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§ 1a BauGB Rn.

12-33
Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow: Berliner
Kommentar zum Baugesetzbuch
Autor: Mitschang
Titel: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch Herausgeber: Schlichter; Stich; Driehaus;
Paetow
Auflage: [keine Angabe] Autor: Mitschang

§ 1a BauGB Rn. 12-33 – Ergänzende Vorschriften zum Umweltschutz

Rdn.
III. Kurzübersicht zur Entstehung 12
1. Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 13
2. Artikelgesetz 2001 20
3. EAG Bau 2004 25
4. BauGBÄndG 2006 30
5. Klimaschutznovelle 2011 33a
6. Innenentwicklungsnovelle 2013 33e

III. Kurzübersicht zur Entstehung

12 Für die Entstehung der Bestimmung in § 1a sind insgesamt sechs Gesetzesnovellen genauer zu
betrachten. Hierbei handelt es sich zunächst um das für die Schaffung der Vorschrift maßgebliche
BauROG 1998, im Weiteren dann um das »Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungs-RL, der IVU-
RL und weitere EG-RL zum Umweltschutz« (sog. »Artikelgesetz« – ArtG vom 27.07.2001, BGBl. I
S. 1950, 2350), das »Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien«
(Europarechtsanpassungsgesetz Bau – EAG Bau 2004 vom

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24.06.2004, BGBl. I S. 1359), das »Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die
Innenentwicklung der Städte« (BauGBÄndG 2006 vom 21.12.2006, BGBl. I S. 3316), wenngleich
dieses die Regelung in § 1a zwar nicht verändert, in ihrem Anwendungsbereich aber dennoch berührt,
das »Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und
Gemeinden«, BGBl. I S. 1509 – (Klimaschutznovelle 2011) sowie das »Gesetz zur Stärkung der
Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des
Städtebaurechts«, BGBl. I S. 1548 – (Innenentwicklungsnovelle 2013). Mit Blick darauf ist für ein
besseres Gesamtverständnis eine genauere Betrachtung der einzelnen Gesetzesnovellen erforderlich.

1. Bau- und Raumordnungsgesetz 1998

13 Die Regelung über »Ergänzende Vorschriften zum Umweltschutz« in § 1a wurde mit dem BauROG
1998 neu geschaffen. Wenngleich aus diesem Grund auf eine Vorgängerregelung nicht
zurückgegriffen werden konnte, so liegt der Anlass für die Ausgestaltung von § 1a auf der einen Seite
doch auch in einem Neuregelungsbedarf des schon seit dem Erlass des Investitionserleichterungs-
und Wohnbaulandgesetzes (vgl. »Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung
und Bereitstellung von Wohnbauland« – InvWobaulG vom 22.04.1993, BGBl. I S. 466) aus dem Jahr
1993 geltenden Baurechtskompromisses zur Regelung des Verhältnisses von naturschutzrechtlicher
Eingriffsregelung und Städtebaurecht. Ein anderer Anknüpfungspunkt an eine schon vorhandene
Bestimmung ergibt sich aus der schon seit der Schaffung des BauGB im Jahr 1987, damals in § 1a
Abs. 5 S. 3, enthaltenen Bodenschutzklausel.

14 Auf der anderen Seite ergab sich ein Ausgestaltungsbedarf von § 1a vor dem Hintergrund
anstehender Entscheidungen über befristet geltende Bestimmungen des Städtebaurechts, wie sie
damals in § 20 BauGB -MaßnahmenG (vgl. Art. 2 des »Gesetzes zur Erleichterung des
Wohnungsbaus im Planungs- und Baurecht sowie zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften« i.d.F.
der Bek. vom 28.04.1993, BGBl. I S. 263) und § 246a Abs. 1 BauGB -alt enthalten waren und bis zum
31.12.1997 Geltung beanspruchten.

15 Auch in Bezug auf die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ergab sich damals
zumindest in einer Hinsicht eine Regelungsbefristung. Gemäß § 8b Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wurden die
Länder nämlich ermächtigt, »durch Landesgesetze zu bestimmen, dass bis zum 30.04.1998 § 8a
Wolters Kluwer Deuts chland GmbH 1/9
Abs. 1 BNatSchG auf Bauleitpläne und sonstige städtebauliche Satzungen keine Anwendung findet
und dass Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen während der Planaufstellung nach den §§ 30
und 33 BauGB und im Geltungsbereich von sonstigen städtebaulichen Satzungen nicht als Eingriffe in
Natur und Landschaft anzusehen sind«. Mit dieser Regelung wurde es den einzelnen Bundesländern

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ermöglicht, nicht nur einzelne Vorhaben von den Regelungen des § 8a BNatSchG-alt auszunehmen,
sondern insgesamt von einer Anwendung des § 8a BNatSchG-alt abzusehen und es bei dem
allgemeinen Abwägungsvorbehalt in § 1 Abs. 6 BauGB -alt zu belassen (vgl. Krautzberger, in:
Kormann (Hrsg.), Naturschutz und Bauen, UPR-Special Band 8, 1995, S. 19 f.; Henkel, NuL 1994,
499 ff. und Holm, Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in der verbindlichen Bauleitplanung,
Berlin, 1994, S. 55 ff. sowie Mitschang, Die Belange von Natur und Landschaft in der kommunalen
Bauleitplanung, Berlin, 2. Aufl. 1996, S. 203 ff.).

16 Für die übrigen in § 1a berücksichtigten »umweltschützenden Belange in der Abwägung« bestand


kein dringender gesetzgeberischer Regelungsbedarf. Vielmehr wird für diese sowie für die o.a.
spezifischen Umweltbelange nach der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung
insgesamt die Zielsetzung der »Klärung des Verhältnisses des Bauplanungsrechts zum Umwelt- und
Fachplanungsrecht« reklamiert (vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 36 ff.). Gerade in der Integration
fachgesetzlicher Anforderungen in das Städtebaurecht war eine der ausdrücklichen und
wichtigsten Zielsetzungen des BauROG 1998 zu sehen, denn dadurch sollte die Anwendung dieser
fachgesetzlichen Anforderungen für die Bauleitplanung erleichtert und vereinfacht werden.

17 Vor diesem kompliziert sich darstellenden Geflecht aus zeitlichem Regelungsbedarf und
umweltinhaltlichen Anforderungen sind die mit dem BauROG 1998 verfolgten Zielsetzungen
insgesamt zu sehen:

Stärkung der Steuerungsfähigkeit der Bauleitplanung durch Zusammenführung und Bündelung


wichtiger umweltschützender Maßnahmen und Verfahren unmittelbar im BauGB.

Berücksichtigung der Staatszielbestimmung Umweltschutz in Art. 20a GG , wonach der Staat


auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im
Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von
Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung schützt.

Stärkung der Verantwortung von Städten und Gemeinden für eine umweltverträgliche,
ökologisch orientierte Planung durch Integration der umweltbezogenen Belange »unter dem
Dach der Bauleitplanung als der rechtlich maßgeblichen Planung auf der örtlichen Ebene«.

Fortentwicklung des Bodenschutzes.

Umsetzung der Anforderungen, die sich aus der FFH-RL sowie der Vogelschutz-RL der EG an
die Bauleitplanung ergeben.

Klärung des Verhältnisses von Städtebaurecht und besonderen umweltrechtlichen


Fachplanungsverfahren.

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18 Gerade in den beiden zuletzt genannten Zielvorstellungen des Gesetzgebers tritt eine weitere wichtige
Absicht zu Tage. Die Bestimmung in § 1a soll nämlich auch künftigen Anforderungen des
Umweltschutzes Rechnung tragen und diese in sich aufnehmen können. Es handelt sich bei ihr also
um eine Art Öffnungsklausel, für die in stärkerem Umfang erwarteten Regelungsbedürfnisse aus
Europäischen Gesetzen und Richtlinien, aber auch aus nationalen Anforderungen auf den Gebieten
des Umweltschutzes.

19 Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass gleichzeitig mit der Schaffung des BauROG 1998 vom
Bundesgesetzgeber zwei andere Gesetzesnovellen aus den Bereichen des Umweltschutzes
vorangetrieben wurden und eine gegenseitige Abstimmung. Insoweit angesprochen sind das
Bundes-Bodenschutzgesetz (vgl. Entwurf eines »Gesetzes zum Schutz des Bodens«, BR-
Drucks. 702/96) sowie das Bundesnaturschutzgesetz (vgl. den Entwurf eines »Gesetzes zur
Neuregelung des Rechtes des Naturschutzes und der Landschaftspflege, zur Umsetzung
gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften«, BR-
Drucks. 639/96). Gerade der zuletzt angeführte Gesetzesentwurf zur Neuregelung des
Bundesnaturschutzgesetzes hat einen umfassenden Abstimmungsbedarf in Bezug auf die
naturschutzrechtliche Eingriffsregelung sowie hinsichtlich der Umsetzung der Anforderungen der
FFH- und Vogelschutz-RL der EG hervorgerufen (zum Gesetzgebungsverfahren im Einzelnen:
Krautzberger/Wagner, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 1a Rn. 7 ff.).
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2. Artikelgesetz 2001

20 Das »Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-
Richtlinien zum Umweltschutz« vom 27.07.2001 ist am 03.08.2001 in Kraft getreten (BGBl. I
S. 1950). Auf der Grundlage eines von der Kommission erstellten Berichts über die Durchführung der
UVP-RL in den einzelnen Mitgliedstaaten (vgl. Mitschang, § 2 Rn. 158 f.) wurde die UVP-Änderungs-RL
(vom 03.03.1997) erlassen, durch die die UVP-RL in wichtigen Artikeln, insbesondere jedoch in den
Anhängen geändert wurde. Neben der Verpflichtung zur Umsetzung der neuen
Verfahrensanforderungen der UVP-Änderungs-RL gaben auch die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs (EuGH, U. v. 22.10.1998 – C-301/95 -, DVBl 1999, 232 ff. ) sowie nicht zuletzt die noch
weiterhin bestehenden Verpflichtungen zur Umsetzung anderer flankierender europarechtlicher
Richtlinien (bspw. die IVU-RL, die Deponie-RL oder die Abfall-RL) zusätzlichen Anlass für eine
kurzfristige gesetzgeberische Initiative. Allerdings ist in diesem Zusammenhang anzumerken,
dass das insoweit erlassene Artikelgesetz (ArtG) mehr als zwei Jahre nach der Umsetzungsfrist für
die UVP-Änderungs-RL am 14.03.1999 erlassen wurde. In insgesamt 24 Artikeln regelt das Gesetz die
Änderungen von zusammengenommen 15 Geset-

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zen und mehreren Verordnungen, mit der Folge, dass hiervon auch das UVPG sowie das BauROG
erfasst wurden.

21 Nach einer nur dreijährigen praktischen Bewährungsprobe führte dies zu einer ersten Änderung in
§ 1a Abs. 2 Nr. 3. i. d. F. des BauROG 1998 diente die Bestimmung in § 1a Abs. 2 Nr. 3 der
Verknüpfung von UVP und Bebauungsplanung. Mit dem ArtG wird diese Bestimmung nunmehr
weiterentwickelt und dadurch das Verhältnis der UVP zu städtebaulichen Planungen auf eine
neue und andere Grundlage gestellt (vgl. Krautzberger/Stemmler, UPR 2001, 241 ff. sowie Stich,
GewArch 2002, 1 ff.).

22 Nach § 1a Abs. 2 Nr. 3 i. d. F. des BauROG 1998 waren in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 auch zu
berücksichtigen »die Bewertung der ermittelten und beschriebenen Auswirkungen eines Vorhabens
auf die Umwelt entsprechend dem Planungsstand (Umweltverträglichkeitsprüfung), soweit im
Bebauungsplanverfahren die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne
der Anlage zu § 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet werden soll«.
Ergänzend bestimmte § 17 UVPG -alt, dass die in § 2 Abs. 1 S. 3 getroffene Anordnung, die
Bebauungsplanung um die besonderen Verfahrensschritte der UVP anzureichern, auf die genannten
Bebauungspläne unmittelbar anzuwenden ist und insoweit vor der Abwägung der
planungserheblichen Belange eine UVP und die Beteiligung der Öffentlichkeit nach den
verfahrensrechtlichen Anforderungen des BauGB durchzuführen ist. Daraus ergibt sich, dass
lediglich vorhabenbezogene bzw. planfeststellungsersetzende Bebauungspläne einer
UVP-Pflicht unterlagen. Insbesondere Flächennutzungspläne waren nicht UVP-pflichtig. Vor
dem Hintergrund des erwähnten Berichtes über die Umsetzung und Anwendung der UVP-RL in den
Mitgliedstaaten und der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH, wonach die Bundesrepublik
Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der UVP-RL verstoßen
habe, indem sie

die Pflicht zur UVP nicht für alle Projekte vorgesehen habe, die nach dieser Richtlinie einer
solchen Prüfung zu unterziehen seien und für die das Genehmigungsverfahren nach dem
03.07.1998 eingeleitet worden sei und

von der Pflicht zur UVP ganze Klassen der im Anhang 2 dieser Richtlinie aufgezählten Projekte
von vorneherein ausgenommen habe,

wurden durch das ArtG nicht nur eine neuartige Schwellenwertkonzeption sowie ein Screening-
Verfahren zur Vorprüfung im Einzelfall, sondern auch eine Ausweitung der UVP-Pflicht, insbesondere
auch auf Angebotsbebauungspläne, normiert.

23 Letzteres ergibt sich aus der die alte Anlage zu § 3 UVPG -alt ersetzenden neuen Anlage 1 , wonach
unter der Nr. 18 auch solche UVP-pflichtigen Vorhaben aufgeführt sind, für die regelmäßig die
Aufstellung eines Bebauungsplanes

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erforderlich ist (sog. »planerische Vorhaben«), insbesondere auch dann, wenn es sich dabei
lediglich um einen Angebotsbebauungsplan, bspw. die Ausweisung eines Wohngebiets in einer
bestimmten Größenordnung, handelt (vgl. ausführlich Mitschang, § 2 Rn. 167 ff.). Ist die Aufstellung
eines derartigen UVP-pflichtigen Bebauungsplans vorgesehen, dann muss im Rahmen seines
Aufstellungsverfahrens eine sog. »integrierte UVP« durchgeführt und ein Umweltbericht,
welcher in die Begründung zum Bebauungsplan aufgenommen wird, bereits für das
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Aufstellungsverfahren ausgearbeitet werden (vgl. § 2a Abs. 1 S. 1 BauGBalt). Die Aufstellung,
Änderung oder Ergänzung von Flächennutzungsplänen blieb auch im Rahmen der Vorschriften des
ArtG von der Pflicht zur Durchführung einer UVP ausgenommen.

24 Über die angeführten Regelungsänderungen in den §§ 1a und 2a hinaus wurden durch Art. 12 ArtG,
der insgesamt die Änderungen des BauGB zum Inhalt hatte, noch eine Vielzahl weiterer Vorschriften
betroffen. Hierbei handelt es sich um die §§ 3 bis 4b , die §§ 10 bis 12 , § 33 , § 214 sowie § 245c .
Diese Vorschriften dienten dazu, die UVP auch formal in das Recht der Bauleitplanung zu integrieren.
Deutlich wird dies durch den im Rahmen des ArtG neu gefassten § 1a Abs. 2 Nr. 3, wonach »die
Bewertung der ermittelten und beschriebenen Auswirkungen eines Vorhabens entsprechend dem
Planungsstand auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
Kulturgüter und sonstige Sachgüter, sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten
Schutzgütern (Umweltverträglichkeitsprüfung), soweit im Bebauungsplanverfahren die baurechtliche
Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben begründet werden soll, für die nach dem Gesetz über die
Umweltverträglichkeitsprüfung eine Verpflichtung zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung besteht«, zu berücksichtigen ist. Damit wird das rechtliche Verhältnis
von UVP und bauleitplanerischer Abwägung dergestalt verdeutlicht, dass die Bewertung als
Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung in die Abwägung einzustellen und im
Rahmen der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. ausführlich Mitschang,
ZfBR 2001, 241 ff.).

3. EAG Bau 2004


25 Das vom 24.06.2004 stammende EAG Bau (BGBl. I S. 1359) trat am 21.07.2004 in Kraft. Mit diesem
Gesetz wurden die Anforderungen der Plan-UP-RL in das nationale Raumordnungs- und
Städtebaurecht umgesetzt, und zwar fristgerecht (ausführlich: Krautzberger, UPR 2004, 41 ff. sowie
ders ., UPR 2004, 401 ff.). Damit wurde der von europäischer Seite mit der UVP-RL schrittweise
begonnene Weg zur Berücksichtigung von Umweltfolgen bei der Entscheidung über bestimmte
Projekte bzw. mit der Plan-UP-RL vorläufig abgeschlossene Weg der integrierten
Umwelt(verträglichkeits)prüfung in das Bauplanungsrecht des Bundes beendet.

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26 Zentrales Element der Umweltprüfung ist danach der Umweltbericht, welcher in das
Bauleitplanverfahren integriert wird und den Umgang mit den einzelnen Umweltbelangen
dokumentiert. Das Bauplanungsrecht ist damit strukturell offen für die Integration weiterer
Umweltprüfverfahren (in diesem Sinne auch Battis/Krautzberger/Löhr, NJW 2004, 2553 ff.).

27 Das EAG Bau 2004 geht von einer generellen UP-Pflichtigkeit der Bauleitplanung aus und bezieht
damit auch den Flächennutzungsplan mit ein (vgl. Mitschang, § 2 Rdn. 152 f.). Das Gesetz ist im
Zusammenhang mit dem ein knappes Jahr später in Kraft getretenen »Gesetz zur Einführung einer
strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG (SUPG)« vom
25.06.2005 (BGBl. I S. 1746) zu sehen, da durch die Regelungen des EAG Bau 2004 die
bauplanungsrechtlich relevanten Anforderungen der Plan-UP-RL vorab und fristgerecht umgesetzt
wurden. Demgegenüber bedurfte die Umsetzung anderer Anforderungen der Plan-UP-RL in weitere
Rechtsbereiche außerhalb des BauGB sowie des ROG weiterer Diskussionen und verzögerte sich um
den angegebenen Zeitraum. Deshalb blieb das Bauplanungsrecht von dem Inkrafttreten des UVPG
weitgehend unberührt. Lediglich in Anlage 3 (zu § 3 Abs. 1a UVPG ) werden unter der Nr. 1.8
Bauleitplanungen nach den §§ 6 und 10 des Baugesetzbuchs als unter den Anwendungsbereich des
Gesetzes fallend aufgenommen, und damit deutlich gemacht, dass für diese eine UP bzw. ein
Screening-Verfahren durchzuführen ist.

28 § 1a wurde durch das EAG Bau 2004 neu gefasst und trägt seither die Überschrift »Ergänzende
Vorschriften zum Umweltschutz« (zu dem damit einhergehenden Bedeutungswandel der Vorschrift,
vgl. Rdn. 29 ). Normiert wird nach wie vor die Bodenschutzklausel, nunmehr allerdings in Abs. 2 (i. d.
F. des Bau-ROG 1998 war diese Bestimmung noch in Abs. 1 enthalten), die Bestimmung über das
Verhältnis zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in Abs. 3 (i. d. F. des BauROG 1998 war diese
Bestimmung in Abs. 2 Nr. 2 sowie in Abs. 3 enthalten) sowie die Vorschriften zur Beachtung der
Anforderungen nach der FFH- und der Vogelschutz-RL und ihrer Regelung im BNatSchG (i. d. F. des
BauROG 1998 war diese Regelung in Abs. 2 Nr. 4 enthalten).

29 Änderungen in § 1a betreffen demgegenüber die in Abs. 2 Nr. 1 BauGB-alt enthaltene Verpflichtung,


nach der in der Abwägung »die Darstellungen von Landschaftsplänen und sonstigen Plänen
insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechtes zu berücksichtigen« sind. Diese
Regelung befindet sich nunmehr in § 1 Abs. 6g . Eine weitere Änderung betrifft das Verhältnis von
Umweltverträglichkeitsprüfung und Bauleitplanung, eine Bestimmung, die bislang in § 1a Abs. 2 Nr. 3
enthalten war. Mit der Ausgestaltung der obligatorischen UP durch das EAG Bau 2004 ist diese
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Anforderung an die Bauleitplanung

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in die Bestimmungen über die Durchführung der UP in § 2 Abs. 4 eingegangen. Danach wird für alle
Belange des Umweltschutzes nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1a eine Umweltprüfung durchgeführt, in
der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem
Umweltbericht beschrieben und bewertet werden. § 1a enthält nur noch »Ergänzende
Vorschriften zum Umweltschutz« und listet insoweit besonders wichtige Umweltbelange, die im
Rahmen der Bauleitplanung Berücksichtigung finden müssen, auf (vgl. Rdn. 50 ff. ).

4. BauGBÄndG 2006
30 Das »Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte«
(BauGBÄndG 2006) vom 21.12.2006 (BGBl. I S. 3316) trat am 01.01.2007 in Kraft. Unmittelbar
betroffen ist § 1a durch diese Gesetzesnovelle nicht. Gleichwohl wird § 1a durch die im Zentrum des
BauGBÄndG 2006 stehende Einführung eines beschleunigten Verfahrens von Bebauungsplänen für
die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der
Innenentwicklung (vgl. § 13a) mittelbar in Bezug genommen. Dies findet in zweierlei Hinsicht statt.

31 Für in beschleunigten Verfahren aufgestellte Bebauungspläne der Innentwicklung werden


durch § 13a Abs. 2 bestimmte Verfahrenserleichterungen normiert. So gelten nach Abs. 2 Nr. 1 die
Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Abs. 2 und 3 S. 1 entsprechend. Danach ist die
Durchführung einer UP bei derartigen Bebauungsplänen nicht erforderlich und es besteht weiterhin
keine Notwendigkeit von den mit der Durchführung der UP zusammenhängenden Anforderungen
Gebrauch zu machen. Das bedeutet, dass auf die Erarbeitung eines Umweltberichts nach § 2a , von
der Angabe nach § 3 Abs. 2 S. 2 , welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind,
sowie von der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 4 verzichtet werden kann. Ebenso ist
die Bestimmung über das Monitoring in § 4c nicht anzuwenden. Weiterhin kann ein Bebauungsplan
der Innenentwicklung, der von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch dann
aufgestellt werden, wenn der Flächennutzungsplan noch nicht geändert oder ergänzt ist. Lediglich die
geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden. Der
Flächennutzungsplan ist in einem solchen Fall nur im Wege der Berichtigung anzupassen. Die dritte
Erleichterung für Bebauungspläne der Innenentwicklung ergibt sich aus § 13a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 . Sie
besteht darin, dass »Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind,
als im Sinne des § 1a Abs. 3 S. 5 vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig« gelten.
Die insoweit ausgestaltete gesetzliche Fiktion gilt jedoch nur für solche Bebauungspläne, die in die
sog. »Fallgruppe 1« einzuordnen sind. Ein solcher Bebauungsplan liegt vor, wenn in ihm eine
zulässige Grundfläche im

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Sinne von § 19 Abs. 2 BauNVO oder eine Größe der Grundfläche von insgesamt weniger als
20000 qm festgesetzt wird (§ 13a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ). Gerechtfertigt wird der Verzicht auf die
Ausgleichsverpflichtung vom Gesetzgeber damit, dass der Bebauungsplan der Innenentwicklung dazu
dient, zusätzliche Flächenansprüche zu vermeiden.

32 Damit einher geht die zweite wichtige mittelbare Auswirkung des BauG-BÄndG 2006 auf die
Bestimmung in § 1a. Die in § 13a Abs. 1 S. 1 enthaltene Legaldefinition für den Bebauungsplan der
Innenentwicklung, wonach es sich um einen Bebauungsplan für »die Wiedernutzbarmachung von
Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung« handeln muss,
nimmt inhaltlich Bezug auf die Bodenschutzklausel in § 1a Abs. 2. Ein mit der Ausgestaltung von
Bebauungsplänen der Innenentwicklung verbundenes gesetzgeberisches Ziel liegt nämlich in der
Reduzierung des Flächenverbrauchs durch Außenentwicklung.

33 Schließlich unterliegt der gesamte Anwendungsbereich für Bebauungspläne der Innenentwicklung den
europarechtlichen Anforderungen, die sich aus der UVP-RL sowie der Plan-UP-RL ergeben. So
dürfen derlei Bebauungspläne nicht einer UVP-Pflicht unterliegen und es dürfen auch keine
Anhaltspunkte für Beeinträchtigungen von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung nach der FFH-
RL und von Vogelschutzgebieten nach der Vogelschutz-RL bestehen.

5. Klimaschutznovelle 2011

33a Am 30.07.2011 ist das »Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in
den Städten und Gemeinden« (BGBl. I S. 1509) nach etwa zweijähriger Vorarbeit in Kraft
getreten. Es ist Bestandteil des Gesetzespakets »Energiewende«, durch das nach dem Ausstieg
aus der Atomenergie der Einstieg in die überwiegende Versorgung mit erneuerbaren Energien
gewährleistet werden soll.
Wolters Kluwer Deuts chland GmbH 5/9
33b In ihrer Entstehungsgeschichte geht die Klimaschutznovelle 2011 auf eine zwischen den
Regierungsparteien allerdings schon am 26. Oktober 2009 geschlossenen Koalitionsvereinbarungen
zurück. Hierin wird für die laufende Legislaturperiode eine Anpassung und Weiterentwicklung des
BauGB gerade in Bezug auf die Verankerung des Klimaschutzes im geltenden Planungsrecht und in
den Planungszielen gefordert. Zur Klärung der Frage, ob die Gemeinden dazu befugt sind, auf der
Grundlage des vormals geltenden § 1 Abs. 5 S. 2 BauGBalt mit den Mitteln der Bauleitplanung den
»allgemeinen Klimaschutz« zu fördern, wurde ein Rechtsgutachten erstellt, durch das der
Beitrag der Bauleitplanung zum allgemeinen Klimaschutz sowohl im Hinblick auf die
Kompetenzgrundlage, den Umfang sowie auch die planerischen Instrumente untersucht

§ 1a BauGB Rn. 12-33 – Schlichter / Stich / Driehaus / Paetow – Seite 19 – Lfg. 28 – 01.07.2014 <<
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werden sollte. Im Ergebnis stützt das Rechtsgutachten den bauleitplanerischen Klimaschutz vorrangig
auf Art. 74 Nr. 18 GG , also auf einen räumlich-funktionalen Steuerungsansatz, sieht aber gleichwohl
auch andere Kompetenztitel wie das Recht der Energiewirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG ), das Recht der
Luftreinhaltung (Art. 74 Nr. 24 GG ) sowie das Recht des Naturschutzes und der Landschaftspflege
(Art. 74 Nr. 29 GG ) zusätzlich heranziehbar (vgl. Battis/Kersten/ Mitschang, Rechtsfragen der
ökologischen Stadterneuerung, in: Mitschang (Hrsg.), Berliner Schriften zur Stadt- und
Regionalplanung, Band 11, Frankfurt am Main, 2011, S. 125 f.). Ein weiteres wichtiges Ergebnis des
Gutachtens besteht darin, dass das föderale Durchgriffsverbot (Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG ) keine
Anwendung auf die Aufgaben findet, die den Gemeinden durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG
verfassungsunmittelbar zugewiesen sind, so dass das BauGB gegenüber Regelungen des
bauleitplanerischen Klimaschutzes offen ist. Insbesondere im Zusammenhang mit § 1a ist eine dritte
Feststellung des Gutachtens wichtig, wonach bereits seit der durch das EAG Bau 2004 neu
eingefügten Erwähnung des allgemeinen Klimaschutzes in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB -alt als
Planungsleitsatz explizit klargestellt ist, dass im Rahmen der Bauleitplanung die jeweiligen
Planungsträger nicht auf das örtliche Klima beschränkt sind, sondern auch globale
Klimaschutzerwägungen in ihre Entscheidungen einzustellen und zu berücksichtigen haben. Durch die
Zusammenstellung der einzelnen Abwägungsbelange in § 1 Abs. 6 Nr. 7 wird dies noch einmal
unterstrichen, wenngleich den Belangen des Klimaschutzes im Rahmen der vorzunehmenden
bauleitplanerischen Abwägung ein prinzipieller Vorrang vor anderen abwägungserheblichen Belangen
nicht eingeräumt ist. Unter der Leitung des zuständigen Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und
Stadtentwicklung wurden dann im Jahr 2010 die sog. »Berliner Gespräche« durchgeführt. Es
handelte sich dabei um eine Expertenanhörung, die im Sinne eines fachlichen Vorlaufes für das
beabsichtigte Gesetzgebungsvorhaben, wichtige Fragestellungen diskutieren und vorklären sollte. Die
Ergebnisse der Berliner Gespräche, die auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden (vgl.
Bunzel/Hanke, in: Difu (Hrsg.), Berliner Gespräche zum Städtebaurecht, Band I und II, Berlin, 2010
sowie Bunzel, DVBl 2010, 1551 ff. ), dienten als Grundlage für die Einleitung des
Gesetzgebungsvorhabens.

33c Ziel der Klimaschutznovelle 2011 ist es, zu Gunsten des Klimaschutzes, den Handlungsspielraum der
Gemeinden zu erweitern und die Planungspraxis zu unterstützen (vgl. BT-Drucks. 17/6076, S. 6).
Insbesondere die Bekämpfung des Klimawandels und die Anpassung an die Folgen des
Klimawandels stellen wichtige Zukunftsaufgaben für die Kommunen dar, deren städtebauliche
Dimension durch die Vorgaben zur örtlichen Bodennutzung Rechnung getragen werden soll.
Besondere Bedeutung hat dies für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, vor allem für die
Windenergienutzung an Land. Hier sollen ältere Anlagen durch moderne und leistungsfähige neue
Windenergieanlagen, insbesondere in Windparks, ersetzt werden (sog. »Repowering«). Schließlich
sollen

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durch Änderungen im Besonderen Städtebaurecht quartiersbezogene Lösungen zu Gunsten des
Klimaschutzes und der Klimaanpassung im baulichen Bestand ermöglicht werden.

33d § 1a wird durch die Klimaschutznovelle 2011 unmittelbar betroffen. Die Bestimmung erhält eine
Ergänzung um den neuen Abs. 5, durch den der Klimaschutz in die Vorschrift aufgenommen wird,
und zwar in seinen beiden Ausprägungen, den Erfordernissen des Klimaschutzes, sowohl durch
Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken als auch durch solche Maßnahmen, die der
Anpassung an die Folgen des Klimawandels dienen, Rechnung zu tragen. Im Übrigen enthält das
Gesetz noch andere wesentliche Neuregelungen und Klarstellungen, insbesondere zu
folgenden Bereichen (Überblick bei: Battis/Krautzberger/Mitschang/Reidt/Stüer, NVwZ 2011, 897 ff.;
Stüer/Stüer, DVBl 2011, 1117 ff. ; Krautzberger/Stüer, BauR 2011, 1416 ff. ; Söfker, ZfBR 2011,
541 ff.; Wilke, BauR 2011, 1174 ff.):

Klimaschutzklausel (§ 1 Abs. 5 S. 2 ),

Infrastrukturelle Ausstattung des Gemeindegebiets und Berücksichtigung integrierter


Klimaschutz- und Energiekonzepte (§ 5 Abs. 2 Nr. 2b und c ),
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Erweiterung und Präzisierung des Festsetzungskatalogs (§ 9 Abs. 1 Nr. 12 und 23b ),

Solaranlagen an, auf oder in Gebäuden (§ 35 Abs. 1 Nr. 8 ),

Städtebaulicher Vertrag (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 und 5 ),

Besonderes Städtebaurecht und klimagerechte Stadtentwicklung (§§ 148 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 ,


171a und c),

Planungsrechtliche Absicherung nachträglicher Energieeffizienzmaßnahmen (§ 248 ),

Repowering von Windenergieanlagen (§ 249 ).

6. Innenentwicklungsnovelle 2013

33e Das »Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren
Fortentwicklung des Städtebaurechts« (Innenentwicklungsnovelle 2013 – BGBl. I S. 1548) steht im
Zusammenhang mit der Klimaschutznovelle 2011 (BGBl. I 1509). Beide Städtebaurechtsnovellen
gehen auf die Koalitionsvereinbarung vom 26.10.2009 zurück, nach deren Aussagen einerseits der
Klimaschutz und andererseits die Innenentwicklung gestärkt werden sollten. Auch die BauNVO sollte
umfassend im Hinblick auf einen Änderungsbedarf geprüft werden. Aufgrund des durch ein Erdbeben
ausgelösten Unfalls im Atomkraftwerk von Fukushima im Frühjahr 2011 und den darauffolgenden
»Ausstieg aus der Atomenergie« hin zu einer überwiegend durch erneuerbare Energien gestützten
Energieversorgung wurde mit der Klimaschutznovelle 2011 eine eigenständige Städtebaurechtsnovelle
im Rahmen des Gesetzespakets » Energiewende« vorgezogen. Die Innenentwicklungsnovelle
2013 folgte dann als zweite Städtebau-

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rechtsnovelle innerhalb der gleichen Legislaturperiode. Auch sie stützt sich insbesondere auf die
Ergebnisse der im Vorfeld durchgeführten und diese Novelle vorbereitenden »Berliner Gespräche«
(vgl. oben Rdn. 33b ). Darüber hinaus wurde ein rechtsvergleichendes Forschungsvorhaben zum
Einfluss des EU-Rechts auf das Städtebaurecht der Mitgliedsstaaten durchgeführt
(»Erfahrungsaustausch Europäisches Städtebaurecht«). Der Ergebnisbericht kann unter
www.bbsr.bund.de heruntergeladen werden.

33f Die Innenentwicklungsnovelle 2013 wurde am 20.06.2013 verkündet. Sie enthält Änderungen und
Ergänzungen des BauGB, der BauNVO und spezifische Bestimmungen zum Inkrafttreten der neuen
Regelungen. Aufgrund der in Art. 3 Abs. 2 enthaltenen Sonderregelungen sind insgesamt drei
unterschiedliche Zeitpunkte für das Inkrafttreten der einzelnen Bestimmungen maßgeblich:

Die Regelungen über die Änderung des Erschließungsvertrags, die sich auf die §§ 11 und 124
sowie

lediglich redaktionell – auf § 242 sowie die Überleitungsregelungen in § 245 beziehen, treten
bereits am Tag nach der Verkündung, also am 21.06.2013,

die Regelungen über die Zusammensetzung und Zuständigkeiten von Gutachterausschüssen


nach den §§ 192 Abs. 3 und 198 Abs. 2 erst am 20.12.2013 und – alle anderen Regelungen,
worunter auch die Änderungen des § 1a fallen, am 20.09.2013,

in Kraft.

33g Mit der Innenentwicklungsnovelle 2013 werden drei maßgebliche Ziele verfolgt. Nach der
Begründung des Gesetzesentwurfs (vgl. BT-Drucks. 17/11468, S. 9) sind diese darin zu sehen,

insgesamt durch die Neuregelungen und Regungsergänzungen auch von Seiten des
Städtebaurechts einen Beitrag zur Stärkung der Innenentwicklung zu leisten (der Gesetzestitel
»Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren
Fortentwicklung des Städtebaurechts« macht dies schon hinreichend deutlich),

die BauNVO maßvoll zu ändern sowie

die Regelungen zum Außenbereich, aktuellen Erfordernissen anzupassen.

Die städtebaupolitische Aufgabe, die Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden zu stärken,
setzt an der Bedeutung der Innenstädte für die Stadtentwicklung an. Innenstädte und Ortskerne sind
als Schlüsselfaktoren für die Stadtentwicklung anzusehen und sind für die Identifikation der Bürger
mit ihren Städten und Gemeinden unverzichtbar. Durch Maßnahmen der Innenentwicklung können die
Funktionsfähigkeit der Innenstädte gefährdende Umstrukturierungsprozesse weitestgehend
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vermieden werden (vgl. BT-Drucks. 1/11468, S. 9).

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33h Mit der Stärkung der Innenentwicklung werden zwei strategische Zielsetzungen verfolgt. Einerseits
geht es dabei im Sinne einer quantitativen Komponente um die Vermeidung der weiteren
Inanspruchnahme von noch naturhaften Flächen für die bauliche und sonstige städtebauliche
Entwicklung. Andererseits stellt eine gestärkte Innenentwicklung auf die Wahrung und Verbesserung
der Urbanität und Attraktivität sowie baukultureller Gesichtspunkte der Städte und Gemeinden ab und
weist insoweit auch eine qualitative Komponente auf. Es geht also darum, die Funktionsfähigkeit
der Innenstädte und Ortskerne zu wahren. Mit diesen Zielsetzungen schließt die
Innenentwicklungsnovelle 2013 an die Zielsetzungen des BauGBÄndG 2006, das am 01.01.2007 in
Kraft getreten ist an (vgl. oben Rdn. 30 ff. ). Auch diese Städtebaurechtsnovelle hatte bereits die
Innenentwicklung in den inhaltlichen Mittelpunkt gestellt und instrumentell die Bauleitplanung um den
im beschleunigten Verfahren aufgestellten Bebauungsplan der Innenentwicklung (§ 13a ) erweitert,
mit dem die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der
Innenentwicklung gefördert werden sollten. Die mit der Heranziehung eines Bebauungsplans der
Innenentwicklung verbundenen Verfahrenserleichterungen, insbesondere der Verzicht auf die erst
durch das EAG Bau 2004 eingeführte obligatorische UP (vgl. oben Rdn. 25 ff. ), der Verzicht auf die
Anwendung der eingriffsrechtlichen Bestimmungen sowie die Einführung der Möglichkeit zur
Berichtigung des Flächennutzungsplans für den Fall, dass der Bebauungsplan der Innenentwicklung
nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt ist, sollten für die Städte und Gemeinden wirkungsvolle
Anreize darstellen, um fortan die Inanspruchnahme von Flächen »auf der grünen Wiese« in ihrem
Umfang zu reduzieren und den Innenstädten vermehrt Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

33i Erneut führt auch diese Städtebaurechtsnovelle zu Änderungen in § 1a (vgl. Battis/Mitschang/Reidt,


NVwZ 2013, 961, 962; Uechtritz , BauR 2013, 1354, 1355 ; Krautzberger/Stüer, DVBl 2013, 805,
807 f. ; Szczekalla, DVBl 2013, 287, 293 f. ). Sie stehen im Zusammenhang mit einer in § 1 Abs. 5 S. 3
vorgenommenen Ergänzung der bauleitplanerischen Zielsetzungen, nach der die städtebauliche
Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen soll und sind in zweifacher
Hinsicht von Bedeutung: Zunächst wird die in § 1a Abs. 2 S. 2 enthaltene
Umwidmungssperrklausel, wonach die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlich, als Wald
oder für Wohnzwecke genutzte Flächen begründet werden soll, um eine spezifisches Begründungs-
und Ermittlungspflicht ergänzt. Fortan sollen nämlich nach der Neuregelung in § 1a Abs. 2 S. 4
Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen
insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere
Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können. Lediglich redaktionell nimmt sich demgegenüber eine
weitere Änderung in § 1a Abs. 2 S. 3 aus. Nach dieser Bestimmung sind die die Bodenschutzklausel in
§ 1a Abs. 2 S. 1 und

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die Umwidmungssperrklausel in S. 2 betreffenden Grundsätze nunmehr »in der Abwägung nach § 1
Abs. 7« zu berücksichtigen. Nach dem Wortlaut der vormals geltenden Regelung waren die
Grundsätze nach § 1a Abs. 2 S. 1 und 2 »nach § 1 Abs. 7 in der Abwägung« zu berücksichtigen.
Im Gegensatz dazu findet in § 1a Abs. 3 im Zusammenhang mit der planerischen Eingriffsregelung
eine materiell bedeutsame Ergänzung statt, nach der die in § 15 Abs. 3 BNatSchG enthaltene sog.
»Agrarklausel« entsprechend auch bei der Bauleitplanung Geltung finden soll. Nach dieser
Bestimmung ist bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen »auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen,
insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im
notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder
Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von
Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften
Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen erbracht werden kann, um
möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.«

33j Der inhaltliche Schwerpunkt der Innenentwicklungsnovelle 2013 liegt im BauGB. Neben den
angeführten Regelungsänderungen in § 1a lassen sich folgende weitere wesentliche
Vorschriftenänderungen und -ergänzungen im BauGB anführen:

Vorrang der Innenentwicklung (§ 1 Abs. 5 S. 3 ),

Darstellung zentraler Versorgungsbereiche im Flächennutzungsplan (§ 5 Abs. 2 Nr. 2d ),

Steuerung von Vergnügungsstätten durch Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans (§ 9


Abs. 2b ),

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Integration der Regelungen über den Erschließungsvertrag in die Bestimmung über
städtebauliche Verträge (§§ 11 , 124 und 242 ),

Erleichterung des Vorkaufsrechts zu Gunsten Dritter (§ 27a ),

Erweiterung des Abweichens vom Einfügungsgebot (§ 34 Abs. 3a ),

Wegfall der Privilegierung von UVP- bzw. vorprüfungspflichtigen Tierhaltungsanlagen (§ 35


Abs. 1 Nr. 4 ),

Wegfall der Bindung an einen Bebauungsplan beim Rückbaugebot und Kostenbeteiligung des
Eigentümers beim Abbruch von Schrottimmobilien (§ 179 Abs. 1 und 4 ).

Im Bereich der BauNVO sind folgende wesentlichen Änderungen erfolgt:

Einführung einer allgemeinen Zulässigkeit von Anlagen der Kinderbetreuung in reinen


Wohngebieten sowie Erweiterung der planerischen Feinsteuerung solcher Anlagen und
Einrichtungen (§ 3 Abs. 2 sowie § 1 Abs. 5 BauNVO ),

Erweiterung der Zulassungsfähigkeit von Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen als Nebenanlagen (§ 14 Abs. 3 BauNVO ),

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Flexibilisierung beim Maß der baulichen Nutzung (§ 17 Abs. 2 und 3 BauNVO ).

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