kinder, verteilt
auf drei Altersgruppen, Fünfjährige, Siebenjährige und Neunjährige, auch je-
weils drei Bildergeschichten auf Deutsch erzählen. Erzähltheoretisch orientiert
sich diese Arbeit jedoch eher an der kognitiven Perspektive, weshalb vorab vier
Arten von Erzählstrukturen definiert wurden, anhand derer die erzählten Ge-
schichten analysiert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass von den fünfjährigen
Kindern bereits alle vier Typen der Erzählstruktur, isoliert, linear, episodisch und
narrativ, realisieret werden. Am häufigsten bilden sie jedoch isolierte und lineare
Strukturen, was mit den Ergebnissen von Bartl et al. (2011) konform ist, die auch
eine geringe Komplexität in der Erzählstruktur für diese Altersgruppe feststellen.
Darüber hinaus liefert diese Studie auch Ergebnisse zu älteren Kindern (Boueke
et al., 1995). Die Siebenjährigen erzählen am häufigsten in linearen und episodi-
schen Strukturen. In der ältesten Gruppe mit neun Jahren dominiert die narrative
Struktur, gefolgt von episodischen Strukturen, wobei isolierte Erzählungen nicht
mehr auftreten. Die Untersuchungsergebnisse lassen also einen stufenweisen
Erwerbsverlauf in der Erzählstruktur vermuten.

In einer weiteren Studie vergleichen Wolf, Boueke und Schülein (2007) ihre
Ergebnisse aus erzählten Bildergeschichten (Boueke et al., 1995) mit freiem
Erzählen. Insgesamt werden von 16 Kindern der drei gleichen Altersgruppen
Erlebniserzählungen elizitiert. Die Ergebnisse zeigen, dass auch bei dieser Er-
zählform ein stufenweiser Erwerbsverlauf der Erzählstruktur zu vermuten ist.
Die Fünfjährigen produzieren vor allem isolierte Strukturen und zum Teil auch
lineare. Fast alle Siebenjährigen bilden lineare Strukturen. Die neunjährigen
Kinder erzählen in episodischer und in narrativer Struktur. Im Vergleich zu den
Bildergeschichten realisieren die Kinder der zweiten Studie also häufiger den
weniger komplexeren Strukturtyp. Zwar kann dies auch mit der bedeutend klei-
neren Stichprobe zusammenhängen. Es lässt sich aber auch durch die Schwierig-
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 127

keit der Erzählaufgabe erklären, da Bildergeschichten im Vergleich zu freien


Erlebniserzählungen eine Stütze beim Bilden der Erzählstruktur sein können.
Demnach scheint nicht nur die Geschichte an sich (Bartl et al., 2011), sondern
auch die Form der Erzählung (Wolf et al., 2007) für die realisierte Erzählleistung
relevant zu sein, von der Rückschlüsse auf die Erzählfähigkeit gezogen werden.

Detaillierter setzt sich mit diesem Thema Becker (2011b) auseinander, die von
ihrer Stichprobe vier Erzählformen in Deutsch produzieren lässt, eine Bilderge-
schichte, eine Phantasieerzählung, eine Erlebniserzählung und eine Nacherzäh-
lung eines bekannten Märchens. Insgesamt werden 55 Kinder verteilt auf die drei
bekannten Altersstufen, fünf, sieben und neun Jahre, untersucht. Die Ergebnisse
können grundsätzlich bestätigen, dass es vermutlich einen stufenweisen Er-
werbsverlauf hinsichtlich der Erzählstruktur gibt. Die Ergebnisse von Boueke et
al. (1995) hinsichtlich der Erzählstruktur bei Bildergeschichten kann Becker
(2011b) bestätigen. Der Vergleich mit der freien Erlebniserzählung kann jedoch
die Ergebnisse von Wolf et al. (2007) nicht vollständig bestätigen. So verfügt bei
Becker (2011b) die Mehrheit der Fünfjährigen bereits über eine lineare Erzähl-
struktur und ein Viertel der Fünfjährigen erzählt sogar in episodischer Struktur.
Jedoch ist die Entwicklung zu den Sieben- und Neunjährigen nicht so groß wie
in den anderen Erzählformen, sodass bei den Neunjährigen die Erlebniserzählung
im Vergleich zu den anderen Erzählformen den geringsten Komplexitätsgrad in
ihrer Struktur aufweist. Diese uneindeutigen Ergebnisse können auf methodische
Probleme zurückzuführen sein, da auch hier wieder nur eine Querschnitt durch
die verschiedenen Altersgruppen vorliegt. Auch ist die Stichprobe von Becker
(2011b) eher als klein zu beurteilen. Hinzu kommt, dass die Kinder aus jeweils
einer Bildungseinrichtung stammen, was zu systematischen unentdeckten Ein-
flussfaktoren führen kann, z.B. durch eine besonders hohe Qualität des Kinder-
gartens der Fünfjährigen.

Die Studie von Marjanovic-Umek, Kranjc und Fekonja (2002) erfasst ein mithil-
fe eines Bilderbuchs nacherzähltes Märchen von 45 slowenischen Kindern im
Alter von vier, sechs und acht Jahren. Die Analyse der Erzählstruktur ergibt
128 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

einen signifikanten Unterschied zwischen den jeweiligen Altersgruppen, was auf


eine positive Entwicklung hindeutet und somit die Ergebnisse der bereits berich-
teten Studien bestätigt. Zusätzlich analysieren die Autoren hier auch die inhaltli-
che Organisation der Erzählungen. Dies ergibt, dass die vierjährigen Kinder
überwiegend noch nicht in der Lage sind, einen zusammenhängenden Inhalt
aufzubauen, was hingegen die Sechs- und Achtjährigen sehr gut beherrschen.
Dieses Ergebnis bestätigt, dass um das Einschulungsalter herum eine kritische
Phase für die Entwicklung der Erzählfähigkeit zu sein scheint.

Auch die Untersuchung von Hausendorf und Quasthoff (1996), die der interakti-
ven Erzählperspektive zuzuschreiben ist, findet bei ihrem Querschnitt durch vier
Altersgruppen mit insgesamt 75 Kindern einen ähnlichen Entwicklungsverlauf
hinsichtlich Struktur und Inhalt von Erzählungen. Die jüngste Altersgruppe, die
Fünfjährigen, können noch keine inhaltlich und strukturell kohärente Erzählung
darstellen. Die Siebenjährigen produzieren hingegen schon übersatzmäßige Ein-
heiten und auch inhaltlich wird der Erzählgegenstand kohärent wiedergegeben.
Bei den Zehn- und 14-Jährigen sprechen Hausendorf und Quasthoff (1996) von
vollständigen Erzählungen, sowohl inhaltlich als auch strukturell. Auch sie sehen
aus der interaktiven Perspektive einen deutliche Entwicklung zwischen den
Fünf- und Siebenjährigen hinsichtlich dieser Ebene der spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten des Erzählens. Ähnliche Ergebnisse berichtet auch Samara-
Kateeb (2014) für eine arabische Stichprobe, die eine jüngere Altersgruppe ab-
deckt.

Um tatsächlich den Entwicklungsverlauf zur Realisierung von Inhalt und Struk-


tur zu erfassen, begleitet beispielsweise Meng (1991) eine Gruppe von deutschen
Kindergartenkindern über drei Jahre hinweg, indem 15 Kinder halbjährlich je-
weils 10 Minuten in drei bis vier Alltagssituationen beobachtet werden. Die
darin enthaltenen spontanen Erzählungen sind Gegenstand der Analyse. Diese
ergibt, dass die Kinder als Dreijährige einen Überblick über das zu erzählende
Ereignis geben können, aber kaum Details darstellen. Im Alter von sechs Jahren
realisieren die Kinder zum Teil Angaben zum Setting und den Akteuren der
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 129

Erzählung. Genauso ist der Detailgrad der Erzählungen bereits deutlich höher,
was auch zu komplexeren Strukturen der Erzählungen führt. Das Ergebnis dieser
zwar kleinen dafür aber im Längsschnitt untersuchten Stichprobe deutet auf eine
Bestätigung der zuvor bereits berichteten Ergebnisse zum Erwerbsverlauf dieser
Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten des Erzählens hin. Die Studie
von Meng (1991) beschreibt zwar den Entwicklungsverlauf in erster Linie nur
deskriptiv. Allerdings ist die Güte der Ergebnisse durch die sehr authentische
Datenerfassung in Alltagssituationen und das Längsschnittdesign als hoch einzu-
schätzen.

Die Ergebnisse der Längsschnittstudie des Projekts TransKiGs (Fried et al.,


2012) liefern auf den ersten Blick ähnliche Ergebnisse zum Entwicklungsverlauf
der Erzählfähigkeit während des Übergangs vom Kindergarten in die Schule. Die
umfassende Studie untersucht insgesamt 437 Kinder zu drei Zeitpunkten, an
denen die Kinder im Schnitt fünf, sechs und sieben Jahre alt sind. Allerdings sind
darunter nicht nur monolinguale deutschsprechende Kinder, denn 16 % der
Stichprobe erwirbt Deutsch als Zweitsprache. Somit bildet die Stichprobe zwar
die Realität in vielen deutschen Bildungseinrichtungen ab, liefert aber keine
präzisen Ergebnisse zum Erwerbsverlauf von einsprachigen Kindern oder Kin-
dern mit frühen Zweitspracherwerb. Eine weiterführende Analyse zeigt jedoch,
dass die Erstsprache knapp 5 % der Varianz zum Erwerb der spezifischen prag-
matischen Fähigkeiten aufklärt. Insgesamt belegt die Untersuchung eine kontinu-
ierliche Entwicklung für die untersuchte Altersstufe zwischen fünf und sieben
Jahren. Ähnlich wie in anderen bereits berichteten Studien (Becker, 2011b; Wolf
et al., 2007) werden auch hier verschiedene Erzählformen untersucht. So gilt die
Phantasieerzählung als schwierigste Form, was durch die Primärproduktion ohne
Modelle, wie Bilder oder eine vollständige Erzählung, erklärt werden kann
(Fried et al., 2012). Zu erwähnen bleibt, dass die spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten zum Erzählen einer Bildergeschichte die größte Entwicklung auf-
weisen. Betrachtet man die Fähigkeiten zur kohärenten Darstellung von Inhalt
und Struktur im Detail, zeigt die Studie, dass sich die Kinder in den folgenden
Bereichen kontinuierlich über die drei Messzeitpunkte hinweg entwickeln: Ein-
130 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

führung der Akteure, vollständige Äußerungen, Darstellung des Planbruchs so-


wie Auflösung und inhaltlicher Abschluss. Keine kontinuierliche Entwicklung
hingegen weisen die Bereiche Darstellung des Settings und der Konsequenz auf.
Hier wird auch deutlich, dass sich die Erfassung der berichteten Fähigkeiten in
dieser Studie an der textstrukturellen Perspektive orientiert (vgl. Kap. 3.1.1). Die
Kinder sind mit sieben Jahren in der Lage eine passende Struktur mit den wich-
tigsten Elementen einer Erzählung zu realisieren. Darüber hinaus werden die
Ergebnisse auch auf individueller Ebene analysiert. Dies zeigt, dass ein Viertel
der Kinder eine diskontinuierliche Entwicklung aufweist. Stude, Isele und Fried
(2013) vermuten dahinter eine u-förmige Entwicklung der spezifischen pragma-
tischen Fähigkeiten, was für eine besonders lernsensitive Phase zwischen fünf
und sieben Jahren spricht. Ähnlich dem Erwerb basaler sprachlicher Fähigkeiten
kann es auch bei den spezifischen pragmatischen Fähigkeiten zur Übergenerali-
sierung bzw. einer unreflektierten Verwendung bestimmter Strukturen und Inhal-
te kommen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt vollständig erworben und kom-
petent eingesetzt werden können (vgl. Kap. 2.3.3 und Kap. 4.1.3). Dieses Ergeb-
nis zeigt noch einmal die Bedeutung von Längsschnittuntersuchungen und klärt
die offenen Fragen der zahlreichen querschnittlichen Studien dahingehend auf,
dass im Alter zwischen fünf und sieben Jahren auch diskontinuierliche Entwick-
lungen der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten möglich sind. Dies kann eine
plausible Erklärung für die zum Teil starke Streuung der Fähigkeiten auf den
unterschiedlichen Altersstufen sein, die beispielsweise Botvin und Sutton-Smith
(1977), Boueke et al. (1995) sowie Becker (2011b) finden.

Zusammenfassend lässt sich für den monolingualen Erwerb der spezifischen


pragmatischen Fähigkeiten hinsichtlich der kohärenten Darstellung von Inhalt
und Struktur festhalten, dass Kinder ihre ersten Erzählversuche mit drei und vier
Jahren noch ohne Struktur vollziehen und den Inhalt nur überblicksartig ohne
Details und Zusammenhänge darstellen. Mit etwa fünf Jahren gelingt es der
Mehrheit, einfache lineare Strukturen zu verwenden sowie wichtige inhaltliche
Elemente darzustellen und miteinander zu verbinden. Beim Übergang in die
Schule zwischen sechs und sieben Jahren bilden sich auch für das Erzählen
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 131

komplexere Strukturen aus, die eine kohärente Darstellung mit relevanten inhalt-
lichen Details ermöglichen. Ab etwa neun Jahren spätestens mit 14 Jahren be-
herrschen Kinder in der Regel das kohärente Darstellen von Inhalt und Struktur
einer Erzählung. Festzuhalten bleibt, dass die gezeigten Fähigkeiten je nach
Geschichte und Erzählform variieren können. Auch ist nicht per se von einem
kontinuierlichen Erwerbsverlauf auszugehen, sondern es werden auch für diesen
Bereich der Erzählfähigkeit u-förmige Entwicklungen vermutet. Dies ist auch
konform mit der Kritik von Andresen (2013) an den verbreiteten Stufenmodellen
im Sinn von Boueke et al. (1995).

Forschungsstand zum Erwerbsverlauf beim frühen Zweitspracherwerb:


Inhalt und Struktur
Hinsichtlich des Erwerbsverlaufs beim frühen Zweitspracherwerb stellt sich nun
die Frage, inwiefern die bereits dargestellten Erkenntnisse des monolingualen
Erwerbs übertragen werden können. Um dieser Fragestellung nachzugehen,
lassen sich grob zwei Studiendesigns unterscheiden. Zum einen werden bilingua-
le mit monolingualen Sprecher hinsichtlich ihrer Fähigkeiten im Querschnitt
verglichen. Die anderen erfassen die Fähigkeiten zweisprachiger Kinder im
Längsschnitt, was sich mit Erkenntnissen zum Erwerbsverlauf von monolingua-
len Kindern vergleichen lässt. Insgesamt haben fast alle Untersuchungen in die-
sem spezifischeren Feld gemeinsam, dass die Stichprobengröße eher gering ist
und daher häufig einzelne Fälle eher ausführlich beschrieben werden.

Eine wichtige Studie in diesem Bereich (Thierhoff, 1986) vergleicht fünf mono-
linguale deutschsprachige Kinder im Alter zwischen zwölf und 13 Jahren mit
zehn zweisprachigen Kindern, die in zwei Gruppen unterteilt sind. Fünf 13- und
14-jährige Kinder sind in Deutschland aufgewachsen, sprechen Türkisch als
Erstsprache und kamen mit Deutsch in der Grundschule in Kontakt. Die anderen
fünf Kinder sind 14 und 15 Jahre alt, sind allerdings erst mit elf Jahren nach
Deutschland gekommen und sprechen auch Türkisch als Erstsprache. Im Rah-
men der Studie erzählen alle 15 Kinder einen Stummfilm in Deutsch nach. Die
Ergebnisse zeigen, dass die monolingualen Kinder mehr Inhalt produzieren.
132 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Unterschiede zwischen den beiden zweisprachigen Gruppen sind nicht erkenn-


bar, obwohl sich die Kontaktdauer mit Deutsch merklich unterscheidet. Thier-
hoff (1986) vermutet als Erklärung für die Ergebnisse Schwierigkeiten mit den
basalen sprachlichen Fähigkeiten, weshalb Inhalte sprachlich nicht adäquat reali-
siert werden können. Dabei werden zwei Strategien verwendet. Die Reduktions-
strategie führt dazu, dass Inhalte vermieden werden und dadurch auch die gesam-
te Erzählung vereinfacht wird. Die Kompensationsstrategie zeichnet sich
dadurch aus, dass Inhalte umschrieben, generalisiert oder mit der Negation des
Gegenteils realisiert werden, was im Rahmen der Erzählung auch unpassend sein
kann. Demnach können zweisprachige Kinder, je nach basalen sprachlichen
Fähigkeiten die Inhalte einer Erzählung nicht in dem Maße darstellen, wie
gleichaltrige einsprachige Kinder.

Diese Vermutung stützt auch die Studie von Dollnick und Pfaff (2013). Sie un-
tersuchen unter anderem die mündlichen Erzählungen von fünf neun- und zehn-
jährige Kindern, in Türkisch als ihre Erstsprache, Deutsch als ihre Zweitsprache
sowie Englisch als erste Fremdsprache. Die erfassten Erlebniserzählungen wer-
den durch einen Stummfilm stimuliert. Die Fallanalysen zeigen, dass die Struk-
tur in allen Sprachen auf einem ähnlichen Niveau realisiert wird, das dem Alter
entspricht. Die englischen Erzählungen sind aber weniger komplex strukturiert,
was die Autorinnen auf geringere basale sprachliche Fähigkeiten hinsichtlich
Wortschatz sowie Morphologie und Syntax zurückführen.

Mehr Aufschluss zu der Frage, wie sich die spezifischen pragmatischen Fähig-
keiten in dem Bereich Darstellung von Inhalt und Struktur einer Erzählung bei
monolingualen von bilingualen Kindern unterscheiden, gibt die Studie von Hipf-
ner-Boucher et al. (2015). Die größere Stichprobe von insgesamt 75 Kindern im
Alter von viereinhalb Jahren unterteilt sich in drei gleichgroße Gruppen: eine
monolinguale Gruppe, die Englisch als Erstsprache spricht, eine zweisprachige
Gruppe, die Englisch als Zweitsprache erwirbt, aber zu Hause viel Kontakt mit
Englisch hat, und eine weitere zweisprachige Gruppe, die Englisch als Zweit-
sprache erwirbt und zu Hause kaum Kontakt mit Englisch hat. Alle Kinder besu-
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 133

chen etwa seit ihrem zweiten Lebensjahr den Kindergarten. Die analysierten
englischen Erzählungen sind Nacherzählungen unter Zuhilfenahme eines Bilder-
buchs. Die Ergebnisse zeigen keinen bedeutsamen Unterschied zwischen den
monolingualen und bilingualen Kindern mit viel Englischkontakt hinsichtlich der
Darstellung von Inhalt und Struktur der Erzählung. Die Kinder, die wenig Eng-
lischkontakt haben, realisieren jedoch bedeutsam weniger Inhalt in ihren Erzäh-
lungen. Hinsichtlich der Struktur der Erzählungen ergibt die Varianzanalyse
keine signifikanten Unterschiede (Hipfner-Boucher et al., 2015). Die Analyse der
Erzählstruktur orientiert sich an der kognitiven erzähltheoretischen Perspektive
(vgl. Kap. 3.1.1). Die Erwerbssituation der zweiten Gruppe, die auch zu Hause
viel Kontakt mit Englisch hat, kann mit simultanem Zweitspracherwerb um-
schrieben werden. Die Ergebnisse zeigen, dass es hierfür keinen Unterschied in
der Darstellung von Inhalt und Struktur gibt. Jedoch muss angemerkt werden,
dass die Fähigkeiten zur Strukturdarstellung in diesem Alter auch bei monolin-
gualen Kindern noch nicht stark ausgeprägt sind, wie bereits dargestellt wurde.
Um mögliche Unterschiede im Erwerbsverlauf zu finden, müssten daher auch
ältere Kinder untersucht werden. Für den frühen sukzessiven Zweitspracherwerb,
der an den zweisprachigen Kindern mit wenig Englischkontakt untersucht wird,
unterscheiden sich die Fähigkeiten in dieser Altersgruppe hinsichtlich der Dar-
stellung der Inhalte (Hipfner-Boucher et al., 2015). Dies könnte, wie auch bereits
bei den zuvor berichteten Studien, mit den geringeren basalen sprachlichen Fä-
higkeiten zusammenhängen.

Eine in Teilen bereits berichtete Studie von Almgren et al. (2008) (vgl. Kap.
4.2.1) vergleicht 59 fünfjährige Kinder, die Spanisch mehr oder weniger in ihrem
Umfeld erwerben und im Kindergarten Baskisch sprechen. Die Ergebnisse zei-
gen, dass 63 % der Kinder, die häufig in Kontakt mit Spanisch sind, Inhalt und
Struktur der Bildergeschichte vollständig nacherzählen können, hingegen nur 22
% der Kinder, die nur wenig Kontakt mit Spanisch haben. Von dieser Gruppe
realisieren 56 % der Kinder eine in allen Teilen unvollständige Erzählung. Für
die Analyse orientiert sich die Studie an der textstrukturellen Erzählperspektive
(vgl. Kap. 3.1.1). Auch die Einführung der Akteure gelingt nur 11 % dieser
134 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Gruppe vollständig im Vergleich zu 70 % der Kinder, die häufig mit Spanisch in


Kontakt sind. Die Autorinnen machen den Rückstand der einen Gruppen wiede-
rum an den geringen basalen sprachlichen Fähigkeiten fest, was allerdings nicht
systematisch erfasst ist. Die besondere Konstellation der Stichprobe hinsichtlich
ihrer Sprachkontakte mit Spanisch und Baskisch lässt den Schluss zu, dass diese
Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten von einer Sprache auf die
andere übertragen werden kann. Denn es ist davon auszugehen, dass die Kinder
mit wenig Spanischkontakt kaum mit Erzählungen in Spanisch konfrontiert sind.
Trotzdem zeigen aber die Ergebnisse, dass sie mit Einschränkungen in der Lage
sind zu erzählen. Die Ergebnisse sprechen also auch dafür, dass diese Fähigkei-
ten eher allgemeinsprachlich sind und nur ein gewisses Maß an basalen sprachli-
chen Fähigkeiten in der spezifischen Sprache erforderlich ist, um Inhalt und
Struktur einer Erzählung kohärent darzustellen, was den Überlegungen der Inter-
dependenz- und Schwellenniveauhypothese zum Zweitspracherwerb entspricht
(vgl. Kap. 2.3.4).

Betrachtet man nun Längsschnittstudien, die den Erwerbsverlauf monolingualer


mit bilingualen Kindern vergleichen, ergibt sich Folgendes. Viberg (2001) fasst
in seinem Beitrag die Ergebnisse aus vier Longitudinalstudien zusammen, in
denen jeweils einsprachige mit zweisprachigen Kindern in Schweden verglichen
werden. Die Altersgruppen sind 25 Fünfjährige, die über ein Jahr begleitet wer-
den, 40 Sechsjährige, die über vier Jahre begleitet werden, 40 Viertklässler, die
über zwei Jahre begleitet werden, und 40 Siebtklässler, die ebenfalls über zwei
Jahre begleitet werden. Bis zur vierten Klasse werden alle Geschichten in
Schwedisch erzählt, was die Erst- oder Zweitsprache darstellt. In den älteren
Gruppen erfolgen ggf. auch Erzählungen in der Erstsprache Finnisch. Die Elizi-
tation erfolgt durch einen Stummfilm oder ein Bilderbuch. Die erzählten Struktu-
ren werden anhand Labov und Waletzkys (1997) Höhepunktstrukturmodell ana-
lysiert. Viberg (2001) interpretiert die Ergebnisse dahingehend, dass die Erzähl-
struktur einem allgemeinen kognitiven Modell zugrunde liegt (vgl. Kap. 3.1.1)
und relativ unabhängig von sprachspezifischen Eigenschaften ist. Gleichzeitig
müssen bestimmte basale sprachliche Fähigkeiten erworben sein, um die Erzähl-
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 135

struktur entsprechend sprachlich realisieren zu können, was der Autor an einzel-


nen Fällen belegen kann, die dieses Niveau noch nicht erreicht haben.

Ahrenholz (2006) vergleicht 23 zweisprachige neunjährige Kinder mit vier ein-


sprachigen gleichaltrigen Kindern im Abstand von einem Jahr. Die Erstsprachen
der zweisprachigen Kinder sind mit Arabisch, Bosnisch, Französisch, Kurdisch,
Polnisch, Russisch und Türkisch typisch für Kinder mit Migrationshintergrund in
Deutschland. Die Kontaktdauer liefert ebenfalls ein typisches Bild, indem außer
vier Kindern alle in Deutschland eingeschult wurden und zum Teil bereits zuvor
den Kindergarten besuchten. Die Kinder erzählen einen Stummfilm in Deutsch
nach. Die Analyse ergibt einen Vorteil zugunsten der einsprachigen Kinder hin-
sichtlich Inhalt und Struktur der Erzählung. So realisieren die einsprachigen
Kinder zu beiden Zeitpunkten mehr Inhalt und umfangreichere Strukturen. Die
Ergebnisse zeigen außerdem, dass die zweisprachigen Kinder vor allem die
Hauptelemente der Erzählstruktur realisieren. Verfügen sie gleichzeitig über
geringe basale sprachliche Fähigkeiten, erfolgt dies auch sehr oberflächlich mit
wenigen Details. Zum zweiten Erhebungszeitpunkt erzählen die Kinder deutlich
mehr und geben damit auch mehr Inhalte wieder, die auch häufiger in Neben-
strukturen realisiert werden. Es zeigt sich also eine Entwicklung in diesem Be-
reich innerhalb eines Jahres für die zweisprachigen Kinder. Auch Stellen die
Ergebnisse wieder den Zusammenhang zwischen den sprachspezifischen basalen
sprachlichen Fähigkeiten und den eher allgemeinsprachlichen spezifischen narra-
tiven Fähigkeiten heraus.

Die Studie von Manterola et al. (2013), die in Teilen bereits berichtet wurde (vgl.
Kap. 4.2.1), belegt im Vergleich zu den eben berichteten Resultaten einen ra-
scheren Entwicklungsverlauf von zweisprachigen Kindern. Die Ergebnisse zei-
gen, dass zweisprachige Kinder mit fünf Jahren die Erzählstruktur in ihrer
Zweitsprache noch nicht in dem Maße realisieren können wie gleichaltrige ein-
sprachige Kinder. Mit acht Jahren haben die zweisprachigen Kinder jedoch auch
das Niveau der Einsprachigen erreicht. Bei der Darstellung des Settings ergibt
sich für die einsprachige Gruppe sogar eine negative Entwicklung, was die Auto-
136 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

rinnen zwar nicht erklären, aber ein Hinweis auf eine u-förmige Entwicklung in
diesem Bereich sein kann. Diese Interpretation wird auch durch die gewählte
Elizitationsmethode gestützt, da die Kinder Erzählungen von Erwachsenen nach-
erzählen. Damit wird ein genaues sprachliches Modell vorgegeben, was die Kin-
der mit fünf Jahren noch unreflektiert übernehmen und erst später selbst konstru-
ieren können, was oberflächlich wie eine negative Entwicklung erscheint. Frag-
lich bleibt, ob dieser u-förmige Erwerbsverlauf auch bei zweisprachigen Kindern
relevant ist.

Zusammenfassend kann für den Erwerbsverlauf der kohärenten Darstellung von


Inhalt und Struktur einer Erzählung für den frühen Zweitspracherwerb festgehal-
ten werden, dass dieser Bereich der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ein
bestimmtes Niveau an basalen sprachlichen Fähigkeiten benötigt, um Inhalt und
Struktur der Erzählung zu realisieren. Dies zeigt sich daran, dass Kinder mit
simultanem Zweitspracherwerb, also ähnlich ausgeprägten basalen sprachlichen
Fähigkeiten in beiden Sprachen, keine Nachteile gegenüber monolingualen Kin-
dern in diesem Bereich aufweisen. Dies ist auch ein Indiz dafür, dass es sich
hierbei um ein eher allgemeinsprachliches Wissen handelt. Denn anders als bei-
spielsweise beim Erwerb sprachspezifischen lexikalischen Wissens können wohl
die erworbenen spezifischen pragmatischen Fähigkeiten in beiden Sprachen
angewendet werden, sofern die basalen sprachlichen Fähigkeiten in der Sprache
zur Verfügung stehen. Die Erwerbsgeschwindigkeit im frühen Zweitspracher-
werb scheint also maßgeblich von den basalen sprachlichen Fähigkeiten und der
allgemeinen Entwicklung in diesem Bereich abzuhängen.

4.2.3 Verwendung sprachlicher Mittel


Diese Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten umfasst die Verwen-
dung sprachlicher Mittel (vgl. Kap. 3.2.2). Zur Unterstützung der Kohäsion einer
Erzählung, also die Herstellung von Zusammenhängen und einer kontinuierli-
chen Referenz, dienen vor allem die passende Verwendung von Konnektoren
und Pronomen. Auch zur Hervorhebung besonderer Elemente innerhalb der
Erzählung werden sprachliche Mittel eingesetzt. Um den Erwerbsverlauf dieser
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 137

Ebene darzustellen, werden im Folgenden zunächst Forschungsergebnisse von


einsprachigen Kindern und anschließend zum frühen Zweitspracherwerb vorge-
stellt.

Forschungsstand zum monolingualen Erwerbsverlauf: Sprachliche Mittel


Um den Erwerbsverlauf einsprachiger Kinder empirisch zu erfassen, untersucht
die Studie von Bamberg (1987) 25 deutschsprachige Kinder aus drei Altersgrup-
pen im Querschnitt: knapp Vierjährige, Fünfeinhalbjährige und Neuneinhalbjäh-
rige. Die Kinder erzählen eine Bildergeschichte, die ihnen aus der Bildungsein-
richtung und von zu Hause bekannt ist. Zudem wird erfasst, wie die Eltern der
Kinder die gleiche Geschichte erzählen, was die Qualität des sprachlichen und
erzählerischen Inputs und gleichzeitig eine individuelle Norm für das Erzählen
des jeweiligen Kindes abbildet. Die Ergebnisse zeigen, dass alle Eltern die Refe-
renzherstellung entsprechend der Zielsprache realisieren, indem sie für alle Ak-
teure zum Wechseln der Referenz Nomen und für das Beibehalten der Referenz
Pronomen verwenden. Bei den Kindern ergibt sich folgendes Bild. Die jüngste
Gruppe verwendet vor allem Pronomen, um sich auf die Akteure zu beziehen,
was zu Missverständen beim Wechseln zwischen den Akteuren führt. Diese
Strategie verwendet auch die Mehrheit der Fünfeinhalbjährigen. Die deutlich
ältere Gruppe der Neuneinhalbjährigen nutzt hauptsächlich die zielsprachliche
Verwendungsweise wie die Eltern. Die Daten weisen darauf hin, dass zwischen
fünfeinhalb und neuneinhalb Jahren ein wichtiger Entwicklungsschritt zur Refe-
renzbildung mithilfe von Pronomen und Nomen stattfindet.

Die bereits zuvor erwähnte Studie von Marjanovic-Umek et al. (2002) (vgl. Kap.
4.2.2) befasst sich ebenfalls mit der Verwendung sprachlicher Mittel zur Herstel-
lung von Referenz, allerdings für Slowenisch. Dabei zeigt sich eine deutliche
Entwicklung über alle drei untersuchten Altersstufen hinweg, die Vierjährigen,
Sechsjährigen und Achtjährigen. Insbesondere zwischen der Gruppe der Vierjäh-
rigen und der Sechsjährigen scheint ein großer Sprung im Erwerbsverlauf zu
erfolgen. Also auch im Slowenischen ist dieses Alter eine wichtige Entwick-
lungsphase, ähnlich wie es Bamberg (1987) für das Deutsche zeigt.
138 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Die in Teilen bereits berichtete Studie von Becker (2011b) (vgl. Kap. 4.2.1 und
Kap. 4.2.2) erfasst ebenfalls Aspekte der Referenzherstellung und -erhaltung bei
einsprachigen Kindern verschiedener Altersgruppen und orientiert sich dabei an
Bamberg (1997). Die Querschnittsdaten lassen vermuten, dass es eine deutliche
Entwicklung zwischen fünf und sieben Jahren bei der angemessenen Verwen-
dung von Pronomen gibt, sodass mit sieben Jahren zwischen 85 % und 97 % der
Pronomen angemessen verwendet werden. Mit neun Jahren treten kaum mehr
unangemessene Verwendungsweisen auf. Die Besonderheit in dieser Untersu-
chung liegt darin, dass verschiedene Erzählformen verglichen werden. Dies
zeigt, dass der angemessene Gebrauch von Pronomen, der ein entscheidendes
sprachliches Mittel zur Herstellung von Kohäsion darstellt, zunächst bei produk-
tiven Erzählungen für die Selbstreferenz beginnt. In Erlebniserzählungen ver-
wenden die fünfjährigen Kinder bereits 91 % der Pronomen angemessen, die in
erster Linie selbstreferenziell eingesetzt werden. Später funktioniert dies auch für
die Fremdreferenz, was die Daten der Siebenjährigen Kinder in Phantasie- und
Nacherzählungen zeigen (93 % und 89 % der Pronomen angemessen gebraucht).
In Bildergeschichten bereitet vor allem den Fünfjährigen, aber auch noch den
älteren Kindern, die Kohäsionserzeugung mithilfe von Pronomen die größten
Schwierigkeiten. Diese besondere Art der reproduktiven Erzählung scheint die
Herstellung von Kohäsion mithilfe von Pronomen gegenüber den anderen Er-
zählformen deutlich zu erschweren. Dies kann dadurch erklärt werden, dass das
zu Erzählende zur gleichen Zeit mit Bildern präsentiert wird. Dies erfordert eine
besondere kognitive Leistung, damit das erzählende Kind angemessene sprachli-
che Mittel verwendet und die Perspektive des Zuhörers, der die Bilder nicht
kennt, entsprechend berücksichtigt. Vergleicht man dieses Ergebnis mit Bam-
berg (1987) und Marjanovic-Umek et al. (2002), lässt sich zwischen fünfeinhalb
und sieben Jahren eine wichtige Phase für den monolingualen Erwerb sprachli-
cher Mittel zur Referenzherstellung festlegen.

Darüber hinaus analysiert Becker (2011b) auch die Verwendung sprachlicher


Mittel, um besondere Elemente innerhalb der Erzählung zu markieren. Hierzu
werden Temporaladverbien, die wörtliche Rede sowie affektive Markierungen,
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 139

wie expressive Verben, Adjektive und innere Wahrnehmungen, quantitativ er-


fasst. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass sich die Verwendung dieser
sprachlichen Mittel über die Altersgruppen hinweg, vor allem zwischen den
Fünf- und Siebenjährigen, und für alle Erzählformen, vor allem für die Bilder-
und Phantasiegeschichte, steigert. Im Detail zeigt sich für die Verwendung von
Temporaladverbien, dass in Bilder- und Phantasieerzählungen eine deutliche
Entwicklung zwischen fünf und sieben Jahren erkennbar ist. In den beiden ande-
ren Erzählformen ist allerdings kein Unterschied zwischen den Altersgruppen zu
finden, was auf keine Entwicklung hinweist. Für die Verwendung der wörtlichen
Rede zeigt sich zwischen den Altersgruppen keine Entwicklung. Jedoch ist die
Verwendungshäufigkeit stark von der Erzählform abhängig. So wird über alle
Altersgruppen hinweg in Bildergeschichten und Erlebniserzählungen kaum wört-
liche Rede verwendet, in Phantasiegeschichten etwas häufiger und in Nacherzäh-
lungen deutlich mehr. Affektive Markierungen hingegen zeigen in allen Erzähl-
formen über die Altersgruppen hinweg eine positive Entwicklung. Besonders
zwischen sieben und neun Jahren gibt es einen deutlichen Anstieg. Hinsichtlich
der Erzählformen bleibt anzumerken, dass in Nacherzählungen vergleichsweise
die wenigsten affektiven Markierungen genutzt werden. Die Studie von Becker
(2011b) zeigt also, dass bei der Betrachtung des Erwerbsverlaufs sprachlicher
Mittel die Erzählform zu berücksichtigen ist und eine Unterscheidung zwischen
den verschiedenen sprachlichen Mitteln sinnvoll zu sein scheint.

Im Rahmen einer großen Studie, die das Erzählen in mehreren Erstsprachen


untersucht, wird auch die Verwendung von Konnektoren als sprachliche Mittel
analysiert (Berman & Slobin, 1994b). Für die Elizitation der Erzählung wird
jeweils die gleiche Bildergeschichte verwendet. Die untersuchten Stichproben
setzen sich in der Regel zu gleichen Teilen aus dreijährigen, vierjährigen, fünf-
jährigen und neunjährigen Kindern sowie einer Gruppe Erwachsener zusammen.
Die Ergebnisdarstellung erfolgt zwar eher deskriptiv und mithilfe von Fallbei-
spielen. Trotzdem lassen sich auf einer aggregierten Ebene vor allem Erkenntnis-
se zu den sprachspezifischen Unterschieden gewinnen.
140 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

So berichtet Bamberg (1994) die Ergebnisse für die deutsche Sprache, die auf
einer Stichprobe von 48 Personen basieren. In diesem Fall wurden keine vierjäh-
rigen Kinder untersucht. Hinsichtlich der temporalen Konnektoren, insbesondere
der Subjunktionen wie ‚als‘ oder ‚nachdem‘ ergibt sich, dass diese im Deutschen
eher spät erworben werden. Weitere Formen der temporalen Markierungen ent-
wickeln sich mit dem Alter. Im Vergleich zu anderen Sprachen werden deikti-
sche Adverbien im Deutschen häufiger genutzt, reihende und temporale Adver-
bien dafür deutlich weniger.

Für das Englische, das dem Deutschen linguistisch ähnlich ist, analysieren Ber-
man und Slobin (1994a) Erzählungen von 60 Personen. Hinsichtlich der
Konnektoren ergibt sich, dass die Drei- und Vierjährigen diese nicht nutzen. Die
fünf- und neunjährigen Kinder hingegen nutzen aneinanderreihende
Konnektoren wie ‚und dann‘ bereits sehr häufig. Einzig die erwachsenen Erzäh-
ler dieser Stichprobe verwenden auch andere Konnektoren, die einen größeren
inhaltlichen Zusammenhang herstellen, wie ‚schließlich‘.

Während Deutsch und Englisch die germanischen Sprachen in der indogermani-


schen Sprachfamilie repräsentieren, ist Spanisch in dieser Studie Stellvertreter
für die romanischen Sprachen. Sebastián und Slobin (1994) referieren die Ergeb-
nisse einer spanischen Stichprobe mit ebenfalls 60 Personen. Hinsichtlich der
Verwendung von Konnektoren als sprachliche Mittel zeigt sich, dass die Vor-
schulkinder vor allem reihende Konnektoren, wie ‚und‘ und ‚dann‘ nutzen. Auch
temporale Subjunktionen, wie ‚als‘, verwenden bereits Dreijährige. Der Ge-
brauch kausaler Subjunktionen kann erst bei den Neunjährigen beobachtet wer-
den. Da es aber eine ziemliche Lücke für das Alter innerhalb der Stichprobe gibt,
ist zu vermuten, dass diese bereits früher erworben werden.

Im Kontext von Migration in Deutschland hat vor allem das Türkische eine hohe
Bedeutung. Hierfür untersucht Aksu-Koç (1994) türkische Erzählungen von 40
Personen. In diesem Fall wurden keine vierjährigen Kinder untersucht. Die Er-
gebnisse zeigen, dass sich der Erwerb sprachlicher Mittel in Form von
Konnektoren über das Alter hinweg positiv entwickelt. Die Dreijährigen nutzen
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 141

überwiegend keine Konnektoren oder zum Teil nur einfache Partikel wie ‚aber‘
und ‚auch‘. Die fünfjährigen Kinder hingegen verwenden bereits temporale Ad-
verbien wie ‚dann‘ sowie ‚und dann‘ und auch unterordnende Konnektoren des
Türkischen. Die Neunjährigen nutzen immer komplexere Konnektoren, gleich-
zeitig nehmen die aneinanderreihenden Konnektoren ab.

Schließlich untersuchen Berman und Neeman (1994) die hebräischen Erzählun-


gen von 60 Personen aus den bekannten fünf Altersgruppen. Hebräisch zählt zu
den afroasiatischen Sprachen und repräsentiert damit eine Sprachfamilie, die im
Kontext von Migration in Deutschland eine hohe Relevanz hat. Die Ergebnisse
zeigen, dass die Dreijährigen ihre Äußerungen häufig ohne Konnektor aneinan-
derreihen. Manchmal werden auch deiktische Adverbien wie ‚hier‘ genutzt, um
einen Satz zu beginnen. Erste inhaltliche Informationen werden mit dem
Konnektor ‚auch‘ geliefert. Die fünf- und neunjährigen Kinder verknüpfen fast
alle Sätze miteinander, indem sie die temporalen Konnektoren ‚und dann‘ oder
‚danach‘ nutzen. Die Verwendung von Subjunktionen entwickelt sich für die
untersuchten Altersgruppen ab fünf Jahren ziemlich linear.

Longitudinalstudien, die den Erwerbsverlauf auch intraindividuell erfassen, sind


für diese Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten eher selten.

Peterson und Dodsworth (1991) analysieren die Verwendung sprachlicher Mittel


an einer sehr jungen kanadischen Stichprobe von zehn Kindern, die zu Beginn
zwei Jahre alt sind und über 18 Monate hinweg im Längsschnitt beobachtet wer-
den. Die Erfassung der Daten gestaltet sich daher auch anders, indem die Kinder
jeden Monat über anderthalb Jahre hinweg eine Stunde beobachtet werden und
dabei versucht wird insbesondere eigene Erlebnisse durch Fragen zu elizitieren.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich der Einsatz von Pronomen zur Referenzherstel-
lung und die Verwendung von Konnektoren bereits in diesem Alter bedeutsam
entwickeln. Die sehr junge Stichprobe lässt allerdings darauf schließen, dass die
analysierten Äußerungen der Kinder, vor allem in den ersten Monaten, nur weni-
ge Elemente einer Erzählung aufweisen und eher kurze Äußerungen sind. Trotz-
142 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

dem verwenden die Kinder schon erste wichtige sprachliche Mittel, die ein Be-
standteil der mündlichen Erzählfähigkeit sind.

Die Längsschnittstudie von Fried et al. (2012) mit 437 deutschsprechenden Kin-
dern, die zu Beginn der zweijährigen Studie fünf Jahre alt waren, wurde in Tei-
len bereits berichtet (vgl. Kap. 4.2.2). Bei dieser Studie wird auch die Verwen-
dung sprachlicher Mittel, explizit der Einsatz von wörtlicher Rede, erfasst. Die
Ergebnisse bei Phantasieerzählungen zeigen eine positive Entwicklung über die
zwei Jahre hinweg. Bei Nacherzählungen zeigt sich dies nur im ersten Jahr. Zwi-
schen sechs und sieben Jahren gibt es keinen Anstieg mehr. Insgesamt wird bei
der Nacherzählung aber deutlich häufiger die wörtliche Rede verwendet, was
sich auch bereits bei den Ergebnissen von Becker (2011b) zeigt.

Zusammenfassend zeigen die präsentierten Ergebnisse, dass der einsprachige


Erwerbsverlauf für die Verwendung sprachlicher Mittel sprachspezifische Unter-
schiede aufweist. Jedoch lassen sich allgemeingültige Tendenzen erkennen. So
entwickelt sich die Verwendung von Pronomen, die vor allem für die Referenz-
herstellung in Erzählungen bedeutsam sind, besonders zwischen fünf und sieben
Jahren, sodass mit sieben spätestens mit neun Jahren Pronomen überwiegend
passend für die Referenzherstellung verwendet werden. Für die Hervorhebung
besonderer Elemente innerhalb der Erzählung hat sich gezeigt, dass sich die
Verwendung temporaler Adverbien ebenso vor allem zwischen fünf und sieben
Jahren steigert. Die Nutzung affektiver Markierungen entwickelt sich etwas
später zwischen sieben und neun Jahren. Der Einsatz wörtlicher Rede ist hinge-
gen weniger vom Alter, sondern mehr von der Erzählform abhängig. So gibt es
beispielsweise für Nacherzählungen ab sechs Jahren keine Entwicklung mehr in
diesem Bereich. Für die Verwendung von Konnektoren fasst Berman (2012) den
Forschungsstand zum monolingualen Erwerbsverlauf dahingehend zusammen,
dass junge Kindergartenkinder zwar bereits Konnektoren verwenden, diese aller-
dings nur mit dem Zweck eine neue Äußerung anzuschließen. Daher werden in
dieser Altersgruppe vor allem Konnektoren wie ‚und dann‘ verwendet. Zuerst
nutzen Kinder also Konnektoren vor allem zur Aneinanderreihung. Erst später
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 143

werden diese auch unterordnend eingesetzt. Es zeigt sich auch, dass in der Regel
temporale vor kausalen Konnektoren erworben werden. Insgesamt treten einige
relevante sprachliche Mittel bereits früh im Kindergartenalter auf. Jedoch werden
erst im Laufe der Zeit alle zielsprachlichen Verwendungsweisen erworben (Ber-
man, 2012), was in Bezug auf den spezifischen pragmatischen Bereich häufig
erkennbar ist. Dies ist auch eine Erklärung für die häufig beobachtbare u-förmige
Entwicklung.

Forschungsstand zum Erwerbsverlauf beim frühen Zweitspracherwerb:


Sprachliche Mittel
Für den Erwerbsverlauf beim frühen Zweitspracherwerb lassen sich nur wenige
Studien finden. Auch die Wenigen, die im Folgenden berichtet werden, sind
aufgrund verschiedener Merkmale nicht in allen Details geeignet, um eindeutige
Aussagen zu diesem Bereich zu treffen. Limitationen liegen vor allem in der
Stichprobengröße, dem Zeitpunkt des Zweitspracherwerbbeginns sowie unge-
nauer Ergebnisberichte. Trotzdem liefern sie aufgrund der erfassten Fähigkeiten
und der untersuchten Sprachen wichtige Hinweise zum Erwerbsverlauf beim
frühen Zweitspracherwerb.

Zur Verwendung temporaler Konnektoren beim Erzählen zweisprachiger Kinder


liefert die Fallanalyse von Lanza (2001) Ergebnisse für die Altersgruppen von
Viereinhalbjährigen, Siebenjährigen und Achteinhalbjährigen. Insgesamt werden
die Erzählungen von drei Kindern untersucht, die mit Norwegisch und Englisch
in Norwegen bilingual aufwachsen. Da jeder Elternteil überwiegend eine der
Sprachen mit dem Kind spricht, handelt es sich hierbei streng genommen um ein
Beispiel für den simultanen Zweitspracherwerb. Die Erzählungen werden mit
einer Bildergeschichte und zum Teil später aus dem Gedächtnis produziert. Für
das Norwegische lässt sich anhand der drei Fälle ein negativer Verlauf der Ver-
wendungshäufigkeit beobachten. So verwendet das jüngste Kind für 67 % der
Sätze temporale Konnektoren und das siebenjährige Kind bei 65 % aller Sätze
aus zwei Erzählungen. Beim achteinhalbjährigen Kind ist eine deutliche Abnah-
me zu erkennen, sodass nur noch 33 % der Sätze temporal verknüpft werden. Im
144 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Englischen zeigt sich ein umgekehrter u-förmiger Verlauf der Verwendungshäu-


figkeit, von 50 % über 69 % zu nur noch 5 % der Sätze die temporal verknüpft
werden. Zunächst ist der Unterschied zwischen den beiden Sprachen bei dem
achteinhalbjährigen Kind bemerkenswert, was für den sprachspezifischen Cha-
rakter dieses Bereichs der Erzählfähigkeit spricht. Die abnehmende Verwen-
dungshäufigkeit könnte sich dadurch erklären lassen, dass mit dem Alter weitere
Konnektoren erworben und genutzt werden, wie kausale Adverbien. Diese Ver-
mutung stimmt auch mit den Ergebnissen bei Berman und Slobin (1994b) über-
ein. So werden bereits mit viereinhalb aber auch noch mit sieben Jahren vor
allem temporale Konnektoren verwendet, was anderthalb Jahre später wieder
weniger wird.

Der in Teilen bereits berichtete Überblick von Viberg (2001) (vgl. Kap. 4.2.2) zu
vier Longitudinalstudien, der den Erst- und Zweitspracherwerb im Schwedischen
vergleicht, liefert auch Ergebnisse zum Erwerbsverlauf von Konnektoren als
sprachliche Mittel zur Herstellung von Kohäsion. Allerdings gibt es keine Anga-
ben dazu, wie lange die zweisprachigen Kinder bereits Schwedisch erwerben.
Für das temporale Adverb ‚dann‘ gibt es im Schwedischen insgesamt drei äqui-
valente Wörter, die ähnlich häufig verwendet werden. Dies zeigen auch die Er-
gebnisse für den Erwerbsverlauf der einsprachigen Kinder. Für die zweisprachi-
gen Kinder nähert sich die Nutzung temporaler Konnektoren erst im erhobenen
Zeitraum von Schulbeginn bis Ende der vierten Klasse dem der erstsprachlichen
Nutzung an. Erst Ende der zweiten Klasse verwenden auch alle zweisprachigen
Kinder alle drei temporalen Adverbien. Auch die ausgeglichene Häufigkeitsver-
teilung haben Ende der vierten Klasse bereits einige zweisprachige Kinder er-
worben. Die Ergebnisse zeigen, dass die zweisprachigen Kinder mehrere Jahre
benötigen, um temporale Konnektoren zielsprachlich zu verwenden. An diesem
Beispiel wird auch deutlich, dass ein einmaliges Auftreten eines sprachlichen
Mittels noch keine zielsprachliche Verwendung bedeutet. Darüber hinaus zeigen
die Ergebnisse, dass der Erwerb dieser spezifischen pragmatischen Fähigkeiten
in der Zweitsprache entsprechende Zeit benötigt.
Spezifische pragmatische Fähigkeiten 145

Die ebenfalls schon in Teilen berichtete Studie von Ahrenholz (2006) (vgl. Kap.
4.2.2) berichtet auch Ergebnisse zur Referenzherstellung in Erzählungen. Die
zweisprachigen neunjährigen Kinder beherrschen bereits zum ersten Erhebungs-
zeitpunkt überwiegend die eindeutige Referenzherstellung mithilfe von Prono-
men. Detailliertere Informationen zur Verwendung sprachlicher Mittel, die sich
auf die gesamte Stichprobe beziehen, liefert die Studie allerdings nicht.

Zusammenfassend kann für den Erwerbsverlauf der Verwendung sprachlicher


Mittel zur Herstellung von Kohäsion für den frühen Zweitspracherwerb festge-
halten werden, dass es wenige empirische Studien dazu gibt, die aufgrund der
Stichprobengröße, der Angaben zu Kontextfaktoren wie Kontaktdauer und der
untersuchten Sprachkombinationen gesicherte Aussagen zulassen. Mit den ge-
nannten Limitationen lässt sich insgesamt festhalten, dass die Verwendung
sprachlicher Mittel mehr von der jeweiligen Sprache abhängt als die beiden an-
deren Ebenen der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten. Für die Verwendung
von Konnektoren zeigt der berichtete Forschungsstand, dass es eine sprachspezi-
fische Erwerbsgeschwindigkeit zu geben scheint. Die Erwerbsreihenfolge lässt
sich sprachübergreifend dahingehend festalten, dass zuerst einfache Reihungen,
dann temporale und später auch kausale Markierungen möglich sind. Die Ver-
wendung in der Zweitsprache auf einem zielsprachlichen Niveau bedarf aller-
dings an Zeit. Der Referenzherstellung innerhalb einer Erzählung mithilfe von
Pronomen scheint auch im frühen Zweitspracherwerb mit spätestens neun Jahren
abgeschlossen zu sein, wonach sich keine große Differenz zum Erstspracherwerb
abzeichnet. Voraussetzung ist hierfür aber auch ein gewisses Niveau an basalen
sprachlichen Fähigkeiten, um die Referenzherstellung sprachlich auch in der
Zweitsprache realisieren zu können. So müssen morphologische Fähigkeiten zur
Genus-, Kasus- und Numerusmarkierung bereits zielsprachlich erworben sein
(vgl. Kap. 4.1.3), was insbesondere im Deutschen für viele eine Herausforderung
darstellt. Zum Einsatz affektiver Markierungen sind keine Ergebnisse für den
Zweitspracherwerb bekannt. Basierend auf Erkenntnissen beim Erstspracherwerb
lässt sich vermuten, dass diese Verwendung sprachlicher Mittel auch erst zum
Ende der Grundschulzeit erworben wird.
146 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

4.3 Zwischenfazit zum Erwerbsverlauf der sprachlichen Komponente


zweisprachiger Kinder

In den vorangegangenen Abschnitten dieses Kapitels wurde auf Grundlage empi-


rischer Studien der Erwerbsverlauf der basalen sprachlichen Fähigkeiten (vgl.
Kap. 4.1) und der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten (vgl. Kap. 1.1) darge-
stellt, die gemeinsam die sprachliche Komponente der Erzählfähigkeit bilden. In
diesem Abschnitt soll ein Zwischenfazit gezogen werden, das den Erwerbsver-
lauf der verschiedenen sprachlichen Ebenen zueinander in Beziehung setzt und
ein umfassendes Bild der sprachlichen Komponente beim Erzählen im Kontext
von Zwei- und Mehrsprachigkeit zeichnet. Zuvor werden die Erkenntnisse zum
Erwerbsverlauf der beiden Bausteine aus den vorangegangenen Abschnitten kurz
zusammengefasst.

Zusammenfassung des Erwerbsverlaufs basaler sprachlicher Fähigkeiten


zweisprachiger Kinder
Für den Erwerbsverlauf aller drei Ebenen der basalen sprachlichen Fähigkeiten
in der Zweitsprache lässt sich ein stufenweiser Verlauf beschreiben. Zusätzlich
ist zum Teil eine u-förmige Entwicklung beobachtbar, was u.a. mit einer Über-
generalisierung bereits erworbener Regeln und Strukturen zu erklären ist (vgl.
Kap. 4.1.3).

Als grobe Richtlinie für die Erwerbsgeschwindigkeit lässt sich festhalten, dass
die basalen sprachlichen Fähigkeiten für die einfache Kommunikation in der
Zweitsprache innerhalb von durchschnittlich zwei Jahren erworben werden kön-
nen. Der Erwerb sogenannter schriftsprachlicher Fähigkeiten, die vor allem für
den Bildungserfolg entscheidend sind, dauert hingegen mit fünf bis sieben Jahren
deutlich länger (Cummins, 1977; Cummins, 1984). Vergleicht man die Fähigkei-
ten von ein- und zweisprachigen Kindern, so können zweisprachige Kinder nach
etwa zwei bis drei Jahren über die sprachlichen Fähigkeiten in der Zweitsprache
verfügen, die vier- oder fünfjährige, einsprachige Kinder aufweisen (Apeltauer,
2007b). Dass sich diese Entwicklung häufig aber nicht in der Empirie zeigt,
Zwischenfazit zur sprachlichen Komponente 147

sondern zweisprachige Kinder stärker und über einen längeren Zeitraum im


Vergleich zu einsprachigen Gleichaltrigen zurückliegen, belegt eine Reihe reprä-
sentativer Studien zum Zweitspracherwerb, die Kempert et al. (2016) in einem
aktuellen Überblick zusammenstellen. Dabei sind vor allem die drei Aspekte
Sprachvermögen, Antrieb und Zugang zur Sprache relevant (Klein, 1992). Beim
Sprachvermögen sind für den Erwerb basaler sprachlicher Fähigkeiten in der
Zweitsprache insbesondere die Fähigkeiten in der Erstsprache sowie die Kon-
taktdauer mit Deutsch relevant. Der Antrieb kann als affektiv-motivationale
Ebene der personalen Komponente zugeschrieben werden. Dessen Rolle im
Zweitspracherwerb wird im nächsten Abschnitt detailliert betrachtet (vgl. Kap.
1.1). Der Zugang zur Sprache und dessen Einfluss auf den Zweitspracherwerb
wird im Folgenden vor allem durch den familiären und institutionellen Kontext
beschrieben (vgl. Kap. 1.1).

Zudem ist zu berücksichtigen, dass in der vorangegangenen Darstellung des


Erwerbsverlaufs basaler sprachlicher Fähigkeiten der Fokus auf der Sprachpro-
duktion liegt, obwohl der Spracherwerb natürlich auch das Sprachverständnis
umfasst. Die Konzentration auf produktive Fähigkeiten ist jedoch dem Ziel der
Arbeit geschuldet. Insgesamt steckt die quantitative Forschung vor allem hin-
sichtlich Deutsch im frühen Zweitspracherwerb noch in seinen Anfängen und ist
daher noch ausbaufähig, um Theorien und bisherige Erkenntnisse vor allem aus
dem englischsprachigen Raum auch für das Deutsche abzusichern (Becker-
Mrotzek et al., 2016; Bredel et al., 2008; Rost-Roth, 2014).

Zusammenfassung des Erwerbsverlaufs spezifischer pragmatischer Fähigkeiten


zweisprachiger Kinder
Für den Erwerbsverlauf aller drei Ebenen der spezifischen pragmatischen Fähig-
keiten lässt sich festhalten, dass dieser für den einsprachigen Erzähler bereits
häufig Gegenstand von Untersuchungen war (Ahrenholz, 2014b). Jedoch fehlt es
den angewandten Forschungsstrategien zum Teil an der benötigten Systematik,
um verlässliche Erkenntnisse zu gewinnen. Ein systematisches Vorgehen ist vor
allem auch für die Untersuchung des Erwerbsverlaufs zweisprachiger Erzähler
148 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

von Relevanz, da hier noch einmal bedeutend mehr Einflussfaktoren zum Tragen
kommen, die die häufig durchgeführten Fallanalysen allerdings nicht systema-
tisch berücksichtigen können. Aufgrund dieser Limitationen sind die berichteten
Ergebnisse in diesem Feld entsprechend vorsichtig zu interpretieren. Allerdings
gibt es vor allem in den letzten Jahren auch Studien, die das Thema Erzählen
wieder aufgreifen und auch mit adäquaten Forschungsstrategien vorgehen, wie
das Verbundprojekt TransKiGs (Fried et al., 2012). Auch kleinere Untersuchun-
gen liefern mit dem entsprechenden Detailgrad wertvolle Erkenntnisse, wie die
Arbeit von Becker (2011b).

Für den Erwerbsverlauf der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten bei zwei-


sprachigen Kindern zeigen die im vorangegangenen Abschnitt (vgl. Kap. 1.1)
dargestellten Studien, dass jeweils ein gewisses Niveau an basalen sprachlichen
Mitteln erforderlich ist, um die kommunikative Einbettung, die kohärente Dar-
stellung von Inhalt und Struktur sowie die Verwendung sprachlicher Mittel zur
Kohäsionserzeugung in der Zweitsprache Deutsch zu realisieren. Es kann eine
starke Korrelationen zwischen basalen sprachlichen Fähigkeiten, insbesondere
im Bereich Wortschatz und Grammatik, und spezifischen pragmatischen Fähig-
keiten nachgewiesen werden (Briedigkeit, Stude & Fried, 2010; Fried et al.,
2012; Gantefort, 2013; Meindl & Jungmann, 2014; Quasthoff et al., 2011).

Für den Erwerbsverlauf der kommunikativen Einbettung zeigt sich, dass diese ab
Beginn des Schulalters sehr gut selbstständig umgesetzt werden kann. Fehlen
dem zweisprachigen Kind jedoch entsprechende basale sprachliche Mittel, wird
vor allem die Hilfe des Zuhörers beansprucht. Ein ähnliches Bild ergibt sich für
die Darstellung von Inhalt und Struktur, die ebenfalls ab dem Grundschulalter
bereits in komplexer Weise gelingt. Allerdings zieht sich der Erwerbsverlauf
dieser Ebene über einen viel längeren Zeitraum und gilt erst im Laufe des Ju-
gendalters als vollständig erworben (Morek, 2013). Der Einfluss des Zweit-
spracherwerbs auf die Erwerbsgeschwindigkeit ist hier ebenso geringer einzu-
schätzen, vorausgesetzt die benötigten basalen sprachlichen Fähigkeiten sind
vorhanden. Der Erwerbsverlauf zur Verwendung sprachlicher Mittel ist hingegen
Zwischenfazit zur sprachlichen Komponente 149

mehr von der jeweiligen Sprache geprägt als die beiden anderen Ebenen der
spezifischen pragmatischen Fähigkeiten. Jedoch lassen sich auch hier sprach-
übergreifende Gemeinsamkeiten, z.B. für den Erwerbsverlauf von Konnektoren,
beobachten. Die Verwendung sprachlicher Mittel wird selbst im Erstspracher-
werb erst im Laufe der Grundschulzeit erworben. Diese Ebene der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten wird also später als die beiden anderen Ebenen er-
worben. Insgesamt gilt jedoch das Alter zwischen sechs und sieben Jahren als
bedeutsam für den Erwerbsverlauf spezifischer pragmatischer Fähigkeiten (Ohl-
hus, 2013).

Darüber hinaus lässt sich festhalten, dass die jeweils beobachtbare Erzählleistung
auch oft von der gewählten Erzählform und den Elizitationsbedingungen ab-
hängt, was auch die Bedeutung der situativen Bedingungen nochmal hervorhebt
(vgl. Kap. 3.2.4). Es lässt sich jedoch nicht global eine einfachere und eine an-
spruchsvollere Erzählform bestimmen. Dies hängt wiederum von der betrachte-
ten sprachlichen Ebene ab. So geben reproduktive Erzählformen bereits ein Mo-
dell der Erzählung vor, was Vorteile für die Darstellung von Inhalt und Struktur
haben kann. Für die Verwendung sprachlicher Mittel, insbesondere der Refe-
renzherstellung, zeigen sich erste Realisierungen hingegen bei Erlebniserzählun-
gen. Bildergeschichten wiederum sind hier eine besondere Herausforderung. Zu
diesem Aspekt trägt vor allem die Studie von Becker (2011b) einen enormen
Erkenntnisgewinn bei, indem mehrere Erzählformen im Sinne eines within-
subject Designs vergleichend analysiert werden.

Auch für die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten lassen sich u-förmige oder
auch andere diskontinuierliche Entwicklungen beobachten. Ähnlich wie bei den
basalen sprachlichen Fähigkeiten soll dies allerdings nicht zum Anlass genom-
men werden, die zugrundeliegenden Erwerbstheorien grundsätzlich zu hinterfra-
gen. Vielmehr werden auch hier Prozesse der Übergeneralisierung bzw. der
zunächst unreflektierten Verwendungsweise vermutet. Stude (2013) stellt hierzu
eine Überblick empirischer Studien zusammen, die solch diskontinuierliche
Entwicklungsverläufe beschreiben, und kennzeichnet dies damit auch für den
150 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Erzählerwerb als relevantes Phänomen. Dies hat sowohl für die Erfassung als
auch für die Förderung der Erzählfähigkeit wichtige Konsequenzen. So ist dies
ein weiteres Argument für eine längsschnittliche Erfassung sprachlicher Fähig-
keiten über einen längeren Zeitraum, um solche diskontinuierliche Entwick-
lungsverläufe möglichst vollständig erfassen zu können. Jedoch bleibt immer die
Gefahr, dass der untersuchte Ausschnitt den Erwerbsverlauf nicht umfassend
darstellt. Für die Förderung ist es gleichermaßen wichtig den Erwerbsverlauf
entsprechend zu interpretieren und scheinbare Rückschritte adäquat einordnen zu
können.

Sprachliche Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder


In Anbetracht der dargestellten Erkenntnisse zum Erwerbsverlauf bei mehrspra-
chigen Kindern, lässt sich das bereits dargestellte Modell zur mündlichen Erzähl-
fähigkeit (vgl. Kap. 3.2.5) hinsichtlich der sprachlichen Komponente präziseren
(vgl. Abbildung 4).
Zwischenfazit zur sprachlichen Komponente 151

Sprachliche Komponente
L2 - L1- L1- L2-
spezifisch spezifisch spezifisch spezifisch
Spezifische
Basale sprachliche pragmatische
Fähigkeiten Fähigkeiten

Phonetik & Phonologie Kommunikation

Semantik & Lexikon Inhalt & Struktur

Morphologie & Syntax Sprachliche Mittel


allgemein-
sprachlich

Abbildung 4: Sprachliche Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit bei


zweisprachigen Kindern

Insgesamt ist davon auszugehen, dass zweisprachige Kinder sowohl über sprach-
spezifisches als auch über allgemeinsprachliches Wissen auf allen Ebenen der
sprachlichen Komponente verfügen (vgl. Kap. 3.2). Ein zweisprachiger Sprecher
verfügt also über sprachspezifisches Wissen in seiner Erstsprache und in seiner
Zweitsprache sowie über allgemeinsprachliches Wissen, das in allen Sprachen
verfügbar ist. Für die basalen sprachlichen Fähigkeiten, also auf den Ebenen von
Phonetik und Phonologie, Semantik und Lexikon sowie Morphologie und Syn-
tax, scheint die Bedeutung des allgemeinsprachlichen Wissens für die Zweit-
sprache eine untergeordnete Rolle zu spielen. Die unterschiedlichen theoreti-
schen Ansätze zum Zweitspracherwerb (vgl. Kap. 2.3) beziehen diesen Aspekt
zwar mehr oder weniger mit ein, jedoch scheint der Fokus jeweils auf dem
sprachspezifischen Wissen zu liegen.
152 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Für die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten scheint aber das allgemein-


sprachliche Wissen eine höhere Relevanz zu haben. Dies liegt vor allem in der
Natur der Pragmatik begründet, die sich auf die Verwendung von Sprache be-
zieht (Weinert & Grimm, 2008) und damit weniger sprachspezifische Anteile
aufweist. Daraus leitet sich auch die Annahme ab, dass die in einer Sprache er-
worbenen Verwendungsweisen auch auf eine andere Sprache übertragen werden
können, da diese eher dem allgemeinsprachlichen Wissen zuzurechnen sind und
nicht mit einer bestimmten Sprache verbunden sind. Im Detail bedeutet dies für
die Ebenen der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten in der Zweitsprache,
dass diese aus theoretischer Perspektive ohne große zeitlichen Verzögerungen
gegenüber der Erstsprache erworben werden können. Voraussetzung dafür ist
allerdings, dass der Sprecher bereits über ein gewisses Maß an basalen sprachli-
chen Fähigkeiten in dieser Sprache verfügt. Diese Überlegungen stimmen mit
Annahmen der Interdependenz- und Schwellenniveauhypothese überein (vgl.
Kap. 2.3.4) und können auch mit empirischen Ergebnissen zum Erwerbsverlauf
bestätigt werden (vgl. Kap. 1.1). Demnach können zweisprachig aufwachsende
Kinder von gut entwickelten spezifischen pragmatischen Fähigkeiten in ihrer
Erstsprache profitieren und diese teilweise in die Zweitsprache übertragen. Für
die Verwendung sprachlicher Mittel zur Herstellung von Kohäsion scheint dieser
Zusammenhang nicht im gleichen Umfang zu gelten. Denn diese sprachliche
Ebene erfordert sprachspezifisches Wissen im besonderen Maße, wie das Ken-
nen und Verwenden von Konnektoren. Diese Sonderrolle innerhalb der spezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten bestätigen auch die empirischen Ergebnisse in
sprachvergleichenden Studien (vgl. Kap. 4.2.3). Hier zeigt sich wiederum die
enge Verbindung von basalen sprachlichen und spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten.

Unter dem Aspekt der Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit gewinnt auch der Zusam-
menhang zwischen basalen sprachlichen und spezifischen pragmatischen Fähig-
keiten an Bedeutung.
Personale Komponente 153

Um zu beschreiben, wie die einzelnen Elemente innerhalb der sprachlichen


Komponente bei zweisprachigen Kindern zusammenhängen, können die bereits
berichteten Forschungsergebnisse zum Erwerbsverlauf herangezogen werden. So
gibt es einen positiven Zusammenhang zwischen den basalen sprachlichen und
spezifischen pragmatischen Fähigkeiten (Briedigkeit et al., 2010). Darüber hin-
aus lässt sich aus den theoretischen Überlegungen zum Zweitspracherwerb (vgl.
Kap 2.3) und der mündlichen Erzählfähigkeit (vgl. Kap. 3) sowie den berichteten
Studien zum Erwerbsverlauf (vgl. Kap. 4.1 und Kap. 1.1) schließen, dass die
spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ein bestimmtes Niveau an basalen
sprachlichen Fähigkeiten benötigen.

Die beobachtbaren interindividuellen Unterschiede, insbesondere beim zwei-


sprachigen Erwerbsverlauf zeigen aber auch, dass nicht nur die sprachliche
Komponente die mündliche Erzählfähigkeit auszeichnet. Daneben sind auch
personale und situative Faktoren relevante Größen. Daher werden diese in den
beiden folgenden Abschnitten hinsichtlich der mündlichen Erzählfähigkeit bei
zweisprachigen Kindern explizit betrachtet.

4.4 Personale Komponente im Erwerbsverlauf der mündlichen


Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder

Neben der sprachlichen Komponente sind für das mündliche Erzählen auch wei-
tere personale Aspekte wichtig, die im Rahmen dieser Arbeit als personale
Komponente der Erzählfähigkeit zusammengefasst sind (vgl. Kap. 3.2.3). Im
Folgenden wird dargestellt, welche Rolle die personale Komponente im Er-
werbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit bei zweisprachigen Kindern spielt.
Dabei liegt der Fokus auf zweisprachigen Kindern im Vor- und Grundschulalter.
Die Darstellung erfolgt entsprechend der als relevant für das Erzählen identifi-
zierten Ebenen der personalen Komponente:
154 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

 (Sozial-)kognitive Ebene
 Affektiv-motivationale Ebene
 Kreativität
 Wahrnehmung und Motorik

(Sozial-)kognitive Ebene im Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit


zweisprachiger Kinder
Für das Erzählen sind auf der (sozial-)kognitiven Ebene vor allem eine Theory of
Mind sowie die Verfügbarkeit von Wissen wichtig (vgl. Kap. 3.2.3).

Mit etwa vier Jahren haben Kinder in der Regel wichtige Aspekte der Theory of
Mind bereits erworben. Sie sind in der Lage sich in die Gefühlszustände Anderer
hineinzuversetzen, verstehen einfache Zusammenhänge zwischen Wünschen,
Emotionen sowie Handlungen und können Perspektiven Anderer übernehmen,
indem sie verstehen, dass sie selbst etwas anderes sehen und wissen können als
Andere (Denker, 2012). Die Relevanz dieser Fähigkeiten für das Erzählen belegt
die Studie von Fernandez (2013) (vgl. Kap. 3.2.3). Für zwei- und mehrsprachige
Kinder zeigt die Mehrheit der Studien in einem Review, dass sie diese Entwick-
lungsschritte früher vollziehen als einsprachige Kinder (Barac, Bialystok, Castro
& Sanchez, 2014). Dieser Vorteil wird u.a. damit begründet, dass mehrsprachige
Kinder ihre Sprache entsprechend den Fähigkeiten des Interaktionspartners wäh-
len müssen und daher früh gezwungen sind, die eigene Perspektive zu wechseln
(List, 2007; Riehl, 2014). So gilt Zwei- und Mehrsprachigkeit eher als positiver
Einflussfaktor für die Entwicklung der Theory of Mind. Damit ist diesem Aspekt
der (sozial-)kognitiven Ebene kein negativer Einfluss auf den Erwerbsverlauf der
Erzählfähigkeit bei zweisprachigen Kindern im Vergleich zu monolingualen
Kindern zu unterstellen.

Leistungen des Kurzzeitgedächtnisses von Kindergartenkindern zeichnen sich


dadurch aus, dass diese vor allem implizit oder unwillkürlich erfolgen. Drei- und
Vierjährige zeigen auch keine guten Leistungen im Reproduzieren sprachlicher
Informationen (Schneider & Büttner, 2008). Dies weist auf kognitive Einschrän-
Personale Komponente 155

kungen für elizitierte Nacherzählungen hin. Das autobiographische Gedächtnis


hingegen entwickelt sich etwa ab dem dritten Lebensjahr, was für die Produktion
von Erlebniserzählungen bedeutsam ist. Ab dem Vorschulalter sind dann große
Entwicklungsschritte der Gedächtnisleistungen zu beobachten (Schneider &
Büttner, 2008). Dies ist für die Darstellung von Inhalt und Struktur von Erzäh-
lungen wesentlich und fällt auch im Erwerbsverlauf in das gleiche Zeitfenster
(vgl. Kap. 4.2.2). Auch zeigt sich, dass für die Reproduktion von Geschichten
die Verfügbarkeit von Skripts eine wesentliche Hilfe darstellt. So können Ge-
schichten, die ein bekanntes kognitives Skript wie einen Kindergeburtstag zum
Inhalt haben, von Kindern einfacher reproduziert werden, als Geschichten die
nicht einem bekannten Skript folgen (Weinert & Schneider, 2011). Das soge-
nannte Weltwissen, das auch kognitive Skripte beinhaltet, beeinflusst also die
Erzählleistung. Dieses und anderes domänenspezifisches Wissen entwickelt sich
vor allem durch den entsprechenden Input, der innerhalb Interaktionen vor allem
mit Bezugspersonen erfolgt (Sodian, 2008). Hier zeigt sich also auch der Zu-
sammenhang zwischen der (sozial-)kognitiven Entwicklung und situativen Be-
dingungen.

Für zweisprachige Kinder ergeben sich insgesamt Vorteile hinsichtlich ihrer


kognitiven Entwicklung gegenüber Einsprachigen. Dies zeigt ein ausführlicher
Review der Gruppe um Ellen Bialystok (Barac et al., 2014). So kann die weit
verbreitete Befürchtung, Zwei- und Mehrsprachigkeit beeinträchtige die kogniti-
ve Entwicklung, inzwischen mit zahlreichen Studien widerlegt werden. Beson-
ders in Fähigkeiten der kognitiven Kontrolle konnten Studien zeigen, dass zwei-
und mehrsprachige Kinder einsprachigen Gleichaltrigen überlegen sind. Jedoch
geben Kempert et al. (2016) zu bedenken, dass diese Effekte bisher vor allem
unter Laborbedingungen auftreten und ein Nachweis im Feld noch aussteht. Für
Gedächtnisleistungen, wie das Erinnern und Ausdenken von Ereignissen, gibt es
bisher keine eindeutigen Befunde, die einen Vorteil zweisprachiger Kinder bele-
gen. Wichtig bleibt aber festzuhalten, dass keine Befunde bekannt sind, die die
Benachteiligung von Mehrsprachigen in diesem Bereich zeigen. So kann Engel
de Abreu (2011) keinen Unterschied zwischen ein- und mehrsprachigen Kindern
156 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

hinsichtlich Gedächtnisleistungen und Intelligenz feststellen. Auch die Studie


von Dubowy et al. (2008) zeigt keinen Nachteil der mehrsprachigen Kindergar-
tenkinder für nonverbale kognitive Fähigkeiten. Untersuchungen des Projekts
NUBBEK ergeben sogar einen Vorteil der mehrsprachigen Kindergartenkinder
gegenüber einsprachigen Gleichaltrigen in einem sprachunabhängigen Intelli-
genztest (Tietze et al., 2013). Die Befundlage ist also nicht eindeutig, spricht
aber nicht für einen Nachteil der zwei- und mehrsprachigen Kinder hinsichtlich
kognitiver Fähigkeiten.

Affektiv-motivationale Ebene im Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit


zweisprachiger Kinder
Der Erwerb wesentlicher Elemente der affektiv-motivationalen Ebene (vgl. Kap
3.2.3) beginnt im frühen Kindesalter. So bilden Kinder bereits in ihren ersten
Lebensjahren Interessen aus. Auch Teile der emotionalen Entwicklung erfolgen
mit der Ausbildung der emotionalen Eindrucksfähigkeit früh. Das Erwerben der
intrapersonalen emotionalen Handlungsregulation sowie des emotionalen Aus-
drucks ist jedoch Aufgabe im Vor- und Grundschulalter (Holodynski & Oerter,
2008) und fällt damit auch mit der Entwicklung zentraler spezifischer pragmati-
scher Fähigkeiten des Erzählens zusammen. Ob hier eine gegenseitige Beeinflus-
sung erfolgt, kann nur vermutet werden, da keine Studien dazu bekannt sind.

Empirische Untersuchungen zum Zusammenhang der affektiv-motivationalen


Ebene und dem Erwerb der basalen sprachlichen Fähigkeiten in der Zweit- bzw.
Fremdsprache liegen vor allem von der kanadischen Forschergruppe um Robert
Gardner vor (Gardner, 1985, 2004, 2006; MacIntyre, MacMaster & Baker,
2001). Auch wenn die Untersuchungen häufig jugendliche und erwachsene Ler-
ner miteinbeziehen, liefert eine Metaanalyse die wichtige Erkenntnis, dass moti-
vationale Aspekte den Zweitspracherwerb auch für Kinder im Vor- und Grund-
schulalter maßgeblich beeinflussen. Dazu zählen auch Einstellungen gegenüber
der Zweitsprache und ihren Sprechern sowie Einstellungen gegenüber der Lern-
situation (Masgoret & Gardner, 2003). Insbesondere für jüngere Kinder im Vor-
und Grundschulalter lässt sich vermuten, dass sie auch von den elterlichen Ein-
Personale Komponente 157

stellungen beeinflusst werden (Bertschi-Kaufmann, 2009). Gardner (1985) be-


schreibt dies neben dem aktiven Einfluss durch Ermutigen und Überwachen als
passiven Einfluss, der durch die persönliche Einstellung der Eltern vermittelt
wird. In Studien mit Deutsch als Zweitsprache wird die affektiv-motivationale
Ebene allerdings bisher kaum berücksichtigt (Rost-Roth, 2014). So sind hierzu
keine Ergebnisse bekannt. Schneider et al. (2013) diskutieren die affektiv-
motivationale Ebene eher als Mediatorvariable für den Zweitspracherwerb. Fest-
zuhalten bleibt, dass genaue Zusammenhänge insbesondere für das Erzählen
zweisprachiger Kinder kaum bekannt sind. Dass die affektiv-motivationale Ebe-
ne jedoch eine Bedeutung hat, bleibt außer Frage. Wie diese jedoch durch die
besondere Konstellation durch den Zweitspracherwerb wirkt, kann bisher nur
vermutet werden.

Kreativität im Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit zweisprachiger


Kinder
Für das Erzählen ist auch die Kreativität als Teil der personalen Komponente
wichtig (vgl. Kap. 3.2.3). Inwiefern sich Kreativität bei Ein- und Mehrsprachigen
unterscheidet, lässt sich nur erahnen. Ein möglicher Faktor kann in der höheren
kognitiven Flexibilität von zweisprachigen Kindern gegenüber einsprachigen
Gleichaltrigen liegen, die in mehreren Studien nachgewiesen werden konnte
(Barac et al., 2014). Diese könnte einen Vorteil Mehrsprachiger begründen.
Riehl (2014) liefert noch weitere Argumente dafür. So zeigen Untersuchungen,
dass Zweisprachige über mehr sprachliche und figurale Originalität verfügen,
vorausgesetzt sie beherrschen beide Sprachen fließend, was für Kinder mit suk-
zessiven Zweitspracherwerb eher selten ist. Letztlich scheint aber auch auf dieser
Ebene der personalen Komponente die Zwei- und Mehrsprachigkeit eher Vortei-
le für die Erzählfähigkeit zu bedeuten.
158 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Wahrnehmung und Motorik im Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit


zweisprachiger Kinder
Darüber hinaus nehmen auch die Wahrnehmung und Motorik eine wichtige
Ebene im Erwerbsverlauf der Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder ein (vgl.
Kap. 3.2.3). Betrachtet man den sukzessiven Zweitspracherwerb, stehen dem
Kind in aller Regel für die Zweitsprache die gleichen Fähigkeiten in Wahrneh-
mung und Motorik zur Verfügung wie beim Erwerb der Erstsprache. Einzig auf
phonetischer und phonologischer Ebene können sich Einschränkungen ergeben.
Wenn sich die Fähigkeit, Laute zu unterscheiden und später auch zu produzieren,
bereits der Erstsprache angepasst haben, kann es unter Umständen Schwierigkei-
ten beim Erwerb der Zweitsprache geben (Kany & Schöler, 2010) (vgl. Kap.
4.1.1). Dies kann dann auch für die weiteren Ebenen der sprachlichen Kompo-
nente des Erzählens relevant sein, wie Semantik und Lexikon.

Zusammenfassung der personalen Komponente im Erwerbsverlauf der


mündlichen Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder
Zum Erwerbsverlauf der personalen Komponente lässt sich zusammenfassend
festhalten, dass Kinder im Vor- und Grundschulalter bereits wichtige Bereiche,
wie die Theory of Mind, entsprechende Gedächtnisleistungen sowie wesentliche
Elemente der affektiv-motivationalen Ebene erworben haben. Insgesamt lässt
sich eher ein Vorteil der zweisprachigen Kinder gegenüber einsprachigen
Gleichaltrigen in der personalen Komponente feststellen. Dies betrifft vor allem
die (sozial-)kognitive Ebene. Zudem gibt es auch Hinweise, dass Mehrsprachige
von der höheren kognitiven Flexibilität profitieren, was sich positiv auf die Krea-
tivität auswirken kann. Nur für den Bereich der Wahrnehmung und Motorik
ergibt sich beim frühen Zweitspracherwerb ggf. eine Einschränkung, was die
Unterscheidung und Produktion von Lauten betrifft. Darüber hinaus gilt die
affektiv-motivationale Ebene als wichtiger Einflussfaktor für den frühen Zweit-
spracherwerb, was allerdings noch weiterer empirischer Überprüfung bedarf.
Situative Bedingungen 159

4.5 Situative Bedingungen im Erwerbsverlauf der mündlichen


Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder

Da mündliches Erzählen als Interaktion immer im sozialen Raum stattfindet, ist


es wichtig, die situativen Bedingungen mit zu betrachten. Im Folgenden werden
daher die situativen Bedingungen des mündlichen Erzählens bei zweisprachigen
Kindern im Erwerbsverlauf dargestellt. Dies scheint von besonderer Relevanz,
da vor allem bei den im Fokus dieser Arbeit stehenden Vor- und Grundschulkin-
dern starke interindividuelle Differenzen in der mündlichen Erzählfähigkeit zu
beobachten sind (Fried et al., 2012; Quasthoff et al., 2011). Dies lässt den
Schluss zu, dass insbesondere die situativen Bedingungen eine wichtige Rolle
spielen. Gleichzeitig soll der Betrachtungswinkel verengt werden, indem im
Folgenden vor allem die situativen Bedingungen sozial benachteiligter Kinder
betrachtet werden sollen. Diese Kinder stellen in Deutschland eine Gruppe dar,
die hinsichtlich ihres Kompetenzerwerbs (Müller & Ehmke, 2013; Wendt, Stub-
be & Schwippert, 2012) und ihrer Bildungsbeteiligung (Autorengruppe Bil-
dungsberichterstattung, 2014) eine Benachteiligung erfahren, was auch mit der
sprachlichen Entwicklung in Verbindung steht und daher berechtigterweise im
Fokus dieser Arbeit steht.

In den folgenden Abschnitten werden also die situativen Bedingungen im Er-


werbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit bei sozial benachteiligten zwei-
sprachigen Kindern betrachtet. Die Darstellung erfolgt entsprechend der als
relevant für das Erzählen identifizierten Ebenen der situativen Bedingungen (vgl.
Kap. 3.2.4). Der soziale Kontext wird dabei in familiären und institutionellen
Kontext unterschieden, um die beiden wichtigsten Bereiche für Vor- und Grund-
schulkinder abzubilden:

 Anforderungen der unmittelbaren Situation


 Familiärer Kontext
 Institutioneller Kontext
160 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Anforderungen der unmittelbaren Situation im Erwerbsverlauf zweisprachiger


Kinder
Die Anforderungen der unmittelbaren Situation beim Erzählen richtigen sich
nach der Funktion der Erzählung und nach der Beziehung zwischen Zuhörer und
Erzähler (vgl. Kap. 3.2.4). Darüber hinaus ist die Besonderheit im Erwerbsver-
lauf zweisprachiger Kinder dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Sprachen zur
Verfügung stehen, um eine Erzählsituation zu bewältigen. Das bedeutet, dass die
verschiedenen Erzählsituationen in unterschiedlichen Sprachen erfolgen und
demnach nicht jede Erzählsituation unmittelbar zum Erwerb sprachspezifischen
Wissens beiträgt, sowohl der basalen sprachlichen als auch der erzählspezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten. Die erworbenen Fähigkeiten sind situativ
(Reinmann & Mandl, 2006) und damit auch sprachspezifisch. So ist die funktio-
nale Sprachtrennung ein wichtiges Thema (Dittmann, 2010). Denn ein zweispra-
chiges Kind mit Migrationshintergrund wird beispielsweise mit seinen Eltern in
der Herkunftssprache sprechen, mit älteren Geschwistern und Gleichaltrigen
hingegen in der Umgebungssprache. Diese verschiedenen Situationen haben
unterschiedliche Funktionen der Erzählung zur Folge, die wiederum mit der
jeweiligen Sprache verbunden sind. So können Erzählungen unter Gleichaltrigen
andere Funktionen aufweisen als die Erzählung zwischen Kind und Mutter. Die
bereits berichteten Ergebnisse zum Erwerbsverlauf der sprachlichen Komponen-
te zeigen auch, dass die Erzählform und die gezeigten spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten stark zusammenhängen (Becker, 2011b) (vgl. Kap. 1.1). Ist
also ein Kind in einer Sprache vor allem mit fiktionalen Erzählungen z.B. in
Form von (Bilder-)Büchern und in der anderen Sprache vor allem mit Erzählun-
gen persönlicher Erlebnisse konfrontiert, hat dies auch einen Einfluss auf den
Erwerbsverlauf sprachspezifischen Wissens. Dies kann nicht nur die spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten betreffen, sondern auch die basalen sprachlichen
Fähigkeiten. Hier sind vor allem semantische und lexikalische Fähigkeiten von
Bedeutung, da diese stark von den Inhalten der jeweiligen Erzählungen abhängen
(Ott, 1997) (vgl. Kap. 4.1.2).
Situative Bedingungen 161

Die Anforderungen der unmittelbaren Situation einer Erzählung bedingen also


die genutzte Sprache sowie die Funktion der Erzählung und damit auch die Er-
zählform. Dieses Gefüge steht wiederum in Verbindung mit der Beziehung zwi-
schen Erzähler und Zuhörer. Dem kompetenten Zuhörer kommt vor allem im
frühen Erwerbsverlauf eine besonders wichtige Rolle als Förderer und Unterstüt-
zer des Erzählers zu (Merkelbach, 2004). Bei allen Jobs des Erzählens (Hausen-
dorf & Quasthoff, 1996) kann der Zuhörer behilflich sein. Dies kann besonders
adäquat erfolgen, wenn er aktiv zuhört, den Erzähler ermutigt und unterstützend
eingreift (Merkelbach, 2004). In der Untersuchung von Hausendorf und Quast-
hoff (1996) werden auch zwei Erzählsituationen unterscheiden. Die eine Bedin-
gung ist eine informelle, möglichst natürliche Situation, in der die Kinder durch
eine ihnen vertraute Person beiläufig zum Erzählen veranlasst werden ohne zu
wissen, dass es eine Testsituation ist. Die andere Bedingung stellt durch einen
offiziellen Testleiter, der zum Erzählen auffordert, eine eher formelle Situation
dar. Dabei ergibt sich, dass in der formellen Situation der Zuhörer mehr vom
erzählenden Kind einfordert und damit das Kind auch eine bessere Erzählleis-
tung zeigt. Dies betont nochmals die Relevanz sowohl der Beziehung und Rolle
des Zuhörers als auch der unmittelbaren Situation, die informeller oder formeller
Art sein kann.

Zusammenfassend gibt es also bereits in der unmittelbaren Situation des Erzäh-


lens eine Reihe relevanter Anforderungen, die den Erwerbsverlauf der Erzählfä-
higkeit zweisprachiger Kinder beeinflussen können. In den beiden folgenden
Abschnitten wird der Rahmen etwas weiter gefasst, indem der soziale Kontext
untergliedert in familiär und institutionell betrachtet wird

Familiärer Kontext im Erwerbsverlauf zweisprachiger Kinder


Der familiäre Kontext kann den Erwerbsverlauf zweisprachiger Kinder in unter-
schiedlicher Form bedingen. Grundsätzlich sind als wichtige Bedingungen für
den Spracherwerb Qualität und Quantität des sprachlichen Inputs zu benennen
(Klein, 1992) (vgl. Kap. 2.3.6). Der sprachliche Input, vor allem für das Erzäh-
len, erfolgt in der täglichen Interaktion mit anderen Sprechern (Morek, 2013;
162 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Müller, 2012), was innerhalb der Familie die Eltern und ggf. ältere und jüngere
Geschwister sind. Im Folgenden wird nun dargestellt, wie sich der sprachliche
Input im familiären Kontext ausgestaltet, wodurch er beeinflusst wird und wie er
damit auf den Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit wirkt. Dabei ste-
hen zweisprachige Vor- und Grundschulkinder, die sozial benachteiligt sind, im
Fokus.

Der sprachliche Input bei zweisprachigen Kindern zeichnet sich dadurch aus,
dass er häufig nicht im Umfang größer ist, allerdings mindestens zwei Sprachen
beinhaltet. Dies hat zur Folge, dass in Summe für den Erwerb einer Sprache
weniger Sprachinput möglich ist, was sich negativ auf die sprachlichen Fähigkei-
ten auswirken kann (Haag, Böhme & Stanat, 2012). So berichten Fernald und
Weisleder (2011) von Ergebnissen longitudinaler Beobachtungen, in denen hohe
Qualität und Quantität des sprachlichen Inputs von der Bezugsperson in den
ersten Lebensjahren das Sprachverständnis und damit auch den Wortschatzer-
werb der Kinder fördert. Mierau, Lee und Tietze (2008) identifizieren für die
pädagogische Qualität innerhalb der Familie konkrete sprachförderliche Aktivi-
täten. Dazu gehören das Erzählen von Geschichten, Ansehen von Bilderbüchern,
Raten und Reimen, musikalische Aktivitäten sowie das Sprechen über Probleme
und Konflikte.

Spezifisch für den Zweitspracherwerb zeigen die Ergebnisse von Hipfner-


Boucher et al. (2015), dass wenig Input in der Zweitsprache innerhalb der Fami-
lie mit geringeren Wortschatzfähigkeiten in der Zweitsprache zusammenhängt.
Für Kinder, die mit der Zweitsprache zu Hause öfter konfrontiert sind, trifft dies
nicht zu. Dies bestätigen auch die Ergebnisse von Hammer et al. (2012), die die
bilingualen Sprachfähigkeiten von Fünfjährigen in hohem Maße durch den Um-
fang des sprachlichen Inputs erklären können. Dies bestätigt auch eine weitere
Studie, die diesen Zusammenhang nicht für die Zweitsprache, sondern auch für
die Erstsprache belegt (Scheele, Leseman & Mayo, 2010). Keller, Troesch, Lo-
her und Grob (2015) können diesen Zusammenhang auch für die Qualität des
sprachlichen Inputs nachweisen. Auch die Studie von Weinert, Ebert, Lockl und
Situative Bedingungen 163

Kuger (2012) weißt für die sprachlichen Anregungen innerhalb der Familie eine
bedeutsamen Einfluss auf den Wortschatzerwerb nach. Demnach korrelieren die
selbsteingeschätzten Deutschkenntnisse der Eltern mit denen ihrer dreijährigen
Kinder. Zusammenfassend zeigt sich also, dass Qualität und Quantität des
sprachlichen Inputs innerhalb der Familie wichtige situative bzw. kontextuelle
Bedingungen im Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit zweisprachiger
Kinder sind, wobei bisher vor allem die Auswirkungen auf die basalen sprachli-
chen Fähigkeiten untersucht sind.

Im Folgenden wird nun betrachtet, welche Rolle der soziale Hintergrund der
Familien dabei einnimmt. Der Begriff sozialer Hintergrund fasst eine Reihe von
Indikatoren zusammen, die die Lebensbedingungen innerhalb einer Gesellschaft
beschreiben. Diese beziehen sich auf ökonomische Aspekte, wie Einkommen
und Eigentum, sowie bildungsbezogene Aspekte, wie Bildungsabschluss und
Bildungserfahrung. Aber auch der damit verbundene soziale Status innerhalb der
Gesellschaft ist Bestandteil des sozialen Hintergrunds (Tenorth & Tippelt, 2007).
Die großen Leistungsvergleichsstudien (Autorengruppe Bildungsberichterstat-
tung, 2014; Müller & Ehmke, 2013; Wendt et al., 2012) belegen bereits seit
mehreren Jahren einen Nachteil der Kinder, die aus sozial schwachen Familien
stammen. Analysen von knapp 250 Kindergärten in Essen legen ebenfalls die
Vermutung nahe, dass der soziale Hintergrund ein wichtiger Einflussfaktor auch
im Zweitspracherwerb ist (Micheel, Nieding, Ratermann & Stöbe-Blossey,
2013). Ebenso können Weinert und Ebert (2013) für den Spracherwerb im Vor-
schulalter zeigen, dass der soziale Hintergrund auf die basalen sprachlichen Fä-
higkeiten hinsichtlich Wortschatz und auch Grammatik wirkt. Dabei erfassen sie
sowohl den sozioökonomischen Status, als auch die Bildungserfahrung der Mut-
ter. Auch wenn dabei nur der monolinguale Erwerb betrachtet wird, ist dabei
interessant, dass die sprachliche Förderung innerhalb der Familie die Differenzen
der grammatikalischen Fähigkeiten nicht erklären kann (Weinert & Ebert, 2013).
Dies weist darauf hin, dass der soziale Hintergrund nicht vollständig durch den
sprachlichen Input mediiert wird, sondern noch weitere Aspekte für den Sprach-
erwerb wichtig sind. Die Studie von Berendes et al. (2015) zeigt ebenfalls den
164 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

negativen Einfluss eines schwachen sozialen Hintergrunds auf das Grammatik-


verständnis fünfjähriger zweisprachiger Kinder.

Insgesamt kann also der soziale Hintergrund als wichtiger familiärer Kontextfak-
tor im Spracherwerb allgemein und auch für den Zweitspracherwerb im speziel-
len bewertet werden. Allerdings beziehen sich die meisten Untersuchungen auf
den Erwerbsverlauf der basalen sprachlichen Fähigkeiten. Details zu den spezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten des Erzählens untersuchen Fried und Stude
(2011) bei einsprachigen Kindern im Übergang vom Kindergarten in die Grund-
schule. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die familiäre Unterstützung des Lernens zu
Hause auch die Entwicklung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten positiv
beeinflusst.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Betrachtung des familiären Kontexts beim
Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder ist der
kulturelle Hintergrund der Familien. Darunter wird im Rahmen eines erweiterten
Kulturbegriffs das Zusammenspiel von Wertorientierungen, Einstellungen und
sozialisiertes Verhalten verstanden, das kulturspezifisch ist (Tenorth & Tippelt,
2007). Da im Fokus der Arbeit zweisprachige Kinder stehen, die in erster Linie
aufgrund von Migration Deutsch als Zweitsprache erwerben, soll der kulturelle
Hintergrund, der durch das Herkunftsland operationalisiert ist, im Folgenden
genauer betrachtet werden. In diesem Zusammenhang ist die von Studie Tietze et
al. (2013) interessant. Darin zeigt sich, dass sich die pädagogische Qualität in-
nerhalb der Familie bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund bedeutsam
unterscheidet. So ist in Familien mit russischem und türkischem Migrationshin-
tergrund vor allem die häusliche Entwicklungsumgebung, aber auch die von der
Mutter wahrgenommene Beziehungsqualität sowie die Häufigkeit entwicklungs-
fördernder kindlicher Aktivitäten niedriger als in Familien ohne Migrationshin-
tergrund. Diese Faktoren werden zwar vom sozialen Hintergrund beeinflusst,
lassen sich aber nicht vollständig dadurch erklären, was auf einen Einfluss des
kulturellen Hintergrunds schließen lässt. Dies wirkt sich auch auf die sprachli-
chen Fähigkeiten aus. Insgesamt zeigen die Kindergartenkinder mit Migrations-
Situative Bedingungen 165

hintergrund geringere Fähigkeiten im Wortschatzverständnis und Kommunikati-


onsverhalten im Deutschen, obwohl Merkmale der familiären und institutionel-
len Betreuung kontrolliert werden (Tietze et al., 2013).

Die Studie von Relikowski, Schneider und Linberg (2015) untersucht die sprach-
lichen Fähigkeiten verschiedener Migrationsgruppen. Sie unterscheidet zwischen
Kindern, deren Eltern in der Türkei geboren sind, und Kindern, deren Eltern im
Gebiet der ehemaligen Sowjetunion geboren sind, also jeweils Migranten der
zweiten Generation. Die Ergebnisse zeigen trotz Kontrolle der sozialen Herkunft
einen Unterschied der basalen sprachlichen Fähigkeiten zum Nachteil der türki-
schen Migranten. Allerdings lassen sich diese gefunden Differenzen weitestge-
hend durch die Kontrolle des Sprachgebrauchs innerhalb der Familie erklären.
Dies deutet darauf hin, dass der kulturelle Hintergrund wiederum nur durch die
zentralen Einflussgrößen, Qualität und Quantität des sprachlichen Inputs, medi-
iert wird.

Einen weiteren Aspekt des kulturellen Hintergrunds beleuchten Dubowy et al.


(2008) in ihrer Studie, die allerdings vergleichsweise eine eher geringe Stichpro-
bengröße aufweist. Sie fanden einen Unterschied in den grammatikalischen Fä-
higkeiten der Kinder in Abhängigkeit von der selbsteingeschätzten Integration
der Familie. Demnach sind Kinder, deren Familie sich kaum oder gar nicht inte-
griert fühlen, im Nachteil. Jedoch korreliert die selbsteingeschätzte Integration
stark damit, wie häufig Deutsch innerhalb der Familie gesprochen wird, was auf
einen Scheinzusammenhang von gefühlter Integration und sprachliche Fähigkei-
ten der Kinder hinweisen könnte.

Inwiefern der kulturelle Hintergrund die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten


bedingt, ist fraglich. So können unterschiedliche Sozialisationserfahrungen dazu
führen, dass die Interpretation sozialer Situationen anders ablaufen und abhängig
vom kulturellen Hintergrund andere Verhaltensweisen als im deutschen und
mitteleuropäischen Kulturraum als angemessen gelten. Die grundlegenden Fä-
higkeiten und Verhaltensweisen zur sprachlichen Kooperation sollten aber in
jeder Kultur erworben werden. Auch konnte eine sprachvergleichenden Analyse
166 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

von 400 Erzählungen im Englischen, Deutschen, Französischen und Chinesi-


schen zeigen, dass die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten sprachübergrei-
fend relevant sind und daher wenig durch den kulturellen Hintergrund beein-
flusst werden (Hickmann, 2003). Auch scheinen die beiden Aspekte, sozialer
und kultureller Hintergrund, im Zusammenhang zu stehen. So zeigen Ergebnisse
der PISA Studie, dass insbesondere Kinder, deren Eltern nach Deutschland mig-
riert sind, in Familien leben, die einen deutlich schwächeren sozialen Hinter-
grund haben als Kinder deutscher Familien (Gebhardt, Rauch, Mang, Sälzer &
Stanat, 2013).

Neben den bereits ausgeführten Punkten sind nach Bainski (2008b) weitere kon-
textuelle Aspekte für den Spracherwerbsverlauf wichtig, die für junge Kinder auf
familiärer Ebene angesiedelt werden können. Dazu zählen Hintergründe und
Auslöser für die Migration, die häufig mit den Integrationserfahrungen innerhalb
Deutschlands zusammenhängen. So ist zu vermuten, dass sich die unterschiedli-
chen Erfahrungen von politischen Flüchtlingen und von Migranten, die aus öko-
nomischen oder familiären Gründen nach Deutschland kommen, auch auf den
Erwerbsverlauf der sprachlichen Fähigkeiten auswirken können.

Zusammenfassend sind demnach im familiären Kontext vor allem Quantität und


Qualität des Sprachinputs für den Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähig-
keit relevant. Diese beiden Faktoren stehen in Zusammenhang mit dem sozialen
und kulturellen Hintergrund der Familie, die ebenfalls den Erwerbsverlauf beein-
flussen. So haben Kinder mit Migrationshintergrund aus sozial benachteiligten
Familien, in der Regel keinen günstigen familiären Kontext für den Erwerb von
Deutsch als Zweitsprache.

Institutioneller Kontext im Erwerbsverlauf zweisprachiger Kinder


Kinder im Vor- und Grundschulalter erhalten nicht nur innerhalb der Familie
sprachlichen Input, sondern auch in institutionellen Bildungseinrichtungen, wie
Kindertagesstätte, Kindergarten, Schule und Hort. Dabei ist für zweisprachige
Kinder mit Migrationshintergrund von besonderer Relevanz, dass mit dem Be-
Situative Bedingungen 167

such einer Bildungseinrichtung häufig erstmals ein kontinuierlicher Sprachinput


in der Zweitsprache Deutsch erfolgt.

Dabei ist zunächst interessant, dass Kinder mit Migrationshintergrund häufig


später mit dem Besuch einer Bildungseinrichtung beginnen. So ergab die Studie
von Tietze et al. (2013), dass Kinder ohne Migrationshintergrund bereits mit
durchschnittlich knapp zwei Jahren, Kinder mit Migrationshintergrund hingegen
erst mit knapp drei Jahren einen Kindergarten besuchen. Jedoch gibt es hier auch
starke interindividuelle Unterschiede, die eine Verallgemeinerung erschweren.
Relikowski et al. (2015) können auch zeigen, dass ein später Kindergarteneintritt
mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten bei zweisprachigen Kindern zusam-
menhängt. Gleichzeitig ergibt die Studie auch, dass zweisprachige Kinder von
einem früheren Kindergartenbesuch hinsichtlich des sprachlichen Erwerbsver-
laufs stärker profitieren als einsprachige Kinder, was mit dem zusätzlichen
Sprachinput in Deutsch für die zweisprachigen Kinder erklärbar ist. Auch Becker
(2012) kann für zweisprachige Kinder mit türkischem Migrationshintergrund
zwischen drei und sechs Jahren einen positiven Effekt der Kindergartenbesuchs-
dauer auf den Spracherwerb im Deutschen feststellen.

Neben dem Zeitpunkt, ab wann Kinder eine Bildungseinrichtung besuchen, ist


auch die tägliche Betreuungsdauer relevant. Micheel et al. (2013) finden hier
Hinweise auf einen negativen Zusammenhang zwischen Ganztagesbetreuung
und sprachlicher Entwicklung. Demnach gibt es also empirische Hinweise da-
rauf, dass ein früher Kindergartenbesuch förderlich ist, allerdings eine ganztägi-
ge Betreuung wiederum Nachteile mit sich bringen kann.

Die beiden dargestellten Aspekte, Beginn und Betreuungsdauer in einer Bil-


dungseinrichtung, beschreiben den quantitativen Aspekt des institutionellen
Kontexts. Darüber hinaus ist die Qualität von großer Bedeutung. Die Studien
von Tietze et al. (2013) und Becker (2012) zeigen dahingehend, dass die (Pro-
zess-)Qualität in Betreuungseinrichtungen mit vielen Kindern mit Migrationshin-
tergrund deutlich geringer ist, was auf ein strukturelles Problem hinweist. Becker
(2012) kann zusätzlich nachweisen, dass dies mit der Uninformiertheit der Eltern
168 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

mit Migrationshintergrund und der eher schlechten Ausstattung von Kindergär-


ten in Wohngegenden mit hohem Migrantenanteil zusammenhängt.

Auch wenn Weinert et al. (2012) keinen Effekt der Struktur- und Prozessqualität
des Kindergartens auf den monolingualen Wortschatzerwerb feststellen können,
gibt es andere Studien, die vor allem einen positiven Effekt von institutionellen
Betreuungseinrichtungen für zweisprachige Kinder feststellen. So können Beckh,
Mayer, Berkic und Becker-Stoll (2014) bereits für zweijährige zweisprachige
Kinder einen Effekt der Betreuungsqualität feststellen. Demnach profitieren
zweisprachige Kinder in den basalen sprachlichen Fähigkeiten nur von einer
hohen Betreuungsqualität. Andernfalls gibt es keinen Unterschied zwischen einer
Betreuung zu Hause und einer frühkindlichen Einrichtung mit geringer oder
mittlerer Qualität.

Ebenso für die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten kann mit einer sloweni-
schen Stichprobe der positive Effekt des Kindergartenbesuchs nachgewiesen
werden (Fekonja-Peklaj, Marjanovic-Umek & Kranjc, 2010). So sind sechsjähri-
ge einsprachige Kinder, die drei Jahre einen Kindergarten besuchten, den Kin-
dern, die keinen Kindergarten besuchten, darin überlegen, Inhalt und Struktur der
Erzählung darzustellen sowie mithilfe sprachlicher Mittel die Kohäsion der Er-
zählung zu stärken. Eine nordirische Untersuchung kann auch die Langzeiteffek-
te von qualitativ hochwertigen Kindergärten auf sprachliche Fähigkeiten nach-
weisen (Melhuish et al., 2013). Mierau et al. (2008) können in ihrer Qualitäts-
analyse von Kindergärten zeigen, was sprachförderliche Bedingungen innerhalb
der Institution ausmacht. Dazu gehören ähnlich wie innerhalb der Familie klassi-
sche sprachintensive Alltagsaktivitäten, wie Erzählen von Geschichten, sprach-
lich begleitetes Ansehen von Bilderbüchern, Raten und Reimen, Lieder singen
und weitere musikalische Aktivitäten verbunden mit Sprache sowie Rollenspiele.
Zusätzlich sind auch organisationale Aspekte innerhalb des Kindergartens rele-
vant, die sich durch eine entsprechende Zielorientierung und bewusste pädagogi-
sche Reflexion innerhalb des Teams auszeichnen.
Situative Bedingungen 169

Für den Schuleintritt vermutet Guckelsberger (2008) einen positiven Effekt auf
die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten, da dadurch mehr kommunikative
Erfahrungen möglich sind. Der Forschungsstand zum Erwerbsverlauf der spezi-
fischen pragmatischen Fähigkeiten zeigt auch eine deutliche Entwicklung dieses
Bereichs im Alter von sechs und sieben Jahren (vgl. Kap. 1.1), was einen Zu-
sammenhang nahelegt. Jedoch nimmt die Autorin keine empirische Überprüfung
dieser These vor.

Insgesamt gibt es für den institutionellen Kontext im Erwerbsverlauf der mündli-


chen Erzählfähigkeit für die Grundschule kaum empirische Untersuchungen
(Paetsch et al., 2014). Diese beziehen sich dann bereits auf bestimmte Förderan-
gebote, wie DaZ Unterricht. Eine Studie von Bellin und Tamke (2010) kann für
das erste Schulbesuchsjahr zeigen, dass zweisprachige Kinder vom Ganztagsan-
gebot hinsichtlich ihrer Lesefähigkeiten profitieren. Ob dieses Ergebnis aller-
dings nicht auch durch einen Selektionseffekt begründet ist, können die Autorin-
nen nicht ausschließen. Aus theoretischer Sicht lässt sich der Vorteil für zwei-
sprachige Kinder durch mehr Quantität des deutschen Sprachinputs erklären.
Weitere Studien zur Grundschule als institutioneller Kontext, wie sich beispiels-
weise die Qualität des Sprachinputs in der Schule auf den Erwerbsverlauf aus-
wirkt, sind nicht bekannt.

Zusammenfassend lässt sich zum institutionellen Kontext festhalten, dass ähnlich


wie im familiären Kontext Quantität und Qualität des Sprachinputs entscheidend
sind. Dabei ist bemerkenswert, dass Kinder mit Migrationshintergrund darin
benachteiligt zu sein scheinen, da sie häufig erst später Bildungseinrichtungen
besuchen und diese häufig eine geringere Qualität aufweisen. Hingegen würde
insbesondere diese zweisprachige Gruppe von einem frühen Besuch einer Bil-
dungseinrichtung mit hoher Qualität hinsichtlich des Zweitspracherwerbs profi-
tieren. Jedoch soll zu bedenken gegeben werden, dass in der Mehrheit der darge-
stellten Studien die Fähigkeiten in der Erstsprache nicht berücksichtigt werden.
So könnte die erhöhte Qualität und vor allem Quantität im Input der Zweitspra-
che zu Lasten des Erwerbs der Erstsprache gehen. Dies gilt es, in weiteren Un-
170 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

tersuchungen zu prüfen. Dennoch ist vor allem einer hohen Qualität von Bil-
dungseinrichtungen für zweisprachige Kinder nichts entgegenzustellen.

4.6 Zusammenfassung des Erwerbsverlaufs mündlicher Erzählfähigkeit


zweisprachiger Kinder

In diesem Abschnitt werden die Erkenntnisse zum Erwerbsverlauf der mündli-


chen Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder zusammengefasst. Dazu lässt sich
insgesamt festhalten, dass anhand der Aufgliederung der mündlichen Erzählfä-
higkeit in die unterschiedlichen Komponenten mit den jeweiligen Ebenen eine
detaillierte Zusammenstellung der Forschungsergebnisse zu jedem Bereich mög-
lich ist. Dadurch zeigt sich auch, wo bereits als gesichert geltende Erkenntnisse
vorliegen und in welchen Bereichen noch Forschungsbedarf besteht.

So existiert zum Erwerbsverlauf der basalen sprachlichen Fähigkeiten als Teil


der sprachlichen Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit ein als relativ
gesichert geltender Erkenntnisstand (vgl. Kap. 4.1). Insbesondere die Reihenfol-
ge des Erwerbs von Phonetik und Phonologie, Semantik und Lexikon, sowie
Morphologie und Syntax, kann beim frühen Erwerb von Deutsch als Zweitspra-
che für Vor- und Grundschulkinder detailliert dargestellt werden.

Der Erwerbsverlauf der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ist vor allem für
einsprachige Kinder erforscht (vgl. Kap. 1.1). Gleichzeitig ist die Einschränkung
vorzunehmen, dass hier in erster Linie auf Querschnitts- und Fallanalysen zu-
rückgegriffen wird, die Mängel in der Beschreibung von Erwerbsverläufen und
der Verallgemeinerbarkeit nach sich ziehen. Vor- und Grundschulkinder mit
Deutsch als Zweitsprache sind nur vereinzelt Gegenstand dieses Forschungsbe-
reichs, weshalb die Erkenntnisse hierzu vor allem auf theoretischen Überlegun-
gen und vereinzelten Forschungsergebnissen aus unterschiedlichen Sprachkom-
binationen und Altersgruppen basieren. Eine umfassende längsschnittliche Un-
tersuchung, wie Vor- und Grundschulkinder im frühen Zweitspracherwerb die
spezifischen pragmatischen Fähigkeiten erwerben, ist nicht bekannt.
Zusammenfassung des Erwerbsverlaufs zweisprachiger Kinder 171

Darüber hinaus wird im Zusammenspiel mit der personalen Komponente und


den situativen Bedingungen der mündlichen Erzählfähigkeit deutlich, dass es
wichtige Einflussfaktoren auf den Erwerbsverlauf der sprachlichen Komponente
gibt. Dieser Einfluss wirkt vor allem auf die Geschwindigkeit des Erwerbs aber
zum Teil auch auf die Struktur.

Ein großer Teil der innerhalb der Person verankerten Faktoren bezieht sich im
weitesten Sinn auf allgemeine Fähigkeiten. Dazu zählt die (sozial-)kognitive
Ebene, die Kreativität sowie Wahrnehmung und Motorik, die explizit als perso-
nale Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit beschrieben sind (vgl. Kap.
3.2.3 und 1.1). Ebenso zählen dazu auch die sprachliche Fähigkeiten in der Erst-
sprache sowie die Beschaffenheit der Erstsprache selbst (Apeltauer, 2007a;
Tunç, 2012). Weiterer Bestandteil der personalen Komponente, die den Er-
werbsverlauf beeinflusst, ist die affektiv-motivationale Ebene (Dörnyei, 2001),
die ebenfalls explizit als personale Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit
beschrieben ist (vgl. Kap. 3.2.3 und 1.1).

Die Faktoren, die außerhalb der Person liegen, und den Erwerbsverlauf beein-
flussen, sind als situative Bedingungen der mündlichen Erzählfähigkeit beschrie-
ben (vgl. Kap. 3.2.4 und 1.1). Hier wirkt vor allem der familiäre und institutio-
nelle Kontext auf die Geschwindigkeit des Erwerbsverlaufs der sprachlichen
Komponente. Dabei nehmen die vorhandenen Studien meistens einzelne Ebenen
der basalen sprachlichen Fähigkeiten in den Fokus. Sie können belegen, dass
hohe Qualität und Quantität des Sprachinputs, sei es innerhalb der Familie oder
in Bildungseinrichtungen, den Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit
positiv beeinflussen können. Zusätzlich sind für das Erzählen an sich auch im-
mer Anforderungen der unmittelbaren Situation wichtig. Dabei sind jeweils die
Funktion der Erzählung und die Beziehung zwischen Zuhörer und Erzähler zu
berücksichtigen, die jeweils Einfluss auf das Erzählen nehmen können.

Die Darstellung des Forschungsstands zum Erwerbsverlauf der mündlichen Er-


zählfähigkeit erfolgte separiert, indem jede Komponente der mündlichen Erzähl-
fähigkeit mit seinen Ebenen beschrieben wurde. Dies hat den Vorteil, dass jeder
172 Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit

Aspekt möglichst detailliert dargestellt wird, indem auch Studien miteinbezogen


werden, die nur einzelne Punkte der mündlichen Erzählfähigkeit abdecken.
Gleichzeitig unterscheiden sich diese Studien aber auch in ihren Zielsetzungen,
Stichproben, Forschungsdesigns und Instrumenten sowie den Rahmenbedingun-
gen ganz allgemein. Daher kann solch eine separierte Darstellung keine umfas-
sende Aussage treffen, wie die genannten Komponenten und deren Ebenen im
Detail zueinander im Verhältnis stehen und in welchem Maße der Einfluss unter-
einander ist. Dazu wäre ein umfassendes Forschungsprojekt nötig, das den Er-
werbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit mit den beschriebenen Komponen-
ten für Vor- und Grundschulkinder, die Deutsch als Zweitsprache erwerben,
longitudinal erfasst. Ebert et al. (2013) zeigen dies beispielsweise bereits für die
Ebene Semantik und Lexikon der basalen sprachlichen Fähigkeiten, indem sie
personale und situative Faktoren berücksichtigen.

Trotz der genannten Lücken zum Forschungsstand des Erwerbsverlaufs mündli-


cher Erzählfähigkeit zweisprachiger Kinder, stellt dieses Kapitel eine wichtige
Grundlage sowohl für das nächste theoretische Kapitel (vgl. Kap. 5) als auch für
die Einordnung der Ergebnisse der empirischen Studie zur Förderung der münd-
lichen Erzählfähigkeit dar (vgl. Kap. 10).
5 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in
Deutsch als Zweitsprache

Nach Darstellung der theoretischen Grundlagen zum Zweitspracherwerb (vgl.


Kap. 2) sowie der mündlichen Erzählfähigkeit (vgl. Kap. 3), wurde im vorange-
gangen Kapitel der Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit bei zwei-
sprachigen Vor- und Grundschulkindern auf Basis theoretischer Überlegungen
und empirischer Erkenntnisse dargestellt (vgl. Kap. 4). In diesem Kapitel wird
nun der Frage nachgegangen, wie auf den Erwerb der mündlichen Erzählfähig-
keit bei zweisprachigen Kindern positiv eingewirkt werden kann.

Dafür werden im Folgenden zunächst theoretische Grundlagen der Sprachförde-


rung dargestellt (vgl. Kap. 5.1), die sich in Realisierungsformen, sowie kommu-
nikationsorientierte und sprachstrukturelle didaktische Ansätze der Sprachförde-
rung aufteilen. Im nächsten Abschnitt wird der aktuelle Forschungsstand zur
Wirksamkeit von Sprachförderung beschrieben (vgl. Kap. 5.2). Basierend auf
den theoretischen Überlegungen und den empirischen Ergebnissen wird ab-
schließend gezeigt, wie die Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit in Deutsch
als Zweitsprache gefördert werden können (vgl. Kap. 5.3).

5.1 Theoretische Grundlagen der Sprachförderung

Wie in den vorangegangenen Kapiteln ausgeführt, gibt es insbesondere für zwei-


sprachige sozial benachteiligte Kinder ein Potential zur Förderung des Erwerbs-
verlaufs sprachlicher Fähigkeiten. Insgesamt kann das Defizit mehrsprachiger
Kinder, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, dahingehend zusammengefasst
werden, dass sie in ihrem bisherigen Leben zu wenig Kontakt mit Deutsch hat-
ten, um auf ein ähnliches Sprachniveau, wie gleichaltrige einsprachige Kinder zu
gelangen. Der bisherige Sprachinput im Deutschen war in Qualität und Quantität

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017


R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_5
174 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

nicht ausreichend. Mit Sprachinput ist dabei nicht nur das inaktive ‚konsumie-
ren‘ von Sprache gemeint, sondern eine aktive sprachliche Interaktion. Um die-
sen Rückstand von mehrsprachigen Kindern auszugleichen, ist die Idee von
Sprachförderung, den Sprachinput, also auch die Interaktion, hinsichtlich Quanti-
tät und vor allem Qualität so zu gestalten, dass der Spracherwerb gefördert wird.
Sprachförderung hat demnach grob gefasst zum Ziel, eine Lernumgebung zu
schaffen, in der auf Basis der vorhandenen Fähigkeiten die sprachlichen Fähig-
keiten weiter ausgebaut werden (Hopp et al., 2010). Dabei sind die wesentlichen
Unterscheidungsmerkmale, wie die Lernumgebung gestaltet ist und welche
sprachlichen Fähigkeiten ausgebaut werden. So ist Sprachförderung auch von
der Sprachtherapie abzugrenzen, die für Kinder mit Sprachentwicklungsstörun-
gen und anderen logopädischen Therapieindikationen vorgesehen ist (Chilla et
al., 2010; Kucharz, Mackowiak & Beckerle, 2015). Sprachförderung hingegen
zielt auf Kinder ab, die bisher aufgrund ungünstiger Erwerbsbedingungen einen
Rückstand in ihrer sprachlichen Entwicklung gegenüber Gleichaltrigen aufwei-
sen.

Chilla et al. (2010) unterscheiden zwei Schwerpunkte von Sprachförderung.


Entweder wird eine Zielsprache, beispielsweise das Deutsche, oder die Mehr-
sprachigkeit gefördert. Ist die Mehrsprachigkeit das Förderziel, umfasst dies
neben der sprachlichen Entwicklung in mehreren Sprachen auch die Identitäts-
entwicklung als mehrsprachiges Individuum. Auch wenn die Förderung der
Mehrsprachigkeit insbesondere innerhalb Europas ein relevantes Förderziel dar-
stellt (Tracy, 2014), soll sich im Rahmen dieser Arbeit auf den ersten Schwer-
punkt, die Förderung der sprachlichen Fähigkeiten im Deutschen, konzentriert
werden. Dabei ist die Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit besonders im
Fokus. Demnach werden Förderansätze mit den Schwerpunkten Lesen und
Schreiben im Folgenden nicht berücksichtigt, da die Mündlichkeit im Vorder-
grund steht.

Insgesamt existiert inzwischen eine Reihe an Sprachförderansätzen (Lisker,


2011; Redder et al., 2011; Schneider et al., 2013). Um die verschiedenen Ansätze
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 175

der Sprachförderung hinsichtlich ihrer Zielgruppe und Zielsetzung zu systemati-


sieren, erweist sich der Ansatz von Hasselhorn und Sallat (2014) als hilfreich.
Dieser bezeichnet Sprachförderung allgemein als präventive Intervention und
differenziert dabei drei Typen, wobei die Begriffe Prävention und Intervention
nicht genau voneinander abgegrenzt werden. Die universelle Prävention schließt
Sprachförderungen mit ein, die allen Kindern angeboten werden. Diese sind
häufig Bestandteil der Elementarpädagogik und auch unter dem Begriff Sprach-
bildung bekannt. Die selektive Prävention ist ein Angebot für Risikogruppen,
wie beispielsweise sozial benachteiligte mehrsprachige Kinder, deren Spracher-
werb unter ungünstigen Bedingungen erfolgt. Um zu verhindern, dass die weite-
re Entwicklung negativ verläuft, gibt es spezielle Sprachförderangebote, die
häufig dem pädagogischen und linguistischen Bereich zuzuschreiben sind. Indi-
zierte Intervention kommt dann zum Tragen, wenn bereits Störungen oder Be-
hinderungen diagnostiziert sind. Hier spricht man dann auch von Sprachtherapie,
die insbesondere der Sprachheilpädagogik, Psychologie und Logopädie zuzuord-
nen ist. Im Rahmen dieser Arbeit steht vor allem Sprachförderung im Sinn der
selektiven Prävention im Fokus, da erörtert wird, wie mehrsprachige sozial be-
nachteiligte Kinder gefördert werden können, die als Risikogruppe hinsichtlich
ihrer sprachlichen Entwicklung gelten.

Um die vorhandenen Formen der Sprachförderung genauer differenzieren zu


können, werden im Folgenden zunächst verschiedene Realisierungsformen der
Sprachförderung beschrieben (vgl. Kap. 5.1.1). Im Anschluss werden zwei
grundlegende didaktische Orientierungen der Sprachförderung vorgestellt, die
kommunikationsorientierten Ansätze (vgl. Kap. 5.1.2) und die sprachstrukturel-
len Ansätze (vgl. Kap. 5.1.3). Eine abschließende Zusammenfassung (vgl. Kap.
5.1.4) rundet die Darstellung der theoretischen Grundlagen zur Sprachförderung
ab.

5.1.1 Realisierungsformen der Sprachförderung


Um Sprachförderung für zweisprachige Vor- und Grundschulkinder im Sinne der
selektiven Prävention genauer darzustellen, bietet es sich an, die vorhandenen
176 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Realisierungsformen zu systematisieren und zu beschreiben. Dafür werden im


Folgenden zunächst vier Grundformen der Sprachförderansätze unterschieden,
die insbesondere für den Schulbereich bekannt sind (Hakuta, 1999; Limbird &
Stanat, 2006), allerdings auch auf Formen der Sprachförderung im Kindergarten
anwendbar sind:

 Submersion
 Gestützte Submersion
 Immersion
 Transition

Submersion bezeichnet die Aufnahme mehrsprachige Kinder in den regulären


einsprachigen Unterricht. Weder die Erst- noch die Zweitsprache werden spezi-
fisch gefördert (Limbird & Stanat, 2006). Demnach kann strenggenommen nicht
von Sprachförderung gesprochen werden. Die Idee ist, dass sich der Spracher-
werb durch den ungesteuerten Kontakt mit Mitschülern und im Unterricht positiv
in der Zweitsprache entwickelt, obwohl ein Rückstand gegenüber den einspra-
chigen Kindern besteht. Dies ist nach Limbird und Stanat (2006) ein in Deutsch-
land häufig anzutreffendes Modell, wie mit Kindern mit Sprachförderbedarf
umgegangen wird, was sich allerdings in den letzten zehn Jahren zum Positiven
verändert hat. Ebenso kann auch in Kindergärten von Submersion gesprochen
werden, wenn keine spezifischen Fördermaßnahmen für Kinder mit Sprachför-
derbedarf durchgeführt werden.

Die gestützte Submersion bietet neben dem ungesteuerten Sprachbad in der


Zweitsprache eine gezielte Sprachförderung an, die zusätzlich zum Regelunter-
richt angeboten wird (Paetsch et al., 2014). Welchen didaktischen Ansatz diese
Sprachförderung verfolgt, ist grundsätzlich offen. Grundsätzlich zählen hierzu
vor allem additive Sprachförderkonzepte, die auch in Kindergärten eingesetzt
werden (Lisker, 2011). Für Schulkinder kann die gezielte Sprachförderung auch
vor der Teilnahme am Regelunterricht erfolgen (Limbird & Stanat, 2006), wie
dies beispielsweise in sogenannten Vorkursen erfolgt (Redder et al., 2011). Auch
der DaZ Unterricht kann zur gestützten Submersion gezählt werden, der für die
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 177

mehrsprachigen Kinder zusätzlich zum regulären Unterricht angeboten wird. Ziel


des DaZ Unterrichts ist es, die sprachlichen Fähigkeiten in der Unterrichtsspra-
che zu fördern (Schneider et al., 2013). Daher wird DaZ Unterricht im Folgenden
auch unter dem Begriff Sprachförderung subsumiert.

Eine weitere Form bildet die Immersion. Diese umfasst ebenfalls ausschließlich
Unterricht in der Zweitsprache. Der Unterschied zur Submersion besteht darin,
dass alle Kinder zweisprachig sind und über ein homogenes sprachliches Aus-
gangsniveau verfügen. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, dass sich der ge-
samte Unterricht am sprachlichen Niveau der Kinder orientiert, was sprachför-
derlich wirken soll (Paetsch et al., 2014). Umgesetzt wird diese Form der
Sprachförderung vor allem in bilingualen Ländern, wie Kanada oder Schweiz.
Im sogenannten ‚French Immersion Program‘ werden Kinder, die im englisch-
sprechenden Teil Kanadas aufwachsen, in Französisch unterrichtet. Häufig spre-
chen die Lehrer beide Sprachen, um die Kommunikation zu vereinfachen (Jeuk,
2010). Eine weitere Form der Sprachförderung, die Ähnlichkeiten zur Immersion
aufweist, stellen sogenannte Willkommensklassen dar (March & Severin, 2016).
Diese werden beispielsweise in Berlin für neuzugewanderte Kinder eingerichtet.
Daher ist davon auszugehen, dass das sprachliche Ausgangsniveau in der Zweit-
sprache Deutsch homogen ist, worin eine Gemeinsamkeit zwischen Willkom-
mensklassen und anderen Immersionsprogrammen besteht. Die Erstsprachen der
Kinder können sich allerdings stark unterscheiden, weswegen eine Kommunika-
tion in der Erstsprache häufig nicht möglich ist. Ziel der Willkommensklassen ist
vor allem die Förderung der sprachlichen Fähigkeiten im Deutschen, um die
Teilnahme am Regelunterricht zu ermöglichen.

Die Transition ist eine zweisprachige Form der Sprachförderung. Der Unterricht
erfolgt sowohl in der Erst- als auch in der Zweitsprache. Jedoch soll damit in
erster Linie nicht die Mehrsprachigkeit gefördert werden, sondern der Übergang
in die Zweitsprache erleichtert werden. Der Anteil der Zweitsprache wird mit
dem Erwerbsverlauf sukzessive erhöht, bis die Erstsprache nicht mehr benötigt
wird (Paetsch et al., 2014). Eine wichtige Voraussetzung dabei ist, dass die Kin-
178 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

der über die gleichen Erst- und Zweitsprachen verfügen, was eine Realisierung
häufig erschwert.

Darüber hinaus gibt es auch durchgängige zweisprachige Formen, die die Mehr-
sprachigkeit zum Ziel haben. Einen Überblick dazu, auch welche Formen in
Deutschland realisiert werden, liefern Limbird und Stanat (2006). Da diese For-
men allerdings nicht im Fokus dieser Arbeit stehen, sollen sie hier nicht weiter
ausgeführt werden.

Um diese beschriebenen Grundformen noch detaillierter zu beschreiben, werden


im Folgenden die Realisierungsformen von Sprachförderung anhand zentraler
Merkmale systematisiert. Diese können folgendermaßen gegliedert werden:

 Ort der Sprachförderung


 Häufigkeit der Sprachförderung
 Zeitraum der Sprachförderung
 Zielgruppe der Sprachförderung
 Förderkraft der Sprachförderung

Zunächst können drei Orte der Sprachförderung in der Altersgruppe der Vor-
und Grundschulkinder unterschieden werden: Sprachförderung im Kindergarten,
in der Grundschule (Redder et al., 2011; Schneider et al., 2013) und außerhalb
von öffentlichen Bildungsinstitutionen wie Feriencamps (Kowoll, Strietholt &
Bos, 2013). Gleichzeitig gibt es auch Mischformen, indem Kindergarten und
Grundschule für die Sprachförderung der Vorschulkinder kooperieren (Lisker,
2011).

Darüber hinaus ist die Häufigkeit der Sprachförderung ein wichtiges Merkmal
der Realisierungsformen. Die Häufigkeit kann als Kontinuum betrachtet werden,
das an einem Ende durch alltagsintegrierte Sprachförderung beschrieben werden
kann. Diese findet sich vor allem in Kindergärten. In Schulen ist dieser Ansatz
auch zu finden, indem der Unterricht entsprechend der sprachlichen Fähigkeiten
der Kinder gestaltet wird. Das andere Ende bildet die additive, punktuelle
Sprachförderung, die zu bestimmten Zeitpunkten stattfindet, was sich in der
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 179

Häufigkeit auch stark unterscheiden kann. So gibt es Sprachförderkonzepte, die


mehrere Stunden täglich bis zweimal pro Woche umfassen (Redder et al., 2011).

Auch der Zeitraum der Sprachförderung ist ein weiteres wichtiges Merkmal.
Einerseits in Hinblick auf das Kind, in welchem Alter es gefördert wird. Ande-
rerseits in Hinblick auf die Dauer, wie lange die Sprachförderung stattfindet.
Auch hier können Redder et al. (2011) in ihrer Bilanz zur Sprachförderung in-
nerhalb Deutschlands eine breite Varianz finden. Es gibt Konzepte für wenige
Monaten bis hin zu zwei Jahren. Inzwischen existieren nahezu für jedes Alter
Sprachförderkonzepte. Mit der Bund-Länder-Initiative BISS, die Sprachförde-
rung nach Elementar-, Primar- und Sekundarbereich gliedert, gibt es auch eine
deutschlandweite Strategie die vorhandenen Konzepte für alle Altersbereiche
systematisch zu erfassen (Becker-Mrotzek et al., 2016). Im Fokus dieser Arbeit
stehen jedoch die Kinder im Vor- und Grundschulalter.

Ein weiteres Merkmal ist die Zielgruppe der Sprachförderung. Hier können
zunächst primäre und sekundäre Zielgruppen unterschieden werden. Die primäre
Zielgruppe der Sprachförderung bilden jeweils die Personen, deren Spracher-
werb gefördert werden soll, also im Rahmen dieser Arbeit Kinder im Vor- und
Grundschulalter. Als sekundäre Zielgruppe kann bezeichnet werden, an wen sich
die Maßnahmen richten, um letztlich die primäre Zielgruppe zu erreichen. So
gibt es Trainings für Eltern (Buschmann, 2011) oder auch für pädagogische
Fachkräfte (Buschmann, Simon, Jooss & Sachse, 2013; Roth, Hopp & Thoma,
2015), um dadurch den Spracherwerb der Kinder zu fördern. Letztlich ist vor
allem die Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte eine Forderung vieler
Experten und auch ein wesentlicher Bestandteil in den meisten Sprachförderkon-
zepten (Schneider et al., 2013). Die primäre Zielgruppe lässt sich noch näher
beschreiben. Hier können sich Förderkonzepte für alle Kinder von Konzepten für
eine als förderbedürftig identifizierte Gruppe unterscheiden, was der Differenzie-
rung von universeller und selektiver Prävention entspricht (vgl. Kap. 5.1). Mit
diesem Merkmal ist letztlich auch die Gruppengröße verbunden. So findet eine
Förderung für alle Kinder selten in der Kleingruppe statt. Die Gruppengröße ist
180 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

dann im Sinne einer alltagsintegrierten Sprachförderung auch situativ variabel.


So kann beispielsweise eine musikalische Aktivität mit einer ganzen Kindergar-
tengruppe von 20 Kindern erfolgen. Hingegen können auch eins zu eins Situati-
onen beim sprachlich begleiteten Betrachten eines Bilderbuchs stattfinden, was
jedoch auch für additive feste Kleingruppen nicht auszuschließen ist. Wie eine
förderbedürftige Gruppe identifiziert wird, ist ebenfalls variabel. Inzwischen
scheint aber in fast allen Bundesländern der diagnostizierte Sprachstand ein
wichtiges Kriterium zu sein, auch wenn die Diagnoseinstrumente hinsichtlich
messtheoretischer Gütekriterien stark variieren (Redder et al., 2011).

Darüber hinaus lässt sich die Förderkraft der Sprachförderung als weiteres
Merkmal der Realisierungsformen beschreiben. Diese können darin unterschie-
den werden, ob sie interne Mitarbeiter der Bildungseinrichtung sind oder ob sie
zum Zweck der Sprachförderung als externe Kräfte in die Einrichtung kommen.
Auch die Qualifizierung der Förderkräfte kann variieren. Hier ist zunächst die
grundlegende Ausbildung zu unterscheiden, die als Berufsausbildung an Fach-
schulen oder an Hochschulen mit Studium abgeschlossen werden. Grundsätzlich
gilt das Thema Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache inzwischen in
allen relevanten Ausbildungen als Lerninhalt (Lisker, 2011). Zusätzlich können
auch spezifische Qualifikationen im Bereich Sprachförderung differenziert wer-
den. Hier ergibt eine Befragung, dass frühpädagogische Fachkräfte zwar eine
hohe Weiterbildungsbereitschaft zeigen und auch an vielen, aber eher kurzen
Weiterbildungen zum Thema Sprache teilnehmen, jedoch variieren Umfang und
Qualität stark (Beher, Leygraf, Stadler, Walter & Vogelfänger, 2012). Eine Be-
fragung von Lehrkräften ergibt hingegen, dass eine deutliche Mehrheit sowohl
während der Ausbildung als auch im letzten Jahr in Form einer Weiterbildung
nicht mit dem Thema Sprachförderung in Kontakt kam (Becker-Mrotzeck, Hent-
schel, Hippmann & Linnemann, 2012). Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass
die Unterscheidung der Förderkräfte hinsichtlich ihrer Qualifizierung sinnvoll zu
sein scheint. Insgesamt werden unterschiedlich qualifizierte Fachkräfte aus dem
pädagogischen, (sprach-)therapeutischen und sprachwissenschaftlichen Bereich
als Förderkräfte eingesetzt. Auch ihre Einsatzform kann auf unterschiedliche Art
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 181

erfolgen. So können Förderkräfte mit der additiven Gruppe punktuell arbeiten.


Im alltagsintegrierten Modell ist die qualifizierte Fachkraft kontinuierlich im
Einsatz, die sprachlichen Fähigkeiten zu fördern. Darüber hinaus gibt es das
Modell des Sprachberaters oder -koordinators (Redder et al., 2011). Diese sind
sowohl an Kindergärten als auch an Schulen im Einsatz, um die Fachkräfte Vor-
ort zu beraten. In seltenen Fällen arbeiten sie auch direkt mit den Kindern in der
Sprachförderung. Häufig sind diese Sprachberater oder -koordinatoren an mehre-
ren Bildungseinrichtungen tätig und daher nur punktuell verfügbar.

Diese dargestellten Merkmale der Realisierungsformen und die dargestellten vier


Grundformen helfen die vorhandenen Formen von Sprachförderung systematisch
zu beschreiben und einzuordnen. Dabei geben sie bereits Hinweise auf die damit
verbundenen didaktischen Ansätze, da diese auch mit den Realisierungsformen
interagieren.

Nach der Darstellung von Realisierungsformen der Sprachförderung, werden im


Folgenden didaktische Ansätze für Sprachförderung erläutert. Dabei lassen sich
zwei grundlegende Richtungen differenzieren, die im Folgenden als kommunika-
tionsorientiert und sprachstrukturell bezeichnet werden. Diese werden in den
nächsten beiden Abschnitten näher erläutert.

5.1.2 Kommunikationsorientierte Ansätze der Sprachförderung


Insgesamt existiert eine große Bandbreite an didaktischen Ansätzen für Sprach-
förderung, wobei nicht alle in gleichem Maße theoretisch begründet sind (Dar-
sow, Paetsch, Stanat & Felbrich, 2012). Unter dem Begriff kommunikationsori-
entierte Ansätze werden im Folgenden Didaktiken der Sprachförderung zusam-
mengefasst, die das implizite Lernen in den Vordergrund stellen (Darsow et al.,
2012), den Dialog und die Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden beto-
nen (Zehnbauer & Jampert, 2007), das Verstehen von Inhalten fokussieren
(Rösch & Stanat, 2011) sowie eine starke Orientierung an der aktuellen Situati-
on aufweisen (Jeuk, 2010). Diese Ansätze haben gemeinsam, dass sie eher der
pädagogischen Richtung zugeschrieben werden. Auch werden sie bisher über-
182 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

wiegend im elementarpädagogischen Bereich eingesetzt. Um die Gemeinsamkei-


ten der kommunikationsorientierten Ansätze weiter aufzuzeigen, werden im
Folgenden die wichtigen Merkmale näher erläutert.

Implizites Lernen
Mit der Idee des impliziten Lernens ist die theoretische Annahme verbunden,
dass vor allem der frühe Zweitspracherwerb, ähnlich wie der Erstspracherwerb,
unbewusst verläuft und daher eine explizite Regelvermittlung nicht förderlich ist.
Dies ist vor allem den nativistischen Ansätzen zum Spracherwerb und in Teilen
auch den interaktionistischen Ansätzen zuzuschreiben (vgl. Kap. 2.2). Hinsicht-
lich der theoretischen Hypothesen zum Zweitspracherwerb stimmt die Idee des
impliziten Lernens innerhalb der Sprachförderung mit der Identitätshypothese
(vgl. Kap. 2.3.2) und auch in Ansätzen mit der Inputhypothese (vgl. Kap. 2.3.5)
überein.

Implizites Lernen zeichnet sich dadurch aus, dass dem Lernenden das Lernziel
und auch der Lernprozess als solcher nicht bewusst sind (Hulstijn, 2005). Für die
Sprachförderung bedeutet dies, dass die Aufmerksamkeit des Lernenden nicht
auf sprachliche Regeln gerichtet wird (Rösch & Stanat, 2011), sondern die
Kommunikation und deren Inhalte im Vordergrund stehen (Ennemoser &
Krajewski, 2014). Die Idee ist, dass der Spracherwerb beiläufig stattfindet, in-
dem sich der Lernende sprachliche Symbole und Regeln ohne explizite Anlei-
tung implizit erschließt. Die Förderkraft verzichtet also darauf, Ziele der Sprach-
förderung und sprachliche Regeln explizit zu machen. Auch findet dadurch keine
bewusste Kontrolle des Lernprozesses durch den Lerner statt (Krapp & Seidel,
2014).

Die Metaanalyse von Norris und Ortega (2000), die die Wirksamkeit des implizi-
ten Lernens im Zweit- bzw. Fremdspracherwerb in 49 Studien mit expliziten
Ansätzen vergleicht, bestätigt dem impliziten Lernen als Vermittlungsstrategie
einen mittleren Effekt gegenüber Vergleichs- und Kontrollgruppen. Jedoch bleibt
kritisch anzumerken, dass die Datenqualität in manchen einbezogenen Studien
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 183

fraglich ist (Shin, 2010). Auch werden stark unterschiedliche Designs ohne Dif-
ferenzierung aufgenommen. Insgesamt beruhen die Ergebnisse vor allem auf
experimentellen Studien, deren externe Validität als gering einzuschätzen ist.
Auch die Operationalisierung des Konstrukts implizites Lernen ist erwartungs-
gemäß in den einbezogenen Studien äußerst heterogen. Dies schmälert die Aus-
sagekraft der Metaanalyse erheblich. Eine aktuellere Metaanalyse von Spada und
Tomita (2010) versucht mit einer strengeren Auswahl der 41 einbezogenen Stu-
dien eine höhere Aussagekraft zu erreichen. Ihrem Ergebnis nach weist implizi-
tes Lernen nur einen kleinen Effekt auf. Jedoch ist auch hier zu kritisieren, dass
sowohl die Dauer der Intervention mit maximal zehn Stunden als auch die Aus-
wahl der Stichprobe mit überwiegend älteren Lernern erhebliche Einschränkun-
gen mit sich bringt (Paetsch et al., 2014). So ist die Übertragbarkeit der Erkennt-
nisse auf die Sprachförderung von Vor- und Grundschulkinder fraglich. Denn die
theoretischen Überlegungen sprechen sich insbesondere für das implizite Lernen
bei jüngeren Kindern aus, die die Zweitsprache ähnlich wie die Erstsprache er-
werben können. Dies mag auch ein Grund dafür sein, warum vor allem im Kin-
dergartenbereich Sprachförderansätze vorherrschen, die das implizite Lernen in
den Vordergrund stellen (Hofmann et al., 2008).

Dialog und Interaktion


Die Betonung von Dialog und Interaktion innerhalb von Sprachförderung ist eng
mit dem impliziten Lernen verbunden. Dies geht stark auf die theoretischen
Annahmen der Input- und Interaktionshypothese zum Zweitspracherwerb zurück
(vgl. Kap. 2.3.5). Demnach können Kinder für den Erwerb der Zweitsprache alle
nötigen sprachlichen Fähigkeiten im Rahmen von Dialogen und Interaktionen
erwerben.

Dafür ist vor allem die Interaktion zwischen Kind und Erwachsenen geeignet, da
sie eine höhere Qualität liefert als die Interaktion zwischen gleichaltrigen Kin-
dern (Dickinson, 2002). Die Studie von Tabors, Snow und Dickinson (2001)
belegt auch einen Zusammenhang zwischen dem Interaktionsverhalten von Er-
wachsenen mit Kindern und den späteren sprachlichen Fähigkeiten der Kinder.
184 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Überträgt man diese Erkenntnisse auf Sprachförderansätze in Bildungseinrich-


tungen, rücken die Förderkraft und ihr Verhalten in den Fokus.

Beller und Beller (2009) stellen in diesem Kontext eine Liste an Verhaltenswei-
sen zusammen, die auf theoretischen Überlegungen zum Zweitspracherwerb
basieren und innerhalb der Interaktion mit Kindern als sprachförderlich gelten. In
Verbindung mit Ennemoser und Krajewski (2014) lassen sich dafür zwei Kate-
gorien bilden:

 Sprachanregung zu kindlichen Äußerungen


 Modellierung von kindlichen Äußerungen

Als Sprachanregung können Förderkräfte ihr kommunikatives Verhalten dahin-


gehend ausrichten, dass sie kindliche Äußerungen nicht unterbinden, sondern
bewusst wahrnehmen, Interesse und Geduld dafür zeigen und die Kinder nicht
unterbrechen. Innerhalb der Interaktion können Förderkräfte zusätzlich sprachli-
che Anregungen bieten, indem sie offene Fragen stellen, die auf Ereignisse,
Absichten oder Meinungen der Kinder abzielen. Auch können sie dazu auffor-
dern, Gesagtes zu präzisieren oder genauer zu differenzieren.

Modellierung umfasst korrigierendes Feedback, bei dem nichtzielsprachliche


Äußerungen des Kindes von der Förderkraft korrekt wiederholt werden ohne
eine Wertung abzugeben. Außerdem gehören dazu Reformulierungen und Ex-
pansionen kindlicher Äußerungen durch die Förderkraft. Dabei werden Äuße-
rungen des Kindes aufgegriffen und weiter ausgeführt, ergänzt oder präzisiert.
Auch wird ein Kind bei offensichtlichen Formulierungsschwierigkeiten durch
die Förderkraft unterstützt. Beller und Beller (2009) können in ihrer Studie
nachweisen, dass dieses Verhalten über ein halbes Jahr die Entwicklung der
basalen sprachlichen Fähigkeiten vierjähriger mehrsprachiger Kinder aus sozial
benachteiligten Familien gegenüber einer Vergleichsgruppe fördert. Für eine
ältere Gruppe von fünfjährigen Kindern ergeben sich allerdings keine Unter-
schiede im Erwerbsverlauf zwischen Förder- und Vergleichsgruppe. Auch ist die
Einordnung der Wirksamkeit schwierig, da keine Effektstärken berichtet werden.
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 185

Als weiteren wichtigen Punkt bei Dialogen und Interaktionen zwischen Förder-
kraft und Kind nennen Ennemoser und Krajewski (2014) die Motivation des
Kindes. Die Inhalte sollten sich daher an den Interessen des Kindes orientieren.
Auch kann bewusstes Loben der Förderkraft motivationsfördernd für das Kind
sein.

Darüber hinaus ist innerhalb des Dialogs und der Interaktion nicht nur das
sprachliche Verhalten relevant, sondern es können auch Handlungen, Mimik und
Gestik bewusst eingesetzt werden. So betonen Fuchs und Miosga (2014) die
Bedeutung der Kongruenz zwischen den vermittelten Informationen auf allen
Ebenen der Interaktion, also der Sprache, der Handlung, der Mimik und der
Gestik. So wird dem Kind erleichtert, die Inhalte innerhalb der Interaktion mit
der Förderkraft zu erfassen.

Diese Überlegungen setzt auch das Heidelberger Interaktionstraining für Erzie-


herinnen in Krippe und Kindergarten (Buschmann, Jooss, Simon & Sachse,
2010) sowie für Eltern (Buschmann, 2011) um. Hier steht ebenso die Interaktion
zwischen dem Erwachsenen und dem Kind im Vordergrund. Dabei werden ex-
plizit längere Gesprächssituationen, wie Mahlzeiten, freies Spiel und Betrachten
eines Bilderbuchs als geeignete Interaktionen identifiziert (Dickinson, 2002).
Studien belegen die Wirksamkeit dieses Ansatzes, der Förderkräfte hinsichtlich
sprachanregender Interaktionen weiterbildet, für sehr junge Kinder zwischen
zwei und drei Jahren (Buschmann & Jooss, 2011), aber auch für ältere Kinder-
gartenkinder zwischen zwei und sechs Jahren, worunter auch mehrsprachige
Kinder sind (Jungmann, Koch & Etzien, 2013).

Das dialogische Lesen stellt eine besondere Situation dar, in der diese sprachför-
derlichen Verhaltensweisen besonders zum Tragen kommen und gleichzeitig der
Aspekt des Erzählens in den Vordergrund rückt, da eine Erzählung zum Gegen-
stand der Interaktion wird. Das dialogische Lesen kann als Mischform zwischen
freiem Erzählen und Vorlesen verstanden werden, da über den Inhalt des Buches
hinaus Dialoge und Interaktionen entstehen (Fuchs & Miosga, 2014). Dabei ist
die Förderkraft gefordert, die oben genannten sprachförderlichen Verhaltenswei-
186 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

sen zu zeigen. Kinder sollen im Rahmen des dialogischen Lesens besonders in


die Lage versetzt werden, ihren Wortschatz zu erweitern aber auch grammatika-
lische Regeln aus sprachlichen Regelmäßigkeiten abzuleiten (Ennemoser &
Krajewski, 2014). Die Wirksamkeit des dialogischen Lesens kann bereits in den
1990er Jahren im US-amerikanischen Raum für Vor- und Grundschulkinder
nachgewiesen werden (Whitehurst et al., 1999; Whitehurst et al., 1994). Im deut-
schen Sprachraum zeigt die Studie von Ennemoser, Kuhl und Pepouna (2013)
die Wirkung des dialogischen Lesens auf die produktiven sprachlichen Fähigkei-
ten für mehrsprachige Vorschulkinder. Dabei werden 22 Kinder mit Sprachför-
derbedarf in acht Fördereinheiten über ein bis zwei Monate nach dem didakti-
schen Ansatz des dialogischen Lesens gefördert. Die Kontrollgruppe mit 23
Kindern ist aufgrund eines Matchingverfahrens vergleichbar und nimmt an der
konventionellen Sprachförderung teil. Bemerkenswert ist, dass trotz des kurzen
Förderumfangs bereits kleine bis mittlere Effekte des dialogischen Lesens be-
obachtbar sind. Dies gilt als weiterer Beleg dafür, dass sprachanregende und
modellierende Verhaltensweisen der Förderkraft in der Interaktion mit Kindern
sprachförderlich sind.

Neben den Verhaltensweisen der Förderkraft betonen Zehnbauer und Jampert


(2007) die besondere Bedeutung der Eigenaktivität des Kindes. Dabei wird in
den Fokus gerückt, dass das Kind für den Spracherwerb nicht nur auf sprachli-
chen Input angewiesen ist, sondern vor allem selbst Sprache produzieren muss,
also selbst aktiv werden muss, um die eigenen sprachlichen Fähigkeiten auszu-
bilden. Dazu ist neben dem bereits genannten sprachanregenden und motivieren-
den Verhalten der Förderkraft, auch eine anregungsreiche Umwelt wichtig. Diese
Auffassung entspricht auch der allgemeineren Lerntheorie des gemäßigten Kon-
struktivismus, die u.a. die Aktivität des Lernenden als zentrales Element des
Lernprozesses beschreibt (Reinmann & Mandl, 2006).

Ein weiterer Aspekt, um die Prinzipien von Dialog und Interaktion im Rahmen
von Sprachförderung zu realisieren, ist die Interaktion unter Gleichaltrigen. Im
Kindergarten kann dies häufig über das freie Spiel realisiert werden. In der
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 187

Grundschule ist hier beispielsweise die Gruppenarbeit eine Möglichkeit zur


Umsetzung. Ellis (2005) fasst in einem Literaturüberblick Vor- und Nachteile
von Kleingruppen- oder Partnerarbeit im Rahmen von Sprachförderung zusam-
men. Als wichtiger Vorteil ist die häufigere sprachliche Aktivität jedes einzelnen
Kindes zu nennen, wenn sie in Kleingruppen interagieren. Auch kann die Klein-
gruppe auf motivationaler Ebene Vorteile aufweisen, indem die Angst vor nicht-
zielsprachlichen Äußerungen unter Peers geringer sein kann und damit die
Hemmschwelle selbst aktiv zu werden und Sprache zu produzieren niedriger
liegt. Dabei ist es jedoch wichtig, der Kleingruppe eine passende Aufgabe zu
geben. Dies kann bei Vor- und Grundschulkindern auch ein kooperatives Spiel
sein, das auch sprachliche Interaktion erfordert. Auch die Lerntheorie des gemä-
ßigten Konstruktivismus betont die Bedeutung des sozialen Aspekts im Lernpro-
zess (Reinmann & Mandl, 2006), was für die Interaktion in Kleingruppen unter
Gleichaltrigen spricht.

Bedeutungsfokussierung
Eine Präzisierung der bereits dargestellten Aspekte kommunikationsorientierter
Ansätze zur Sprachförderung, stellt die Bedeutungsfokussierung dar, die auch
unter dem Begriff ‚Focus on Meaning‘ bekannt ist. Sie rückt ebenfalls das impli-
zite Lernen in den Vordergrund, indem Sprache als Kommunikationsmittel und
nicht als Lerngegenstand verstanden wird (Paetsch et al., 2014). Die Zweitspra-
che soll also wie die Erstsprache implizit erworben werden. Dies hat auch zur
Folge, dass die Sprache selbst, also ihre Strukturen und Regeln, kein Thema der
Sprachförderung ist. Die Sprache dient ausschließlich dazu, sich über Inhalte
auszutauschen und wird dabei beiläufig erworben (Darsow et al., 2012). Im
Zentrum dieses Ansatzes steht also das Verstehen von Bedeutungen und die
erfolgreiche Kommunikation, um Sprache zu erwerben (Rösch & Stanat, 2011).

Theoretisch basiert der Ansatz der Bedeutungsfokussierung auf Krashens (2009)


Überlegungen zum Zweitspracherwerb, die in der Inputhypothese zusammenge-
fasst sind (vgl. Kap. 2.3.5). Darüber hinaus betont Ellis (2005) aus theoretischer
Perspektive die Relevanz echter Kommunikationssituationen für bedeutungsfo-
188 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

kussierte Sprachförderung. Denn es wird davon ausgegangen, dass nur in echten


Kommunikationssituationen das Produzieren und Verstehen von Sprache förder-
lich wirkt. Echte Kommunikationssituationen sollen auch flüssiges Sprechen
fördern und gleichzeitig motivierend für den Lernenden wirken.

Allerdings soll bedeutungsfokussierte Sprachförderung nicht im Sinne von Sub-


mersion (vgl. Kap. 5.1.1) ohne bewusste Strategien der Förderkraft ablaufen.
Damit Lernende sich die Bedeutungen erschließen können, soll die Förderkraft
Hilfestellungen anbieten, indem Bedeutungen sprachlich erklärt werden oder
auch mithilfe von Gegenständen oder Bildern visualisiert werden (Darsow et al.,
2012). Auch der Kontext der Kommunikation sowie das eigene Vorwissen kön-
nen dem Lernenden helfen, Bedeutungen zu erschließen. So sollte die Förder-
kraft die Kontextualisierung der Inhalte besonders berücksichtigen. Eine Anpas-
sung des sprachlichen Inputs sieht der bedeutungsfokussierte Ansatz allerdings
nicht vor. So wird davon ausgegangen, dass ein vereinfachter Sprachinput eher
hinderlich ist, indem auf komplexe Strukturen verzichtet wird und diese dadurch
nicht erworben werden können (Darsow et al., 2012). Demnach steckt im unge-
steuerten Sprachinput genug Information, um sich Bedeutung und Regeln der
Sprache zu erschließen (Ellis, 2005).

Empirisch gibt es bislang keine eindeutigen Hinweise, dass der bedeutungsfo-


kussierte Ansatz für mehrsprachige Kinder wirksam ist. Die Studie von Stanat,
Becker, Baumert, Lüdtke und Eckhardt (2012) vergleicht diesen Ansatz der
Sprachförderung mit keiner Förderung. Die Intervention wird im Rahmen eines
Feriencamps mit dem Thema Theater realisiert und findet täglich über drei Wo-
chen statt. Allerdings kann für mehrsprachige Grundschulkinder der dritten
Klasse kein Effekt auf die sprachlichen Fähigkeiten nachgewiesen werden. Eine
Fortführung dieser Forschung in einer weiteren Studie mit mehrsprachigen Dritt-
klässlern zeigt bisher einen kurzfristigen Effekt des bedeutungsfokussierten
Ansatzes für Fähigkeiten im Wortschatz. Für andere Bereiche der sprachlichen
Fähigkeiten lässt sich keine Wirkung des Sprachförderansatzes nachweisen
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 189

(Paetsch et al., 2014). Weitere Details zu diesen beiden Studien werden in Kapi-
tel 5.2 dargestellt und entsprechend eingeordnet.

Situationsorientierung
Die Situationsorientierung betont im Rahmen der in diesem Abschnitt dargestell-
ten kommunikationsorientierten Ansätze zur Sprachförderung, dass der Sprach-
erwerb nicht auf punktuelle Fördereinheiten begrenzt ist, sondern innerhalb be-
deutungsvoller Situationen im Alltag stattfindet (Jungmann & Albers, 2013).
Diese Auffassung ist auch unter dem Begriff der ganzheitlichen Sprachförderung
bekannt (Lisker, 2011; Zehnbauer & Jampert, 2007). Dabei wird der Gegensatz
zu festen Förderprogrammen betont, die zu bestimmten Zeitpunkten mit be-
stimmten Inhalten realisiert werden. Bei der Situationsorientierung gelten alle
Interaktionen im Alltag als Möglichkeit zur Sprachförderung (Jeuk, 2010). Die
Förderkraft folgt also nicht einem vorgegebenen Plan, sondern nutzt situativ
Aktionen im Alltag, um diese sprachförderlich zu gestalten. Dabei ist es wichtig,
sich inhaltlich an den Bedürfnissen und Interessen des Kindes zu orientieren. So
kann die Motivation der Kinder hochgehalten werden (Jungmann & Albers,
2013). Dies stellt an die Förderkraft allerdings auch hohe Anforderungen. So
sollte jede Alltagssituation sprachförderlich entsprechend den kindlichen Be-
dürfnissen genutzt werden. Dies setzt auch eine hohe Qualifikation und Erfah-
rung auf Seiten der Förderkraft voraus. Schneider et al. (2013) geben daher zu
bedenken, dass dieser Ansatz der Sprachförderung auch zur Überforderung der
Förderkraft führen kann, da man ständig gefordert ist. Damit steht auch eine
weitere mögliche Gefahr im Zusammenhang. So befürchtet Jeuk (2010), dass
Kinder mit intensivem Sprachförderbedarf nicht die entsprechende Unterstüt-
zung erhalten, die sie benötigen, da sie im Alltag aus dem Blick der Förderkraft
geraten. Nichtsdestotrotz bedient sich der situationsorientierte Ansatz ebenfalls
an einem zentralen Aspekt der Lerntheorie des gemäßigten Konstruktivismus.
Demnach ist Lernen ein situativer Prozess, der immer mit der jeweiligen Situati-
on und deren spezifischen Kontext verbunden ist (Reinmann & Mandl, 2006).
190 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Das Projekt EvaniK setzt sich mit sprachförderlichen Settings im Alltag näher
auseinander, indem in niedersächsischen Kindergärten zunächst deskriptiv er-
fasst wird, wie die Interaktionen in unterschiedlichen Alltagssituationen zwi-
schen Förderkraft und Kind gestaltet sind (Koch & Hormann, 2014). Dabei wer-
den drei Arten von alltäglichen Situationen unterschieden. In kommunikations-
bezogenen Situationen dient die Sprache in erster Linie der Mitteilung. Eine
typische Situation dafür sind zum Beispiel Gespräche während des Essens. In
bildungsbezogenen Situationen wird Sprache eingesetzt, um Wissen zu vermit-
teln, zum Beispiel beim Betrachten eines Buchs. Die dritte Art von Situationen
nutzt Sprache handlungsbegleitend. Ein Beispiel dafür ist das freie Spiel. Koch
und Hormann (2014) können zeigen, dass die kommunikations- und bildungsbe-
zogenen Situationen im Kindergartenalltag im Sinne einer dialogischen Kom-
munikation als sprachförderlich gelten können. Sie zeichnen sich durch häufige
Sprecherwechsel und eine ausgewogene Sprechzeit zwischen Förderkraft und
Kind aus. Hingegen ist die eher freie Situation, in der Sprache vor allem hand-
lungsbegleitend eingesetzt wird, in geringerem Maße als sprachförderlich zu
bezeichnen. Demnach zeichnen sich vor allem kommunikations- und bildungs-
bezogene Situationen im Alltag als sprachförderlich aus.

Fazit zu den kommunikationsorientierten Ansätzen der Sprachförderung


In den vorangegangenen Abschnitten wurden vier wesentliche Merkmale kom-
munikationsorientierter Ansätze der Sprachförderung dargestellt. Fasst man dies
zusammen, lassen sich folgende Punkte daraus schließen. Diese Form von
Sprachförderung verfolgt hauptsächlich das implizite Lernen, indem sowohl der
Lernprozess als auch das Lernziel dem Lernenden nicht bewusst sind. Ebenso
stehen Dialog und Interaktion zwischen dem Kind und der Förderkraft im Fokus.
Daraus lassen sich bestimmte Verhaltensweisen für die Förderkraft ableiten, die
zum einen das Kind zu sprachlichen Äußerungen anregen und zum zweiten kind-
liche Äußerungen modellieren. Die Bedeutungsfokussierung ist ein weiteres
wichtiges Merkmal kommunikationsorientierter Ansätze der Sprachförderung.
Sie versteht Sprache in erster Linie als Kommunikationsmittel und verfolgt daher
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 191

das implizite Lernen, indem man sich über Inhalte austauscht. Als viertes Merk-
mal lässt sich die Situationsorientierung festhalten. Sie betont, dass Sprachförde-
rung in allen Interaktionen des Alltags stattfinden kann. Als besonders sprach-
förderlich gelten dabei Situationen, die mehrere Sprecherwechsel und eine Aus-
gewogenheit der Sprechzeiten aufweisen. Diese vier Merkmale können den
kommunikationsorientierten Ansätzen der Sprachförderung zugeschrieben wer-
den.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass alle vier Merkmale theoretisch begründet sind
und in der praktischen Anwendung für bestimmte Formen ihre Berechtigung
haben. Allerdings fehlt es häufig an einer systematischen empirischen Überprü-
fung dieser Merkmale, um eine fundierte Einschätzung zu treffen für welche
Konstellation welches Merkmal didaktisch wirksam eingesetzt werden sollte.

5.1.3 Sprachstrukturelle Ansätze der Sprachförderung


Nach der Darstellung wesentlicher Merkmale kommunikationsorientierter An-
sätze der Sprachförderung, werden in diesem Abschnitt Gemeinsamkeiten der
sprachstrukturellen Ansätze beschrieben. Diese umfassen häufig aber nicht aus-
schließlich eher explizites Lernen (Darsow et al., 2012), rücken den systemati-
schen Sprachinput in den Vordergrund (Guadatiello, 2007), fokussieren die
sprachlichen Formen, Strukturen und Regeln (Rösch & Stanat, 2011) und weisen
konkrete Förderziele auf, die sich an der Systematik der Sprache orientieren
(Jungmann & Albers, 2013). Diese Ansätze können eher der sprachwissenschaft-
lichen Richtung zugeschrieben werden. Sie stammen meist aus der Fremdspra-
chendidaktik für ältere Lernende. Empirische Überprüfungen dieser theoreti-
schen Annahmen liegen für Vor- und Grundschulkinder im frühen Zweitsprach-
erwerb allerdings kaum vor (Kaltenbacher & Klages, 2011). Um die Gemein-
samkeiten der sprachstrukturellen Ansätze weiter aufzuzeigen, werden im Fol-
genden die wichtigen Merkmale näher erläutert.
192 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Explizites Lernen
Explizites Lernen ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Lernenden der Lernge-
genstand bewusst ist. Er kennt also das konkrete Lernziel der Fördereinheit
(Hulstijn, 2005). Inhalt der Sprachfördereinheit ist vor allem die zu erwerbende
Sprache selbst mit ihren Formen und Strukturen, was ausdrücklich thematisiert
wird. Durch die Förderkraft werden Regeln und Strukturen der Sprache bewusst
gemacht und erklärt (Ennemoser & Krajewski, 2014). Insbesondere Wortschatz
und Grammatik stehen dabei im Fokus (Paetsch et al., 2014). Dazu gehört nach
Norris und Ortega (2000) auch, dass die Förderkraft dazu auffordert, bestimmte
sprachliche Formen zu verwenden. Auch der bewusste und angeleitete Vergleich
zwischen der Erst- und Zweitsprache ist ein Merkmal expliziten Lernens (Spada
& Tomita, 2010). Diese Aktivitäten auf Seiten der Förderkraft, die explizites
Lernen ermöglichen, führen auch dazu, dass der Lernende bewusst über den
Lerngegenstand reflektiert (Hofmann et al., 2008). Insgesamt stellt explizites
Lernen den Gegenpol zum impliziten Lernen dar, was bereits im vorangegangen
Abschnitt dargestellt wurde (vgl. Kap. 5.1.2).

Explizites Lernen ist vor allem im traditionellen Fremdsprachenunterricht anzu-


treffen. Aufgrund des bisher kaum nachzuweisenden Erfolgs impliziten Lernens
für mehrsprachige Kinder vor allem in Kindergartenalter, schlagen Hofmann et
al. (2008) auch für diese Zielgruppe vor, explizites Lernen anzubieten, das auch
die Reflexion über die Erst- und Zweitsprache ermöglicht. Aus theoretischer
Perspektive wird diskutiert, dass insbesondere komplexe sprachliche Strukturen
explizit erlernt werden sollen, da das Erschließen dieser komplexen Strukturen
allein aus dem sprachlichen Input ohne jeglicher Anleitung als zu schwierig
betrachtet wird (Spada & Tomita, 2010). Hier soll das Explizitmachen von zu-
grundeliegenden Regeln den Erwerb vereinfachen.

Die bereits erwähnte Metaanalyse von Norris und Ortega (2000) fasst die Ergeb-
nisse aus 49 Studien zum impliziten und expliziten Lernen von Zweit- und
Fremdsprachen zusammen. Für das explizite Lernen ergibt sich dabei ein großer
Effekt. Dieses Ergebnis können Spada und Tomita (2010) in ihrer aktuelleren
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 193

Metaanalyse bestätigen. Weiterhin differenzieren sie zwischen einfachen und


komplexen sprachlichen Formen, die erworben werden. Die Ergebnisse bestäti-
gen die zuvor dargestellte theoretische Überlegung, dass vor allem komplexe
sprachliche Formen mit explizitem Lernen erworben werden. Aber auch für
einfache sprachliche Formen lässt sich ein mittlerer Effekt des expliziten Lernens
nachweisen. Die bereits dargestellte Kritik an den beiden Metaanalysen (vgl.
Kap. 5.1.2) gilt auch für das explizite Lernen. Insgesamt ist es ein herausfor-
derndes Unterfangen solch umfassende Aspekte wie das implizite und explizite
Lernen im Spracherwerb auf einer Metaebene zusammenzufassen und ein Urteil
über deren Wirksamkeit abzugeben. So würde eine Metaanalyse, die genauere
Differenzierungen bzw. größere Einschränkungen hinsichtlich der Rahmenbe-
dingungen, Stichprobe und Operationalisierung vornimmt, für diesen Bereich an
Aussagekraft gewinnen. Um diese Metaanalyse zu realisieren, sind allerdings
zunächst weitere Studien nötig, die vor allem im Vor- und Grundschulalter
durchgeführt werden und ihre didaktischen Ansätze detailliert darstellen.

Systematischer Sprachinput
Aus einer sprachstrukturellen Perspektive ist der systematische Sprachinput von
besonderer Bedeutung. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er sich an der
sprachlichen Progression des Kindes orientiert (Jampert et al., 2007). Im Sinn
Vygotskijs (2002) wird systematischer Sprachinput aus der Zone der nächsten
Entwicklung angeboten. Dies soll vor allem den Erwerb sprachlicher Strukturen
befördern (Hopp et al., 2010). Jedoch ist ein systematischer Sprachinput nicht
per se mit expliziten Lernprozessen verbunden. Beide Aspekte können jedoch
den sprachstrukturellen didaktischen Ansätzen der Sprachförderung zugeschrie-
ben werden.

Die Untersuchung erwachsener Fremdsprachenlerner von Winkler (2011) bestä-


tigt, die wichtige Rolle des systematischen Sprachinputs. So kann die Unter-
richtsgruppe, die bereits von Beginn an mit verschiedenen Satzbauvariationen
des Deutschen in einem systematischen Sprachinput konfrontiert wird, diese im
Laufe des zehnwöchigen Kurses mit insgesamt 60 Unterrichtseinheiten, ziel-
194 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

sprachlich erwerben. Die Vergleichsgruppe, die erst im letzten Drittel des Kurses
mit diesen Strukturen im Sprachinput konfrontiert wird, kann diese nicht im
gleichen Umfang erwerben. Kaltenbacher (2013) betont die Bedeutung des
Sprachinputs auch für junge Zweitsprachenlerner im Vor- und Grundschulalter.
Mit wenigen Variationen, aber häufigen Wiederholungen soll es dem Lernenden
vereinfacht werden, sprachliche Strukturen zu erkennen, Regeln draus abzuleiten
und diese selbst zu verwenden. Diese Erkenntnis basiert auf Erprobungen und
praktische Erfahrungen in der Sprachförderung. Studien mit (quasi-
)experimentellen Designs, die verschiedene didaktische Varianten vergleichen,
sind dazu im frühen Zweitspracherwerb nicht bekannt.

Der systematische Sprachinput grenzt sich von den Schwerpunkten Dialog und
Interaktion, die der kommunikationsorientierten Perspektive zuzuordnen sind
(vgl. Kap. 5.1.2), dahingehend ab, dass weniger die Verhaltensweise der Förder-
kraft (Beller & Beller, 2009; Buschmann et al., 2013), sondern vor allem der
Inhalt des Sprachinputs im Fokus steht. Dabei soll im besten Fall entsprechend
dem kindlichen Sprachstand geplant werden, welchen Wortschatz und vor allem
welche grammatischen Strukturen im Sprachinput systematisch angeboten wer-
den. So soll der natürliche Spracherwerbsprozess unterstützt werden (Piene-
mann, 1989). Dieser Ansatz ist also kaum in jeder Alltagssituation anzuwenden,
wie es die kommunikationsorientierte Perspektive mit der Betonung von Interak-
tion und Dialog vorsieht, sondern ist vor allem für systematisch geplante Sprach-
fördereinheiten praktikabel. Dazu ist es wichtig, den Sprachstand der Lernenden
zu kennen, um eine Passung zwischen individuellem Sprachstand und angebote-
nem Sprachinput im Sinne einer entwicklungsproximalen Förderung herzustel-
len. Dieser Ansatz von Sprachförderung verlangt also auch nach einem diagnos-
tischen Element (Chilla et al., 2010). In diesem Zusammenhang ist auch ein
homogener Sprachstand innerhalb der Gruppe von Lernenden sinnvoll, woran
sich der systematische Sprachinput einheitlich orientieren kann. Wie aber genau
der Sprachinput zu gestalten ist, um sprachförderlich zu wirken, ist empirisch
weitgehend unbeantwortet. So gibt es zwar Untersuchungen, die deskriptiv das
sprachliche Verhalten von Förderkräften beschreiben und auch theoriegeleitet
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 195

eine Bewertung dessen vornehmen (Koch & Hormann, 2014). Jedoch fehlt eine
empirische Bestätigung anhand quasiexperimenteller Designs, um zu beurteilen,
welches sprachliche Verhalten zu bevorzugen ist. Hierzu wären sowohl quantita-
tive Aspekte relevant, also wie viele bestimmte Äußerungen sinnvoll sind oder
wie groß der Redeanteil der Förderkraft insgesamt zu sein hat, als auch qualitati-
ve Aspekte, die verschiedene Formen des sprachlichen Inputs auf ihre Wirksam-
keit überprüfen (Müller, 2014).

Der systematische Sprachinput kann auch als sprachliches Vorbild verstanden


werden, was in Anlehnung an behavioristische Ansätze des Spracherwerbs (vgl.
Kap. 2.2) von den Kindern vor allem imitiert wird. Dies entspricht auch dem
Prinzip ‚Input vor Produktion‘, das Kaltenbacher und Klages (2011) für die För-
derung des frühen Zweitspracherwerbs formulieren. Demnach besteht ein Bedarf
an systematischen Sprachinput, bevor das Kind selbst sprachlich aktiv wird und
Äußerungen formuliert. Der Sprachinput kann also die Lernenden dazu anregen,
die Äußerungen zu imitieren (Jampert et al., 2007).

Diese Idee verfolgen auch Reime und Lieder, die auch als sprachlicher Input
gelten. Diese werden sowohl von der Förderkraft aber auch vom lernenden Kind
selbst häufig wiederholt, was positiv auf den Erwerbsverlauf wirken soll. Zudem
wird beim Wiederholen durch den Lernenden selbst vor allem die Artikulation
geübt (Apeltauer, 2007b). Für den Erwerb semantischer Aspekte ist allerdings
die anwendende Wiederholung in verschiedenen Kontexten besonders erfolgs-
versprechend (Apeltauer, 2007b; Hopp et al., 2010).

Formfokussierung
Unter dem Begriff der Formfokussierung lassen sich zwei Ausprägungen unter-
scheiden. Der eher traditionellere sprachstrukturelle Ansatz zur Sprachförderung
ist unter dem Begriff ‚Focus on FormS‘ bekannt und geht auf den Fremdspra-
chenunterricht zurück (Darsow et al., 2012). Die zweite Ausrichtung, die auch
Aspekte des kommunikationsorientierten Ansatzes zur Sprachförderung beinhal-
tet, wird unter dem Begriff ‚Focus on Form‘ zusammengefasst (Rösch & Stanat,
196 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

2011). Die Gemeinsamkeit der beiden Ausprägungen zur Formfokussierung liegt


darin, dass die Strukturen und Formen der Sprache im Zentrum der Sprachförde-
rung stehen. Im Folgenden werden die einzelnen Ausprägungen der Formfokus-
sierung näher erläutert.

Bei ‚Focus on FormS‘ steht das explizite Lernen im Vordergrund, indem die
Sprache mit ihren grammatikalischen Regeln Thema der Sprachförderung ist und
bewusst erworben werden soll. Der Inhalt und die Bedeutungsebene innerhalb
der Sprachförderung sind eher zweitrangig. Im Fokus stehen die sprachlichen
Formen und Strukturen (Rösch & Rotter, 2010).

Die Progression der Fördereinheiten richtet sich nach der Systematik der Sprache
und nicht nach dem natürlichen Erwerbsverlauf. So werden auf Grundlage einer
sprachwissenschaftlichen Analyse häufige vor weniger häufigen Regeln und
Strukturen vermittelt, genauso wie regelmäßige vor unregelmäßigen Formen. So
können Regeln und Strukturen der Sprache sukzessiv erworben werden (Darsow
et al., 2012; Rösch & Stanat, 2011). Dies kann auf unterschiedliche Weise erfol-
gen. So kann die Förderkraft die zu erwerbende Regel deduktiv vorstellen. Ge-
nauso können die Lernenden die Regeln auch induktiv anhand sprachlichen
Inputs ableiten, was allerdings anschließend bewusst als zu erwerbende Regel
formuliert wird.

Danach erfolgt ein intensives Üben, um die neu zu erwerbende Regel anzuwen-
den und zu automatisieren. Die Übungen erfüllen dabei keine kommunikative
Funktion, sondern dienen lediglich dem Trainieren der sprachlichen Regel, wo-
rauf die ganze Aufmerksamkeit gerichtet ist (Rösch & Rotter, 2010). Dabei ist
jedoch zu beachten, dass der sprachliche Inhalt und Kontext gezielt konstruiert
sind, um dieses eine Lernziel zu erreichen. Daher findet das Üben in dieser Aus-
prägung der formfokussierten Sprachförderung häufig in einem einfacheren
sprachlichen Kontext statt, als es der natürliche sprachliche Input ist (Darsow et
al., 2012). Es kommen also weniger kommunikative Übungen zum Einsatz,
sondern sie zielen bewusst auf die Regelvermittlung ab. Dadurch erwirbt der
Lernende vor allem explizites Wissen über die Sprache. Mithilfe der Übungen
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 197

wird zwar auch der Anwendung Rechnung getragen, inwiefern das eher explizite
Wissen aber auch in echten Kommunikationssituationen angewendet werden
kann, muss kritisch betrachtet werden. So formulieren diesen Aspekt auch Dar-
sow et al. (2012) als Kritik und merken darüber hinaus an, dass sich die Erwerbs-
reihenfolge nicht am natürlichen Spracherwerb orientiert, was aus theoretischer
Perspektive (vgl. Kap. 2.3.3) dem Spracherwerb nicht förderlich ist.

Befürworter von ‚Focus on FormS‘ merken jedoch an, dass eine rein implizite
Sprachförderung auch beim Zweitspracherwerb das Lernen unnötig erschweren
kann. So wird im Rahmen von ‚Focus on FormS‘ die Aufmerksamkeit bewusst
auf bestimmte sprachliche Aspekte gerichtet, was den Erwerb erleichtern soll
(Rösch & Rotter, 2010). Insbesondere bei großen Unterschieden zwischen Erst-
und Zweitsprache kann die Fokussierung von bestimmten sprachlichen Formen,
wie beispielsweise Deklinationsendungen, hilfreich sein. Andernfalls werden
kleine Unterschiede der Wortformen, die allerdings bedeutungsrelevant sind, erst
spät bemerkt und mühsam erworben.

Die zweite Ausrichtung der Formfokussierung, der ‚Focus on Form‘ Ansatz,


zeichnet sich ebenfalls durch die Betonung von sprachlichen Formen und Struk-
turen aus. Jedoch wird dabei auch die Bedeutung fokussiert, was bei ‚Focus on
FormS‘ keine Rolle spielt (Paetsch et al., 2014). Der ‚Focus on Form‘ Ansatz
lässt sich nahezu als Zwischenform innerhalb der beiden Extreme, ‚Focus on
FormS‘ sowie ‚Focus on Meaning‘ (vgl. Kap. 5.1.2), bezeichnen (Rösch & Sta-
nat, 2011). Die Grundorientierung einer ‚Focus on Form‘ Sprachfördereinheit ist
eher bedeutungsfokussiert, indem Inhalte mithilfe von Sprache vermittelt wer-
den. Untersuchungen zeigen allerdings, dass vor allem Anfänger im Zweit-
spracherwerb Schwierigkeiten haben, sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die
Sprachstruktur zu konzentrieren (VanPatten, 1990). Sie fokussieren daher vor
allem die Bedeutung, was zu Defiziten im Erwerb sprachlicher Formen und
Strukturen führen kann. Andere Untersuchungen zeigen auch, dass trotz erfolg-
reicher Kommunikation bestimmte sprachliche Formen und Strukturen im Rah-
men kommunikationsorientierter Ansätze nicht erworben werden (Harley, 1992).
198 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Diesen Herausforderungen begegnet der ‚Focus on Form‘ Ansatz, indem die


Bedeutungsfokussierung gezielt unterbrochen wird und das Bewusstsein auf die
sprachliche Struktur gerichtet wird (Darsow et al., 2012). Diese Unterbrechung
kann sowohl geplant als auch spontan stattfinden. Die geplante Variante bedarf
im Vorhinein einer ausführlichen Vorbereitung. So müssen die zu fördernden
sprachlichen Formen und Strukturen ausgewählt werden und gleichzeitig ein
kommunikativer Kontext konstruiert werden, in dem sich die sprachlichen For-
men und Strukturen realisieren lassen. Die spontane ‚Focus on Form‘ Variante
erfolgt als Reaktion auf nicht-zielsprachliche Äußerungen der Lernenden. So
wird eine inhaltlich geprägte Kommunikationssituation spontan unterbrochen,
um die sprachliche Struktur zu fokussieren und korrigieren. Wichtig ist bei bei-
den Varianten, dass die sprachlichen Formen und Strukturen im Zusammenhang
mit ihrer Funktion erworben werden, da sie kommunikativ eingebettet sind
(Rösch & Stanat, 2011). In welchem Maße die Formfokussierung stattfindet und
wie sehr sie explizit gemacht wird, kann stark variieren. Rösch und Rotter (2010)
geben dazu einen ausführlichen Überblick. Darüber hinaus ist auch die Modellie-
rung der sprachlichen Äußerungen wichtig, was auf theoretische Überlegungen
der Interaktionshypothese (vgl. Kap. 2.3.5) zurückzuführen ist und bereits im
vorangegangenen Abschnitt dargestellt wurde (vgl. Kap. 5.1.2).

Konkrete Förderziele
Ein weiterer Aspekt, wie sich sprachstrukturelle Ansätze von kommunikationso-
rientierten Ansätzen zur Sprachförderung unterscheiden, ist das Vorhandensein
konkreter Förderziele. So sind in eher situationsorientierten Ansätzen, die jede
Interaktion als Förderanlass wahrnehmen und nutzen, kaum konkrete Förderziele
zu formulieren. Sprachstrukturelle Ansätze hingegen formulieren oft konkrete
Förderziele. So richten sich diese bei ‚Focus on FormS‘ Ansätzen eher nach der
Sprache selbst, indem zunächst einfache und häufige Formen und später schwie-
rigere und seltenere Formen gefördert werden (Darsow et al., 2012).

Auch mithilfe des systematischen Sprachinputs werden konkrete Förderziele


verfolgt, indem sich der Sprachinput am natürlichen Spracherwerb orientiert
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 199

(Pienemann, 1989). Jedoch wird damit nicht die Absicht verfolgt, dass die För-
derziele nach einer Fördereinheit erreicht sind. Förderansätze, die sich am natür-
lichen Spracherwerb orientieren, vertiefen die Förderziele häufig spiral-
curricular. Das bedeutet, dass der Sprachinput die Förderziele immer wieder
aufgreift und dabei unterstützt, das Förderziel über einen längeren Zeitraum zu
erreichen (Darsow et al., 2012).

Beim eher expliziten Lernen werden die Förderziele auch bewusst gemacht und
die Aufmerksamkeit des Lernenden darauf gelenkt (Rösch & Stanat, 2011).
Darüber hinaus müssen Aktivitäten innerhalb der Sprachförderung genauer ge-
plant, vorbereitet und auf die Förderziele abgestimmt werden.

Fazit zu den sprachstrukturellen Ansätzen der Sprachförderung


Im vorangegangenen Abschnitt wurden vier zentrale Merkmale sprachstrukturel-
ler Ansätze der Sprachförderung erläutert. Zu dieser Form der Sprachförderung
zählt das explizite Lernen, das aus dem traditionellen Fremdsprachenunterricht
stammt und die Lernziele einer Fördereinheit bewusst macht. Dies soll vor allem
für den Erwerb komplexer Strukturen förderlich sein. Ein weiteres Merkmal ist
der systematische Sprachinput, der sich am natürlichen Erwerbsverlauf des Ler-
nenden orientiert. Dazu ist es erforderlich, den Sprachstand der Lernenden zu
kennen, um den systematischen Sprachinput entsprechend anzupassen. Die
Formfokussierung rückt Strukturen und Formen der Sprache ins Zentrum der
Sprachförderung. Dabei gibt es zwei verschiedene Ausprägungen ‚Focus on
FormS‘ sowie ‚Focus on Form‘, wobei die zweite Variante bereits eine Mi-
schung aus kommunikationsorientierten und sprachstrukturellen Ansätzen dar-
stellt. Als viertes Merkmal von sprachstrukturellen Ansätzen der Sprachförde-
rung lässt sich das Vorhandensein konkreter Förderziele festhalten, was eine
Schlussfolgerung aus dem expliziten Lernen, dem systematischen Sprachinput
und der Formfokussierung darstellt. Diese vier Merkmale können den sprach-
strukturellen Ansätzen der Sprachförderung zugeschrieben werden.
200 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Dazu lässt sich als Fazit festhalten, dass alle vier beschriebenen Merkmale theo-
retisch erklärt werden können und auch in der Praxis für bestimmte Zielgruppen
und Anwendungen eine Berechtigung haben. Um eine fundierte Einschätzung zu
treffen, welche Merkmale für Vor- und Grundschulkinder im frühen Zweit-
spracherwerb didaktisch sinnvoll eingesetzt werden können, fehlt es aber häufig
an einer systematischen empirischen Überprüfung dieser Merkmale für die ent-
sprechende Zielgruppe.

5.1.4 Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen der Sprachförderung


In diesem Abschnitt zu den theoretischen Grundlagen der Sprachförderung wur-
den zunächst Realisierungsformen der Sprachförderung (vgl. Kap. 5.1.1) und
anschließend didaktische Ansätze der Sprachförderung vorgestellt. Dabei wurde
zwischen kommunikationsorientierten Ansätzen (vgl. Kap. 5.1.2) und sprach-
strukturellen Ansätzen (vgl. Kap. 5.1.3) unterschieden.

Festzuhalten bleibt, dass es sehr heterogene Formen gibt, wie Sprachförderung


realisiert wird. Beschränkt man sich auf einsprachige Angebote, die Deutsch als
Zweitsprache bei Vor- und Grundschulkindern fördern, können diese hinsichtlich
Ort, Häufigkeit, Zeitraum, Zielgruppe sowie Förderkraft der Sprachförderung
differenziert werden.

Die didaktischen Ansätze zur Sprachförderung lassen sich auf theoretischer Ebe-
ne hinsichtlich zwei Richtungen grob unterscheiden, kommunikationsorientiert
und sprachstrukturell. Dabei sind Erstere vor allem durch implizites Lernen, eine
Betonung der Interaktion und des Dialogs, in der die Sprachanregung und die
Modellierung der Lerneräußerungen eine wichtige Rolle spielen, die Bedeu-
tungsfokussierung sowie eine hohe Situationsorientierung gekennzeichnet. Rea-
lisiert werden diese Formen der Sprachförderung vor allem im Elementarbereich.
Diese didaktischen Ansätze zur Sprachförderung sind in erster Linie pädagogisch
geprägt und werden in Reinform häufig alltagsintegriert umgesetzt.

Sprachstrukturelle Sprachförderung lässt sich durch explizites Lernen, systemati-


schen Sprachinput, Formfokussierung und konkrete Förderziele charakterisieren.
Theoretische Grundlagen der Sprachförderung 201

Diese didaktischen Ansätze entstammen vor allem der Sprachwissenschaft und


auch der Fremdsprachendidaktik, die hauptsächliche erwachsene Lerner im Fo-
kus haben (Long & Doughty, 2009). In der Förderung von Deutsch als Zweit-
sprache kommen sie erst in den letzten Jahren auch bei Vor- und Grundschulkin-
dern zum Einsatz. Realisiert werden diese Formen der Sprachförderung für Vor-
und Grundschulkinder häufig als additive Fördereinheiten, also zusätzlich zum
regulären Kindergarten- oder Grundschulangebot.

Dass diese beiden didaktischen Ansätze allerdings kaum in Reinform realisiert


werden, wird bei der Betrachtung vorhandener Sprachförderprogramme in Kin-
dergarten und Grundschule deutlich (Baden-Württemberg Stiftung, 2014; Lisker,
2011; Paetsch et al., 2014; Schakib-Ekbatan, Hasselbach, Roos & Schöler, 2006;
Schneider et al., 2013). So ist diese Unterscheidung vor allem auf theoretischer
Ebene zweckmäßig. In der Praxis werden verschiedene didaktische Merkmale
miteinander kombiniert, was durchaus sinnvoll sein mag, da sich so die Vorteile
der einzelnen Ansätze ergänzen können. Diese Kombination aus kommunikati-
onsorientierter und sprachstruktureller Didaktik fordert auch Reich (2011). So
sieht er Kinder im Vor- und Grundschulalter noch nicht in der Lage, explizite
Sprachförderung in Gänze zu nutzen, da das Sprachbewusstsein noch nicht in
dem Umfang für den Spracherwerb eingesetzt werden kann, wie dies erwachsene
Lerner im Fremdsprachenunterricht können. Daher sieht Reich (2011) vor allem
die Förderkraft in der Rolle, die Lernumgebung, wozu insbesondere die Interak-
tion und Kommunikation mit dem Kind gehört, mit einem erhöhten Maß an
Sprachbewusstheit zu gestalten.

Neben den theoretischen Überlegungen ist für die Sprachförderung ein empiri-
scher Nachweis der Wirksamkeit wichtig. Dass es auf diesem Gebiet besondere
Herausforderungen gibt, wurde bereits angedeutet (vgl. Kap. 0). Um daraus
Schlussfolgerungen für die eigene Forschung zu ziehen, wird im Folgenden ein
Überblick zum Forschungsstand der Sprachförderung gegeben. Dabei werden in
Hinblick auf das Ziel der Arbeit additive Sprachförderungen für Vor- und
Grundschulkinder in den Fokus genommen.
202 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

5.2 Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung

Nach der Darstellung theoretischer Grundlagen zur Sprachförderung, wird in


diesem Abschnitt der Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförde-
rung für zweisprachige Vor- und Grundschulkinder beschrieben. Insgesamt ist
bekannt, dass kaum empirische Nachweise zur Wirksamkeit von Sprachförde-
rungen für diese Zielgruppe im deutschen Sprachraum existieren. Dies fassen
Expertisen unterschiedlicher Autoren zusammen (Becker-Mrotzek et al., 2016,
Hofmann et al., 2008, 2008, 2008, 2008; Limbird & Stanat, 2006; Lisker, 2011;
Paetsch et al., 2014; Schneider et al., 2013). Im Folgenden sollen wichtige Stu-
dien im Überblick dargestellt werden, um zu diskutieren, wo die Lücken in die-
sem Forschungsfeld bestehen. Dazu werden additive Sprachförderungen für Vor-
und Grundschulkinder in den Blick genommen, die Komponenten der mündli-
chen Erzählfähigkeit als Förderziel aufweisen.

EVAS Studie
Eine der ersten Studien, die in diesem Bereich maßgeblich zur Diskussion bei-
trägt, ist die wissenschaftliche Begleitung der Sprachfördermaßnahmen im Pro-
gramm ‚Sag mal was‘, die im Auftrag der Landesstiftung Baden-Württemberg
durchgeführt wurde (Roos, Polotzek & Schöler, 2010). Dafür wurden die drei
Sprachförderprogramme Konlab (Penner, 2003), Deutsch für den Schulstart in
der Version von 2005 (Kaltenbacher & Klages, 2005) sowie das Programm von
Tracy (2003) evaluiert. Alle drei Sprachförderprogramme orientieren sich am
natürlichen Spracherwerb und versuchen durch die gezielte Gestaltung der Ler-
numgebung den Spracherwerb zu fördern. Hinsichtlich der Förderziele unter-
scheiden sie sich, insofern Penner (2003) vor allem das Sprachverständnis und
die beiden anderen Programme (Kaltenbacher & Klages, 2005; Tracy, 2003) vor
allem die Sprachproduktion fördern. Die didaktischen Ansätze sind sich dahin-
gehend ähnlich, indem alle drei eher auf das implizite Lernen abzielen und durch
eine bewusste und strukturierte Gestaltung des Sprachinputs die Förderziele
erreichen wollen. Detaillierte Beschreibungen dazu können dem Bericht von
Schakib-Ekbatan et al. (2006) entnommen werden. Umgesetzt werden die För-
Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung 203

derprogramme in Kleingruppen von sechs bis zehn Kindern durch eigens qualifi-
zierte Förderkräfte.

Die untersuchte Stichprobe umfasst 544 Vorschulkinder aus Kindergärten in


Baden-Württemberg, die sowohl ein- als auch mehrsprachig aufwachsen. Das
Studiendesign vergleicht insgesamt fünf Gruppen. Drei Fördergruppen, die einen
Förderbedarf aufweisen (N = 230), erhalten entsprechend der oben genannten
Programmen additive Sprachförderung über mindestens sechs Monate im letzten
Kindergartenjahr. Im Durchschnitt wurden 88 Stunden Sprachförderung reali-
siert. Eine Vergleichsgruppe, die ebenfalls einen Förderbedarf aufweist (N = 95),
erhält keine zusätzliche spezifische Sprachförderung, sondern nur die Sprachbil-
dung, die im Rahmen des Kindergartenalltags angeboten wird. Eine weitere
Vergleichsgruppe weist keinen Förderbedarf auf und erhält ebenfalls keine zu-
sätzliche spezifische Förderung (N = 219).

Das Prä-Post-Design mit Erhebungen vor Beginn der Sprachförderung als auch
direkt danach zum Ende des Kindergartenjahres wird um zwei Follow-up Erhe-
bungen in den zwei darauffolgenden Jahren ergänzt, was insgesamt vier Mess-
zeitpunkte ergibt. Erfasst werden neben den sprachlichen Leistungen auch Intel-
ligenz, Fähigkeitsselbstkonzept, schulische Leistungen, Personenmerkmale und
der familiäre Hintergrund.

Die Ergebnisse zeigen eine Entwicklung der sprachlichen Leistungen für alle
fünf untersuchten Gruppen. Für die drei Fördergruppen und die Vergleichsgrup-
pe mit Förderbedarf ergeben sich allerdings keine bedeutsamen Unterschiede.
Alle diese vier Gruppen erreichen zu keinem Zeitpunkt das Niveau der Ver-
gleichsgruppe ohne Förderbedarf. Daraus schließen die Autoren, dass die spezi-
fische additive Sprachförderung keine besondere Wirkung auf die sprachliche
Entwicklung im Vergleich zur unspezifischen Sprachbildung im Rahmen des
Kindergartenalltags hat (Roos et al., 2010). Als Konsequenz schlagen Hofmann
et al. (2008) kleinere Fördergruppen vor, damit die Kinder mehr Redeanteile
erhalten, eine Sprachförderung, die früher beginnt und länger dauert, sowie mehr
204 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

explizites Lernen für mehrsprachige Kinder. Darüber hinaus wird auch eine
intensivere Qualifizierung der Förderkräfte vorgeschlagen.

Die Durchführung dieser Evaluationsstudie bleibt allerdings nicht ohne Kritik.


So gelten vor allem die eingesetzten Instrumente als ungeeignet für die Erfas-
sung von Fördereffekten. Kaltenbacher (2011) kritisiert beispielsweise, dass die
eingesetzten Subtests des Heidelberger Sprachentwicklungstests (HSET) zur
Diagnostik von Entwicklungsstörungen einsprachiger Kinder dienen. Dadurch
weisen sie nicht die nötige Änderungssensitivität auf, die zur Erfassung mögli-
cher Wirkungen der Sprachförderprogramme erforderlich wären. Auch werden
keine größeren sprachlichen Einheiten der Kinder erfasst, die wichtige Rück-
schlüsse auf die Erreichung von Förderzielen zulassen würden. Der Test be-
schränkt sich auf das Nachsprechen, Verstehen und Produzieren einzelner Wort-
und Satzformen, was aus einer kommunikationsorientierten Perspektive kritisch
zu betrachten ist. Darüber hinaus ist grundsätzlich fraglich, inwiefern Tests für
einsprachige Kinder mehrsprachigen Kindern gerecht werden (Kaltenbacher,
2011). Weitere methodische Kritikpunkte führt Rogge (2009) auf, die sich vor
allem auf die Stichprobe und das Design beziehen. So ist das Verhältnis ein- und
mehrsprachiger Kinder in den fünf Untersuchungsgruppen sehr unterschiedlich,
was eine Vergleichbarkeit hinsichtlich der sprachlichen Entwicklung in Frage
stellt und somit eindeutige Rückschlüsse auf Effekte der Förderprogramme er-
schweren. Auch ist fraglich, in welchem Umfang und in welcher Qualität die
sogenannte unspezifische Sprachbildung im Rahmen des Kindergartenalltags für
die Vergleichsgruppe erfolgt. Dies gilt ebenso für die Umsetzung der Sprachför-
derprogramme in den Fördergruppen. In Anbetracht von Überlegungen der Im-
plementationsforschung (Petermann, 2014) sind diese Punkte durchaus kritisch
zu betrachten.

Darüber hinaus ist fraglich, wie zielführend ein Vergleich zwischen überwiegend
mehrsprachigen Kindern mit Förderbedarf (Fördergruppen) und überwiegend
einsprachigen Kindern ohne Förderbedarf (Vergleichsgruppe) ist. Dadurch wer-
den die sprachlichen Fähigkeiten einsprachiger Kinder als zu erreichende Norm
Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung 205

für mehrsprachige Kinder deklariert. Dies erscheint insbesondere in einem frü-


hen Alter als problematisch, da die Fähigkeiten in der Erstsprache unberücksich-
tigt bleiben und somit ein defizitärer Blick auf mehrsprachige Kinder befördert
werden kann.

Zusammenfassend reicht vor allem die methodische Qualität dieser Evaluations-


studie nicht aus, um auf Grundlage ihrer Ergebnisse den untersuchten Förderpro-
grammen im Speziellen, aber auch additiven impliziten Sprachförderansätzen im
Allgemeinen eine fehlende Wirksamkeit zu attestieren.

‚Schwerpunkt Sprache‘ Studie


In dieser Studie wird das additive, implizite Sprachförderprogramm ‚Deutsch für
den Schulstart‘ (DfdS) in der Version von 2007 (Kaltenbacher & Klages, 2011)
mit unspezifischen und individuell ausgestalteten Sprachförderungen im Rahmen
der hessischen Vorlaufkurse verglichen (Sachse, Budde, Rinker & Groth, 2012).
Damit weisen Gegenstand und auch Design dieser Studie große Ähnlichkeiten
mit der EVAS Studie auf (Roos et al., 2010). Das Förderprogramm von Kalten-
bacher und Klages (2011) zeichnet sich durch seine sprachwissenschaftliche
Fundierung und die Kombination kommunikationsorientierter und sprachstruktu-
reller Ansätze aus. Die Vorkurse werden über ein Jahr mehrmals pro Woche
durchgeführt. Die Umsetzungsintensität ist sehr heterogen und ergibt im Durch-
schnitt insgesamt 82 Sprachfördereinheiten pro Gruppe (Sachse et al., 2012).

Die Stichprobe umfasst insgesamt 125 mehrsprachige Kinder im Vorschulalter,


wovon 79 Kinder mit DfdS gefördert werden und die übrigen 46 unspezifisch.
Die Zuteilung erfolgt zum Teil zufällig. Insgesamt gibt es drei Messzeitpunkte,
vor und nach dem Vorkurs sowie am Ende des ersten Schuljahres. Der Sprach-
stand hinsichtlich der basalen sprachlichen Fähigkeiten wird im Prä- und Posttest
u.a. mithilfe von Subtests des HSET erhoben. Im Follow-up Test werden schrift-
sprachliche Leistungen gemessen (Sachse et al., 2012).

Die Ergebnisse zeigen keine Interaktionseffekte für die basalen sprachlichen


Fähigkeiten unmittelbar nach Ende der Vorkurse. Auch der Follow-up Test
206 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

ergibt keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Insge-


samt betrachtet ist der Sprachstand aller Kinder nach Ende der Vorlaufkurse
weiterhin auf einem kritischen Niveau. Sachse et al. (2012) sehen darin die Er-
gebnisse ähnlicher Studien bestätigt. Gleichzeitig seien die Ergebnisse keine
generelle Absage gegenüber additiven impliziten Sprachförderungen. Jedoch
lässt sich kein Vorteil von DfdS gegenüber unspezifischen Förderungen nach-
weisen. Dies könne man nach Aussage der Autorinnen allerdings auch auf die
heterogene Umsetzung zurückführen. So werden zum Teil große Gruppen von
bis zu zwölf Kindern gebildet. Auch kommt es häufig zu langen Sprachför-
dereinheiten von bis zu 90 Minuten, was nicht dem Bedarf von Vorschulkindern
entspricht. Auch die Qualifizierung der Förderkräfte wird in dieser Studie in
Frage gestellt (Sachse et al., 2012).

Zusammenfassend kann diese Studie als Replikation der EVAS Studie gesehen
werden (Roos et al., 2010), indem das gleiche Förderprogramm in einem ähnli-
chen Design mit unspezifischer Förderung verglichen wird. Das Fehlen einer
Kontrollgruppe ohne Förderung lässt aber keine Aussage über die grundsätzliche
Wirksamkeit von Sprachförderung dieser Art zu. Zudem fehlen auch in dieser
Studie Sprachstandsverfahren zur Erfassung größerer sprachlicher Einheiten der
Kinder, die vor allem unter der kommunikationsorientierten Perspektive von
Bedeutung sind.

EkoS Studie
In dieser Studie wird das Sprachförderprogramm ‚Handlung und Sprache‘ (Häu-
ser & Jülisch, 2006) analysiert, das in Brandenburger Kindergärten angeboten
wird (Wolf, Felbrich, Stanat & Wendt, 2011). Das Förderprogramm zeichnet
sich durch eine hohe Strukturierung aus, die allerdings in natürlich wirkenden
Interaktionen realisiert werden soll, also auch auf das implizite Lernen setzt. Es
kombiniert also kommunikationsorientierte und sprachstrukturelle Ansätze. För-
derziele sind in erster Linie basale sprachliche Fähigkeiten. Das Programm wird
additiv in Kleingruppen von sechs Kindern täglich über 14 Wochen jeweils 20
Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung 207

Minuten durchgeführt. Dies ergibt eine Förderzeit von insgesamt 20 bis 25 Stun-
den.

Die Studie verfolgt ein quasiexperimentelles Design, indem 150 Kinder im Vor-
schulalter mit Förderbedarf per Zufallsauswahl der Fördergruppe und 136 weite-
re Kinder mit Förderbedarf der Vergleichsgruppe zugeordnet werden. Letztere
erhalten keine Sprachförderung, da das Programm in ihren Kindergärten noch
nicht implementiert ist. Wie viele Kinder der Stichprobe tatsächlich Deutsch als
Zweitsprache erwerben, geht aus der Studie nicht eindeutig hervor. Die Quote ist
allerdings eher gering, da 7 % bzw. 6 % der Kinder mit ihrer Mutter bzw. ihrem
Vater nicht Deutsch sprechen. Die Studie ist im Längsschnitt angelegt, sodass
vor, nach und ein Jahr nach Ende der Sprachförderung eine Erhebung erfolgt. Zu
den ersten zwei Messzeitpunkten wird zur Erfassung des Sprachstands der Kin-
dersprachtest für das Vorschulalter (KISTE) eingesetzt. Zum dritten Messzeit-
punkt werden die Dekodierfähigkeit und das Hörverstehen erfasst (Wolf et al.,
2011).

Die Ergebnisse zeigen für die Fähigkeit ‚Satzbildung‘ einen signifikanten mittle-
ren Effekt der Sprachförderung unmittelbar nach Ende der Förderung. Für die
Fähigkeit ‚Wortschatz‘ ergibt sich kein Effekt. Ebenso ergeben sich keine Lang-
zeiteffekte zum dritten Messzeitpunkt für die Dekodierfähigkeit und das Hörver-
stehen. Wolf et al. (2011) sehen die Ursachen diese erwartungswidrigen Ergeb-
nisse einerseits in methodischen Einschränkungen begründet. So liegt die Ver-
mutung nahe, dass der verwendete Sprachstandstest KISTE nicht die entspre-
chende Validität aufweist. Auch kann die konzepttreue Umsetzung des Sprach-
förderprogramms nicht nachgewiesen werden, was ein weiterer Grund für den
fehlenden eindeutigen Nachweis der Wirksamkeit sein kann. Andererseits kön-
nen die Ursachen auch im Programm selbst begründet sein. So stellen die Auto-
rinnen die hohe Strukturiertheit in Frage, die insbesondere von unerfahrenen
Förderkräften, nicht in natürlich wirkenden Interaktionen realisiert werden, wie
es das Konzept vorsieht. Darüber hinaus ist auch die Dauer des Sprachförderpro-
gramms mit etwa 20 Stunden als sehr kurz einzuschätzen.
208 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Zusammenfassend kann diese Studie auch als erster Hinweis für einen Förderef-
fekt im Bereich Syntax interpretiert werden. Die kurze und in der Qualität nicht
überprüfte Umsetzung deutet darauf hin, dass ein additiver, impliziter Förderan-
satz der sowohl kommunikationsorientierte als auch sprachstrukturelle Aspekte
integriert in einer längerfristigen Realisierung wirksam sein kann.

Jacobs Sommercamp Studie


Die Studie von Stanat et al. (2012) vergleicht im Rahmen eines Sommercamps
die Wirkung verschiedener Sprachförderansätze für mehrsprachige Drittklässler.
Dafür werden insgesamt 149 Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen, unter-
sucht. 35 davon nehmen an der impliziten Förderung teil, die im Rahmen eines
Theaterprojekts während der Sommerferien ganztags über drei Wochen stattfin-
det. Insgesamt werden an 15 Tagen in Summe etwa 68 Stunden Sprachförderung
angeboten. Die Förderung kann als kommunikationsorientierter Ansatz bezeich-
net werden. 60 Kinder erhalten vormittags statt der impliziten Förderung eine
Förderung, die explizites Lernen fokussiert und daher dem Focus on FormS
Ansatz der sprachstrukturellen Didaktik zuzuschreiben ist (Stanat, Baumert &
Müller, 2005). Zusätzlich wird eine Kontrollgruppe von 54 Kindern erfasst, die
nicht am Sommercamp teilnimmt. Die Zuteilung zu den drei Gruppen erfolgt
aufgrund organisatorischer Gründe nicht zufällig. Insgesamt wird zu drei Mess-
zeitpunkten, vor, unmittelbar nach und drei Monate nach dem Sommercamp, der
Sprachstand erhoben.

Die Ergebnisse zeigen für die Gruppe mit der Kombination aus impliziter und
expliziter Förderung im Vergleich zur Kontrollgruppe einen großen bedeutsamen
Effekt für die basalen sprachlichen Fähigkeiten. Insbesondere die grammatikali-
schen Fähigkeiten werden gefördert. Die ausschließlich implizit geförderte
Gruppe zeigt hierfür keinen bedeutsamen Effekt. Der Follow-up Test drei Mona-
te nach dem Sommercamp ergibt keine bedeutsamen Effekte mehr. Deskriptiv
sind die Ergebnisse der beiden Fördergruppen weiterhin höher als der Kontroll-
gruppe. Stanat et al. (2012) schließen daraus, dass die Kombination aus implizi-
ter und expliziter Sprachförderung für diese Zielgruppe von Drittklässlern er-
Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung 209

folgsversprechend zu sein scheint. Die geringe längerfristige Wirkung wird der


kurzen Durchführung von drei Wochen zugeschrieben. Längere Maßnahmen
lassen auch bedeutsame nachhaltige Effekte erwarten.

Zusammenfassend ist diese Studie ein wichtiger Hinweis für die didaktische
Gestaltung von Sprachförderungen. So können erstmals Aussagen zur Wirksam-
keit unterschiedlicher Förderansätze für diese Zielgruppe getroffen werden. Je-
doch bleibt fraglich, welches theoretische Konstrukt die Kombination aus zwei
verschiedenen Sprachförderansätzen operationalisiert. So könnte die Integration
des impliziten und expliziten Lernens in einem didaktischen Ansatz mehr Er-
kenntnisgewinn erzielen. Diesen Aspekt versucht auch die im nächsten Abschnitt
beschriebene BeFo Studie umzusetzen.

BeFo Studie
Eine Studie, die an den Erkenntnissen der Jacobs Sommercamp Studie (Stanat et
al., 2012) anschließt, ist die BeFo Interventionsstudie (Felbrich, Darsow, Paetsch
& Stanat, 2012). Hier werden auch mehrsprachige Drittklässler mit zwei ver-
schiedenen didaktischen Ansätzen gefördert, was mit einer Wartekontrollgruppe
verglichen wird. Der bedeutungsfokussierte Ansatz kann der kommunikationso-
rientierten Richtung zugeschrieben werden. Der formfokussierte Ansatz im Sinn
von Focus on Form stellt eine Kombination aus kommunikationsorientierten und
sprachstrukturellen Aspekten dar (Rösch & Rotter, 2010).

Insgesamt werden 372 Kinder zufällig auf die drei Gruppen verteilt. Die Förde-
rung wird von qualifizierten Lehramtsstudenten am Nachmittag in Gruppen von
bis zu zehn Kindern über ein Schuljahr hinweg durchgeführt. Die Umsetzung
wird mit stichprobenartigen Beobachtungen erfasst (Felbrich et al., 2012).

Vorläufige Ergebnisse zeigen für beide Fördergruppen im Vergleich zur Kon-


trollgruppe einen Effekt für den Bereich Wortschatz. Für die weiteren erfassten
Fähigkeiten in Grammatik und Lesen zeigen sich keine Fördereffekte. Wenige
Monate nach Abschluss der Förderung nehmen die Fördereffekte wieder ab
(Paetsch et al., 2014).
210 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Zusammenfassend zeigt diese Studie, dass die Weiterentwicklung der didakti-


schen Sprachförderansätze für Teilbereiche der sprachlichen Fähigkeiten wir-
kungsvoll zu sein scheint. Der rasche Rückgang der Fördereffekte nach Ende der
Sprachförderung deutet darauf hin, dass Sprachförderung für Kinder mit Deutsch
als Zweitsprache eine langfristige Aufgabe der Bildungseinrichtungen ist, die
sich über mehrere Jahre erstrecken sollte.

Zusammenfassung des Forschungsstands zur Wirksamkeit additiver


Sprachförderung
In den vorangegangen Abschnitten wurden die einschlägigen Studien dargestellt,
die additive Sprachförderungen für zum Teil mehrsprachige Kinder im Vor- und
Grundschulalter auf ihre Wirksamkeit überprüfen, indem ihr Design eine Ver-
gleichs- oder Kontrollgruppe beinhaltet. Studien, die ohne ein (quasi-
)experimentelles Design nur den Erwerbsverlauf beschreiben, wurden nicht dar-
gestellt, da sie kaum einen Schluss auf die Wirksamkeit der Sprachförderungen
zulassen.

Betrachtet man die dargestellten Studien zusammenfassend (vgl. Tabelle 1), lässt
sich festhalten, dass die untersuchten additiven Sprachförderungen für Vor- und
Grundschulkinder jeweils eine Kombination aus kommunikationsorientierten
und sprachstrukturellen Ansätzen aufweisen. Alle Programme für Vorschulkin-
der setzen auf implizites Lernen. Dies scheint also ein für die Praxis relevanter
didaktischer Ansatz zu sein, wie auch bereits dargestellt wurde (vgl. Kap. 5.1).
Das explizite
Studie Förderprogramm Didaktischer Ansatz N Alter Sprachen Förderdauer Design Ergebnis

Kaltenbacher und Kombination aus kommu- 544 Vorschule ein- und 6 Monate / 3 FG, 2 VG (unspezi- kein Effekt
Klages (2005) DfdS nikationsorientiert und mehrsprachig 88 Stunden fische Förderung,
Penner (2003) sprachstrukturell, implizit kein Förderbedarf)

EVAS
KonLab Prä-, Post-, 2 Follow-
Tracy (2003) up-Tests

Kaltenbacher und Kombination aus kommu- 125 Vorschule mehrsprachig 1 Jahr / 1 FG, 1 VG (unspezi- kein Effekt
Klages (2011) DfdS nikationsorientiert und 82 Einheiten fische Förderung)
sprachstrukturell, implizit Prä-, Post-, Follow-

Sprache
up-Tests

Schwerpunkt
Häuser und Jülisch Kombination aus kommu- 286 Vorschule überwiegend 14 Wochen / 1FG, 1 KG unmittelbarer
(2006) ‚Handlung nikationsorientiert und einsprachig 20 Stunden Prä-, Post-, Follow- Effekt auf Satzbil-
und Sprache‘ sprachstrukturell, implizit dung

EkoS
up-Tests

Stanat et al. (2005) implizit vs. Kombination 149 3. Klasse mehrsprachig 3 Wochen / 2 FG, 1 KG unmittelbarer
aus implizit und explizit 68 Stunden Prä-, Post-, Follow- Effekt für Kombi-
up-Tests nation aus implizit

Jacobs
und explizit

Sommercamp
Rösch und Rotter Bedeutungsfokussiert 372 3. Klasse mehrsprachig 1 Jahr 2 FG, 1 KG unmittelbarer
(2010) (FoM) vs. Formfokussiert Prä-,Intermediate-, Effekt für beide
(FoF) Ansätze auf Wort-

BeFo
Post-, Follow-up-
Tests schatz
Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung

FG: Fördergruppe, VG: Vergleichsgruppe, KG: Kontrollgruppe


Tabelle 1: Überblick der Studien zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung
211
212 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Lernen wird erst in den Studien für Drittklässler umgesetzt, was auch aus theore-
tischer Sicht für diese Altersgruppe passend erscheint (vgl. Kap. 5.1.3). Insge-
samt wurden bisher vor allem im Vorschulbereich und im zweiten Teil der
Grundschulzeit additive Sprachförderungen analysiert. Da insbesondere der
Schulbeginn eine wichtige Phase für die kindliche Entwicklung darstellt (Oerter,
2008), sollte diese Altersgruppe besonders im Fokus der Forschung stehen.
Gleichzeitig ist aus dem Erwerbsverlauf mehrsprachiger Kinder bekannt, dass sie
selbst bei einem regelmäßigen Kindergartenbesuch als Schulanfänger häufig
noch einen Förderbedarf aufweisen (vgl. Kap. 4). Somit ist eine Fokussierung
auf die Sprachförderung von Schulanfängern ein wichtiger Aspekt, der empirisch
noch nicht ausreichend untersucht ist.

Die Dauer der untersuchten Sprachförderungen variiert von drei Wochen bis zu
einem Jahr, wobei sich hier auch die Intensität von täglich 20 Minuten bis vier-
einhalb Stunden sowie die Regelmäßigkeit stark unterscheidet. Die Dauer von
einem Jahr überschreiten bisherige Studien aber nicht. Jedoch wird von theoreti-
scher Seite häufig betont, dass der erfolgreiche Spracherwerb vor allem auch Zeit
brauche (vgl. Kap. 4). So stellt die Untersuchung längerer Sprachfördermaßnah-
men, die über ein Jahr hinausgehen, eine weitere Forschungslücke in diesem
Bereich dar.

Auch beim sprachlichen Hintergrund der untersuchten Stichproben gibt es Un-


terschiede, sodass Studien sowohl mit mehrsprachigen als auch mit überwiegend
einsprachigen Kindern durchgeführt wurden. Um belastbare Aussagen zur För-
derung von Deutsch als Zweitsprache treffen zu können, sind homogene Stich-
proben hinsichtlich ihres sprachlichen Hintergrunds zu befürworten.

Die Designs der berichteten Studien variieren dahingehend, dass zum Teil keine
Kontrollgruppen ohne Sprachförderung, sondern nur Vergleichsgruppen heran-
gezogen werden, die eine sogenannte unspezifische Sprachförderung erhalten.
Da in den Studien weitestgehend unklar bleibt, was unter unspezifischer Sprach-
förderung zu verstehen ist, gestaltet es sich auch methodisch schwierig, einen
Effekt der genauer beschriebenen spezifischen Sprachfördermaßnahmen abzulei-
Forschungsstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderung 213

ten. Darüber hinaus wird nicht in jeder der berichteten Studien die Umsetzung
der Sprachförderung auf angemessene Weise erfasst, was wiederum die Verbin-
dung mit Sprachstandsergebnissen und der in der Theorie beschriebenen För-
dermaßnahmen erschwert. Positiv zu bewerten ist, dass der Sprachstand jeweils
zu mehreren Messzeitpunkten erhoben wird. Allerdings werden hier nicht immer
vergleichbare Sprachstandsverfahren verwendet, was wiederum die Aussagekraft
einschränken kann. Insgesamt stellt der Einsatz eines geeigneten Sprachstands-
verfahren eine besondere Herausforderung dar (Redder et al., 2011). Diese me-
thodischen Mängel werden bei der Mehrheit der berichteten Studien auch be-
rücksichtigt und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Ergebnisse diskutiert.

Die Hauptergebnisse, insbesondere die längerfristigen Effekte, lassen sich da-


hingehend zusammenfassen, dass keine bedeutsame Wirksamkeit der untersuch-
ten Sprachförderungen auf die gesamten sprachlichen Fähigkeiten nachzuweisen
ist. Die detaillierten Studienergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass es didakti-
sche Ansätze gibt, die einzelne Komponenten im Spracherwerb fördern. So kann
die Kombination aus kommunikationsorientierten und sprachstrukturellen An-
sätzen im Programm ‚Handlung und Sprache‘ (Häuser & Jülisch, 2006) syntakti-
sche Fähigkeiten von Vorschulkindern kurzfristig fördern. Jedoch wird dies an
einer überwiegend einsprachigen Stichprobe nachgewiesen. Auch die Kombina-
tion aus impliziten und expliziten Lernen (Stanat et al., 2012) sowie deren didak-
tische Weiterentwicklung in der BeFo Studie (Paetsch et al., 2014) fördern kurz-
fristig die sprachlichen Fähigkeiten von Drittklässlern. Diese Hinweise lassen
darauf schließen, dass mit einer systematischen und längerfristig angelegten
Untersuchung der Erkenntnisstand zur Wirksamkeit additiver Sprachförderungen
erweitert werden kann. Dabei ist es wichtig, eine theoriebasierte Didaktik für die
Sprachförderung anzuwenden, um so den allgemeinen Erkenntnisgewinn voran-
zutreiben. Es sollte weiterhin auf die Kombination aus kommunikationsorientiert
und sprachstrukturell gesetzt werden.

Zusammengefasst gibt es also für die additive Förderung sprachlicher Fähigkei-


ten von Kindern im Vor- und Grundschulalter nur vereinzelte Hinweise auf För-
214 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

dereffekte. Auch stellt die Untersuchung von Schulanfängern, die länger als ein
Jahr an einer theoriebasierten Sprachförderung teilnehmen, eine Forschungslücke
dar. Gleichzeitig sieht man sich bei der Untersuchung von Sprachfördermaß-
nahmen mit einer Menge an methodischen Herausforderungen konfrontiert,
denen häufig nur mit einem entsprechenden Aufwand begegnet werden kann.
Darüber hinaus sind die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten des mündlichen
Erzählens bisher kaum Gegenstand von Untersuchungen zur Förderung von
Deutsch als Zweitsprache bei Vor- und Grundschulkindern.

5.3 Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit

In diesem Abschnitt wird die Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfä-


higkeit in Deutsch als Zweitsprache dargestellt. Dazu werden zunächst wichtige
Prinzipien zur Sprachförderung erläutert, die eine Synthese der bereits dargestell-
ten theoretischen Ansätze zur Sprachförderung bilden (vgl. Kap. 5.1). Anschlie-
ßend wird gegliedert nach den Komponenten und deren Ebenen der mündlichen
Erzählfähigkeit gezeigt, wie diese mit den zuvor präsentierten Prinzipien konkret
gefördert werden können.

Konzentriert man sich auf die Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit bei
mehrsprachigen Kindern, steht vor allem die sprachliche Komponente im Vor-
dergrund, da hier auch der größte Bedarf bei mehrsprachigen Kindern zu vermu-
ten ist (vgl. Kap. 1.1). Aber auch die Motivation als Teil der personalen Kompo-
nente darf bei der Sprachförderung nicht außer Acht gelassen werden. Folgt man
dabei dem Grundsatz von Reich (2011), dass Sprachförderung für Vor- und
Grundschulkinder vor allem eine bewusste Gestaltung der Interaktion und
Kommunikation erfordert, können für die Förderung der mündlichen Erzählfä-
higkeit zwei wichtige didaktische Prinzipien formuliert werden:

 Authentische Kommunikationssituation
 Bewusste Gestaltung des Sprachinputs
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 215

Diese beiden Prinzipien stellen eine Synthese aus den bereits vorgestellten
kommunikationsorientierten und sprachstrukturellen Ansätzen zur Sprachförde-
rung dar, was sich auch aus dem aktuellen Forschungsstand als sinnvolle
Schlussfolgerung ableiten lässt. Was genau darunter zu verstehen ist, wird im
Folgenden näher erläutert. Vorab ist zu erwähnen, dass mithilfe dieser beiden
Prinzipien das implizite Lernen ermöglicht werden soll, was sich aus der Theorie
heraus für den frühen Zweitspracherwerb als sinnvoll erweist (vgl. Kap. 5.1.2).

Authentische Kommunikationssituationen
Eine Lernumgebung ist so zu gestalten, dass Kinder zum kommunikativ sinnvol-
len Gebrauch von Sprache angeregt werden. Dies erfolgt in authentischen Kom-
munikationssituationen, die vom Kind sprachliche Äußerungen erfordern, um ein
bestimmtes Ziel zu erreichen (Kaltenbacher, Klages & Pagonis, 2009). Bezogen
auf die Funktionen von Sprache und Kommunikation kann dieses Ziel unter-
schiedlich beschaffen sein. Das Kind möchte etwas über sich selbst mitteilen
(Ausdrucksfunktion), etwas über einen Gegenstand oder einen Sachverhalt mit-
teilen (Darstellungsfunktion) oder etwas beim Zuhörer erreichen (Appellfunkti-
on) (Bühler, 1982) (vgl. Kap. 2.1.1). Die authentische Kommunikationssituation
soll die Motivation steigern, sich zielsprachlich zu äußern, da nur so das Kom-
munikationsziel erreicht wird.

Konkret bedeutet dies in der Sprachförderung, dass beispielsweise Wiederholun-


gen nur kommunikativ sinnvoll elizitiert werden sollen. Eine hierfür hilfreiche
Methode ist der Einsatz von Handpuppen, die bei Vor- und Grundschulkindern
eine hohe Akzeptanz erfahren (Kastner, 2014). Wichtig ist dabei, die Handpuppe
möglichst lebendig wirken zu lassen, obgleich den Kindern bewusst ist, dass es
sich um eine Puppe handelt (Schroeder-Zobel, 2012). Damit können authentische
Kommunikationssituationen geschaffen werden, indem die Handpuppe als zu-
sätzlicher Kommunikationspartner Gelegenheiten schafft, sich kommunikativ
sinnvoll sprachlich zu äußern. Beispielsweise kennt die Handpuppe eine Ge-
schichte noch nicht, weshalb sie ihr noch einmal erzählt werden muss. Das Prin-
zip der authentischen Kommunikationssituationen gilt als wichtiger Grundsatz
216 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

für die Förderung der sprachlichen Komponente mündlicher Erzählfähigkeit.


Verhaltensweisen, die diesem Prinzip widersprechen, sind beispielsweise das
Sprechen im Chor oder das mehrmalige Wiederholen von Äußerungen ohne
kommunikatives Ziel, sondern nur ein Memorieren durch mehrmaliges Wieder-
holen bezwecken. Eine Lernumgebung sollte also stets den Rahmen für ein
kommunikatives Ziel geben.

Bewusste Gestaltung des Sprachinputs


Neben dieser starken Betonung der kommunikativen Aspekte innerhalb der
Sprachförderung hat aber auch die Sprachstruktur eine hohe Relevanz. Dieser
wird bei der bewussten Gestaltung des Sprachinputs Rechnung getragen, was
theoretisch auf Krashens (2009) Inputhypothese basiert. Hier wird davon ausge-
gangen, dass alle nötigen Informationen für den zielsprachlichen Zweitspracher-
werb im sprachlichen Input liegen (vgl. Kap. 2.3.5). Dieser soll sich an der natür-
lichen Spracherwerbsreihenfolge orientieren (Clahsen et al., 1983; Pienemann,
1981) (vgl. Kap. 1.1) und dabei innerhalb der Zone der nächsten Entwicklung
des Kindes liegen (Vygotskij, 2002). Daraus ergeben sich zwei wichtige Konse-
quenzen für die Lernumgebung. Es muss Wissen darüber vorhanden sein, wie
der natürliche Zweitspracherwerb verläuft und auf welchem Niveau des Sprach-
erwerbs die Kinder stehen, um darauf basierend den passenden Sprachinput
gestalten und strukturiert anbieten zu können. Dies kann mithilfe einer kompe-
tenten und erfahrenen Förderkraft realisiert werden, die über dieses Wissen ver-
fügt (Hopp et al., 2010). Dazu gehört auch eine ausgeprägte Diagnosefähigkeit,
um das Sprachniveau der Kinder festzustellen und darauf aufbauend den gesteu-
erten Sprachinput planen und anbieten zu können (Schneider et al., 2013). Dieses
benötigte Wissen kann aber auch in einem Fördermaterial repräsentiert sein, das
eine Vorlage für den Sprachinput entsprechend des natürlichen Zweitspracher-
werbs darstellt und damit die Förderkraft unterstützt. Die benötigte Diagnosefä-
higkeit kann durch entsprechende Sprachstandsverfahren unterstützt werden, die
in unterschiedlichen Varianten existieren. So können Tests oder Beobachtungen
in Einzel- oder Gruppensituationen durchgeführt werden (Kany & Schöler, 2010;
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 217

Redder et al., 2011). Die Realisierung des strukturierten Sprachinputs in der


Lernumgebung benötigt also eine kompetente Förderkraft, die durch entspre-
chendes Fördermaterial und Sprachstandsverfahren unterstützt werden kann.

Die Gestaltung des strukturierten Sprachinputs soll zunächst wenig Variation


anbieten, indem die zu erwerbende sprachliche Struktur mit wenigen Beispielen
aber häufigen Wiederholungen dargeboten wird (Kaltenbacher, 2013). Erst spä-
ter soll die sprachliche Struktur auch mit mehreren anderen Beispielen und in
verschiedenen Kontexten realisiert werden. Dies soll den Spracherwerb gezielt
fördern, indem der Lernende die zu erwerbende sprachliche Struktur aus dem
immer wieder dargebotenen Beispiel abstrahieren kann und dann auch in anderen
Beispielen wiedererkennt. Die Förderkraft liefert hier also sprachliche Modelle,
an denen sich das lernende Kind orientieren kann. Dabei ist es wichtig, den
strukturierten Sprachinput mit authentischen Kommunikationssituationen zu
kombinieren. Diese beiden Prinzipien stehen nicht nebeneinander, sondern sollen
bei der Gestaltung der Sprachförderung integriert werden. Dies erfordert eine
aufwendige Planung und Konzeption, was eine alltagsintegrierte Förderung nach
diesen Prinzipien erschwert und auch die Vorbereitung von additiven Sprachför-
dereinheiten aufwendig werden lässt. Hier kann ein Sprachfördermaterial, das
auf diesen Prinzipien basiert, eine gute Unterstützung darstellen. Eine empirische
Überprüfung dieses Aspekts, mit wenig Variation zu beginnen und dies später zu
steigern, steht noch aus. Wird dies allerdings in einem kommunikativen Rahmen
realisiert, in dem Sprache ein sinnvolles kommunikatives Ziel erfüllt, scheint
dieser Aspekt aus theoretischer Sich ein wirksamer Ansatz zu sein.

Zur bewussten Gestaltung des Sprachinputs zählt auch die Modellierung kindli-
cher Äußerungen durch die Förderkraft (vgl. Kap. 5.1.2). Das Modellieren
stammt aus der Sprachtherapie (Dannenbauer, 2002) und basiert dabei ebenfalls
auf dem Ansatz zur Zone der nächsten Entwicklung (Vygotskij, 2002). Dabei
sind vor allem Strategien zum korrigierenden Feedback, bei dem nichtzielsprach-
liche Äußerungen des Kindes von der Förderkraft korrekt wiederholt werden,
sowie Reformulierungen und Expansionen der Lerneräußerungen durch die För-
218 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

derkraft relevant. Müller (2014) betont in diesem Zusammenhang, dass aller-


dings nicht sämtliche kindlichen Äußerungen zu modellieren sind, sondern der
Fokus auf den zu erwerbenden Strukturen liegen sollte. Dies erfordert eine hohe
Aufmerksamkeit und Reflexion der Förderkraft während der Sprachförderung,
sowohl in Bezug auf die Äußerungen der Kinder als auch hinsichtlich der eige-
nen Äußerungen.

Als weiteres wichtiges sprachliches Verhalten der Förderkraft gelten offene Fra-
gen. Diese produzieren nachweislich mehr sprachliche Äußerungen auf Lerner-
seite als geschlossene Fragen. Auch sind Fragen produktiver, wenn sie auf ein
Beschreiben oder Erklären in der Antwort erfordern im Vergleich zum einfachen
Benennen (Röhner, Li & Hövelbrinks, 2010). Darüber hinaus ist es wichtig für
das Verhalten der Förderkraft, dass diese die sprachliche Äußerung der Lernen-
den abwartet und nicht zu früh die eigene Frage paraphrasiert (Rost-Roth, 2014).

Insgesamt gibt es bereits Studien, die das Verhalten von Förderkräften im Rah-
men von Sprachfördersituationen untersuchen (Beller & Beller, 2009; Koch &
Hormann, 2014; Kucharz et al., 2014) und diese zum Teil auch in den Zusam-
menhang mit dem Spracherwerb der Kinder stellen können. So gelingt es bei-
spielsweise Kucharz et al. (2015) durch ein intensives Training der Förderkräfte,
den Spracherwerb der Kinder zu fördern, was mit einem quasiexperimentellen
Design nachgewiesen wird. Jedoch gestaltet sich die Interpretation der Wirk-
samkeit schwierig, da bei der Ergebnisdarstellung keine deskriptiven Werte und
Effektstärken berichtet werden.

Zusammenfassend kann der bewusst gestalte Sprachinput so beschrieben wer-


den, dass er sich am natürlichen Zweitspracherwerb orientiert, die Zone der
nächsten Entwicklung einnimmt, anfangs wenig Variation in den dargebotenen
Beispielen zeigt und erst später verschiedene Beispiele in unterschiedlichen
Kontexten anbietet sowie durch Modellierung und offene Fragen gekennzeichnet
ist. Dabei ist es wichtig, dies innerhalb einer authentischen Kommunikationssitu-
ation zu realisieren. In Summe stellen diese Aspekte hohe Anforderungen an die
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 219

Förderkraft, weshalb diese durch strukturiertes Fördermaterial und Qualifizie-


rungsmaßnahmen unterstützt werden sollten.

In den nächsten Abschnitten wird nun dargestellt, wie die einzelnen Komponen-
ten und deren Ebenen der mündlichen Erzählfähigkeit entsprechend dieser bei-
den Prinzipien gefördert werden können. Dabei wird eine bewusst geplante
Sprachförderung, die mehrmals pro Woche additiv zum regulären Angebot der
Bildungseinrichtung stattfindet, als Rahmen gesetzt, da dies eine Planung und
Umsetzung nach den oben genannten Prinzipien erleichtern soll.

5.3.1 Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten


Die basalen sprachlichen Fähigkeiten gliedern sich in die Ebenen von Phonetik
und Phonologie, von Semantik und Lexikon sowie Morphologie und Syntax.
Orientiert am natürlichen Spracherwerbsverlauf gelten diese als die Förderziele.

Förderung von Phonetik und Phonologie


Für diese sprachliche Ebene existiert eine Fülle an Sprachförderprogrammen im
monolingualen Erwerb, die nur auf diese Ebene abzielen und damit den späteren
Schriftspracherwerb begünstigen möchten. Eine aktuelle Metaanalyse für
Deutsch als Erstsprache kann für die unmittelbare Wirkung mittlere Effekte
berichten, die aber auch über die Zeit abnehmen und insgesamt nicht in der Höhe
ausfallen, wie dies aus internationalen Studien bekannt ist (Wolf, Schroeders &
Kriegbaum, 2016). Ähnliche Ergebnisse liefert auch die Metaanalyse von Fi-
scher und Pfost (2015), die etwas weniger Studien einbezieht.

Für die Förderung von Phonetik und Phonologie mehrsprachiger Kinder vertritt
Apeltauer (2007b) den Standpunkt, dass diese in der starken Sprache, also häufig
der Erstsprache, vollzogen werden sollte, vor allem wenn die sprachlichen Fä-
higkeiten in der Zweitsprache noch sehr gering sind. Eine Studie von Weber,
Marx und Schneider (2007) konnte allerdings eine ähnliche Wirksamkeit des
etablierten Würzburger Trainingsprogramms ‚Hören, Lauschen, Lernen‘ (Küs-
220 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

pert & Schneider, 2006) für Kinder mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache fest-
stellen.

Die Ansätze zur Förderung der Phonetik und Phonologie bzw. vor allem der
phonologischen Bewusstheit zielen darauf ab, die Phoneme von Wörtern zu
analysieren sowie Wörter aus den verfügbaren Phonemen zu bilden. Dazu ist es
erforderlich die einzelnen Phoneme wahrzunehmen und produzieren zu können
(Bertschi-Kaufmann, Gyger, Käser, Schneider & Weiss, 2006). Methoden, wie
diese Ziele gefördert werden können, sind dabei meist spielerisch verpackt, um
die Motivation der Kinder zu begünstigen. Dazu gehören Lauschspiele, bei de-
nen Laute und Geräusche bewusst wahrgenommen werden sollen, Reime, um
ähnliche Laute zu identifizieren, sowie der spielerische Umgang mit Silben und
Anlauten. Außerdem gelten Reime und auch Lieder als hilfreiche Methode, um
die Aussprache sowie Rhythmus und Melodie der Sprache zu üben (Apeltauer,
2007b). Aber auch die Quantität des Sprachinputs ist für die Ebene der Phonetik
und Phonologie im Zweitspracherwerb entscheidend, wie der Review von Flege
(2009) zeigt. Dies fordert auch von der Förderkraft eine deutliche und klare Aus-
sprache, so dass sie als passendes Sprachvorbild dient (Knapp, Roos, Gasteiger-
Klicpera, Kucharz & Schöler, 2011).

Förderung von Semantik und Lexikon


Die Förderung der basalen sprachlichen Ebene von Semantik und Lexikon stellt
für viele Sprachförderprogramme einen Schwerpunkt dar (Eckhardt, 2008). Da
ein verfügbarer Wortschatz eine Grundbedingung für jegliches sprachliches
Handeln ist, hat diese Ebene auch eine besondere Bedeutung. Für Kinder, die
Deutsch als Zweitsprache erwerben, sollte sich auch der Wortschatzerwerb am
natürlichen Spracherwerb orientieren. Demnach kann mit Wörtern aus dem Nah-
bereich begonnen werden (z.B. Körper, Familie, und Kleidung), die später um
die weiter entfernten Bereiche ergänzt werden (z.B. Freizeit, Schule, Berufe)
(Kaltenbacher & Klages, 2011). So wird beim Konkreten begonnen und nähert
sich Schritt für Schritt dem Abstrakten.
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 221

Für die Förderung des Wortschatzerwerbs ist es wichtig, dass sich Förderkraft
und Lernender gemeinsam auf etwas beziehen können. Diese Referenz kann ein
Objekt sein, das innerhalb der Interaktion präsent ist, eine Handlung, die ausge-
führt wird oder eine Visualisierung dessen z.B. in Form eines Bildes (Krcmar,
Grela & Lin, 2007). So kann der Sprachinput der Förderkraft gemeinsam mit der
Referenz dargeboten werden, was den Wortschatzerwerb unterstützen soll. Eine
besondere Form davon ist das sprachbegleitende Handeln (Hopp et al., 2010).
Dabei versprachlicht die Förderkraft ihre Handlungen, was die Quantität des
Sprachinputs erhöht und gleichzeitig eine gemeinsame Referenz für den Wort-
schatzerwerb darstellt. Dieser Verwendungskontext kann den Spracherwerb
schneller befördern als eine eher passive Situation, beispielsweise beim Fernse-
hen (Krcmar et al., 2007). Auch das Vorlesen oder dialogische Lesen (vgl. Kap.
5.1.2) ermöglicht eine gemeinsame Referenz für Förderkraft und Kind. Die Stu-
die von Damhuis, Segers und Verhoeven (2014) kann zeigen, dass das wiederho-
lende Vorlesen eines Kinderbuchs, den Wortschatzerwerb im Vergleich zu einer
Kontrollgruppe fördert. Diese Ergebnisse basieren allerdings auf einer einspra-
chigen Stichprobe, was eine Generalisierung auf die Förderung von Deutsch als
Zweitsprache einschränkt, aber wertvolle Hinweise gibt. So kann also auch die
wiederholende Darbietung des Sprachinputs einen wichtigen Faktor darstellen.

Die authentische Kommunikationssituation spielt dahingehend eine Rolle, dass


das Objekt oder die Handlung nicht nur zu benennen sind, sondern der neue
Wortschatz in Interaktionen mit kommunikativen Zielen eingebunden sein soll.
So wird gleichzeitig die Verwendung des Wortes deutlich und ein erster Anwen-
dungskontext ist gegeben (Knapp et al., 2011). Nachdem eine erste Bedeutung
erworben ist, können die Wortbedeutungen ausdifferenziert werden, indem das
Wort in mehreren und verschiedenen Kontexten angewendet wird. So lernt das
Kind die unterschiedlichen Verwendungsweisen und Bedeutungsaspekte
(Gasteiger-Klicpera, Knapp & Kucharz, 2011). Dies soll nicht nur in Form eines
kommunikativ eingebetteten Inputs von Seiten der Förderkraft passieren, son-
dern auch durch die Eigenaktivität des Lernenden (Nation & Chung, 2009). Dies
kann vor allem durch Dialoge mit der Förderkraft oder anderen Kindern, Rollen-
222 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

spiele sowie einfache Erzählungen unterschiedlicher Formen angeregt werden.


So muss der Lernende sich selbst sprachlich äußern und neuen Wortschatz ver-
wenden. Wichtig ist dabei die authentische Kommunikationssituation, die eine
kommunikativ sinnvolle Äußerung erfordert. Die Förderkraft hat hier also die
Aufgabe nicht nur Input anzubieten, sondern auch zu komplexeren Äußerungen
anzuregen (Kucharz, Gasteiger-Klicpera, Knapp, Roos & Schöler, 2011). Dabei
ist das Erzählen, was als übergeordnetes Ziel der Sprachförderung gilt, gleichzei-
tig eine Methode zur Förderung des Wortschatzerwerbs, da das Erzählen kom-
plexe sprachliche Äußerungen erfordert.

Förderung von Morphologie und Syntax


Die Förderung von Morphologie und Syntax als Ebene der basalen sprachlichen
Fähigkeiten findet ähnlich hohe Bedeutung, wie die Förderung von Semantik
und Lexikon in bestehenden Sprachförderprogrammen (Eckhardt, 2008). Dabei
kommt vor allem das Prinzip des bewusst gestalteten Sprachinputs zum Tragen,
der im Sinn der sprachstrukturellen Ansätze möglichst systematisch verlaufen
soll (vgl. Kap. 5.1.3). Gleichzeitig bedarf es einer Einbettung in authentische
Kommunikationssituationen, die ein kommunikativ sinnvolles Ziel verfolgen.

Der systematische Sprachinput orientiert sich also am natürlichen Erwerbsver-


lauf (Clahsen et al., 1983; Pienemann, 1981) und wird in der Zone der nächsten
Entwicklung angeboten (Vygotskij, 2002). Dabei sollen anfangs wenig variie-
rende Beispiele häufig wiederholt werden und die zu fördernde sprachliche Form
erst später an anderen Beispielen und in verschiedenen Kontexten dargeboten
werden (Kaltenbacher, 2013). Um diese Anforderungen erfüllen zu können,
benötigt die Förderkraft eine entsprechende Qualifizierung und als Unterstützung
Fördermaterial und Verfahren zur Sprachstandserfassung, die diese Prinzipien
umsetzen, wie bereits im vorherigen Abschnitt ausgeführt (vgl. Kap. 5.1).

Zur Förderung dieser sprachlichen Ebene ist allerdings nicht nur der systemati-
sche Sprachinput sondern auch die sprachliche Produktion auf Seiten der Kinder
erforderlich. Um Lernende dazu anzuregen, gibt es wichtige Hinweise für das
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 223

Verhalten der Förderkraft, das den kommunikationsorientierten Ansätzen zuge-


schrieben werden kann (vgl. Kap. 5.1.2). Dazu gehört neben dem sprachlichen
Verhalten, indem offene Fragen gestellt werden und das Kind nicht unterbrochen
wird, auch para- und nonverbales Verhalten der Förderkraft, das Interesse an den
Äußerungen des Kindes vermittelt (Beller & Beller, 2009). Auch die Modellie-
rung der kindlichen Äußerungen ist wichtig in Bezug auf die Produktion. Als
korrigierendes Feedback können nichtzielsprachliche Äußerungen des Kindes
von der Förderkraft korrekt wiederholt werden. So erhält das Kind als direkte
Rückmeldung den zielsprachlichen Input präsentiert. Dabei ist es wichtig vor
allem die zu fördernde Struktur zu modellieren (Müller, 2014). Ziel von Model-
lierung ist es demnach nicht als Förderkraft ein sogenanntes Echo hinter jede
kindliche Äußerung zu setzen, sondern sich auf die zu fördernden Strukturen zu
konzentrieren. Neben dem korrigierendem Feedback sind vor allem auch Refor-
mulierungen und Expansionen wichtige Modellierungsarten, die vor allem für
die Erweiterung des Satzbaus sinnvoll erscheinen. So können Einwortsätze der
Kinder in Zwei- und Dreiwortsätze erweitert werden. Wichtig ist es dabei die
Zone der nächsten Entwicklung im Blick zu haben.

Wichtige Förderziele innerhalb von Morphologie und Syntax sind das Genus-
und Kasussystem, das im Deutschen insbesondere durch die Artikel markiert
wird, sowie komplexere Satzstrukturen (Kaltenbacher & Klages, 2011). Für
beide Bereiche gilt der systematische Sprachinput mit seinen dargestellten
Merkmalen als entscheidend für den Spracherwerb. Die Annahme dahinter ist,
dass Kinder mit Migrationshintergrund, die Deutsch als Zweitsprache erwerben,
in ihrer Umgebung zu wenig Input im Deutschen erhalten, um diese Systemati-
ken rasch zu erwerben. Daher soll der gesteuerte systematische Sprachinput
diese Erwerbsprozesse befördern. Berichte über den Erwerb von Artikel und
Satzbau mit einem gesteuerten Sprachinput lassen eine Wirkung vermuten (Kalt-
enbacher, Ermonies-Jargielo & Vasylyeva, 2010; Kaltenbacher et al., 2009).
Aufgrund fehlender Kontrollgruppen ist allerdings der Zusammenhang zwischen
dem gesteuerten systematischen Sprachinput und dem positiven Erwerbsverlauf
nicht eindeutig zu bestätigen.
224 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Auch wird die Annahme vertreten, dass für Schulanfänger das implizite Lernen
auch für Syntax und Morphologie der geeignete Ansatz ist. Für den Erwerb des
Genussystems von Artikeln argumentiert Pagonis (2014) auf einer theoretischen
Ebene, dass die häufig verwendete Explizitmachung des dreigliedrigen Genus-
systems im Deutschen durch farbliche Markierungen, die Aufmerksamkeit und
kognitive Kapazität des Lernens unnötig belastet und so den Erwerb des Artikel-
systems nicht befördert. Dieses Argument scheint plausibel, da im Deutschen das
Genus der meisten Substantive durch eine phonologische Regel erklärt werden
kann und nicht auf Einzelwortbasis erlernt werden muss (vgl. Kap. 4.1.3). Diese
Systematik kann demnach eher durch rhythmischen Sprachinput, beispielsweise
mithilfe von Reimen, unterstützt werden (Kaltenbacher & Klages, 2011). Auf
eine Explizitmachung bzw. explizite Formfokussierung soll dabei verzichtet
werden. Eine empirische Überprüfung dieser Annahme, die beide Ansätze mitei-
nander vergleicht, ist allerdings nicht bekannt. Allerdings gibt es Untersuchun-
gen, die einen Zusammenhang zwischen einem gesteuerten, systematischen
Sprachinput und dem Zweitspracherwerb bei Kindern nachweisen (Rothweiler,
2007).

5.3.2 Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten


Die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten gliedern sich in die Ebenen kom-
munikative Einbettung, Darstellung von Inhalt und Struktur sowie Verwendung
sprachlicher Mittel. Um die Erzählfähigkeit zu fördern, gelten alle drei Ebenen
als Ziele der Sprachförderung. Wie bereits dargestellt, bauen die spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten auf den basalen sprachlichen Fähigkeiten auf (vgl.
Kap. 4). Daher ist für die Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten
bereits ein bestimmtes Niveau basaler sprachlicher Fähigkeiten nötig.

Förderung der kommunikativen Einbettung


Die Fähigkeit eine Erzählung kommunikativ einzubetten, kann insbesondere im
Rahmen von Interaktionen gefördert werden. Wichtig ist dabei vor allem die
Aktivität des Kindes anzuregen, sodass es aus der eigenen Erfahrungswelt er-
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 225

zählt und eigene Inhalte und Themen einbringt, was gleichzeitig die eigene Mo-
tivation fördern kann (vgl. Kap. 5.1.2). Für Kinder aus sozial benachteiligten
Familien kann dies eine besondere Herausforderung darstellen, da ihre Erfah-
rungs- und Lebenswelt aufgrund materieller Armut stark eingeschränkt sein
kann. So betont auch Claussen (2004), dass sich Kinder hinsichtlich ihrer Le-
benswelten stark unterscheiden. Dies ist bei der Aktivierung der Kinder durch
gezielte Fragen nach ihren Erlebnissen zu berücksichtigen.

Die Eigenaktivität des Kindes nimmt also eine zentrale Rolle ein, was auch
Zehnbauer und Jampert (2007) für die Sprachförderung sowie Reinmann und
Mandl (2006) für das Lernen allgemein betonen. Gleichzeitig ist die Förderkraft
gefordert aktiv zuzuhören, um gegebenenfalls passende Unterstützung anzubie-
ten (Merkelbach, 2004). Dieses Unterstützungsangebot soll sich dabei ebenfalls
nach dem natürlichen Erwerbsverlauf richten (vgl. Kap. 4.2.1) und sich in der
Zone der nächsten Entwicklung bewegen (Vygotskij, 2002). Die Förderkraft
kann die sprachlichen Äußerungen im Rahmen von Erzählungen unterstützen,
indem sie bei Jobs der kommunikativen Einbettung behilflich ist oder sie selbst
übernimmt und damit ein Modell vorgibt (Hausendorf & Quasthoff, 1996). Die
Unterstützung kann auch in Form von Modellierungen erfolgen, indem die kind-
lichen Äußerungen mit Expansion oder Reformulierungen ergänzt werden (Dan-
nenbauer, 2002). Der Fokus liegt hier auf der Anbahnung und dem Abschließen
der Erzählung sowie dem passenden Platzieren innerhalb einer Interaktion.

Darüber hinaus ist auch das sprachliche Modell, das die Förderkraft durch eigene
Erzählungen gibt, ein wichtiges Mittel zur Förderung der kommunikativen Ein-
bettung. Insgesamt eignen sich nach den Schlussfolgerungen von Becker (2011b)
aus ihrer eigenen Untersuchung vor allem Erlebniserzählungen für die Förderung
der kommunikativen Einbettung, da sie viel Interkation ermöglichen. Eine dafür
häufig verwendete Methodik ist der sogenannte Erzählkreis. Morek (2013) kriti-
siert daran, dass diese Interaktionsform zu sehr institutionalisiert sei und daher
keine authentische Kommunikationssituation schaffe. Dieser Kritik ist entgegen-
zuhalten, dass nicht das Setting, also ein Kreis aus einer Gruppe von Kindern in
226 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

der man von seinen Erlebnissen erzählt, sondern vielmehr der Rahmen und die
Haltung der Förderkraft wichtig sind. So ist einerseits ein echtes Interesse an den
Erzählungen der Kinder wichtig. Andererseits sollten auch erzählwürdige Erleb-
nisse berichtet werden, so dass kein Zwang zum Erzählen entsteht, was einer
authentischen Kommunikationssituation widersprechen würde. Somit kann auch
der Erzählkreis einen geeigneten Rahmen bieten, um zu üben, die eigene Erzäh-
lung kommunikativ einzubetten.

Förderung der Darstellung von Inhalt und Struktur


Die Fähigkeit Inhalt und Struktur einer Erzählung kohärent darzustellen, kann
ebenfalls durch die Kombination aus Interaktion in authentischen Kommunikati-
onssituationen und bewusst gestalteten Sprachinput erfolgen.

Der Sprachinput kann in diesem Bereich ein wichtiges Modell für die Kinder
geben, indem die Förderkraft in ansprechenden Erzählungen Inhalt und Struktur
entsprechend darstellt. Die Erzählform, die Lernende dann selbst produzieren
sollten, ist eine Nacherzählung. Diese eignet sich besonders, um die eigenen
Fähigkeiten auszubilden, wie Becker (2011b) aus ihrer Untersuchung schließt.
Als primäre Produktion, die nacherzählt wird, können verschiedene Erzählfor-
men passend sein. Wichtig ist auch hier wieder den natürlichen Erwerbsverlauf
und die Zone der nächsten Entwicklung zu berücksichtigen, indem vor allem die
Strukturen für Vor- und Grundschulkindern noch nicht zu große Komplexität
aufweisen (vgl. Kap. 4.2.2). Darüber hinaus müssen Erzählungen, die nacher-
zählt werden sollen, die Aufmerksamkeit und das Interesse der Kinder wecken.

Bildergeschichten werden zwar häufig vor allem innerhalb von Unterricht einge-
setzt, scheinen in manchen Fällen aber weniger passend zu sein. Sind die Bilder
während der Erzählung präsent, wird vor allem von Kindern mit weniger ausge-
prägten basalen sprachlichen Fähigkeiten eine deiktische Sprache verwendet, die
nicht den Anforderungen einer kohärenten Erzählung entspricht (Becker, 2011b).
Die naheliegende Vermutung, dass die Repräsentation der Erzählung durch die
Bilder die sprachliche Produktion unterstützt, scheint für die von Becker (2011b)
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 227

untersuchten Altersgruppen nicht zuzutreffen. Eine mögliche Erklärung dafür


könnte sein, dass durch die bildliche Repräsentation der Geschichte für die Kin-
der die kommunikative Notwendigkeit fehlt, Inhalt und Struktur der Erzählung
allein durch sprachliche Äußerungen kohärent darzustellen. Somit könnte das
Erzählen einer Bildergeschichte im engeren Sinn keine authentische Kommuni-
kationssituation darstellen.

Eine weitere Methode zur Förderung der kohärenten Darstellung von Inhalt und
Struktur ist das Anregen zu sprachlichen Äußerungen. Dies kann in Form von
direkten Aufforderungen bestimmte Inhalte zu erzählen oder mit offenen Fragen
erfolgen. So kann die Förderkraft die Zuhörerwartungen an Inhalt und Struktur
der Erzählung deutlich machen (Stude, 2013).

Letztlich spielt natürlich auch das selbst Ausprobieren und Üben beim Erzählen
eine wichtige Rolle. Dies können Hausendorf und Quasthoff (1996) auch empi-
risch nachweisen, indem sie die gleiche Geschichte an drei Tagen nacheinander
erzählen lassen und dabei einen Lerneffekt für die Darstellung von Inhalt und
Struktur finden können.

Förderung der Verwendung sprachlicher Mittel


Um die Verwendung sprachlicher Mittel zur Stärkung der Kohäsion einer Erzäh-
lung zu fördern, präferiert Becker (2011b) Phantasieerzählung. In ihrer Untersu-
chung verwendeten die Kinder bei dieser Erzählform die meisten sprachlichen
Mittel. Daraus zieht sie den Schluss, dass in Phantasieerzählungen diese Fähig-
keit am besten geübt werden kann.

Die Bedeutung des sprachlichen Inputs wird von Müller (2012) betont. Sie
schreibt dem Vorlesen einen besonderen Stellenwert zur Förderung der Verwen-
dung sprachlicher Mittel zu. Dadurch erhalten die Kinder einen schriftsprachli-
chen Input, der in der Regel mehr kohäsive Mittel aufweist, als die mündliche
Sprache. Hier greift also wieder das Prinzip von Quantität und Qualität des
Sprachinputs.
228 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Schimke (2014) findet allerdings in ihrer Untersuchung ein- und mehrsprachiger


Kinder, dass die Kinder mit Deutsch als Zweitsprache Schwierigkeiten mit
schriftsprachlichen Input haben. Daher schlägt sie vor, den Sprachinput dahinge-
hend zu spezifizieren, dass die dargebotenen Erzählungen einen einfachen und
für die Kinder mit Deutsch als Zweitsprache verständlichen Inhalt aufweisen.
Dies kann durch einen bekannten Wortschatz realisiert werden. Aber auch ein
Kontext, der der Erfahrungs- und Lebenswelt der Kinder entstammt, erleichtert
das Verständnis. Dadurch kann sich die Aufmerksamkeit der Kinder einfacher
auf die sprachlichen Mittel richten. Auch sollen nach Auffassung von Schimke
(2014) nicht weniger sprachliche Mittel zur Herstellung der Kohäsion verwendet
werden. Überträgt man die Überlegungen zum Sprachinput zur Förderung von
Morphologie und Syntax auf die Verwendung sprachlicher Mittel (Kaltenbacher,
2013) (vgl. Kap. 5.3.1), sollten auch hier anfangs wenige Beispiele häufig darge-
boten werden und erst später auch andere Formen in den Sprachinput einfließen.
Ebenso sollte der natürliche Erwerbsverlauf berücksichtig werden.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass bisherige Untersuchungen zeigen, dass in-
nerhalb von Sprachförderung wenig komplexe Sprachäußerungen der Kinder
erfolgen (Knapp et al., 2011). Daher scheint die Fokussierung von Erzählungen
sehr geeignet zu sein, sowohl als Förderziel aber auch als Methode, um eben
komplexe Sprachäußerungen zu produzieren. Dabei können auf Basis der Unter-
suchungsergebnisse von Becker (2011b) verschiede Erzählformen für unter-
schiedliche Förderziele eingesetzt werden. Wichtig dabei ist wiederum der be-
wusste Gestaltung des Sprachinputs im Rahmen authentischer Kommunikations-
situationen.

5.3.3 Förderung der personalen Komponente


Neben der wichtigen sprachlichen Komponente besteht die mündliche Erzählfä-
higkeit auch aus einer personalen Komponente, wie bereits dargestellt wurde
(vgl. Kap. 3.2). Diese gliedert sich in die (sozial-)kognitive Ebene, die affektiv-
motivationale Ebene, Kreativität sowie Wahrnehmung und Motorik.
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 229

Betrachtet man nun den Erwerbsverlauf dieser Ebenen bei mehrsprachigen Kin-
dern (vgl. Kap. 1.1), zeigt sich, dass Kinder mit Deutsch als Zweitsprache für die
(sozial-) kognitive Ebene und die Kreativität in der Regel keinen besonderen
Förderbedarf aufweisen. Vielmehr ergibt sich eher ein Vorteil gegenüber ein-
sprachigen Kindern in manchen Bereichen dieser Ebenen. Da Sprache und Kog-
nition sehr eng miteinander verbunden sind, kann allerdings vermutet werden,
dass bei der Förderung der sprachlichen Komponente auch kognitive Bereiche
profitieren.

Sollten im Bereich Wahrnehmung und Motorik Entwicklungsverzögerungen


auftreten, fällt dies eher in das Aufgabengebiet von Sprachtherapie, was eine
andere Expertise erfordert.

So ist vor allem die affektiv-motivatonale Ebene ein wichtiger Bereich der im
Rahmen der mündlichen Erzählfähigkeit gefördert werden sollte. In den voran-
gegangen Abschnitten zur Förderung der sprachlichen Komponente wurde be-
reits angedeutet, dass Motivation und Interesse wichtige Aspekte beim Sprach-
erwerb und damit auch bei der Sprachförderung sind (Klein, 1992). So muss bei
der Gestaltung der Sprachförderung auch jeweils die affektiv-motivationale
Ebene beachtet werden. Berücksichtigt man hier wieder die beiden Aspekte der
bewussten Gestaltung des Sprachinputs in authentische Kommunikationssituati-
on, übernimmt bereits der zweite Punkt eine wichtige motivationale Aufgabe
(Kaltenbacher et al., 2009). Dadurch sollen kommunikativ sinnvolle Äußerungen
bei den Lernenden veranlasst werden, was per se als motivierend gilt. Der Ein-
satz von Handpuppen kann dabei unterstützend wirken, wie bereits im vorange-
gangenen Abschnitt angesprochen wurde (vgl. Kap. 5.3). Gleichzeitig haben
Handpuppen das Potential für sich allein motivierend zu sein, da sie insbesonde-
re Kinder ansprechen (Schroeder-Zobel, 2012).

Darüber hinaus hat auch das Erzählen selbst ein Motivationspotential, beispiels-
weise indem von eigenen Erlebnissen oder auch von Phantasien und Träumen
erzählt wird. Das kommunikative Ziel, sich mitzuteilen, kann dadurch erfüllt
werden (Bühler, 1982). Wichtig dabei ist das Verhalten der Förderkraft, das
230 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

durch eine gute Beziehung zu den Lernenden geprägt ist und das Interesse an den
kindlichen Äußerungen vermittelt. Dies kann, wie bereits erwähnt (vgl. Kap.
5.1.2), sowohl verbal als auch durch para- und nonverbales Verhalten vermittelt
werden.

Eine besondere Form des sprachlichen Verhaltens ist die lobende Rückmeldung
der Förderkraft. Diese kann auf die Kinder motivierend wirken, so dass mehr
sprachliche Äußerungen produziert werden (Knapp et al., 2011). Dabei sollten
die Regeln für Feedback beachtet werden, indem spezifisch beschrieben wird,
welches konkretes Verhalten des Kindes wie auf die Förderkraft gewirkt hat.

Zusätzlich nehmen auch Spiele eine wichtige Rolle bei der Förderung der affek-
tiv-motivationalen Ebene ein. So ist Spielen für Kinder vor allem innerhalb ihrer
Entwicklung von besondere Bedeutung (Oerter, 2008). Gleichzeitig können
spielerische Elemente die Motivation fördern (Sailer, Hense, Mandl & Klevers,
2013). Daher ist der Einsatz spielerischer Elemente bei der Gestaltung der
Sprachförderung ein zentraler Aspekt zur Förderung der affektiv-motivationalen
Ebene. Dadurch kann auch das implizite Lernen betont werden, da nicht die
Sprache im Vordergrund steht, sondern ein Spiel, wozu sprachliches Handeln
erforderlich ist. So kann der bewusst geplante Sprachinput mit einem spieleri-
schen Rahmen und weiteren spielerischen Elementen versehen werden.

Abschließend sollte vor allem zur Förderung affektiver Bereiche auch die Mehr-
sprachigkeit der Kinder in der Sprachförderung ihren Platz finden. Dies kann
auch in einsprachigen Förderangeboten durch punktuelle Aktionen erfolgen. So
sollen erstsprachliche Äußerungen der Kinder wertgeschätzt werden. Auch kann
bewusst nach Übersetzungen in der Erstsprache gefragt werden (Knapp et al.,
2011). So kann in kleinem Maße dazu beigetragen werden, dass auch die Famili-
ensprache der Kinder eine entsprechende Wertschätzung erfährt, was das Selbst-
konzept der Kinder fördern kann.
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 231

5.3.4 Situative Bedingungen bei der Förderung der mündlichen


Erzählfähigkeit
Als weitere wichtige Komponente der mündlichen Erzählfähigkeit wurden die
situativen Bedingungen identifiziert (vgl. Kap. 3.2.4). Diese können in drei Be-
reiche untergliedert werden, die Anforderungen der unmittelbaren Situation
sowie der familiäre und der institutionelle Kontext. Geht man nun der Frage
nach, welche Rolle diese drei Bereiche bei der Förderung der mündlichen Er-
zählfähigkeit einnehmen, kann man schließen, dass die unmittelbare Situation
durch die Gestaltung der Lernumgebung innerhalb der Sprachförderung bewusst
beeinflusst wird. Dies ist der zentrale Faktor, den die Sprachförderung gestaltet
und damit auch auf den Erwerbsverlauf wirkt. Der weitere Kontext, der hinsicht-
lich Institution und Familie unterschieden wird, ist je nach Reichweite der
Sprachförderung weniger beeinflussbar aber nicht weniger wichtig für den Er-
werbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit, wie bereits berichtete Forschungs-
ergebnisse zeigen (vgl. Kap. 1.1). Im Folgenden wird beschrieben, welche Rolle
diese Aspekte im Rahmen von Sprachförderung spielen, um die mündliche Er-
zählfähigkeit zu fördern.

Unmittelbare Situation bei der Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit


Die vorherigen Abschnitte (vgl. Kap. 5.3.1, Kap. 5.3.2 und Kap. 5.3.3) befassen
sich vor allem mit der didaktischen Gestaltung der Sprachförderung zur Förde-
rung der mündlichen Erzählfähigkeit. Zusammengefasst ergibt sich daraus, dass
es Aufgabe der Förderkraft ist, die unmittelbare Situation, also in diesem Fall die
Sprachförderung, entsprechend sprachförderlich zu gestalten. Da Erzählen eine
grundlegende Kommunikationsform ist (Rank, 1995), konzentriert sich Sprach-
förderung vor allem auf die Gestaltung von Interaktionen. Dabei sind stets die
beiden herausgearbeiteten Prinzipien zu berücksichtigen, die bewusste Gestal-
tung des Sprachinputs in authentischen Kommunikationssituationen. Wie dies
didaktisch konkret umgesetzt werden kann, um die verschiedenen Komponenten
zu fördern, ist in den vorangegangenen Abschnitten ausführlich dargestellt (vgl.
Kap. 5.3.1, Kap. 5.3.2 und Kap. 5.3.3).
232 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Ein weiterer Aspekt ist, wie die Sprachförderung organisational gestaltet werden
kann. Hier wurde bereits angedeutet, dass die Realisierung der beiden didakti-
schen Prinzipien hohe Anforderungen an die Förderkraft stellen. Unterstützung
kann in Form von Qualifizierungsmaßnahmen, aber auch durch angemessene
Sprachstandsverfahren und ausgearbeitetes Fördermaterial angeboten werden.

Wie Förderkräfte qualifiziert werden können, ist inzwischen zu einem wichtigen


Forschungsfeld im Bereich der Sprachförderung avanciert. So wird ein Profil
definiert, was Sprachförderkräfte beherrschen sollten (Hopp et al., 2010; Tracy,
Ludwig & Ofner, 2010). Auf Grundlage dessen ist ein Instrument zur Erfassung
der Sprachförderkompetenz pädagogischer Fachkräfte entstanden (Thoma &
Tracy, 2013), das sowohl zur Erfassung des Iststands als auch zur Erfolgsmes-
sung von Qualifizierungsmaßnahmen eingesetzt wird (Ofner, Roth & Thoma,
2015; Roth et al., 2015). Mit einem Verweis auf diese Autoren soll dieses Thema
in diesem Rahmen aber nicht näher erläutert werden.

Auch für Sprachstandsverfahren gibt es verschiedene Initiativen, die eine höhere


Qualität in diesem Bereich erzielen wollen. Überblicke belegen zunächst eine
Vielfalt an Verfahren, die in Bildungseinrichtungen eingesetzt werden (Lisker,
2011; Redder et al., 2011). Die besondere Herausforderung besteht darin, die
Balance zwischen den testtheoretischen Gütekriterien, der Objektivität, Reliabili-
tät und Validität, sowie den eher praktischen Gütekriterien, wie Testökonomie,
Nützlichkeit und Zumutbarkeit, zu finden. Eine weitere Herausforderung stellt
die Berücksichtigung der Mehrsprachigkeit dar. Eine aktuelle Befragung von
deutschen Grundschulen zeigt dazu, dass dieser Aspekt noch nicht in dem Maße
einbezogen wird, wie Mehrsprachigkeit unter den Schulkindern verbreitet ist
(Böhme & Hoffmann, 2014). Die Erfassung der Erzählfähigkeit genießt außer-
halb der Sprachtherapie erst seit wenigen Jahren vermehrte Aufmerksamkeit,
indem verschiedene Verfahren aktuell dazu entwickelt werden (Briedigkeit et al.,
2010; Kapica et al., 2014; Lengning, Katz-Bernstein, Schröder, Stude & Quast-
hoff, 2012). Auch hier wird die Mehrsprachigkeit der Kinder nicht explizit be-
rücksichtigt.
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 233

Das Fördermaterial ist grundsätzlich als Unterstützung der Förderkraft zur Ge-
staltung der Sprachförderung zu verstehen (Jampert et al., 2007). Wie dieses
ausgestaltet ist, hängt damit in großem Maße vom didaktischen Ansatz ab, der
dem Fördermaterial zugrunde liegt. Zur Realisierung der bereits dargestellten
didaktischen Prinzipien zur Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit bietet
sich ein ebenso strukturiertes Fördermaterial an, das diese Prinzipien verinner-
licht. Mithilfe eines detailliert ausgearbeiteten Fördermaterials kann sich der
Sprachinput gezielt am natürlichen Erwerbsverlauf orientieren und auch die
weiteren dargestellten Kriterien erfüllen. Dies unterstützt die Förderkraft maß-
geblich in der Vorbereitung und Gestaltung der Sprachförderung. Darüber hinaus
existieren auch sogenannte Materialsammlungen, die eher punktuell mit hoher
Expertise der Förderkraft für die entsprechenden Förderziele ausgewählt werden
müssen (Lisker, 2011).

Für eine Sprachförderung, in der sich die genannten wichtigen didaktischen


Prinzipien realisieren lassen, sind im besten Fall die drei genannten Elemente,
Fähigkeiten und Qualifizierung der Förderkraft, Sprachstandsverfahren sowie
Fördermaterial aufeinander abgestimmt. So kann die unmittelbare Situation als
wichtiger Faktor im Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit entspre-
chend förderlich gestaltet werden.

Institutioneller Kontext bei der Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit


Der institutionelle Kontext bei der Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit
beschreibt, wie die geplante Sprachförderung in das restliche Angebot der Bil-
dungseinrichtung eingebettet ist. Welche Rolle der institutionelle Kontext im
Allgemeinen im Erwerbsverlauf einnimmt, wurde bereits beschrieben (vgl. Kap.
1.1).

So bietet es sich für die Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit nach den
genannten didaktischen Prinzipien und für Kinder mit intensivem Förderbedarf
an, diese additiv zum regulären Angebot der Bildungseinrichtung zu installieren.
Zwar gibt es seit mehreren Evaluationsstudien, die die Wirksamkeit additiver
234 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

Sprachförderangebote nicht nachweisen können (Roos et al., 2010; Sachse et al.,


2012), die Forderung vor allem auf alltagsintegrierte Förderung zu setzen und
additive Förderung nicht weiter zu verfolgen. Dieser Schluss ist allerdings auf-
grund des aktuellen Forschungsstands zu schnell gezogen, da die fehlenden
Wirksamkeitsnachweise in erster Linie auch auf methodische Ursachen zurück-
geführt werden können (vgl. Kap. 5.2). Der Vorteil additiver Sprachförderung
liegt vor allem darin begründet, dass die Realisierung der Sprachförderung mit
einem bewusst gestalteten Sprachinput in authentischen Kommunikationssituati-
onen in anderen Formen mit hoher Qualität kaum möglich erscheint. Zudem
muss eine additive Sprachförderung kein Widerspruch zu alltagsintegrierten
Realisierungsformen sein. Diese sollten sich sogar ergänzen, insbesondere für
Kinder mit intensivem Förderbedarf (Ehlich et al., 2012).

Einen allgemeinen Überblick, welche Punkte zur Förderung des Spracherwerbs


für eine Bildungsinstitution insgesamt wichtig sind, gibt Bainski (2008a). Dabei
unterscheidet sie die Schulleitung und das Kollegium, die Lern- und Unterrichts-
bedingungen sowie der Umgang mit Sprache und Mehrsprachigkeit voneinander.
Diese Aspekte sind neben der konkreten Sprachfördermaßname ebenfalls zu
berücksichtigen.

Familiärer Kontext bei der Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit


Welche Rolle der familiäre Kontext im Allgemeinen im Erwerbsverlauf der
mündlichen Erzählfähigkeit einnimmt, wurde bereits im vorangegangenen Kapi-
tel beschrieben (vgl. Kap. 1.1). Da der familiäre Kontext von besonderer Bedeu-
tung ist, beinhalten manche Sprachfördermaßnahmen auch Elemente, die den
familiären Kontext miteinbeziehen. Hier können verschiedene Varianten be-
schrieben werden.

So gibt es Maßnahmen, die die Förderung in der Bildungseinrichtung auf die


Zeit in der Familie ausdehnen, indem auch zu Hause Aufgaben zu erledigen sind.
Hierbei sollen die Eltern unterstützen, da die Aufgaben häufig in der Familien-
sprache zu bearbeiten sind, wie dies beispielsweise auch bei DfdS vorgesehen ist
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 235

(Kaltenbacher & Klages, 2011). Dies ermöglicht die Einbeziehung der Familien-
sprache, was für die Wertschätzung der Mehrsprachigkeit wichtig sein kann und
auch aus theoretischer Perspektive im Sinne Cummins (1979) förderlich sein
kann (vgl. Kap. 2.3.4).

Andere Ansätze, die einen Schritt weitergehen, beziehen auch die Eltern oder
anderer Bezugspersonen des Kindes ein, damit diese das Kind aktiv im Sprach-
erwerb innerhalb des familiären Kontextes unterstützen können (Jungmann &
Albers, 2013). Dies beginnt bei der Information und Beratung der Eltern zum
Spracherwerb ihres Kindes und wie dieser unterstützt werden kann. Die Gestal-
tung der Maßnahmen kann hier stark variieren. So kann Information und Bera-
tung für eine Gruppe von Eltern angeboten werden, im eher formellen Rahmen
bei Elternabenden sowie eher informell bei sogenannten Elterncafés. Individuelle
Angebote können in Form von Beratungsgesprächen oder Hausbesuchen reali-
siert werden. Auch können Informationen in schriftlicher Form durch Broschü-
ren oder ähnliches zur Verfügung gestellt werden.

Umfangreicher gestalten sich sogenannte Elterntrainings, die den Eltern sprach-


förderliche Verhaltensweisen im familiären Kontext vermitteln. Ein Beispiel
dafür, ist das Heidelberger Elterntraining (Buschmann, 2011), das vor allem die
Interaktion zwischen Eltern und Kind in den Fokus nimmt.

Dass insgesamt in der Einbeziehung des familiären Kontextes ein großes Poten-
tial steckt, zeigen die Ergebnisse zum Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfä-
higkeit (vgl. Kap. 1.1). Jedoch müssen dabei auch die verfügbaren familiären
Ressourcen und Bedingungen berücksichtigt werden, so dass nicht alle Eltern für
ein Training zur Verfügung stehen, um das eigene sprachförderliche Verhalten
weiterzuentwickeln.

5.3.5 Zusammenfassung der Förderung mündlicher Erzählfähigkeit


In diesem Abschnitt wird zusammenfassend dargestellt, wie die Komponenten
der mündlichen Erzählfähigkeit in der Zweitsprache Deutsch gefördert werden
können. Dabei soll jeweils eine bewusste Gestaltung der Interaktion und Kom-
236 Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in DaZ

munikation im Vordergrund stehen. Dafür sind zunächst die zwei didaktischen


Prinzipien elementar, die Schaffung authentischer Kommunikationssituation
sowie die bewusste Gestaltung des Sprachinputs, indem die natürliche Sprach-
erwerbsreihenfolge berücksichtigt wird. Diese beiden Prinzipien sind jeweils auf
die Förderung der Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit anzuwenden.

Die Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten beinhaltet dabei die Ebenen
der Phonetik und Phonologie, von Semantik und Lexikon sowie von Morpholo-
gie und Syntax. Für die Förderung der Phonetik und Phonologie stehen spieleri-
sche Ansätze im Vordergrund, um einzelne Phoneme wahrnehmen und produzie-
ren zu können. In diesem Zusammenhang sind bereits einige Programme zur
Förderung der phonologischen Bewusstheit verbreitet. Die Förderung von Sem-
antik und Lexikon stellt einen Schwerpunkt im Bereich der Sprachförderung dar.
Dazu sind insbesondere eine gemeinsame Referenz, worauf sich Förderkraft und
Lernender beziehen können, und kommunikativ sinnvolle Anwendungsmöglich-
keiten zur Wiederholung und Festigung wichtig. Bei der Förderung von Morpho-
logie und Syntax kommt vor allem das Prinzip der bewussten Gestaltung des
Sprachinputs zum Tragen, indem sich der Sprachinput im Sinne Vygotskijs
(2002) an der Zone der nächsten Entwicklung orientiert. Neben dem Input steht
auch die Anregung des Lernenden zur Sprachproduktion im Vordergrund. In
diesem Zusammenhang ist auch die Modellierung der Lerneräußerungen wichtig.

Die Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten beinhaltet die Ebe-


nen der kommunikativen Einbettung, der Darstellung von Inhalt und Struktur
sowie der Verwendung sprachlicher Mittel. Für die kommunikative Einbettung
ist vor allem wichtig, die Aktivität des Lernenden anzuregen, damit dieser er-
zählt. Um eine adäquate Einbettung in die Kommunikation und Interaktion zu
gewährleisten ist die entsprechende Unterstützung von Seiten der Förderkraft
erforderlich, die sich am Niveau des Lernenden orientiert. Gleichzeitig hat die
Förderkraft für diese Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten auch die
Rolle des Modells und Vorbilds inne. Zur Förderung der Darstellung von Inhalt
und Struktur dient ebenfalls der sprachliche Input der Förderkraft als Modell.
Förderung der Komponenten mündlicher Erzählfähigkeit 237

Gleichzeitig kann mit offenen Fragen die Produktion des Lernenden unterstützt
werden. Grundsätzlich ist es auch hier wichtig, zur Eigenaktivität anzuregen und
diese dann zu unterstützen. Für die Förderung der Verwendung sprachlicher
Mittel eignet sich sprachlicher Input, der sich verstärkt an der Schriftsprache
orientiert, da sie die entsprechenden sprachlichen Mittel verstärkt enthält. Dabei
ist darauf zu achten, dass die vorhandenen basalen sprachlichen Fähigkeiten
ausreichen, um den Inhalt zu verstehen. Für diesen Bereich der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten bietet es sich ähnlich wie für Morphologie und Syn-
tax als Ebene der basalen sprachlichen Fähigkeiten an, zunächst wenige Variati-
onen im Sprachinput zu verwenden und erst später verschiedenartige sprachliche
Mittel anzubieten.

Die Förderung der personalen Komponente als Teil der mündlichen Erzählfähig-
keit nimmt vor allem die affektiv-motivationale Ebene in den Fokus. Dazu dient
ganz wesentlich die Gestaltung authentischer Kommunikationssituationen, die
den Lernenden zu kommunikativ sinnvollen Äußerungen veranlasst, wo u.a.
auch die Handpuppen eine wichtige Rolle übernehmen. Darüber hinaus sind das
Erzählen eigener Geschichten, Lob und Rückmeldung durch die Förderkraft
sowie spielerische Elemente wichtig für die Förderung der affektiv-
motivationalen Ebene.

Die Rolle der situativen Bedingungen bei der Förderung der mündlichen Erzähl-
fähigkeit lässt sich in die unmittelbare Situation sowie den institutionellen und
familiären Kontext unterscheiden. Die unmittelbare Situation wird in erster Linie
entsprechend dem didaktischen Ansatz gestaltet. Damit dies allerdings auch
passend erfolgen kann, sind gewisse Bedingungen erforderlich, wie Qualifizie-
rungsmaßnahmen, angemessene Sprachstandsverfahren und entsprechendes
Fördermaterial. Darüber hinaus spielen auch für die Förderung der institutionelle
sowie der familiäre Kontext immer eine Rolle und sollten daher nicht vernach-
lässigt werden.
6 Untersuchungsgegenstand

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu untersuchen, inwieweit eine theorieba-
sierte zweijährige Sprachförderung die mündliche Erzählfähigkeit von Grund-
schülern in ihrer Zweitsprache Deutsch fördert. Im Folgenden wird zunächst das
Konzept des Sprachförderprogramms MITsprache vorgestellt. Anschließend
wird der Kontext beschrieben, in dem dieses Programm umgesetzt und schließ-
lich untersucht wird.

6.1 Das Sprachförderprogramm MITsprache

Das Sprachförderprogramm MITsprache verfolgt das übergeordnete Ziel, die


sprachlichen Fähigkeiten von sozial benachteiligten Kindern, insbesondere mit
Migrationshintergrund, zu fördern. Es steht also die Förderung von Deutsch als
Zweitsprache von Kindern mit einem intensiven Förderbedarf im Vordergrund.
Dabei nimmt das mündliche Erzählen eine wichtige Rolle ein. Das Sprachför-
derprogramm, das eine Initiative der Stiftung Fairchance ist, besteht aus einer
zweijährigen additiven Sprachförderung in der Grundschule und wird durch eine
Qualifizierung für Förderkräfte und begleitende Elternarbeit ergänzt. Diese drei
Bausteine werden im Folgenden beschrieben.

6.1.1 Sprachförderung
Die Sprachförderung hat zum Ziel, die mündliche Erzählfähigkeit der Kinder im
Deutschen zu fördern. Dabei ist der Fokus neben den spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten auch auf den basalen sprachlichen Fähigkeiten des mündlichen Er-
zählens. Insgesamt richtet sich die Förderung nach dem sprachlichen Entwick-
lungsstand der Kinder. Dazu ist ein Sprachstandstest und entsprechendes För-
dermaterial vorhanden.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017


R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_6
240 Untersuchungsgegenstand

Die Grundlage der Sprachförderung von MITsprache bildet das Sprachförder-


programm ‚Deutsch für den Schulstart‘ (DfdS). Es wurde am Institut für Deutsch
als Fremdsprachenphilologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg entwi-
ckelt und liegt in zwei Versionen vor, eine für Vorschüler (Klages & Kaltenba-
cher, 2010a) und eine für Grundschüler (Ermonies-Jargielo & Kaltenbacher,
2011). Die Vorschulversion ist überwiegend die Grundlage für die Sprachförde-
rung von MITsprache im ersten Schulbesuchsjahr, die Grundschulversion für das
zweite Schulbesuchsjahr von MITsprache. So kann der Entwicklungsstand der
Kinder entsprechend berücksichtigt werden. Insgesamt folgt das Sprachförder-
programm DfdS in beiden Versionen in seinem didaktischen Ansatz einer Kom-
bination aus kommunikations- und sprachstruktureller Orientierung, wie in Kapi-
tel 5 ausgeführt.

Zusätzlich wurden für MITsprache Ergänzungen am Sprachförderprogramm


vorgenommen. Diese enthalten Geschichten, Regelspiele, musische Elemente
und Bewegungsanteile, die thematisch und sprachlich zum vorgegebenen Rah-
men von DfdS passen und sich in der pädagogischen Praxis bewährt haben. Au-
ßerdem wurde der Sprachförderung eine durchgängige Rahmenhandlung hinzu-
gefügt. So wird das sprachwissenschaftlich fundierte Programm durch pädagogi-
sche Elemente zusätzlich angereichert.

Der didaktische Ansatz der Sprachförderung realisiert dabei vor allem die zwei
Prinzipien, authentische Kommunikationssituation zu schaffen und den Sprach-
input bewusst zu gestalten, die bereits im theoretischen Teil der Arbeit ausge-
führt wurden (vgl. Kap. 5.3). Es werden also Merkmale der kommunikationsori-
entierten und sprachstrukturellen didaktischen Ansätze kombiniert. Diese beiden
Grundprinzipien lassen sich durch weitere Merkmale des didaktischen Ansatzes
präzisieren (Kaltenbacher & Klages, 2011):

 Echte Sprechanlässe bieten.


 Klare Sprachmodelle vorgeben.
 Wenige unterschiedliche Strukturen anbieten.
 Ausreichend Wiederholungen ermöglichen.
Das Sprachförderprogramm MITsprache 241

 Interaktiv erzählen.
 Offene Fragen verwenden.
 Kurze Reime und regelmäßige Rhythmen anbieten.
 Implizites Lernen ermöglichen.
 Reihenfolge der Fördermaterialien einhalten.
 Äußerungen modellieren.

Um diesen didaktischen Ansatz entsprechend umzusetzen, ist ein umfassendes


Fördermaterial vorhanden, das Inhalt und Ablauf für jede Fördereinheit detail-
liert vorgibt. Das Fördermaterial bietet zahlreiche Gelegenheiten an, um authen-
tische Kommunikationssituationen zu schaffen. Außerdem enthält es eine
sprachliche Progression und bildet damit den natürlichen Spracherwerb nach,
was dem sprachstrukturellen Ansatz entspricht. Als didaktisches Mittel sind
Handpuppen fester Bestandteil der Sprachförderung. Sie unterstützen dabei,
echte Sprechanlässe zu schaffen und die Motivation der Kinder aufrechtzuerhal-
ten.

Ziele der Förderung sind hinsichtlich der basalen sprachlichen Fähigkeiten im


Bereich Phonetik und Phonologie vor allem die auditive Aufmerksamkeit und
das Erkennen verschiedener Betonungsmuster, Lautformen und Anfangslaute.
Im Bereich Semantik und Lexikon ist der Schwerpunkt der Förderung zunächst
der Nahbereich des Kindes mit Wortschatz zu den Themenfeldern Familie, Kör-
per, Kleidung und Lebensmittel. Später werden auch entferntere Bereiche, wie
Stadt, Freizeit und Berufe thematisiert. Für den Bereich Morphologie und Syntax
der basalen sprachlichen Fähigkeiten stehen zunächst das grundlegende Satz-
muster und später auch der Artikelerwerb im Vordergrund. Der Artikelerwerb
beinhaltet Aspekte von Kasus, Numerus und Genus und ist damit im Deutschen
sehr komplex. Daher wird zunächst das natürliche Geschlechtsprinzip gefördert.
Später erfolgt die Förderung des grammatischen Geschlechts als zweigliedriges
System (der und die), was später durch das Neutrum und weitere Kasus ergänzt
wird. Im Bereich der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten sollen die Kinder
Erzählen als Interaktion erfahren und dabei sowohl lernen zuzuhören und Ge-
242 Untersuchungsgegenstand

schichten zu verstehen als auch aktiv zu erzählen. Sie sollen herangeführt wer-
den, Inhalt und Struktur der Erzählung kohärent aufzubauen und mit entspre-
chenden sprachlichen Mittel die Kohäsion einer Erzählung herzustellen.

Der Sprachstandstest DfdS (Klages & Kaltenbacher, 2010b) ist vor Förderbeginn
durchzuführen, um eine homogene Fördergruppen mit ähnlichen sprachlichen
Fähigkeiten zu bilden. Zusätzlich gibt der festgestellte Sprachstand der Förder-
kinder den Einsatz des Fördermaterials vor, so dass eine Passung zwischen
sprachlichen Entwicklungsstand der Kinder und Sprachinput erfolgen kann. Der
Test kann auch wiederholend zur Überprüfung des Lernfortschritts verwendet
werden.

Der Einsatz der Sprachförderung ist für die ersten zwei Schulbesuchsjahre vor-
gesehen4, so dass jedes teilnehmende Kind zwei Jahre Sprachförderung erhält.
Dies erfolgt additiv zum regulären Unterricht. Die Sprachförderung wird drei bis
vier Mal pro Woche in einer Kleingruppe von fünf bis sieben Kindern in Einhei-
ten von 45 Minuten durchgeführt. Die Förderkinder sind jeweils die schwächsten
Kinder des Jahrgangs. Die Förderkräfte sind eigens dafür qualifizierte pädagogi-
sche Fachkräfte, die an der Grundschule als Lehrer oder Erzieher arbeiten.

6.1.2 Qualifizierung der Förderkräfte


Um die Durchführung der Sprachförderung entsprechend zu ermöglichen, ist die
Qualifizierung der Förderkräfte auch ein Teil von MITsprache. Die Förderkräfte
sollen Lehrer und Erzieher der jeweiligen Grundschule sein. Die Qualifizierung
besteht aus einer anderthalbtägigen grundlegenden Fortbildung, bei der relevante
theoretische Grundlagen des Zweitspracherwerbs und dessen Förderung vermit-
telt werden. Darüber hinaus werden der Einsatz der Fördermaterialien und des
Sprachstandstests trainiert. Zusätzlich finden im Abstand von etwa acht Wochen
regelmäßig Begleittreffen statt. Dort werden spezifische fachliche Themen zur
kontinuierlichen Weiterqualifizierung vertieft. Insbesondere werden Inhalte der
4
Eine Erweiterung des Sprachförderprogramms MITsprache erstreckt sich auch auf das letzte
Kindergartenjahr, sodass eine durchgängige dreijährige Sprachförderung möglich wird. Diese
Erweiterung wird im Rahmen dieser Arbeit aber nicht berücksichtigt.
Kontext des Sprachförderprogramms MITsprache 243

kommenden Sprachfördereinheiten thematisiert. Zusätzlich besteht die Möglich-


keit, sich über Erfahrungen mit der Sprachförderung auszutauschen und diese zu
reflektieren. Auch können organisatorische Aspekte zur Umsetzung der Sprach-
förderung geklärt werden.

Die Qualifizierung wird von Mitarbeitern der Stiftung Fairchance durchgeführt,


die sowohl eine fachlich einschlägige Ausbildung als auch praktische Erfahrung
in der Sprachförderung aufweisen und durch eine DfdS Multiplikatorenausbil-
dung dazu qualifiziert sind.

6.1.3 Elternarbeit
Zusätzlich zur Sprachförderung wird im Rahmen von MITsprache Elternarbeit
angeboten. Diese wird durch einen Sozialpädagogen realisiert, der mehrere
Grundschulen im Verbund betreut. Die Elternarbeit hat zum Ziel, die Sensibilität
für den Umgang mit Sprachen innerhalb der Familie zu fördern sowie sprachför-
derliche Rahmenbedingungen auch im familiären Umfeld anzuregen. Insgesamt
sollen die Eltern für eine erfolgreiche Sprachentwicklung ihrer Kinder gestärkt
werden. Dafür werden in Zusammenarbeit mit der Förderkraft pro Jahr zwei bis
drei Elterntreffen für die jeweiligen Fördergruppen angeboten, bei denen über
die Sprachförderung informiert wird und Möglichkeiten für sprachförderliches
Verhalten der Eltern zu Hause aufgezeigt werden. Zusätzlich werden wöchent-
lich Elternsprechstunden an der Grundschule und Hausbesuche durch den Sozi-
alpädagogen angeboten. Dies soll eine niedrigschwellige Beratung ermöglichen.
Dabei können auch Themen zur Sprache kommen, die über die Sprachförderung
hinausgehen. Zusätzlich sollen zu relevanten Themen bedarfsgerechte Veranstal-
tungen angeboten werden.

6.2 Kontext des Sprachförderprogramms MITsprache

In diesem Abschnitt wird beschrieben, in welchem Kontext das Sprachförder-


programm MITsprache, das Gegenstand der vorliegenden Studie ist, umgesetzt
wird und wie die Realisierung erfolgt. MITsprache wird seit August 2011 an fünf
244 Untersuchungsgegenstand

Berliner Grundschulen im Ortsteil Gesundbrunnen des Bezirks Mitte durchge-


führt. Im Fokus der Arbeit liegen die drei Schuljahre 2011/12, 2012/13 sowie
2013/14, in denen zwei Kohorten jeweils zwei Jahre an der Sprachförderung
teilnehmen.

Der Ortsteil Gesundbrunnen kann als sehr herausfordernder Kontext beschreiben


werden. So lebt nach einem Bericht des Bezirksamt Mitte von Berlin (2013) im
Jahr 2011 67 % der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren im Ortsteil Ge-
sundbrunnen in einer Familie, die von Arbeitslosengeld-II abhängig ist. Damit ist
dieser Ortsteil neben Wedding und Neukölln in Berlin am stärksten von relativer
Kinderarmut betroffen. Der Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund
liegt bei 58 %, was im Berliner Vergleich als sehr hoch einzuschätzen ist (Be-
zirksamt Mitte von Berlin, 2013). Die häufigsten Herkunftsregionen sind mit
absteigender Bedeutung die Türkei, die EU-Länder, die arabischen Länder sowie
das ehemalige Jugoslawien (Bezirksamt Mitte von Berlin, 2013). Diese beiden
Indikatoren in Kombination, ein sehr niedriger sozioökonomischer Status der
Bewohner und ein hoher Anteil an Einwohnern mit Migrationshintergrund, zei-
gen, dass der Ortsteil Gesundbrunnen als sehr herausfordernder Kontext be-
zeichnet werden kann.

6.2.1 Kontext zur Realisierung der Sprachförderung


Die spezifische Situation an den fünf Grundschulen, die die Sprachförderung
umsetzen, lässt sich zu der Zeit der Untersuchung ebenfalls als schwierig be-
schreiben. So erhält mindestens 50 % der Schüler bzw. deren Familien öffentli-
che Sozialleistungen (Rackles, 2014) und etwa 90 % der Schüler erwerben neben
Deutsch mindestens eine andere Sprache in der Familie (Senatsverwaltung für
Bildung, 2013). Organisational sind die Schulen vom im Bundesland Berlin
herrschenden Mangel an pädagogischen Fachkräften besonders betroffen
(Schirmer & Dietze, 2014). Dieser wird durch eine erhöhte Fluktuation auch
innerhalb des Leitungskreises der Schulen und durch viele Krankheitstage der
pädagogischen Fachkräfte verstärkt.
Kontext des Sprachförderprogramms MITsprache 245

Die fünf Grundschulen gestalten die ersten Schuljahre jeweils als flexible Schul-
anfangsphase, die von Schulanfängern innerhalb von einem, zwei oder drei Jah-
ren durchlaufen werden kann. Dabei werden vor allem Ansätze des jahrgangs-
übergreifenden Lernens realisiert. Unterricht und Lernen in Kleingruppen ist in
diesen Grundschulen also nicht ungewöhnlich. Nach der Schulanfangsphase
rücken die Schüler in die dritte Klasse vor. Innerhalb dieser Schulanfangsphase
wird die Sprachförderung additiv zum regulären Unterricht umgesetzt. Die För-
derung findet immer vormittags statt.

Mithilfe des Sprachstandstests DfdS (Klages & Kaltenbacher, 2010b) werden die
schwächsten Kinder eines Jahrgangs identifiziert, die in leistungshomogene
Kleingruppen von fünf bis sieben Kindern zusammengefasst werden. Jede
Sprachfördergruppe wird von einer Förderkraft geleitet, die die Gruppe mindes-
tens ein Schuljahr oder häufig auch über die gesamten zwei Förderjahre beglei-
tet. Pro Schule werden jeweils ein oder zwei Sprachfördergruppen gebildet.

Insgesamt sind vier Sprachfördereinheiten á 45 Minuten drei bis vier Mal pro
Woche im Rahmen des Sprachförderprogramms MITsprache vorgesehen. Davon
finden in allen zwölf Sprachfördergruppen, die letztlich in die Stichprobe der
Untersuchung eingehen, im Mittel 76 % statt. In den Sprachfördereinheiten kann
nach Einschätzung der Förderkräfte der didaktische Ansatz der Förderung, der
eine Synthese aus kommunikations- und sprachstruktureller Orientierung dar-
stellt, gut umgesetzt werden. Auch entspricht das Fördermaterial nach Einschät-
zung der Förderkräfte dem sprachlichen und kognitiven Entwicklungsstand der
Kinder. Insgesamt findet die Sprachförderung nach Einschätzung der Förderkräf-
te sowohl auf Seiten der Förderkräfte als auch bei den Kindern hohe Akzeptanz.
So gilt die Teilnahme an der additiven Sprachförderung nach Wahrnehmung der
Förderkräfte unter den Grundschulkindern als Privileg.

6.2.2 Kontext zur Realisierung der Qualifizierung der Förderkräfte


An allen fünf Grundschulen arbeiten neben Lehrkräften auch Erzieher, die u.a. in
Zusammenarbeit mit den Lehrern die Schulanfangsphase unterstützen. Aus den
246 Untersuchungsgegenstand

Lehrern und Erziehern der jeweiligen Grundschulen werden schulintern Perso-


nen ausgewählt, die an der Qualifizierung zur Förderkraft im Rahmen des
Sprachförderprogramms MITsprache teilnehmen und eine Sprachfördergruppe
leiten. Ein Kriterium ist dabei Erfahrung bzw. verstärktes Interesse an Sprach-
förderung.

Insgesamt leiten elf pädagogische Fachkräfte die zwölf Sprachfördergruppen, die


letztlich in die Stichprobe der Untersuchung eingehen. Diese elf Förderkräfte
setzen sich aus zehn Frauen, von denen fünf als Erzieherinnen und fünf als Leh-
rerinnen an der jeweiligen Schule arbeiten, sowie einem männlichen Lehrer
zusammen.

Die Qualifizierung der Förderkräfte erfolgt entsprechend dem Konzept von MIT-
sprache, indem vor Beginn der Sprachförderung eine anderthalbtägige grundle-
gende Fortbildung realisiert wird, die durch regelmäßige Begleittreffen im Ab-
stand von etwa acht Wochen ergänzt wird. Dabei wird vor allem die Möglichkeit
zum Austausch zwischen den Förderkräften genutzt und die Diskussion schulor-
ganisatorischer Aspekte, die die Sprachförderung betreffen. Aus Sicht der För-
derkräfte werden sowohl die grundlegende Fortbildung als auch die Begleittref-
fen als hilfreich für die Arbeit in der Sprachfördergruppe eingeschätzt.

6.2.3 Kontext zur Realisierung der Elternarbeit


An allen fünf Grundschulen wird durch einen externen Sozialpädagogen zusätz-
liche Elternarbeit angeboten, was durch die Stiftung Fairchance ermöglicht wird.
Der Sozialpädagoge zeichnet sich durch eine ausgeprägte Kenntnis der Klientel,
langjährige Berufserfahrung und eigener Migrationserfahrung aus.

Nach einer mehrmonatigen Kontaktanbahnung mit den Eltern können die ge-
planten Angebote der Elternarbeit realisiert werden. Dazu gehören Elterntreffen
für die Sprachfördergruppen, regelmäßige Sprechstunden, Hausbesuche und
bedarfsgerechte Veranstaltungen, wie ein Expertenvortrag zur Nutzung von
Medien, eine Einführung in die örtliche Bibliothek oder ein Spielenachmittag mit
Eltern und Kindern. Nach Angaben des Sozialpädagogen schwankt die Beteili-
Kontext des Sprachförderprogramms MITsprache 247

gung der Eltern zwischen 50 und 90 % an den verschiedenen Angeboten. Für die
Förderkräfte stellte die Elternarbeit eine Entlastung dar, da sie durch den Sozial-
pädagogen mehr über die familiäre Situation der Kinder erfahren aber gleichzei-
tig selbst wenig in der Elternarbeit involviert sind.
7 Fragestellungen

Im Rahmen dieser Arbeit wurde bisher erörtert, dass die Förderung der mündli-
chen Erzählfähigkeit ein relevantes Ziel für Schulanfänger mit intensivem För-
derbedarf in Deutsch als Zweitsprache darstellt. Es konnte gezeigt werden, wie
der Erwerb einer Zweitsprache bei Kindern auf theoretischer Ebene erklärt wer-
den kann. Darüber hinaus konnte die mündliche Erzählfähigkeit in einem theore-
tischen Modell in mehrere Komponenten unterteilt werden, bei dem die sprachli-
che Komponente mit den basalen sprachlichen und spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten einen wesentlichen Baustein ausmacht. Darauf aufbauend wurde der
Erwerbsverlauf der mündlichen Erzählfähigkeit im frühen ungesteuerten Zweit-
spracherwerb dargestellt. Da die Frage nach einer wirksamen Sprachförderung
für Vor- und Grundschulkinder mit Deutsch als Zweitsprache empirisch bisher
nicht zufriedenstellend beantworten werden kann, stellt dies weiterhin eine For-
schungslücke dar (Paetsch et al., 2014; Redder et al., 2011; Roos et al., 2010;
Sachse et al., 2012; Stanat et al., 2012; Wolf et al., 2011). Als didaktischer An-
satz zur Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit von Schulanfängern mit
intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache wurden auf Grundlage
theoretischer Überlegungen und empirischer Ergebnisse kommunikationsorien-
tierte und sprachstrukturelle Ansätze der Sprachförderung kombiniert.

Das übergeordnete Ziel der Arbeit ist es, Erkenntnisse zu gewinnen, inwieweit
die mündliche Erzählfähigkeit von Grundschulkindern mit intensivem Förderbe-
darf in der Zweitsprache Deutsch gefördert werden kann. Dazu soll der bereits
dargestellte und theoretisch begründete Ansatz zur Förderung der mündlichen
Erzählfähigkeit (vgl. Kap. 5.3), der im Sprachförderprogramm MITsprache reali-
siert wird und in einem herausforderndem Kontext umgesetzt wird (vgl. Kap. 6),
auf seine Wirksamkeit überprüft werden. Entsprechend des theoretischen Hinter-
grunds der Arbeit soll dabei die Wirkung der Sprachförderung auf die einzelnen
Komponenten der mündlichen Erzählfähigkeit betrachtet werden. Die mündliche

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R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_7
250 Fragestellungen

Erzählfähigkeit kann zwar als umfassendes Konzept verstanden werden, benötigt


aber basale sprachliche und spezifische pragmatische Fähigkeiten, die sich aus
einzelnen sprachlichen Ebenen zusammensetzen, um eine Erzählung sprachlich
zu realisieren. Dazu zählen zu den basalen sprachliche Fähigkeiten die Ebene
von Phonetik und Phonologie, von Semantik und Lexikon sowie von Morpholo-
gie und Syntax. Die kommunikative Einbettung, die Darstellung von Inhalt und
Struktur sowie die Verwendung sprachlicher Mittel stellen die einzelnen Ebenen
der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten dar. Inwieweit nun der abgeleitete
didaktische Ansatz jeweils die einzelnen Ebenen der sprachlichen Komponente
fördert, soll untersucht werden.

Aus diesem Ziel leiten sich mehrere Fragestellungen ab, die im Folgenden ge-
gliedert nach basalen sprachlichen Fähigkeiten und spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten näher erläutert werden.

7.1 Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten

Die Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten stellt für Kinder mit einem
intensiven Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache auch zu Beginn der Grund-
schulzeit noch ein relevantes Förderziel dar (Apeltauer, 2007b). Zusätzlich gel-
ten die basalen sprachlichen Fähigkeiten als eine wichtige Voraussetzung für das
mündliche Erzählen, wie in den Kapiteln 4.1 und 1.1 theoretisch und empirisch
begründet wurde. Bisher fehlt es allerdings an sichtbaren Nachweisen, dass die
basalen sprachlichen Fähigkeiten, die unter anderem die Ebene von Semantik
und Lexikon sowie von Morphologie und Syntax umfassen, von Schulanfängern
mit intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache gefördert werden kön-
nen (Paetsch et al., 2014) (vgl. Kap. 5.2). Führt man dies mit den theoretischen
Überlegungen zur Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit mit einem didakti-
schen Ansatz zusammen, der kommunikationsorientierte und sprachstrukturelle
Prinzipien kombiniert, lässt sich folgende Fragestellung ableiten:
Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten 251

Fragestellung 1:
Inwieweit fördert die theoriebasierte Sprachförderung die basalen
sprachlichen Fähigkeiten für das mündliche Erzählen von Grundschülern
mit intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache?

Die zu untersuchende Sprachförderung zielt darauf ab mit authentischen Kom-


munikationssituationen und der bewussten Gestaltung des Sprachinputs die basa-
len sprachlichen Fähigkeiten zu fördern. Dabei sind vor allem die Ebenen von
Semantik und Lexikon sowie Morphologie und Syntax im Fokus, die durch
Wortschatzvielfalt, Satzbau mit Wortschatz und Artikelverwendung im Nomina-
tiv konkretisiert werden können. Dazu lassen sich die folgenden Annahmen
formulieren:

Hypothese 1a: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in Wortschatzvielfalt als die Vergleichsgruppe ohne theorieba-
sierter Sprachförderung.

Hypothese 1b: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in Satzbau mit Wortschatz als die Vergleichsgruppe ohne theo-
riebasierter Sprachförderung.

Hypothese 1c: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in Artikel im Nominativ als die Vergleichsgruppe ohne theorie-
basierter Sprachförderung.

Gestützt werden diese Annahmen zur ersten Fragestellung zum einen durch die
theoretischen Überlegungen und empirischen Erkenntnisse zum Erwerbsverlauf
der basalen sprachlichen Fähigkeiten in der Zweitsprache, wie in den Kapiteln
3.2.1, 4.1.2 und 4.1.3 dargestellt. Zum anderen gibt es erste empirische Hinwei-
se, dass eine additive Sprachförderung, die kommunikationsorientierte und
sprachstrukturelle Ansätze in ihrer Didaktik verbindet, die basalen sprachlichen
252 Fragestellungen

Fähigkeiten von einsprachigen Vorschülern bzw. zweisprachigen Drittklässlern


fördert (Paetsch et al., 2014; Stanat et al., 2012; Wolf et al., 2011) (vgl. Kap.
5.2). Diese Studien nehmen aber vor allem kurzfristige Förderinitiativen in den
Blick. Ein Wirkungsnachweis einer langfristigen Förderung für zweisprachige
Schulanfänger ist allerdings nicht bekannt.

7.2 Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten

Neben den basalen sprachlichen Fähigkeiten ist die Förderung der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten für das mündliche Erzählen elementar (Quasthoff et
al., 2011). Welche Bedeutung die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten für
das mündliche Erzählen einnehmen, wurde im theoretischen Teil der Arbeit
deutlich dargestellt (vgl. Kap. 3.2.2, Kap. 1.1 und Kap. 1.1). Gleichzeitig fehlt es
an theoriebasierten Ansätzen zur Förderung der spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten, deren Wirksamkeit für diesen Bereich nachgewiesen ist, insbeson-
dere für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache (vgl. Kap. 5.3).

Darstellung von Inhalt und Struktur


Aus theoretischer und empirischer Perspektive konnte die kohärente Darstellung
von Inhalt und Struktur einer Erzählung als wesentliche Ebene der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten herausgearbeitet werden (vgl. Kap. 3.2.2). Für Kinder
mit intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache gilt diese Fähigkeit im
Grundschulalter als noch nicht vollständig erworben (vgl. Kap. 4.2.2). Daher ist
sie auch ein Ziel der zu untersuchenden Sprachförderung. In diesem Zusammen-
hang wird folgende Fragestellung formuliert:

Fragestellung 2:
Inwieweit fördert die theoriebasierte Sprachförderung die spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten von Grundschülern mit intensivem Förderbe-
darf in Deutsch als Zweitsprache, Inhalt und Struktur in einer mündlichen
Erzählung darzustellen?
Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 253

Die zu untersuchende Sprachförderung zielt darauf ab mit authentischen Kom-


munikationssituationen und der bewussten Gestaltung des Sprachinputs, die
Darstellung von Inhalt und Struktur als Ebene der spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten zu fördern. Dazu lassen sich die folgenden Annahmen formulieren:

Hypothese 2a: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in der kohärenten Inhaltsdarstellung als die Vergleichsgruppe
ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Hypothese 2b: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in der kohärenten Strukturdarstellung als die Vergleichsgruppe
ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Gestützt werden diese Annahmen zur zweiten Fragestellung durch die theoreti-
schen Überlegungen und empirischen Erkenntnisse zum Erwerbsverlauf der
spezifischen pragmatischen Fähigkeit in der Zweitsprache, Inhalt und Struktur
einer Erzählung kohärent darzustellen, wie in Kapitel 3.2.2 und 4.2.2 ausgeführt.
Auch die theoretischen Überlegungen zur Förderung der spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten, indem kommunikationsorientierte und sprachstrukturelle
Didaktikansätze kombiniert werden (vgl. Kap. 5.3.2), stützen diese Annahmen.

Verwendung sprachlicher Mittel


Die zweite wichtige Ebene der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten bildet
den passenden Einsatz sprachlicher Mittel, um die Kohäsion der Erzählung zu
stärken, wie in Kapitel 3.2.2 dargestellt. Diese Fähigkeit bei Schulanfängern mit
intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache zu fördern, gilt ebenfalls
als Ziel der zu untersuchenden Sprachförderung, da sie beim frühen Zweit-
spracherwerb im Grundschulalter noch nicht vollständig entwickelt ist (vgl. Kap.
4.2.3). Daher lässt sich folgende Fragestellung dazu ableiten:
254 Fragestellungen

Fragestellung 3:
Inwieweit fördert die theoriebasierte Sprachförderung die spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten von Grundschülern mit intensivem Förderbe-
darf in Deutsch als Zweitsprache, sprachliche Mittel für das mündliche
Erzählen zu verwenden?

Die zu untersuchende Sprachförderung zielt darauf ab mit authentischen Kom-


munikationssituationen und der bewussten Gestaltung des Sprachinputs, die
Verwendung sprachlicher Mittel als Ebene der spezifischen pragmatischen Fä-
higkeiten zu fördern (vgl. Kap. 5.3.2). Insbesondere der Einsatz von
Konnektoren gilt als wichtiger Hinweis für die Entwicklung der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten im Bereich Verwendung sprachlicher Mittel (Karmi-
loff & Karmiloff-Smith, 2001; Quasthoff et al., 2011). Zu dieser Fragestellung
lässt sich folgende konkrete Annahme formulieren:

Hypothese 3: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren Zu-
wachs in der Verwendung von Konnektoren in einer Erzählung als die
Vergleichsgruppe ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Diese Annahme zur dritten Fragestellung wird durch die theoretischen Überle-
gungen und empirischen Erkenntnisse zum Erwerbsverlauf der spezifischen
pragmatischen Fähigkeit in der Zweitsprache sprachliche Mittel zur Stärkung der
Kohäsion einer Erzählung zu verwenden gestützt, wie in Kapitel 3.2.2 und 4.2.3
dargestellt. Auch die theoretischen Überlegungen zur Förderung der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten, indem kommunikationsorientierte und sprachstruk-
turelle Didaktikansätze kombiniert werden (vgl. Kap. 5.3.2), stützen diese An-
nahmen.
8 Methode

In diesem Kapitel wird das methodische Vorgehen der empirischen Studie be-
schrieben. Dazu werden zunächst das Untersuchungsdesign und die Stichprobe
dargestellt. Daraufhin wird der eingesetzte Sprachstandstest hinsichtlich seines
Ablaufs, den erfassten Variablen und deren Auswertung erläutert. Abschließend
werden die Durchführung der theoriebasierten Sprachförderung sowie die statis-
tische Analyse beschrieben.

8.1 Untersuchungsdesign

Zur Beantwortung der Fragestellungen wurde eine quasiexperimentelle longitu-


dinale Feldstudie an fünf Grundschulen mit Schulanfängern durchgeführt, die
Deutsch als Zweitsprache erwerben. Dazu wurde die mündliche Erzählfähigkeit
einer Fördergruppe (FG) und einer Vergleichsgruppe (VG) zu drei Messzeit-
punkten mit dem Sprachstandstest DfdS (Klages & Kaltenbacher, 2010b) erfasst
und miteinander verglichen. Die Messzeitpunkte waren vor Beginn der Sprach-
förderung (t0) im Oktober des ersten Schuljahres, nach Ende des ersten Jahres
Sprachförderung (t1) sowie nach Ende des zweiten Jahres Sprachförderung (t2)
jeweils im Juni zum Schuljahresende (vgl. Tabelle 2).

Tabelle 2: Design der Studie


t0 1. Schuljahr t1 2. Schuljahr t2
FG ( N = 64) DfdS Test Sprachförderung DfdS Test Sprachförderung DfdS Test
VG ( N = 64) DfdS Test DfdS Test DfdS Test

Der erste Messzeitpunkt t0 und der anschließende Beginn der Sprachförderung


wurde für zwei Monate nach Schulbeginn terminiert, um den Schulanfängern

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256 Methode

eine Eingewöhnungsphase in der Schule zu gewähren und auch mögliche Ver-


zerrungen in den Testergebnissen dadurch auszuschließen.

In der Fördergruppe wurden die Kinder nach dem theoriebasierten Ansatz des
Sprachförderprogramms MITsprache (vgl. Kap. 6) additiv zum regulären Schul-
unterricht gefördert. MITsprache realisiert die im theoretischen Teil der Arbeit
bereits dargestellten zentralen didaktischen Prinzipien, die Schaffung authenti-
scher Kommunikationssituation sowie die bewusste Gestaltung des Sprachin-
puts, indem die natürliche Spracherwerbsreihenfolge berücksichtigt wird, um die
mündliche Erzählfähigkeit in Deutsch als Zweitsprache zu fördern. Die Kinder
der Fördergruppe wurden in Kleingruppen von fünf bis sieben Kindern aufge-
teilt, die von qualifizierten Förderkräften geleitet wurden.

In der Vergleichsgruppe erhielten die Kinder keine Sprachförderung, sondern


nahmen in erster Linie an Freizeitangeboten der Schule teil. Somit kann die Ver-
gleichsgruppe auch als Beschäftigungsgruppe bezeichnet werden (Redder et al.,
2011).

Um eine entsprechende Stichprobengröße zu erreichen, wurden insgesamt zwei


Kohorten von Förder- und Vergleichsgruppe erfasst. Die erste Kohorte nahm an
der Sprachförderung von Oktober 2011 bis Juni 2013 teil, die zweite Kohorte
begann ein Jahr später und nahm somit von Oktober 2012 bis Juni 2014 an der
Sprachförderung teil (vgl. Abbildung 5).

Schuljahr 2011/12 Schuljahr 2012/13 Schuljahr 2013/14


1. Kohorte

2. Kohorte

Abbildung 5: Kohorten in den drei Schuljahren


Abb. 5
Die Feldstudie dauerte folglich insgesamt knapp drei Jahre von Oktober 2011 bis
Juni 2014.
Stichprobe 257

8.2 Stichprobe

Im Folgenden werden zunächst die Auswahl der Stichprobe und ihre Zusammen-
setzung anhand zentraler Merkmale beschrieben. Abschließend wird die Reprä-
sentativität der Stichprobe bewertet.

8.2.1 Auswahl der Stichprobe


An der Studie beteiligten sich fünf Berliner Grundschulen des Ortsteils Gesund-
brunnen im Bezirk Berlin Mitte. Wie bereits dargestellt (vgl. Kap. 6), lässt sich
der Ortsteil Gesundbrunnen durch eine hohe Abhängigkeit von öffentlichen
Sozialleistungen und einen hohen Anteil an Bewohnern mit Migrationshinter-
grund als herausfordernder Kontext beschreiben. Dies spiegelt sich auch an den
fünf Grundschulen wieder, an denen die Untersuchung durchgeführt wurde. So
erhalten über 50 % der Schüler bzw. deren Familien öffentliche Sozialleistungen
(Rackles, 2014) und etwa 90 % der Schüler erwerben neben Deutsch mindestens
eine weitere Sprache in der Familie (Senatsverwaltung für Bildung, 2013). Da-
mit war man bei der Durchführung der Studie mit einem herausfordernden Kon-
text konfrontiert.

Für die Auswahl der Stichprobe wurde ein zweistufiges Verfahren verwendet
(vgl. Abbildung 6). Als erste Stufe wurden an den fünf Grundschulen alle Schul-
anfänger mit einem intensiven Sprachförderbedarf identifiziert. Dafür wurden
die Ergebnisse der Berliner Sprachstandserhebung ‚Bärenstark‘ (Senatsverwal-
tung für Bildung, Jugend und Sport, 2002) verwendet, die im Frühjahr im Jahr
der Einschulung mit allen künftigen Schulanfängern an den Grundschulen
durchgeführt wurde. Zusätzlich wurde die fachliche Einschätzung der pädagogi-
schen Fachkräfte als Kriterium zur Feststellung eines intensiven Förderbedarfs
herangezogen, da aufgrund organisatorischer Schwierigkeiten nicht alle Schulan-
fänger im Frühjahr an der Sprachstandserhebung teilnahmen. Damit konnten für
jede der fünf Grundschulen die Schulanfänger der Jahre 2011/12 sowie 2012/13
identifiziert werden, die einen intensiven Sprachförderbedarf aufwiesen.
258 Methode

In der zweiten Stufe der Stichprobenauswahl wurden alle Kinder mithilfe des
Sprachstandstests DfdS (Klages & Kaltenbacher, 2010b) getestet, die auf Grund-
lage der Sprachstandserhebung ‚Bärenstark‘ bzw. der persönlichen Einschätzung
einer Fachkraft einen intensiven Sprachförderbedarf aufwiesen. Diese zweite
Stufe stellte gleichzeitig den ersten Messzeitpunkt t0 der Studie dar (vgl.
Kap. 8.1). Anhand der Sprachstandsergebnisse wurden die Kinder der Förder-
und Vergleichsgruppe zugeteilt, sodass die schwächsten Kinder an der Sprach-
förderung teilnahmen, also die Fördergruppe bildeten, und die nächstschwächs-
ten Kinder die Vergleichsgruppe darstellten. Als6 Auswahlkriterium dienten die
Abb.
Ergebnisse der Skala ‚Satzbau mit Wortschatz‘ (vgl. Kap. 8.3.2). Jede Schule
definierte vorab, ob sie in einem Jahrgang eine oder zwei Sprachfördergruppen
bildete. Entsprechend wurden auch Vergleichsgruppen gebildet.

März / September Oktober (t0)


Schüler mit FG
intensivem DfdS Test
Bärenstark Erhebung / Förderbedarf VG
alle
Einschätzung
Schulanfänger Schüler ohne
päd. Fachkraft
intensivem
Förderbedarf

Abbildung 6: Auswahl der Stichprobe

Eine Randomisierung, die aus methodischer Perspektive zu bevorzugen gewesen


wäre, wurde aufgrund ethischer Bedenken nicht vorgenommen. Außerdem ist zu
vermuten, dass eine zufällige Zuteilung zu Förder- und Vergleichsgruppe die
Akzeptanz der beteiligten Förderkräfte und Klassenlehrer enorm beeinträchtigt
hätte. Dieses Problem, das grundsätzlich für die Untersuchung von Fördermaß-
nahmen im Bildungsbereich gilt und insbesondere für selektive Präventionen
(Hasselhorn & Sallat, 2014), diskutieren auch bereits Limbird und Stanat (2006)
sowie Kuger, Sechtig und Anders (2012) für Sprachförderungen. Das gewählte
Stichprobe 259

Vorgehen wurde nach Abwägen aller Vor- und Nachteile für diese Studie als
geeignet eingeschätzt.

Aus den zwei Kohorten gingen jeweils 64 Kinder in die Stichprobe ein, so dass
letztlich 128 Kinder untersucht wurden. Im Verlauf der Studie mussten insge-
samt 65 Kinder ausgeschlossen werden, die ursprünglich mithilfe des beschrie-
benen zweistufigen Verfahrens gezogen wurden. Dies ergibt eine Dropout Quote
von 34 %, die sich auf Förder- und Vergleichsgruppe mit 34 % und 33 % ähnlich
verteilt. Der eher große Anteil an Ausfällen ist durch die langfristige Untersu-
chung im Feld zu begründen. So wechselten einige Kinder die Schule oder es
ergaben sich organisatorische Veränderungen innerhalb der Schulen, weshalb
Kinder nicht die vollen zwei Jahre an der Sprachförderung teilnehmen bzw. nicht
in die Vergleichsgruppe ohne Sprachförderung eingehen konnten. Zudem wur-
den Kinder aus der Stichprobe ausgeschlossen, wenn die Sprachstandstestung
nicht zu allen drei Messzeitpunkten durchgeführt wurde. In Summe flossen also
die Daten von N = 128 Kindern in die Auswertung ein.

Das konservative Vorgehen durch den Ausschluss von Teilnehmern aufgrund


fehlender Werte wurde gegenüber dem Ersetzen fehlender Werte vorgezogen, da
trotz der eher großen Reduktion der Stichprobe immer noch eine gute Teststärke
erzielt werden konnte. Eine a-priori Poweranalyse mit der Software G*Power 5
ergibt für ein Signifikanzniveau von 5 %, dass für eine gute Teststärke von .90
und einer Stichprobengröße von N = 128 auch noch das Erfassen kleiner Effekte
möglich ist.

Die Fördergruppe setzt sich aus insgesamt zwölf Sprachfördergruppen zusam-


men. In jeder Kohorte wurden jeweils sechs Sprachfördergruppen realisiert. Eine
der fünf Grundschulen setzte in jeder Kohorte jeweils zwei Sprachfördergruppen
um, die Teil der Stichprobe waren. Die anderen Grundschulen realisierten je-
weils eine Sprachfördergruppe pro Kohorte, die in die Stichprobe einging. Die
Mehrheit der Sprachfördergruppen wurden über die zwei Jahre von der gleichen

5
Version 3.1.9.2
260 Methode

Förderkraft geleitet. In vier Sprachfördergruppen wechselte die Förderkraft je-


weils nach dem ersten Jahr, was schulorganisatorische Gründe hatte. Drei För-
derkräfte waren nur in einer Kohorte beteiligt. Die übrigen acht Förderkräfte
leiteten sowohl in der ersten als auch in der zweiten Kohorte eine Sprachförder-
gruppe.

Die Anonymität der teilnehmenden Kinder war durch die Zuweisung von ver-
schlüsselten Codes ständig gewährleistet. So ist zwar eine Zuordnung von Test-
werten über die Zeit und zur Gruppe möglich allerdings nicht zu konkreten Per-
sonen.

8.2.2 Beschreibung der Stichprobe


In diesem Abschnitt wird die Zusammensetzung der Stichprobe von 128 Kindern
genauer beschrieben. Details dazu können Tabelle 3 entnommen werden.

Tabelle 3: Demographische Merkmale der Stichprobe


Alter Kontaktdauer Sprachstands-
Geschlecht (in Monaten mit Deutsch erhebung
bei Förderbe- (in Monaten bei (Punkte in Bären-
männlich weiblich ginn) Förderbeginn) stark)

N in % M (SD)
FG 33 51.5 48.5 71.8 (2.3) 44.2 (16.0) 44.0 (21.1)
1. Kohorte

VG 31 61.3 38.7 74.4 (3.3) 42.7 (22.2) 57.7 (15.8)


 64 56.3 43.8 73.0 (3.1) 43.9 (17.0) 50.5 (19.9)
p .461a .001b .842b .005b
FG 31 45.2 54.8 74.1 (6.1) 39.0 (15.2) 48.4 (15.4)
2. Kohorte

VG 33 48.5 51.5 72.0 (3.9) 33.7 (18.2) 54.8 (15.0)


 64 46.9 53.1 73.0 (5.2) 37.3 (16.1) 51.8 (15.4)
p .808a .116b .333b .109b
FG 64 48.4 51.6 72.9 (4.7) 41.6 (15.7) 46.1 (18.6)
Gesamt

VG 64 54.7 45.3 73.2 (3.8) 36.9 (19.6) 56.2 (15.3)


 128 51.6 48.4 73.0 (4.3) 40.4 (16.8) 51.2 (17.7)
a b b
p .596 .695 .280 .001b
Anmerkung: Mann-Whitney-Test, b t-Test für unabhängige Stichproben
a
Stichprobe 261

Die gesamte Stichprobe von 128 Kindern setzt sich aus 62 Mädchen und
66 Jungen zusammen. Die Geschlechterverteilung zwischen Förder- und Ver-
gleichsgruppe unterscheidet sich für die gesamte Stichprobe sowie für die beiden
Kohorten nicht statistisch bedeutsam (vgl. Tabelle 3). Jedoch sind in der ersten
Kohorte mehr Jungen als Mädchen, was in der zweiten Kohorte umgekehrt ist.
Dieser Unterschied zwischen der ersten und zweiten Kohorte ist allerdings nicht
statistisch bedeutsam, U = 1.06, p = .377.

Alle Kinder waren zu Beginn der Sprachförderung, also im Oktober 2011 bzw.
2012, im Mittel 6 Jahre und 1 Monat (6;1) alt. Die Altersunterschiede zwischen
Förder- und Vergleichsgruppe sind in der zweiten Kohorte und der gesamten
Stichprobe nicht statistisch bedeutsam (vgl. Tabelle 3). Für die erste Kohorte
ergibt sich jedoch ein bedeutsamer Unterschied, da die Kinder der Vergleichs-
gruppe älter sind (vgl. Tabelle 3). Dieser Unterschied nivelliert sich jedoch für
die gesamte Stichprobe, da auch in der zweiten Kohorte die Kinder der Förder-
gruppe etwas älter sind. Insgesamt ist der Unterschied zwischen der ersten und
zweiten Kohorte hinsichtlich des Alters nicht statistisch bedeutsam,
t(103.84) = .02, p = .984.

Zum Messzeitpunkt t0 waren die Kinder durchschnittlich bereits 3;4 Jahre mit
Deutsch in Kontakt. Dieses Merkmal wurde durch den Eintritt in einen deutsch-
sprachigen Kindergarten erfasst. Für die Kontaktdauer gibt es keine statistisch
bedeutsamen Unterschiede zwischen Förder- und Vergleichsgruppe in den bei-
den Kohorten sowie für die gesamte Stichprobe (vgl. Tabelle 3). Auch zwischen
den beiden Kohorten unterscheidet sich die Kontaktdauer der Kinder nicht statis-
tisch bedeutsam, t(76) = 1.75, p = .085.

Die Ergebnisse der Sprachstandserhebung Bärenstark zeigen, dass die Förder-


gruppe jeweils bedeutsam geringere Leistungen erzielt (vgl. Tabelle 3). Dies ist
auf die Auswahl der der Stichprobe zurückzuführen, da die Ergebnisse wie be-
reits beschrieben die erste Stufe zur Auswahl der Stichprobe darstellen (vgl.
Kap. 8.2.1). Zwischen den beiden Kohorten gibt es allerdings keinen Unter-
schied für die Ergebnisse in der Sprachstandserhebung Bärenstark,
262 Methode

t(112.79) = .41, p = .682. Weitere Details zu diesen Merkmalen der Stichprobe


können Tabelle 3 entnommen werden.

Der sprachliche Hintergrund der Stichprobe gestaltet sich sehr vielfältig. Insge-
samt sind neben dem Deutschen 21 verschiedene Sprachen innerhalb der Stich-
probe vertreten. 17 % der Fördergruppe erwirbt neben dem Deutschen zwei
weitere Sprachen und gilt damit als dreisprachig. In der Vergleichsgruppe sind
dies nur 3 %, was auch ein statistisch bedeutsamer Unterschied ist, U = 2.63,
p = .009. Etwa zwei Drittel der Kinder sprechen Türkisch oder Arabisch in der
Familie. In der Fördergruppe überwiegt dabei deutlich das Türkische, während
das Verhältnis in der Vergleichsgruppe ausgewogen ist. Insgesamt sind die Un-
terschiede hinsichtlich der ersten Familiensprache zwischen der Förder- und
Vergleichsgruppe aber nicht statistisch bedeutsam, U = .23, p = .819. Die weite-
ren Sprachen stammen überwiegend aus dem südosteuropäischen Raum sowie
aus Russland und Südasien (vgl. Tabelle 4).
Stichprobe 263

Tabelle 4: Sprachlicher Hintergrund der Stichprobe


Fördergruppe Vergleichsgruppe Gesamt
N in % N in % N in %
zweisprachig 53 82.8 62 96.9 115 89.8
dreisprachig 11 17.2 2 3.1 13 10.2

Erste Familiensprache (neben Deutsch)


Türkisch 32 50.0 20 31.3 52 40.6
Arabisch 11 17.2 21 32.8 32 25.0
Kurdisch 9 14.1 2 3.1 11 8.6
Romanes 5 7.8 1 1.6 6 4.7
Slawische Sprachen6 2 3.1 7 10.9 9 7.0
7
Indoarische Sprachen 2 3.1 4 6.3 6 4.7
Sonstige Sprachen8 3 4.7 9 14.1 12 9.4

Zweite Familiensprache (neben Deutsch)


Türkisch 1 1.6 - - 1 0.8
Kurdisch 1 1.6 - - 1 0.8
6
Slawische Sprachen 5 7.8 1 1.6 6 4.7
Sonstige Sprache8 4 6.3 1 1.6 5 3.9

Die Betrachtung der Herkunftsländer bestätigt die Heterogenität der Stichprobe.


Die Operationalisierung des Herkunftslands erfolgte durch das Geburtsland des
Kindes selbst bzw. seiner Eltern oder Großeltern. Bei binationaler Elternschaft
wurde das Herkunftsland der Mutter berücksichtigt. Die Mehrheit der Stichprobe
stammt aus der Türkei, was sich mit dem sprachlichen Hintergrund deckt. Insge-
samt sind die Unterschiede hinsichtlich des Herkunftslandes zwischen der För-
der- und Vergleichsgruppe nicht statistisch bedeutsam, U = 1.45, p = .149. Die

6
Bosnisch, Bulgarisch, Polnisch, Russisch, Serbisch
7
Bengalisch, Urdu, Panjabi
8
Albanisch, Darginisch, Englisch, Griechisch, Kumykisch, Rumänisch, Thai, Tschetschenisch,
Twi, Sprache unbekannt
264 Methode

weiteren Details zur Herkunft der Stichprobe können Tabelle 5 entnommen wer-
den.

Tabelle 5: Herkunft der Stichprobe


Fördergruppe Vergleichsgruppe Gesamt
N in % N in % N in %
Türkei 34 53.1 22 34.4 56 43.8
Libanon 9 14.1 12 18.8 21 16.4
Ost-/ Südosteuropa 15 23.4 8 12.5 23 18.0
Süd-/ Südostasien 3 4.7 4 6.3 7 5.5
Russland 2 3.1 3 4.7 5 3.9
9
Sonstige Länder 1 1.6 15 23.4 16 12.5

8.2.3 Repräsentativität der Stichprobe


Die Stichprobe der Studie kann als Gelegenheitsstichprobe oder Ad-hoc Stich-
probe bezeichnet werden (Bortz & Schuster, 2010). Daher ist die Repräsentativi-
tät der Stichprobe eingeschränkt. Die fünf Grundschulen wurden nicht zufällig
ausgewählt, sondern konnten durch Akquise für das Sprachförderprogramm
MITsprache und die Studie gewonnen werden. Die Schulen zeichneten sich zum
Zeitpunkt der Akquise dadurch aus, dass sie in ihrer Schülerschaft einen hohen
Sprachförderbedarf wahrnahmen aber gleichzeitig bisher über kein passendes
Sprachförderangebot für Schulanfänger verfügten. Daher waren sie für das
Sprachförderprogramm MITsprache offen. Auch war durch diese Konstellation
die Bildung einer Vergleichsgruppe möglich, die keine Sprachförderung erhielt,
da keine weiteren Sprachfördermaßnahmen an der Schule für die Schulanfänger
eingesetzt wurden. Die eher hohe Dropout Quote bzw. Stichprobenmortalität im
Verlauf der zweijährigen Erhebung gilt zwar als typisch für Längsschnittuntersu-
chungen, schränkt aber die Repräsentativität weiter ein (Böhm-Kasper & Weis-
haupt, 2008).

9
Senegal, Herkunftsland unbekannt
Sprachstandstest 265

Die ausgewählten Schulen und ihre Schülerschaft können jedoch als repräsenta-
tiv für andere Stadtteile Berlins und andere Städte gelten, die hinsichtlich des
sozioökonomischen Status und des Anteils an Bewohnern mit Migrationshinter-
grund ähnlich herausfordernd sind. Einschränkungen in Bezug auf die Schulen
ergeben sich wiederum durch die unterschiedlichen Bildungssysteme in den
verschiedenen Bundesländern. Für eine Schülerschaft, die einen der Stichprobe
ähnlichen demographischen, sprachlichen und sozialen Hintergrund aufweist,
kann diese Gelegenheitsstichprobe allerdings als repräsentativ gelten.

8.3 Sprachstandstest

Zu Erfassung der mündlichen Erzählfähigkeit im Deutschen wurde der standar-


disierte Sprachstandstest ‚DfdS‘ (Klages & Kaltenbacher, 2010b) eingesetzt. Der
Sprachstandstest ist ein mündlicher Einzeltest zur Elizitation kindlicher Äuße-
rungen. Eine Normierung des Tests liegt nicht vor. Er wurde aber eigens für
Vorschulkinder und Schulanfänger entwickelt, die Deutsch als Zweitsprache
erwerben und einen intensiven Förderbedarf aufweisen, und basiert auf theoreti-
schen und empirischen Erkenntnissen des frühen Zweitspracherwerbs.

Der Test besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil umfasst 17 Bilder, die überwie-
gend irreale Situationen darstellen, wie ‚die Sonne wäscht das Auto‘, damit das
Kind nicht auf vorhandene Phrasen zurückgreift, sondern mithilfe seiner sprach-
lichen Fähigkeiten den Satz konstruiert. Die Auswertung des ersten Teils des
Sprachstandstests erfolgt entsprechend den Vorgaben des Testmanuals (Klages
& Kaltenbacher, 2010b) (vgl. Kap 8.3.2).

Der zweite Teil des Sprachstandstests besteht aus dem Nacherzählen einer Bil-
dergeschichte, die in einem Bilderbuch mit sechs Bildern dargestellt ist. Die
Präsentation einer Bildergeschichte in Buchform hat sich bereits in ähnlichen
Testsituationen als vorteilhaft gegenüber einer losen Bilderfolge erwiesen (Mül-
ler, 2012). Die Geschichte handelt von einem Mädchen und ihrem Hund, die bei
266 Methode

ihrem gemeinsamen Spaziergang etwas erleben, und zu Hause treffen sie auf die
Mutter des Mädchens.

Das Nacherzählen einer Bildergeschichte ist eine besondere Erzählform, die


verschiedene Merkmale aufweist. Die Nacherzählung basiert auf der eigenen
Produktion einer Bildergeschichte. So können die Vorteile dieser beiden Erzähl-
formen kombiniert werden. Beim Erzählen einer Bildergeschichte muss die Er-
zählstruktur vom Kind selbst entdeckt und anschließend produziert werden,
sodass sich eine Bildergeschichte durchaus zum Elizitieren mündlicher Erzählfä-
higkeit eignet (Boueke et al., 1995). Zudem vereinfacht die standardisierte Bil-
dergeschichte den Vergleich zwischen den Kindern und den einzelnen Messzeit-
punkten. Für das Nacherzählen wird durch die Bildergeschichte kein sprachli-
ches Modell vorgegeben, das das Kind in seiner Erzählproduktion beeinflussen
könnte, sondern das Kind erzählt die selbst produzierte Geschichte nach. Diese
besondere Form der Nacherzählung lässt somit mehr Raum für die eigene erzäh-
lerische Ausgestaltung (Blaschitz, 2013). Damit hat das Nacherzählen gegenüber
der ersten Produktion der Bildergeschichte den Vorteil, dass der Erzähler die
Geschichte bereits kennt und die Erzählung gezielter gestalten kann. Daher wird
auch die Nacherzählung für die Analyse der Erzählfähigkeit genutzt, um die
Fragestellungen dieser Studie zu beantworten.

Die Auswertung des zweiten Teils des Sprachstandstests basiert auf den Vorga-
ben des Testmanuals (Klages & Kaltenbacher, 2010b) und anderen etablierten
Kodierschemata (Petersen et al., 2008), wurde aber im Rahmen dieser Studie
entsprechend ergänzt und angepasst (vgl. Kap 8.3.2 und 8.3.3).

Im Folgenden werden der Ablauf des Sprachstandstests und die erhobenen Vari-
ablen genauer beschrieben.

8.3.1 Einsatz des Sprachstandstests


Der Sprachstandstest ‚DfdS‘ wurde in jeder Kohorte zu drei Messzeitpunkten in
Förder- und Vergleichsgruppe eingesetzt, vor Beginn der Sprachförderung, nach
Sprachstandstest 267

Ende des ersten Jahres Sprachförderung und nach Ende des zweiten Jahres
Sprachförderung (vgl. Tabelle 2).

Der Sprachstandstest wurde während der Zeitfenster für die Sprachförderung


durchgeführt. Die Testleiter waren in der Regel die Förderkräfte und wurden bei
Bedarf von Personen mit pädagogisch-psychologischen Hintergrund als Testlei-
ter unterstützt. Alle Testleiter waren im Verfahren geschult und konnten zusätz-
lich während der Durchführung auf das ausführliche Manual zurückgreifen, das
den Ablauf und die Äußerungen des Testleiters detailliert vorgibt. Während und
auch vor dem Sprachstandstest wurde darauf geachtet, dass das Kind sich wohl
fühlt, indem ihm der Testleiter vertraut ist und die Erhebung nicht als Test, son-
dern als besondere Aktion bzw. Spiel angekündigt wurde. Mit spielerischen
Elementen des Tests, wie kindgerechte Bilder, eine Bildergeschichte und der
Einsatz einer Handpuppe, konnte dies auch realisiert werden.

Der Test fand jeweils an einem ruhigen Ort statt und dauerte insgesamt etwa 15
Minuten pro Kind. Die gesamte Situation wurde mit einem Audiogerät aufge-
zeichnet und später für die Auswertung transkribiert. Dafür wurden in einem
ersten Schritt alle Äußerungen transkribiert, sowohl die Äußerungen des Kindes
als auch der Testleitung. Dabei wurde durch mehrmalige Abgleiche zwischen
Transkript und Audioaufnahme besonders auf eine wortgetreue Transkription
geachtet. Das Resultat stellt das vollständige Transkript dar. Anschließend wurde
das Transkript um alle Äußerungen der Testleitung sowie die Äußerungen des
Kindes bereinigt, die einer Selbstkorrektur oder Wiederholung vorausgehen. Das
bereinigte Transkript enthält somit nur noch die letztlich beabsichtigen Äußerun-
gen des Kindes. Das bereinigte Transkript ist jeweils die Grundalge für die wei-
teren Analysen der mündlichen Erzählfähigkeit.

Im ersten Teil des Tests, der die 17 Bilder umfasst, gab der Testleiter zuerst zwei
Modelle vor, indem er dem Kind jeweils ein Bild zeigte und selbst versprachlich-
te, was auf dem Bild passiert. Anschließend fragte er zu jedem der weiteren 15
Bilder das Kind, was hier passiert (Bild 1-11) bzw. was hier passiert ist (Bild 12-
15). So wurde ein Satz mit Subjekt, Verb und ggf. Objekt elizitiert und nicht nur
268 Methode

eine Bildbeschreibung mit einzelnen Worten. Der Testleiter signalisierte dem


Kind nach jeder Äußerung, dass er das Kind verstanden hatte ohne eine Wertung
abzugeben (z.B. ‚aha‘ oder ‚mhm‘). Die Äußerungen des Kindes zu den 15 Bil-
dern gingen in die Datenanalyse ein.

Im zweiten Teil des Tests zeigte der Testleiter dem Kind ein Bilderbuch und
forderte es auf, die Geschichte mithilfe des Buchs zu erzählen. Die Interaktion
zwischen Testleiter und Kind waren währenddessen auf Aufforderungen (z.B.
‚erzähl doch mal!‘), unbestimmte Fragen (z.B. ‚was passiert denn hier?‘) und
Äußerungen des aktiven Zuhörens (z.B. ‚aha‘ oder ‚mhm‘) begrenzt. Anschlie-
ßend wurde das Bilderbuch beiseitegelegt und der Testleiter brachte eine Hand-
puppe in Aktion. Die Handpuppe diente als Sprechanlass, damit das Kind der
Handpuppe die Geschichte aus dem Gedächtnis nacherzählte. Diese zweite Er-
zählung des Kindes ging in die Datenanalyse ein. Nach Einschätzung der Testlei-
ter wurde der Einsatz der Handpuppe von den Kindern sehr gut angenommen
und motivierte die Kinder die Geschichte nachzuerzählen.

Insgesamt wurde der Sprachstandstest für jede Kohorte im Zeitraum von zwei
Jahren zu drei Messzeitpunkten eingesetzt. Da von Seiten des Testleiters keine
Korrektur oder eine Auflösung erfolgte und der Zeitraum zwischen den Tests als
eher lang einzuschätzen ist, wird ein sogenanntes Testlernen ausgeschlossen.
Zudem war die Situation für alle Kinder gleich. Die Testmaterialien, die Bilder
sowie das Bilderbuch, wurden zu keinem Zeitpunkt in der Sprachförderung ein-
gesetzt, so dass dahingehend kein Vorteil für die Fördergruppe entstand.

8.3.2 Erfassung der basalen sprachlichen Fähigkeiten


Im Rahmen des Sprachstandstests wurden die basalen sprachlichen Fähigkeiten
mithilfe von drei Variablen, Wortschatzvielfalt, Satzbau mit Wortschatz sowie
Artikel im Nominativ, erfasst. Diese drei Variablen decken die Ebenen Semantik
und Lexikon sowie Morphologie und Syntax der basalen sprachlichen Fähigkei-
ten ab. Deren Bedeutung für das mündliche Erzählen, vor allem um zielsprachli-
che Sätze zu produzieren, wurden im theoretischen Teil der Arbeit bereits erläu-
Sprachstandstest 269

tert (vgl. Kap. 3.2.1, 4.1.2 und 4.1.3). In den nächsten Abschnitten wird darge-
stellt, wie die drei Variablen erfasst und ausgewertet wurden. Der Überblick in
Tabelle 6 zeigt, welche Variablen mit welchem Teil des Sprachstandstests erfasst
wurden, nach welchen Kriterien sie ausgewertet wurden und welche Skalen sich
daraus ergeben.

Tabelle 6: Erfasste Variablen der basalen sprachlichen Fähigkeiten im Sprach-


standstest DfdS
Variable Erfassung Kriterium Skala
Summe aus den verschiedenen Verben,
Wortschatzvielfalt Nacherzählung 0-23
Adjektiven und Konnektoren
Äußerungen zu Kodierung jeder Äußerung nach syn-
Satzbau mit Wortschatz 0-24
12 Bildern taktischen und lexikalischen Kriterien
Äußerungen zu Kodierung jeder Äußerung nach Arti-
Artikel im Nominativ 1-5
15 Bildern kelverwendung

Wortschatzvielfalt
Die Variable ‚Wortschatzvielfalt‘ wurde im zweiten Teil des Sprachstandstests
DfdS bei der Nacherzählung der Bildergeschichte erfasst. Die Variable gibt an,
wie viele verschiedene Verben, Adjektive und Konnektoren das Kind in seiner
Erzählung benutzt, was ein Maß für die basalen sprachlichen Fähigkeiten im
Bereich Semantik und Lexikon des mündlichen Erzählens darstellt (vgl. Kap.
3.2.1 und 4.1.2).

Dazu wurden in dem von Wiederholungen bereinigten Transkript der Erzählung


entsprechend alle Verben, Adjektive und Konnektoren gezählt, wobei gleiche
Wörter nicht mehrmals gezählt wurden. So kann der Vielfalt des Wortschatzes
Rechnung getragen werden. Die Summe aus den verschiedenen Verben, Adjek-
tiven und Konnektoren ergibt die Skala für die Variable ‚Wortschatzvielfalt‘, die
eine Range von 0 bis 23 einnimmt und intervallskaliert ist. Aufgrund des objek-
tiven Verfahrens wurde auf eine Doppelkodierung zur Überprüfung der Auswer-
270 Methode

tungsobjektivität verzichtet. Die Reliabilität dieser Skala ist akzeptabel, Cron-


bachs  = .71.

Satzbau mit Wortschatz


Die Variable ‚Satzbau mit Wortschatz‘ wurde im ersten Teil des Sprachstands-
tests DfdS erfasst. Sie gibt an, inwieweit das Kind in der Lage ist, seine Fähig-
keiten in Wortschatz und Satzbau zielsprachlich einzusetzen und ist ein Maß für
die basalen sprachlichen Fähigkeiten in den Bereichen Morphologie und Syntax
sowie Semantik und Lexikon des mündlichen Erzählens. Wie bereits im theoreti-
schen Teil der Arbeit ausgeführt (vgl. Kap. 3.2.1, 4.1.2 und 4.1.3), sind diese
beiden Bereiche eng miteinander verknüpft, weshalb auch eine gemeinsame
Erfassung sinnvoll ist.

Die Variable setzt sich aus der Kodierung von zwölf Äußerungen entsprechend
der zwölf Bilder des Sprachstandstests zusammen. Beispiele dafür lauten ‚der
Stuhl isst die Banane‘ oder ‚der Mann zieht die Hose an‘. Drei der insgesamt 15
Bildäußerungen wurden für diese Variable nicht berücksichtigt, da sie nur
Zweiwortsätze elizitieren. Jede der zwölf Äußerungen wurde mit null, ein oder
zwei Punkten kodiert. Zwei Punkte wurden vergeben, wenn die kindliche Äuße-
rung mit der Zieläußerung übereinstimmt oder sie inhaltlich und sprachlich an-
gemessen ist. Die richtige Verwendung des Artikels und die korrekte Bildung
der Verbform wurden allerdings nicht berücksichtigt. Ein Punkt wurde vergeben,
wenn es bezüglich des Satzbaus oder des Wortschatzes eine oder zwei kleinere
Abweichungen gibt. Null Punkte wurden vergeben, wenn mehr als zwei kleinere
Abweichungen oder eine gravierende Abweichung in Satzbau oder Wortschatz
vorliegt. Das detaillierte Kodierschema mit Beispielen für kleinere und gravie-
rende Abweichungen kann Klages und Kaltenbacher (2010b) entnommen wer-
den.

Aus der Kodierung der zwölf Äußerungen und deren Addition ergibt sich eine
Skala von 0 bis 24, deren Intervallskalierung angenommen wird. Die Objektivi-
tät dieser Variable ist durch den standardisierten Sprachstandstest und das aus-
Sprachstandstest 271

führliche Kodierschema gewährleistet. Eine Überprüfung der Auswertungsobjek-


tivität durch eine Doppelkodierung von 20 % der Daten ergibt einen guten Wert,
Cohens  = .83. Die Reliabilität dieser Skala ist mit Cronbachs  = .75 akzepta-
bel.

Artikel im Nominativ
Die Variable ‚Artikel im Nominativ‘ wurde im ersten Teil des Sprachstandstests
DfdS erfasst. Sie gibt an, inwieweit das Kind in der Lage ist, Artikel im Nomina-
tiv zielsprachlich zu gebrauchen. Damit ist die Variable ein Maß für die basalen
sprachlichen Fähigkeiten im Bereich Morphologie und Syntax des mündlichen
Erzählens (vgl. Kap. 3.2.1 und 4.1.3).

Die Variable setzt sich aus der Kodierung der 15 Bildäußerungen des Sprach-
standstests zusammen. Darunter sind sechs Äußerungen, die eine Artikelverwen-
dung nach dem natürlichen Geschlechtsprinzip (NGP) verlangen, indem das
entsprechende Subjekt ein natürliches Geschlecht hat. Beispiele dafür lauten ‚der
Mann schläft‘ oder ‚die Frau packt das Geschenk ein‘. Die weiteren neun Äuße-
rungen erfassen die zielsprachliche Verwendung von Artikeln im Nominativ
nach dem grammatischen Geschlechtsprinzip (GGP), indem je drei Äußerungen,
‚die‘, ‚der‘ und ‚das‘ elizitieren. Beispiele dafür lauten ‚die Mütze lacht‘, ‚der
Stuhl isst die Banane‘ oder ‚das Auto fährt den Berg runter‘. Alle 15 Äußerun-
gen wurden in Summe nach dem folgenden Kodierschema bewertet (vgl. Tabelle
7), woraus sich eine Einteilung in eine der fünf Stufen ergibt.
272 Methode

Tabelle 7: Kodierschema für Artikel im Nominativ


Stufe Kriterium
I Keine Artikel kein Artikel bei mindestens 8 der 15 Testbilder
II Artikel ohne System Artikel ohne erkennbares System
Artikel nach NGP bei mindestens 5 der 6 Testbilder zum
III Artikel nach NGP
NGP
Artikel nach der phonologischen Regel bei mindestens 2
Artikel mit 2-gliedrigem
IV weiblichen und mindestens 4 männlichen oder sächlichen
System
Substantiven der 9 Testbilder zum GGP
Artikel mit 3-gliedrigem Artikel nach GGP bei mindestens 8 der 9 Testbilder zum
V
System GGP

Diesem Kodierschema liegt die Annahme zugrunde, dass der Artikelerwerb


stufenweise erfolgt, was in Kapitel 4.1.3 bereits theoretisch und empirisch be-
gründet wurde. So werden im Erwerbsverlauf zunächst keine Artikel verwendet,
anschließend Artikel ohne System und danach wird das Artikelsystem immer
komplexer, indem erst das NGP, dann das 2-gliedrige System nach der phonolo-
gischen Regel und abschließend das zielsprachliche 3-gliederige System nach
dem GGP erworben wird.

Aus der Kodierung der insgesamt 15 Äußerungen ergibt sich eine Skala von eins
bis fünf, deren Intervallskalierung angenommen wird. Die Objektivität dieser
Variable ist durch den standardisierten Sprachstandstest und das ausführliche
Kodierschema gewährleistet. Eine Überprüfung der Auswertungsobjektivität
durch eine Doppelkodierung von 20 % der Daten ergibt eine hohe Objektivität,
Cohens  = .81. Eine Reliabilitätsbestimmung mithilfe der Überprüfung der
internen Konsistenz ist aufgrund der Beschaffenheit des Kodierschemas in die-
sem Fall nicht möglich.

8.3.3 Erfassung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten


Im Rahmen des Sprachstandstests wurden die spezifischen pragmatischen Fä-
higkeiten mithilfe von drei Variablen, Inhaltsdarstellung, Strukturdarstellung
sowie Konnektoren, erfasst. Diese drei Variablen decken die Ebenen Darstellung
Sprachstandstest 273

von Inhalt und Struktur einer Erzählung sowie die Verwendung sprachlicher
Mittel der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten ab. Deren Bedeutung für das
mündliche Erzählen, vor allem zur Herstellung von Kohärenz und Kohäsion
einer Erzählung, wurden im theoretischen Teil der Arbeit bereits erläutert (vgl.
Kap. 3.2.2, 4.2.2 und 4.2.3). Im Folgenden wird dargestellt, wie die drei Variab-
len erfasst und ausgewertet wurden.

Der Überblick in Tabelle 8 zeigt, welche Variablen mit welchem Teil des
Sprachstandstests erfasst wurden, nach welchen Kriterien sie ausgewertet wur-
den und welche Skalen sich daraus ergeben.

Tabelle 8: Erfasste Variablen der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten im


Sprachstandstest DfdS
Variable Erfassung Kriterium Skala
Kodierung der Erzählung nach inhaltliche
Inhaltsdarstellung Nacherzählung 0-6
Kriterien
Kodierung der Erzählung nach strukturellen
Strukturdarstellung Nacherzählung 0-3
Kriterien
Vielfalt und relative Häufigkeit der
Konnektoren Nacherzählung 0-3
Konnektoren

Inhaltsdarstellung
Die Variable ‚Inhaltsdarstellung‘ wurde im zweiten Teil des Sprachstandstests
DfdS erfasst. Sie gibt an, inwieweit das Kind in der Lage ist, den Inhalt einer
Erzählung darzustellen. Dies ist ein Maß für die spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten des mündlichen Erzählens im Bereich Darstellung von Inhalt und
Struktur einer Erzählung (vgl. Kap. 3.2.2 und 4.2.2).

Insgesamt wird dafür analysiert, ob der wesentliche Inhalt der Bildergeschichte


erzählt wird, um eine inhaltliche Kohärenz herzustellen. Dafür wird der gesamte
wiedergegebene Inhalt im bereinigten Transkript in einzelne Propositionen un-
terteilt. Jede Proposition ist eine Aussage über bestimmte Personen, Sachverhalte
oder Gegenstände und umfasst in der Regel einen Satz (Freudenberg-Findeisen,
274 Methode

2010). Die Proposition gilt als Analyseeinheit. Jede Proposition wird überprüft,
ob sie den Inhalt einer der sechs Szenen enthält, die in Tabelle 9 aufgeführt sind.
Die Szenen orientieren sich am Auswertungsschema von Klages und Kaltenba-
cher (2010b).

Tabelle 9: Wesentlicher Inhalt der Bildergeschichte


Szene Beschreibung
1 Anna und der Hund gehen spazieren/sind draußen
2 der Hund springt in die/ist in der Pfütze
3 der Hund ist nass/schmutzig
4 Anna und der Hund gehen nach Hause
5 der Hund macht den Boden schmutzig/hinterlässt Spuren
6 Anna putzt den Boden

Bei der Codierung einer Proposition ist zu beachten, dass mindestens ein Akteur
und der entsprechende Sachverhalt erwähnt werden. Abweichungen vom durch
die Bildergeschichte vorgegebenen Inhalt werden im Rahmen dieser Variable
nicht codiert. Doppelnennungen werden ebenfalls nicht berücksichtigt und gehen
damit nicht in diese Variable ein. Insgesamt wird jede Erzählung mit null bis
sechs Punkten bewertet. Daraus ergibt sich eine Skala von null bis sechs, deren
Intervallskalierung angenommen wird. Die Objektivität dieser Variable kann
durch die Doppelkodierung von 20 % der Daten als sehr gut eingeschätzt wer-
den, Cohens  = .85. Eine Reliabilitätsbestimmung mithilfe der Überprüfung der
internen Konsistenz ist aufgrund der Beschaffenheit der Variable in diesem Fall
nicht sinnvoll.

Strukturdarstellung
Die Variable ‚Strukturdarstellung‘ wurde im zweiten Teil des Sprachstandstests
DfdS erfasst. Sie gibt an, inwieweit das Kind in der Lage ist, die Struktur einer
Erzählung darzustellen. Dies ist ein Maß für die spezifischen pragmatischen
Sprachstandstest 275

Fähigkeiten des mündlichen Erzählens im Bereich Darstellung von Inhalt und


Struktur einer Erzählung (vgl. Kap. 3.2.2 und 4.2.2).

Dafür wird ein Kodierschema in Anlehnung an den Index of Narrative Comple-


xity (INC) von Petersen et al. (2008) entwickelt. Der INC bewertet, inwieweit
bestimmte Elemente einer Erzählstruktur realisiert werden. Er berücksichtigt also
neben dem Umfang der Struktur auch qualitative Aspekte. Die wesentlichen
Elemente einer einfachen Erzählstruktur stellen die Akteure, das Setting sowie
auslösende Ereignisse mit entsprechenden Reaktionen dar. Das Kodierschema
dieser Elemente wird vom INC auf die vorliegende Bildergeschichte des Sprach-
standstests DfdS übertragen. Expertendiskussionen und mehrmalige Überarbei-
tungen haben zur Anpassung des Kodierschemas beigetragen. Die Details des
Kodierschemas können Tabelle 10, Tabelle 11 und Tabelle 12 entnommen wer-
den.

Diese einzelnen Elemente werden zu einer Skala zusammengefasst, indem Set-


ting I und Setting II jeweils mit drei multipliziert werden und anschließend aus
allen Elementen der Mittelwert gebildet wird. So geht jedes Element mit der
gleichen Wertung in die Skala ein.

𝑀𝑒𝑎𝑛 (𝐴𝑘𝑡𝐼, 𝐴𝑘𝑡𝐼𝐼, 𝐴𝑘𝑡𝐼𝐼𝐼, 𝑆𝑒𝑡𝐼 × 3, 𝑆𝑒𝑡𝐼𝐼 × 3, 𝐴𝑢𝐸𝑟𝐼, 𝐴𝑢𝐸𝑟𝐼𝐼)

Diese Skala umfasst Werte von null bis drei und es wird eine Intervallskalierung
angenommen. Die Objektivität dieser Variable kann durch die Doppelkodierung
von 20 % der Daten als sehr gut eingeschätzt werden, Cohens  = .81. Die Reli-
abilität dieser Skala ist mit Cronbachs  = .72 akzeptabel.
276 Methode

Tabelle 10: Kodierschema für Akteur


Akteur I: Mädchen (AktI)
Punkte Kriterium Ankerbeispiel
0 Akteur Mädchen nicht genannt
1 Akteur Mädchen nur mit Pronomen genannt Sie geht spazieren.
Akteur Mädchen ohne spezifischem Label
2 Ein Mädchen geht spazieren.
genannt
Das Mädchen Anna geht spazie-
3 Akteur Mädchen mit spezifischen Label genannt
ren

Akteur II: Hund (AktII)


Punkte Kriterium Ankerbeispiel
0 Akteur Hund nicht genannt
1 Akteur Hund nur mit Pronomen genannt Er springt in die Pfütze.
2 Akteur Hund ohne spezifischem Label genannt Der Hund springt in die Pfütze.
3 Akteur Hund mit spezifischen Label genannt Annas Hund springt in die Pfütze.

Akteur III: Mutter (AktIII)


Punkte Kriterium Ankerbeispiel
0 Akteur Mutter nicht genannt
1 Akteur Mutter nur mit Pronomen genannt Sie schimpft.
2 Akteur Mutter ohne spezifischem Label genannt Die Mutter schimpft.
3 Akteur Mutter mit spezifischen Label genannt Annas Mutter schimpft.
Sprachstandstest 277

Tabelle 11: Kodierschema für Setting


Setting I: draußen (SetI)
Punkte Kriterium Ankerbeispiel
0 Setting ‚draußen‘ nicht genannt
1 Setting ‚draußen‘ genannt Anna und ihr Hund sind im Park.

Setting II: drinnen (SetII)


Punkte Kriterium Ankerbeispiel
0 Setting ‚drinnen‘ nicht genannt
Anna und ihr Hund gehen wieder nach
1 Setting ‚drinnen‘ genannt
Hause.

Tabelle 12: Kodierschema für Auslösendes Ereignis


Auslösendes Ereignis I: Hund in Pfütze (AuErI)
Punkte Kriterium Ankerbeispiel
0 Auslösendes Ereignis nicht genannt
1 Auslösendes Ereignis genannt ohne eine Reaktion Hund springt in die Pfütze.
Auslösendes Ereignis genannt mit mindestens Hund springt in die Pfütze.
2 einer externalen oder mindestens einer internalen Anna schimpft und beide gehen
Reaktion nach Hause.
Auslösendes Ereignis genannt mit mindestens Hund springt in die Pfütze.
3 einer externalen und mindestens einer internalen Anna ist böse und beide gehen
Reaktion nach Hause.

Auslösendes Ereignis II: Hund macht Boden dreckig (AuErII)


Punkte Kriterium Ankerbeispiel
0 Auslösendes Ereignis nicht genannt
1 Auslösendes Ereignis genannt ohne eine Reaktion Hund macht den Boden dreckig.
Auslösendes Ereignis genannt mit mindestens
Hund macht den Boden dreckig.
2 einer externalen oder mindestens einer internalen
Die Mutter ist wütend.
Reaktion
Hund macht den Boden dreckig.
Auslösendes Ereignis genannt mit mindestens
Die Mutter ist wütend und
3 einer externalen und mindestens einer internalen
fordert Anna auf den Boden zu
Reaktion
wischen.
278 Methode

Konnektoren
Die Variable ‚Konnektoren‘ wurde im zweiten Teil des Sprachstandstests DfdS
erfasst. Sie gibt an, inwieweit das Kind in der Lage ist, Konnektoren als sprach-
liche Mittel zur Stärkung der Kohäsion der Erzählung zu verwenden. Damit ist
die Variable ein Maß für die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten des münd-
lichen Erzählens im Bereich Verwendung sprachlicher Mittel (vgl. Kap. 3.2.2
und 4.2.3). Zur Erfassung dieser Variable werden zwei Werte berechnet.

Der erste Wert basiert auf der Anzahl der verschiedenen Konnektoren, die in der
Erzählung verwendet werden (Sum_verKon). Dieser Wert reicht von null bis
vier. Werden mehr als vier verschiedene Konnektoren verwendet, wird trotzdem
der Wert vier vergeben. Dieser Wert gibt an, wie groß die Vielfalt an Konnektor-
en ist, die ein Kind verwendet.

Der zweite Wert basiert auf der Anzahl aller verwendeter Konnektoren, also
auch gleiche Konnektoren, in Relation zu allen verwendeten Wörtern in der
Erzählung (Rel_Kon). Dieser Wert reicht von 0 bis 0.33. Er gibt in Relation an,
wie häufig ein Kind Konnektoren in seiner Erzählung nutzt.

Die Kombination dieser beiden Werte geht auf Ergebnisse anderer Untersuchun-
gen zurück (Berman & Slobin, 1994b; Lanza, 2001). Diese Studien können zei-
gen, dass nicht die bloße Häufigkeit von Konnektoren die Entwicklung dieses
Bereichs spezifischer pragmatischer Fähigkeiten abbildet, sondern auch qualita-
tive Aspekte, wie die Verwendung unterschiedlicher Konnektoren relevant sind.
Daher werden beide Maße durch Multiplikation entsprechender Faktoren gleich
gewichtet und der Mittelwert aus beiden Werten ergibt eine Skala von null bis
drei, die die Variable ‚Konnektoren‘ abbildet.

(𝑀𝑒𝑎𝑛 (𝑆𝑢𝑚_𝑣𝑒𝑟𝐾𝑜𝑛 ÷ 4, 𝑅𝑒𝑙_𝐾𝑜𝑛 × 3)) × 3

Aufgrund des objektiven Verfahrens wurde auf eine Doppelkodierung zur Über-
prüfung der Auswertungsobjektivität verzichtet. Die Reliabilität dieser Skala
kann als gut eingeschätzt werden, Cronbachs  = .80.
Durchführung der theoriebasierten Sprachförderung 279

8.3.4 Erfassung personenbezogener Merkmale


Um wichtige Merkmale der Stichprobe entsprechend beschreiben zu können,
wurden demographische Informationen sowie Angaben zum sprachlichen Hin-
tergrund und zur Herkunft der Kinder erfasst. Dies erfolgte jeweils zum ersten
Messzeitpunkt vor Beginn der Sprachförderung zum Anfang des ersten Schuljah-
res. Dazu machten die Klassenlehrer der Kinder in einer Liste schriftlich die
entsprechenden Angaben. Insgesamt wurden Geburtsdatum, Geschlecht, Kon-
taktdauer mit Deutsch, was durch die Besuchszeit einer deutschsprachigen Be-
treuungseinrichtung wie Kindergarten oder Krippe operationalisiert wurde, die
Familiensprache und ggf. weitere Sprachen des Kindes, das Geburtsland des
Kindes sowie das Herkunftsland der Eltern erhoben.

Durch die Verwendung der verschlüsselten Codes konnte auch hier die Anony-
mität gewährleistet werden.

8.4 Durchführung der theoriebasierten Sprachförderung

Die theoriebasierte Sprachförderung wurde nach dem Sprachförderprogramm


MITsprache an fünf Berliner Grundschulen durchgeführt. Das Konzept des
Sprachförderprogramms sowie der Kontext der Realisierung wurden bereits in
Kapitel 6 ausführlich beschrieben. In diesem Abschnitt sollen die wichtigsten
Merkmale zur Durchführung der theoriebasierten Sprachförderung dargestellt
werden.

Das umgesetzte Sprachförderprogramm MITsprache realisiert die Synthese aus


kommunikationsorientierten und sprachstrukturellen Ansätzen zur Förderung der
mündlichen Erzählfähigkeit in Deutsch als Zweitsprache, wie bereits in Kapitel 5
theoretisch ausgeführt wurde. Im Vordergrund stehen dabei die beiden zentralen
didaktischen Prinzipien: die Schaffung authentischer Kommunikationssituation
sowie die bewusste Gestaltung des Sprachinputs, indem die natürliche Sprach-
erwerbsreihenfolge berücksichtigt wird.
280 Methode

Die Leitung der theoriebasierten Sprachförderung übernahm jeweils ein Lehrer


oder Erzieher der jeweiligen Schule, der entsprechend dem Sprachförderpro-
gramm MITsprache extra dafür qualifiziert wurde (vgl. Kap. 6.2.2). Dazu fand
eine anderthalbtägige grundlegende Fortbildung und regelmäßige Begleittreffen
im Abstand von etwa acht Wochen statt. Zusätzlich stand den Förderkräften das
entsprechende Material zur Verfügung, das aus Durchführungsleitfäden, Spielen,
Bildkarten, Handpuppen, Arbeitsblättern, Büchern und Audio CDs besteht.

Eine Sprachfördergruppe setzte sich aus einer Kleingruppe von fünf bis sieben
Kindern mit intensivem Sprachförderbedarf zusammen, deren sprachliche Fä-
higkeiten ähnlich waren. Die Durchführung war für drei bis vier Einheiten á
45 Minuten pro Woche geplant. Die Sprachförderung fand zusätzlich zum regu-
lären Unterricht jeweils am Vormittag zu festen Zeiten in der Schule statt.

Um die Realisierung der Sprachförderung zu dokumentieren, erhielten alle För-


derkräfte ein standardisiertes Sprachförderprotokoll. Darin notierten die Förder-
kräfte für jede Fördereinheit, wann diese stattfand und welches Fördermaterial
sie einsetzten. Daraus konnte abgeleitet werden, dass die realisierten Förderein-
heiten inhaltlich dem theoriebasierten Konzept entsprachen. Zusätzlich hielten
alle Förderkräfte fest, wie häufig die Kinder bei der Sprachförderung anwesend
waren. Insgesamt nahm jedes Kind im Durchschnitt an 140 Sprachförderein-
heiten über die gesamten zwei Jahre teil.

8.5 Statistische Analyse

Das Signifikanzniveau wird für die Tests aller Hypothesen zu den formulierten
Forschungsfragen auf 5 % festgelegt.

Die statistische Analyse erfolgt anhand einer zweifaktoriellen Varianzanalyse


mit Messwiederholung (gemischtes Design). Den Innersubjektfaktor bildet dabei
der Faktor ‚Messzeitpunkt‘ mit drei Faktorstufen (t 0, t1 und t2). Der Zwischen-
subjektfaktor ist mit dem Faktor ‚Gruppe‘ zweistufig (Fördergruppe oder Ver-
gleichsgruppe). Die Voraussetzungen zur Durchführung einer zweifaktoriellen
Statistische Analyse 281

Varianzanalyse mit Messwiederholung werden jeweils geprüft und mit den Er-
gebnissen berichtet. Die Prüfung auf Spharizität mithilfe des Mauchly-Tests wird
übergangen, da dieser Test als nicht ausreichend robust angesehen wird (Bühner
& Ziegler, 2009; Field, 2009). Stattdessen wird für jede Varianzanalyse die
Greenhouse-Geisser Korrektur angewendet.

Um die Unterschiede der einzelnen Messzeitpunkte jeweils innerhalb einer


Gruppe zu berechnen, werden für jede Gruppe post-hoc Analysen durchgeführt.
Dadurch können paarweise Vergleiche zwischen t0 und t1 für das erste Jahr und
zwischen t1 und t2 für das zweite Jahr realisiert werden. Um einer Alphafehler-
kumulierung entgegenzuwirken wird eine Bonferroni-Korrektur angewendet.

Als Maß für die Effektstärke wird für die Varianzanalysen das partielle 2 be-
richtet. Im Rahmen der post-hoc Analysen wird für die paarweisen Vergleiche
Cohens d als Effektstärkemaß verwendet. In Anlehnung an Cohen (1988) wird
die Effektstärke entsprechend folgenden Richtwerten interpretiert (vgl. Tabelle
13).

Tabelle 13: Richtwerte zur Interpretation der Effektstärkemaße


Effektstärkemaß kleiner Effekt mittlerer Effekt großer Effekt
2
> .01 > .06 > .14
d > .20 > .50 > .80

Alle statistischen Analysen werden mit der Software IBM SPSS Statistics 10
durchgeführt.

Wie bereits berichtet (vgl. Kap. 8.2.1) wurde eine a-priori Poweranalyse durch-
geführt. Diese ergab, dass mit der vorhandenen Stichprobengröße und einer
guten Teststärke von .90 auch noch kleine Effekte erfasst werden können. Das
Risiko eines Fehlers zweiter Art bei der Überprüfung der Hypothesen ist daher
als gering einzuschätzen.

10
Version 22.0.0.0
9 Ergebnisse

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der empirischen Studie berichtet. Diese
gliedern sich nach den formulierten Fragestellungen in Ergebnisse zur Förderung
der basalen sprachlichen Fähigkeiten (Fragestellung 1) und Ergebnisse zur För-
derung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten (Fragestellung 2 und 3).

Wie in der Beschreibung der Methode in Kapitel 8.2 dargestellt, beziehen sich
alle Ergebnisse auf die Stichprobe von N = 128 Kindern, die nach dem beschrie-
benen Verfahren der Förder- und Vergleichsgruppe zugeteilt wurden. Für alle
128 Kinder liegen die Daten zu allen drei Messzeitpunkten vor.

9.1 Ergebnisse zur Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse zur Beantwortung der ersten Frage-
stellung präsentiert. Die erste Fragestellung thematisiert, inwieweit die theorie-
basierte Sprachförderung die basalen sprachlichen Fähigkeiten für das mündliche
Erzählen von Grundschülern mit intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweit-
sprache fördert. Dazu werden die drei formulierten Hypothesen (1a, 1b und 1c)
auf einem Signifikanzniveau von 5 % getestet. Die detaillierten Ergebnisse kön-
nen den folgenden Abschnitten entnommen werden.

9.1.1 Wortschatzvielfalt
Hypothese 1a: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in Wortschatzvielfalt als die Vergleichsgruppe ohne theorieba-
sierter Sprachförderung.

Die deskriptiven Ergebnisse in Tabelle 14 zeigen die Mittelwerte und entspre-


chende Standardabweichung für die Variable ‚Wortschatzvielfalt‘ für die beiden
Gruppen zu allen drei Messzeitpunkten. Die Skala von 0 bis 23 wird im Rahmen

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017


R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_9
284 Ergebnisse

der nacherzählten Bildergeschichte des Sprachstandstests erfasst. Die deskriptive


Betrachtung zeigt, dass die Fördergruppe zu t0 ein niedrigeres Niveau als die
Vergleichsgruppe aufweist. Dieser Unterschied zwischen Förder- und Ver-
gleichsgruppe ist zum zweiten Messzeitpunkt t1 kaum noch vorhanden. Nach
zwei Jahren Sprachförderung zum dritten Messzeitpunkt t2 weist die Fördergrup-
pe einen höheren Wert für die Variable ‚Wortschatzvielfalt‘ auf als die Ver-
gleichsgruppe. Insgesamt ergibt sich daraus ein stärkerer Zuwachs der Variable
‚Wortschatzvielfalt‘ für die Fördergruppe als für die Vergleichsgruppe ohne
theoriebasierte Sprachförderung.

Tabelle 14: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable 'Wort-


schatzvielfalt'
t0 t1 t2
Gruppe N M (SD) M (SD) M (SD)
FG 64 5.88 (3.76) 8.58 (3.31) 10.28 (3.68)
VG 64 8.19 (4.48) 8.77 (2.93) 9.67 (2.55)

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (gemischtes Design)


soll diesen deskriptiven Befund inferenzstatistisch überprüfen. Die Vorausset-
zungen für eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung sind nach
Bühner und Ziegler (2009) gegeben, da die abhängige Variable ‚Wortschatzviel-
falt‘ intervallskaliert ist und ein balanciertes Design vorliegt. Der Levenetest
bestätigt die Varianzhomogenität der Variable ‚Wortschatzvielfalt‘ für alle drei
Messzeitpunkte, Ft0(1; 126) = .12, p = .730, Ft1(1; 126) = .04, p = .847,
Ft2(1; 126) = 2.94, p = .089. Die Voraussetzungsverletzung hinsichtlich der
Normalverteilung der abhängigen Variable in allen Teilstichproben kann ver-
nachlässigt werden, da das Verfahren als robust gilt und alle Zellen gleich be-
setzt sind (Bühner & Ziegler, 2009).

Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt einen signifi-


kanten Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt, F(1.81; 227.38) = 33.44,
p < .001, partielles 2 = .21. Die große Effektstärke von p2 = .21 zeigt folglich,
Ergebnisse zur Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten 285

dass sich die Variable ‚Wortschatzvielfalt‘ als Teil der basalen sprachlichen
Fähigkeiten innerhalb der gesamten Stichprobe über die Zeit stark entwickelt.

Der Haupteffekt für den Faktor Gruppe ist nicht signifikant, F(1; 126) = 1.89,
p = .172, partielles 2 = .02. Daher wird von weiteren Ausführungen abgesehen.

Die Interaktion zwischen Messzeitpunkt und Gruppe ist signifikant,


F(1.81; 227.38) = 8.76, p < .001, partielles 2 = .07. Die mittlere Effektstärke
von p2 = .07 zeigt, dass sich die Variable ‚Wortschatzvielfalt‘ als Teil der basa-
len sprachlichen Fähigkeiten in den beiden Gruppen über die Zeit unterschied-
lich entwickeln. Der Vergleich der Mittelwerte zeigt (vgl. Abbildung 7), dass die
zu Anfang schwächere Fördergruppe bis zum Ende der Sprachförderung in
‚Wortschatzvielfalt‘ einen stärkeren Zuwachs verzeichnet als die zu Beginn
stärkere Vergleichsgruppe.

Damit kann die Hypothese 1a bestätigt werden.


286 Ergebnisse

Basale sprachliche Fähigkeit 'Wortschatzvielfalt'


12
Punkte in Wortschatzvielfalt

10

8
Gruppe
6
Fördergruppe
4 Vergleichsgruppe

0
t0 t1 t2
Messzeitpunkt

Abbildung 7: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Wortschatzvielfalt'

Eine post-hoc Analyse mit Bonferroni-Korrektur zeigt (vgl. Tabelle 15), dass die
Fördergruppe in ‚Wortschatzvielfalt‘ als Teil der basalen sprachlichen Fähigkei-
ten in jeweils beiden Jahren der Sprachförderung also von Messzeitpunkt t 0 zu t1
sowie von Messzeitpunkt t1 zu t2 signifikante Zuwächse verzeichnet. Im ersten
Förderjahr ergibt sich eine mittlere Effektstärke von d = .76. Im zweiten Förder-
jahr nur noch eine kleine Effektstärke von d = .24. Für die Vergleichsgruppe
ergibt sich nur im zweiten Jahr von Messzeitpunkt t1 zu t2 ein signifikanter Zu-
wachs mit einer kleinen Effektstärke von d = .33. Im ersten Förderjahr kann die
Vergleichsgruppe keine signifikanten Zuwächse in der Wortschatzvielfalt auf-
zeigen. Insgesamt zeigt sich auch hier der größere Zuwachs der Fördergruppe im
Vergleich zur Vergleichsgruppe.
Ergebnisse zur Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten 287

Tabelle 15: Post-hoc Analyse für 'Wortschatzvielfalt‘ mit Bonferroni-Korrektur


95 % Konfidenzintervall
MII – MI (SD) p d
Untergrenze Obergrenze
t0 zu t1 2.70 (.53) <.001 .76 1.41 4.00
FG
t1 zu t2 1.70 (.48) .002 .24 .52 2.89
t0 zu t1 .58 (.58) .325 .15 -.59 1.74
VG
t1 zu t2 .91 (.34) .010 .33 .22 1.59

9.1.2 Satzbau mit Wortschatz


Hypothese 1b: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in Satzbau mit Wortschatz als die Vergleichsgruppe ohne theo-
riebasierter Sprachförderung.

Die deskriptiven Ergebnisse in Tabelle 16 zeigen die Mittelwerte und entspre-


chende Standardabweichung für die Variable ‚Satzbau mit Wortschatz‘ für die
beiden Gruppen zu allen drei Messzeitpunkten. Die Skala von 0 bis 24 wird im
ersten Teil des Sprachstandstests mithilfe der Bilder erfasst. Die deskriptive
Betrachtung zeigt, dass die Fördergruppe zu t0 auf einem niedrigeren Niveau als
die Vergleichsgruppe liegt. Dieser Unterschied nimmt über die beiden weiteren
Messzeitpunkte ab, indem die Fördergruppe einen größeren Zuwachs über die
zwei Jahre der Sprachförderung aufweist.

Tabelle 16: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable 'Satzbau mit
Wortschatz'
t0 t1 t2
Gruppe N M (SD) M (SD) M (SD)
FG 64 9.11 (3.86) 13.89 (2.95) 17.25 (3.23)
VG 64 13.34 (3.84) 16.31 (2.89) 17.73 (3.03)

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (gemischtes Design)


soll diesen deskriptiven Befund inferenzstatistisch überprüfen. Die Vorausset-
288 Ergebnisse

zungen für eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung sind nach


Bühner und Ziegler (2009) gegeben, da die abhängige Variable ‚Satzbau mit
Wortschatz‘ intervallskaliert ist und ein balanciertes Design vorliegt. Die Vari-
anzen der Variable ‚Satzbau mit Wortschatz‘ sind für die drei Messzeitpunkte
jeweils homogen, Ft0(1; 126) = .00, p = .999, Ft1(1; 126) = .77, p = .381,
Ft2(1; 126) = 1.46, p = .229. Die Voraussetzungsverletzung hinsichtlich der Nor-
malverteilung der abhängigen Variable in allen Teilstichproben kann vernachläs-
sigt werden, da das Verfahren als robust gilt und alle Zellen gleich besetzt sind
(Bühner & Ziegler, 2009).

Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt einen signifi-


kanten Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt, F(1.82; 229.38) = 198.98,
p < .001, partielles 2 = .61. Die sehr große Effektstärke von p2 = .61 zeigt, dass
sich die Variable ‚Satzbau mit Wortschatz‘ als Teil der basalen sprachlichen
Fähigkeiten innerhalb der gesamten Stichprobe über die Zeit sehr stark entwi-
ckelt.

Der Haupteffekt für den Faktor Gruppe ist ebenfalls signifikant,


F(1; 126) = 26.79, p < .001, partielles  = .18. Die große Effektstärke von
2

p2 = .18 zeigt, dass sich Förder- und Vergleichsgruppe insgesamt in der Variab-
le ‚Satzbau mit Wortschatz‘ bedeutsam voneinander unterscheiden. Dies liegt
vor allem in der Auswahl der Stichprobe begründet, da die Kinder mit dem
schwächeren Ausgangsniveau der Fördergruppe zugewiesen wurden.

Die Interaktion zwischen Messzeitpunkt und Gruppe ist ebenfalls signifikant,


F(1.82; 229.38) = 17.50, p < .001, partielles 2 = .12. Die mittlere Effektstärke
von p2 = .12 zeigt, dass sich die Variable ‚Satzbau mit Wortschatz‘ als Teil der
basalen sprachlichen Fähigkeiten in den beiden Gruppen über die Zeit unter-
schiedlich entwickeln. Der Vergleich der Mittelwerte gibt an (vgl. Abbildung 8),
dass die zu Anfang schwächere Fördergruppe bis zum Ende der Sprachförderung
in ‚Satzbau mit Wortschatz‘ einen stärkeren Zuwachs verzeichnet als die zu
Ergebnisse zur Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten 289

Beginn stärkere Vergleichsgruppe. So haben sich die beiden Gruppen zum drit-
ten Messzeitpunkt t2 angeglichen.

Damit wird die Hypothese 1b bestätigt.

Basale sprachliche Fähigkeit 'Satzbau mit Wortschatz'


20
Punkte in Satzbau mit Wortschatz

18
16
14
12
Gruppe
10
Fördergruppe
8
Vergleichsgruppe
6
4
2
0
t0 t1 t2
Messzeitpunkt

Abbildung 8: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Satzbau mit Wortschatz'

Eine post-hoc Analyse mit Bonferroni-Korrektur zeigt (vgl. Tabelle 17), dass die
Fördergruppe in der basalen sprachlichen Fähigkeit ‚Satzbau mit Wortschatz‘ in
jeweils beiden Jahren der Sprachförderung also von Messzeitpunkt t 0 zu t1 sowie
von Messzeitpunkt t1 zu t2 signifikante Zuwächse mit jeweils sehr großer Effekt-
stärke verzeichnet. Für die Vergleichsgruppe ergeben sich ebenfalls für beide
Jahre signifikante Zuwächse. Jedoch ist die Effektstärke mit d = .87 und d = .48
vergleichsweise geringer, da die Mittelwertdifferenzen entsprechend kleiner
ausfallen. Dies belegt nochmals die stärkere Entwicklung der Fördergruppe für
beide Jahre. Insgesamt ergibt sich für beide Gruppen im ersten Jahr eine größere
290 Ergebnisse

Effektstärke als im zweiten Jahr, sodass hier von einem größeren Zuwachs ge-
sprochen werden kann.

Tabelle 17: Post-hoc Analyse für 'Satzbau mit Wortschatz' mit Bonferroni-
Korrektur
95 % Konfidenzintervall
MII – MI (SD) p d
Untergrenze Obergrenze
t0 zu t1 4.78 (.43) < .001 1.39 3.93 5.64
FG
t1 zu t2 3.36 (.43) < .001 1.09 2.50 4.22
t0 zu t1 2.97 (.49) < .001 .87 2.00 3.94
VG
t1 zu t2 1.42 (.32) < .001 .48 .79 2.05

9.1.3 Artikel im Nominativ


Hypothese 1c: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in Artikel im Nominativ als die Vergleichsgruppe ohne theorie-
basierter Sprachförderung.

Die deskriptiven Ergebnisse in Tabelle 18 zeigen die Mittelwerte und entspre-


chende Standardabweichung für die Variable ‚Artikel im Nominativ‘ für die
beiden Gruppen zu allen drei Messzeitpunkten. Die Skala von 1 bis 5 wird im
ersten Teil des Sprachstandstests mithilfe der Bilder erfasst. Die deskriptive
Betrachtung zeigt, dass die Fördergruppe zu t0 auf einem niedrigeren Niveau als
die Vergleichsgruppe liegt. Dieser Unterschied bleibt über die beiden weiteren
Messzeitpunkte bestehen, sodass die Entwicklung von Fördergruppe und Ver-
gleichsgruppe über die zwei Jahre der Sprachförderung parallel erscheint.
Ergebnisse zur Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten 291

Tabelle 18: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable ‚Artikel im


Nominativ‘
t0 t1 t2
Gruppe N M (SD) M (SD) M (SD)
FG 64 2.40 (.68) 2.92 (.93) 3.21 (.99)
VG 64 3.14 (.88) 3.56 (.92) 3.82 (.83)

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (gemischtes Design)


soll diesen deskriptiven Befund inferenzstatistisch überprüfen. Die Vorausset-
zungen für eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung sind nach
Bühner und Ziegler (2009) gegeben, da die abhängige Variable ‚Artikel im No-
minativ‘ intervallskaliert ist und ein balanciertes Design vorliegt. Die Varianzen
der Variable ‚Artikel im Nominativ‘ sind entsprechend des Levenetests nur für
zwei von drei Messzeitpunkte homogen, Ft0(1; 126) = 3.33, p = .070,
Ft1(1; 126) = .19, p = .661, Ft2(1; 126) = 6.74, p = .011. Diese und weitere Vo-
raussetzungsverletzungen hinsichtlich der Normalverteilung der abhängigen
Variable in allen Teilstichproben kann vernachlässigt werden, da das Verfahren
als robust gilt und alle Zellen gleich besetzt sind (Bühner & Ziegler, 2009).

Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt einen signifi-


kanten Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt, F(1.95; 245.01) = 47.11,
p < .001, partielles 2 = .27. Die große Effektstärke von p2 = .27 zeigt, dass sich
die Variable ‚Artikel im Nominativ‘ als Teil der basalen sprachlichen Fähigkei-
ten innerhalb der gesamten Stichprobe über die Zeit stark entwickelt.

Der Haupteffekt für den Faktor Gruppe wird ebenfalls signifikant, F(1; 126) =
27.39, p < .001, partielles 2 = .18. Die große Effektstärke von p2 = .18 zeigt,
dass sich Förder- und Vergleichsgruppe insgesamt bedeutsam voneinander un-
terscheiden. Dies liegt vor allem in der Auswahl der Stichprobe begründet, da
die Kinder mit dem schwächeren Ausgangsniveau der Fördergruppe zugewiesen
wurden.
292 Ergebnisse

Die Interaktion zwischen Messzeitpunkt und Gruppe wird nicht signifikant,


F(1.95; 245.01) = .40, p = .666, partielles 2 = .00. Auch der hier nicht vorhan-
dene Effekt zeigt, dass die Unterschiede zwischen Förder- und Vergleichsgruppe
über alle drei Messzeitpunkte hinsichtlich der Variable ‚Artikel im Nominativ‘
als Teil der basalen sprachlichen Fähigkeiten vollständig durch die Faktoren
Gruppe und Messzeitpunkt erklärt werden können. Die Teilnahme an der theo-
riebasierten Sprachförderung zeigt keinen bedeutsamen Effekt. Der Vergleich
der Mittelwerte (vgl. Abbildung 9) zeigt ebenfalls die parallele Entwicklung
beider Gruppen.

Die Hypothese 1c kann folglich nicht bestätigt werden.

Basale sprachliche Fähigkeit 'Artikel im Nominativ'


5
Punkte in Artikel im Nominativ

Gruppe
3
Fördergruppe
Vergleichsgruppe
2

1
t0 t1 t2
Messzeitpunkt

Abbildung 9: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Artikel im Nominativ'

Eine post-hoc Analyse mit Bonferroni-Korrektur soll die Entwicklungen der


einzelnen Gruppen für die beiden Förderjahre genauer aufzeigen. Hier ergibt sich
(vgl. Tabelle 19), dass die Fördergruppe in der Variable ‚Artikel im Nominativ‘
Ergebnisse zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 293

als Teil der basalen sprachlichen Fähigkeiten in jeweils beiden Jahren der
Sprachförderung also von Messzeitpunkt t0 zu t1 sowie von Messzeitpunkt t1 zu
t2 signifikante Zuwächse verzeichnet. Dabei ergibt sich für die Fördergruppe im
ersten Jahr eine mittlere und für das zweite Jahr eine kleine Effektstärke. Für die
Vergleichsgruppe ergeben sich für die beiden untersuchten Jahre jeweils signifi-
kante Zuwächse mit kleiner Effektstärke. Diese nahezu ähnliche Entwicklung in
beiden Gruppen belegt nochmals die parallele Entwicklung der beiden Gruppen.
Insgesamt ergibt sich für die Fördergruppe aber auch in abgeschwächter Form
für die Vergleichsgruppe im ersten Jahr eine größere Effektstärke als im zweiten
Jahr, sodass hier von einem größeren Zuwachs gesprochen werden kann.

Tabelle 19: Post-hoc Analyse für 'Artikel im Nominativ' mit Bonferroni-


Korrektur
95 % Konfidenzintervall
MII – MI (SD) p d
Untergrenze Obergrenze
t0 zu t1 .52 (.10) < .001 .64 .32 .73
FG
t1 zu t2 .29 (.11) .014 .30 .06 .52
t0 zu t1 .42 (.11) < .001 .47 .21 .64
VG
t1 zu t2 .26 (.10) .010 .30 .06 .45

9.2 Ergebnisse zur Förderung der spezifischen pragmatischen


Fähigkeiten

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse zur Beantwortung der zweiten und
dritten Fragestellung präsentiert. Die zweite Fragestellung thematisiert, inwie-
weit die theoriebasierte Sprachförderung die spezifischen pragmatischen Fähig-
keiten Inhalt und Struktur in einer mündlichen Erzählung darzustellen von
Grundschülern mit intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache fördert.
Die dritte Fragestellung geht dem Thema nach, inwieweit die theoriebasierte
Sprachförderung die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten sprachliche Mittel
294 Ergebnisse

für das mündliche Erzählen zu verwenden von Grundschülern mit intensivem


Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache fördert.

Dazu werden die drei formulierten Hypothesen (2a, 2b und 3) auf einem Signifi-
kanzniveau von 5 % getestet. Die detaillierten Ergebnisse können den folgenden
Abschnitten entnommen werden.

9.2.1 Inhaltsdarstellung
Hypothese 2a: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in der kohärenten Inhaltsdarstellung als die Vergleichsgruppe
ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Die deskriptiven Ergebnisse in Tabelle 20 zeigen die Mittelwerte und entspre-


chende Standardabweichung für die Variable ‚Inhaltsdarstellung‘ für die beiden
Gruppen zu allen drei Messzeitpunkten. Die Skala von 0 bis 6 wird im Rahmen
der nacherzählten Bildergeschichte des Sprachstandstests erfasst. Die deskriptive
Betrachtung zeigt, dass die Fördergruppe zu t0 ein niedrigeres Niveau als die
Vergleichsgruppe aufweist. Dieser Unterschied zwischen Förder- und Ver-
gleichsgruppe ist zum zweiten Messzeitpunkt t1 geringer. Nach zwei Jahren
Sprachförderung zum dritten Messzeitpunkt t2 weist die Fördergruppe einen
minimal höheren Wert auf als die Vergleichsgruppe. Insgesamt ergibt sich dar-
aus ein stärkerer Zuwachs der Variable ‚Inhaltsdarstellung‘ als Teil der spezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten für die Fördergruppe als für die Vergleichs-
gruppe ohne theoriebasierte Sprachförderung.

Tabelle 20: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable 'Inhaltsdarstel-


lung'
t0 t1 t2
Gruppe N M (SD) M (SD) M (SD)
FG 64 2.16 (1.81) 3.47 (1.30) 3.98 (1.42)
VG 64 3.05 (1.55) 3.61 (1.33) 3.88 (1.11)
Zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 295

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (gemischtes Design)


soll diesen deskriptiven Befund inferenzstatistisch überprüfen. Die Vorausset-
zungen für eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung sind nach
Bühner und Ziegler (2009) gegeben, da die abhängige Variable ‚Inhaltsdarstel-
lung‘ intervallskaliert ist und ein balanciertes Design vorliegt. Der Levenetest
bestätigt die Varianzhomogenität der Variable ‚Inhaltsdarstellung‘ für alle drei
Messzeitpunkte, Ft0(1; 126) = .2.86, p = .094, Ft1(1; 126) = .09, p = .762,
Ft2(1; 126) = 2.54, p = .113. Die Voraussetzungsverletzung hinsichtlich der
Normalverteilung der abhängigen Variable in allen Teilstichproben kann ver-
nachlässigt werden, da das Verfahren als robust gilt und alle Zellen gleich be-
setzt sind (Bühner & Ziegler, 2009).

Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt einen signifi-


kanten Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt, F(1.83; 230.98) = 40.68,
p < .001, partielles 2 = .24. Die große Effektstärke von p2 = .24 zeigt folglich,
dass sich die Variable ‚Inhaltsdarstellung‘ als Teil der spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten innerhalb der gesamten Stichprobe über die Zeit stark entwi-
ckelt.

Der Haupteffekt für den Faktor Gruppe ist nicht signifikant, F(1; 126) = 2.79,
p = .097, partielles 2 = .02. Daher wird von weiteren Ausführungen abgesehen.

Die Interaktion zwischen Messzeitpunkt und Gruppe ist signifikant,


F(1.83; 230.98) = 5.91, p = .004, partielles  = .05. Die kleine Effektstärke von
2

p2 = .05 zeigt, dass sich die Variable ‚Inhaltsdarstellung‘ als Teil der spezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten in den beiden Gruppen über die Zeit unter-
schiedlich entwickelt. Der Vergleich der Mittelwerte zeigt (vgl. Abbildung 10),
dass die zu Anfang schwächere Fördergruppe bis zum Ende der Sprachförderung
in ‚Inhaltsdarstellung‘ einen stärkeren Zuwachs verzeichnet als die zu Beginn
stärkere Vergleichsgruppe.

Damit kann die Hypothese 2a bestätigt werden.


296 Ergebnisse

Spezifische pragmatische Fähigkeit 'Inhaltsdarstellung'


4,5
4,0
Punkte in Inhaltsdarstellung

3,5
3,0
2,5 Gruppe
2,0 Fördergruppe
1,5 Vergleichsgruppe
1,0
0,5
0,0
t0 t1 t2
Messzeitpunkt

Abbildung 10: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Inhaltsdarstellung'

Eine post-hoc Analyse mit Bonferroni-Korrektur zeigt (vgl. Tabelle 21), dass die
Fördergruppe in ‚Inhaltsdarstellung‘ als Teil der spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten in jeweils beiden Jahre der Sprachförderung also von Messzeitpunkt
t0 zu t1 sowie von Messzeitpunkt t1 zu t2 signifikante Zuwächse verzeichnet. Im
ersten Förderjahr ergibt sich eine große Effektstärke, im zweiten Jahr eine kleine
Effektstärke. Für die Vergleichsgruppe ergibt sich nur im ersten Jahr von Mess-
zeitpunkt t0 zu t1 ein signifikanter Zuwachs mit kleiner Effektstärke. Dies bestä-
tigt nochmals die stärkere Entwicklung der Fördergruppe. Insgesamt ergibt sich
für beide Gruppen im ersten Jahr ein größerer Zuwachs als im zweiten Jahr.
Zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 297

Tabelle 21: Post-hoc Analyse für ‚Inhaltsdarstellung' mit Bonferroni-Korrektur


95 % Konfidenzintervall
MII – MI (SD) p d
Untergrenze Obergrenze
t0 zu t1 1.31 (.24) < .001 .83 .83 1.80
FG
t1 zu t2 .52 (.19) .008 .38 .14 .89
t0 zu t1 .56 (.24) .021 .39 .09 1.04
VG
t1 zu t2 .27 (.18) .145 .22 -.09 .63

9.2.2 Strukturdarstellung
Hypothese 2b: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren
Zuwachs in der kohärenten Strukturdarstellung als die Vergleichsgruppe
ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Die deskriptiven Ergebnisse in Tabelle 22 zeigen die Mittelwerte und entspre-


chende Standardabweichung für die Variable ‚Strukturdarstellung‘ für die beiden
Gruppen zu allen drei Messzeitpunkten. Die Skala von 0 bis 3 wird im Rahmen
der nacherzählten Bildergeschichte des Sprachstandstests erfasst. Die deskriptive
Betrachtung zeigt, dass die Fördergruppe zu t0 ein niedrigeres Niveau als die
Vergleichsgruppe aufweist. Dieser Unterschied zwischen Förder- und Ver-
gleichsgruppe ist zum zweiten Messzeitpunkt t1 nicht mehr vorhanden. Nach
zwei Jahren Sprachförderung zum dritten Messzeitpunkt t 2 weist die Fördergrup-
pe einen etwas höheren Wert auf als die Vergleichsgruppe. Insgesamt ergibt sich
daraus ein stärkerer Zuwachs der Variable ‚Strukturdarstellung‘ als Teil der
spezifischen pragmatischen Fähigkeiten für die Fördergruppe als für die Ver-
gleichsgruppe ohne theoriebasierte Sprachförderung.
298 Ergebnisse

Tabelle 22: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable 'Strukturdar-


stellung'
t0 t1 t2
Gruppe N M (SD) M (SD) M (SD)
FG 64 1.08 (.69) 1.60 (.60) 1.83 (.60)
VG 64 1.40 (.66) 1.58 (.53) 1.69 (.48)

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (gemischtes Design)


soll diesen deskriptiven Befund inferenzstatistisch überprüfen. Die Vorausset-
zungen für eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung sind nach
Bühner und Ziegler (2009) gegeben, da die abhängige Variable ‚Strukturdarstel-
lung‘ eine Intervallskalierung aufweist und ein balanciertes Design vorliegt. Der
Levenetest bestätigt die Varianzhomogenität der Variable ‚Strukturdarstellung‘
für alle drei Messzeitpunkte, Ft0(1; 126) = .95, p = .331, Ft1(1; 126) = .43,
p = .514, Ft2(1; 126) = 2.76, p = .099. Die Voraussetzungsverletzung hinsichtlich
der Normalverteilung der abhängigen Variable in allen Teilstichproben kann
vernachlässigt werden, da das Verfahren als robust gilt und alle Zellen gleich
besetzt sind (Bühner & Ziegler, 2009).

Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt einen signifi-


kanten Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt, F(1.87; 236.05) = 40.63,
p < .001, partielles 2 = .24. Die große Effektstärke von p2 = .24 zeigt folglich,
dass sich die Variable ‚Strukturdarstellung‘ als Teil der spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten innerhalb der gesamten Stichprobe über die Zeit stark entwi-
ckelt.

Der Haupteffekt für den Faktor Gruppe ist nicht signifikant, F(1; 126) = .43,
p = .516, partielles 2 = .00. Daher wird von weiteren Ausführungen abgesehen.

Die Interaktion zwischen Messzeitpunkt und Gruppe ist signifikant,


F(1.87; 236.05) = 8.06, p = .001, partielles 2 = .06. Die mittlere Effektstärke
von p2 = .06 zeigt, dass sich die Variable ‚Strukturdarstellung‘ als Teil der spe-
zifischen pragmatischen Fähigkeiten in den beiden Gruppen über die Zeit unter-
Zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 299

schiedlich entwickelt. Der Vergleich der Mittelwerte zeigt (vgl. Abbildung 11),
dass die zu Anfang schwächere Fördergruppe bis zum Ende der Sprachförderung
in ‚Strukturdarstellung‘ einen stärkeren Zuwachs verzeichnet als die zu Beginn
stärkere Vergleichsgruppe.

Damit kann die Hypothese 2b bestätigt werden.

Spezifische pragmatische Fähigkeit 'Strukturdarstellung'


2,0
1,8
Punkte in Strukturdarstellung

1,6
1,4
1,2
Gruppe
1,0
Fördergruppe
0,8
Vergleichsgruppe
0,6
0,4
0,2
0,0
t0 t1 t2
Messzeitpunkt

Abbildung 11: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Strukturdarstellung'

Eine post-hoc Analyse mit Bonferroni-Korrektur zeigt (vgl. Tabelle 23), dass die
Fördergruppe in ‚Strukturdarstellung‘ als Teil der spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten in jeweils beiden Jahren der Sprachförderung also von Messzeit-
punkt t0 zu t1 sowie von Messzeitpunkt t1 zu t2 signifikante Zuwächse verzeich-
net. Im ersten Förderjahr ergibt sich eine große Effektstärke, im zweiten Jahr
eine kleine Effektstärke. Für die Vergleichsgruppe ergibt sich für keines der
Jahre in der Einzelbetrachtung ein signifikanter Zuwachs. Dies bestätigt noch-
mals die stärkere Entwicklung der Fördergruppe.
300 Ergebnisse

Tabelle 23: Post-hoc Analyse für ‚Strukturdarstellung' mit Bonferroni-Korrektur


95 % Konfidenzintervall
MII – MI (SD) p d
Untergrenze Obergrenze
t0 zu t1 .53 (.09) < .001 .80 .34 .71
FG
t1 zu t2 .23 (.07) .003 .38 .08 .37
t0 zu t1 .18 (.09) .052 .30 .00 .36
VG
t1 zu t2 .11 (.07) .126 .22 -.03 .26

9.2.3 Konnektoren
Hypothese 3: Die Fördergruppe hat über zwei Jahre einen größeren Zu-
wachs in der Verwendung von Konnektoren in einer Erzählung als die
Vergleichsgruppe ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Die deskriptiven Ergebnisse in Tabelle 24 zeigen die Mittelwerte und entspre-


chende Standardabweichung für die Variable ‚Konnektoren‘ für die beiden
Gruppen zu allen drei Messzeitpunkten. Die Skala von 0 bis 3 wird im Rahmen
der nacherzählten Bildergeschichte des Sprachstandstests erfasst. Die deskriptive
Betrachtung zeigt, dass die Fördergruppe zu t0 ein niedrigeres Niveau als die
Vergleichsgruppe aufweist. Dieser Unterschied zwischen Förder- und Ver-
gleichsgruppe ist zum zweiten Messzeitpunkt t1 nicht mehr vorhanden. Nach
zwei Jahren Sprachförderung zum dritten Messzeitpunkt t2 weist die Fördergrup-
pe einen etwas höheren Wert auf als die Vergleichsgruppe. Insgesamt ergibt sich
daraus ein stärkerer Zuwachs der Variable ‚Konnektoren‘ als Teil der spezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten für die Fördergruppe als für die Vergleichs-
gruppe ohne theoriebasierte Sprachförderung.
Zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 301

Tabelle 24: Mittelwerte und Standardabweichung für die Variable 'Konnektoren'


t0 t1 t2
Gruppe N M (SD) M (SD) M (SD)
FG 64 .92 (.62) 1.19 (.57) 1.39 (.59)
VG 64 1.16 (.62) 1.12 (.45) 1.26 (.47)

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (gemischtes Design)


soll diesen deskriptiven Befund inferenzstatistisch überprüfen. Die Vorausset-
zungen für eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung sind nach
Bühner und Ziegler (2009) gegeben, da die abhängige Variable ‚Konnektoren‘
eine Intervallskalierung aufweist und ein balanciertes Design vorliegt. Die Vari-
anzen der Variable ‚Konnektoren‘ sind entsprechend des Levenetests nur für
zwei von drei Messzeitpunkte homogen, Ft0(1; 126) = .37, p = .547, Ft1(1; 126) =
4.72, p = .032, Ft2(1; 126) = 3.42, p = .067. Diese und weitere Voraussetzungs-
verletzungen hinsichtlich der Normalverteilung der abhängigen Variable in allen
Teilstichproben kann vernachlässigt werden, da die Varianzanalyse als robustes
Verfahren gilt und darüber hinaus auch alle Zellen gleich besetzt sind (Bühner &
Ziegler, 2009).

Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt einen signifi-


kanten Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt, F(1.78; 223.69) = 11.40,
p < .001, partielles 2 = .08. Die mittlere Effektstärke von p2 = .08 zeigt folg-
lich, dass sich die Variable ‚Konnektoren‘ als Teil der spezifischen pragmati-
schen Fähigkeiten innerhalb der gesamten Stichprobe über die Zeit entwickelt.

Der Haupteffekt für den Faktor Gruppe ist nicht signifikant, F(1; 126) = .04,
p = .837, partielles 2 = .00. Daher wird von weiteren Ausführungen abgesehen.

Die Interaktion zwischen Messzeitpunkt und Gruppe ist signifikant,


F(1.78; 223.69) = 5.59, p = .006, partielles  = .04. Die kleine Effektstärke von
2

p2 = .04 zeigt, dass sich die Variable ‚Konnektoren‘ als Teil der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten in den beiden Gruppen über die Zeit unterschiedlich
302 Ergebnisse

entwickelt. Der Vergleich der Mittelwerte zeigt (vgl. Abbildung 12), dass die zu
Anfang schwächere Fördergruppe bis zum Ende der Sprachförderung in ‚Struk-
turdarstellung‘ einen stärkeren Zuwachs verzeichnet als die zu Beginn stärkere
Vergleichsgruppe.

Damit kann die Hypothese 3 bestätigt werden.

Spezifische pragmatische Fähigkeit 'Konnektoren'


1,6
1,4
Punkte in Konnektoren

1,2
1,0
Gruppe
0,8
Fördergruppe
0,6
Vergleichsgruppe
0,4
0,2
0,0
t0 t1 t2
Messzeitpunkt

Abbildung 12: Mittelwerte der abhängigen Variable 'Konnektoren'

Eine post-hoc Analyse mit Bonferroni-Korrektur zeigt (vgl. Tabelle 25), dass die
Fördergruppe in ‚Konnektoren‘ als Teil der spezifischen pragmatischen Fähig-
keiten in jeweils beiden Jahren der Sprachförderung also von Messzeitpunkt t 0 zu
t1 sowie von Messzeitpunkt t1 zu t2 signifikante Zuwächse verzeichnet. In beiden
Förderjahren ergibt sich jeweils eine kleine Effektstärke. Für die Vergleichs-
gruppe ergibt sich für keines der Jahre in der Einzelbetrachtung ein signifikanter
Zuwachs. Im ersten Jahr weist die Vergleichsgruppe sogar eine Stagnation auf.
Dies bestätigt nochmals die stärkere Entwicklung der Fördergruppe.
Zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 303

Tabelle 25: Post-hoc Analyse für ‚Konnektoren' mit Bonferroni-Korrektur


95 % Konfidenzintervall
MII – MI (SD) p d
Untergrenze Obergrenze
t0 zu t1 .27 (.09) .006 .45 .08 .46
FG
t1 zu t2 .20 (.07) .004 .35 .07 .34
t0 zu t1 -.04 (.10) .703 -.07 -.23 .16
VG
t1 zu t2 .13 (.07) .057 .30 .00 .27
10 Diskussion

In diesem Kapitel werden zunächst alle Einzelergebnisse gegliedert nach den


basalen sprachlichen und spezifischen pragmatischen Fähigkeiten zusammenge-
fasst und diskutiert. Anschließend folgt eine zusammenfassende Diskussion, die
die Ergebnisse zueinander in Beziehung setzt und sie in den bestehen For-
schungsstand zur additiven Sprachförderung einordnet. Zusätzlich werden Ein-
schränkungen der Ergebnisse diskutiert und ein weiterer Forschungsbedarf abge-
leitet. Abschließend werden Implikationen für Forschung und Praxis dargestellt
und ein Ausblick gegeben.

10.1 Diskussion der Ergebnisse zur Förderung der basalen sprachlichen


Fähigkeiten

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse zur Förderung der basalen sprachli-
chen Fähigkeiten (Fragestellung 1) zusammengefasst und diskutiert.

10.1.1 Wortschatzvielfalt
In der Hypothese 1a wird angenommen, dass die Fördergruppe über zwei Jahre
einen größeren Zuwachs in Wortschatzvielfalt hat als die Vergleichsgruppe ohne
theoriebasierter Sprachförderung.

Wortschatzvielfalt bezieht sich auf die basalen sprachlichen Fähigkeiten im Be-


reich Semantik und Lexikon des mündlichen Erzählens. Die Variable umfasst,
wie viele verschiedene Verben, Adjektive und Konnektoren das Kind in seiner
Erzählung benutzt. Umso größer der Wert der Variable, desto mehr verschiedene
Wörter benutzt ein Kind und weißt damit eine größere Wortschatzvielfalt auf.

Die Hypothese 1a kann durch einen signifikanten Interaktionseffekt (Messzeit-


punkt × Gruppe) von mittlerer Effektstärke bestätigt werden. Die am Anfang

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017


R. Schätz, Deutsch als Zweitsprache fördern,
DOI 10.1007/978-3-658-15868-2_10
306 Diskussion

deutlich schwächere Fördergruppe entwickelt sich hinsichtlich der Variable


‚Wortschatzvielfalt‘ stärker als die Vergleichsgruppe. Nach dem ersten Jahr
Sprachförderung sind beide Gruppen auf einem ähnlichen Niveau. Nach dem
zweiten Jahr Sprachförderung verfügt die Fördergruppe über eine höhere Wort-
schatzvielfalt als die Vergleichsgruppe, die keine Sprachförderung erhalten hat.
Daraus lässt sich schließen, dass die theoriebasierte Sprachförderung, die didak-
tisch eine Synthese aus kommunikations- und sprachstruktureller Orientierung
darstellt, die basalen sprachlichen Fähigkeiten im Bereich Semantik und Lexikon
von Kindern mit intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache fördert.

Damit bestätigt dieses Ergebnis Befunde aus anderen Studien, die ebenfalls die
Wirkung von Sprachförderung auf den Wortschatz belegen, die auch kommuni-
kations- und sprachstrukturelle Ansätze der Didaktik verbindet. Dazu gehört die
kurzfristige Intensivförderung in der Jacobs Sommercamp Studie (Stanat et al.,
2012) sowie erste Ergebnisse der BeFo Studie (Paetsch et al., 2014), die jeweils
mehrsprachige Drittklässler in den Blick nehmen. Damit zeigen die Ergebnisse
der vorliegenden Studie, dass auch jüngere Grundschulkinder von dieser Art der
additiven Sprachförderung im Bereich Wortschatzvielfalt profitieren können.
Allerdings gibt es auch andere Studien, die insgesamt keinen Wirkungsnachweis
für diese Art von Sprachförderung belegen können (vgl. Kap. 5.2). Gründe für
diese unterschiedliche Befundlage werden gesammelt in Kapitel 10.3.1 disku-
tiert.

Zusätzlich zeigt der signifikante Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt mit
großer Effektstärke, dass sich die gesamte Stichprobe über den Zeitraum von
zwei Jahren im Bereich Wortschatzvielfalt stark entwickelt. Dies kann durch die
noch nicht abgeschlossene sprachliche Entwicklung im Bereich Semantik und
Lexikon von Kindern im frühen Grundschulalter, die Deutsch als Zweitsprache
erwerben, erklärt werden.

Darüber hinaus zeigt auch die post-hoc Analyse für die Fördergruppe vor allem
im ersten Jahr der Sprachförderung einen starken Zuwachs in der Wort-
schatzvielfalt. Dies entspricht auch dem didaktischen Ansatz, der zunächst auf
Zur Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten 307

einen Ausbau der basalen sprachlichen Fähigkeiten im Bereich Semantik und


Lexikon setzt und erst später andere Bereiche fokussiert.

10.1.2 Satzbau mit Wortschatz


In der Hypothese 1b wird angenommen, dass die Fördergruppe über zwei Jahre
einen größeren Zuwachs in Satzbau mit Wortschatz hat als die Vergleichsgruppe
ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Die Variable ‚Satzbau mit Wortschatz‘ beschreibt, inwieweit ein Kind in der
Lage ist, seine Fähigkeiten hinsichtlich Satzbau und Wortschatz zielsprachlich
einzusetzen. Damit bezieht sich diese Variable auf die basalen sprachlichen Fä-
higkeiten in den Bereichen Morphologie und Syntax sowie Semantik und Lexi-
kon des mündlichen Erzählens. Da diese beiden Bereiche stark miteinander ver-
bunden sind, ist eine gemeinsame Erfassung sinnvoll. Umso größer der Wert der
Variable, desto weniger zielsprachliche Abweichungen hinsichtlich Satzbau und
Wortschatz produziert das Kind.

Die Hypothese 1b wird durch einen signifikanten Interaktionseffekt (Messzeit-


punkt × Gruppe) von mittlerer Effektstärke bestätigt. Vor Beginn der Sprachför-
derung zum ersten Messzeitpunkt ist die Fördergruppe hinsichtlich der Variable
‚Satzbau mit Wortschatz‘ deutlich schwächer als die Vergleichsgruppe, was auf
die Zuweisung der Gruppen zurückzuführen ist. Innerhalb der zweijährigen
Sprachförderung nähern sich die beiden Gruppen an, sodass zum dritten Mess-
zeitpunkt nach Ende der Sprachförderung die Förder- und Vergleichsgruppe ein
ähnliches Niveau in ‚Satzbau mit Wortschatz‘ aufweisen. Insgesamt ergibt sich
also ein stärkerer Zuwachs der Fördergruppe in der Variable ‚Satzbau mit Wort-
schatz‘ als in der Vergleichsgruppe. Dies lässt den Schluss zu, dass die theorie-
basierte Sprachförderung, die in ihrer Didaktik kommunikations- und sprach-
strukturelle Ansätze verbindet, die basalen sprachlichen Fähigkeiten im Bereich
Morphologie und Syntax sowie Semantik und Lexikon von Kindern mit intensi-
vem Förderbedarf in Deutsch als Zweitsprache fördert.
308 Diskussion

Dieses Ergebnis ist zum Teil konform mit Befunden aus anderen Untersuchun-
gen, die auch die Wirkung von Sprachförderung mit einer Didaktik, die kommu-
nikations- und sprachstrukturelle Ansätze kombinieren, auf diese basalen sprach-
lichen Fähigkeiten belegen (vgl. Kap. 5.2). Dazu zählt die Ekos Studie von Wolf
et al. (2011), die auf die Satzbildung einen signifikanten mittleren Effekt nach-
weisen kann. Jedoch werden in der Ekos Studie hinsichtlich der Fähigkeit Wort-
schatz keine Effekte gefunden, die auch separiert von der Satzbildung erfasst
wird. Mögliche Gründe können in der deutlich kürzeren Durchführungsdauer der
untersuchten Sprachförderung liegen. Außerdem werden in der Stichprobe vor
allem einsprachige Kinder untersucht, die bei Defiziten im Wortschatz in diesem
Alter vor anderen Herausforderungen in der Sprachentwicklung stehen als zwei-
sprachige Kinder. So müssen einsprachige Kinder beim Wortschatzerwerb noch
das Konzept, für das ein Wort steht, erwerben. Es ist davon auszugehen, dass
Kinder, die sukzessiv Deutsch als Zweitsprache erwerben, das Wort bereits in
ihrer Muttersprache erworben haben und können daher auf bestehende Konzepte
und Begriffe für den Zweitspracherwerb zurückgreifen (Ehlich et al., 2012) (vgl.
Kap. 4.1.2). Daher ist der Erwerb und auch die Förderung insbesondere im Be-
reich Wortschatz von ein- und zweisprachigen Kindern nicht direkt zu verglei-
chen. Es ist anzunehmen, dass für die Förderung des Wortschatzerwerbs einspra-
chiger Kinder in diesem Alter mehr Zeit und auch eine andere Form der Unter-
stützung angemessen ist. Damit können die Unterschiede der Ekos Studie (Wolf
et al., 2011) und der eigenen Ergebnisse erklärt werden.

Die Jacobs Sommercamp Studie (Stanat et al., 2012) berichtet große und mittlere
Effekte für die kombinierte Sprachförderung auf sprachliche Fähigkeiten in
Grammatik und Wortschatz von zweisprachigen Drittklässlern. Stellt man diese
Ergebnisse der vorliegenden Studie gegenüber, kann der Schluss gezogen wer-
den, dass auch jüngere Grundschulkinder von dieser Art der additiven Sprach-
förderung im Bereich Satzbau mit Wortschatz profitieren können. Die untersuch-
ten Sprachförderungen unterscheiden sich allerdings erheblich in der Dauer der
Durchführung. Da bei Stanat et al. (2012) der Follow-up-Test nach drei Monaten
für Grammatik und Wortschatz keine signifikanten Effekte mehr ergibt, kann
Zur Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten 309

vermutet werden, dass eine längerfristige Förderung wie in der vorliegenden


Studie zu bevorzugen ist. Allerdings ist eine abschließende Bewertung aufgrund
eines fehlenden Follow-up-Tests in der vorliegenden Studie nicht eindeutig mög-
lich.

Neben den beiden erwähnten Studien gibt es auch andere Untersuchungen, die
insgesamt keinen Wirkungsnachweis für diese Art von Sprachförderung belegen
können (vgl. Kap. 5.2). Gründe für diese unterschiedliche Befundlage werden
gesammelt in Kapitel 10.3.1 diskutiert.

Neben dem signifikanten Interaktionseffekt ergeben sich auch signifikante


Haupteffekte für die Faktoren Messzeitpunkt und Gruppe. Der signifikante
Haupteffekt der Varianzanalyse für den Faktor Messzeitpunkt mit großer Effekt-
stärke zeigt, dass sich die gesamte Stichprobe über den Zeitraum von zwei Jah-
ren sehr stark entwickelt. Dies kann wie bereits für die Variable ‚Wortschatzviel-
falt‘ durch die noch nicht abgeschlossene sprachliche Entwicklung im untersuch-
ten Bereich der basalen sprachlichen Fähigkeiten von Kindern im frühen Grund-
schulalter, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, begründet werden. Die Ver-
gleichsgruppe zeigt also auch noch eine bedeutende Entwicklung für diese Vari-
able.

Der signifikante Haupteffekt für den Faktor Gruppe mit großer Effektstärke
zeigt, dass sich die Förder- und Vergleichsgruppe insgesamt in Satzbau mit
Wortschatz bedeutsam unterscheiden. Dies ist auf die Auswahl der Stichprobe
zurückzuführen, da die Kinder mit dem schwächeren Ausgangsniveau der För-
dergruppe zugewiesen wurden. Dies ist zwar methodisch zu kritisieren, war aber
im Rahmen der Untersuchung die bestmögliche Alternative. Zusätzlich gleicht
sich das Niveau der Fördergruppe über die zwei Jahre hinweg zwar an die an-
fangs stärkere Vergleichsgruppe an. Jedoch überschreitet sie zu keinem Mess-
zeitpunkt das Niveau der Vergleichsgruppe.
310 Diskussion

Die post-hoc Analyse zeigt für die Fördergruppe in beiden Jahren der Sprachför-
derung einen starken Zuwachs in Satzbau mit Wortschatz. In der Vergleichs-
gruppe ist der Zuwachs im zweiten Förderjahr bereits deutlich geringer.

10.1.3 Artikel im Nominativ


In der Hypothese 1c wird angenommen, dass die Fördergruppe über zwei Jahre
einen größeren Zuwachs in Artikel im Nominativ hat als die Vergleichsgruppe
ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Die Variable ‚Artikel im Nominativ‘ beschreibt, inwieweit das Kind in der Lage
ist, Artikel im Nominativ zielsprachlich zu gebrauchen. Damit ist die Variable
ein Maß für die basalen sprachlichen Fähigkeiten im Bereich Morphologie und
Syntax des mündlichen Erzählens. Umso größer der Wert der Variable, desto
mehr gleicht das vorhandene Artikelsystem des Kindes dem zielsprachlichen
System.

Die Hypothese 1c kann aufgrund eines fehlenden Interaktionseffekts (Messzeit-


punkt × Gruppe) nicht bestätigt werden. Die beiden Haupteffekte für den Faktor
Messzeitpunkt und den Faktor Gruppe sind hingegen beide signifikant und wei-
sen eine große Effektstärke auf. Dies zeigt, dass sich die gesamte Stichprobe
über den Zeitraum von zwei Jahren stark entwickelt. Ebenso unterscheiden sich
Förder- und Vergleichsgruppe insgesamt in Artikel im Nominativ bedeutsam
voneinander. Die Fördergruppe hat vor der Sprachförderung ein geringeres Ni-
veau als die Vergleichsgruppe. Beide Gruppen entwickeln sich nahezu parallel
über die zwei Jahre, so dass der Unterschied auch nach der zweijährigen Sprach-
förderung zwischen Förder- und Vergleichsgruppe besteht. Dies lässt den
Schluss zu, dass die theoriebasierte Sprachförderung die basalen sprachlichen
Fähigkeiten im Artikelerwerb von Kindern mit intensivem Förderbedarf in
Deutsch als Zweitsprache nicht fördert. Die Fördergruppe hat über die zwei Jahre
ähnliche Zuwächse wie die Vergleichsgruppe. Daher kann die Entwicklung der
Fördergruppe im Bereich Artikel im Nominativ nicht auf die Sprachförderung
zurückgeführt werden.
Zur Förderung der basalen sprachlichen Fähigkeiten 311

Gründe für diesen nicht hypothesenkonformen Befund können vielfältig sein. So


ist es möglich, dass die Sprachförderung selbst vor allem bei diesem schwierigen
Aspekt des Artikelerwerbs nicht entsprechend des theoriebasierten Konzepts
umgesetzt wurde. Zwar wurden die Förderkräfte entsprechend qualifiziert. In-
wieweit dies allerdings in der Sprachförderung jeweils umgesetzt wurde, kann
nur durch Selbsteinschätzungen der Förderkräfte geprüft werden. Eine regelmä-
ßige objektive Beobachtung der Sprachförderung könnte hier detaillieren Auf-
schluss über die Umsetzungstreue des didaktischen Ansatzes liefern und diese
Vermutung entsprechend prüfen.

Ein weiterer Grund für diesen Befund kann in der Erfassung der basalen sprach-
lichen Fähigkeit, Artikel im Nominativ zielsprachlich zu verwenden, liegen. So
liegt zwar ein theoriebasiertes Kodierschema für die kindlichen Äußerungen im
Rahmen des Sprachstandstests vor, dessen Objektivität gegeben ist (vgl. Kap.
8.3.2). Inwiefern damit die Variable reliabel und valide gemessen werden kann,
ist jedoch im Rahmen dieser Studie nicht eindeutig zu bewerten. Zur Prüfung
dieser wichtigen Testgütekriterien könnte mit einer anderen Stichprobe und zwei
Messungen kurz hintereinander die Retest-Reliabilität festgestellt werden. Ein
Paralleltest mit einem Verfahren, das ebenfalls diese Fähigkeit erfasst, ist
schwierig durchzuführen, da bisher kaum andere reliable und valide Tests vor-
handen sind, die sich auf den Artikelerwerb in ähnlicher Weise fokussieren
(Böhme & Hoffmann, 2014; Redder et al., 2011). Eine systematische Beobach-
tung des natürlichen Sprachverhaltens wäre eine weitere, aber auch aufwändige
Alternative. Festzuhalten bleibt, dass hier noch ein Bedarf an Instrumenten be-
steht, die die Fähigkeit, Artikel zielsprachlich zu verwenden, erfasst und deren
Testgütekriterien nachgewiesen sowie zufriedenstellend sind. Insbesondere für
Kinder, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, ist der Artikelerwerb eine be-
sondere Herausforderung und sollte daher entsprechend erfasst werden.

An diese beiden aufgeführten Gründe fügt sich eine weitere mögliche Ursache
für den nicht hypothesenkonformen Befund an. So ist für eine adäquate Umset-
zung des didaktischen Ansatzes erforderlich, das sprachliche Niveau der Kinder
312 Diskussion

genau zu kennen. Denn nur so kann der strukturierte Input entsprechend inner-
halb der Zone der nächsten Entwicklung angeboten werden (Vygotskij, 2002)
(vgl. Kap. 5.3.1). Dies kann durch regelmäßige Sprachstandstests erfolgen, aber
vor allem auch durch eine hohe Diagnosefähigkeit der Förderkraft, die im Rah-
men der Sprachförderung den Sprachstand der Kinder hinsichtlich des Arti-
kelerwerbs zuverlässig einschätzen kann. Darauf basierend kann die Förderkraft
den passenden Sprachinput anbieten. Hier unterstützt zwar das verfügbare För-
dermaterial. Allerdings können bei Kindern aus unterschiedlichen Gründen ver-
schiedene Erwerbsgeschwindigkeiten auftreten, die dann die Förderkraft mit
einem angepassten Sprachinput entsprechend ausgleichen kann. Ob diese genaue
Abstimmung im Rahmen der untersuchten Sprachförderung erfolgte, ist eben-
falls aufgrund fehlender Beobachtungen der Durchführung nicht zu beurteilen.

Aus diesen drei genannten Gründen soll auf Grundlage des vorliegenden Be-
funds die Wirkung des theoriebasierten didaktischen Ansatzes der Sprachförde-
rung auf den Artikelerwerb im Nominativ nicht vollständig in Frage gestellt
werden. Vielmehr sollte zuvor eine detailliertere Erfassung der Umsetzung der
Didaktik in der Sprachförderung durchgeführt werden, bevor dieser Ansatz zur
Förderung des Artikelerwerbs verworfen wird.

10.2 Diskussion der Ergebnisse zur Förderung der spezifischen


pragmatischen Fähigkeiten

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse zur Förderung der spezifischen


pragmatischen Fähigkeiten (Fragestellung 2 und 3) zusammengefasst und disku-
tiert.

10.2.1 Inhaltsdarstellung
In der Hypothese 2a wird angenommen, dass die Fördergruppe über zwei Jahre
einen größeren Zuwachs in Inhaltsdarstellung hat als die Vergleichsgruppe ohne
theoriebasierter Sprachförderung.
Zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 313

Inhaltsdarstellung bezieht sich darauf, inwieweit das Kind in der Lage ist, den
Inhalt einer Erzählung darzustellen. Damit ist die Variable ein Maß für die spezi-
fischen pragmatischen Fähigkeiten des mündlichen Erzählens im Bereich Dar-
stellung von Inhalt und Struktur einer Erzählung. Umso größer der Wert der
Variable ist, desto mehr Inhalte stellt das Kind in seiner Erzählung dar.

Die Hypothese 2a wird durch einen signifikanten Interaktionseffekt (Messzeit-


punkt × Gruppe) von kleiner Effektstärke bestätigt. Vor Beginn der Sprachförde-
rung zum ersten Messzeitpunkt ist die Fördergruppe in Bezug auf die Inhaltdar-
stellung deutlich schwächer als die Vergleichsgruppe. Nach einem Jahr Sprach-
förderung zum zweiten Messzeitpunkt haben sich die beiden Gruppen beinahe
angenähert. Zum dritten Messzeitpunkt nach zwei Jahren Sprachförderung er-
reicht die Fördergruppe ein etwas höheres Niveau in der Inhaltsdarstellung als
die zu Beginn stärkere Vergleichsgruppe. Insgesamt ergibt sich also für die För-
dergruppe eine stärkere Entwicklung als für die Vergleichsgruppe. Daraus lässt
sich schließen, dass die theoriebasierte Sprachförderung, die in ihrer Didaktik
wichtige Merkmale kommunikations- und sprachstrukturelle Ansätze verbindet,
die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten im Bereich Darstellung von Inhalt
und Struktur einer Erzählung von Kindern mit intensivem Förderbedarf in
Deutsch als Zweitsprache fördert.

Weitere Befunde zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten von


Kindern mit Deutsch als Zweitsprache sind nicht bekannt. Die didaktischen An-
sätze, die es zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten gibt, sind
soweit bekannt nicht auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Dies mag auch damit
zusammenhängen, dass das mündliche Erzählen und vor allem auch seine Förde-
rung in den letzten Jahren bisher nur vereinzelt im Fokus der Forschung stehen.

Zusätzlich zeigt der signifikante Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt mit
großer Effektstärke, dass sich die gesamte Stichprobe über den Zeitraum von
zwei Jahren stark entwickelt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Entwicklung
der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten im Bereich Darstellung des Inhalts
einer Erzählung sowohl für die Fördergruppe aber auch für die von Beginn an
314 Diskussion

stärkere Vergleichsgruppe noch nicht abgeschlossen ist. Dies belegen auch ande-
re Studien zum Erwerbsverlauf der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten,
sowohl für einsprachige (Fried et al., 2012; Hausendorf & Quasthoff, 1996;
Meng, 1991) als auch für zweisprachige Kinder (Ahrenholz, 2006; Thierhoff,
1986) (vgl. Kap. 4.2.2). Jedoch zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie,
dass mithilfe der theoriebasierten Sprachförderung die Entwicklung in diesem
Bereich gefördert wird.

Die post-hoc Analyse zeigt für die Fördergruppe vor allem im ersten Jahr der
Sprachförderung einen starken Zuwachs in der Inhaltsdarstellung. Für die Ver-
gleichsgruppe ergibt sich parallel dazu nur ein kleiner Zuwachs im ersten Jahr.
Im zweiten Jahr zeigt auch die Entwicklung der Fördergruppe nur noch eine
kleine Effektstärke. In der Vergleichsgruppe gibt es zur gleichen Zeit keine sig-
nifikante Entwicklung mehr. Dies untermauert nochmals die stärkere Entwick-
lung in der Fördergruppe.

10.2.2 Strukturdarstellung
In der Hypothese 2b wird angenommen, dass die Fördergruppe über zwei Jahre
einen größeren Zuwachs in Strukturdarstellung hat als die Vergleichsgruppe
ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Strukturdarstellung bezieht sich darauf, inwieweit das Kind in der Lage ist, die
Struktur einer Erzählung darzustellen. Die Variable ist damit ein Maß für die
spezifischen pragmatischen Fähigkeiten des mündlichen Erzählens im Bereich
Darstellung von Inhalt und Struktur einer Erzählung. Umso größer der Wert der
Variable ist, desto mehr wesentliche Strukturelemente in entsprechender Qualität
verwendet das Kind in seiner Erzählung.

Die Hypothese 2b wird durch einen signifikanten Interaktionseffekt (Messzeit-


punkt × Gruppe) von mittlerer Effektstärke bestätigt. Vor Beginn der Sprachför-
derung zum ersten Messzeitpunkt ist die Fördergruppe in Bezug auf die Struk-
turdarstellung deutlich schwächer als die Vergleichsgruppe. Nach einem Jahr
Sprachförderung zum zweiten Messzeitpunkt haben sich die beiden Gruppen
Zur Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten 315

beinahe angenähert. Zum dritten Messzeitpunkt nach zwei Jahren Sprachförde-


rung erreicht die Fördergruppe ein deutlich höheres Niveau in der Strukturdar-
stellung als die zu Beginn stärkere Vergleichsgruppe. Insgesamt ergibt sich also
für die Fördergruppe eine stärkere Entwicklung als für die Vergleichsgruppe.
Daraus lässt sich schließen, dass die theoriebasierte Sprachförderung, die in ihrer
Didaktik kommunikations- und sprachstrukturelle Ansätze verbindet, die spezifi-
schen pragmatischen Fähigkeiten im Bereich Darstellung von Inhalt und Struktur
einer Erzählung von Kindern mit intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweit-
sprache fördert.

Weitere Studien, die die Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten


von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache und deren Wirkung untersuchen, sind
wie bereits erwähnt nicht bekannt.

Ergänzend zeigt der signifikante Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt mit
großer Effektstärke, dass sich die gesamte Stichprobe über den Zeitraum von
zwei Jahren stark entwickelt. Dies kann als Hinweis für die noch nicht abge-
schlossene Entwicklung dieser spezifischen pragmatischen Fähigkeiten im Be-
reich Strukturdarstellung einer Erzählung interpretiert werden, was sowohl für
die Fördergruppe aber auch für die von Beginn an stärkere Vergleichsgruppe gilt.
Dies belegen auch andere Studien zum Erwerbsverlauf der spezifischen pragma-
tischen Fähigkeiten, sowohl für Kinder, die nur eine Sprache erwerben (Bartl et
al., 2011; Becker, 2011b; Botvin & Sutton-Smith, 1977; Boueke et al., 1995;
Strutzmann et al., 2011), als auch für Zweisprachige (Manterola et al., 2013;
Marjanovic-Umek et al., 2002) (vgl. Kap. 4.2.2). Die Ergebnisse der vorliegen-
den Studie zeigen also, dass mithilfe der theoriebasierten Sprachförderung die
Entwicklung in diesem Bereich der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten
gefördert wird.

Die post-hoc Analyse ergibt für die Fördergruppe vor allem im ersten Jahr der
Sprachförderung einen starken Zuwachs in der Inhaltsdarstellung. Im zweiten
Jahr ergibt sich nur noch ein kleiner Zuwachs. Für die Vergleichsgruppe zeigen
sich in beiden Förderjahren keine signifikanten Zuwächse. Dies betont nochmals
316 Diskussion

die Bedeutung der Sprachförderung, da eine Gruppe ohne Sprachförderung keine


bedeutsame Entwicklung in diesem Bereich zeigt.

10.2.3 Konnektoren
In der Hypothese 3 wird angenommen, dass die Fördergruppe über zwei Jahre
einen größeren Zuwachs in der Verwendung von Konnektoren hat als die Ver-
gleichsgruppe ohne theoriebasierter Sprachförderung.

Die Variable ‚Konnektoren‘ beschreibt, inwieweit ein Kind in der Lage ist,
Konnektoren als sprachliche Mittel zur Stärkung der Kohäsion der Erzählung zu
verwenden. Damit ist die Variable ein Maß für die spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten des mündlichen Erzählens im Bereich Verwendung sprachlicher
Mittel. Ein hoher Wert der Variable gibt an, dass ein Kind in der Erzählung häu-
fig vielfältige Konnektoren verwendet.

Die Hypothese 3 wird durch einen signifikanten Interaktionseffekt (Messzeit-


punkt × Gruppe) von kleiner Effektstärke bestätigt. Zum ersten Messzeitpunkt
vor Beginn der Sprachförderung weist die Fördergruppe ein deutlich niedrigeres
Niveau auf als die zu Beginn stärkere Vergleichsgruppe. Die Fördergruppe ent-
wickelt sich in den beiden Jahren kontinuierlich, so dass sie zum zweiten Mess-
zeitpunkt ein etwas höheres und zum dritten Messzeitpunt ein deutlich höheres
Niveau in der Verwendung von Konnektoren aufweist als die Vergleichsgruppe.
Diese stagniert nahezu über den Zeitraum der Sprachförderung, indem sie nur im
zweiten Jahr der Sprachförderung einen leichten Anstieg verzeichnet.

Andere Studien, die die Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten


von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache und deren Wirkung untersuchen, sind
wie bereits erwähnt nicht bekannt.

Zusätzlich zeigt der signifikante Haupteffekt für den Faktor Messzeitpunkt mit
mittlerer Effektstärke, dass sich die gesamte Stichprobe über den Zeitraum von
zwei Jahren entwickelt. Allerdings belegt die post-hoc Analyse, dass sich vor
allem die Fördergruppe im ersten und auch im zweiten Förderjahr entwickeln.
Gesamtdiskussion 317

Der Zuwachs hat aber nur eine kleine Effektstärke. Im Kontrast dazu zeigt die
Vergleichsgruppe in beiden Jahren keine signifikante Entwicklung. Dies verdeut-
licht die Notwendigkeit der Sprachförderung, um einen Zuwachs der spezifi-
schen sprachlichen Fähigkeiten im Bereich Verwendung sprachlicher Mittel
beim Zweitspracherwerb zu erzielen. Andere Studien belegen, dass die Entwick-
lung der Verwendung von Konnektoren als sprachliches Mittel selbst bei ein-
sprachigen Kindern über die untersuchte Altersspanne hinausgeht (Berman &
Slobin, 1994b). Dies kann die nur kleinen Effekte in diesem Bereich erklären.

10.3 Gesamtdiskussion

In diesem Abschnitt werden alle Ergebnisse der Studie zusammenfassend disku-


tiert. Dazu werden zunächst die Ergebnisse komprimiert dargestellt. Anschlie-
ßend folgt eine Einordnung der Ergebnisse in den Forschungsstand zur additiven
Sprachförderung und es werden Einschränkungen der Ergebnisse sowie weiterer
Forschungsbedarf abgeleitet. Abschließend erfolgt eine Ableitung von Implikati-
onen für die Forschung und Praxis.

Zunächst kann festgehalten werden, dass alle Hypothesen mit Ausnahme der
Hypothese 1c zur Förderung des Artikels im Nominativ bestätigt werden können.
Daraus lässt sich schließen, dass die theoriebasierte zweijährige Sprachförde-
rung, die basalen sprachlichen Fähigkeiten hinsichtlich Wortschatzvielfalt und
Satzbau mit Wortschatz sowie die spezifischen pragmatischen Fähigkeiten im
Bereich Inhaltsdarstellung, Strukturdarstellung sowie Verwendung von Konnek-
toren fördert. Der didaktische Ansatz, der eine Synthese aus kommunikations-
und sprachstruktureller Orientierung darstellt, fördert also wesentliche Bestand-
teile der mündlichen Erzählfähigkeit von Grundschülern in Deutsch als Zweit-
sprache. Dabei liegt auf didaktischer Seite der Fokus vor allem auf der Schaffung
authentischer Kommunikationssituation und der bewussten Gestaltung des
Sprachinputs.
318 Diskussion

Betrachtet man die Ergebnisse der vorliegenden Studie differenziert nach erstem
und zweitem Förderjahr, zeigt sich, dass für die Fördergruppe im ersten Jahr
jeweils größere Effekte erzielt werden können als im zweiten Jahr der Sprach-
förderung. Eine mögliche Begründung könnte darin liegen, dass im ersten Jahr
der Untersuchung neben der Sprachförderung auch der Eintritt in die Schule
bedeutend auf die sprachliche Entwicklung wirkt. Im Vergleich zum vorherigen
Kindergartenbesuch, der zum Teil vielleicht sogar unregelmäßig stattfand, ge-
nießen die Kinder in der Schule einen Sprachinput der den Erwerb von Deutsch
als Zweitsprache zusätzlich befördert. Da die untersuchte Stichprobe aus Kindern
mit intensivem Förderbedarf besteht, ist dieser zusätzliche Effekt der Schule vor
allem im ersten Schulbesuchsjahr sichtbar. Ein Argument, das diese Begründung
stützt, ist die ähnliche Entwicklung in der Vergleichsgruppe ohne Sprachförde-
rung. Auch hier finden sich in fast allen erfassten Bereichen der sprachlichen
Fähigkeiten im ersten Jahr größere Effekte als im zweiten Jahr.

Darüber hinaus sind auch andere Ursachen denkbar. Wenn man vor allem von
der unterschiedlichen Entwicklung der beiden untersuchten Schuljahre in der
Fördergruppe ausgeht, kann dies auch in der Sprachförderung selbst begründet
liegen. So basiert das erste Jahr der Sprachförderung auf der Vorschulversion
von DfdS (Klages & Kaltenbacher, 2010a). Im zweiten Jahr wird die Grund-
schulversion (Ermonies-Jargielo & Kaltenbacher, 2011) als Grundlage der
Sprachförderung genutzt. Jedoch wird in beiden Jahren das Prinzip des implizi-
ten Lernens verfolgt. Eine mögliche Erklärung des Unterschieds im ersten und
zweiten Jahr könnte also auch darin liegen, dass das implizite Lernen bei den
älteren Kindern im zweiten Förderjahr für sich allein nicht mehr im gleichen
Maße wirksam ist, wie im ersten Förderjahr. Dies wäre auch konform mit Er-
gebnisse aus anderen Studien zur Kombination impliziter und expliziter Förde-
rung bzw. formfokussierter Förderung nach dem ‚Focus on Form‘ Ansatz mit
Kindern der dritten Jahrgangsstufe (Paetsch et al., 2014; Stanat et al., 2012).
Gesamtdiskussion 319

10.3.1 Einordnung der Ergebnisse in den Forschungsstand


Insgesamt stehen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit im Widerspruch zu
bisherigen Studien, die ebenfalls das Sprachförderprogramm DfdS als Interven-
tion untersuchen. So kann weder in der EVAS Studie (Roos et al., 2010) noch in
der ‚Schwerpunkt Sprache‘ Studie (Sachse et al., 2012) eine Förderung der
sprachlichen Fähigkeiten nachgewiesen werden. Diese divergierenden Ergebnis-
se können vielfältig begründet werden.

Aus methodischer Perspektive unterscheiden sich die Stichproben darin, dass


Roos et al. (2010) überwiegend einsprachige Kinder in die Stichprobe aufneh-
men, was die Vergleichbarkeit aufgrund der unterschiedlichen Mechanismen im
Erst- und Zweitspracherwerb (vgl. Kap. 2.3) erheblich einschränkt. Beide Stu-
dien (Roos et al., 2010; Sachse et al., 2012) erfassen im Gegensatz zur vorlie-
genden Untersuchung Kinder im Vorschulalter, womit die Kinder zum Förder-
beginn im Mittel zehn bzw. drei Monate jünger sind. Darüber hinaus ist zu ver-
muten, dass sich auch Quantität und Qualität des gesamten Sprachinputs im
Kindergarten vom Sprachinput in der Schule systematisch unterscheidet. Dies ist
allgemein gesprochen auf die unterschiedlichen Organisationsformen, Ziele und
dadurch realisierten Interaktionen innerhalb der Bildungseinrichtungen zurück-
zuführen. Inwieweit dies allerdings positiv oder negativ auf den Spracherwerb
wirkt und damit die Wirkung von additiver Sprachförderung beeinflusst, müssen
erst vergleichende Studien zeigen.

Das Studiendesign von Roos et al. (2010) und Sachse et al. (2012) unterscheidet
sich ebenfalls in wesentlichen Punkten von der vorliegenden Studie. So werden
die Fördergruppen, in denen die Kinder nach dem zu untersuchenden didakti-
schen Ansatz gefördert werden, mit Gruppen verglichen, in denen eine soge-
nannte unspezifische Sprachförderung erfolgt. Damit wird ein bestimmter didak-
tischer Ansatz mit einem nicht weiter beschriebenen Sprachförderansatz vergli-
chen, der vermutlich in hohem Maße von der jeweiligen Förderkraft abhängt und
damit interindividuell stark variiert. Sachse et al. (2012) führen diesen Aspekt
selbst als Kritikpunkt auf. Damit ist mit diesem Design keine Aussage zur grund-
320 Diskussion

sätzlichen Wirksamkeit von Sprachförderung dieser Art möglich. Die nicht ge-
fundenen Effekte beschreiben zunächst nur, dass es keinen Unterschied zwischen
den verschiedenen untersuchten Sprachförderungen gibt, wobei weitestgehend
unklar bleibt, worin sich die untersuchten Sprachförderungen unterscheiden.

Die Erfassung der sprachlichen Fähigkeiten findet bei Roos et al. (2010) und
Sachse et al. (2012) mit Sprachstandsverfahren statt, die keine größeren sprachli-
chen Einheiten der Kinder analysieren, was insbesondere unter der kommunika-
tionsorientierten Perspektive von Bedeutung wäre. Der Fokus liegt in der EVAS
und ‚Schwerpunkt Sprache‘ Studie jeweils auf Ebenen der basalen sprachlichen
Fähigkeiten. Aspekte der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten werden nicht
berücksichtigt, obwohl das mündliche Erzählen ein ausdrückliches Ziel des un-
tersuchten Sprachförderprogramms DfdS ist.

Diese genannten Unterschiede hinsichtlich Stichprobe, Design und Instrumente


können aus methodischer Perspektive Erklärungsansätze für die divergierenden
Ergebnisse sein.

Ein weiterer wichtiger Erklärungsansatz ist die untersuchte Sprachförderung


selbst. So nutzen Roos et al. (2010) eine Vorläuferversion des Sprachförderpro-
gramms DfdS für ihre Studie. Für die vorliegende Arbeit wurde das Sprachför-
derprogramm DfdS im ersten Jahr in seiner Vorschulversion (Klages & Kalten-
bacher, 2010a) und im zweiten Jahr in seiner Grundschulversion (Ermonies-
Jargielo & Kaltenbacher, 2011) eingesetzt, um dem höheren Alter der Stichprobe
zu entsprechen. Zudem wurde das Förderprogramm mit Zusatzmaterial und einer
Rahmenhandlung umfangreich ergänzt (vgl. Kap. 6.1.1), sodass die untersuchten
Interventionen in den jeweiligen Studien nicht vollständig vergleichbar sind. Die
zu Grunde liegenden didaktischen Prinzipien stimmen allerdings überein. Die
Ergänzungen im Rahmen der vorliegenden Arbeit zielen vor allem darauf ab, die
Umsetzung im Sinne des didaktischen Ansatzes für die Förderkräfte zu vereinfa-
chen, indem zusätzliches Material zur Verfügung gestellt wird.
Gesamtdiskussion 321

Weitere Studien, die ebenfalls additive Sprachförderungen untersuchen, die dem


hier untersuchten didaktischen Ansatz ähnlich sind, geben hingegen erste Hin-
weise für ihre Wirksamkeit. Dazu zählt mit Einschränkungen die EkoS Studie
von Wolf et al. (2011), die für überwiegend einsprachige Vorschüler unmittelba-
re Effekte auf die Satzbildung findet. Auch die Jacobs Sommercamp Studie
(Stanat et al., 2012) sowie erste Ergebnisse der BeFo Studie (Paetsch et al.,
2014) lassen auf unmittelbare Effekte hinsichtlich der basalen sprachlichen Fä-
higkeiten von zweisprachigen Grundschülern schließen. Der methodische Vorteil
dieser Studien liegt darin, dass die jeweiligen Interventionsgruppen mit Gruppen
ohne Sprachförderung verglichen werden. So sind die Ergebnisse eindeutiger zu
interpretieren und auf die Sprachförderung zurückzuführen. Studien, die die
Förderung der spezifischen pragmatischen Fähigkeiten des mündlichen Erzäh-
lens von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache systematisch untersuchen, sind
bisher nicht bekannt.

10.3.2 Einschränkungen und weiterer Forschungsbedarf


In diesem Abschnitt werden Einschränkungen der durchgeführten Studie und ein
sich daraus ableitender weitere Forschungsbedarf erläutert.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die interne Validität der durchgeführten
Felduntersuchung eher gering einzuschätzen ist (Bortz & Schuster, 2010). Zu-
sätzlich trägt die Dauer der Untersuchung von knapp zwei Jahren je Teilnehmer
zu einer eher gering einzuschätzenden internen Validität bei, da während dieses
langen Zeitraums eine Reihe an Einflussfaktoren unkontrolliert auf die erfassten
sprachlichen Fähigkeiten wirken können. In der Felduntersuchung war es auf-
grund beschränkter Ressourcen auch nicht realisierbar, mögliche Einflussfakto-
ren systematisch zu erheben und somit statistisch zu kontrollieren. Dies ist ein
wichtiges Anliegen für weitere Forschungsvorhaben, indem nicht nur die sprach-
lichen Fähigkeiten, sondern auch weitere individuelle Merkmale auf kognitiver
und auch affektiv-motivationaler Ebene erfasst werden. Dass diese Aspekte als
personale Komponente auch wichtig für die mündliche Erzählfähigkeit sind,
wurde bereits im theoretischen Teil der Arbeit erläutert (vgl. Kap. 3.2.3 und 1.1).
322 Diskussion

Weitere wichtige Einflussfaktoren sind auch die sprachlichen Fähigkeiten in der


Erstsprache. Diese zu erheben, scheitert allerdings bei vielen Sprachen häufig an
passenden Instrumenten und Durchführungs- bzw. Auswertungsmöglichkeiten,
vor allem wenn man die Heterogenität der Erstsprachen betrachtet. Eine Lösung
können hier computerbasierte Tests darstellen, die sowohl die Durchführung als
auch Auswertung für viele Sprachen ermöglichen (Redder et al., 2011). Darüber
hinaus sollten auch situative Bedingungen des mündlichen Erzählens erfasst
werden. Dazu zählen in erster Linie Aspekte des familiären und institutionellen
Kontexts der Kinder, die, wie bereits im theoretischen Teil der Arbeit aufgezeigt
(vgl. Kap. 3.2.4 und 1.1), wichtige Einflussfaktoren auf den Erwerb der mündli-
chen Erzählfähigkeit im Zweitspracherwerb darstellen.

Die externe Validität ist für diese Untersuchung eher hoch einzuschätzen. Der
entscheidende Vorteil der durchgeführten Studie besteht darin, dass der zu über-
prüfende didaktische Ansatz der Sprachförderung, der eine Kombination aus
kommunikations- und sprachstruktureller Orientierung darstellt, in einer authen-
tischen Feldsituation analysiert wurde. Auch wurde die Studie in fünf verschie-
denen Grundschulen durchgeführt, was ebenfalls die Robustheit der Ergebnisse
sichert und zur Übertragbarkeit der Ergebnisse auf ähnliche Kontexte beiträgt.
Allerdings ist die Einschränkung vorzunehmen, dass sich die Gültigkeit der Er-
gebnisse auf ähnlich herausfordernde Kontexte beschränkt. Diese zeichnen sich
durch einen geringen sozioökonomischen Status und hohen Migrationsanteil
unter der Schülerschaft aus. Inwiefern der untersuchte Sprachförderansatz auch
in anderen Kontexten wirksam ist, müssen weitere Studien zeigen.

Eine weitere Einschränkung ergibt sich aufgrund der fehlenden Randomisierung.


So stellt die realisierte Auswahl von Förder- und Vergleichsgruppe aus methodi-
scher Perspektive nicht das Optimum dar. Gleichzeitig müssen vor allem ethi-
sche Bedenken und Akzeptanzprobleme bei den Förderkräften berücksichtig
werden, mit denen bei einer zufälligen Zuteilung zu rechnen wäre. Eine Warte-
kontrollgruppe ist aufgrund der langfristigen Intervention von zwei Jahren eben-
so keine passende Alternative. Zudem kann diese Form des Designs, in dem eine
Gesamtdiskussion 323

Sprachförderung mit keiner Sprachförderung über mehrere Jahre verglichen


wird, in der Praxis als kaum mehr realisierbar bezeichnet werden, da die Bedeu-
tung von Sprachförderung und damit auch ihre Verbreitung in den letzten Jahren
enorm zugenommen hat. Es existieren also kaum mehr Bildungseinrichtungen,
die keine Sprachförderung für förderbedürftige Kinder anbieten. Gleichzeitig ist
von empirischer Seite immer noch nicht umfassend geklärt, welche Form der
Sprachförderung für Kinder mit intensivem Förderbedarf in Deutsch als Zweit-
sprache ideal ist. Somit sollten zukünftige Forschungsvorhaben den Fokus darauf
legen, die didaktischen Ansätze der Sprachförderung differenzierter zu analysie-
ren, indem einzelne Aspekte variiert und miteinander verglichen werden. Dabei
sind vor allem Beobachtungen zu integrieren. Dies würde auch einen wichtigen
Beitrag zur Theoriebildung leisten, da in diesem Bereich bisher kaum empirische
Erkenntnisse für Grundschulkinder mit Deutsch als Zweitsprache vorliegen.

Darüber hinaus stellt die eher hohe Dropout Quote bzw. Stichprobenmortalität
eine weitere Einschränkung dar. Durch eine a-priori Poweranalyse mit guter
Teststärke und entsprechendem Signifikanzniveau konnte mit der letztlich reali-
sierten Stichprobe immer noch die Erfassung kleiner Effekte sichergestellt wer-
den, was positiv einzuschätzen ist. Jedoch ist durch die Stichprobenmortalität
eine Verzerrung der Ergebnisse nicht auszuschließen. Mögliche Ansätze, um
fehlende Werte statistisch zu kompensieren, stellt Spieß (2010) in einem Über-
blicksartikel vor. Diese sind vor allem sinnvoll, wenn die Wahrscheinlichkeit für
fehlende Werte nicht unabhängig von den gemessenen Variablen ist. In weiteren
Analysen könnte für die vorliegenden Daten geprüft werden, welches statistische
Verfahren zum Ersetzen der fehlenden Werte geeignet ist. Bei einer entspre-
chenden Anwendung könnten mögliche Verzerrungen durch die Dropouts statis-
tisch abgeschwächt werden. Die Problematik der Dropouts diskutieren auch
Böhm-Kasper und Weishaupt (2008) spezifisch für den Bereich der Schulfor-
schung. So sollte dem Aspekt der Stichprobenmortalität schon in der Anlage der
Studie entsprechend Aufmerksamkeit geschenkt werden, um mögliche Dropouts
bereits präventiv zu verhindern. Dass in einer zweijährigen Studie mit mehreren
Messzeitpunkten im Längsschnitt mit einer eher höheren Dropout Quote zu
324 Diskussion

rechnen ist, zeigen allerdings auch andere Studien, die im gleichen Forschungs-
feld mit einem ähnlichen Design arbeiten. So waren Sachse et al. (2012) mit
ähnlichen hohen Dropout Quote konfrontiert. Dies ist ein Hinweis darauf, dass
die hohe Dropout Quote eher dem Forschungsfeld zuzurechnen ist und es keine
für die vorliegende Studie spezifische Besonderheit darstellt. Eine weitere Ein-
schränkung der Studie muss aufgrund des eingesetzten Sprachstandstests vorge-
nommen werden. Dieser zeichnet sich zwar dadurch aus, dass er standardisiert ist
und gleichzeitig längere produzierte sprachliche Einheiten in einer interaktiven
Situation elizitiert. Jedoch steht eine umfassende testtheoretische Überprüfung
bisher noch aus. So sollte in zukünftigen Studien eine Analyse der Validität
beispielsweise durch Paralleltests vorgenommen werden. Dass dies eine notwen-
diger Schritt ist, zeigt beispielsweise die Untersuchung von Bartl et al. (2011), in
der die mündliche Erzählfähigkeit anhand von drei verschiedenen Geschichten
erfasst wird. Daraus ergibt sich, dass insbesondere zur Darstellung der Struktur
die Fähigkeiten je nach Geschichte unterschiedlich eingeschätzt werden. Die
erzählte Geschichte selbst scheint also eine wesentliche Rolle zu spielen, was für
zukünftige Untersuchungen zu berücksichtigen wäre. Zudem liegt der Fokus des
Sprachstandstests auf der Produktion. Sprachliche Fähigkeiten und das mündli-
che Erzählen umfassen allerdings auch das Verständnis von Sprache. Inwieweit
mit dem bereits untersuchten didaktischen Ansatz auch Erfolge in der Förderung
des Sprachverständnisses erzielt werden können, kann ebenso in weiteren Stu-
dien überprüft werden. Der eingesetzte Sprachstandstest begrenzte sich auf die
basalen sprachlichen Ebenen von Semantik und Lexikon sowie Morphologie und
Syntax. Die ebenso wichtige Ebene der Phonetik und Phonologie wurde nicht
untersucht. Hier gibt es jedoch bereits mehrere Studien, die die Förderung dieses
Aspekts der sprachlichen Fähigkeiten besonders in den Fokus stellen (Fischer &
Pfost, 2015; Weber et al., 2007; Wolf et al., 2016). Hinsichtlich der spezifischen
pragmatischen Fähigkeiten wird im Rahmen des Sprachstandstests die kommu-
nikative Einbettung außer Acht gelassen. Wie dieser Aspekt auch standardisiert
erfasst werden kann, dazu liefern Quasthoff et al. (2011) interessante Ansätze,
die für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache übertragen werden können.
Gesamtdiskussion 325

Weitere Einschränkungen der Ergebnisse der vorliegenden Studie ergeben sich


hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit. So konnten aufgrund geringer Ressourcen
keine Follow-up Tests durchgeführt werden. Damit bleibt die Frage offen, wie
stabil die gefundenen Effekte einige Monate nach Ende der Sprachförderung
sind. Die Ergebnisse aus anderen Studien können bisher keinen längerfristigen
Effekt durch Follow-up Testungen nachweisen (Stanat et al., 2012; Wolf et al.,
2011). Dies kann aber vor allem bei der Jacobs Sommercamp Studie auch mit
der kurzen Förderdauer zusammenhängen (Stanat et al., 2012). Somit wäre eine
Erhebung der sprachlichen Fähigkeiten mehrere Monate nach Ende einer zwei-
jährigen Sprachförderung durchaus eine relevante Fragestellung für weitere
Studien. Auch könnte in Zukunft analysiert werden, ob sich der Zuwachs in den
sprachlichen Fähigkeiten auch in den Schulleistungen niederschlägt. Dies würde
zusätzlich helfen die Bedeutung dieser Form von Sprachförderung entsprechend
einzuschätzen.

Darüber hinaus kann als weiterer Forschungsbedarf abgeleitet werden, die


mündliche Erzählfähigkeit mit ihren unterschiedlichen Komponenten als umfas-
sendes Modell zu untersuchen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit war der
Fokus auf der sprachlichen Komponente mit seinen unterschiedlichen Ebenen
hinsichtlich basaler sprachlicher und spezifischer pragmatischer Fähigkeiten. Mit
der Anwendung multivariater Verfahren könnte in weiteren Studien überprüft
werden, inwiefern die einzelnen Komponenten und deren Ebenen interagieren.
Dazu wäre bereits in der Anlage der Studie eine umfassende Erhebung der ent-
sprechenden Komponenten und Ebenen zu berücksichtigen.

Letztlich gilt auch zu erwähnen, dass im Rahmen dieser Studie nur ein Gesamt-
paket hinsichtlich seiner Wirkung auf die sprachlichen Komponenten der münd-
lichen Erzählfähigkeit untersucht wurde. Welche Rolle einzelne theoriegeleitete
didaktische Prinzipien, die dazugehörende Qualifizierung der Förderkräfte sowie
Elemente der sozialpädagogischen Zusammenarbeit mit den Eltern im Detail
spielen und wie diese zusammen interagieren, ist auf Grundlage der vorliegenden
Untersuchung nicht im Einzelnen einzuschätzen. Dazu wären weitere quasiexpe-
326 Diskussion

rimentelle Untersuchungen nötig, die mehr Variation im jeweiligen Treatment


realisieren. Ein ergänzender Forschungsansatz stellt hier auch das Design-Based
Research (Anderson & Shattuck, 2012; The Design-Based Research Collective,
2003) dar, der insbesondere in der Lehr-Lernforschung entsprechendes Potential
verspricht. Durch eine detaillierte Konzeption und Gestaltung von entsprechen-
den sprachförderlichen Lernumgebungen, eine systematische Durchführung und
Überprüfung sowie ein entsprechendes Re-Design könnte der Erkenntnisgewinn
zur sinnvollen didaktischen Gestaltung zur Förderung des Zweitspracherwerbs
vorangetrieben werden. Insgesamt stellt es eine Notwendigkeit dar, Fördermaß-
nahmen hinsichtlich Qualität und Wirkung fortlaufend zu verbessern und auch
unterstützende Merkmale, wie die Qualifizierung und die Einbeziehung der El-
tern empirisch gestützt weiter professionalisieren zu können. Zusammenfassend
lässt sich festhalten, dass für die Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in
Deutsch als Zweitsprache weiterhin erheblicher Forschungsbedarf besteht.

10.3.3 Implikationen für die Forschung


In diesem Abschnitt werden die im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erkennt-
nisse zusammenfassend dargestellt und entsprechende Implikationen für die
Forschung abgeleitet. Dies wird zunächst von einer theoretischen und anschlie-
ßend von einer methodischen Perspektive betrachtet.

Theoretische Perspektive
Insgesamt lässt sich aus theoretischer Perspektive festhalten, dass die vorliegen-
de Arbeit einen Beitrag dazu leistet, das wichtige Konzept des Erzählens und
insbesondere der mündlichen Erzählfähigkeit wieder mehr in den Fokus der
Forschung zu rücken. So war in den 1960er Jahren vor allem die Erzählung
selbst Gegenstand der Forschung, indem eine textstrukturelle Perspektive einge-
nommen wurde (Labov & Waletzky, 1997). Mit der kognitiven Wende rückte
dann auch das Verstehen und Produzieren von Erzählungen sowie die damit
verbundenen kognitiven Prozesse in den Vordergrund (Hoppe-Graff, 1984). Erst
in den 1990er Jahren wurde auch der interaktive Aspekt des Erzählens mehr und
Gesamtdiskussion 327

mehr berücksichtigt (Hausendorf & Quasthoff, 1996). Im Rahmen dieser Arbeit


konnte somit basierend auf bestehenden theoretischen Konzepten abgeleitet
werden, welche Komponenten die mündliche Erzählfähigkeit umfasst, und ein
entsprechendes Modell der mündlichen Erzählfähigkeit entwickelt werden. Die-
ses Modell beinhaltet eine sprachliche Komponente, die sich in basale sprachli-
che Fähigkeiten und spezifische pragmatische Fähigkeiten unterteilt. Zusätzlich
umfasst das Modell auch die personale Komponente und die situativen Bedin-
gungen, die beide für die mündliche Erzählfähigkeit von hoher Bedeutung sind.

Das Modell der mündlichen Erzählfähigkeit wurde im Rahmen dieser Arbeit mit
dem Aspekt der Zweisprachigkeit ergänzt. Dazu wurde der Erwerbsverlauf der
sprachlichen und personalen Komponenten sowie die Rolle der situativen Bedin-
gungen auf den Erwerbsverlauf anhand empirischer Ergebnisse dargestellt und
diskutiert. Die Ergänzung der Zweisprachigkeit beim mündlichen Erzählen stellt
in dieser Form einen neuen und relevanten Aspekt im Rahmen der Theoriebil-
dung dar. Die Fokussierung auf die mündliche Erzählfähigkeit von Vor- und
Grundschulkindern nimmt dabei eine Altersgruppe in den Blick, in der sich die
mündliche Erzählfähigkeit bedeutsam entwickelt und gleichzeitig ein hohes
Potential für die Förderung erkennbar ist.

Zusätzlich wurde daher auf theoretischer Ebene auch erörtert, mit welchem di-
daktischen Ansatz die mündliche Erzählfähigkeit in der Zweitsprache gefördert
werden kann. Dazu wurden vorhandene theoretische Ansätze gegenübergestellt
und entsprechende empirische Erkenntnisse diskutiert und miteinbezogen. Da-
rauf aufbauend wurde ein didaktischer Ansatz zur Förderung der mündlichen
Erzählfähigkeit von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache abgeleitet. Dieser
didaktische Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass er kommunikationsorientierte
und sprachstrukturelle Aspekte kombiniert und damit vor allem die Schaffung
authentischer Kommunikationssituation sowie die bewusste Gestaltung des
Sprachinputs betont. Besonders daran ist, dass nicht nur basale sprachliche Fä-
higkeiten im Vordergrund stehen, sondern ebenso die spezifischen pragmati-
328 Diskussion

schen Fähigkeiten des mündlichen Erzählens. Damit wird die Verwendung und
Anwendung von Sprache besonders in den Fokus gerückt.

Die Ergebnisse der empirischen Studie konnten zeigen, dass dieser theoriebasier-
te Förderansatz über einen Zeitraum von zwei Jahren wesentliche Elemente der
mündlichen Erzählfähigkeit von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache fördert.
Dabei steht neben den basalen sprachlichen Fähigkeiten, die bereits in anderen
Studien erfasst wurden, auch die Förderung der spezifischen pragmatischen
Fähigkeiten des mündlichen Erzählens im Fokus, wozu bisher keine anderen
systematischen Untersuchungen für diese Zielgruppe bekannt sind. Damit konnte
ein erster Beitrag dazu geleistet werden, diese Forschungslücke zu bearbeiten.

Somit hat sich der theoretisch abgeleitete didaktische Ansatz für die untersuchte
Zielgruppe, Kinder mit Migrationshintergrund und geringem sozioökonomischen
Status, auch empirisch bewährt. Einschränkungen sind nur hinsichtlich des Arti-
kelerwerbs vorzunehmen. Ebenso zeigen die Ergebnisse der Studie, dass die
Betonung der mündlichen Erzählfähigkeit relevant ist, da neben den wichtigen
basalen sprachlichen Fähigkeiten besonders die Pragmatik in den Fokus gerückt
wird. Insgesamt konnte also ein wesentlicher Beitrag zur Theoriebildung im
Bereich der Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit von Kindern mit Deutsch
als Zweitsprache geleistet werden, indem ein theoriebasierter Förderansatz empi-
risch überprüft wurde.

Methodische Perspektive
Aus methodischer Perspektive lässt sich als Erkenntnisgewinn und Implikationen
für die Forschung festhalten, dass es mit der vorliegenden Studie gelungen ist,
die Entwicklung der mündlichen Erzählfähigkeit von Kindern mit Deutsch als
Zweitsprache über einen Zeitraum von zwei Jahren im Feld zu erfassen. Die
Studie fand in einem herausfordernden Kontext statt, der sich durch einen hohen
Migrationsanteil und einen geringen sozioökonomischen Status auszeichnet.
Daher mussten zwar Einschränkungen in der Sprachstandserfassung und Kon-
Gesamtdiskussion 329

trolle weiterer Einflussfaktoren gemacht werden. Trotzdem konnten Erkenntnisse


zu einer für die Bildungsforschung hochrelevante Zielgruppe gewonnen werden.

So sind bisher kaum Studien bekannt, die bei einer entsprechend großen Stich-
probe die Erzählfähigkeit in der Zweitsprache Deutsch bei dieser Altersgruppe
im Längsschnitt von knapp zwei Jahren erfassen. Durch das gewählte Design
konnte der Effekt der theoriebasierten Sprachförderung im Feld untersucht wer-
den. Neben einer Fördergruppe wurde gleichzeitig eine Gruppe ohne Sprachför-
derung untersucht, in der der ungesteuerte Erwerb der mündlichen Erzählfähig-
keit in der Zweitsprache Deutsch nachvollzogen werden kann. Dieser Vergleich
zwischen einer Gruppe mit und ohne Sprachförderung trägt trotz der fehlenden
Randomisierung zum Erkenntnisgewinn bei, inwiefern diese Form additiver
Sprachförderung wirksam ist.

Für die Erfassung der mündlichen Erzählfähigkeit wurde der vorhandene


Sprachstandstest DfdS (Klages & Kaltenbacher, 2010b) um entsprechende Ko-
dierschemata ergänzt, um aus den elizitierten Erzählungen der Kinder wesentli-
che Aspekte der mündlichen Erzählfähigkeit abzuleiten. So konnten anhand
längerer sprachlicher Einheiten die basalen sprachlichen Fähigkeiten hinsichtlich
der Ebene Semantik und Lexikon sowie die spezifischen pragmatischen Fähig-
keiten hinsichtlich der Darstellung von Inhalt und Struktur sowie des Einsatzes
sprachlicher Mittel erfasst werden. So konnten die vorhandenen Daten aus dem
Sprachstandstest umfassend nutzbar gemacht werden und hinsichtlich der rele-
vanten Fähigkeitsbereiche systematisch analysiert werden. Dieses Vorgehen hat
sich sowohl aus zeitökonomischer Perspektive als auch hinsichtlich der Sensiti-
vität gegenüber Veränderungen in den erfassten Bereichen der mündlichen Er-
zählfähigkeit bewährt.

10.3.4 Implikationen für die Praxis


Neben Schlussfolgerungen für die Forschung lassen sich aus der vorliegenden
Arbeit auch ein Erkenntnisgewinn und Implikationen für die Praxis ableiten.
Zunächst leistet die vorliegende Arbeit einen Beitrag dazu, dass im Rahmen von
330 Diskussion

Sprachförderung die mündliche Erzählfähigkeit, insbesondere von Kindern mit


Deutsch als Zweitsprache, verstärkt Aufmerksamkeit erhält. Das mündliche
Erzählen erfordert es, wichtige sprachliche Fähigkeiten im Zusammenspiel an-
zuwenden. Damit rücken auch größere sprachliche Einheiten und nicht nur Ein-
zeläußerungen in den Fokus. Da das Erzählen sowohl für die persönliche Ent-
wicklung (List, 2011; Merkelbach, 2004; Welzer, 2011), aber auch für spätere
schulische Leistungen bedeutend ist (Chang, 2006; Griffin et al., 2004; O'Neill et
al., 2004), kann ein zunehmendes Interesse als positiv eingeschätzt werden.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass die additive Förderung
entsprechend den beschriebenen didaktischen Prinzipien für Schulanfänger mit
intensivem Förderbedarf die mündliche Erzählfähigkeit in der Zweitsprache
Deutsch fördert. Dies hat für die Praxis hohe Bedeutung. Nachdem einige Stu-
dien bisher keinen Wirksamkeitsnachweis für diese Form der Sprachförderung
erbringen konnten (Roos et al., 2010; Sachse et al., 2012), bestätigen die Ergeb-
nisse der vorliegenden Studie, dass sie für eine bestimmte Zielgruppe eine hilf-
reiche Fördermöglichkeit sein kann. So lässt sich ableiten, dass die leistungsho-
mogene Kleingruppe, in der die Sprachförderung realisiert wird, einen geeigne-
ten Rahmen bietet, um mithilfe von didaktischen Prinzipien die schwächsten
Kinder eines Jahrgangs in ihrer sprachlichen Entwicklung zu unterstützen. Da
die Studie im Feld durchgeführt wurde, ist dies ein starker Hinweis darauf, dass
diese positiven Ergebnisse auch in der Praxis erzielt werden können.

Gleichzeitig sollen die Ergebnisse aber nicht dahingehend interpretiert werden,


dass diese Form der Sprachförderung ausreicht, um den Herausforderungen im
Bildungswesen zu begegnen, die mit unzureichenden sprachlichen Fähigkeiten
von Schülern verbunden sind. Zwar kann additive Sprachförderung in Klein-
gruppen für Kinder mit intensivem Förderbedarf ein wichtiges wirksames Mittel
sein, vor allem um rasch an die stärkeren Kinder anzuschließen. Parallel sollten
allerdings noch weitere Unterstützungsmaßnahmen eingesetzt werden, wozu
insbesondere die alltagsintegrierte Förderung zählt, die in der Schule vor allem
im Fachunterricht verstärkt zum Tragen kommen sollte. So gehört Sprachförde-
Gesamtdiskussion 331

rung zu den kontinuierlichen Aufgaben in Bildungseinrichtungen. Ein vielver-


sprechender didaktischer Ansatz, der ein Konzept dafür liefert, die in dieser
Arbeit ausgeführten didaktischen Prinzipien im Fachunterricht mit heterogenen
Gruppen alltagsintegriert anzuwenden, ist beispielsweise das Konzept des Scaf-
foldings (Gibbons, 2011).

Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass zwar eine Förderung der mündli-
chen Erzählfähigkeit erfolgt. Jedoch ist damit auch nach zwei Jahren noch kein
zielsprachliches Niveau erreicht. Dies untermauert die Forderung nach einer
Kombination verschiedener Förderangebote, die im besten Fall ineinandergrei-
fen und sich ergänzen. Hier bedarf es noch weiterer Forschung, um zu analysie-
ren, wie das Zusammenspiel verschiedener Sprachförderangebote ideal gestaltet
werden kann.

Gleichzeitig sind die Ergebnisse dieser Studie auch ein Hinweis darauf, dass die
Dauer von Sprachförderangeboten noch ausgedehnt werden sollte. Zwar konn-
ten mit der langfristig angelegten Studie bereits knapp zwei Jahre im Spracher-
werb einer angemessenen Stichprobe begleitet werden. Jedoch erstreckt sich die
sprachliche Entwicklung auf einen bedeutend längeren Zeitraum. Daher sollte
Sprachförderung vor allem vor dem Schuleintritt, aber auch danach verstärkt
angeboten werden. Denn insbesondere Kinder, die außerhalb des Unterrichts
kaum Deutsch sprechen, benötigen über die gesamte Schullaufbahn eine entspre-
chende Unterstützung, damit sie ihre Mehrsprachigkeit auch entsprechend entfal-
ten und nutzen können.

Darüber hinaus ist zu vermuten, dass die Effekte einer mehrjährigen Sprachför-
derung noch größer sein könnten. Ein wichtiges Element scheint dabei die Quali-
fizierung der Förderkräfte zu sein. Zwar kann die Umsetzung der Sprachförde-
rung mit einem detail- und umfangreichen Material maßgeblich erleichtert und
unterstützt werden. Jedoch ist ein weiterer wichtiger Baustein die Qualifikation
der Förderkräfte, wie dies auch in der vorliegenden Studie umgesetzt wurde. Die
Qualifikation soll dazu befähigen, die Sprachförderung entsprechend der didakti-
schen Prinzipien situationsgerecht umzusetzen. Zwar erhielten die Förderkräfte
332 Diskussion

in der vorliegenden Studie eine Qualifizierung. Diese könnte allerdings zukünf-


tig noch optimiert werden, indem sie mehr Handlungsorientierung aufweist.
Hinzu kommen durch eine längere Tätigkeit als Sprachförderkraft wichtige Er-
fahrungswerte, die die eigenen Fähigkeiten durch Reflexion weiterentwickeln
können. In der Praxis kann eine intensivere Qualifizierung realisiert werden,
indem die Ausbildung von pädagogischen Fachkräften mit aktuellen Inhalten zur
Förderung des (Zweit-)Spracherwerbs ergänzt wird. Hier scheint es aufgrund des
relativ jungen Forschungsfelds besonders wichtig zu sein, bestehendes Wissen
regelmäßig mit dem aktuellen Forschungsstand abzugleichen und entsprechende
Ergänzungen vorzunehmen. Zusätzlich sollten bereits praktizierende pädagogi-
sche Fachkräfte auch entsprechend weitergebildet werden. Insgesamt sollte so-
wohl Wissen über den allgemeinen Spracherwerb und den Zweitspracherwerb im
Speziellen als auch sprachförderliches Verhalten vermittelt werden. Darüber
hinaus ist es auch wichtig, die Diagnosefähigkeit von pädagogischen Fachkräften
zu stärken (Schneider et al., 2013), damit sie in der Lage sind, eine dem Sprach-
stand der Kinder entsprechende Förderung anzubieten. Die Qualifizierung von
pädagogischen Fachkräften hinsichtlich der Sprachförderung auszubauen, wird
bereits seit einigen Jahren thematisiert (Hofmann et al., 2008; Lisker, 2011).
Auch gibt es bereits Programme sowohl für den Elementarbereich (Roth et al.,
2015) als auch für die Lehrerbildung (Rösch, 2010), die sich allerdings je nach
Bundesland stark unterscheiden. Die Ergebnisse dieser Arbeit können im Spezi-
ellen dazu beitragen, dass der untersuchte didaktische Ansatz als förderlich in der
Aus- und Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften vermittelt wird.

Abschließend ist als wichtiger Aspekt anzumerken, dass die Umsetzung und
Implementation von Sprachförderung, vor allem in herausfordernden Kontexten,
nicht zu vernachlässigen ist (Durlak & DuPre, 2008). Das bedeutet, dass neben
einem förderlichen didaktischen Konzept und qualifizierten Förderkräften auch
die entsprechenden Rahmenbedingungen vorhanden sein müssen, damit die
Realisierung erfolgen kann. Dazu zählen nach Gräsel (2010) im schulischen
Kontext hauptsächlich die Unterstützung der Schulleitung und die Kooperation
des Kollegiums. Darüber hinaus können auch schulübergreifende Netzwerke die
Ausblick 333

Umsetzung erleichtern. Ebenso müssen die benötigten Ressourcen zur Verfü-


gung stehen. Zusätzlich ist die Akzeptanz der Sprachförderung als wichtige In-
novation sowie die Motivation und Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte
elementar für eine erfolgreiche Implementation (Gräsel, 2010). Dass der Aspekt
der Implementation nicht trivial ist, betonen auch Hasselhorn, Köller, Maaz und
Zimmer (2014), die dies als wichtige Forschungsaufgabe im Bildungsbereich
definieren.

10.4 Ausblick

In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass der ausgeführte didakti-
sche Ansatz Grundschulkinder mit intensivem Sprachförderbedarf in Deutsch als
Zweitsprache dabei unterstützt, ihre mündliche Erzählfähigkeit im Deutschen zu
verbessern. Wagt man nun einen Ausblick, ist unter einem Praxisaspekt die Aus-
weitung des untersuchten Sprachförderprogramms MITsprache anzustreben ist.
Die Ausweitung des Sprachförderprogramms MITsprache, das die theoriegelei-
teten didaktischen Prinzipien zur Förderung der mündlichen Erzählfähigkeit in
Deutsch als Zweitsprache realisiert, ist auf Grundlage der Erkenntnisse der vor-
liegenden Arbeit zu empfehlen. Entsprechend des Modells von Kruppa, Mandl
und Hense (2004) zur Nachhaltigkeit von Modellversuchsprogrammen im Bil-
dungskontext ist sowohl innerhalb der Bildungseinrichtung als auch außerhalb
davon eine Ausweitung möglich. Innerhalb der bereits involvierten Grundschu-
len ist ein sogenannter ‚near-Transfer‘ wichtig, um das Sprachförderprogramm
auf mehrere Personen auszuweiten. So können alle Schüler mit intensivem För-
derbedarf erreicht werden. Gleichzeitig bleibt das Wissen nicht an einer kleinen
Personengruppe gebunden, sondern wird in das Kollegium weitergegeben und
sollte dort auch verankert werden. Dazu sind Qualifizierungsmaßnahmen, regel-
mäßige Austauschtreffen und die Schaffung entsprechender organisationaler
Rahmenbedingungen wichtig.

Eine Ausweitung auf andere Bildungseinrichtungen, die als ‚far-Transfer‘ be-


zeichnet werden kann, ist ebenfalls zu empfehlen. Dabei sollten zunächst vor
334 Diskussion

allem Grundschulen mit ähnlichen Kontextfaktoren, also einem geringen sozio-


ökonomischen Status und einem hohen Anteil an Bewohnern mit Migrationshin-
tergrund, berücksichtigt werden, da hierfür die Übertragbarkeit der Studiener-
gebnisse am besten eingeschätzt werden kann. Hierzu ist eine umfassende Vor-
bereitungsphase mit Akquise entsprechender Schulen und Planung der Umset-
zung hinsichtlich personeller und organisatorischer Faktoren wichtig. In der
Durchführungsphase kommt es dann zur Implementation der Sprachförderung in
Kleingruppen sowie der Etablierung der Elternarbeit und vorab der Qualifizie-
rung der Förderkräfte. Kruppa et al. (2004) schlagen in diesem Zusammenhang
auch vor, übergeordnete Organisationen wie die Schulbehörde in die Ausweitung
von Modellversuchsprogrammen einzubinden, um die Nachhaltigkeit sicherzu-
stellen und Projekte zu verstetigen. Neben dem wichtigen Thema der Auswei-
tung und Nachhaltigkeit von Initiativen und Projekten im Bildungskontext lassen
sich zwei weitere Themenfelder identifizieren, die vor allem zukünftig im Kon-
text von Sprachförderung mehr Bedeutung gewinnen werden. So ist zu überle-
gen, welche Rolle digitale Medien im Rahmen von Sprachförderung übernehmen
können. So werden beispielsweise für die Sprachstandserfassung bereits compu-
terbasierte Verfahren eingesetzt (Redder et al., 2011). Dies bringt vor allem
Vereinfachungen für die Auswertung mit sich. Aber auch bei der Erfassung
sprachlicher Fähigkeiten in der Muttersprache können computerbasierte Verfah-
ren die Durchführung unterstützen, sodass kein Testleiter anwesend sein muss,
der die zu erhebende Sprache beherrscht. Gleichwohl ist anzumerken, dass mit
digitalen Medien keine menschliche Interaktion vollständig simuliert werden
kann, weshalb diese Verfahren nur eingeschränkte Aussagen zulassen und sich
vor allem auf das Sprachverständnis beziehen. Mit der technologischen Weiter-
entwicklung von Spracherkennung sind hier zukünftig allerdings weitere Ein-
satzmöglichkeiten denkbar.

Neben der Sprachstandserfassung können digitale Medien auch direkt im Rah-


men von Sprachförderung eingesetzt werden. Sie können auf einfachem Weg
dabei unterstützen, einen Kontext und Handlungsrahmen zu schaffen, indem
Inhalte, insbesondere durch Bilder und Videos, mithilfe digitaler Medien in die
Ausblick 335

Sprachförderung geholt werden. So können Bilder und Bücher durch digitale


Medien ergänzt werden und haben ihren Vorteil darin, dass sie flexibler im Ein-
satz sind. Eine aktuelle Studie von Walter-Laager et al. (2016) zeigt, dass auch
das situative Interesse an digitalen Medien in Form einer Wortlern-App bedeut-
sam höher ist als für traditionelle Bildkarten. Ein weiterer Vorteil der digitalen
Medien liegt also darin, dass beispielsweise mit einer Wortlern-App eine Interak-
tion möglich ist, was traditionelle Bildkarten ohne eine Begleitung durch eine
andere Person nicht leisten können. Zusätzlich ergibt die Studie, dass die Beglei-
tung durch einen Interaktionspartner das Interesse am Medium, sei es digital
oder traditionell, bedeutend erhöht (Walter-Laager et al., 2016). Die Befunde
legen nahe, dass digitale Medien gezielt und mit entsprechender Begleitung
durch Interaktionspartner zukünftig ergänzend im Rahmen von Sprachförderung
eingesetzt werden können.

Als zweites für die Zukunft wichtiges Themenfeld der Sprachförderung lässt sich
die Ausweitung der Zielgruppe identifizieren. Aufgrund politischer und ökono-
mischer Ursachen ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren weiterhin
viele Menschen nach Europa und Deutschland zuwandern werden (Schimany,
2016; Wilkens, 2016). Damit dehnt sich die Zielgruppe weiter aus, die Deutsch
als Zweitsprache erwirbt. Es rücken verstärkt Migranten der ersten Generation in
den Fokus von Sprachförderung. Gleichzeitig betrifft dieses Thema nicht nur
Kinder, die zu Hause nicht Deutsch sprechen, sondern sämtliche Altersgruppen
inklusive Erwachsene, die erst seit kurzem in Deutschland leben. Hier ist es auch
Aufgabe der Forschung, dieses Themenfeld zu bearbeiten und entsprechend
theoretisch und empirisch fundierte Möglichkeiten zur Förderung dieser ausge-
weiteten Zielgruppe mit Berücksichtigung ihrer Besonderheiten zu entwickeln.
Schlägt man hier den Bogen zu der anfangs beschriebenen Bedeutung von Spra-
che für die persönliche Entwicklung und Bildung und den damit verbundenen
beruflichen Chancen, ist die Relevanz dieses Themas auch für die Zukunft nicht
zu unterschätzen.
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