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APRIL 2014

INTERN

EMPFEHLUNGEN ZUM UMGANG MIT PSYCHISCH AUFFÄLLIGEN


MENSCHEN, DIE SICH MIT EINEM HILFEERSUCHEN AN
BEZIRKSBÜROS VON AMNESTY INTERNATIONAL WENDEN
Immer wieder wenden sich psychisch auffällige Menschen an örtliche Amnesty-Büros. z. B. unter dem
Eindruck einer persönlichen Bedrohung oder Verfolgung. Es sind meistens Menschen, die nicht eine
reale Verfolgung und Inhaftierung in einem Unrechtsregime und auch keine Flucht aus einem anderen
Land erlebt haben.

Aus diesem Grund möchte das Aktionsnetz der Heilberufe einige Informationen zu den möglichen
Auffälligkeiten und den häufig zugrundeliegenden Erkrankungen geben und Empfehlungen darlegen,
die hilfreich sein können. Wir beschränken uns bewusst in der folgenden Darstellung, da nicht der
Eindruck erweckt werden soll, dass bei der Vielfalt der möglichen Probleme ein Patentrezept vorhanden
ist oder ein "Crash-Kurs" für psychische Erkrankungen angeboten werden soll.

Psychisch auffällige Menschen, die sich in eigener Sache ohne reale Verfolgung oder Fluchtgeschichte
wie oben dargestellt an ai wenden, fallen z. B. durch folgendes Verhalten auf:

- Es kommt häufig zu einer hektischen Darstellung bedrohlicher Lebensumstände mit


"Verschwörungstheorien"
- Die Darstellung kann von einem Aspekt zum nächsten springen oder viele Ungereimtheiten
enthalten, sich vielleicht sogar mit magischen Inhalten befassen; der Faden im Gespräch kann
völlig verloren gehen.
- Als "Beweise" für den "Wahrheitsgehalt" werden vielleicht das Hören von abwertenden Stimmen
oder Verfolgungsschritten o. ä. genannt; auch können besondere Hinweise aus dem Fernsehen oder
andere "verschlüsselte" Nachrichten angeführt werden.
- Die Beobachtung und ständige Überwachung der eigenen Person oder der eigenen Gedanken durch
Mächte oder vermeintliche Gegner und die durch Fremde ausgeübte Kontrolle der eigenen
Gedanken werden häufig beklagt.
- Es kann möglicherweise ein unruhiges Hin- und Hersehen während des Erzählens und
offensichtliche Angst und Anspannung beobachtet werden.
- Vielleicht wird von tage- oder wochenlanger Schlaflosigkeit berichtet.
- Eventuell wird auch angegeben, daß man schon "Gegenmaßnahmen" ergriffen hat: sich z. B.
verbarrikadiert hat oder ähnliche Schutzmaßnahmen vorgenommen hat und durch die "Verfolgung"
nun vollkommen erschöpft sei.
- Nicht selten ist im persönlichen Kontakt ein ungepflegtes Erscheinungsbild festzustellen.

Menschen, die auf solche Weise im persönlichen Gespräch oder im Telefonat auffallen, leiden sehr
häufig an einer ernsten psychischen Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis (schizophrene
Psychose oder schizo-affektive Psychose). Möglich sind solche Auffälligkeiten auch aufgrund von
Drogenkonsum oder einer das Gehirn betreffenden körperlichen Erkrankung, seltener im Rahmen einer
wahnhaften Depression.

Der/die Betroffene ist nicht zu einer angemessenen Einschätzung der Realität in der Lage und kann
krankheitsbedingt auch im Gespräch nicht vernünftigen Argumenten zugänglich sein. Daher wird
empfohlen, nicht in eine Diskussion einzusteigen, denn dadurch könnte die innere Anspannung des/der
Erkrankten noch erhöht werden. Es kann ihr/ihm kurzzeitig helfen, wenn jemand wohlwollend zuhört
und somit die Möglichkeit gibt, etwas Anspannung abzubauen.

Bewährt hat sich im weiteren folgendes:


APRIL 2014

- Der örtliche Sozialpsychiatrische Dienst, der in der Regel bei jedem Gesundheitsamt des Kreises
angesiedelt ist, kann um Rat gebeten werden. Sollten die dort beschäftigten Fachleute nach
Schilderung der Lage zu dem Ergebnis kommen, dass die psychisch auffällige Person akut krank
und möglicherweise gefährdet ist, kann der Name des/der Betroffenen mitgeteilt werden. Der
sozialpsychiatrische Dienst kann dem/der Betroffenen dann ein Gesprächsangebot machen und
ggfs. eine dringend notwendige Behandlung anbahnen. Auch kann dem/der Betroffenen dort von
Sozialarbeitern Beratung und Unterstützung in alltäglichen Belangen angeboten werden. Dennoch
können auch bei diesen Erkrankungen den Betroffenen natürlich nur Angebote gemacht werden,
solange keine Gefahr besteht, dass derjenige/diejenige sich selbst oder andere erheblich gefährdet.

- Sollte ein vielleicht chronisch psychisch kranker Mensch immer wieder persönlichen oder
telefonischen Kontakt zu einem Amnesty-Büro suchen, kann nach Beratung mit dem
Sozialpsychiatrischen Dienst im Bezirk eine Verhaltensweise abgestimmt werden.

- Gelegentlich kommt es auch zu telefonischen Appellen von psychisch erkrankten Menschen, die
sich zum Zeitpunkt ihres Anrufes in stationärer Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus
auf einer so genannten geschlossenen Station befinden. Sie geben z. B. an, dort "inhaftiert" zu sein
oder ihre Unterbringung sei durch ihre Verfolger angestiftet worden. In der BRD ist die
Unterbringung zur Behandlung einer akuten Erkrankung oder im Rahmen einer Verschlechterung
eines psychischen Zustandes gegen den Willen einer(s) Patientin/en nur bei Eigen- oder
Fremdgefährdung möglich (und dann auch lebenserhaltend bzw. -schützend) und erfolgt unter
Einschaltung des örtlichen Amtsgerichtes bzw. nach Straftaten über das zuständige Gericht.
Die/der Betroffene bekommt einen Verfahrenspfleger zur Seite gestellt und hat die Möglichkeit,
sich mit dessen Hilfe zu beschweren oder sich selbst an das Gericht zu wenden. Im Telefonat kann
bei Bedarf darauf verwiesen werden.

Wir hoffen, mit diesen Informationen und Anregungen eine Hilfestellung im Umgang mit
entsprechenden Anfragen geben zu können und sind für Ergänzungshinweise und Anmerkungen offen.

Amnesty-Aktionsnetz der Heilberufe

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