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Europäische Kulturen

in der Wirtschaftskommunikation | 35

Christopher M. Schmidt ·
Sabine Heinemann ·
Volker Markus Banholzer ·
Martin Nielsen · Florian U. Siems Hrsg.

Soziale Themen in
Unternehmens- und
Wirtschaftskommunikation
Social Issues in Corporate and
Business Communication
Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation

Band 35

Reihe herausgegeben von


Nina Janich, Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft, TU Darmstadt,
Darmstadt, Deutschland
Martin Nielsen, Institut für Kommunikation und Kultur, Aarhus University,
Aarhus, Denmark
Christopher M. Schmidt, University Åbo Akademi, Åbo, Finland
Die Schriftenreihe verbindet aktuelle sprachwissenschaftliche, betriebs-
wirtschaftliche, kulturwissenschaftliche und kommunikationstheoretische
Fragestellungen aus dem Handlungsbereich der Wirtschaft. Im Kontext einer
interdisziplinär verankerten und interkulturell angewandten Forschung sollen
wissenschaftlich fundierte und praxisnahe Problemlösungsstrategien für die Wirt-
schaftskommunikation geschaffen werden. Auf diesem Wege wird auch eine
Überwindung traditioneller Fachgrenzen zur Erhöhung des Erkenntnisgewinns
für die einzelnen Disziplinen angestrebt.

Reihe herausgegeben von


Prof. Dr. Nina Janich Dr. Martin Nielsen
Technische Universität Darmstadt Universität Aarhus

Prof. Dr. Christopher Schmidt


Åbo Akademi, Finnland
Christopher M.  Schmidt ·
Sabine Heinemann ·
Volker Markus Banholzer ·
Martin Nielsen · Florian U.  Siems
(Hrsg.)

Soziale Themen in
Unternehmens- und
Wirtschaftskom­
munikation
Social Issues in Corporate and
Business Communication
Hrsg.
Christopher M. Schmidt Sabine Heinemann
Germanistik, Universität Åbo Akademi Institut für Romanistik/Geisteswissen-
Turku, Finland schaftliche Fakultät
Karl-Franzens-Universität Graz
Volker Markus Banholzer Graz, Österreich
Studiengang Technikjournal/ Technik-
PR, Technische Hochschule Nürnberg Martin Nielsen
Nürnberg, Deutschland Institut für Kommunikation und Kultur
Fachbereich Deutsch / Wirtschafts-
Florian U. Siems kommunikation, Aarhus University
Wirtschaftswissenschaften; Betriebswirt- Aarhus C, Denmark
schaftslehre, insb. Marketing
TU Dresden
Dresden, Deutschland

ISSN 2512-0832 ISSN 2512-0840 (electronic)


Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation
ISBN 978-3-658-40704-9 ISBN 978-3-658-40705-6 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio-


grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Planung/Lektorat: Stefanie Probst


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Einleitung

Die Rahmenbedingungen für soziale Themen im Bereich der Unternehmens-


kommunikation haben sich in den letzten Jahren rasant geändert. Nicht nur hat
die COVID-19-Pandemie neue Herausforderungen – aber auch neue Möglich-
keiten – für die sozialen Dimensionen der Kommunikation und die Interaktion
an Arbeitsplätzen gebracht. Auch bedeutet dieser Wandel ein Umdenken in der
unternehmensexternen Kommunikation, in der Vorbereitung und Schulung
künftiger Arbeitnehmer wie in der Abstimmung zwischen Arbeitswelt und Privat-
sphäre und nicht zuletzt in der Art, wie zwischenmenschliche Kommunikations-
prozesse auch unter dem neuen technischen Primat beeinflusst werden können.
Dabei existiert die (noch immer nicht überwundene) Pandemie nicht losgelöst
von anderen Umbruchprozessen. So ist u. a. durch aktuelle Entwicklungen im
Klimawandel, in den laufenden Kriegsereignissen, in den weltweiten Logistik-
und makroökonomischen Tendenzen der Bedarf an einer Neu- oder Umgestaltung
sozialer Handlungsbedarfe nicht nur in Wirtschaftsorganisationen nachhaltig
gestiegen. Diese Entwicklungen beeinflussen unsere Gesellschaften in allen ihren
Bereichen und machen eine intensive Auseinandersetzung mit den Phänomenen,
Bedingungen und Konsequenzen sozialer Themen in der aktuellen Situation not-
wendig.
Aus diesem Anlass wurde im Herbst 2021 an der schwedischsprachigen Uni-
versität Åbo Akademi in Turku/Finnland der 21. Jahreskongress der europäischen
Forschungskooperation EUKO (Europäische Kulturen in der Wirtschafts-
kommunikation) unter der Hauptthematik Soziale Themen in der Wirtschafts- und
Unternehmenskommunikation veranstaltet. Der vorliegende Band enthält aus-
gewählte Beiträge dieser Tagung und gliedert sich inhaltlich in fünf Rahmen-
themen.

V
VI Einleitung

Im ersten Rahmenthema zu Gestaltungsmöglichkeiten von sozialen


Beziehungen in digitalen Welten analysiert Volker M. Banholzer die Voraus-
setzungen, um das Konzept Industrie 4.0 um die (von der EU) anvisierte Nach-
haltigkeit zu einer Industrie 5.0 weiterentwickeln zu können. Dabei werden auch
die institutionellen und wertebasierten Bedingungen mit ihren gesellschaftlichen
Implikationen analysiert. Elisa Landmann, Henrietta Leonie Pilny, Florian U.
Siems und Bui Duc Nguyen untersuchen unter Nutzung des Event Life Cycle,
wie langfristige Beziehungen einer Organisation zu ihren Anspruchsgruppen, ins-
besondere ihren Kunden durch die neuen digitalen Kommunikationsbedingungen
beeinflusst und verändert werden. Anhand von praktischen Erfahrungen im Hoch-
schulbereich wird u. a. gezeigt, wie soziale Konstellationen neu initiiert werden
müssen. Henry Kobsch, Ricarda Conrad, Minou Goetze und Stephan Stricker
untersuchen, ob die Darstellung einer Zahlungserinnerung im Forderungs-
management das anschließende Verhalten von Konsument:innen beeinflusst.
Konkret analysieren sie, inwiefern die Formulierung einer Zahlungserinnerung
einem Phänomen der Verhaltenswissenschaften, dem Unterlassungseffekt, ent-
gegenwirken kann. Die Ergebnisse zeigen, dass Konsument:innen häufiger auf
Zahlungserinnerungen reagieren, wenn sie darüber informiert werden, dass eine
ausbleibende Reaktion als eine bewusste Entscheidung aufgefasst wird. Dieser
Effekt ist stärker für weibliche als für männliche Konsument:innen. Jörn Redler,
Lothar Rolke und Gina Giuliano untersuchen, wie sich Public Relations im Zuge
der Digitalisierung verändert hat. Anhand einer Expertenstudie wird der Ein-
fluss der voranschreitenden Digitalisierung sowie die zunehmende Bedeutung
der sozialen Medien für die Kommunikationsgestaltung, inhaltliche Aus-
richtung und das Kanalmanagement untersucht, woraus sich Schlussfolgerungen
für die Zukunft der PR-Branche ziehen lassen. Anette Hallin und Chris Ivory
argumentieren, dass die laufende digitale Transformation von so tiefgreifendem
Charakter ist, dass sie im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Sozialisation
im Allgemeinen eher als Revolution denn als bloßer (automatischer) Prozess
betrachtet werden muss. Aufgrund der Trennung von Mensch und Maschine und
der vielschichtigen Ausdifferenzierung von sozialen Beziehungen argumentieren
sie, dass die Sozialität als solche zusammen mit ihren Auswirkungen auf
Kommunikationsprozesse neu konzeptualisiert werden sollte.
Das zweite Rahmenthema befasst sich mit den Herausforderungen
sozialer Dimensionen in der Unternehmenskommunikation. Eva-Maria
Jakobs untersucht, wie Unternehmenskommunikation während des COVID-
19-Lockdowns im unternehmensinternen Bereich unvorbereitet und kurzer-
hand gezwungen war, sich zu verändern. Anhand einer Befragung deutscher
Einleitung VII

Manager:innen im Zeitraum März 2020 bis September 2021 wird gezeigt, wie
Unternehmen vor allem in ihrer internen Kommunikation betroffen waren,
wie sie mit den veränderten Kontextbedingungen umgingen und warum die
gemachten Hybriderfahrungen auch in Zukunft weiterentwickelt und Ein-
fluss auf die Unternehmenskommunikation haben werden. Aufgrund der
Zunahme von Partizipationsgewohnheiten in vielen Bereichen der Unter-
nehmenskommunikation untersuchen Marianne Grove Ditlevsen und Anne
Grethe Julius Pedersen die Möglichkeiten, Stakeholder:innen auch im Bereich
der Investor Relations in eine aktivierende und mitgestaltende Beziehung zu
Unternehmen zu bringen. Dies geschieht auf der Basis einer exemplarischen
Expert:innenbefragung sowie auch durch Auswertung der rechtlichen Rahmen-
bedingungen. Elisa Landmann, Florian U. Siems und Bui Duc Nguyen stellen
dar, inwieweit die Kommunikation mit Anspruchsgruppen durch die Anwendung
von Big Data, Künstlicher Intelligenz und Predictive Analytics unerwünschte
Phänomene wie z. B. Rassismus oder soziale Normverletzung nach sich ziehen
kann und welche Implikationen sich aus diesen Gefahren für Wissenschaft
und Praxis ableiten lassen. Da Fußballvereine – ähnlich wie Wirtschaftsunter-
nehmen – mittlerweile eine eigenständige CSR-Strategie verfolgen, um mög-
lichen Erwartungen von Zielgruppen zu entsprechen, untersucht Martin Nielsen,
inwieweit die Vereine der ersten deutschen Bundesliga Formen des sozialen
Engagements auf ihren Homepages kommunizieren. Dabei werden die Dar-
stellungen verschiedener Sozialprojekte vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen
Aktivitäten der Vereine in Bezug auf Unstimmigkeiten, mangelnde inhalt-
liche Zusammenhänge und Paradoxien ausgewertet und die Praxis der CSR-
Kommunikation kritisch hinterfragt.
Im dritten Rahmenthema – COVID-19 und soziale Kommunikation –
behandelt Henrietta Leonie Pilny die Frage, wie Unternehmen die Beziehungen
zwischen den eigenen Konsument:innen in Zeiten der pandemiebedingten
Distanzkontakte mitgestalten können. Auf der Basis des Kano-Modells wird
gezeigt, wie über digitale Plattformen sowohl Kundenbeziehungen und
-bindungen an das Unternehmen als auch Weiterbildungsmöglichkeiten für
Angestellte ermöglicht werden. Sophia Hellenthal und Marcus Stumpf unter-
suchen, durch welche Faktoren Entscheidungsfindungen während einer Pandemie
in unvorhergesehenen Situationen erklärt werden können und welche Rolle die
Medien dabei spielen. Angela Bittner-Fesseler und Astrid Nelke zeigen, wie in
Klein(st)unternehmen die Pandemie eine Transformation in hybride Arbeits-
weisen und Kommunikation basierend auf Gegenseitigkeit fördern konnte. Der
daraus entstehende mögliche Kulturwandel in der Internen Kommunikation ist
VIII Einleitung

demnach entscheidend von der Art des Engagements seitens des Managements
abhängig.
Das vierte Rahmenthema widmet sich Fragen der Didaktisierung in der
Unternehmenskommunikation. Margret Mundorf und Eva Seidl präsentieren
die Ergebnisse einer transnationalen Vergleichsstudie zur Sprach- und
Kommunikationskompetenz zwischen dem Fachbereich Betriebswirtschaft an der
Hochschule Kaiserslautern und dem Studiengang Transkulturelle Kommunikation
am Institut für Translationswissenschaft an der Universität Graz. Dabei wird
die lern- und lehrbedingte Verflechtung von Sprach- und Kommunikations-
Kompetenz mit fachspezifischen Kompetenzen aufgezeigt und der gemeinsame
Erkenntnisrahmen zur Kompetenzgestaltung im Bereich dieser zwei unterschied-
lichen Curricula einsichtig gemacht. Awais Malik, Bärbel Fürstenau und Mandy
Hommel untersuchen anhand einer empirischen Studie, wie Benutzer mit den
digitalen Instrumenten auf Bankenhomepages mit Blick auf die Planung und
Umsetzung finanzieller Entscheidungen zurechtkommen. In einer Vergleichs-
studie konnte aufgezeigt werden, dass Benutzer von User Interface-Plattformen
bessere und haltbarere Lösungen als Benutzer traditioneller Websites erreichen
konnten.
Im fünften Rahmenthema zur Beziehungsgestaltung und Resilienz unter-
suchen Caroline Muss und Bärbel Fürstenau auf der Grundlage von Interviews,
welche Bedeutung Empathie in täglichen Arbeitsplatzinteraktionen für die
Rezipient:innen hat. Die Studie zeigt, wie und warum erfahrbare Empathie am
Arbeitsplatz zu verbesserten Arbeitsprozessen führt und anhand welcher Faktoren
dies optimiert werden kann. Natalie Peters und Bärbel Fürstenau zeigen die
Bedeutung onlinebasierter Ausbildungsformate für das Stressmanagement und
die Resilienzförderung bei zukünftigen Arbeitnehmer:innen. Die Ergebnisse
einer Intervention mit einer Versuchs- und einer Kontrollgruppe sowie die daraus
zu ziehenden Schlussfolgerungen für Ausbildungsformate werden präsentiert.
Gerda-Marie Adenau und Ianina Scheuch behandeln die Frage organisationaler
Resilienz in Zeiten extern induzierter Krisen, wie z. B. zur Zeit der COVID-
19-Pandemie. Anhand einer Befragung von Kommunikationsverantwortlichen
in einem deutschen Hightech-Unternehmen wird gezeigt, wie organisationale
Resilienz gegriffen werden kann und welche Schlussfolgerungen sich daraus für
die Unternehmenskommunikation ergeben. Der Band schließt mit einer kultur-
vergleichenden Studie zur Selbstbezüglichkeit und Beziehungsgestaltung in
Restaurantbewertungen in Deutschland und China. Hier präsentiert Jianqin Jiang
die Ergebnisse einer cross-kulturellen Analyse mit den relevanten Kulturspezifika
dieser scheinbar universalen Textsorte.
Einleitung IX

Somit vereint der vorliegende Band grundsätzliche, methodische sowie auch


empirische Erkenntnisse aus dem weiten Bereich der sozialen Beziehungen in der
Wirtschaft, welche zum Zeitpunkt der Tagung vor allem durch die Erfahrungen
aus der Corona-Pandemie geprägt waren. Der Mehrwert des vorliegenden Bandes
liegt neben den Einzelleistungen der Beiträge auch in der fachlichen Vielseitig-
keit und der damit einhergehenden interdisziplinären Tragweite. So sind die
Ergebnisse oft auch auf andere Bereiche sozialer Interaktion übertragbar, und
nicht zuletzt im Kontext der aktuellen Krisen dürfte nicht nur die wissenschaft-
liche Öffentlichkeit ein Interesse daran haben, die vorliegenden Beiträge auch
für Herausforderungen zukünftiger Art in sozialen Dimensionen verarbeiten zu
wollen.
Der besondere Dank der Herausgeberschaft gilt der Paulo-Stiftung in Finn-
land, die die Publikation des vorliegenden Bandes finanziell ermöglicht hat.

Die Herausgeberschaft
Introduction

General conditions regarding social issues within the area of corporate


communication have changed rapidly in recent years. The COVID-19 pandemic
brought new challenges – but also new possibilities – to the social dimensions
of communication and interaction in the workplace. This change also means
rethinking communication outside companies, preparation and training of the
future labour force as well as alignment between the working world and the
private sphere, and not least the way human communication processes can be
influenced under the new technical conditions.
It should be considered that the pandemic, which has not yet been overcome,
does not exist detached from other disruption processes. Thus, the need for
redesigning requirements for social action has been increasing persistently,
not only in commercial organisations, due to recent developments in climate
change, in current war events, and in worldwide tendencies within logistics and
macroeconomics. These developments influence our societies in all respects and
necessitate an engagement with the phenomena, conditions and consequences of
social issues in the current situation.
For that reason, the twenty-first annual conference of the European
research cooperation EUCO (European Cultures in Corporate and Business
Communication) was held in 2021 at the Swedish-speaking University
Åbo Akademi under the topic of Social Issues in Corporate and Business
Communication. The present volume contains selected contributions from this
conference and is divided into five thematic sections.
In the first section on Possibilities for shaping social relationships in
digital worlds, Volker M. Banholzer analyses the preconditions necessary
to develop the concept of Industry 4.0 further into Industry 5.0, containing
the sustainability component announced by the EU. In the course of this,

XI
XII Introduction

institutional and value-based conditions with their societal implications are


also analysed. Using the Event Life Cycle, Elisa Landmann, Henrietta Leonie
Pilny, Florian U. Siems and Bui Duc Nguyen examine how long-term relation-
ships between an organisation and its stakeholders, particularly its customers, are
influenced and changed by the new digital communication conditions. Based on
practical experience in academia, it is, among other things, demonstrated how
social constellations have to be initiated in a new way. Henry Kobsch, Ricarda
Conrad, Minou Goetze and Stephan Stricker investigate if the presentation of a
payment reminder in claim management influences the subsequent behaviour of
consumers. Specifically, they analyse to what extent the wording of a payment
reminder can counteract a phenomenon of behavioural science, namely the
omission bias. The results show that consumers more often react to payment
reminders if they are informed that a missing reaction will be interpreted as a
cognizant decision. This effect is stronger for female than for male consumers.
Jörn Redler, Lothar Rolke and Gina Giuliano study how public relations have
changed in the course of digitalisation. Based on an expert survey, the influence
of the progressing digitalisation and the increasing importance of social media for
shaping communication, content design and channel management is investigated.
From this investigation, conclusions are drawn for the future of public relations.
Anette Hallin and Chris Ivory argue that the current digital transformation
is of such profound nature that it should be regarded rather as a revolution
than as a mere (automatic) process in terms of its impact on socialisation in
general. Because of the separation of man and machine and the multi-layered
differentiation of social relationships, they argue that sociality as such together
with its impact on communication processes should be re-conceptualised.
The second section deals with the Challenges of social dimensions in
corporate communication. Eva-Maria Jakobs examines how corporate
communication during the COVID-19 lockdown was forced to change
unpreparedly and immediately in the area of internal communication. Based
on a survey of German managers in the period from March 2020 to September
2021, it is shown how companies, particularly in their internal communication,
were affected, how they dealt with the changed contextual conditions, and why
the experiences with the hybrid will be developed further in future and have
influence on corporate communication. Because of the increase in participation
habits in many areas of corporate communication, Marianne Grove Ditlevsen and
Anne Grethe Julius Pedersen investigate the possibilities of bringing stakeholders
into an activating and co-shaping role also in the area of investor relations. This
happens on the basis of an exemplary survey of experts and through processing
legal conditions. Elisa Landmann, Florian U. Siems and Bui Duc Nguyen show
Introduction XIII

in what way communication with stakeholders can cause undesirable phenomena


like racism or violation of social norms by using Big Data, Artificial Intelligence
and Predictive Analytics and what implications can be derived from these dangers
for science and practice. Because football clubs – similar to corporations – pursue
an autonomous CSR strategy in order to meet possible expectations from target
groups, Martin Nielsen investigates to what extent clubs of the first German
football league (Bundesliga) communicate forms of social engagement on their
homepages. Moreover, the presentations of different social projects are analysed
against the background of the commercial activities of the clubs in terms of
incongruities, lacking content correlation and paradoxes, and their practice of
CSR communication is questioned critically.
In the third section – COVID-19 and social communication – Henrietta
Leonie Pilny deals with the question of how companies can contribute to shaping
the relationship between their own consumers in times of pandemic induced
distant contacts. Based on the Kano model, it is shown how both customer
relationships and customer attachment to the company as well as possibilities for
continuing education for employees are enabled through digital platforms. Sophia
Hellenthal and Marcus Stumpf investigate which factors may explain decision-
making during a pandemic in unanticipated situations and what role the media
play in that connection. Angela Bittner-Fesseler and Astrid Nelke show how
the pandemic was able to promote a transformation into hybrid working modes
and communication based on reciprocity in small(est) companies. The resulting
possible cultural change in internal communication is crucially dependent of the
kind of commitment of the management.
The fourth section is dedicated to questions of Didactisation in corporate
communication. Margret Mundorf and Eva Seidl present the results of a trans-
national comparative study on language and communication competencies
between the subject area of Business Administration at the University of Kaisers-
lautern and the study programme, Transcultural Communication, at the Depart-
ment of Translation Studies at the University of Graz. In this context, the learning
and teaching related intertwining of language and communication competencies
with subject specific competencies is demonstrated and the common frame of
understanding for shaping competence within these two different curricula is
illustrated. In an empirical study, Awais Malik, Bärbel Fürstenau and Mandy
Hommel investigate how users deal with digital instruments on bank homepages
in terms of planning and implementation of financial decisions. In a comparative
study, it was demonstrated that users of user interface platforms were able to
acquire better and more long-term solutions than users of traditional websites.
XIV Introduction

In the fifth section on Relationship management and resilience, Caroline


Muss and Bärbel Fürstenau conduct an interview-based study on the meaning
empathy has for recipients in daily workplace interactions. The study shows
how and why empathy experienced in the workplace leads to improved working
processes and on the basis of what factors this can be optimised. Natalie Peters
and Bärbel Fürstenau demonstrate the importance of online based educational
formats to stress management and the promotion of resilience with future
employees. The results of an intervention with a test and a control group and
the conclusions to be drawn for educational formats are presented. Gerda-Marie
Adenau and Ianina Scheuch treat the question of organisational resilience in times
of externally induced crises, e.g. in times of the COVID-19 pandemic. Based on a
survey of people responsible for communication in a German high-tech company,
it is shown how organisational resilience can be understood and what conclusions
for corporate communication follow from this. The volume finishes with a cross-
cultural study on self-reference and relationship shaping in restaurant reviews in
Germany and China. In that article, Jianqin Jiang compares the results of a cross-
cultural analysis to the relevant cultural specifics of this seemingly universal text
genre.
In that way, this volume unites principal, methodological as well as empirical
understandings in the vast field of social relations in business and economics,
which at the time of the conference were particularly shaped by experiences
from the coronavirus pandemic. The added value of this volume, apart from the
contributions of the individual articles, lies in the disciplinary versatility and the
subsequent interdisciplinary scope. Thus, the results will also be transferable to
other areas of social interaction, and not least in the context of current crises. It
should not only be the scientific public that would have an interest in processing
the present contributions in the light of future challenges in social dimensions.
Special thanks are due to the Paulo Foundation in Finland who financially
made the publication of this volume possible.

The editors
Inhaltsverzeichnis

Rahmenthema 1: Gestaltungsmöglichkeiten von sozialen


Beziehungen in digitalen Welten – Topic 1: Possibilities for
shaping social relationships in digital worlds
Industry 5.0 als soziale Erweiterung von Industrie 4.0? Der
industriepolitische Versuch der EU einer konzeptionellen und
kommunikativen Integration sozialer Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Volker Markus Banholzer
Lessons learned from COVID-19: Zwischenmenschliche
Kommunikation in digitalen Geschäftsbeziehungen – eine
beziehungsmanagementorientierte Betrachtung auf
Basis des Event Life Cycle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Elisa Landmann, Henrietta Leonie Pilny, Florian U. Siems und
Bui Duc Nguyen
Digital Communication Strategies: The Impact of Framing
in Debt Collection Messages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Henry Kobsch, Ricarda Conrad, Minou Goetze und Stephan Stricker
Public Relations im Zeitalter zunehmender Digitalisierung:
Erkenntnisse einer explorativen Expert:innenstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Jörn Redler, Lothar Rolke und Gina Giuliano
Social Issues or the Social as an Issue—Rethinking Sociality
in a Post-Digital Era. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Anette Hallin and Chris Ivory

XV
XVI Inhaltsverzeichnis

Rahmenthema 2: Herausforderungen sozialer Dimensionen


in der Unternehmenskommunikation – Topic 2: Challenges of social
dimensions in corporate communication
Unternehmenskommunikation in Bewegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Eva-Maria Jakobs
Zur Partizipation in der Investor Relations-Kommunikation –
Perspektiven aus Theorie und Praxis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Marianne Grove Ditlevsen und Anne Grethe Julius Pedersen
Kommunikationsanwendungen mit Big Data und KI –
technisch fortschrittlich, aber sozial bedenklich? Eine kritische
Diskussion zum aktuellen Stand in Forschung und Praxis
aus Sicht des Relationship Marketing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Elisa Landmann, Florian U. Siems und Bui Duc Nguyen
Fußballerisches soziales Engagement oder redwashing? Framing
von CSR-Kommunikation in der Bundesliga. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Martin Nielsen

Rahmenthema 3: COVID-19 und soziale Kommunikation –


Topic 3: COVID-19 and social communication
COVID-19 and On-Site Customer-to-Customer Interactions:
Opportunities and Challenges for Organizations in Times
of Spatial Distance and Social Closeness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Henrietta Leonie Pilny
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse einer empirischen Studie
zu Konsumentenentscheidungen im Zuge der Corona-Pandemie. . . . . . . 237
Sophia Hellenthal und Marcus Stumpf
Es geht nicht „um Schafe, die Führung benötigen“ –
Kommunikation und Kommunikationsstrukturen für mündige
Beschäftigte in der Covid-19-Pandemie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Angela Bittner-Fesseler und Astrid Nelke
Inhaltsverzeichnis XVII

Rahmenthema 4: Didaktisierung in der


Unternehmenskommunikation – Topic 4: Didactisation in
corporate communication
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation für den Beruf
erlernen: Eine länderübergreifende, transdisziplinäre Kooperation
mit Blick auf Fachwissen, Fachsprachenwissen und
Fachkommunikation im Studium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
Margret Mundorf und Eva Seidl
User Interface (UI) Design of Banks’ Web Pages and
Its Influence on Fostering Financial Literacy of Users Through
Informal Learning. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
Awais Malik, Bärbel Fürstenau and Mandy Hommel

Rahmenthema 5: Beziehungsgestaltung und Resilienz –


Topic 5: Relationship management and resilience
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work
Communication—Insights from an Exploratory Interview Study. . . . . . . 323
Caroline Muss and Bärbel Fürstenau
Stressmanagement und Resilienzförderung für zukünftige
Arbeitnehmer und Führungskräfte während der Coronakrise. . . . . . . . . 347
Natalie Peters und Bärbel Fürstenau
Organisationale Resilienz in Zeiten der COVID-19-Pandemie –
eine empirische Fallstudienanalyse in einem deutschen Hightech-
Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
Gerda-Marie Adenau und Ianina Scheuch
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung in
Restaurantbewertungen. Ein Vergleich Deutschland – China. . . . . . . . . . 393
Jianqin Jiang
Herausgeber- und Autorenverzeichnis

Über die Herausgeber

Christopher M. Schmidt ist Univ.-Professor für Germanistik an der finnland-


schwedischen Universität Åbo Akademi. Er promovierte 2000 in Germanistik
(Åbo Akademi) und habilitierte 2010 im Fach Interkulturelle Wirtschafts-
kommunikation (Friedrich-Schiller-Universität Jena). Er ist Gründungsmitglied
der EUKO und auch Mitbegründer und Leiter des interdisziplinären Double-
Degree-Masterstudiengangs Werbung interkulturell – InterculturAd zusammen
mit der KU Eichstätt-Ingolstadt und Initiator verschiedener Forschungs-
kooperationen in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Seine Forschungsschwer-
punkte sind Kognitive Linguistik, Interkulturelle (Wirtschafts-) Kommunikation,
Texttheorie, Semiotik, Rhetorik, PR- und Marketingkommunikation. ORCID:
0000-0003-1782-376X. Kontakt: cschmidt@abo.fi.

Sabine Heinemann Univ.-Prof. für Romanische Sprachwissenschaft (Italienisch,


Französisch) an der Karl-Franzens-Universität Graz/Österreich. 1992–1999
Studium und Promotion der Italienischen Philologie, Germanistischen Linguistik
und Kommunikationswissenschaft bzw. Psycholinguistik an der LMU München.
1998–2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Assistentin an der Universität
Regensburg, 2011 Habilitation, seit 2008 Univ.-Professorin in Graz. Forschungs-
schwerpunkte: Kognitive Semantik, Sprachwandel (v. a. Morphologie), Minder-
heitensprachen (v. a. Friaulisch), Werbesprache, Politsprache

Volker Markus Banholzer Prof., leitet an der Technischen Hochschule


Nürnberg den Studiengang Technikjournalismus/Technik-PR. Forschungs-
schwerpunkte sind Innovations- und Technikkommunikation in Journalismus,
Marketing und PR; Innovation and Technology Governance, Technikkonflikte

XIX
XX Herausgeber- und Autorenverzeichnis

und Technology Assessment sowie Technik- und Kommunikationskulturen in


Norwegen, Schweden und Deutschland. ORCiD: 0000-0003-1382-0713 Kontakt:
volkermarkus.banholzer@th-nuernberg.de

Martin Nielsen Diplomfachübersetzer und -dolmetscher; Dr. (ph.d.); Associate


Professor an der Universität Aarhus/Dänemark (Institut für Kommunikation
und Kultur); Promotion 1999 über Unternehmensbroschüren. Forschungs-
schwerpunkte: interkulturelle Wirtschafts- und Unternehmenskommunikation,
internationale Marketing- und PR-Kommunikation, deutsche und dänische
Werbesprache, Textsortenlinguistik. Publikationen innerhalb dieser Felder zu u. a.
Stellenanzeigen als Employer Branding, Storytelling in der Werbung, Stereotype
in der Werbung sowie zur Kommunikation im Fußball (Namensponsoring von
Stadien, Markenidentität von Fußballvereinen in digitalen Medien, CSR- und
Diversity-Kommunikation in Fußballorganisationen). Lehre in unterschiedlichen
Feldern und Disziplinen, u. a. Branding, Change Communication, internationale
Marktkommunikation. Diverse Koordinations- und Repräsentationsfunktionen
(u. a. Fachbereichskoordinator, Mitarbeiterrepräsentant im Institutforum)

Florian U. Siems Prof. Dr., ist seit 1.12.2013 Inhaber der Professur für Betriebs-
wirtschaftslehre, insbesondere Marketing an der Technischen Universität
Dresden. Vorherige berufliche Stationen waren u. a. die RWTH Aachen Uni-
versity, die Fachhochschule Salzburg, die TU München sowie die Universität
Basel. Neben seinen Tätigkeiten an Hochschulen war und ist Florian Siems auch
in der Praxis aktiv, u. a. als Consultant und Coach. Sein Forschungsschwerpunkt
ist das Relationship Marketing

Autorenverzeichnis

Gerda-Marie Adenau M.A., Siemens AG, München, Deutschland


Volker Markus Banholzer Technische Hochschule Nürnberg, Fakultät AMP/
Studiengang Technikjournalismus/Technik-PR, Nürnberg, Deutschland
Angela Bittner-Fesseler SRH Fernhochschule – The Mobile University, Ried-
lingen, Deutschland
Ricarda Conrad PAIR Finance GmbH, Berlin, Germany
Herausgeber- und Autorenverzeichnis XXI

Marianne Grove Ditlevsen Dr. (PhD), Institut für Kommunikation und Kultur,
Abteilung für Deutsch und Romanische Sprachen, Aarhus Universität, Aarhus C,
Dänemark
Bärbel Fürstenau Prof. Dr., Fakultät Wirtschaftswissenschaften, TU Dresden,
Dresden, Deutschland
Gina Giuliano M.Sc, Vontobel AG, Zürich, Schweiz
Minou Goetze Dr., Psychology School, Fresenius University of Applied
Science, Hamburg, Germany
Anette Hallin Åbo Akademi University, Åbo, Finnland
Sophia Hellenthal M.Sc., Gelnhausen, Deutschland
Mandy Hommel Prof. Dr., Fakultät Elektrotechnik, Medien, Informatik; Fakul-
tät Maschinenbau und Umwelttechnik, OTH Amberg-Weiden, Amberg, Deutsch-
land
Chris Ivory Mälardalen university, Stockholm, Sverige
Eva-Maria Jakobs Prof. Dr. phil., Institut für Sprach- und Kommunikations-
wissenschaft, RWTH Aachen University, Aachen, Deutschland
Jianqin Jiang School of Foreign Languages, Tongji University, Shanghai, China
Henry Kobsch Chair of Marketing, TU Dresden, Dresden, Germany
Elisa Landmann Dipl.-Wi.-Ing., TU Dresden, Fakultät Wirtschaftswissen-
schaften, Professur für BWL, insb. Marketing, Dresden, Deutschland
Awais Malik Fakultät Wirtschaftswissenschaften, TU Dresden, Dresden,
Deutschland
Margret Mundorf M.A., Hochschule Kaiserslautern, Worms, Deutschland
Caroline Muss M.Sc., TU Dresden, Professur für Wirtschaftspädagogik, Fakul-
tät Wirtschaftswissenschaften, Dresden, Deutschland
Astrid Nelke HAM Hochschule für angewandtes Management, Ismaning,
Deutschland
Bui Duc Nguyen M. Sc., AOK Plus, Dresden, Deutschland
Martin Nielsen Dr. (ph.d.), Institut für Kommunikation und Kultur, Universität
Aarhus, Aarhus C, Dänemark
XXII Herausgeber- und Autorenverzeichnis

Anne Grethe Julius Pedersen Dr. (PhD) Department of Culture and Learning,
Aalborg University, Aalborg Ost, Dänemark
Natalie Peters Professur für Wirtschaftspädagogik, Fakultät Wirtschaftswissen-
schaften, TU Dresden, Dresden, Deutschland
Henrietta Leonie Pilny M. Sc., TU Dresden, Fakultät Wirtschaftswissen-
schaften, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Marketing, Dresden,
Germany
Jörn Redler Prof. Dr., Abteilung: MSB – Mainz School of Business, Mainz
University of Applied Sciences, Mainz, Deutschland
Lothar Rolke Prof. Dr., MSB – Mainz School of Business, Mainz University of
Applied Sciences, Mainz, Deutschland
Ianina Scheuch M.A., Professur für Wirtschaftspädagogik, TU Dresden,
Dresden, Deutschland
Eva Seidl Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft,
Universität Graz, Graz, Österreich
Florian U. Siems Prof. Dr., TU Dresden, Fakultät Wirtschaftswissenschaften,
Professur für BWL, insb. Marketing, Dresden, Deutschland
Stephan Stricker PAIR Finance GmbH, Berlin, Germany
Marcus Stumpf Prof. Dr., Frankfurt am Main, Deutschland
Rahmenthema 1: Gestaltungsmöglichkeiten
von sozialen Beziehungen in digitalen
Welten – Topic 1: Possibilities for shaping
social relationships in digital worlds
Industry 5.0 als soziale Erweiterung von
Industrie 4.0? Der industriepolitische
Versuch der EU einer konzeptionellen
und kommunikativen Integration
sozialer Themen

Volker Markus Banholzer

Zusammenfassung

Soziale Perspektiven wie Nachhaltigkeit oder die Arbeitsmarktentwicklung


sowie der gesellschaftliche Zusammenhalt bestimmen angesichts der Klima-
krise und verstärkt durch die Corona-Pandemie die gesellschaftliche Agenda.
Damit geht einher, dass Konzepte mit dem Fokus auf Technik und techno-
logischen Politikansätzen um diese sozialen Dimensionen inhaltlich und
kommunikativ erweitert werden. Seit dem Jahr 2019 versucht zum Beispiel
die EU-Kommission mit dem Konzept Industry 5.0 soziale Dimensionen wie
Umweltschutz, Ressourcenschonung und gesellschaftliche Verantwortung
von Industrie mit deren Hauptfokus der digitalen Transformation zusammen-
zubringen. Die Begriffswahl dokumentiert, dass man einerseits an den
kommunikativen und politikprägenden Erfolg von Industrie 4.0 anknüpfen
will, andererseits, dass es mit der Integration sozialer Dimensionen um eine
evolutionäre Verbesserung der Industriepolitik in Richtung eines holistischen
Innovationsansatzes gehen soll, der Industrie 4.0 und Green Deal integrieren
kann. Der Initiative der EU-Kommission fehlen aber (noch) wesentliche

V. Markus Banholzer (*)


Technische Hochschule Nürnberg, Fakultät AMP/Studiengang Technikjournalismus/
Technik-PR, Nürnberg, Deutschland
E-Mail: volkermarkus.banholzer@th-nuernberg.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 3


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_1
4 V. Markus Banholzer

Faktoren, die zum Erfolg von Industrie 4.0 beigetragen haben. Aus der Ana-
lyse dieser Faktoren lassen sich Hinweise ableiten, wie Industry 5.0 als
holistische und das Soziale integrierende Industriepolitik kommunikativ und
als Policy erfolgreich werden kann. Das Konzept Industry 5.0 ist einerseits auf
vermittelnde Institutionen und Personen (Policy-Broker) angewiesen, die über
die notwendige Deutungshoheit (epistemische Autorität) und Authentizität
verfügen. Andererseits sind für die normative Erweiterung bislang vor allem
technikzentrierter Ansätze neben Vermittlungsinstanzen auch Institutionen und
Strukturen erforderlich, die allgemein einen pluralistischen, konflikthaften
und partizipativen Diskurs sowie die Vermittlung von Werten (Valorisierung)
ermöglichen.

Schlüsselwörter

Innovation · Industriepolitik · Innovationskommunikation

1 Kontroverse um Industry 5.0 – zur Einführung

Industry 5.0 wurde von der EU-Kommission in Abgrenzung zur bisherigen


europäischen Industriepolitik als neues, ambitionierteres und mehr systematisch
ausgerichtetes Paradigma definiert (European Commission 2022a). Laut EU
Expert:innen des Directorate-General for Research and Innovation handelt es sich
bei der bisher verfolgten Strategie Industrie 4.0 im Wesentlichen um ein technik-
zentriertes Paradigma.1 Das Konzept Industrie 4.0 umfasst Maßnahmen, Techno-
logien und neue Geschäftsmodelle, die auf der intelligenten, digitalen Vernetzung
von Maschinen und Abläufen in der Industrie beruhen und mit einer intensiven
Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien einhergeht (vgl.
Banholzer 2018). D. h. im Mittelpunkt stehen cyber-physikalische Systeme (CPS)
und deren digitale Vernetzung. CPS umfassen mechanische Komponenten, Soft-
ware und Informationstechnik. Durch die Vernetzung der einzelnen Komponenten
über Netzwerke wie das Internet lassen sich komplexe Infrastrukturen steuern,
regeln und kontrollieren (vgl. Koch und Grimm 2022). Der Einsatz von CPS
und künstlicher Intelligenz wird vor allem unter dem Aspekt einer höheren

1 Indiesem Kontext wird der Begriff Industrie 4.0 bewusst in deutscher Schreibweise und
Industry 5.0 in englischer Schreibweise verwendet, um die Urheberschaften, den deutschen
Industriekontext einerseits und die EU-Kommission andererseits, zu kennzeichnen.
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 5

Effizienz im Produktionsprozess betrachtet, weshalb die Expert:innen der EU-


Kommission betonen, dass Industrie 4.0 nicht der richtige Rahmen ist, um die
„Grand Challenges“ (vgl. Decker et al. 2018) bewältigen zu können. Industrie
4.0 ist demnach nicht geeignet, um im Kontext der Klimakrise und des Notstands
des Planeten Lösungen zu finden, und verfehlt auch die Suche nach Lösungen zur
Überwindung tiefer sozialer Spannungen (European Commission 2022a). Industry
5.0 kann aus dieser Perspektive als die soziale Erweiterung des eher technisch
fokussierten Konzepts Industrie 4.0 beschrieben werden.

Industry 5.0 provides a vison of industry that aims beyond efficiency and
productivity as the sole goals, and reinforces the role and the contribution of
industry to society. It places the wellbeing of the worker at the centre of the
production process and uses new technologies to provide prosperity beyond jobs
and growth while respecting the production limits of the planet. It complements
the existing „Industry 4.0“ approach by specifically putting research and innovation
at the service of the transition to a sustainable, human-centric and resilient
European industry. (European Commission 2020a)

Diese Definition der EU-Kommission und die Ausführungen zu diesem Konzept


(European Commission 2020b, 2021 und 2022a) suggerieren eine Linearität
oder Evolution der Ansätze, die einfach nachzuvollziehen sein müsste. Aber: Die
kontroverse Debatte um den Begriff Industry 5.0 ist – und das vorwiegend im
deutschsprachigen Kontext – bereits in vollem Gange. Die Kommentare reichen
von der Bewertung als „begrifflichem Unsinn“ (Liggesmeyer 2021) bis zur Wahr-
nehmung als „notwendige Kurskorrektur in der Industrie“, die bezeichnender-
weise nicht von dieser selbst, sondern von der EU-Kommission initiiert wurde
(Buchinger 2021), oder Gesellschaft 5.0 und Industry 5.0 werden als die Zukunft
Europas imaginiert (Carayannis und Morawska-Jancelewicz 2022). Xu et al.
(2021) fragen, ob es sich mit Industrie 4.0 und Industry 5.0 um die Koexistenz
zweier industrieller Revolutionen handelt oder es als eine Fortsetzung, eine
Evolution von einer Stufe zur nächsten innerhalb der industriellen Konzepte zu
sehen ist. Carayannis und Morawska-Jancelewicz (2022) beurteilen dies anders,
wenn sie resümieren, dass Konzepte der Gesellschaft 5.0 und der Industry 5.0
„keine einfache chronologische Fortsetzung oder eine Alternative zum Paradigma
der Industrie 4.0“ sind.
Aus den Formulierungen der EU-Kommission wird deutlich, dass es ihr daran
gelegen ist, eine Kontinuität in der Entwicklung industrieller Revolutionen und
damit auch von Industrie 4.0 hin zu Industry 5.0 zu konstruieren (vgl. European
Commission 2020b, S. 5). Zudem lässt sich vermuten, dass die Begriffs-
wahl bewusst an die kommunikativen Erfolge von Industrie 4.0 anknüpfen soll.
6 V. Markus Banholzer

Außerdem formuliert das Konzept der EU-Kommission explizit, den bisherigen


an Technologien orientierten industriellen Revolutionen mit Industry 5.0 eine
weitere hinzufügen zu wollen, die aber nicht nur Technik, sondern auch soziale
und ökologisch relevante Werte unterstützt und fördert (ebd.). Das kann als
Antwort auf eine Krisensituation der Postspätmoderne (Reckwitz 2021) oder
als Antwort auf das normative Defizit technologischer Regierungs- und Politik-
konzeptionen (August 2021) gewertet werden. Als technologische Politik-
konzeption bezeichnet Vincent August (2021, S. 375) die Ansätze von Politik, die
in Anlehnung an die Kybernetik auch Systeme und Netzwerkstrukturen in Politik
und Gesellschaft betont, auf Experimentier- und Risikobereitschaft in komplexen
Kontexten setzt und einem Innovationsimperativ folgt (vgl. Hutter et al. 2016,
S. 16). Dieser Imperativ gerät angesichts fehlender Wertvorgaben, d. h. wegen
der normativen Lücke, die Netzwerk-Idee und Neoliberalismus gleichermaßen
nicht füllen, in die Kritik. In den Worten von Andreas Reckwitz (2021, S. 120)
wird aktuell die Krise „des am Fortschritt orientierten Regime[s] des Neuen“
virulent, was Vincent August (2021) als Sichtbarwerden der normativen Defizite
sowohl des Neoliberalismus und der Marktorientierung als auch der Netzwerk-
Idee beschreibt. Der Technikfokus eines Konzeptes Industrie 4.0, der Fokus auf
der Problemlösungskompetenz von Innovation und Technikentwicklung sowie
die Orientierung an Marktmechanismen sind Ausdruck eines technologischen
Regierungsdenkens, das staatlichen oder suprastaatlichen Einrichtungen – wie der
EU – vor allem Funktionen als Rahmengeber marktförmiger Transaktionen und
Abstimmungen zuweist. Das ist von seiner Lösungskompetenz angesichts der sich
beschleunigenden Klimakrise und jüngst der Corona-Pandemie deutlich an seine
Grenzen gestoßen. Weil der technologische Politikansatz sowohl „rhetorisch (als
auch) konzeptionell eine offene Flanke im Bereich kollektiver Selbstverständigung
und kollektiven Handelns“ (August 2021, S. 406; Hervorhebungen vom Verf. ent-
fernt) bietet, muss zumindest teilweise auf das Instrumentarium der Moderne,
wie Werte- und Missionsorientierung sowie normative Vorgaben, zurück-
gegriffen werden. Ob die begriffliche Anlehnung von Industry 5.0 an ein technik-
und effizienzorientiertes Konzept Industrie 4.0 für die Vermittlung sozialer
Dimensionen Erfolg versprechend erscheint, soll im Folgenden diskutiert werden.

2 Forschungsfrage und Methode

Industrie 4.0 ist als Begriff (vgl. Koschorke 2012), als soziotechnische Zukunft
(Schaper-Rinkel 2010) oder als leerer Signifikant (Banholzer 2021) beschrieben
worden, um die Wirkungsweise dieses Konzeptes erklären zu können. Diese
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 7

Konzepte umfassen das, was Friesike und Sprondel (2022, S. 25) mit Blick
auf Emerging Technologies als „spekulative Räume“ bezeichnet haben, deren
Konturen unscharf sind. Diese Technologien machten Versprechungen, die
flexibel sind und somit von unterschiedlichen Standpunkten, Interessens-
perspektiven jeweils unterschiedlich interpretiert bzw. als leere Signifikanten
unterschiedlich gefüllt werden können.2 Das erlaubt die Vermittlung unterschied-
licher Perspektiven und Interessen von Akteuren im relevanten Policy-Netzwerk
Industriepolitik. Politische Entscheidungen werden in politischen Teilsystemen
von Akteuren getroffen, die sich auf Basis gemeinsamer Überzeugungen in
Koalitionen zusammenschließen, um so ihre gemeinsamen Interessen im
politischen Prozess gegenüber anderen Koalitionen effektiv durchzusetzen (Grenz
und Donges 2018, S. 399). Im Teilsystem, dem Policy-Netzwerk Industrie-
politik, agieren somit unterschiedliche Akteursgruppen, die jeweils individuelle
und teilweise widersprüchliche Interessen oder Erwartungen an eine Techno-
logie formulieren. Zwischen konkurrierenden Koalitionsinteressen in Policy-
Netzwerken können individuelle und korporative Akteure vermitteln, d. h. als
sogenannte Policy-Broker wirken (Grenz und Donges 2018, S. 400), und so zum
Erfolg einer Technologie oder eines Konzeptes beitragen.
Industry 5.0 als, wie oben ausgeführt, wertebasierte Gesellschaftskonzeption
und missionsorientierte Politikgestaltung setzt implizit den Wertediskurs und die
gesellschaftliche Bereitschaft voraus, auch entstehende Transformationskosten
zu tragen. Dies geschieht jedoch in einem von der EU-Kommission initiierten
Top-down-Prozess, ohne eine Konzeption von Öffentlichkeit und politischem

2 Friesikeund Sprondel (2022) führen als Beispiel die Blockchain-Technologie an, die ob
der kontinuierlichen, kettenhaften Speicherung von Daten Kontrollierbarkeit und damit
Vertrauen generieren soll. Diese Funktion, dezentral Vertrauen herstellen zu können,
„spannt daher einen spekulativen Raum auf, in dem wir Lösungen für all die Probleme
sehen wollen, die durch Misstrauen oder den Missbrauch von Vertrauen entstehen“ (ebd.,
S. 26). Abhängig vom persönlichen Kontext der Rezipient:innen richten diese unterschied-
liche Erwartungen an diese Technologie, der spekulative Raum erweitert sich. Zudem
werden intensive Diskurse und Debatten geführt, die aber ohne Rücksicht auf die tatsäch-
lichen technischen Bedingungen und Leistungsfähigkeiten stattfinden, was letztlich zur
Enttäuschung zahlreicher Erwartungen führt. Diesen Ablauf hat das Beratungsunternehmen
Gartner in seinem Hype Cycle of Emerging Technologies abgebildet. Technologien ent-
wickeln sich bis zum Höhepunkt von vielfältigen Erwartungen, deren Enttäuschung ins Tal
der Desillusionierung führt bis sich das technisch Machbare durchsetzt und in die Phase
der Produktivität mündet (vgl. Gartner 2022). Analog der Beschreibung der Blockchain
kann auch Künstliche Intelligenz als emerging technology verortet werden (vgl. Wennker
2020), die spekulative Räume eröffnet.
8 V. Markus Banholzer

Diskursverfahren zu entwerfen oder Perspektiven von deliberativen, agonalen


oder pragmatistischen Debatten3 in pluralistischen Demokratien zu skizzieren
(vgl. Banholzer 2022a). Dieser Umstand ist sicherlich der Konstruktion der
Europäischen Union geschuldet und der Tatsache, dass das Konzept von der
Europäischen Kommission ausgearbeitet und eingeführt wurde, es damit
ein Konzept der Exekutive darstellt. Hier zeigt sich erneut das Defizit der
Europäischen Union, die parlamentarische Repräsentation noch nicht voll ent-
wickelt zu haben (vgl. Di Fabio 2014; Zielonka 2017; Maurer 2020). Wenn aber
in Transformationsprozessen Transparenz und Partizipation gefordert werden und
darüber hinaus Staat und Politik einerseits als gleichberechtigte Netzwerkakteure
mit Wirtschaft und Gesellschaft agieren, andererseits den rechtlichen Rahmen
maßgeblich bestimmen, entsteht ein Missverhältnis, das sich kontraproduktiv auf
die Akzeptanz der Missionsorientierung auswirken kann.
Mit Blick auf das erfolgreich etablierte Konzept Industrie 4.0 und der
bewusst gesetzten begrifflichen Nähe, stellt sich die für diesen Aufsatz leitende
Forschungsfrage:

Lässt sich mit Industry 5.0 das ursprüngliche Konzept Industrie 4.0 mit seinem
Fokus auf digitaler Transformation der Industrie einfach um soziale Dimensionen
wie Nachhaltigkeit sowie Prinzipien wie Missions- und Werteorientierung oder
Agilität erweitern, und kann an den kommunikativen und performativen Erfolg von
Industrie 4.0 angeknüpft werden?

Einerseits gelang es mit dem Begriff Industrie 4.0, eine mit Unsicherheit
behaftete, disruptive Transformation in einen evolutionären Prozess umzudeuten
und damit eine Schließung eines offenen Prozesses (vgl. Koschorke 2022) zu
erreichen sowie andererseits unterschiedliche Interessen im Politikfeld Industrie

3 Das Konzept der deliberativen Demokratie geht auf Jürgen Habermas zurück, der damit
einen anspruchsvollen politischen Diskurs in der politischen Öffentlichkeit zur politischen
Meinungs- und Willensbildung der Bürger:innen beschreibt. Abhängig vom diskursiven
Niveau der Debatte führe das Ergebnis dann zu ausgewogenen politischen Entscheidungen
(vgl. Schulz 2011). Dieser Ansatz ist in jüngster Zeit sowohl in der Politik- als auch der
Kommunikationswissenschaft als zu voraussetzungsreich kritisiert worden (vgl. Banholzer
2022a, S. 98). Sowohl der agonistische Ansatz, mit der bekanntesten Vertreterin Chantal
Mouffe (2016), als auch der amerikanische Pragmatismus mit John Dewey (2016 [1927])
rücken dagegen den diskursiven Konflikt in den Mittelpunkt, der das Gegenüber nicht als
Feind (antagonistisch), sondern als gleichberechtigten Gegner mit legitimen Eigeninteressen
(agonistisch) betrachtet. Die Diskussion über eine angestrebte Art von Öffentlichkeit oder
ein entsprechender Entwurf fehlt allerdings in den Überlegungen der EU.
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 9

auszugleichen. Die oben aufgeführten Beschreibungen als Vision, soziotechnische


Zukunft, spekulativer Raum von Emerging Technologies und die vorstehend
benannten Schließungen von konflikthaften Diskursen und Kompromissfindung
erfassen aber primär die Rahmenbedingungen und Konstitutionsbedingungen
des Technologiekonzeptes Industrie 4.0 und geben damit jedoch keine hin-
reichende Begründung für dessen Erfolg, der sich vor allem in der Fähigkeit zum
Agenda-Setting und Agenda Building (Pfeiffer 2015) bemessen lässt. Für den
Erfolg scheint, neben den benannten Faktoren, wesentlich die Vertretung durch
Protagonist:innen zu sein, im Falle von Industrie 4.0 die Rolle der Vertreter der
in der Hightech-Strategie der Bundesregierung verankerten Promotoren-Gruppe
für Informations- und Kommunikationstechnologien, Henning Kagermann,
Wolfgang Wahlster und Dieter Lukas. Weiterhin erscheint es wichtig gewesen zu
sein, dass mit der Begriffswahl die Anschlussfähigkeit zu in der Bundesrepublik
hegemonialen Narrativen der Industriegesellschaft und Ingenieurnation sicher-
gestellt werden konnte.
Im Folgenden werden zunächst die Erfolgsfaktoren des Konzeptes Industrie
4.0 analysiert. Nachdem das Konzept Industrie 4.0 an anderer Stelle (vgl.
Banholzer 2018, 2021; Hirsch-Kreiensen 2016; Pfeiffer 2015; Frey und Schaupp
2020) mit Blick auf Begriff und soziotechnische Zukunft bzw. Vision oder Utopie
bereits erörtert wurde, soll hier als Erweiterung auf die politikwissenschaft-
lichen Ansätze der Funktion von Policy-Brokern (vgl. Sabatier und Weible 2007;
Ingold und Varone 2011) und epistemischer Autorität (vgl. Straßheim 2013;
Liese 2020) bzw. der Modellierung von Authentizität (Goffman 1983; Szyszka
2012) zurückgegriffen werden, um die erfolgskritische Rolle von Promotoren zu
reflektieren. Dazu wird auch die Anschlussfähigkeit an hegemoniale Narrative
(vgl. Shiller 2020) betrachtet. Anschließend wird Industry 5.0 als Versuch der
EU-Kommission beschrieben, das Konzept Industrie 4.0 als einen in der Wahr-
nehmung vor allem technikfokussierten und damit technologischen Ansatz
normativ zu erweitern (August 2021). Abschließend wird das Konzept Industry
5.0 mit Blick auf die herausgearbeiteten Erfolgs- und Einflussfaktoren ein-
geordnet und mögliche Entwicklungen skizziert.

3 Kommunikative Erfolgsfaktoren von Industrie


4.0

Als geistige Urheber des Begriffs Industrie 4.0 gelten Prof. Henning Kagermann
(damals Präsident von Acatech – Deutsche Akademie der Technikwissen-
schaften), Prof. Wolfgang Wahlster (damals Leiter des DFKI – Deutsches
10 V. Markus Banholzer

Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz) und Wolf-Dieter Lukas (damals


Mitarbeiter im BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung), die
das Konzept erstmals zur Hannover Messe 2011 unter diesem Namen vor-
gestellt hatten (vgl. Kagermann und Wahlster 2021; Acatech 2021a, b). In der
Forschungsunion Wirtschaft-Wissenschaft, als Expert:innen-Gremium zur
Begleitung der Hightech-Strategie der Bundesregierung, waren Kagermann,
Lukas und Wahlster Mitglieder der sogenannten Promotoren-Gruppe für
Informations- und Kommunikationstechnologien. Ihnen fiel die Aufgabe zu, ein
Konzept zu entwerfen, das die industrielle Produktion am Standort Deutsch-
land für Anforderungen der Digitalisierung und Cyber-physikalischer Systeme
ertüchtigt und damit das Ziel erreicht, Deutschland die Position als Leitanbieter
im Maschinenbau zu erhalten (Acatech 2021b). Dazu war im Politikfeld Industrie
sowohl die Unterstützung der Politik als auch der Unternehmen, aber ebenso der
Gesellschaft erforderlich.4
Hier wird, wie erwähnt, politikwissenschaftlichen Ansätzen gefolgt und
Kagermann und Wahlster werden in ihrer Promotoren-Rolle als Policy-Broker
(vgl. Donges und Jarren 2022, S. 182) und epistemische Autoritäten (vgl. Beck
und Nardmann 2021) beschrieben. Neben den Rollen der benannten zentralen
Akteure ist zudem erfolgskritisch, dass Industrie 4.0 mit dem Fokus auf Industrie
und produzierender Wirtschaft an bestehende Narrative von Deutschland als
Ingenieur- und Industrienation anschlussfähig war und ist (vgl. Shiller 2020;
Banholzer 2018) und den informellen Institutionen (vgl. Herzog 2020) und dem
gesellschaftlichen Selbstverständnis nicht zuwiderläuft. Die Wirkmöglichkeiten
und die tatsächliche Wirkung sowohl auf Ebene des Politikfeldes als auch auf
gesellschaftlicher Ebene sind dadurch allerdings nicht hinreichend zu erklären,
weshalb ergänzend vorgeschlagen wird, dies als Wirkung von Authentizität (vgl.
Goffmann 1983; Szyszka 2012) der Industrie 4.0-Protagonisten zu modellieren.

4 Der Begriff Industrie 4.0 wird heute als selbstverständlich im industriellen, wirtschaft-
lichen aber auch politischen und gesellschaftlichen Kontexten verwendet (vgl. Frenz 2020;
Banholzer 2021, 2018). Gerade für Politik und Medien war die digitale Transformation der
industriellen Produktion und der damit einhergehende Wandel in den Geschäftsmodellen
leichter zu beschreiben. Der Begriff wurde sowohl in anderen Industrienationen, wie zum
Beispiel Norwegen (vgl. Banholzer 2021), oder der Europäischen Union aufgegriffen (vgl.
Castelo-Branco et al. 2019). Beratungsunter-nehmen oder wissenschaftliche Einrichtungen
haben Readiness-Indices entwickelt, um ein Ranking der erfolgreichsten Industrieländer
aufstellen zu können (vgl. für die Visegrad-Staaten Lazanyi und Lambovska 2020 oder all-
gemein Lichtblau et al. 2015).
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 11

3.1 Promotoren von Industrie 4.0 als Policy-Broker mit


epistemischer Autorität

Wie an anderer Stelle beschrieben (vgl. Banholzer 2018) ist die Digitalisierung
der Fertigung bzw. der Industriebranchen insgesamt nicht als kontinuierliche,
selbstverständliche Entwicklung zu beschreiben, sondern ist gekennzeichnet
von konflikthaften Diskursen um drohende Arbeitsplatzverluste durch Auto-
matisierung und Digitalisierung oder wird mit Krisenmomenten drohender
Marktverdrängung deutscher Unternehmen wegen fehlender Digitalisierung
gerahmt. Auf der anderen Seite stehen nach der kurz vorher überwundenen
Finanzkrise steigende Exportgewinne der Industrie, was die Dringlichkeit einer
Transformation infrage stellte. Industriepolitik kann als thematisch zentriertes
Policy-Subsystem oder Netzwerk beschreiben werden, das die produzierende
Wirtschaft mit Unternehmen und Verbänden, den Belegschaften und ihren Ver-
tretungen, der universitären und angewandten Forschung sowie den politischen
Handlungsträger:innen umfasst (vgl. Donges und Jarren 2022, S. 182). Inner-
halb eines solchen Subsystems organisieren sich die Akteur:innen, die eine
gemeinsame normative und kausale Sichtweise auf ein Problem oder einen
Sachverhalt haben und sich oft untereinander koordinieren in sogenannten
Advocacy-Koalitionen (ebd.). Zwischen den unterschiedlichen Advocacy-
Koalitionen können dementsprechend widerstreitende Ansichten vor-
herrschen, zwischen denen dann vermittelt werden muss. Individuelle oder
korporative Akteure können als Vermittler, sogenannte Policy-Broker, zwischen
konkurrierenden Koalitionsinteressen innerhalb von Policy-Netzwerken (Grenz
und Donges 2018, S. 400), aber auch zwischen Koalitionen verschiedener
Policy-Netzwerke sowie zwischen Politikfeldern und relevanten Teilumwelten
(Donges und Gerner 2019, S. 47) vermitteln. In modernen Gesellschaften
interagieren solche Advocacy-Koalitionen nicht mehr nur entlang einer fach-
lichen, themenspezifischen Dimension, also entlang einer funktionalen
Differenzierung, sondern es treten auch Gruppierungen in Interaktion, die aus
unterschiedlichen fachlichen Kontexten stammen. Diese Netzwerke der Inter-
aktion sind meist projekt- oder problemorientiert und lösen sich in relativ
kurzer Zeit wieder auf. Dies beschreiben Passoth und Rammert (2016) als frag-
mentale Differenzierung, die gleichzeitig zur funktionalen Differenzierung auf-
tritt, diese also nicht ablöst. Je nach Konstellation werden an die vermittelnden
Organisationen oder Personen unterschiedliche Anforderungen gestellt. Aber um
diese Rolle als Policy-Broker erfüllen zu können, sind die individuellen oder
korporativen Akteure auf epistemische Autorität angewiesen, was im Kontext
von Industrie 4.0 das Verfügen über die „Deutungshoheit über die Interpretation
12 V. Markus Banholzer

des Stands der Forschung“ (Beck und Nardmann 2021, S. 189) zu Technologien,
angewandter Forschung und Entwicklung sowie Geschäftsmodellen bezeichnet.
Für den Bereich der produzierenden Wirtschaft in Deutschland und damit für
das Policy-Subsystem Industriepolitik wurden Bedrohungen beschrieben, die
durch technische Fortschritte, durch internationale Konkurrenzfirmen und
durch die eigenen fehlenden technischen Voraussetzungen, aber auch durch
die zu geringe Transformationsbereitschaft, in der mittelständischen Wirt-
schaft entstehen (vgl. Rinke 2015; Kagermann 2015). Auf der anderen Seite
wurde mit der Dystopie der menschenleeren Fabrik (vgl. Frey und Osborne
2013) ein Konflikt mit dem Arbeitsmarkt und den Belegschaften und ihren Ver-
tretungen virulent, der auch von Nachrichtenmedien aufgegriffen wurde (vgl.
Banholzer 2018). Für beide Bereiche, sowohl für den technischen als auch für
den sozialen, waren politische Rahmensetzungen erforderlich (vgl. Baums und
Dorst 2015; Buhr 2015). Nach der Schilderung von Wahlster konnte mit dem
Begriff Industrie 4.0 und dessen Nennung in der Rede zum Hermes Award auf
der Hannover Messe 2011 die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel für das
Thema sensibilisiert (Acatech 2021b) und das Thema in der Bundespolitik und
in der Öffentlichkeit verankert werden.
Rückblickend wird deutlich, dass es den beiden Promotoren sowie den von
ihnen vertretenen Institutionen gelungen ist, erfolgreich als Policy-Broker im
Policy-Netzwerk Industriepolitik zu wirken und zwischen den konfligierenden
Positionen von notwendiger Transformation, Bewahrung bislang erfolg-
reicher Konzepte sowie Abwehr von Beschäftigungsnachteilen zu vermitteln.
Dieser Prozess ist bis heute nicht abgeschlossen, zeigt aber nach Ansicht von
Expert:innen deutliche Erfolge, die daran bemessen werden, dass Industrie 4.0
selbst als deutscher Exportschlager bezeichnet werden könne (vgl. Kagermann
2013; Pfotenhauer 2018; Giersberg 2019). Auch unter Berücksichtigung
kritischer Stimmen, die konkrete Ergebnisse in Form von Produktivitätsfort-
schritten vermissen (vgl. stellvertretend Horn 2021), lässt sich konstatieren,
dass mit dem Begriff Industrie 4.0 ein Agenda-Building gelungen ist, das alle
Akteur:innen des Policy-Netzwerks Industriepolitik, von Unternehmen über
Politik und Medien bis hin zur Gesellschaft, in ihren Diskursen beeinflusst hat
(vgl. Pfeiffer 2015, 2017; Banholzer 2021). Kagermann und Wahlster wurden
und werden sowohl von Politik als auch Medien konsultiert, um Fortschritte oder
weitere Bedarfe in der digitalen Transformation der Industrie zu kommentieren.
Die Ziffernkombination „4.0“ wird mittlerweile vielfältig in Diskursen des
Arbeitsmarktes, der Bildungs- oder Sozialpolitik als Chiffre verwendet. Dass
die benannten Promotoren diese vermittelnde Rolle wahrnehmen konnten, ist
auch in der ihnen und den von ihnen vertretenen Institutionen Acatech und DFKI
zugeschriebenen epistemischen Autorität zu verorten.
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 13

3.2 Anschlussfähigkeit an Narrative und informelle


Institutionen

Wie ausgeführt, sind moderne Gesellschaften als gleichzeitig funktional und


fragmental differenziert zu beschreiben (Passoth und Rammert 2016). Damit
Industrie 4.0 auch ein Erfolg in volatilen Netzwerkstrukturen der Gesell-
schaft werden konnte, ist neben einer epistemischen Autorität im, funktional
differenzierten, Policy-Netzwerk auch eine in der Gesellschaft, über das spezielle
Subsystem hinaus wirkmächtige epistemische Autorität erforderlich, oder in
anderen Worten, es erfordert eine epistemische Autorität auch aus Sicht der
bürgerschaftlichen Epistemologie (Beck und Nardmann 2021, S. 190). Letztere
beschreibt, dass es den Promotoren gelungen ist, allgemein Vertrauen in die
Expertisen der Forschung und hier vor allem der angewandten Forschung und
Entwicklung herzustellen. Hierfür ist es aber zentral, dass sowohl die „Überein-
stimmung mit Werten und Leitvorstellungen der politischen Kultur, die als
Deutungsreservoir und als Legitimationsressource dienen“ (ebd., S. 191) auf-
gezeigt, als auch glaubhaft gemacht werden konnte, dass Industrie 4.0 nicht mit
informellen Institutionen einer Gesellschaft in Konflikt steht. Als informelle
Institutionen bezeichnet Lisa Herzog (2020, S. 14) „soziale Normen, dessen
was akzeptiert oder abgelehnt wird in einer Gesellschaft, das wofür soziale
Anerkennung vergeben oder verweigert wird“. Alleine die Kombination bzw.
Weiterentwicklung von Robotik, Automatisierung und KI hätte wenig Wirkung
auf produzierende Unternehmen und die Wirtschaft allgemein entfalten können.
Hier ist der Argumentation des Ökonomen Robert Shiller (2020) zu folgen,
der nachweist, dass tiefgreifende ökonomische Veränderungen, wie die Trans-
formation von Geschäftsmodellen, erst dann zu erwarten sind, wenn einschlägige
gesellschaftliche Narrative zusammenwirken können. Das Konzept Industrie 4.0
kann an Narrative des Wirtschaftsstandorts Deutschland als Ingenieurnation (vgl.
Reisch 1986; Köcher 2004; Baudach und Zink 2019) und Industrienation (vgl.
Pöppel 1987; Judas 2019; Di Fabio et al. 2020) anknüpfen und so den Trans-
fer hin zu Digitalisierung und KI ermöglichen. Der Begriff Industrie 4.0 trans-
portiert Fortschrittsoptimismus und greift gleichzeitig Elemente des (technik-)
kulturellen Repertoires der Bundesrepublik auf (vgl. Banholzer 2018). Industrie
4.0 kann als Topos, d. h. als Verdichtung (Koschorke 2012, S. 236) des Industrie-
Wachstum-Narrativs verstanden werden. Auf diese Weise ist mit dem Begriff
der „Rahmen für eine Referenzerzählung (gesetzt), an der sich die folgenden
kritischen Lektüren zivilgesellschaftlicher Akteure abarbeiten müssen“ (Viehöver
2014, S. 131). Gerade durch die Unschärfe des Begriffs, die Mehrdeutig-
keiten und Polyvalenzen einschließt und spekulative Räume eröffnet, gelingt es,
14 V. Markus Banholzer

umfangreiche semantische Ressourcen zu mobilisieren (vgl. Koschorke 2012;


Friesike und Sprondel 2022), die als ökonomisches Narrativ Wirkung in Industrie
und Volkswirtschaft entfalten können (vgl. Shiller 2020, S. 12). In einer Studie
zum Arbeitsmarkt der Zukunft hatten Bertelsmanns Stiftung und Stiftung Neue
Verantwortung Szenarien entwickelt (vgl. Landmann und Heumann 2016).
Zwei der positiven Szenarien waren mit „Ingenieurnation mit Herzchen“ und
„Rheinischer Kapitalismus 4.0“ überschrieben (vgl. ebd. und auch Baudach
und Zink 2019), was die positive Konnotation mit dem Begriff Ingenieurnation
wie auch den Rückgriff auf die positiv erinnerte Wachstumsphase der Bundes-
republik zur Zeit der sogenannten Bonner Republik exemplarisch deutlich
macht. Diese Anschlussfähigkeit von Industrie 4.0 an bestehende (ökonomische
und gesellschaftliche) Narrative kann auch als Aspekt von Authentizität gesehen
werden.

3.3 Authentizität als Erweiterung von epistemischer


Autorität

Der Erfolg von Industrie 4.0 ist abhängig von (medialen) Authentizitäts-
zuschreibungen an die Adresse der handelnden und vermittelnden Akteure.
Krämer und Lobinger (2019) unterscheiden zwischen sach-, personen- und
kommunikationsbezogenen Authentizitätsbegriffen, resümieren aber, dass diese
Unterscheidungen fließende Grenzen aufweisen und gerade in medialisierten
Gesellschaften Authentizität immer als abhängig von personen- und
kommunikationsbezogenen Authentizitätsmarkern und -aspekten gesehen werden
muss.5 Sowohl Kagermann als auch Wahlster und die von ihnen repräsentierten
Institutionen verfügen in den Branchen bzw. den Wissenschaftsdisziplinen – ent-
lang der funktionalen Differenzierung – über eine hohe Reputation. Kagermann
war vor seiner Tätigkeit als Professor und Präsident der Acatech in der Industrie
im Softwareunternehmen SAP tätig. Mitglieder von Acatech sind die führenden
deutschen Technologieunternehmen, Universitäten und Hochschulen sowie
außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Wolfgang Wahlster war einer der
prominentesten Forscher im Bereich Digitalisierung, Robotik und Künstliche

5 Auch wenn das Konzept Industrie 4.0 im Sinne der Akteur-Netzwerk-Theorie als Akteur
betrachtet werden kann (vgl. Nassehi 2019), bieten sich psychologische Funktionen von
Authentizität (vgl. Hans 2017) zur Analyse von Industrie 4.0, nicht aber für Policy-Broker
an.
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 15

Intelligenz (KI), die vor allem durch das Deutsches Forschungszentrum für
Künstliche Intelligenz (DFKI) vorangetrieben wurde. Durch die Industrie-
stationen von Kagermann sowie die Forschung von Wahlster kann aus der
Perspektive bürgerlicher Epistemologie von einer legitimatorischen Funktion von
Authentizität ausgegangen werden. Kagermann und Wahlster sind „befugt“, als
Repräsentanten der Industrie und der Informatik und Elektrotechnik zu agieren,
weil sie über Authentizität im Sinne einer interindividuellen Zuschreibung durch
die Repräsentierten aus Industrie und Forschung verfügen (vgl. Hans 2017,
S. 163).
Authentizität im Sinne Goffmans (1983) ist eine Inszenierung, die dann
gelingt, wenn bei den Rezipient:innen der Eindruck entsteht, dass Akteur:innen
die jeweilige Rolle überzeugend spielen, und wenn keine fundamentalen Wider-
sprüche zwischen den Selbstdarstellungen auf verschiedenen Bühnen entstehen
(vgl. Eisenegger 2015). Authentizität ist ein Vorstellungsbild, „das einer Person
als Persönlichkeit in ihrer Eigenart als prägendes Kontinuum zugeschrieben wird“
(Szyszka 2014, S. 921), aber „ein situiertes und veränderbares soziales Konstrukt,
dessen Authentizitätsmarker je nach Kontext und Publikum unterschiedlich inter-
pretiert werden“ (Krämer und Lobinger 2019, S. 101), und „bezeichnet eine als
ganzheitlich behandelte Persönlichkeitsvorstellung, die sich Beobachter von
einer sozialen Adresse (natürliche Personen oder Organisationspersonen als
Objekt) machen“ (Szyszka 2014, S. 921). Authentizität „basiert als bewertete
Kurzbeschreibung auf einem knappen, von der Beobachterperspektive geprägten
Set als charakteristisch eingestufter Merkmale und Eigenschaften. Authentizität
schlägt sich in Verhaltenserwartungen nieder“ (ebd.). Authentizität im hier auf-
gezeigten Sinne und nach der Begriffsverwendung von Goffman bedeutet deshalb
nicht, „nach Echtheit oder Originalität zu streben“, was sich in der Perspektive
Goffmans als Fiktion erwiese, vielmehr geht es darum, „Authentizität (…) zu
steuern, das heißt Profil, Identität und Reputation sowie die kommunikativen
Entäußerungen und die Handlungsebene in Übereinstimmung“ zu halten
(Eisenegger 2015, S. 438). Gerade personenbezogene Authentizität, wie im Falle
von Kagermann und Wahlster, ist – v. a. in medial vermittelten Kontexten – nicht
ohne kommunikationsbezogene Authentizitätsmarker und -aspekte denkbar
(Krämer und Lobinger 2019, S. 102). Als Authentizitätsmarker gelten Kriterien,
die zum Beispiel Online-User anwenden, um die Authentizität von Online-
Inhalten und Online-Repräsentationen einzuschätzen. Diese Marker werden von
verschiedenen Personen in unterschiedlichen Graden für die Beurteilung von
Authentizität herangezogen (ebd., S. 115). Hierzu zählen Konsistenz, Spontanei-
tät und kuratierte Intimität, die auch auf die Rolle der Policy-Broker angewendet
werden können.
16 V. Markus Banholzer

• Konsistenz beschreibt eine (angenommene oder wahrgenommene) Überein-


stimmung zwischen der Selbstdarstellung bzw. der medial vermittelten Dar-
stellung und dem Selbst einer Person (Krämer und Lobinger 2019, S. 104 f.).
Erfüllte Konsistenz als Marker bedarf einer längerfristigen und als stabil wahr-
genommenen und eingeschätzten Selbstdarstellung handelnder Akteur:innen.
Eisenegger (2015, S. 438) unterstreicht, dass verbale und nonverbale
Kommunikation, Worte und Handlungen übereinstimmen müssen. Geplante wie
ungeplante Selbstdarstellungen müssen weitestgehend übereinstimmen bzw.
dürfen zumindest nicht die Wahrnehmung gravierender Dissonanzen erwecken
(ebd.), was den Zusammenhang mit dem Marker Spontaneität aufzeigt.
• Der Authentizitätsmarker Spontanität wird bei Sprechsituationen wie im
journalistischen Interview, bei Präsentationen und im persönlichen Gespräch
relevant. Auch als improvisiert wirkende visuelle Selbstdarstellungen werden
oftmals als authentischer wahrgenommen als sorgfältig eingenommene
Situationen, die offensichtlich auf Planung und Überlegungen beruhen (vgl.
Krämer und Lobinger 2019, S. 116).
• Auch die „dosierte Freigabe persönlicher Details, also eine kuratierte Intimi-
tät und Selbst-Offenbarung“ (Krämer und Lobinger 2019, S. 117) wirken als
Marker für Authentizität. Mit Blick auf die Rolle als Policy-Broker im Kontext
von digitaler Transformation und Industrie 4.0 sind darunter keine Einblicke in
das Alltagsleben der Akteur:innen gemeint, sondern Referenzen auf die Biografie
und Berufsstationen, die in Anlehnung an von Sikorski und Brantner (2019)
dementsprechend Einblicke in das berufliche „Backstage-Verhalten“ gewähren.

Nachdem Authentizitätszuschreibungen subjektiv und stark kontextabhängig sind,


muss die kurze Diskussion von drei Authentizitätsmarkern zwangsläufig unvoll-
ständig bleiben. Krämer und Lobinger (2019) unterstreichen darüber hinaus, dass
in der Forschung vor allem hinsichtlich kultureller Unterschiede zur Beurteilung
von Authentizität empirische Arbeiten nur in geringer Zahl vorliegen.
Die Authentizitätsmarker Konsistenz, Spontaneität und kuratierte Intimität
können mit Blick auf die Vermittlung von Industrie 4.0 als ausgefüllt bezeichnet
werden. Die Prominenz und die Expertenstellung der geistigen Urheber sowie
die Institutionenreputation der durch sie vertretenen Einrichtungen repräsentieren
diese Marker. Wie ausgeführt sind Authentizität und Expertentum jeweils das
Ergebnis von Zuschreibungsprozessen. Authentizität ist eine auf wenigen, aber
aus Perspektive der Betrachter:innen vermeintlich repräsentativen, Merkmalen
oder Referenzpunkten beruhende Vorstellung von Beobachter:innen (vgl. Szyszka
2012) bzw. der Medienrezipient:innen (vgl. Rath 2014). Analog beschreibt aus
wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive Köhler Stüdeli (2015, S. 83), dass die
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 17

Authentizität von Akteuren eine subjektive Einstellung des jeweils bewertenden


Intermediärs und in diesem Kontext Policy-Brokers ausdrückt.6
Sowohl die jeweilige Vita der Promotoren als auch die Reputation der durch
sie repräsentierten Organisationen sind darüber hinaus die Basis, um sie auch als
Expert:innen im journalistischen Kontext positionieren zu können. Der Experten-
status ist auch hier nicht objektivierbar, sondern ist Ergebnis einer Zuschreibung
durch die Redaktion bzw. durch die Journalist:innen (vgl. Nölleke 2013). Die
Auswahl von Experten in funktional differenzierten Gesellschaften folgt jeweils
der systemimmanenten Logik und durch eine Mitwirkung von (Fach-)Journalis-
mus (vgl. Grenz und Donges 2018; Donges und Gerner 2019), sodass in Wirt-
schaft, Politik, Wissenschaft und Medien jeweils unterschiedliche Personen
den Expertenstatus zugesprochen bekommen (Nölleke 2013). Wenn es gelingt,
Personen systemübergreifend als Expert:innen zu positionieren oder diese in
volatilen fragmentalen Konstellationen als Policy-Broker wirken können, dann
erscheint hier ebenso das Konzept Authentizität als geeignet. In Anlehnung
an Bette (2011, S. 32) können Expert:innen als „wahrnehmbare Größen“ und
„Garanten für Authentizität“ gesehen werden. Ebenso bauen Eigenschaften
wie Vertrauen und Glaubwürdigkeit auf Authentizität auf. Vertrauen gilt als
zentraler Aspekt beständiger, loyaler Beziehungen. Je nach Forschungsrichtung
wird Glaubwürdigkeit als Subsystem von Vertrauen beschrieben oder aber
als dessen Voraussetzung (vgl. Röttger 2019). Konsens ist: Als Glaubwürdig-
keit wird nicht eine feststehende Eigenschaft von Personen, Organisationen und
deren kommunikativen Produkten aufgefasst, sondern Glaubwürdigkeit stellt
eine primär gegenwartsbezogene Zuschreibung durch Rezipient:innen dar (vgl.
Bentele und Seidenglanz 2015), eine „prinzipielle Bereitschaft, Aussagen anderer
als richtig zu bewerten“ (ebd., S. 412).

3.4 Valorisierung

In der Soziologie wird zur Beschreibung erfolgreicher Innovationsprozesse


der Begriff Valorisierung – wörtlich: Wertschaffung – diskutiert. So verwenden
Canzler und Marz (2011) den Begriff, um die Entwicklung einer Invention, also

6 Donges und Gerner (2019, S. 417) verweisen auf das Problem in der Kommunikations-
wissenschaft, die Vermittlungsleistungen in Kommunikationssystemen sehr heterogen und
mit uneinheitlichen Begriffen zu modellieren. Deshalb greifen sie auf das politikwissen-
schaftliche Konzept des Policy-Brokers zurück.
18 V. Markus Banholzer

einer Erfindung, zu einer Innovation, d. h. einer daraus resultierenden neuen


Leistung, zu beschreiben. Dies setze voraus, dass es kommunikativ gelingt,
einer Neuerung, einen Wert zuzuschreiben, was dann Akzeptanz und Adaption
erleichtert. Dieser Prozess ist nicht kontrollierbar, aber durch Personen, Gruppen
oder korporative Akteure beeinflussbar (vgl. ebd., S. 230). Dieser Aspekt kann
auch mit Blick auf den Erfolg von Industrie 4.0 und die Policy-Broker beobachtet
werden. Im Konzept der Valorisierung sind aber weitere, erfolgskritische Akteure
zu analysieren, die sogenannten Valorisierungsagenturen. Dabei handelt es sich
um netzwerkartige Zusammenschlüsse, die (…) ausschließlich zum Zwecke
der Valorisierung ins Leben gerufen (werden)“ und auf eine bestimmte Ent-
deckung spezialisiert sind (ebd., S. 231). Über die Finanzierung und Realisierung
von Pilotprojekten, Reallaboren oder Clustern wird sowohl der Nutzwert ver-
mittelt, als auch Gelegenheiten zur gesellschaftlichen Partizipation und Dis-
kurs geschaffen. Damit erfüllen sie eine Aggregations- und Katalysatorfunktion
im Diskurs mit für die Umsetzung relevanten Stakeholdern. Dabei geht es nicht
nur um die Zuschreibung ökonomischer Werte (vgl. Hutter 2014), sondern auch
um soziale Werte, die in einer Praxis der Valorisierung entstehen (vgl. Reckwitz
2019, S. 80). Im Falle von Industrie 4.0 ist als Beispiel die von den Industrie-
verbänden BITKOM, VDMA und ZVEI geschaffene Plattform Industrie 4.0
zu nennen, deren Aufgabe als Valorisierungsagentur in der Vernetzung von
Akteur:innen liegt und die vorwettbewerbliche Konzepte in die Öffentlich-
keit bringt7 (vgl. Kagermann 2014) und damit Industrie 4.0 als soziotechnische
Zukunft zu verankern hilft (vgl. Meyer 2020). Canzler und Marz (2011, S. 236)
sehen als wesentliche Leistung der Valorisierung ein lange andauerndes und
umfassendes Agenda-Setting, was für das Konzept Industrie 4.0 gelungen ist.

3.5 Erfolg von Industrie 4.0 – Zusammenfassung

Der neue Begriff Industrie 4.0 wurde zu einem kommunikativen Erfolg, weil mit
Wolfgang Wahlster und Henning Kagermann, als Wissenschaftler und Industrie-
Manager, sowie den durch sie vertretenen Institutionen geeignete Policy-Broker
für das Feld Industriepolitik und die zu bewältigenden, konfliktbehafteten

7 Vgl. https://www.plattform-i40.de/IP/Navigation/DE/Plattform/Hintergrund/hintergrund.
html (zugegriffen 2.5.2022).
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 19

Aufgaben der digitalen Transformation zur Verfügung standen. Die Policy-


Broker verfügen über die erforderliche epistemische Autorität, die sowohl in der
funktional differenzierten Ebene der Industrie und Wissenschaft als auch in der
fragmental differenzierten Ebene der Gesellschaft wirken konnte. Auf beiden
Ebenen wird den beiden Akteuren eine relevante Authentizität zugesprochen. Ent-
scheidend für den Erfolg ist zudem die Unterstützung oder Flankierung durch
eine oder mehrere Valorisierungsagenturen, die den gesellschaftlichen Diskurs
ermöglicht und Partizipationsmöglichkeiten schafft. Wie beschrieben stellt die
Plattform Industrie 4.0 ein breites Netzwerk aus Verbänden, Gewerkschaften und
Politik dar, was über einen langen Zeitraum hinweg half, das Konzept breit zu
verankern.
Durch die Wahl des Begriffs Industrie 4.0 konnte zudem der Anschluss an
identitätsstiftende Narrative der bundesrepublikanischen informellen Institutionen
der Ingenieurnation und des Industriestandorts Deutschland erreicht werden.
Trotz anfänglicher Fragen nach den Dimensionen von Umweltschutz oder den
Perspektiven von Arbeitskräften in der menschenleeren Fabrik fokussierte sich
der Diskurs um Industrie 4.0 auf Technik und die Einführung neuer, daten-
getriebener Geschäftsmodelle. Erst in jüngster Zeit kommen Beiträge, die
Ressourceneffizienz durch Digitalisierung in der Fertigung nicht mehr nur als
betriebswirtschaftliche Perspektive benennen, sondern dies auch unter dem
Aspekt der Nachhaltigkeit betonen.

4 Industry 5.0 als soziale Erweiterung

Industrie 4.0 hat wie beschrieben den Fokus auf Digitalisierung, Daten-
management und Technikeinführung gesetzt. Andere Industrieländer haben sich
des Konzeptes bedient, es explizit oder implizit als Industry 4.0 adaptiert oder
haben industriepolitische Programme mit ähnlicher Ausrichtung aber anderen
Bezeichnungen etabliert. Missionsorientierung, soziale Komponenten oder
holistische Ansätze wurden in der Forschung zu Innovations- und Industriepolitik
seit längerer Zeit diskutiert und an die Politik herangetragen, fanden sich aber in
den Debatten nicht wieder (vgl. Banholzer 2021, 2022b). Die EU-Kommission
hatte sich früh auf Grüne Technologien, Nachhaltigkeit und Innovationen als
Strategie zur Re-Industrialisierung fokussiert, diese allerdings als Green Deal
oder Green Industry adressiert. Der Versuch, diese Strategie mit der Bezeichnung
Industry 5.0 zu fördern und für breitere Akzeptanz zu sorgen, ist jüngeren
Datums.
20 V. Markus Banholzer

4.1 EU-Kommission als Akteur von Green Deal und


Re-Industrialisierung

Die Re-Industrialisierung Europas steht als strategisches Ziel für die EU-
Kommission seit längerer Zeit auf der Agenda und wird im Green Deal als Green
Industry kommuniziert. Adamovicz (2022, S. 1) schildert dies als Prozess, der
seine Ursprünge in den 1990er Jahren hat und mit den Begriffen „green deal“,
„green economy“, „green growth“ oder „New Green Deal“ geführt wurde.
Im Mittelpunkt stand für die EU-Kommission aber stets die Industriepolitik.
Gerade im Kontext der Finanzkrise 2009 und der Copenhagen Climate Change
Conference hatten die Vereinten Nationen ein Papier veröffentlicht, „supporting
green economy as a possible way to mitigate the effects of the global financial
crisis, boost economic recovery, strengthen food security, prevent environmental
degradation and other risks regarding water and energy shortages and climate
change“ (ebd., S. 4). In der Folgezeit wurden in der EU und den Mitgliedsstaaten
Strategien für eine grüne, nachhaltige Industriepolitik diskutiert, was schließlich
in die Formulierung des New European Green Deal und den Zielen der Strategie
Europe 2020 mündete (ebd., S. 22). Dieser Prozess vollzog sich parallel zu den
Diskussionen in Deutschland, die das Konzept Industrie 4.0 auch als Reaktion
auf die Finanzkrise einordneten (vgl. Kagermann 2013). Im Konzept Industrie 4.0
spielte industrielle Resilienz eine bedeutende Rolle, allerdings ohne die Aspekte
der Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit zu adressieren. Dies geschieht
jetzt erst in der aktuellen Diskussion, was die Implementierung von Industry
5.0 in Deutschland erschweren dürfte. Nachdem der Begriff Industrie 4.0 die
Agenda in Politik, Gesellschaft, Medien und produzierender Wirtschaft lange
dominiert hat (vgl. Pfeiffer 2015; Mertens et al. 2017) und ein fester Bestandteil
der Marketingkommunikation von Industrieunternehmen sowie der Industrie-
politik im deutschsprachigen Raum geworden ist, versuchte die EU-Kommission,
die digitale Transformation und Industry 4.0 zunächst auf grüne Themen auszu-
weiten. Ähnlich wie beim Industrie 4.0-Prozess und der Ankündigung der Vierten
Industriellen Revolution der Bundesregierung im Jahr 2011 hat die Europäische
Kommission nach Diskussionen mit Teilnehmern aus Forschungs- und Techno-
logieorganisationen sowie Fördereinrichtungen in ganz Europa formell die
fünfte Industrielle Revolution oder Industry 5.0 ausgerufen und damit eine
Top-Down-Initiative als Antwort auf die sich verändernde gesellschaftliche
und geopolitische Landschaft entwickelt (Xu et al. 2021, S. 532). Dies stößt
zudem auf eine heterogene Landschaft der EU-Mitgliedstaaten, was sich auch
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 21

in der Diskussion von Industry 5.0 in den jeweiligen kulturellen Kontexten


widerspiegelt. Neben den Niederlanden und Österreich haben Schweden und
Dänemark früh und intensiv nachhaltige Wirtschaftsentwicklung diskutiert,
erforscht und umgesetzt (Adamovicz 2022, S. 27). Es fällt auf, dass gerade in
Schweden und Dänemark Industry 5.0 aktuell weniger mit Blick auf Nach-
haltigkeitsziele diskutiert, sondern auf den Aspekt der Menschenzentrierung
fokussiert und vor allem auf kollaborative Roboter und deren Integration in
die Fertigung, also die Mensch-Maschine-Interaktion eingegangen wird (vgl.
Østergaard 2016). Hier deutet sich an, dass die integrierende Wirkung des
Konzeptes der EU-Kommission angesichts der Besonderheiten in den Mitglied-
staaten an ihre Grenzen stoßen kann. Nachdem die EU-Kommission den Umbau
der europäischen Wirtschaften und die Herausforderungen durch Globalisierung,
digitale Transformation und sich wandelnde geostrategische Technologiepolitiken
als wichtiges Feld identifiziert hat (vgl. Casier 2015; Polt et al. 2021), wurde
versucht, Industriestrategie, Innovationspolitik und Nachhaltigkeit in einem
gemeinsamen Begriff zu fassen und neben Umwelt und grünen Aspekten auch
die Auswirkungen auf Gesellschaft und Sozialstrukturen zu thematisieren, was
schließlich in das Konzept Industry 5.0 mündete, was als soziale Erweiterung
der digitalen Transformation gesehen werden kann. Nachdem das Agenda-
Setting-Potential von Industrie 4.0 offensichtlich war und sich dieses Konzept
auch medial und in der öffentlichen Wahrnehmung vor Green Deal oder Green
Economy behaupten bzw. diese teilweise auch verdrängen konnte, liegt der
Schluss nahe, den Begriff Industry 5.0 als Versuch des Agenda-Surfing durch die
EU-Kommission zu interpretieren.

4.2 Society 5.0

Auf der Cebit 2017 in Hannover skizzierte der damalige japanische Premier-
minister Shinzo Abe in seiner Eröffnungsrede das Programm seiner Regierung für
eine Gesellschaft 5.0, die Entwicklung Japans zu einer „Super Smart Society“.
Ein Programm, das die Digitalisierung in ihrer disruptiven Bedeutung für die
gesamte Gesellschaft betrachtet und als Ansatz zur Bewältigung der sogenannten
Grand Challenges gesehen wurde. Die japanische Society 5.0 kann als eine
starke Antwort auf die deutsche Industrie 4.0 gesehen werden (Waldenberger
2018, S. 49). Ministerpräsident Abe wandte sich seinerzeit auch an Bundes-
kanzlerin Angela Merkel mit dem Vorschlag, die Kompetenzen von Industrie
22 V. Markus Banholzer

4.0 und Gesellschaft 5.0 künftig zu bündeln (vgl. Bundesregierung 2017; Lobe
2017), was allerdings ohne Konsequenzen blieb. Gesellschaft 5.0 zielt nach
eigener Beschreibung nicht auf Produktivität, sondern soll helfen, soziale Fragen
zu bewältigen (Keidaren 2016). Das Programm (ebd.) macht deutlich, dass weit-
reichende Veränderungen notwendig sind: „To create such a society, we must
eliminate barriers in five areas: ministries and agencies, legal systems, techno-
logy, human resources, and public acceptance.“ Wie Waldennberger (2018,
S. 51) betont, spielt Society 5.0 eine zentrale Rolle in der 2017 aktualisierten
Wachstumsstrategie im Rahmen von „Abenomics“, die im Juni 2017 unter
dem Titel „Future Investment Strategy – Towards the Realisation of Society
5.0“ vom Kabinett verabschiedet wurde; die Wachstumsstrategie 2017 sieht die
Anstrengungen in Richtung Society 5.0 als „the key to break secular stagnation
and achieve mid-and-long-term growth“. Deguchi et al. (2020) betonen, dass
die „vision of Society 5.0 requires us to reframe two kinds of relationships:
the relationship between technology and society and (as well) the technology-
mediated relationship between individuals and society“. Wie Adrian Lobe (2017)
anmerkt, ist die Society 5.0 zwar ein integrierendes Konzept einer Netzwerk-
gesellschaft, aber es fehlt noch eine Reflexion über Ethik und Normen. Jüngere
wissenschaftliche Veröffentlichungen versuchen, Industrie 4.0 mit Gesell-
schaft 5.0 zu verbinden. Pereira, Lima und Charrua-Santos (2020, S. 3305)
behaupten, dass sich die Gesellschaft 5.0 auf die Nutzung von Werkzeugen und
Technologien konzentriert, die von der Industrie 4.0 entwickelt wurden, „um
der Menschheit zu nutzen“. Intelligente Systeme, die von der Industrie 4.0 ent-
wickelt wurden, könnten von der Gesellschaft als Vorteil und nicht als Gegner
gesehen werden (ebd.). Und: Das neue Paradigma der Gesellschaft 5.0 „wird
eine vorherrschende Rolle bei der Schaffung einer glücklicheren, zufriedeneren,
erfüllteren und folglich produktiveren Gesellschaft spielen“ (ebd.). Laut Fukuda
(2020) ist die „Gesellschaft 5.0“ in der Lage, sogar Innovationsökosysteme zu
verändern. Gesellschaft 5.0 ist die Vision einer neuen, auf den Menschen aus-
gerichteten Gesellschaft in der fünften Stufe, was bedeutet, dass man von einem
Push-basierten WTI-Ökosystem zu einem Pull-basierten WTI-Ökosystem über-
gehen und die Widerstandsfähigkeit des Systems durch Wertschöpfung für die
Gesellschaft erhöhen kann (ebd.). Andere behaupten, dass Industrie 4.0 einen
Übergang zu einer Gesellschaft 5.0 erzwingt, und dass bei diesem Übergang
offene Innovation und gemeinsame Wertschöpfung eine wichtige Rolle spielen
können (Aquilani et al. 2020). Die Society 5.0 wird aktuell vor allem in den
asiatischen Wirtschaftsräumen diskutiert und ist demgegenüber nur selten in den
europäischen Diskursen präsent.
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 23

4.3 Industry 5.0 als Antwort auf normative Defizite


technologischer Politik

Aus soziologischer und politikwissenschaftlicher Perspektive wird derzeit die


durch Technikentwicklung und Innovationsprozesse gestützte Fortschritts-
orientierung bzw. die alleinige Ausrichtung an neoliberalen Marktmodellen
hinterfragt (Reckwitz 2021; August 2021). Staatliche und, mit Blick auf
Industry 5.0, suprastaatliche Institutionen wie die Organe der Europäischen
Union erweitern ihre bisherigen Funktionen als Rahmengeber marktförmiger
Transaktionen und Abstimmungen. Der bislang dominierende, technologische
Politikansatz bedarf einer Ergänzung durch Missionsorientierung sowie das
Unterstreichen von gemeinsamen Werten, weil technologische Konzepte wenig
zu kollektiver Selbstverständigung und Maßstäben kollektiven Handelns bei-
tragen können (August 2021, S. 406). Industry 5.0 verschiebt den Fokus „from
shareholder to stakeholder value“, befördert so das Entstehen einer „sustainable,
human-centric and resilient European industry“ (EU-Kommission 20218) und
folgt damit gewissermaßen dem Impuls des Konzeptes Society 5.0, das deut-
lich die sozialen Dimensionen und entsprechende Wertvorstellungen thematisiert
hat. Europäische Konzepte wie Green Deal oder Industry 5.0 können aus der
politikwissenschaftlichen Perspektive als Antwort auf die Frage gesehen werden,
welche normativen Grundlagen für die Steuerung einer ebenso funktionalen wie
fragmentarisch differenzierten Netzwerkgesellschaft gefunden werden können.
Moderne Gesellschaften, die dem Innovationsparadigma folgen, haben ein
Bedürfnis nach Orientierung. Konzepte wie Industry 5.0 unterstreichen, dass
eine vorausschauende Gestaltung der technologischen Entwicklungen mög-
lich sein muss (Rip 2006) und schaffen einen Orientierungsrahmen. Industry 5.0
konzentriert sich auf die drei miteinander verbundenen Kernwerte Menschen-
zentrierung, Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit und ist daher keine techno-
logiegetriebene Revolution, sondern eine wertegetriebene Initiative, die den
technologischen Wandel mit einem bestimmten Ziel vorantreibt (ebd., S. 533).
Industry 5.0 adressiert die Herausforderungen einer gleichzeitig funktional und
fragmental differenzierten Gesellschaft. Flexibilität, Agilität, Projektorientierung
und Unternehmertum sind Teil des Konzepts. Es setzt auf gesellschaftliche
Heterogenität in Bezug auf Werte und Akzeptanz, Messung von ökologischer

8 Industry 5.0.
24 V. Markus Banholzer

und sozialer Wertschöpfung, Partizipation und Transparenz von Kunden bzw.


Interessengruppen und NGOs, Interdisziplinarität von Forschungsdisziplinen und
Systemkomplexität sowie ökosystemorientierte Innovationspolitik mit Outcome-
Orientierung. Der Begriff Industry 5.0 beinhaltet mit dem Ziel der Menschen-
zentrierung (vgl. Tropschuh et al. 2021) ein Thema, das den Diskurs von
Digitalisierung in der Fabrik und auch die Debatten um Industrie 4.0 von Beginn
an begleitet hatte: Die menschenleere Fabrik (vgl. Banholzer 2018, S. 246).
Bereits früh hatten Protagonisten der Digitalisierung der Fabriken in Deutsch-
land versucht, den Menschen in ihrem Digitalisierungskonzept als „Dirigent
der Wertschöpfungskette“ (VDMA 2015; Soder 2015) zu integrieren, um dys-
topischen Narrativen entgegenzuwirken. Das Thema trat allerdings bei Industrie
4.0 nach einer anfänglich intensiven Debatte hinter den Fokus auf die Umsetzung
der Digitalisierung und deren technische Implikationen, wie Cybersecurity oder
Datenmanagement, zurück. In den Kontexten von Industry 5.0 erscheint das
Thema als kollaborative Robotik, als erleichterndes Hilfsmittel oder als Antwort
auf Fachkräftemangel und damit als weniger bedrohlich, sondern eher unter-
stützend. Industry 5.0 kann dabei nicht isoliert betrachtet werden. Industrie-
politik steht für die EU-Kommission in den Politikentwürfen der jüngeren Zeit
im Mittelpunkt, um die Klimaziele erreichen zu können, um gegenüber externen
Schocks resilienter sein und um für die europäische Wirtschaft eine Führungsrolle
in sich verändernden Marktumfeldern behalten oder wieder aufbauen zu können.
Industry 5.0 versucht aber, nicht nur Industriepolitik in den Mittelpunkt zu
stellen, sondern die Herausforderungen systemisch anzugehen. Carayannis und
Morawska‐Jancelewicz (2022, S. 3) unterstreichen das Potential „to generate new
values to economy, society and the natural environment and to build a new system
of (eco)innovation that promotes in a systemic way open, social, digital, technical
innovations for of people“.
Im Konzept Industry 5.0 referiert die EU-Kommission auf Werte und damit
auf Informelle Institutionen (Herzog 2020), was nicht nur Konformität zu
bestehenden Werten, sondern auch narrative Veränderung, d. h. auch das Schaffen
neuer Erzählungen beinhalten kann, die dann bestehende Erzählungen ablösen.
August (2021, S. 23) verweist auf die Bedeutung von Netzwerktheorien bei der
Analyse postmoderner Gesellschaften. Diese Zeit sei durch eine Abkehr von
Steuerungsillusionen und von Kontinuitätsvorstellungen gekennzeichnet. An
deren Stelle tritt eine normative „generelle Präferenz für Diversität, Differenz und
Situativität“ (ebd.). Aus der Einsicht, dass letztgültige Wahrheiten und letztlich
richtige Lösungen nicht existieren können, folgt, dass Verfahren an Bedeutung
gewinnen, die sicherstellen, dass kontinuierlich alternative Möglichkeiten
ausgelotet werden können. „Innovationsfähigkeit, Offenheit und Kreativität
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 25

werden (…) zu neuen Leitideen im technologischen Regierungsdenken“ (ebd.),


was sich auch in der Ausgestaltung von Institutionen widerspiegeln muss.
Sowohl der Steuerungsoptimismus staatlicher oder suprastaatlicher Organisation
aus einer Zeit des Sozialkorporatismus als auch der auf eigendynamischem,
gesellschaftlich-ökonomischem Fortschritt basierende Optimismus des Liberalis-
mus „erscheinen heute naiv“ (Reckwitz 2019, S. 304). Mazzucato et al. (2020)
schlussfolgern, dass Politik sich nicht mehr nur auf die Setzung von Rahmen
und Marktregeln konzentrieren kann, sondern die Bearbeitung der oben bereits
zitierten Grand Challenges eine Orientierung an Werten und Zielen benötigt, eine
missionsorientierte Politik, wie sie im Konzept Industry 5.0 angelegt ist. „Any
framework that focuses on policy only in terms of fixing problems, especially
(…) market failures, does not embody any explicit justification for the kind of
market creation and mission-oriented routes of directionality that was required for
innovations (…) and is required today to adress social challenges“ (ebd., S. 425).9
Die EU-Kommissarin für Innovationspolitik, Mariya Gabriel (2021), fordert denn
auch einen neuen Typ von Innovation, eine neue Begrifflichkeit von Innovation,
was sowohl die Erholung nach der Covid19-Pandemie als auch die Bewältigung
der Grand Challenges ermöglichen soll. Sie zeichnet einen Politikansatz weg
von der reinen Software-Orientierung von Digitalpolitik hin zu einer Verbindung
von Digitalem und Analogem, was auch soziale Innovationen integriert (vgl.
Merx und Sievers 2020, S. 30). Das erfordert politische Steuerung durch staat-
liche und superstaatliche Organisationen, denn „Markets will not find a green
and inclusive direction for innovations on their own“ (Kattel et al. 2020, S. 41).
Die Missionsorientierung in der Industriepolitik kann auch nicht intendierte
Entwicklungen zur Folge haben oder produziert unweigerlich auch Verlierer
(vgl. Reckwitz 2019, S. 294), deren Bedürfnisse und Belange berücksichtigt
werden müssen, was aber nicht über Marktmechanismen zu erreichen ist. Wie
Lisa Herzog (2020, S. 16) ausführt, wenn es die unsichtbare Hand des Marktes
als soziales Regulativ nicht gibt, müssen sichtbare Hände regeln, d. h. „eine am
Gemeinwohl orientierte Regierung“ muss den Rahmen für Märkte und Prozesse
setzen und dafür sorgen, „dass mögliche Opfer kompensiert werden“.
Die kurze Analyse zeigt, dass Industry 5.0 einen Paradigmenwechsel in der
Industriepolitik der EU-Kommission markiert, der als Antwort auf Defizite bis-
heriger Politik zu sehen ist. Die Orientierung an Werten, an der Erreichung von

9 Mazzucato, Kattel und Ryan-Collins (2020) schlagen vor, einen Politikansatz zu wählen,
der berücksichtigt, dass Gemeinwohl das Ergebnis des Zusammenwirkens von zahlreichen
Stakeholdern ist, sie gehen also von einem a posteriori-Gemeinwohl aus.
26 V. Markus Banholzer

Zielen ist dezidiert normativ und somit ein Wechsel von technologischen Para-
digmen hin zu einer Missionsorientierung, die durch die SDGs geleitet wird,
aber auch die Idee der Reindustrialisierung der EU-Mitgliedsstaaten durch grüne
Fertigungsverfahren im Blick behält. Das Directorate-General for Research
and Innovation der EU-Kommission hat in seiner jüngsten Publikation10
Industry 5.0 als „Gamechanger“ bezeichnet (Europaen Commission 2022b,
S. 4). Das Konzept ist nach Ansicht der Gruppe von Expert:innen die Möglich-
keit, die Industriezweige in Europa und das Innovationsökosystem zukunfts-
sicher zu machen (ebd.). Resilienz als Ziel von Industry 5.0 wird in der jüngsten
Publikation sowohl mit Blick auf Klimakrise, als auch auf die Corona-Pandemie
und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bezogen. Explizit werden
in diesem Papier auch Konsequenzen für Governance 5.0, Finance 5.0 und wert-
orientierte Digitalisierung formuliert (ebd., S. 6)11.

4.3.1 Green Industry 4.0 – (Wieder-)Entdeckung eines


Paradigmas
Gleichzeitig zum normative turn der Industriepolitik der EU-Kommission
werden jetzt Interpretationen von Green Industry 4.0 oder Grüne Industrie 4.0
diskutiert, die mit Ressourcenschonung statt Ressourceneffizienz argumentieren
und damit Elemente von Industry 5.0 für sich reklamieren und das Konzept über-
flüssig erscheinen lassen (vgl. De Giovanni und Cariola 2021; Tripathi et al.
2021; Michalski et al. 2018). Behrendt und Göll (2018) weisen darauf hin, dass
Industrie 4.0 als technozentrierte Vision und Green Economy bis 2017 als von-
einander getrennte Konzepte verfolgt wurden. Sie fordern, dass Industrie 4.0
auch die Nachhaltigkeitsziele der UN berücksichtigen soll und „nicht nur auf
Produktion und Fertigung fokussiert werden, sondern auch neue Geschäfts-
modelle, Wertschöpfungsprozesse und damit zuhängende Ressourceneffizienz-
potenziale und Qualifizierungsanforderungen sowie Gestaltungsansätze
aufzeigen“ muss (Behrendt und Göll 2018, S. 3). Sie unterstreichen, dass die

10 Das Papier (European Commission 2022b) fasst ein Round Table-Gespräch zusammen,
an dem auch Vertreter:innen von Industrieunternehmen teilgenommen haben – darunter der
französische Konzern Schneider Electric, der norwegische Norsk Hydro, die italienische
Generali-Versicherung, der belgische Biopharmahersteller UCB, das deutsche Start-up
Shift GmbH oder die dänische Robotik-Plattform REInvest Robotics.
11 An dieser Stelle können Aspekte einer Forschungs- & Innovationspolitik 5.0 oder die

Details für Governance 5.0 nicht weiter ausgeführt werden. Vgl. hierzu ausführlicher
Banholzer 2022b.
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 27

gewählte Implementierung von Industrie 4.0 über einen Top-down-Ansatz die


Beteiligung der KMU erschwert und es einer speziellen Governance für Green
Industry 4.0 bedarf (ebd., S. 22). Auch wenn Ressourceneffizienz ein Aspekt von
Industrie 4.0 ist, führt dies entgegen vielfältiger Marketingaussagen nicht auto-
matisch zu Umweltentlastungen, sondern Industrie 4.0-Konzepte wirken „sowohl
umweltent- als auch -belastend, ohne dass die ökologischen Gesamteffekte per
saldo schon absehbar sind“, zudem ist „die Vision von Industrie 4.0 bisher mit
technikzentrierten und wachstumsorientierten Vorstellungen verbunden“, und
„Ressourceneffizienz ist eher ein nichtintendierter Nebeneffekt“ (ebd.). Aus Sicht
des Vereins Deutscher Ingenieure lassen sich Green Economy und Industrie 4.0
aber über den Begriff Resilienz einfach zusammenbringen (Ciupek 2022). Dieser
Diskurs wird auch mit Blick auf die Forschungsliteratur international intensiv
geführt (vgl. Ng et al. 2022). Vor diesem Hintergrund erscheint es schwer,
Industry 5.0 als Konzept in Abgrenzung oder als Ergänzung zu Industrie 4.0
oder Industry 4.0 zu positionieren oder die besonderen Inhalte an Wirtschaft und
Gesellschaft zu vermitteln.

4.3.2 Kulturelle Determinanten
Die im Kontext von Green Industry 4.0 aufgezeigte internationale Resonanz
des Konzeptes weist auf eine weitere Herausforderung hin, wenn Industry 5.0
als Fortführung oder Erweiterung von Industrie 4.0 kommuniziert werden soll.
Der Diskurs zu Industrie 4.0 ist offensichtlich international noch am Anfang
und findet breite Aufmerksamkeit. Und: Das Konzept Industrie 4.0 wird zwar
von vielen Industrienationen als Vorbild bezeichnet und adaptiert, allerdings
unter jeweils eigenen kulturellen Vorzeichen (vgl. Banholzer 2021, 2022b).
Konzepte wie Industrie 4.0, aber eben auch Industry 5.0 sind einerseits in ihrer
Herstellung stets wertebasiert und ihre Adaption erfolgt in einen speziellen,
situativen kulturellen Kontext (vgl. Joly 2017; Pfotenhauer und Jasanoff 2017).
In der Produktion und Adaption sind Figurationen bzw. mentale Modelle implizit
permanent präsent, die stets kulturell verankert und von entsprechenden Frames
geprägt sind (vgl. Schmidt 2018). So verfolgt die Industriepolitik in Deutsch-
land eine fokussierte Leitmarktstrategie, im Gegensatz zur Interpretation
durch die norwegische Politik, die Industrie 4.0 als Konzept industrieller
Diversität adaptiert. Dies zeigt, dass auch Politiken unter dem Vorzeichen der
jeweiligen kulturellen Rahmenbedingungen adaptiert und akzeptiert werden.
Industrie 5.0 als zentrales Konzept der EU-Kommission versucht dagegen, eine
Implementierung über eine zentrale Vorgabe zu erreichen, (noch) ohne auf die
regionalen und nationalen Besonderheiten einzugehen. In Deutschland wird der
öffentliche Diskurs über Industry 5.0 kaum wahrnehmbar geführt und wenn,
28 V. Markus Banholzer

dann in einem weniger umfassenden Kontext. Es nimmt nicht Wunder, dass


die Medienberichterstattung dort ansetzt, wo die Defizite in der Auseinander-
setzung mit Industrie 4.0 gesehen wurden, in der Rolle des Menschen in der
Automatisierung, der Fokus liegt auf dem Kontext Arbeit. So bilanziert Schulz
(2018), dass von Industrie 5.0 geredet werde, wenn es um eine menschenähn-
lich funktionierende Produktion ginge. Land (2022) resümiert, es gelte, „dem
Trend der absoluten Technik mit Computern und des damit verbundenen Profits
eine menschliche Note gegenüberzustellen“. Der Diskurs in Asien referenziert
Industry 5.0 auf die Super Smart Society, die Society 5.0.12 In Skandinavien
wird derzeit vor allem kollaborative Robotik in den Mittelpunkt gestellt (vgl.
Olsson 2021). Das unterstreichen auch die Ausführungen von Esben Østergaard
(2016), CTO und Mitgründer des dänischen Unternehmens Universal Robots. Er
beschreibt Industry 5.0 lange vor der Initiative der EU-Kommission als Ansatz,
um menschliche Kreativität in der Produktion mehr zur Geltung bringen zu
können (ebd.).13 Diese Beispiele unterstreichen, dass derzeit nur ein Aspekt der
Industry 5.0-Idee der EU-Kommission breiter rezipiert wird.

4.3.3 Politisierung der Fortschrittsfrage


Eine dritte Herausforderung für die Implementierung von Industry 5.0 stellt der
zugrunde liegende Wertekatalog selbst dar. Missionsorientierung und Werte-
gebundenheit setzen voraus, dass in der adressierten Gesellschaft weitestgehend
Einigkeit über die fundamentalen Werte herrscht. Martinsen (2011, S. 39)
unterstreicht, dass herkömmliche, meist nationalstaatsgebundene Problem-
bearbeitungsmechanismen bei der anstehenden oder sich anbahnenden Not-
wendigkeit zur Austragung fundamentaler Konflikte an ihre Grenzen stoßen.
Czada (2021, S. 57) betont, dass sich derzeit „die alten Fragen nach dem Ver-
hältnis von Mensch, Staat, Technik und Leben“ neu stellen. Die technologische
Entwicklung mit KI, Industrie 4.0, Internet of Things, Blockchain stellt nach
seiner Ansicht eine beispiellose Technikrevolution dar (ebd.), die sowohl in der
Politik einen erhöhten Beratungsbedarf generiert aber auch wegen fehlender
Akzeptanz in der Bevölkerung neue Diskursverfahren erfordert. Die Aus-
gestaltung der Politiken zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, die unterschied-
lichen Präferenzen in der Ausgestaltung der Energiewende sowie die Differenzen

12 Vgl.stellvertretend Tanhueco-Tumapon (2022).


13 Das wird auch von deutschsprachigen Nachrichten- und Fachmedien so aufgegriffen
(vgl. Marx 2018; Weber 2018; Höppner 2022).
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 29

in der europäischen Sicherheitspolitik, die auch durch unterschiedlich aus-


geprägte inner- und außereuropäische wirtschaftliche Verflechtungen hervor-
gerufen werden, weisen auf eine Heterogenität hin, die eine Einigkeit in Fragen
von Missionszielen als fragil erscheinen lässt. Vielmehr ist zu erwarten, wenn
ein Konzept Industry 5.0 breite Unterstützung finden soll, dass Aushandlungs-
prozesse gestaltet werden müssen, für die der Europäischen Union die Mittel und
Institutionen fehlen, zumindest wenn es um Prozesse außerhalb der installierten
Gremien geht. Gerade Technikfragen und die Auswirkungen von Technik
sind nicht mehr auf Diskurse von Expert:innen beschränkt, sondern müssen
Anforderungen an Partizipation und Transparenz erfüllen. Der Europäischen
Union fehlen sowohl adäquate Beteiligungsformate, als auch die Akzeptanz, die
Werte- und Missionsdebatte als politische Auseinandersetzung zuzulassen. In
der anstehenden Kontroverse mit den Polen „Ökomoderne“ oder „Suffizienz-
Gesellschaft“ (Czada 2021, S. 57), braucht es Policy-Broker, die in einer solchen
Kontroverse vermitteln können.

4.4 Perspektiven von Industry 5.0 – das Soziale und die


digitale Transformation

In der Kommunikation der EU-Kommission ist ein holistischer Ansatz von


Innovation und Entwicklung des industriellen Sektors schrittweise in den
Mittelpunkt gerückt. Die Dringlichkeit von Klimaschutz und die Zusammen-
hänge von zukunftsfähiger Industrie und grüner Produktion oder die Komplexi-
tät von globaler Technologiepolitik, Sicherheitsarchitekturen und sozialen
Ungleichheiten waren mit den herkömmlichen, technologisch ausgerichteten
Politikkonzepten nicht abzubilden. Über die Stufen von Green Deal, Green
Industry bis hin zum jetzigen Konzept Industry 5.0 wurde ein Paradigmen-
wechsel hin zu einer normativ ausgerichteten Politik vollzogen. Das Konzept
Industry 5.0 umfasst demzufolge sowohl klassische Industriepolitik, als auch
soziale Innovation und die Missionsorientierung für die einzelnen Politik-
felder. In Abgrenzung zum Konzept Industrie 4.0, das mit einem Schwerpunkt
auf Technik und Digitalisierung wahrgenommen wird, werden soziale Aspekte
bei Industry 5.0 explizit formuliert. Die Begriffswahl erfolgt, wie oben aus-
geführt, bewusst in Anlehnung an Industrie 4.0, um eine lineare Entwicklung
zu einer neuen Industrierevolution zu illustrieren und sicherlich auch, um an die
kommunikativen und praktischen Erfolge von Industrie 4.0 anknüpfen zu können.
Diese Strategie sieht sich mehreren Herausforderungen gegenüber. Die
oben herausgearbeiteten Erfolgsfaktoren von Industry 4.0, Promotoren, die als
30 V. Markus Banholzer

Policy-Broker mit epistemischer Autorität und Authentizität ausgestattet sind


und wirken können, die Anschlussfähigkeit an hegemoniale Narrative sowie die
mediale Resonanz sind mit Blick auf die EU-Kommission nicht erkennbar oder
nur langfristig aufzubauen. Zudem fehlen (noch) Valorisierungsagenturen, die
diesem Konzept sowohl die Öffentlichkeit verschaffen, als auch aggregierend
und selektierend wirken können. Die Strukturen der EU wirken ebenso nicht
förderlich, wenn die als Hindernisse beschriebenen Aspekte der kulturellen
Rahmung und der Politisierung der Fortschrittsfrage zu betrachten sind. Industry
5.0 als wertebasierte Gesellschaftskonzeption und missionsorientierte Politik-
gestaltung setzt implizit den Wertediskurs voraus – über die Erwünschtheit oder
Unerwünschtheit technologischer Effekte und die Diskussion über Risiken,
Chancen und die Bereitschaft der Gesellschaft, das eine zu vermeiden und das
andere anzustreben – sowie über die Bereitschaft, die entstehenden Kosten zu
tragen. In den Ausführungen zu Industry 5.0 ist allerdings weder eine Konzeption
von Öffentlichkeit, von politischem Diskurs oder eine Skizze deliberativer,
agonaler oder pragmatistischer Debatten in pluralistischen Demokratien ent-
halten, noch ist auf eine entsprechende Konzeption verwiesen. Implizit oder
explizit sind soziotechnische Zukünfte, wie Industry 5.0 auch beschrieben werden
kann, inhärent politisch (Konrad und Böhle 2019, S. 102). Mit Blick auf die
Ebene des Politischen weist die EU strukturelle Defizite auf. Nicht von ungefähr
drehen sich Transformationsdebatten, ob in der Technikentwicklung oder in der
Gesellschaftsentwicklung, um Partizipation und Transparenz. Hinzu kommt, dass
sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich die EU-Mitgliedstaaten ein hetero-
genes Feld bilden, das der Wirkung einheitlicher, zentralistischer Strategien eher
entgegensteht.
Wichtig erscheint deshalb, dass das Konzept Industry 5.0 auch die Aspekte
adressiert, die in der jüngsten Publikation zum Round-Table-Gespräch (European
Commission 2022b) benannt worden sind: Governance 5.0, Finance 5.0 und
werteorientierte Digitalisierung. Letzteres kann als pars pro toto für Technik-
entwicklung und Innovation verstanden werden. Constructive Technology
Assessment oder Responsible Research and Innovation sind hier ebenso aufzu-
führen wie eine sich verändernde Rolle von Universitäten, Hochschulen und
außeruniversitären Forschungseinrichtungen (vgl. Banholzer 2022b; Konrad
2021; Sigwart 2021). Die Wahrnehmung dieser Aspekte oder des Grundkonzeptes
Industry 5.0 generell ist allerdings in der politischen und medialen Öffentlich-
keit derzeit noch sehr begrenzt und wird nur in wissenschaftlichen Kontexten
thematisiert.
Industry 5.0 als soziale Erweiterung … 31

5 Zusammenfassung und Forschungsbedarf

Industry 5.0 wurde als soziale Erweiterung des vor allem als technikfokussiert
wahrgenommenen Konzeptes Industrie 4.0 analysiert. Die aktuelle Forschung
bezieht sich auf die Nachhaltigkeitsdimensionen innerhalb des Konzeptes, die
Auswirkungen auf diverse Wirtschaftszweige und Anwendungen von Robotik
und KI in der Kollaboration mit dem Menschen. Die Auseinandersetzung mit
Industry 5.0 als strategisches Kommunikationskonzept und dessen Rezeption
in den Gesellschaften der EU-Mitgliedstaaten stellt noch ein Desiderat dar.
Der Vergleich mit dem Konzept Industrie 4.0 im Kontext der Bundesrepublik
Deutschland hat aufgezeigt, dass für eine, teilweise konfliktbehaftete, Trans-
formation Policy-Broker erfolgskritisch sind, diese aber über eine epistemische
Autorität sowohl im Politikfeld und bei dessen Akteur:innen wie in der Gesell-
schaft benötigen. Die Wirkmöglichkeiten wurden zudem als abhängig von
der den Brokern zugeschriebenen Authentizität modelliert. Mit Blick auf die
identifizierten kommunikativen und organisatorischen Erfolgsfaktoren von
Industrie 4.0 ist zu konstatieren, dass die EU-Kommission mehr auf die breite
Implementierung des Konzeptes Industry 5.0 achten muss und neben den
Initiativen bei F&I auch verstärkt auf gesellschaftliche und kommunikative
Aspekte achten muss. Die Implementierung von Industry 5.0 steht sicherlich
noch am Anfang. Allerdings sind durch die Corona-Pandemie, die durch den
Angriff Russlands auf die Ukraine ausgelösten Turbulenzen bei Nahrungsmittel-
und Rohstoffmärkten sowie die sich verschärfenden Symptome der Klimakrise
die Themen Nachhaltigkeit, Resilienz und Orientierung am Menschen in ihrer
Bedeutung neuerlich unterstrichen worden. Hier erscheint vor allem der Ver-
weis auf die anstehenden Wertedebatten als wichtig. Wie aufgezeigt, wird der
selbstverständliche Bezug des Konzeptes Industry 5.0 auf Missionen und Werte
zu einer Politisierung der Debatte führen. Politisierung wird in diesem Kontext
mit Bezug auf das Politische (vgl. Dewey 2016; Mouffe 2016) verstanden, das
die Betroffenheit von Bürger:innen in den Mitgliedsstaaten der EU und die dis-
kursive Vermittlung von Problemlagen und von Lösungswegen für Probleme in
den Mittelpunkt stellt (vgl. Banholzer 2022a). Hierzu ist es wichtig, dass Ver- und
Aushandlungen über Gemeinwohl, Werte und daraus abzuleitende Missionen
zwischen den relevanten Akteur:innen Gesellschaft, Wirtschaft, Politik sowohl
auf Ebene der Mitgliedsstaaten der EU, aber auch auf einer übergreifenden EU-
Ebene in den Blick genommen werden. Gerade hier sind kulturelle Prägungen,
Mediensysteme und Unterschiede in den politischen Systemen zu untersuchen.
32 V. Markus Banholzer

In ihrem jüngsten Paper hat die EU-Kommission (European Commission


2022b) explizit Start-ups, kleinere und mittelständische Unternehmen als
relevante Adressaten des Ansatzes Industry 5.0 benannt. Wie relevant diese
Gruppe für eine breite Adaption solcher Konzepte ist, hat die Diffusion von
Industrie 4.0 in Deutschland gezeigt. Diese Gruppe konnte vor allem durch die
Valorisierungsagenturen erreicht werden. So werden nach Marz (2010, S. 12)
netzwerkartige Zusammenschlüsse bezeichnet, deren Hauptaufgabe darin
besteht, neuen Entdeckungen und Erfindungen gesellschaftlichen Wert zu ver-
leihen und so zu einer breiten Nutzung und Verwertung zu verhelfen. Hierzu
zählt die oben bereits zitierte Plattform Industrie 4.0, die neben der Vernetzung
von Akteuren auch normative Ansätze adressiert. Auf der Startseite wird als Ziel
der Arbeit prominent die Unterstützung der Nachhaltigkeits- und Klimaziele auf-
geführt.14 Auch hier besteht Bedarf an Forschung, die Zugänge zu KMUs und
deren Adaptionsmechanismen sowie deren Rolle im Diskurs um Gemeinwohl,
Missionsorientierung und ihre regionale, nationale und internationale Rolle im
Diskurs um Werte und Corporate Citizenship analysiert und evaluiert.

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Volker M. Banholzer, Prof., leitet an der Technischen Hochschule Nürnberg den Studiengang
Technikjournalismus/Technik-PR. Forschungsschwerpunkte sind Innovations- und Technik-
kommunikation in Journalismus, Marketing und PR; Innovation and Technology Governance,
Technikkonflikte und Technology Assessment sowie Technik- und Kommunikationskulturen in
Norwegen, Schweden und Deutschland. ORCiD: 0000-0003-1382-0713 Kontakt: volkermarkus.
banholzer@th-nuernberg.de.
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19: Zwischenmenschliche
Kommunikation in digitalen
Geschäftsbeziehungen – eine
beziehungsmanagementorientierte
Betrachtung auf Basis des Event Life
Cycle

Elisa Landmann, Henrietta Leonie Pilny, Florian U. Siems und


Bui Duc Nguyen

Zusammenfassung

Die Kommunikation in Geschäftsbeziehungen erfährt durch die Digitalisierung teil-


weise extreme Veränderungen, was Form, aber oft damit verbunden auch Intensi-
täten und Inhalte anbelangt. Die COVID-19-Pandemie hat diese Entwicklung
weiter beschleunigt und gleichzeitig ganz neue Chancen, aber auch Risiken offen-

E. Landmann (*) · H. L. Pilny · F. U. Siems


TU Dresden, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Professur für BWL, insb. Marketing,
Dresden, Deutschland
E-Mail: elisa.landmann@tu-dresden.de
H. L. Pilny
E-Mail: henrietta_leonie.pilny@tu-dresden.de
F. U. Siems
E-Mail: florian.siems@tu-dresden.de
B. D. Nguyen
AOK Plus, Dresden, Deutschland
E-Mail: buiduc.nguyen@plus.aok.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 43


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
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Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_2
44 E. Landmann et al.

bart. Hier setzt der vorliegende Beitrag an: Unter Verwendung eines für lang-
fristige Beziehungen (Relationship Management) bewährten Tools, dem Event
Life Cycle, werden die Veränderungen der zwischenmenschlichen Kommunikation
in digitalen Geschäftsbeziehungen genauer analysiert. Dabei werden an einem
Anwendungsbeispiel aus dem Hochschulbereich die in den letzten zwei Jahren
gemachten praktischen Erfahrungen genutzt. Im Ergebnis zeigt sich, wie sich die
Kommunikationsverläufe in Art und Umfang verändern können und dass ins-
besondere bei digitaler Kommunikation soziale Bestandteile der Kommunikation
nicht mehr automatisch mit stattfinden, sondern gezielt initiiert werden müssen,
damit dieser wichtige Teil der Kommunikation nicht zu kurz kommt.

Schlüsselwörter

Kommunikation · COVID-19 · Event Life Cycle · Relationship Marketing

1 Problemstellung: Digitalisierung, COVID-19 und


die Kommunikation in Geschäftsbeziehungen

Die Digitalisierung verändert die Kommunikation in Geschäftsbeziehungen


zunehmend (vgl. z. B. Förster 2019; Rommerskirchen 2019; Grewal et al. 2022).
Die COVID-19-Pandemie hat diese Entwicklung weiter beschleunigt und das
Kommunikationsverhalten vieler Menschen und Organisationen radikal und
voraussichtlich dauerhaft verändert, und das sowohl, was die Form, als auch
damit verbunden die Intensität und die Inhalte der Kommunikation anbelangt
(vgl. z. B. Gabbiadini et al. 2020; Nguyen et al. 2020; Mahmud et al. 2021).
Dies wirft die Frage auf, welche Chancen, aber auch welche Risiken damit ver-
bunden sind, und konkret, ob und wie es auch digital gelingt, soziale Aspekte
der Kommunikation zu erhalten (o.V. 2018). Hier setzt der vorliegende Beitrag
an: Unter Verwendung eines für (langfristige) Geschäftsbeziehungen (Relation-
ship Management, vgl. z. B. Bruhn 2016) bewährten Tools, dem Event Life
Cycle (Siems 2006, 2010; Tomczak et al. 2007) werden die Veränderungen der
zwischenmenschlichen Kommunikation in digitalen Geschäftsbeziehungen
näher betrachtet. Dabei werden an einem Anwendungsbeispiel im Hochschul-
bereich neben theoriebasierten Überlegungen praktische Erfahrungen der letzten
beiden Jahre herangezogen. Der vorliegende Beitrag ist wie folgt aufgebaut:
Zunächst werden kurz die theoretischen Grundlagen – insbesondere die Theorie
des Relationship Marketing und des Event Life Cycle – dargelegt (Kapitel 2).
Im Anschluss erfolgt die Übertragung dieses Ansatzes auf die Veränderungen
Lessons learned from COVID-19: Zwischenmenschliche … 45

durch digitale Kommunikation während des Beginns der COVID-19-Pandemie,


verdeutlicht durch eine Anwendung im Hochschulbereich (Kap. 3). Der Beitrag
endet mit einem Fazit, Limitationen und einem Ausblick (Kap. 4).

2 Theoretische Grundlagen: Relationship


Marketing und Event Life Cycle

Seit mittlerweile über 20 Jahren hat sich im Marketing ein Ansatz etabliert,
der als Relationship Marketing bezeichnet wird (vgl. z. B. Gummesson 1987,
1994; Grönroos 1994; Bejou 1997; Bruhn 2016). Diesem Ansatz folgend ist
es für die meisten Organisationen und Unternehmen vorteilhaft, eine lang-
fristige Beziehung zu den Anspruchsgruppen – u. a. den Kund:innen, aber z. B.
auch Mitarbeiter:innen – aufzubauen und vor allem aufrechtzuerhalten und ent-
sprechend zu managen (vgl. z. B. Bruhn 2016, S. 12 ff.). Ein dabei bewährtes
Tool ist der Event Life Cycle, der zum Teil auch als Bedarfslebenszyklus
bezeichnet wird (Siems 2006, 2010; Tomczak et al. 2007): Er beschreibt in seiner
klassischen Form, wie sich der Bedarf von Kund:innen im Zeitverlauf – bzw. oft
passender: je nach Lebensereignis, daher die Bezeichnung Event – verändert.
Ähnlich der heute unter dem Begriff der Customer Journey diskutierten Idee
(Rawson et al. 2013) lassen dabei die Bedarfsschwankungen im Zeitverlauf ins-
besondere auch Kontaktphasen und Nicht-Kontaktphasen erkennen, was Anhalts-
punkte für Steuerungsmöglichkeiten zur Entwicklung und zum Erhalt einer
Beziehung gibt (Siems 2010). Abb. 1 zeigt Beispiele für entsprechende Event
Life Cycles auf.
Der Event Life Cycle hat sich bereits in der Vergangenheit in verschiedenen
Branchen und auch für KMUs bewährt (Siems et al. 2015) und erlaubt zudem,
verschiedene Anspruchsgruppen eines Unternehmens oder einer Organisation –
also z. B. Kund:innen ebenso wie Mitarbeiter:innen oder auch andere Unter-
nehmen – zu betrachten (Brandstätter et al. 2007). Es zeigte sich auch, dass
er insbesondere genutzt werden kann, um die im Zeitverlauf notwendige
Kommunikation zu untersuchen und gegebenenfalls zu optimieren (Brand-
stätter et al. 2007; Siems und Lackus 2010). Vor dem Hintergrund seiner Eigen-
schaften – der dynamischen Sichtweise, der flexiblen Eignung für verschiedene
Anspruchsgruppen und dem Ziel, Beziehungen aufzubauen und im Zeitverlauf
zu erhalten, unter besonderer Beachtung von Aspekten der Kommunikation –
bietet der Event Life Cycle nun auch die Möglichkeit, die Veränderungen in der
46 E. Landmann et al.

Abb. 1 Beispiele für Event Life Cycle im Marketing. (Quelle: Adaptiert nach Brand-
stätter et al. 2007, S.90; mit freundlicher Genehmigung von © Springer Nature 2022. All
Rights Reserved)

Kommunikation, die durch die Digitalisierung und die COVID-19-Pandemie


ausgelöst wurden, genauer zu analysieren. Dies wird im Folgenden an einem
Anwendungsbeispiel aus dem Hochschulbereich aufgezeigt.

3 Modifikation des Event Life Cycle zur Analyse


zwischenmenschlicher Kommunikation
in digitalen Geschäftsbeziehungen

3.1 Ausgangsüberlegungen und Wahl des


Anwendungsbeispiels

Wie bereits erwähnt untersucht der Event Life Cycle klassisch, wie sich
Bedürfnisse von Anspruchsgruppen nach Leistungen im Zeitverlauf verändern
(Siems 2010). Zur Betrachtung der anfangs genannten Fragestellung, wie sich
Kommunikation durch die Digitalisierung und konkret auch die COVID-19-
Pandemie verändert, kann nun eine erste Modifikation dieses Tools dahingehend
erfolgen, dass statt des Bedarfs an Leistungen der Bedarf an Kommunikation
als Zielgröße (y-Achse) gesehen und nun deren Entwicklung im Zeitverlauf
Lessons learned from COVID-19: Zwischenmenschliche … 47

(x-Achse) betrachtet wird. Um dabei nicht nur quantitative Aspekte des


Kommunikationsbedarfs zu erfassen, erscheint es sinnvoll, zwischen unterschied-
lichen Kommunikationsformen zu differenzieren. Basierend auf dem Modell
von Schulz von Thun (1981) bietet sich insbesondere eine Unterscheidung in
die Sach- und Beziehungsebene an, da gegebenenfalls digitale Kommunikation
eher ersteres ermöglicht und entsprechend Defizite in letzterem zur Folge
haben könnte (Kühl 2020, S. 399). Wie sich damit die Ausgangsfragestellung
beantworten lässt, soll im Folgenden an einem praktischen Beispiel verdeutlicht
werden. Als Anwendungsfall wurde dazu die universitäre Lehre ausgewählt, da
gerade Universitäten durch die COVID-19-Pandemie weltweit vor der Heraus-
forderung standen, ihre (Lehr-)Leistungen und damit verbunden auch ihre
Kommunikation in kürzester Zeit komplett zu digitalisieren (vgl. z. B. Davison
2020; Hibsch 2020; Spais und Paul 2021). Der entsprechend meist radikale
Umbruch in dieser Branche legt die Digitalisierungseffekte besonders deut-
lich offen. Konkreter Case war eine Lehrveranstaltung im fortgeschrittenen
Diplom- bzw. Masterprogramm Marketing an einer deutschen Universität im
Jahr 2020, also zu Beginn der COVID-19-Pandemie, für die damals eine über-
gangslose Umstellung von synchroner Präsenzlehre auf rein asynchrone digitale
Lehre erfolgen musste. Die betrachtete Lehrveranstaltung wurde vor Ausbruch
der Pandemie ausschließlich klassisch in Präsenz durchgeführt, wobei in 15
Semesterwochen insgesamt sieben interaktive Lehreinheiten sowie eine inter-
aktive Fragestunde und Literaturarbeit im Selbststudium zu einem Lehrumfang
von über drei Semesterwochenstunden führten. Im Zuge des Pandemieausbruchs
konnten in 15 Semesterwochen acht Lehreinheiten ausschließlich in Form
asynchron nutzbarer Lehrmaterialien wie vertonten Powerpoints sowie Kurz-
filmen und Literatur und einer ebenfalls asynchronen Fragestunde gehalten
werden, da andere digitale Lehrformen und konkret synchrone digitale Formate
wie z. B. Vorlesungen live via Zoom (Software für Videokonferenzen) (noch)
nicht infrage kamen (die kurzfristig zur Verfügung gestellten Zoom-Lizenzen
waren zunächst nicht ausreichend geeignet). Der Lehrumfang betrug auch hier
drei Semesterwochenstunden, wobei die Vorlesungsinhalte nun ohne jegliche
direkte Interaktion abgehalten werden mussten. Die Kommunikation zwischen
Lehrenden und Lernenden erfolgte neben den erwähnten vertonten Powerpoint-
Folien über (asynchron erstellte) Videos und per Mail, folglich rein digital. Vor
COVID-19 fand dieselbe Veranstaltung wie erwähnt ausschließlich in Präsenz
und wöchentlich – mit entsprechender wöchentlicher Kommunikation vor Ort –
statt. Ziel des Cases ist es, die Folgen der (im vorliegenden Fall sehr radikalen)
Umstellung auf digitale Kommunikation aufzuzeigen, um so die Eignung des
Event Life Cycle für entsprechende Analysen zu prüfen und allgemein etwas über
48 E. Landmann et al.

die Veränderungen der Kommunikation durch Digitalisierung und die COVID-19-


Pandemie zu lernen. Der Case selbst ist hierzu in erster Linie Mittel zum Zweck
im Sinne eines Aufzeigens von Veränderungen innerhalb der Kommunikations-
struktur. Didaktische Betrachtungen und die Optimierung der Hochschullehre
in der Zukunft stehen entsprechend dabei nicht im Vordergrund und wären ein
sicherlich ebenfalls spannendes, aber ganz eigenes, Forschungsthema.

3.2 Modifizierter Event Life Cycle: Kommunikation


in Abhängigkeit von Zeit/Events auf Sachebene

Zunächst erfolgt die Betrachtung des modifizierten Event Life Cycle am zuvor
genannten Case auf der Sachebene. Die Zeitachse (x-Achse) kann dabei generell
in die Abschnitte vor, während und nach einem Semester unterteilt werden, um
entsprechende Events und Verlaufsveränderungen nachvollziehen zu können. Die
Graphen selbst sind vielfältiger Natur – einerseits ist eine Unterscheidung in das
jeweilige Angebot, aber auch die Nachfrage vor und während der COVID-19-
Pandemie essentiell, andererseits muss diese Betrachtung sowohl aus der Sicht
der Student:innen wie der Mitarbeiter:innen analysiert werden. Zunächst wird
die Nachfrage aus der Sicht der Student:innen und der Mitarbeiter:innen getrennt
voneinander betrachtet. Einschränkend erwähnt werden muss dabei, dass diese
Einschätzungen stark von subjektiven Faktoren abhängig sind, wie z. B. dem
Interesse am Fach oder auch der Lernstrategie seitens der Student:innen oder
auch der präferierten Arbeitsstruktur seitens der Mitarbeiter:innen. Basierend auf
vorangegangenen Lehrevaluationen, welche Student:innen zum Semesterende
ausfüllen können, zeigt sich beispielsweise, dass einige Teilnehmer:innen als
Last-Minute-Lerner:innen kategorisiert werden können (siehe Abb. 2).
D. h. diese würden das gesamte Semester über keine Inhalte konsumieren,
dafür aber an einem Stück kurz vor den Klausuren sämtliche sachebenen-
bezogenen Informationen studieren. Fans des Studienfachs (im Sinne von
Personen, welche z. B. bereits weitere Seminare und Vorlesungen des Lehrstuhls
besucht haben/besuchen und in den Evaluationen zumeist angeben, dass die ver-
mittelte Stoffmenge zu gering ist und mehr Input – auch über die Vorlesungs-
inhalte hinausgehend – gewünscht wird etc.) hingegen gefällt laut Evaluationen
die Regelmäßigkeit des Austauschs vor COVID-19, diese empfinden die ver-
mittelten Lehrinhalte jedoch noch als zu gering. Zur vereinfachten weiter-
führenden Betrachtung wird im Modell vom Idealzustand ausgegangen – in
diesem Fall startet die Aufnahme der Lehrinhalte mit Semesterbeginn auf einem
Lessons learned from COVID-19: Zwischenmenschliche … 49

Bedarf Student:innen
Ideal
Kommunikation

Last Minute
Fan

Bedarf Mitarbeiter:innen
Blockunterricht

VOR Semester WÄHREND NACH Semester Zeit


Semester

Abb. 2 Casebasierter bedarfsorientierter Event Life Cycle auf Sachebene

durchschnittlichen Kommunikationsniveau und bleibt konstant erhalten, indem


Vorlesungsinhalte auch vor- und nachbereitet werden. Wie bereits erwähnt,
kann eine solche Fallunterscheidung grundsätzlich auch bedarfsseitig bei den
Mitarbeiter:innen erfolgen. Im angesprochenen Case halten z. B. einzelne Lehr-
stuhlmitglieder das Durchführen von Blockunterricht für eine sinnvolle Methode,
wodurch auch eine Form der Zyklizität entsteht, welche aber wesentlich stärkere
Ausschläge (sowohl auf hohe Kommunikationsbedarfe, als auch sehr geringe)
auf der Sachebene bedingt. Auch hier wird aufgrund der Ausprägungsvielfalt
auf den Idealzustand zurückgegriffen. Da die Beziehung zwischen Lehrstuhl und
Student:innen ähnlich einer Beziehung zwischen Unternehmen und Kund:innen
mit der Dienstleistung der Wissensvermittlung bzw. Ausbildung verglichen
werden kann, ist das Ziel, den Bedarf der Student:innen optimal abzudecken.
Dies gelingt mit einer idealen Anpassung an den Graphen des Bedarfs.
Wie Abb. 3 zeigt, war das Angebot auf der Sachebene vor COVID-19 sehr
zyklisch ausgeprägt (Ist vor COVID-19). Durch klare Ablaufpläne während des
Semesters, die wöchentliche 90-minütige Vorlesungen einschlossen, wurden
Inhalte regelmäßig in nahezu gleichem inhaltlichen Ausmaß vermittelt. Vor dem
Semester wurden bereits Grundinformationen zu Inhalt und Ablauf angeboten,
auch zum Semesterende und danach sind Ausschläge auf der Sachebene durch
das Angebot von Fragestunden oder auch einer Klausureinsicht zu verzeichnen.
Im Rahmen der asynchronen digitalen Lehre während der Pandemiezeit ver-
änderte sich diese zyklische Struktur stark hin zu einem azyklischen Verlauf mit
einem starken Ausschlag (Ist während COVID-19-Pandemie), aber einem im
Fortlauf stark abflachenden Graphen. Bedingt durch die Digitalisierung erfolgte
50 E. Landmann et al.

IST vor Corona


IST während Corona
Kommunikation

SOLL

VOR Semester WÄHREND NACH Zeit


Semester Semester

Abb. 3 Casebasierter modifizierter Event Life Cycle auf Sachebene

die Bereitstellung sämtlicher (vertonter) Vorlesungsinhalte zu Semesterbeginn


durch die Mitarbeiter:innen. Zusätzliche Sachinformationen wurden nur begrenzt
innerhalb kleinerer digitaler Tutorien gegeben. Einzig die Events der Fragestunde
und der Klausureinsicht wurden – wenn auch digital und asynchron – strukturell
beibehalten. Durch diese geringer ausfallende Anzahl an Kontaktpunkten (im
Sinne der Tutorien, der Fragestunde oder auch des Nachreichens von Literatur)
entstehen im Ist-Verlauf während COVID-19 unregelmäßige Ausschläge.
Die daraus resultierende Abb. 3 zeigt entsprechend den Ist-Zustand (Angebot)
des Lehrstuhls vor und während COVID-19 und kann dem Soll-Zustand (Bedarf)
gegenübergestellt werden. Dabei sind starke Diskrepanzen erkennbar. Beispiels-
weise sind diese bereits im Vergleich der Ist-Zustände auffallend verschieden.
Auch wenn die Gesamtsumme der auf der Sachebene vermittelten Inhalte in
beiden Fällen gleich ist, so sind insbesondere Zyklizität und Amplituden der
Graphen sehr unterschiedlich. Verstärkt wird dies speziell beim Vergleich des
Soll-Zustands mit dem Ist-Zustand unter COVID-19-Bedingungen. Die Dis-
krepanz besteht über den gesamten Betrachtungszeitraum.

3.3 Modifizierter Event Life Cycle: Kommunikation


in Abhängigkeit von Zeit/Events auf
Beziehungsebene

In der weiterführenden Analyse der Beziehungsebene wird der soziale Aspekt


der Kommunikation betrachtet. Wichtig ist hier vorab die Anmerkung, dass
Lessons learned from COVID-19: Zwischenmenschliche … 51

Kommunikation im Rahmen dieser Ausarbeitung als ein Prozess verstanden wird,


in dem sich beide Parteien – hier also Lehrende und Lernende – wechselseitig
beeinflussen können. Wie bereits auf der Sachebene gezeigt, können auch hier
die Graphen beeinflussende Faktoren, wie z. B. die Erfahrung, das Übermitteln
von verbalen und nonverbalen Signalen und weitere situative Faktoren, ermittelt
werden. Der Sachebenenbetrachtung folgend, wird ebenfalls eine Unterscheidung
in das Angebot, aber auch den Bedarf – jeweils vor und während COVID-19 –
vorgenommen. Da der Case den Fokus auf eine fortgeschrittene Diplom- bzw.
Masterveranstaltung legt, kennt ein Großteil der Student:innen den Lehrstuhl,
d. h. eine grundlegende Beziehung besteht bereits zu Semesterstart, weshalb die
Angebotsgraphen nicht im Koordinatenursprung starten. Durch Vorbereitungs-
und Vorstellungsfolien vor Semesterbeginn erhalten die Student:innen erste
Informationen zum Lehrstuhlteam, was die Beziehung bereits verstärkt. Nach
Semesterstart lernen die Student:innen den/die Lehrenden aufgrund der wöchent-
lichen Veranstaltungen, welche vor COVID-19 stark interaktiv gestaltet waren
und auch durch persönliche Beispiele kennen und vice versa. In dem Lehrenden-
Lernenden-Kontext wird jedoch eine Intensitätsgrenze der Beziehung erreicht,
welche eine gewisse Tiefe nicht überschreitet, aber aufrechterhalten werden
kann, weshalb der Anstieg abnimmt und schließlich stagniert. Aufgrund des
fehlenden Kontakts flacht der Graph nach Vorlesungsende ab, bleibt aber über
dem Anfangsniveau, da aufgrund des längeren vorhergehenden Austauschs eine
vertiefte Beziehung zu erreichen ist. Dem Verlauf des Bedarfs auf der Sach-
ebene folgend, kann auch der Graph zum Kommunikationsbedarf vor COVID-
19 auf der Beziehungsebene abgetragen werden, welcher leicht versetzt zyklisch
zur ersteren entsteht, aufgrund der neuen (persönlichen) Informationen, die in
jeder Vorlesung transportiert werden. Dem steht das Angebot während COVID-
19 mit Blick auf digitale, asynchrone Lehrformate gegenüber. Hier ist deutlich
zu verzeichnen, dass aufgrund der fehlenden Interaktion eine Beziehungsaus-
bildung sowie soziale Kommunikation nur in beschränktem Ausmaß stattfinden.
Kleinere Ausschläge in dem sich der x-Achse annähernden Verlauf können durch
einen synchronen virtuellen Winterspieleabend gegeben sein oder auch durch
die direkte Unterstützung in der Klausurvorbereitung. Den Bedarf während der
COVID-19-Pandemie betrachtend, kann festgestellt werden, dass dieser auf der
Beziehungsebene bereits vor Semesterbeginn deutlich erhöht ist – nicht zuletzt
aufgrund des zu diesem Zeitpunkt der Lehrveranstaltung, welche im vorliegenden
Beitrag als Case dient, herrschenden Lockdowns und der damit einhergehenden
Isolation von anderen Menschen. Im weiteren Verlauf des Lockdowns kann von
einem ansteigenden Bedarf an sozialer Interaktion und somit an Beziehungen
ausgegangen werden.
52 E. Landmann et al.

IST vor Corona


IST während Corona
Kommunikation

SOLL während Corona

VOR Semester WÄHREND NACH Zeit


Semester Semester

Abb. 4 Casebasierter modifizierter Event Life Cycle auf Beziehungsebene

Dem Schema aus dem vorhergehenden Kapitel folgend, kann somit der Soll-
Ist-Vergleich in Abb. 4 erstellt werden. Auffällig ist das nahezu durchweg erhöhte
vermutete Soll, welchem erneut ein Ist-Verlauf mit großen Diskrepanzen gegen-
übersteht.

3.4 Weiterführende Implikationen und Theorien

Die bisherigen Ausführungen ließen einige erste Implikationen direkt bei den
aufgezeigten Analysen erkennen. Konkret wurde insbesondere deutlich, dass den
teilweise festgestellten Lücken zwischen Soll- und Ist-Bedarf an Kommunikation
mit geeigneten Maßnahmen entgegengesteuert werden sollte. Im konkreten Case
der Hochschullehre an einer großen Universität und einer Lehrveranstaltung mit
einer großen Teilnehmerzahl könnten solche Maßnahmen z. B. synchrone Sprech-
stunden zur Deckung des fachlichen Kommunikationsbedarfs sein sowie private
Events, wie ein gemeinsames digitales Kaffeetrinken in kleineren Gruppen mit
zwanglosem Gedankenaustausch. Beides wurde im konkreten Fall in den Folge-
semestern umgesetzt, ergänzt durch (dann wieder mögliche) zumindest hybride
Lehrformate, bei denen synchron ein Teil der Student:innen im Hörsaal und ein
anderer Teil digital zugeschaltet war.
Die aufgezeigten Überlegungen lassen sich darüber hinaus auch mit ver-
schiedenen bereits bestehenden Theorien verknüpfen und so weitere mögliche
allgemeine Managementimplikationen erkennen. So lässt sich aus bisherigen
Lessons learned from COVID-19: Zwischenmenschliche … 53

Forschungen über Analogien von Business-Relationships zu privaten Fern-


beziehungen ableiten, dass der Erfolg einer von Lücken geprägten Beziehung
auch bereits vor der ersten Lücke mitbestimmt wird, nicht erst währenddessen,
und zudem nach der letzten Lücke (Pilny und Siems 2019). Dies lässt den
Schluss zu, dass bei einer Antizipation von Kommunikationslücken den Phasen
vor und nach diesen Lücken besondere Bedeutung beizumessen ist. Konkret
könnten und sollten gerade in diesen Phasen besondere Anstrengungen erfolgen,
um z. B. durch gemeinsame Erfahrungen (ähnlich dem Ansatz der Customer
Experience, vgl. Pine II und Gilmore 1998; Verhoef et al. 2009) die Kundenbe-
ziehung besonders zu stärken. Im konkreten Fall der Hochschullehre ist hieraus
die Implikation ableitbar, dass die Herausforderung der Distanzlehre nicht an dem
Tag endet, an dem wieder Präsenz möglich ist, sondern auch einen umsichtigen
Umgang miteinander nach dieser Phase erfordert, zumal diese ohne wirkliche
Vorbereitung begann. Konkret hat eine ganze Generation von Student:innen bis-
her so gut wie nur digital eine Beziehung zur Universität aufbauen können, was
die Möglichkeiten gemeinsamer Erlebnisse entsprechend stark einschränkt. Hier
wird es Aufgabe der Lehrenden sein, sobald Präsenz wieder möglich ist, ent-
sprechend gezielt Erfahrungswerte zu schaffen.
Interessante Erkenntnisse liefert auch die im Marketing für die Instrumente
Preis und Kommunikation bekannte Theorie der Pulsation: Demnach ist in der
Kommunikation z. B. zum Teil ein Wechsel von Werbepuls-Werbenichtpuls sinn-
voll, um die Gesamtwirkung zu erhöhen, was z. B. mit der Notwendigkeit des
Überschreitens einer gewissen Stimulusstärke zum Erzielen eines Effektes erklärt
werden kann (vgl. z. B. Hruschka 1996, S. 213 ff.; Bruhn 2015, S. 351 ff.). In
der Preispolitik kommt u. a. noch ein weiterer Aspekt dazu, nämlich, dass ein
Gewöhnungseffekt und konkret ein Lernen der Preishöhe bzw. von Preisnachlässen
durch (potenzielle) Kund:innen vermieden werden sollte, weshalb hier bewusst
hinsichtlich Länge und Intensität unterschiedliche Preise empfohlen werden (vgl.
z. B. Siems 2009, S. 58). Beides lässt sich auf die oben aufgezeigte Fragestellung
übertragen: Es kann sein, dass eine phasenweise höhere Kommunikationsintensi-
tät effizienter ist als eine durchgängige, was für einen Wechsel von Puls/Nicht-Puls
spricht. Gleichzeitig wäre jedoch kritisch zu hinterfragen, ob nicht in Analogie zur
Preispolitik hier jetzt der dort nicht erwünschte Gewöhnungseffekt zumindest für
die Beziehungskommunikation gerade vorteilhaft sein kann.
Im Fall der Hochschulen bedeutet dies, sowohl für digitale als auch für ana-
loge Angebote darüber nachzudenken, bestimmte Kommunikationsformen
zu ritualisieren, um den erwähnten positiven Gewöhnungseffekt zu erzielen
(z. B. monatlicher Gedankenaustausch zwischen Lehrenden und Lernenden)
und gleichzeitig unregelmäßige Pulse – z. B. in Form von Festen, einmaligen
54 E. Landmann et al.

Gastvorträgen usw. – anzusetzen, soweit noch nicht geschehen. Bei rein digitaler
Lehre ist dieses Einplanen geeigneter – digitaler oder nicht-digitaler – Pulse dabei
von besonderer Bedeutung, um wirksam Phasen des ansonsten Nicht-Kontaktes
zu unterbrechen und die Beziehung so aufrecht zu erhalten.
Zahlreiche weitere Ansatzpunkte sind möglich, u. a. die in den letzten Jahren
bekannt gewordene und etablierte Theorie des Nudging (Thaler und Sunstein
2009), der folgend Anreize (Nudges, also kleine, auf Freiwilligkeit abzielende
Schubser der Zielgruppen) z. B. zur Beteiligung an (digitalen) Events in natür-
lichen Kommunikationslücken geschaffen werden können. So erscheint es
z. B. sinnvoll, die gegebenenfalls starke Reduktion klassisch nebenbei statt-
findender Kommunikation in realen Räumen wie Fluren oder Kaffeeküchen
(oder im Fall der Hochschulen: Hörsälen oder Seminarräumen oder Mensen)
durch gezielte Anlässe wie digitale Treffen ohne Sachebene zu kompensieren,
z. B. in Form von digitalem gemeinsamen Kaffeetrinken o. ä., z. B. indem diese
gezielt mit semantischen und/oder sozialen Nudges verknüpft (z. B. „Kommen
auch Sie heute in unsere digitale Kaffeeküche, wir haben neue Mitarbeiter:innen
bekommen und Ihre neuen Kolleg:innen würden Sie gerne kennen lernen“).

4 Fazit, Limitationen, Ausblick

Wie aufgezeigt, erweist sich der Event Life Cycle als Analysetool für
Kommunikation und konkret auch für wie durch die COVID-19-Pandemie auf-
getretene Veränderungen derselben geeignet und liefert zahlreiche Anregungen
für Forschung und Praxis. Dabei erwies es sich als wichtig, verschiedene
Kommunikationsformen und Abstraktionsebenen – konkret: die Sach- und die
Beziehungsebene – differenziert zu betrachten.
Im Ergebnis wird klar erkennbar, dass Digitalisierung nicht nur technisch
erfolgen darf: Bereits 2017, also vor den Erfahrungen mit der COVID-19-
Pandemie, zitiert Eva-Maria Schmidt hierzu in einem praxisnahen Beitrag zum
Thema, wie Digitalisierung erfolgreich gelingen kann, den Experten Keese
von Springer (Schmidt 2017, S. 54): „Oberste Maxime müsse dabei [gemeint:
Digitalisierung] sein, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen (…)“. Unsere
aufgezeigten Analysen und Ausführungen bestätigen dies.
Gleichzeitig sei in diesem Zusammenhang aber auch erwähnt, dass
Digitalisierung keineswegs immer nur die Beziehungsebene reduziert: Gerade
die COVID-19-Pandemie zeigt auch, dass die dabei neu entdeckten digitalen
Möglichkeiten z. B. die Arbeitswelt voraussichtlich dauerhaft verändern können
und nun bereits dauerhaft verändert haben (vgl. z. B. o.V. 2020, 2021) und so
Lessons learned from COVID-19: Zwischenmenschliche … 55

z. B. durch die Arbeit im Homeoffice eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und
Freizeit und konkret auch Arbeit und Familie ermöglicht wird, was gegebenen-
falls auch die Beziehung zur Arbeit und zur/m Arbeitgeber:in verbessert. Zudem
können digitale Lösungen gerade bei notwendiger physischer Distanz auch
negative soziale Effekte dieser Distanz reduzieren (Gabbiadini et al. 2020). Ent-
sprechend ist die Digitalisierung durchaus eine Chance, hier positive Effekte zu
erzielen – auch sozialer Art, für die Beziehungsebene und über die Pandemie
hinausgehend. Diese Chancen zu nutzen, erscheint gerade in einer privat wie auch
wirtschaftlich zunehmend globale Beziehungen lebenden Welt auch unter öko-
logischen Gesichtspunkten relevanter denn je (vgl. z. B. o.V. 2021).
Zu den im vorliegenden Paper vorgestellten Überlegungen sei einschränkend
erwähnt, dass die aufgezeigten Überlegungen keine quantitative Studie beinhalten
und entsprechend so gut wie möglich fundiert und als wissenschaftlicher Impuls
gedacht, aber natürlich nicht als repräsentativ zu sehen sind. Hier ist Potenzial
für weitere Forschungsarbeiten erkennbar. Zudem sind zahlreiche ergänzende
Erweiterungen des hier aufgezeigten Ansatzes unter Nutzung des Event Life
Cycle denkbar, insbesondere Anwendungen auf Mitarbeiter:innen z. B. für den
Prozess des Onboarding oder auch, um in digitalen Zeiten zwischenmenschliche
Kommunikation zwischen Mitarbeiter:innen, die nicht mehr automatisch erfolgt,
gezielt zu planen und zu organisieren.
Gerade diese offenen Fragen und Erweiterungsoptionen machen das Potenzial
des Tools Event Life Cycle auch für die aufgezeigte Fragestellung noch ein-
mal deutlich. Der/die interessierte Wissenschaftler:in und der/die für neue
Ansätze und Methoden offene Praktiker:in findet hiermit zumindest eine (Teil-)
Antwort auf die heute so wichtige Frage, wie die Digitalisierung Teilaspekte der
sozialen Kommunikation bzw. generelle soziale Perspektiven beeinflussen kann
(o.V. 2018) und was entsprechend die notwendigen Implikationen aus Sicht des
Managements einer Organisation oder eines Unternehmens sind. Mit dem vor-
liegenden Beitrag ist die Hoffnung verbunden, hier einen kleinen Beitrag bzw.
Impuls für Lösungen gegeben zu haben.

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58 E. Landmann et al.

Elisa Landmann, Dipl.-Wi.-Ing., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur


für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing an der Technischen Universität
Dresden. Im Voraus absolvierte sie an eben jener Universität das Studium zur Wirtschafts-
ingenieurin. Ihr aktueller Forschungsschwerpunkt ist das Relationship Marketing und dabei
insbesondere die Betrachtung von technischen Neuerungen und Anwendungen in B2C
Bereich und damit einhergehenden Emotionen.

Henrietta Leonie Pilny, M. Sc., war wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an


der Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing der Technischen Uni-
versität Dresden. Zuvor erlangte sie einen Master of Science in Business and Management
an der Queen Mary University of London. Ihr Forschungsschwerpunkt ist das Relationship
Marketing, wobei in ihren interdisziplinären Betrachtungen vor allem Ausprägungen von
Distanz in Stakeholder-Beziehungen eine zentrale Rolle spielen.

Florian U. Siems, Prof. Dr., ist seit 1.12.2013 Inhaber der Professur für Betriebswirt-
schaftslehre, insbesondere Marketing an der Technischen Universität Dresden. Vorherige
berufliche Stationen waren u. a. die RWTH Aachen University, die Fachhochschule Salz-
burg, die TU München sowie die Universität Basel. Neben seinen Tätigkeiten an Hoch-
schulen war und ist Florian Siems auch in der Praxis aktiv, u. a. als Consultant und Coach.
Sein Forschungsschwerpunkt ist das Relationship Marketing.

Bui Duc Nguyen, M. Sc., war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für
Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing an der Technischen Universität Dresden.
Zuvor erlangte er einen Master of Science mit den Schwerpunkten Controlling, Marketing
und Logistik an der Otto-Friedrich Universität in Bamberg. Heute ist er Mitarbeiter im
strategischen Produktmanagement bei der AOK PLUS in Dresden.
Digital Communication Strategies:
The Impact of Framing in Debt
Collection Messages

Henry Kobsch, Ricarda Conrad, Minou Goetze


und Stephan Stricker

Abstract

The omission bias may be able to partially explain why people, even when
confronted with debt collection reminder communication, refrain from
settling their claim. While the framing of a message has shown to be effective
in unravelling certain cognitive biases and facilitating rational decision-
making, little is known regarding the impact of the omission bias in this
context. Therefore, based on debt collection agency (PAIR Finance) data, the
present study explores the success of the Omission-to-Commission (O-to-C)
framing as a communication strategy to counter the omission bias. Results of
the natural field experiment indicate that implementing the (general) O-to-C
framing in a reminder message increases reaction behaviour. When controlling

H. Kobsch (*)
Chair of Marketing, TU Dresden, Dresden, Germany
E-Mail: henry.kobsch@pairfinance.com
R. Conrad
PAIR Finance GmbH, Berlin, Germany
E-Mail: ricarda.conrad@pairfinance.com
M. Goetze
Psychology School, Fresenius University of Applied Science, Hamburg, Germany
E-Mail: minou.goetze@hs-fresenius.de
S. Stricker
PAIR Finance GmbH, Berlin, Germany
E-Mail: stephan.stricker@pairfinance.com

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 59


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_3
60 H. Kobsch et al.

for age, gender and debt size, debtors are significantly more likely to engage
with a payment reminder if the O-to-C framing is used. Additionally, a
significant interaction effect was found between the O-to-C framing and
gender, showing that female consumers were more likely to react to the O-to-
C framing than males. These findings indicate that reframing the act of non-
payment as a deliberate choice ‘not to act’ significantly increases reactions
following a reminder message, with a stronger effect on female consumers.

Keywords

Omission bias · Debt collection · Financial decision-making · Nudging ·


Rationality · Cognitive biases

1 Introduction

With the general rapid growth in technology and the additional physical
distancing and stay at home orders due to the pandemic of Covid-19, shopping
behaviour has changed from in-store to predominantly online within the past
years and months (Vineran 2020). Payment options, such as “buy now, pay later”
incentivize the act to finalize the order but increase the risk of non-payment.
Numbers show that the German e-commerce sector increased by 36% within
the first months of the pandemic compared to the pre-Covid period (Germany
Trade/Invest 2022). Customers who default on payment get transferred to debt
collection agencies. The role of debt collection agencies is to retrieve delinquent
funds by sending regular, prompting communication to remind customers of
their open debt and obligation to pay, as well as to inform them of the negative
consequences of ignoring this obligation—higher fees, credit score damages, and
court proceedings. Such communications trigger consumers to engage with the
decision of whether to pay the debt or not.
Financially, the most rational option would be to either settle the debt to
prevent even higher costs by further procedures, or to dispute the claim if the
consumer thinks it is not justified. Yet, often human decision-making does not live
up to the ideal of rationality (e.g., DeMartino et al. 2006; Simon 1997). Cognitive
biases and heuristics, for example, can consciously or even subconsciously alter
decision-making (Dvorsky 2013; Tversky and Kahneman 1973) and hinder the
consumer’s ability to engage with the reminder message. Often, no decision
for a payment or another action that resolves the issue (e.g., dispute, instalment
plan) will be taken, leaving the consumer with further reminder messages and
progressing towards court proceedings.
Digital Communication Strategies … 61

To prevent that from happening, changing the specific framing of a reminder


message can improve how people engage with it. Past research has found
consistent evidence that the manner in which a decision is presented is important
and influences decision-making (e.g., Burböck et al. 2019; Levin and Gaeth
1988). However, little is known about how to do this best, especially in the
debt collection field. The “omission bias”, which is a cognitive bias that
describes individuals’ tendency to favour inaction over action, provides one
explanation for why debtors do not react to payment reminders. One way to
possibly counter this bias is by reframing inaction as action, referred to as the
Omission-to-Commission (O-to-C) framing. With these facts in mind, the present
study investigates the following question: Does the O-to-C framing in payment
reminders have an influence on subsequent reaction behaviour in naturally
occurring debt collection markets? Necessary data will be retrieved from a
real-world application of these techniques by the debt collection agency, PAIR
Finance.

2 Theoretical Background

2.1 From Neoclassical Economics to Behavioural


Economics

Theories that are based on the neoclassical basis, such as the expected utility
theory or the rational choice theory, assume the rational choice of subjects in the
sense of an optimal choice. Individuals are assumed to act based on their benefits
and cultural and social preferences, which are given exogenous and are expected
to have perfect information as well as the ability to logically calculate, making
them act self-interested, benefits maximizing and costs minimizing (Becker 1976,
p. 3ss.; Soukup et al. 2015).
Behavioural studies of decision-making have challenged neoclassical
economics by showing that cognitive constraints lead to various decisional
biases, judgmental errors, and heuristics. One of the first theoretical frameworks
to take this into account was research conducted on “bounded rationality” by
Herbert A. Simon (1955). It follows the idea that decision-making is limited in
terms of rationality and that individuals search for satisfactory solutions rather
than optimal solutions (Simon 1997). Later, the joint research efforts of Kahn-
eman and Tversky expanded the idea of bounded rationality and gave further
experimental insights into why humans can reason poorly and act intuitively
(e.g., Kahneman et al. 1990; Tversky and Kahneman 1973, 1974). Their work
62 H. Kobsch et al.

focused on three programs of research. First, heuristics that are used while
making decisions and biases to which individuals are prone in judgments
under uncertainty (e.g., Tversky and Kahneman 1973). Second, they put
forward prospect theory, which is a model of choice under risk (e.g., Kahn-
eman and Tversky 2013), including the concept of loss aversion (e.g., Kahneman
et al. 1990). Third, their research dealt with framing effects, where the relative
salience of different aspects of a choice problem—as well as the presentation
of the pertinent information—influences choice behaviour (Tversky and Kahn-
eman 1981; Plous 1993, p. 69ss.). Numerous models proposed to account for
bounded rationality follow the notion of a dual-system view. Among a number of
researchers, there is substantial agreement on the characteristics that distinguish
the two types of cognitive processes. The neutral labels of System 1 and 2 were
first introduced by Stanovich and West (2000). While System 2 involves thinking
processes that are slow, controlled, deliberative, and analytical, System 1 includes
fast, intuitive, automatic, and experience-based thinking processes and is thus
‘home’ of the heuristics (cognitive shortcuts) we apply and biases (systematic
errors) we may be left with when making decisions (Kahneman 2011, p. 12ss.).

2.2 Status Quo Bias, Prospect Theory and the Omission


Bias

While many heuristics and biases are the result of quick impressions, the
automatic character of System 1 is also associated with a human difficulty to
consciously change our process of decision-making (Gardner and Rebar 2019).
One aspect in this respect is evident in the formation of habits, automatic
behavioural patterns that are the result of repetition and associative learning
(Duhigg 2012, p. 32ss.; Gardner and Rebar 2019). Numerous studies have
shown that humans prefer circumstances to remain unchanged (e.g., Alós-
Ferrer et al. 2016; Anderson 2003), such as a tendency to do nothing or maintain
one’s current or previous decision has been termed the “status quo bias”
(Samuelson and Zeckhauser 1988). Inertia, namely the reluctance to take action,
is one form of peopleʼs propensity to remain at the status quo (Madrian and Shea
2001) and is generally explained by loss aversion, a concept established as part
of Prospect Theory (Kahneman and Tversky 2013). While the current state
serves as a reference point, a change usually entails expected loss on some
dimension and expected gains on other dimensions (Kahneman and Tversky
2013). Previous studies have shown that there is a tendency for losses to be
weighted more heavily than gains of the same size (Bernatzi and Thaler 1995;
Digital Communication Strategies … 63

Kahneman and Tversky 2013; Odean 1998). Hence, people are unlikely to
prefer an alternative in which the expected gains are only slightly higher than the
expected losses (Ritov and Baron 1992).
Furthermore, changing the status quo requires a change in oneʼs behaviour
or decision, while keeping the status quo requires only an omission—a failure to
act or to engage in decision-making (Samuelson and Zeckhauser 1988). Previous
studies noticed that this takes place even when the options in questions produce
not only harm but also benefits (Ritov and Baron 1990; Spranca et al. 1991).
Ritov and Baron (1990), for example, found that many subjects preferred not to
vaccinate a child when the risk of death from disease was 10 in 10,000 but the
risk of death from vaccine was 5 in 10,000 or less. On the other hand, when the
decision maker is seen responsible for those affected by the decisions, subjects
favour commission (action) over omission (inaction) (Ritov et al. 1990). This type
of cognitive bias is called ‘omission bias’ and is based on the finding that action
is associated with greater responsibility and regret than inaction (Kahneman et al.
1990).

2.3 Omission Bias in Financial Decision-making

Tackling the omission bias when it comes to financial decision-making can


be a way to make people feel more responsible for their behaviour (Kordes-de
Vaal 1996; Spranca et al. 1989). Normally, reaction rates of consumers keep
deteriorating when moving more towards the end within the debt collection
procedures. Drawing on framings that interfere with cognitive biases (such as
the omission bias, which may explain why consumers refrain from settling their
outstanding claim) may improve reaction behaviour. Prior studies have tested the
effect of the O-to-C framing within the debt collection field, where reframing
the act of non-payment as a deliberate choice ‘not to act’ has shown to increase
payment rates (Hallsworth et al. 2015; Hernandez et al. 2017). In those studies,
the O-to-C framing significantly increased repayment rates compared to other
reminder strategies—including a simple, conventional reminder message, and or
other behavioural psychology inspired messages (e.g., social norms, deterrence,
public goods, reciprocity)—with women showing a slightly higher repayment
rate than men (Hallsworth et al. 2015; Hernandez et al. 2017). Notably, both
studies observed an increase of repayment rates of almost 50% when the act of
non-payment is reframed as one of commission rather than omission (Hallsworth
et al. 2015; Hernandez et al. 2017).
64 H. Kobsch et al.

Based on the decision maker’s belief that an inaction is less intended and
thus less consequential than an active choice (Kordes-de Vaal 1996), we assume
that the O-to-C framing will counter this belief and thereby increase reactions
to payment reminders (Hypothesis 1). We also assume that sociodemographic
characteristics such as age and gender, as well as the size of the open claim, will
affect the link between the O-to-C framing and the reaction rate (Hypothesis 2).
Based on past research that has shown the importance of the exact wording and
focus of a frame (e.g., Caamaño-Alegre 2021, Gendall and Hoek 1990), two
versions of the O-to-C framing will be tested. Whereas a specific O-to-C framing
will relate the omission to a specific situation, the general O-to-C framing will
relate the omission to a more general setting. This setup will provide us with
further insights as to which locus of choice (specific vs. general) is more effective
in terms of achieving increased reaction rates when being incorporated in an
O-to-C framing, a novel approach and focus in this field of research.

3 Study 1

3.1 Methods

3.1.1 Subject Pool
The present field experiment was conducted with individuals who had open
claims at companies of a wide range of industries, including E-commerce,
financial services, insurance services, mobility, shared economy, and
telecommunication. Debtors selected for this study were already part of the debt
collection process for at least 11 weeks. In this debtor pool, 45% are female,
47% are male, and 8% are unknown. Age information is available for 77% of the
debtors and the average age is 35 years (SD = 11). The debtors analysed in this
study are exclusively based in Germany.

3.1.2 Procedure
Participants were randomly allocated to four different treatments. At this
point, participants had already been in the debt collection process for at least
11 weeks, which is considered to be relatively far along in the debt collection
process. Because of that, all the payment reminders included a reduction offer
of their outstanding claim. They received one of the four different framings in
their payment reminder: 1) an informative framing (control condition); 2) a
cooperative framing; 3) a specific O-to-C framing where the commission refers
to refusing to take the reduction offer; or 4) a general O-to-C framing where
Digital Communication Strategies … 65

the commission refers to generally ignoring (i.e., not reacting to) the reminder
message. The latter three reminder framings were identical to the informative
framed reminder, except each had an additional persuasive message meant
to prompt action by the recipients. Examples for each message framing can be
found in the appendix (Tab. 1). Payment reminders were sent out via email at 10
a.m. After the first reminder message was sent, we tracked debtors’ reactions to
the email for the following seven days. The tracked reactions included payment
page visits, taking instalment plans or making promises to pay, inbound
communications and direct payments (partial or full).

3.1.3 Data Analysis
We excluded observations with an invalid email address (n = 2491) and
individuals who did not open the payment reminder that was sent out as part of
the study (n = 16,565). This exclusion procedure left us with a final sample of
5925 debtors. We used the treatment individuals were assigned to as a predictor
for debtors’ reaction to the payment reminder in a logistic regression. The treat-
ment variable is a categorical variable with four levels. We conducted the
regression analysis once without any covariates, and again controlling for gender,

Table 1 Regression results for the effect of tonality on reactions


OR (reaction)
Excluding control variables Including control variables
Informative – –
Cooperative 1.06 [.75, 1.52] 1.13 [.76, 1.69]
Omission-to- .97 [.68, 1.39] .99 [.67, 1.49]
Commission
(specific)
Omission-to- 1.05 [.74, 1.50] 1.06 [.71, 1.58]
Commission
(general)
Gender female 1.49** [1.12, 1.98]
Age of debtor .99 [.98, 1.01]
Debt size 1.05 [.95, 1.16]
Constant .04*** [.03, .05] .03*** [.01, .06]
Observations 5925 4563
Note: Odds ratios are reported. Debt size is log-transformed. Values in brackets are 95%
confidence intervals. + p < .10, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001
66 H. Kobsch et al.

age, and debt size. Since age information was only available for 77% of the
observations, fewer observations were available in regressions including age as a
covariate (n = 4563). The distribution of debt size was skewed, and therefore we
log-transformed debt size for the regression model.
To assess the success of a communication strategy, we primarily focus on the
reaction rate of debtors. We consider reactions the most direct type of information
about the effect of a message, whereas payments can potentially be confounded
with other factors such as the user interface of the payment page.

3.1.4 Results
Overall, 4.29% of the participants reacted to the message within seven days after
it was sent out. Note that the reaction rate for the full collection process reaches
77%. Since we only include seven days of the entire process in this study, and
participants had been part of the debt collection process for at least 11 weeks,
the proportion of reactions is naturally lower. Depending on the framing type
debtors were assigned to, the reactions to the messages differ. For the informative
framing, we observe a reaction rate of 4.20%, which is lower than reactions to
the cooperative message (4.46%) and the general O-to-C framing (4.41%).
Only the specific O-to-C framing is associated with a lower reaction rate than
the informative framing (4.09%). To analyse whether these differences are of
statistical significance, we conducted a logistic regression as described above
(see Table 1). The results indicate that there is no significant influence of message
framing on debtors’ reaction behaviour. Meanwhile, gender is a significant
predictor of reactions. Specifically, females are more likely to react to payment
reminders than males.
Fig. 1 further investigates the differences in reactions to message framing
depending on gender. In line with the regression results, females react more
often to the reminder message than males. Specifically, the informative and the
general O-to-C framing seem to be more successful in terms of making females
react, while for males the cooperative and the specific O-to-C framing is more
successful. Yet, including an interaction term for gender and treatment (framing
of message) does not show a significant interaction effect (OR = .92, CI 95% [.72,
1.18], p = .519).
Study 1 gives a first indication that the way a payment reminder is phrased can
have an effect on subsequent reactions of debtors during a real-life debt collection
process. To gain a deeper understanding of the O-to-C framing and its possible
effect on reaction behaviour, we conducted a follow-up study. As part of study
Digital Communication Strategies … 67

Fig. 1 Reactions to payment reminders depending on gender and message framing Error
bars indicate 95% confidence intervals

2, we systematically compared the O-to-C framing to the informative framing.


Comparing the O-to-C framing to the informative instead of the cooperative
framing allows us to avoid any framing effect bias by using the most neutral
framing possible. Since the general O-to-C framing led to 0.32% more reactions,
we decided to merely focus on the general O-to-C framing in study 2. One
issue we faced in study 1 was a low overall reaction rate that made it difficult to
observe differences across treatments. Thus, we employed two measures for study
2: First, we reduced the number of treatments for study 2 to ensure a sufficient
sample size for each treatment. We did this by only comparing the O-to-C
framing to the informative framing. Second, we used a different sample for study
2. Whereas debtors in study 1 had already been part of the debt collection process
for at least 11 weeks, debtors in study 2 were much earlier in the process (at least
4.5 weeks), which is commonly associated with a higher reaction rate. Therefore,
study 2 allows us to test the influence of an O-to-C framing in payment reminders
more rigorously and based on higher data quality.
68 H. Kobsch et al.

4 Study 2

4.1 Methods

4.1.1 Subject Pool
Similar to study 1, debtors selected for this study had open claims at a wide
range of different industries. The main differences to study 1 is the time how
long debtors were already part of the debt collection process and that, this time,
no reduction was being offered. For study 2, debtors had been part of the debt
collection process for at least 4.5 weeks. In this debtor pool, 44% are female,
40% are male and 16% are unknown. Age information is available for 44% of the
debtors and the average age is 38 years (SD = 13). The debtors analysed in this
study are exclusively German.

4.1.2 Procedure
Participants were randomly allocated to the two different treatments. They either
received the O-to-C framing in their payment reminder or a neutral framing
(control condition), neither providing a reduction offer. Examples for each
message framing can be found in the appendix (Table 2). Payment reminders
were sent out via email between 6 a.m. and 8 p.m. After the message was sent, we
tracked debtors’ reactions to the email for the following 4 days. Reactions include
payment page visits, taking instalment plans or making promises to pay, inbound
communications and direct payments (partial or full).

Table 2 Regression results for the effect of tonality on reactions


OR (reaction)
Excluding control variables Including control variables
Omission-to- 1.03 [.91, 1.17] 1.34* [1.05, 1.71]
Commission
Gender female 1.55*** [1.22, 1.97]
Age of debtor 1.00 [.99, 1.01]
Debt size 1.07 [.88, 1.30]
Constant .14*** [.13, .15] .05*** [.02, .13]
Observations 9079 2900
Note: Odds ratios are reported. Debt size is log-transformed. Values in brackets are 95%
confidence intervals. + p < .10, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001
Digital Communication Strategies … 69

4.1.3 Data Analysis
We excluded observations with an invalid email address (n = 1794) and
individuals who did not open the payment reminder that was sent out as part of
the study (n = 21,844). This exclusion procedure left us with a final sample of
9079 debtors. We used the O-to-C framing as a predictor for debtors’ reaction
to the payment reminder in a logistic regression. We conducted the regression
analysis once without any covariates, and again controlling for gender, age, and
debt size. Since age and gender information was only available for 32% of the
observations, less observations were available in regressions including age as a
covariate (n = 2900).

4.1.4 Results
Overall, 12.66% of participants reacted to the message. Similar to study 1,
reaction rates are lower than compared to the full debt collection process, since
we only include four days of the entire process in this study. Again, we observe
differences in reaction behaviour depending on message content. Whereas for
the informative framing the reaction rate is 12.47%, it increases to 12.84% when
using the O-to-C framing.
To analyze whether these differences are of statistical significance, we
conducted a logistic regression as described above (see Table 2). The results
indicate that there is no significant influence of message framing on debtors’
reaction behaviour if no control variables are included in the model. Yet, when
controlling for gender, age, and debt size, the results indicate that debtors are
significantly more likely to react to a payment reminder if the O-to-C framing is
used. Again, we find a significant link between gender and reactions showing that
females are more likely to react to payment reminders than males.
Similar to study 1, we further investigated differences in reactions to the O-to-
C framing depending on gender. Supporting the regression results, Fig. 2 shows
that female debtors are more likely to react to payment reminders than male
debtors. In line with the results of study 1, females seem to be more likely to
react to the O-to-C framing than males. Including the respective interaction term
in the regression reveals that there is a significant interaction between the O-to-C
framing and gender (OR = 2.00, CI 95% [1.23, 3.24], p = .005). Regarding age
of debtor and debt size, we do not find significant interaction effects between the
O-to-C framing and reactions. For a more detailed overview of age effects, see
Fig. 1 in the appendix.
70 H. Kobsch et al.

Fig. 2 Reactions to payment reminders depending on gender and message framing Error
bars indicate 95% confidence intervals

5 Discussion

The two studies show that using data from a real-world debt collection
communication process offers valuable insights into which factors influence
decision-making behaviour of debtors. In general, the results show that changing
the framing of the reminder message has an impact on consumers’ reaction
behaviour. Further, we observe a tendency for the (general) O-to-C framing to
generate higher reaction rates than other message framing. More specifically,
study 1 provided a (non-significant) tendency that the general O-to-C framing
is more successful in terms of increased reaction rates compared to the specific
O-to-C and the informative framing. Study 2, which specifically compared
the general O-to-C framing to the informative framing, found support for a
Digital Communication Strategies … 71

significant increase of reactions following the general O-to-C framing. Notably,


the results of both studies revealed that gender has an impact on the success of the
O-to-C framing effect. Specifically, females reacted more often to the (general)
O-to-C framing compared to males and are therefore a crucial driver for the
success of the O-to-C framing.
It is important to note that there are different methodological challenges
associated with this study, which are the natural consequences of the applied
nature of this research project. First of all, a selection bias was at play, as
we had to exclude those consumers who did not open the reminder email
containing the specific framing condition. Those consumers might show certain
characteristics that explain why they did not open the reminder message. As
we have not received any data from this sample, the representativeness of the
overall consumer population being contacted by a debt collection agency has
been affected, shrinking the sample population to those consumers who seem
somewhat interested in engaging with a debt collection agency. Yet, investigating
the influence of a certain message framing on reactions of debtors who did not
even read the message is of little value. Secondly, the time window in which
we observed the reaction rate could not be longer than seven days (for study 1)
and four days (for study 2). Hence, data gathering was limited, thereby leaving
us with the question how the O-to-C framing effect would have developed over
time. We therefore encourage forthcoming studies to extend the period of data
gathering to increase the number of observable reactions.
Comparing our results to the findings of Hallsworth et al. (2015) and
Hernandez et al. (2017), it can be concluded that these tend to be consonant:
When the omission is presented as a commission, meaning when the act of non-
payment is reframed as a deliberate choice ‘not to act’, participants are more
likely to react to the reminder message. Also, the finding of an increased reaction
behaviour by women towards the reminder message including the O-to-C framing
was confirmed with the results of the present two studies.
Nevertheless, we believe there is a wide range of possibilities that remains
to be explored in this area. The present findings showed that males react more
often to the O-to-C message when it is framed using a specific locus of choice.
Thus, further examining the interaction between gender and framing effects
especially when changing the locus of choice of the O-to-C message (specific vs.
general) might be of interest. Additionally, focusing more on the exact consumer
72 H. Kobsch et al.

characteristics, such as the consumerʼs age, financial situation, and their


educational background, should give further insights into for whom the O-to-C
framing can trigger the highest reaction rates.

6 Conclusion

Past research has put little focus on the omission bias in the debt collection field
and the O-to-C framing incorporated in communication strategies of a debt
collection agency. On these grounds, the two studies presented here use real-
world data from the debt collection agency, PAIR Finance, to investigate whether
the O-to-C framing, when integrated into payment reminders, has an influence
on subsequent consumer behaviour. Because the results (particularly those
of study 2) show that the incorporation of the (general) O-to-C framing in the
reminder communication is able to trigger higher reaction rates, we believe that
additional insights into improving communication strategies with debtors have
been achieved. The results of the present studies are of great value for companies
dealing with receivable management, and may help to nudge their customers
towards a reaction behaviour. And more broadly, the insights of these studies can
even be widely applied to different fields where communication strategies play
a role. We hope these helpful findings motivate further research of the O-to-C
framing in order to gain a better understanding of the omission bias and how to
combat it in real-world applications.

Appendix

Tab. A1, A2 and Fig. A1.


Digital Communication Strategies … 73

Table A1 Implementation of tonalities for study 1


Primary email Reminder email
Informative Hiermit möchten wir Ihnen ein Wir möchten Sie an unser
Angebot machen: Angebot erinnern:
Cooperative Vielleicht haben Sie in der letzten Wir gehen immer noch
Zeit die Erinnerung an Ihre offene davon aus, dass Sie
Forderung einfach übersehen, vielleicht in der letzten Zeit
vielleicht haben Sie in der Hektik die Erinnerung an Ihre
des Alltages vergessen zu bezahlen. offene Forderung einfach
Ganz egal was der Grund ist, wir übersehen haben oder Sie
finden mit Ihnen zusammen eine vielleicht in der Hektik des
Lösung und möchten Ihnen hiermit Alltages vergessen haben
ein Angebot machen: zu bezahlen. Ganz egal
was der Grund ist, wir
finden mit Ihnen zusammen
eine Lösung und möchten
Sie hiermit an folgendes
Angebot erinnern:
Omission-to- Bisher haben wir den fehlenden Sind Sie sich sicher, dass
Commission Zahlungseingang als ein Ver- wir den fehlenden Zahlungs-
(specific) sehen Ihrerseits betrachtet. Um die eingang als Ihre aktive
Forderung nun zu begleichen, bieten Entscheidung gegen unser
wir Ihnen ein Angebot. Sollten wir Angebot behandeln sollen?
keinen Zahlungseingang feststellen Dies ist unsere Erinnerung
können, behandeln wir dies als Ihre an Sie von dem folgenden
aktive Entscheidung gegen unser Angebot Gebrauch zu
Angebot. Nutzen Sie nun die folgende machen:
Möglichkeit:
Omission-to- Bisher haben wir den fehlenden Sind Sie sich sicher, dass
Commission Zahlungseingang als ein Ver- wir den fehlenden Zahlungs-
(general) sehen Ihrerseits betrachtet. Um die eingang als Ihre aktive
Forderung nun zu begleichen, bieten Entscheidung gegen unser
wir Ihnen ein Angebot. Sollten wir Angebot behandeln sollen?
keinen Zahlungseingang feststellen Dies ist unsere Erinnerung
können, behandeln wir dies als Ihre an Sie von dem folgenden
aktive Entscheidung gegen eine Angebot Gebrauch zu
derzeitige Begleichung Ihrer offenen machen:
Forderung. Nutzen Sie nun die
folgende Möglichkeit:
74 H. Kobsch et al.

Table A2 Implementation of tonalities for study 2


Email Content
Informative Wir fordern Sie auf, den offenen Gesamtbetrag in Höhe von {open full
claim} Euro bis {14 day deadline} über den folgenden Link zu begleichen:
Omission-to- Den fehlenden Zahlungseingang haben wir bislang als ein Versehen
Commission Ihrerseits betrachtet. Sollten wir nun jedoch keinen Zahlungseingang
feststellen können, behandeln wir dies als Ihre aktive Entscheidung Ihre
Forderung nicht zu bezahlen. Wir fordern Sie auf, den offenen Gesamt-
betrag in Höhe von {open full claim} Euro bis {14 day deadline} über den
folgenden Link zu begleichen:

Fig. A1 Reactions to payment reminders depending on age and message framing. Error
bars indicate 95% confidence intervals
Digital Communication Strategies … 75

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Henry Kobsch, externer Doktorand TU Dresden und Director Partnership Management


PAIR Finance. Henry Kobsch legt seinen Forschungsschwerpunkt als externer Doktorand
des Lehrstuhls Marketing an der TU Dresden auf das Thema Verhaltensökonomie,
also dem menschlichen Verhalten in wirtschaftlichen Situationen. Außerdem ver-
antwortet er als Director Partnership Management bei PAIR Finance alle bestehenden
Mandantenbeziehungen, inkl. aller laufenden kaufmännischen und vertraglichen Frage-
stellungen. Zuvor arbeitete in gleicher Rolle an der Etablierung des Finanzdienstleisters
Digital Communication Strategies … 77

Klarna im deutschen Markt mit, beim Zahlungsdienstleister Digital River, der ehem.
Kommunikationssparte von Siemens und verantwortete an der RWTH Aachen Marketing
und Vertrieb der privatwirtschaftlichen Weiterbildungsangebote. Henry Kobsch studierte
Betriebswirtschaftslehre an der TU Berlin und der Solvay Brussels School of Economics
and Management (ULB).

Ricarda Conrad arbeitet als Marketing Psychologin bei dem in Berlin ansässigen Fintech
PAIR Finance. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, ihr verhaltenpsychologisches Wissen im
Kontext des Forderungsmanagements anzuwenden und auf Grundlage von marketing- und
sozialpsychologischen Konzepten die Kommunikation angepasst an die Bedürfnisse des
Konsumenten zu gestalten.
Ricarda Conrad studierte Psychologie und Neurowissenschaften an der Maastricht
University, der City University of Hong Kong und der University of the Western Cape.
Weitere marketing-relevante Kurse belegte sie an der Copenhagen Business School und der
Wharton University School.

Minou Goetze, Prof. Dr., ist Professorin für Entscheidungspsychologie und Kognitions-
wissenschaften an der Hochschule Fresenius. In ihrer Forschung untersucht sie anhand von
Experimenten welche Faktoren ökonomische Entscheidungen beeinflussen (z. B. Persön-
lichkeit, soziale Präferenzen und Framing). In ihrer freiberuflichen Tätigkeit begleitet sie
Unternehmen bei Forschungsprojekten zum Thema Entscheidungspsychologie und unter-
stützt bei der Mitarbeiterentwicklung. Zuvor war Minou Goetze als Head of Behavioral
Science bei PAIR Finance tätig. Sie hat im Bereich Entscheidungspsychologie am Max-
Planck-Institut in Bonn und der Universität Zürich promoviert und ihr Studium der Psycho-
logie an der Universität Basel abgeschlossen.

Stephan Stricker, Gründer und CEO von PAIR Finance, Deutschlands führendem
und mehrfach ausgezeichneten Fintech für Inkasso. Sein im Jahr 2016 gegründetes
Unternehmen nutzt künstliche Intelligenz, Verhaltensforschung und Data Science, um
Forderungsmanagement zu einem digitalen, effektiven und kundenorientierten Teil
der Customer Journey zu machen. Vor PAIR Finance war Stephan Stricker in führenden
Rollen an der Entwicklung erfolgreicher AdTech-Unternehmen in San Francisco/USA und
Sao Paulo/Brasilien beteiligt. Von 2010 bis 2013 war er für die KMPG in den Bereichen
Strategieberatung und Restrukturierung tätig. Stephan Stricker absolvierte sein Studium der
Betriebswirtschaftslehre an den University of Sydney und der Westfälischen Wilhelms-Uni-
versität Münster.
Public Relations im Zeitalter
zunehmender Digitalisierung:
Erkenntnisse einer explorativen
Expert:innenstudie

Jörn Redler, Lothar Rolke und Gina Giuliano

Zusammenfassung

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung sieht sich die PR-Branche mit


einem veränderten Medienverhalten aller Stakeholder konfrontiert. Während
die Anzahl der in Deutschland verkauften Tageszeitungen seit dem Jahr 1991
um fast 15 Mio. Exemplare gesunken ist (BDZV. 2020. Marktdaten, https://
www.bdzv.de/alle-themen/marktdaten. Zugegriffen: 02.09.2020), hat die
aktive Nutzung der sozialen Medien im Jahr 2022 ihren bisherigen Höhepunkt
erreicht. Die sozialen Medien werden heute zunehmend als Informationsquelle
herangezogen. In Verbindung mit dem Wandel zur Informations- und Wissens-
gesellschaft und einer stetig kritischeren Betrachtung sämtlicher medialer
Bereiche der Gesellschaft resultieren daraus deutlich veränderte Anforderungen
an die Unternehmenskommunikation. Diese Rahmenbedingungen haben sich

J. Redler (*)
Abteilung: MSB – Mainz School of Business, Mainz University of Applied Sciences,
Mainz, Deutschland
E-Mail: joern.redler@hs-mainz.de
L. Rolke
MSB – Mainz School of Business, Mainz University of Applied Sciences,
Mainz, Deutschland
E-Mail: lothar.rolke@hs-mainz.de
G. Giuliano
Vontobel AG, Zürich, Schweiz
E-Mail: gina-giuliano@t-online.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 79


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_4
80 J. Redler et al.

seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie eher noch zugespitzt. Insgesamt stellt


sich die Frage, welche Umbrüche in der PR erkennbar sind und welche Ent-
wicklungsrichtungen erwartet werden. Der Beitrag berichtet Erkenntnisse aus
einer umfangreichen qualitativen Studie mit Kommunikationsexpert:innen.
Die untersuchten Themenkreise beziehen sich dabei auf a) den Einfluss der
Digitalisierung auf die Organisation von Kommunikation, Content- und
Kanalmanagement, b) Veränderungen, Herausforderungen und Chancen sowie
c) Zukunftsbilder für die PR-Branche. Im Ergebnis zeigen sich vielfältige, in
weiten Teilen erstmalig empirisch verankerte, Einsichten zu Neuerungen und
Zukunftserwartungen in der PR-Branche. Der Kontext, die Studie, zentrale
Befunde sowie aus den Ergebnissen abgeleitete Denklinien werden vorgestellt.

Schlüsselwörter

Digitalisierung · Public Relations · Medienwandel · Content-Management

1 Ausgangspunkte der Studie

Die PR-Branche erlebt seit einigen Jahren einen herausfordernden und fort-
schreitenden Wandlungsprozess. Proaktiv, zum Teil reaktiv werden dabei
Potenziale einer durch die Digitalisierung ausgelösten grundlegenden Ver-
änderung der PR-Umwelt aufgegriffen. Vor allem die Digitalisierung durch-
dringt in immer stärkerem Maße alle Bereiche der Gesellschaft und macht
auch vor der Public Relations (PR)-Branche nicht Halt (Stieglitz und Wiencierz
2019). Eine exponentielle Zunahme digitaler Medien und Kommunikationswege
ist eine der offensichtlichsten Folgen dieser Veränderung ˗ und mit dieser sieht
sich PR heute konfrontiert (Mulhern 2009; Lamberton und Stephen 2016). Die
Art und Weise, wie sich Stakeholder über Unternehmen austauschen, mit ihnen
in Kontakt treten, aber auch wie Unternehmen mit ihren Anspruchsgruppen den
Dialog führen, wird damit nachhaltig modifiziert. Mit Blick auf die Social Media
wird dies unvermittelt deutlich. Die Möglichkeiten der Interaktion haben sich
erneut verändert und im Ausmaß multipliziert: Von Online-Bewertungen bis hin
zu audiovisuellen Beiträgen prägen nun die Konsumenten das Unternehmens-
image in der öffentlichen Meinungsarena (Stieglitz und Wiencierz 2019) in einem
noch deutlicheren Maße mit. Die Digitalisierung ist ein tiefgreifender Prozess,
der sich für Unternehmen als ein Umbruch auf mehreren Ebenen darstellt
(Redler 2022): als Veränderung des technologischen Rahmens, als Revolution
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 81

hinsichtlich verfügbarer und auswertbarer Daten, als neue Möglichkeiten auf


der Ebene von Geschäftsmodellen und Produkten, aber auch als ein Wandel
des Kommunikationsverständnisses sowie Entwicklungen auf der Ebene von
Kommunikationsinstrumenten und Botschaftsverbreitung.
Durch die Covid-19-Pandemie scheint die digitale Transformation in den
Kommunikationsabteilungen und Agenturen noch beschleunigt worden zu sein
(z. B. Zerfass et al. 2021). Virtuelle Kontaktwelten rückten durch räumliche
und soziale Bewegungseinschränkung auch in innerbetrieblichen Prozessen
eine technikgetriebene Kommunikation in das Zentrum von Arbeitsprozessen
der Unternehmenskommunikation. Mindsets und Erwartungen sowohl bei PR-
Entscheider:innen, Mitarbeiter:innen und insbesondere auch bei Adressat:innen
scheinen dadurch nachhaltig verändert. Neben technikbezogenen Aspekten
betrifft dies ebenso die soziale Seite praktischer Unternehmenskommunikation,
weil sich Formen und Geschwindigkeit der Zusammenarbeit sowohl im Unter-
nehmen als auch mit Adressatengruppen verändert haben. Es ist naheliegend zu
vermuten, dass sich damit ebenfalls Haltungen, Erwartungen und Werte wandeln
bzw. gewandelt haben. Im Zuge der digitalen Transformation – und beschleunigt
in der Pandemieerfahrung – wurden bereits zahlreiche Veränderungen und
Anpassungen umgesetzt. Im gesamten PR-Handlungsfeld, aber auch dem
zugehörigen Umfeld, besteht dennoch nach wie vor die Herausforderung, weitere
und zum Teil auch immer schnellere Anpassungen zu gestalten, die neben der
technologischen auch mindestens eine soziale wie auch die PR-Strategien und
-techniken betreffende Dimension aufweisen.
Unbestritten ist (öffentliche) Kommunikation in Richtung diverser Stake-
holder nach wie vor das zentrale Instrument zur Positionierung und Legitimation
von Unternehmen (Kiesenbauer und Zerfass 2015). In diesem Zusammenspiel
der Schlüsselrolle von Kommunikationsarbeit einerseits und der Transition
von Möglichkeiten und Realisationsoptionen von Kommunikation anderer-
seits zeichnet sich ein Bild einer Branche auf der Suche nach einer zukunfts-
fähigen Rolle und neuen Routinen in vielerlei Hinsicht. Vor diesem Hintergrund
exploriert die dargestellte Studie aktuelle Herausforderungen und Chancen für
die sich wandelnde PR-Branche aus Sicht von Kommunikationsverantwort-
lichen und Kommunikationsexpert:innen in Deutschland. Insbesondere wird
der Einfluss der Digitalisierung auf Content Management, Kanalmanagement
sowie die Organisation von Kommunikation in Unternehmen näher beleuchtet.
Genutzt wird ein qualitativer Forschungszugang in Form einer breit angelegten
Expert:innenstudie. Im Rückgriff auf zentrale Diskussionen und Erkenntnisse
der Forschung werden zunächst die Forschungsfragen für die Untersuchung
82 J. Redler et al.

konkretisiert. Es folgen Darlegungen zur Methode und zur Durchführung der


Untersuchung, um schließlich die zentralen Befunde zu berichten. Der Aufsatz
schließt mit einer Diskussion und einigen Ableitungen für die weitere Forschung.

2 Stand der Forschung und Fragestellungen der


Studie

Die Forschung zum Themenfeld „Veränderungen, Herausforderungen und


Zukunftsbilder vor dem Hintergrund digitaler Transformation“ zeigt sich
einerseits breit, weil sie durchaus sehr unterschiedliche Aspekte adressiert.
Andererseits ist bei kritischer Durchsicht der Literatur auch erkennbar, dass
nur ausgewählte Aspekte adressiert werden und das Themenfeld keineswegs
umfassend beleuchtet erscheint. Generell zeigt sich, dass a) die Sicht von Ver-
antwortlichen der Unternehmenskommunikation oder PR-Expert:innen der
Praxis (aus Beratung, Agenturumfeld sowie Spezialisten im Unternehmens-
kontext) bislang nicht explizit aufgegriffen wurde und b) damit das bei relevanten
Entscheider:innen vorliegende Wissen für die Forschung kaum verarbeitet wurde.
Viele Autor:innen befassen sich mit der Zukunft der PR-Arbeit und betonen,
dass eine symmetrische Kommunikation zwischen Unternehmen und ihren
Stakeholdern als wichtiges Ziel fortbesteht (Lee 2018; Dévényi 2016; Mishra
et al. 2014; Grunig 1992). Das Konzept der symmetrischen Kommunikation
ist durch einen Dialog der Anspruchsgruppen gekennzeichnet und basiert auf
der Annahme, dass durch Verhandlungen sowie Strategien der Konfliktlösung
Änderungen in den Einstellungs- und Verhaltensweisen herbeigeführt werden
können (Grunig 1989). Dabei besteht die Vermutung, dass unterschiedliche
Stakeholder unterschiedliche Interessen verfolgen und durch spezifische Einfluss-
nahme unterschiedlich stark durchsetzen können (dazu z. B. Zsolnai 2006). Nach
Karmasin (2015) bedeutet PR damit unter anderem den kommunikativen Umgang
mit konfligierenden Interessen.
Wie Kiesenbauer und Zerfass (2015) herausstellen, sind Kommunikations-
verantwortliche im digitalisierten Zeitalter immer seltener in einer Rolle als
Richtungsweiser mit Vorgabefunktion. Hingegen erscheint es bedeutsamer,
dass sie überzeugen, begeistern und auch Interessensgegensätze verhandeln.
Einher geht damit die steigende Bedeutung interkultureller Kompetenzen für
Kommunikationsverantwortliche (Wolf 2016; Kent und Taylor 2010). Zudem
wird häufig betont, dass Kommunikationsmanagement und PR auf ein sinkendes
Aufmerksamkeitsvermögen der Gesellschaft treffen und damit die Notwendigkeit
eines emotionalen Storytellings spürbar steigt (Lorenz-Spreen et al. 2019; Schach
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 83

2016; Herbst 2014; Weick 1995). Weiterhin treibt auch die immer wichtigere
Rolle von Big Data und KI den Wandel der PR-Branche (z. B. Chace 2018;
Wiencierz et al. 2017) an. Dies scheint durchaus mit Chancen verbunden. So
erlauben Echtzeit-Analysen eine sekundenschnelle Erfassung und Analyse kurz
zuvor veröffentlichter, digitaler Inhalte, anhand derer ein ausführliches, aktuelles
Lagebild gezeichnet werden und eine Anpassung der Kommunikationsaktivitäten
erfolgen kann (Klewes et al. 2017; Wiencierz et al. 2017). Ferner ermöglichen
intelligente Chatbots, den Austausch mit relevanten Stakeholdern zu intensivieren
und hierdurch die Markenbindung zu festigen (Chace 2018; Kilbride und Lehane
2018). Eine Automatisierung bestimmter Arbeitsprozesse wie beispielsweise die
Aktualisierung von Medienlisten resultiert zudem in einer effizienteren Arbeits-
weise, da Ressourcen für Tätigkeiten frei werden, die nicht von einer Maschine
übernommen werden können (Yaxley und Theaker 2018). Dabei ist insbesondere
an strategische oder kreative Aufgaben zu denken. Da die Vergangenheit jedoch
durch einen äußerst intransparenten Umgang mit persönlichen Nutzerdaten
geprägt war, ist nicht nur das Vertrauen in sondern auch die Akzeptanz für daten-
basierte Kommunikation erheblich geschwunden (Wiencierz et al. 2017). Daher
verstärkte sich die Forderung etlicher Kommunikationsexpert:innen, sich auf
gemeinsame ethische Leitlinien im Umgang mit Big Data zu verständigen, doch
erst im vergangenen Jahr ist seitens des Chartered Institute of Public Relations
(CIPR) ein einheitlicher Codex formuliert worden (CIPR 2020).
Zum Teil werden die Umwälzungen auch als das Entstehen einer Wissens-
gesellschaft durch die sozialen Medien gelesen (Cardwell et al. 2017; Zerfass
et al. 2014). Unverkennbar scheint mit der Digitalisierung zudem ein Wandel der
eingesetzten Medientypen im Rahmen einer ganzheitlichen Content-Strategie
verbunden (Macnamara et al. 2016; Thabit 2015; Stephen und Galak 2012).
Autoren wie Macnamara et al. (2016) zeigen auf, dass das Internet und vor allem
das Prosperieren der sozialen Medien die Medienlandschaft nachhaltig verändert
und teilweise auch zu einer Verschmelzung von Medien-Genres und Techno-
logien führt. Stichwort soziale Medien: Charakteristisch für diese Medienform
ist eine nur sehr geringe Moderation, die sich in der Regel auf das Löschen
von anstößigen, sexuellen und rassistischen Inhalten, Kommentaren sowie
Beleidigungen beschränkt (Macnamara 2012). Jene Konvention in Verbindung
mit einem freien Zugang zu den sozialen Medien resultiert in einem Austausch
von Inhalten, welcher von Kommentaren bis hin zur Zusammenarbeit und Co-
Produktion von Inhalten reicht (Motion et al. 2016). Auch hier zeigt sich sehr
deutlich, dass eine vollkommen veränderte Arbeitsweise für PR-Akteur:innen
erzeugt wird – und Kommunikationsarbeit in Zukunft anders organisiert sein
wird. Dies strahlt nicht nur deutlich auf Prozesse und Verantwortungen aus,
84 J. Redler et al.

sondern provoziert auch neue organisatorische Strukturen betrieblicher PR-


Bereiche.
Durch die Digitalisierung entsteht eine beachtliche Vielzahl von innovativen
Möglichkeiten für eine effektivere und effizientere Kommunikation: vom Ein-
satz sozialer Medien zur Vorstandspositionierung bis hin zu neuen Tools für
die Mitarbeiter:innenkommunikation (Lee 2018). Schließlich wirkt sich der
digitale Umbruch insgesamt auf das (Selbst-)Verständnis von PR aus. Häufig
wird betont, dass sich die Definition von PR durch gesellschaftliche Errungen-
schaften und veränderte Rahmenbedingungen weiterentwickelt – und dies
auch muss (z. B. Hurst et al. 2020; Adi 2019; Stieglitz und Wiencierz 2019;
Steyn und Niemann 2014). Angesichts der Kritik an einer auch bislang fehlenden
konsensfähigen Definition von PR wären derartige Impulse zu begrüßen. Wie
beispielsweise L’Etang und Pieczka (2006), Kunczik (2002) oder Cutlip et al.
(1994) es auffassen, befindet sich die PR sogar in einer Art Identitätskrise, da sie
es nach wie vor versäumt, eine akzeptierte Definition auszubilden, und auch kein
gemeinsames Verständnis entwickelt hat, was das konkrete Handlungsfeld von
PR beinhaltet. Insofern bringt die Digitalisierung hier die Chance auf Klärung mit
sich.
Vor dem Hintergrund dieser knapp umrissenen Diskussionen wird in der nach-
folgend dargestellten Studie der übergeordneten Forschungsfrage nachgegangen:
Wie sehen verantwortliche PR-Entscheider:innen aus Unternehmen und
spezialisierten Agenturen sowie PR-Expert:innen diesen Wandel (in ihrer Innen-
sicht)? Dazu werden insbesondere drei Fragenkomplexe näher exploriert:

• Welche Herausforderungen und Chancen sehen langjährige Expert:innen und


Führungskräfte der PR-Branche angesichts der digitalen Transformation?
• Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf das Content Management, das
Kanalmanagement und die Organisation von Kommunikation?
• Welche Einschätzungen und Bilder zur Zukunft der Branche bestehen?

3 Methodik

3.1 Qualitativer Zugang

Aufgrund des explorativen Charakters der Fragestellungen folgt die Unter-


suchung einem qualitativen Forschungsansatz. Dieser ist besonders geeignet,
um einen bisher noch nicht erarbeiteten Zugang zur Wirklichkeit zu erschließen
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 85

und zu entwickeln (z. B. Kruse 2014; Döring und Bortz 2016) sowie Sachver-
halte in Hinblick auf die Bedeutung, die Menschen ihnen zuweisen, zu verstehen
(Denzin und Lincoln 2005; Kalof et al. 2008). Der qualitative Zugang unterstützt
im Rahmen dieser Untersuchung das Vorhaben, einen möglichst authentischen
und tiefen Einblick in die Denkschemata und den Begründungshorizont von PR-
Verantwortlichen und PR-Expert:innen zu erlangen.

3.2 Datenerhebung

Die verbalen Daten wurden im Zeitraum März bis Juni 2020 über ein offenes,
nicht vorstrukturiertes und partizipatives Verfahren erhoben. Dies erfolgte in
einem dreistufigen Prozess:

1. Zunächst wurden erfahrene PR-Berater:innen, Expert:innen und Führungs-


kräfte der Unternehmenskommunikation aufgefordert, die aus ihrer Sicht
wichtigsten Fragestellungen der PR-Branche in Deutschland zu benennen.
Dies erfolgte über private Netzwerke der Autoren und die Netzwerke von
„news aktuell“ sowie „Faktenkontor“1. Als Ergebnis ergaben sich 194 Fragen.
2. Diese Fragen wurden auf 91 Fragen in sieben Themenfeldern konsolidiert.
3. Die konsolidierten Fragen wurden schließlich über das „PR Journal“2 und über
die privaten Netzwerke der Autoren auf den Plattformen XING und LinkedIn
gestreut. Das wiederum erfolgte in fünf Wellen im Zeitraum von März bis Juni
2020.

Im Ergebnis wurden 2.751 von den Studienteilnehmer:innen selbst formulierte


Antworten generiert, die in die Auswertung eingegangen sind. Aufgrund der Aus-
steuerungskanäle wurden dabei PR-Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft,

1 „Faktenkontor“ ist eine Agentur für Unternehmens- und Vertriebskommunikation mit


Sitz in Hamburg: https://www.faktenkontor.de/. „news aktuell“ ist eine dpa-Tochter mit
mehreren Standorten in Deutschland, die sich auf die Distribution von Pressemitteilungen
spezialisiert: https://www.newsaktuell.de/.
2 Das „PR-Journal“ ist nach eigenen Angaben das größte deutsche PR-Branchenmedium.

Das Online-Portal verbreitet PR-Nachrichten der Kommunikationsbranche für PR-


Agenturen und Pressesprecher: https://pr-journal.de/.
86 J. Redler et al.

Abb. 1 Ausschnitt aus dem Kodierleitfaden

Agenturumfeld und Non-Profit-Organisationen erreicht.3 Diese produzierten zu


jeder Frage im Durchschnitt 30, mindestens aber 23 verbale Antworten unter-
schiedlicher Länge.

3.3 Datenauswertung

Die Auswertung der Daten erfolgte mittels Paraphrase und qualitativer Inhaltsana-
lyse (dazu Mayring 2015, 2020). Sie zielte darauf ab, wiederkehrende Themen-
motive in den Daten sichtbar zu machen und herauszuschälen. Prinzipiell folgt
das Vorgehen dem Ablaufmodell von Mayring (2015). Die mit den generierten
Antworttexten vorliegenden Daten wurden dazu mittels der Software NVivo
innerhalb von Themenkreisen kodiert. Die Kodierkategorien wurden induktiv aus
dem Datenmaterial entwickelt und verdichtet. Alle Kategorien wurden in einem
Kodierleitfaden festgehalten und definiert. Abb. 1 zeigt dazu beispielhaft einen
Ausschnitt. Alle Kategorien wurden am Ausgangsmaterial rücküberprüft.
Als Ergebnis der Inhaltsanalyse sind diverse Themenmotive als Kategorien
innerhalb der Themenkreise entstanden, die 1. inhaltlich-individuell, 2. kontext-
bezogen sowie 3. vergleichend interpretiert wurden. Um die Interpretation abzu-
sichern, wurde die Interpretation unklarer Einzelfälle zusätzlich von einem
weiteren Forscher bewertet (s.a. Steinke 1999, 2007; Mayring 2015); sofern
abweichende Befunde resultierten, wurden diese harmonisiert. Zudem wurde
die gesamte Auswertung von einer an Erhebung und Kodierung nicht beteiligten
Person nachvollzogen, um der Anforderung einer argumentativen Interpretations-
absicherung im Sinne Mayrings (2015) nachzukommen.

3 Rund 90 % der Teilnehmer:innen waren hinsichtlich ihres Expertenstatus direkt identi-


fizierbar, da von ihnen Kontaktinformationen angegeben wurden.
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 87

4 Ergebnisse der Studie

Die Auswertung der verbalen Daten lieferte wesentliche Erkenntnisse zur Selbst-
wahrnehmung und Einschätzung des digitalisierungsbedingten Wandels der PR-
Branche. Zentrale Ergebnisse werden nachfolgend (analog der Fragenkomplexe
der Studie) dreigeteilt für die Bereiche I) Herausforderungen und Chancen, II)
Veränderungen hinsichtlich des Content Management, des Kanalmanagement und
der Organisation von Kommunikation sowie III) Zukunftsbildern dargestellt.

I) Erkenntnisse zu Herausforderungen und Chancen aus Sicht der Branche


In den Daten werden fünf Themenkerne deutlich, an denen sich Heraus-
forderungen für die Branche kristallisieren:

• Glaubwürdige Kommunikation
• Aufbau und die Aufrechterhaltung von Vertrauen
• Fragmentierung der Medienlandschaft, des Nutzungsverhaltens und ständiger
Kampf um Aufmerksamkeit
• Messbarkeit von Kommunikationsaktivität und -erfolg
• Neue Strukturen und Prozesse in der Organisation

Eine der großen Herausforderungen für die Branche scheint die Realisierung
glaubwürdiger Kommunikation, insbesondere eines glaubwürdigen und
relevanten Unternehmenszwecks zu sein. Mehrere Faktoren scheinen ursäch-
lich mit dieser Tendenz verbunden. Zum einen wird die Wahrnehmung
steigender Erwartungen der Öffentlichkeit an Unternehmen, ihrer sozialen, öko-
logischen und ökonomischen Verantwortung nachzukommen, deutlich. Weiter-
hin wird ein Paradigmenwechsel gesehen, der dazu führt, dass Unternehmen
zunehmend gefordert sind, ihren gesellschaftlichen Mehrwert durch „Haltung“
und „Purpose“, insbesondere aber durch konkrete Handlungen unter Beweis zu
stellen, um ihre gesellschaftliche Legitimation langfristig zu gewährleisten. Ins-
besondere Themen wie Umwelt-, Klima- und Tierschutz, aber auch nachhaltige
Mobilitätslösungen sollten daher von der PR-Abteilung im Sinne des Unter-
nehmens antizipiert und kommunikativ ausgespielt werden, um einen Beitrag
zum aktuellen gesellschaftlichen Diskurs zu leisten. Keineswegs sollten Unter-
nehmen diesbezüglich jedoch „(…) jede Agenda surfen (…)“ (Z. 78)4, sondern
vielmehr auf Basis der Unternehmensstrategie und den definierten Werten

4 „Z.“steht hier und in den folgenden Bezügen für die Zeilen in den festgehaltenen Aus-
sagen der Studienteilnehmer:innen.
88 J. Redler et al.

e­ ntscheiden, ob und in welchem Ausmaß zu einem bestimmten Themenbereich


Haltung gezeigt werden kann oder sollte. Übergeordnet zeigt sich, dass die
„licence to operate“5 nicht nur ausschlaggebend für die Akzeptanz innerhalb der
Gesellschaft, sondern auch maßgeblich für den Erfolg eines unternehmerischen
Geschäftsmodells verantwortlich ist:

Unternehmen werden immer mehr über ihre Sinnstiftung und Wertediskussion


definiert als über ihre Produkte. (Z. 2022)

Inwiefern die Glaubwürdigkeit der Kommunikation eine klare Positionierung


in politischen Angelegenheiten erfordert, wird ambivalent bewertet. Eine
Tendenz bezieht sich darauf, dass Unternehmen als Teil der Gesellschaft
dazu verpflichtet seien, sich zu grundlegenden demokratischen Prinzipien
und Werten zu bekennen. Allerdings wird auch sichtbar, dass eine Stellung-
nahme zu allen politischen Debatten problembehaftet erscheint und dem Unter-
nehmensimage mitunter schaden kann. Ein Bewusstsein für die Vorbildrolle von
Kommunikationsmanagern bei ihrem kommunikativen Handeln kristallisiert sich
als zentraler Aspekt heraus. Dabei geht es auch um ihre Rolle für die Gesellschaft
in einer veränderten Medienwelt, mit der sie eben auch den gesellschaftlichen
Diskurs mitprägen:

[...] gesellschaftsrelevante Themen wie das der Nachhaltigkeit ernst nehmen und
sich klar dazu positionieren, denn sie beeinflussen die Meinung und das Kaufver-
halten der Menschen wie auch die politische Debatte [...] (Z. 152)

Als Teil dieses Themenkreises wird weiterhin deutlich, dass Themensetzungen


und Kommunikationsmaßnahmen hinsichtlich der Mission („licence to operate“)
und gesellschaftsrelevanter Positionierung auch in eine gewisse Konkurrenz zu
traditionellen, rein business-spezifischen Kommunikationsthemen und -aktivi-
täten treten. Vor dem Hintergrund (intern) begrenzter Ressourcen und eher
selektiver und beschränkter (externer) Aufmerksamkeit entstehen daraus neue
Abwägungserfordernisse für Kommunikationsverantwortliche.
Ein weiterer Themenkreis bezieht sich auf den Aufbau und die Aufrecht-
erhaltung von Vertrauen bei den Stakeholdern. In Zeiten von Propaganda,

5 Vgl. dazu die Diskussion bei Sandhu (2022: 859): „Damit Organisationen dauerhaft ihre
‚licence to operate‘ erhalten und sichern, sind sie auf Legitimität der Umwelt, somit auf die
kritische Auseinandersetzung mit Positionen diverser Stakeholder, angewiesen.“
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 89

­ake-News und gekauften Followern wird das Vertrauen umso mehr als
F
„die wichtigste Währung“ (Z. 1321) beschrieben. Neben der Relevanz von
Information wird sie als der Grundpfeiler erfolgreicher unternehmens-
kommunikativer Arbeit bewertet. Einem Unternehmen als kommunikativem
Akteur wird erkennbar die Aufgabe zugeschrieben, einer informierten, anspruchs-
vollen und kritischer gewordenen Öffentlichkeit ehrlich und auf Augenhöhe
zu begegnen, um den Mehrwert der PR-Arbeit zu belegen. Entsprechend sollen
die geteilten Informationen stets relevant, qualitativ hochwertig und auf Echt-
heit geprüft sein. Verbunden damit wird außerdem die Notwendigkeit, dass
Manager:innen und PR-Verantwortliche in Organisationen eine hohe Kompetenz
in ethischen Fragestellungen und Bewertungen benötigen, um in bestimmten
Situationen durch vorbildliches Handeln Vertrauen seitens der Gesellschaft zu
schaffen bzw. nicht aufs Spiel zu setzen.

[...] per Content aufgebautes Vertrauen ist eine wertvolle Ressource für nach-
gelagerte wirtschaftliche Prozesse. (Z. 1345)

Bedingt durch die Fragmentierung der Medienlandschaft in Verbindung mit einer


sich signifikant verändernden Medienrezeption entsteht für PR-Verantwortliche
die große Herausforderung, in einem fortwährenden Kampf um die Aufmerksam-
keit der Rezipienten zu reüssieren:

Hier gewinnt, wer klug die persönliche und emotionale Betroffenheit der Menschen
anspricht. Das setzt voraus, dass man sich ernsthaft mit den Sorgen, Nöten, Ängsten
und Wünschen der Menschen auseinandersetzt und ihre „Pain Points“ kennt. (Z.
1139)

Wesentliche Instrumente in diesem Kampf um Aufmerksamkeit sind intelligentes,


zielgruppenspezifisches Storytelling und emotionale Ansprache, hochwertiger
Content und klare Mehrwerte.

[...] eine gute Inszenierung, zielgruppenspezifische Ansprache und erzählenswerte


Geschichten [...]. Durch Mut, Vielseitigkeit und Extravaganz bei der Auswahl der
Inhalte und Formate, entstehen Bilder, die die Zielgruppen berühren. Gepaart mit
Relevanz für die Leser, bleiben die Ideen im Kopf – trotz sinkender Aufmerksam-
keitsspannen. (Z. 1153)

Dabei kommt wissenschaftlich fundierten und gleichzeitig nach journalistischen


Maßstäben einwandfrei aufgearbeiteten Inhalten große Bedeutung zu, um aus der
Fülle an verfügbaren Informationen herauszustechen. Mit Blick auf die Social
90 J. Redler et al.

Media ist es unabdingbar, dass der Content „snackable“ (Z. 2400) ist: schnell und
einfach zu konsumieren. Vollzogen wird eine Abkehr vom klassischen Modell der
einseitigen Kommunikation. Kommunikationszielgruppen werden nicht mehr als
passive Empfänger betrachtet, sondern vielmehr als emanzipierte Mediennutzer
verstanden, die die öffentliche Meinungsarena mitgestalten und sich einbringen
möchten.
Mit dem Kampf um Aufmerksamkeit erlangt auch der altbekannte Topos
des notwendigen Zielgruppenverständnisses6 eine Neuinterpretation aufseiten
der Kommunikationsexpert:innen. Bei sinkender Aufmerksamkeitsspanne der
Rezipienten erscheint dieses nun immer weniger vernachlässigbar oder ober-
flächlich behandelbar, um maßgeschneiderten und relevanten Content zu erstellen
und diesen auf passenden Plattformen auszuspielen. Eine strategische und ziel-
führende Ansprache kann dabei immer weniger nach dem „Gießkannenprinzip“
erfolgen – Wünsche, Nöte und Ängste der Rezipienten sind grundlegend zu
durchdringen, um deren Bedürfnisse und Erwartungen zu erfüllen, und Themen,
Kommunikationskanäle und Nutzungsverhalten müssen mehrdimensional ver-
standen werden.

[...] ohne Empathie und Verständnis der Werte und Handlungsmotive der Ziel-
gruppen verpufft Kommunikation. (Z. 207)

Darauf aufbauend kann passgenaues „Seeding“7 gelingen, ebenso wie auch die
Ausrichtung von Design und Sprache an den Präferenzen der Rezipienten.
Als grundlegende Kategorie der Herausforderungen verweisen die erhobenen
und ausgewerteten Inhalte zudem auf den notwendigen Wandel bei Strukturen
und Prozessen der Organisation von Kommunikation (siehe dazu auch weiter
unten) sowie die Notwendigkeit der kritischen Prüfung bzw. Neuentwicklung von
Instrumenten zur Messbarkeit von Kommunikationsaktivität und -erfolg.
Neben den Herausforderungen zeigen die Daten mehrere Kategorien, die sich
auf Chancen beziehen, die die Digitalisierung für die PR-Branche mit sich bringt.
Speziell sind die folgenden vier Themenkreise identifizierbar:

6 Zielgruppen sind Cluster potenzieller Adressat:innen von Kommunikationsaktivitäten. Sie


sind nicht zwingend identisch mit Anspruchsgruppen bzw. Stakeholdern. Stakeholder sind
Personen oder Personenmehrheiten, die bestimmte Ansprüche an eine Organisation richten
und ihrerseits Einfluss auf die Organisation nehmen; auch sie können in Stakeholder-
gruppen geclustert werden.
7 „Seeding“ meint die gezielte Verbreitung von Inhalten, insbesondere in Bezug auf soziale

Netzwerke und Videoplattformen. Vgl. dazu z. B. Eiring (2021).


Public Relations im Zeitalter zunehmender … 91

• Big Data und stärker datengestützte Entscheidungen


• Emotionales Storytelling und Bewegtbildkommunikation
• Führungskräfte und Mitarbeiter:innen als Multiplikatoren
• Unterstützung der Mitarbeitergewinnung, -bindung und -motivation

Die Kommunikation der Menschen über Marken, Unternehmen und Persönlich-


keiten liegt in mehreren hundert Millionen Onlinequellen digital vor. Wir müssen sie
nur noch sammeln und auswerten. (Z. 1112)

Dieses Beispiel aus den Daten verdeutlicht ein Feld von Chancen, das in den
Reflexionen der Antwortenden deutlich hervortritt: Durch die fortschreitende
Digitalisierung stehen den Kommunikationsverantwortlichen Unmengen von
Datensätzen zur Verfügung, die sich gezielt für Kommunikationsentscheidungen
nutzen lassen. Viele ehemals als rar, teuer sowie langsam geltende Mess-
instrumente der Kommunikationsarbeit werden in Zeiten von Big Data und KI
um wertvolle neue Tools und Techniken ergänzt. Die befragten Expert:innen
geben dabei auch ganz konkrete Beispiele für mögliche Einsatzbereiche von
Big Data in der Unternehmenskommunikation: Mittels Social-Listening-
Mechanismen8 werden aktuelle Themen und Trends nahezu in Echtzeit
identifiziert und erstellen ein zum Teil sogar repräsentatives Stimmungsbild
der Gesellschaft. Durch Crawling9 lässt sich auch die politische Debatte
im öffentlichen Raum zusammentragen und auswerten. Weiterhin erlauben
die auf Basis neuer Daten nun möglichen Analysen wichtige Rückschlüsse
auf das (digitale) Nutzerverhalten, indem Interessen, Informationsbedürf-
nisse sowie Verhaltensweisen auf den sozialen Kanälen (in Echtzeit) unter-
sucht werden. Dies bezieht sich vor allem auf ein besseres Verständnis der
Rezipient:innen. Ein weiteres Thema entspinnt sich andererseits hinsichtlich
des Kommunikationscontrolling. Die als Nebeneffekt der Digitalisierung ent-
stehende Datenwelt ermöglicht eine einfache, effektive und zeitnahe Evaluation
der Kommunikationsaktivitäten. Maßnahmen und Kampagnen können nicht
nur fortlaufend angepasst, sondern sogar vor dem Go-live getestet werden.
Im Ergebnis entsteht ein präziserer Kommunikations-Output, der gleichzeitig

8 Social Listening bezieht sich auf eine Überwachung von Social-Media-Plattformen auf
Erwähnungen eines bestimmten Schlüsselwortes sowie zugehörige Konversationen. Vgl.
dazu z. B. Zachlod et al. (2022).
9 Beim Crawling wird das Internet mittels eines Computerprogramms automatisiert nach

Daten und Informationen durchsucht. Dabei werden Inhalte von Websites analysiert und
indiziert. Vgl. dazu z. B. Khder (2021).
92 J. Redler et al.

h­ insichtlich des Kommunikationserfolgs mit weniger Unsicherheit behaftet ist.


Aufgrund der Zahlenbasis verbessert sich zudem die Möglichkeit, auch andere
interne Personengruppen von der Bedeutung und der Erfolgswirkung guter
Unternehmenskommunikation zu überzeugen. Infolge des hohen Grads der
Technologisierung lassen sich diese Auswertungen mit einem geringen Budget
durchführen, sodass sie als künftige Grundlage wirksamer und professioneller
Kommunikation angesehen werden.
Ein zusätzlicher Themenkreis von Chancen durch Digitalisierung für die PR
bezieht sich auf die Bewegtbildkommunikation und ein emotionales Storytelling.
Insbesondere werden diese als wirksames Werkzeug im Kampf um die sinkende
Aufmerksamkeitsspanne der Zielgruppen verstanden. Gesehen wird, dass Videos
und Bilder im Vergleich zu Textmaterial „einfacher zu konsumieren [sind]“
(Z. 2591), und diese somit dem veränderten Rezeptionsverhalten der Gesell-
schaft folgen. Ein anderer Faktor ist, dass sich komplexe Sachverhalte mithilfe
visueller Kommunikation auf das Wesentliche reduzieren lassen, sodass sie ein-
facher zu verstehen sind. Daher werden Umsetzungen mittels Infografiken,
Memes, Gifs oder Erklärfilmen als wertvolle Elemente gesehen, um einem
Beitrag Struktur zu geben und die Kernbotschaften eher im Gedächtnis zu ver-
ankern. Deutlich wird, dass die Anforderung besteht, Bewegtbild bereits im
Zuge der Recherche m ­ itzudenken und auch selbst zu produzieren, um letztlich
einen eigenen Mediapool zu entwickeln, auf den immer wieder zurückgegriffen
werden kann. Erkannt wird allerdings auch, dass dies von den Beteiligten und
Entscheider:innen Kreativität, Mut zum Experimentieren und (in Abhängig-
keit vom Inhalt) ein gewisses Improvisationstalent verlangt. Die Übergänge
zum Storytelling, in dem enorme Potenziale gesehen werden, sind fließend.
Die erkennbare Annahme ist: Indem mit Bewegtbild-Kampagnen Geschichten
erzählt und durch die gezielte Ansprache der menschlichen Sinne gleichwohl
Assoziationen herbeigeführt werden, berühren sie die Rezipienten und sorgen
für emotionale Betroffenheit. Entsprechend wird im emotionalen Storytelling ein
Schlüsselelement für die (digitale) Kommunikation gesehen, insbesondere, wenn
es gelingt, eine eigene Bildsprache, auch im Sinne einer Integrationsklammer,
nutzbar zu machen.
Eine weitere Kategorie von Chancen kristallisiert sich an der Positionierung
von Führungskräften und Mitarbeiter:innen auf digitalen Plattformen. Als
„Influencer der Zukunft“ (Z. 1537) werden diese als die glaubwürdigsten und
authentischsten Unternehmensbotschafter:innen dargestellt; als überzeugte und
überzeugende „Social Ambassadors“ (Z. 1595) nutzen sie ihr privates und beruf-
liches Umfeld, um zu einer positiven Außenwahrnehmung der Organisation, der
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 93

sie angehören, beizutragen. Oft liefern diese auch schon den Content, der nach
außen getragen werden kann. Beispielhaft spielen Studien, Berichterstattungen
zu aktuellen Forschungsthemen sowie ganz persönliche Geschichten einzel-
ner Mitarbeiter in den erhobenen verbalen Daten eine Rolle. Es entsteht ein
Bild, bei dem so gut wie jede/r Mitarbeiter:in – gewollt oder ungewollt – als
„Corporate Influencer“ (Z. 1533) fungiert. Besonders aber die Unternehmens-
leitung sowie Personal- und Kommunikationsverantwortliche werden dabei in
der Pflicht gesehen, die Mitarbeiter:innen entsprechend zu befähigen, das vor-
handene Potenzial voll auszuschöpfen. Damit zeigen sich Bezüge zu neuen
Qualifikationsanforderungen. Leitende sind aber noch aus einem anderen Blick-
winkel im Fokus: In der digitalen Ära wird der CEO zur sichtbaren und zentralen
Identifikationsfigur des Unternehmens. Als „Gesicht des Unternehmens“ (Z.
436) repräsentiert dieser das Unternehmen in der Öffentlichkeit und gestaltet
den gesellschaftlichen Dialog aktiv mit, indem er Themen Gehör verschafft, eine
klare Position bezieht und Haltung zeigt. Die Social-Media-Kanäle, insbesondere
LinkedIn, werden als nie dagewesene Chance für die CEO-Kommunikation
gesehen, mit der CEOs im eigenen Namen meinungs- und haltungsstarke
Inhalte veröffentlichen und in den Austausch treten können. Erkennbar ist
wiederum auch die Sorge, dass aktuell noch zu wenige Topmanager:innen
dazu bereit sind, dem Vorbild von Tim Höttges (Deutsche Telekom), Hannes
Ametsreiter (Vodafone) oder Joe Kaeser (Siemens) zu folgen. Eine relevante
Chance entsteht, wenn der CEO durch eine strategische Positionierung der/s
Topmanager:in selbst als Marke etabliert wird: Erkannt wird hier nicht nur ein
positiver Einfluss auf die Reputation des Unternehmens, sondern auch auf
die Mitarbeiter:innenzufriedenheit, die Kundentreue sowie die Qualität von
Bewerbern. Bei diesem Aspekt wird zugleich auf Probleme verwiesen, die auf-
kommen, wenn beispielsweise kommunikative Fehltritte zu einem irreparablen
Imageschaden für das Unternehmen führen.
In diesem Zusammenhang wird aus den erhobenen verbalen Daten zudem eine
Chance hinsichtlich der Mitarbeiter:innengewinnung wahrnehmbar. Wie oben
erwähnt, zeigen sich positive Erwartungen bezüglich der Bewerber:innenqualität,
wenn Führungskräfte als Multiplikatoren wirken oder der CEO sogar als
eigene Marke agiert. Generell erkennbar ist die Erwartung, dass durch die ver-
änderten Möglichkeiten der Unternehmenskommunikation positive Effekte auf
die Gewinnung benötigter Fachkräfte resultieren (externe Wirkung). Als eine
wichtige interne Wirkung ist hingegen die Sicherung der Leistungsbereitschaft
aktiver Mitarbeiter:innen zu identifizieren, sodass in diesem Sinne gelungene
Unternehmenskommunikation
94 J. Redler et al.

[...] positive Stimmung erzeugen, Leidenschaft zur Mitarbeit an Themen auslösen,


Motivation für Teamarbeit erhöhen ergo: Leistungsfähigkeit steigern [kann]. (Z.
279)

Ein anderer bedeutsamer Effekt ergibt sich in diesem Feld durch die verbesserte
interne Kollaboration auf der Basis digitaler Tools.

II) Erkenntnisse zu Veränderungen hinsichtlich des Content Management,


des Kanalmanagement und der Organisation von Kommunikation durch die
Digitalisierung
Die explorative inhaltliche Analyse der verbalen Daten identifiziert weiter-
hin einige Umbrüche hinsichtlich der Kommunikationskanäle, dem Content
Management sowie auch organisatorisch-sozialer Aspekte.
Getrieben durch die Digitalisierung zeigen die Rückmeldungen der
Expert:innen deutlich, dass inzwischen alle Kanäle des sog. PESO-Ansatzes
(Paid/Earned/Shared/Owned Media) als akzeptierte Teilbereiche gelten müssen.
Ihre Rollen für die Unternehmenskommunikation erscheinen kaum kontrovers.
Selbst der Paid-Kanal, dem nach Aussagen der Beteiligten bisher mit einer eher
kritischen Haltung begegnet wurde, erscheint nunmehr für die kommunikative
Arbeit gänzlich bejaht zu werden. Zwar ist Paid in der Vergangenheit niemals
„tabu oder gänzlich ausgeschlossen [gewesen]“ (Z. 2968), doch erst durch die
zunehmende Digitalisierung erfährt es „eine neu definierte Daseinsberechtigung.“
Sinnvoll eingesetzt

[...] kann Paid neue Wege für die PR eines Unternehmens öffnen und Bereiche
erschließen, die anderenfalls für „klassische“ PR-Maßnahmen verschlossen wären.
(Z. 2975)

Von herausragender Bedeutung für die PR im Zeitalter der Digitalisierung zeigen


sich die Social Media. Dabei kristallisieren sich zwei Themenkomplexe mit
spezifischen Wirkmechanismen heraus. Zum einen entstehen mit den sozialen
Medien und ihren Plattformen relevante Kanäle für die CEO-Kommunikation und
die CEO-Positionierung. Insbesondere das Business-Netzwerk LinkedIn hat sich
zum Pflichtkanal für Vorstände und CEOs entwickelt, da die Plattform über die
notwendigen Positionierungs- und Publishing-Möglichkeiten verfügt, die für eine
authentische und glaubwürdige Kommunikation nötig sind. Problematisch scheint
zu sein, dass dabei der Austausch und die Interaktion nicht alle Anspruchs-
gruppen gleichermaßen bedient. Ein weiteres Spannungsfeld erwächst, da
Vorständ:innen und/oder der CEO zwar im eigenen Namen auftreten, von ihnen
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 95

geteilte Inhalte aber im Einklang mit den Aktivitäten eines Unternehmens stehen
sollten. Inkonsistenzen werden als Gefahr für den PR-Erfolg empfunden. Hin-
gegen: Eine klare Haltung und Vision in der CEO-Kommunikation zeigen sich
als signifikanter Faktor, um die Reputation des Unternehmens zu stärken und die
öffentliche Sichtbarkeit der Organisation zu erhöhen.
Zum anderen werden mit den sozialen Medien effizienzsteigernde Impulse für
die interne Kommunikation verbunden. In den verbalen Daten verdeutlicht sich:
Aus den Social Media erwachsen auch neue Werkzeuge, mit denen Kollaboration,
Vernetzung, Interaktion und Austausch für die Mitarbeiter:innen-kommunikation
einfacher werden – ganz unabhängig von einem vereinfachten Informationsfluss.
Als diesem Zweck dienende Tools werden dabei beispielsweise digitale Lösungen
wie Yammer oder Slack konkret benannt.

[…] mit der Implementierung eines solchen Content Hubs [gehen] eine Kunden-
zentrierung, Komplexitätsreduktion und Kernteamverschmelzung einher. (Z. 2174)
Moderne Mitarbeiterkommunikation wird insgesamt durch digitale Lösungen
[...] vielfältiger, interaktiver, aktueller und vor allem authentischer. (Z. 1577)

Hinsichtlich des Content Management zeigen sich weitere Auswirkungen


der Digitalisierung. Eine wichtige Kategorie, die diesbezüglich entsteht, ist
die Content-Qualität. Content mit redaktioneller Qualität, der nicht nur ziel-
funktional für klassische PR-Botschaften ist, scheint eine sehr große Bedeutung
für die PR-Arbeit zuzukommen. Das spannt den Bogen zur wachsenden
Bedeutung einer journalistisch-publizistischen Qualifikation für PR-Verantwort-
liche. Auch ist erkennbar, wie ein bekanntes Prinzip der Kommunikations-
lehre sich im digitalen Zeitalter zu verstärken scheint: An den Aussagen
wird deutlich, dass Inhalte und deren Verbreitung im Rahmen der (internen)
Mitarbeiter:innenkommunikation Vorrang haben sollten vor dem Content
Management für die externe Kommunikation. Klar erkannt wird das Muster:
Kommunikation nach innen wirkt letztlich immer auch nach außen. Dies scheint
unter den Bedingungen enger Vernetzung über Social Media umso stärker zu
gelten.
Als eine weitere Kategorie fällt der Feedback-Aspekt der sozialen Medien ins
Gewicht, der das Content Management verändert. Das sog. Social Listening, das
gezielte Zuhören in der digitalen Welt (s. o.), wird als „Gebot der Stunde“ (Z.
1135) beschrieben. Da die Konversation über Unternehmen, Marken und Persön-
lichkeiten heutzutage in Millionen von Daten digital vorliegt, könne durch Social
Listening eine gute Momentaufnahme, ein
96 J. Redler et al.

[...] klares Bild von der Realität [erfasst werden] (Z. 761)

Social Listening wird letztlich als eine nicht mehr wegzudenkende Aktivität der
PR-Arbeit erkennbar. Gleichermaßen ergibt sich, dass zur digitalen Welt eine
Qualitätsbewertung der PR mit Rückschlüssen auf Verständlichkeit und Relevanz
in Echtzeit gehört. Angesprochen werden KI-basierte Analysetools, die schnelle,
kostengünstige und detaillierte Erkenntnisse über die geteilten Erfahrungen der
Nutzer:innen in den sozialen Medien und somit auch über „Bremser und Treiber
der eigenen Reputation“ (Z. 758) liefern. Gemeint ist die extrem schnelle Identi-
fikation sowohl von Akteur:innen als auch Inhalten, die hemmend oder förderlich
für die zielgerichtete Reputationssteuerung wirken. Den verbalen Daten zufolge ist
dies inzwischen unverzichtbar für die moderne PR. Die Daten verweisen darauf,
dass eine solche Messbarkeit des Nutzer:innenverhaltens und damit wiederum aus-
sagekräftige Rückschlüsse auf die Verständlichkeit und Relevanz der Inhalte als
wichtig zur Bewertung der „Qualität der PR“ (Z. 1094) eingeordnet werden.
Weitere Einsichten sind hinsichtlich des Wandels der Organisation der
Kommunikationsarbeit möglich. Mehrere Faktoren werden dabei deutlich.
Zum einen scheinen das Redaktionsprinzip wie auch das Newsroom-Prinzip als
adäquate Formen angesehen zu werden, um Kommunikation im digitalen Zeit-
alter zu organisieren. Hinsichtlich des Redaktionsprinzips wird klar, dass tat-
sächlich alle strategischen Bereiche im Unternehmen (von HR bis hin zur
Kundenbetreuung) in dieser „Redaktion“ verbunden sein sollen. PR sei,
andererseits, endgültig keine Insellösung mehr – aufzulösen ist das Denken in
Abteilungen und (Funktional-)Bereichen:

Die Digitalisierung hat klassische (PR-)Silos obsolet gemacht. (Z. 127)

Entsprechende „PR-Redaktionen“ würden folglich einerseits Themen-


Manager:innen, andererseits Kanal-Manager:innen benötigen – neue, unter-
schiedliche Profile, die künftig ko-existieren.
Zum anderen wird eine katalytische Vorreiterrolle für eine Entwicklung weg
von Silos10 und hin zu agilen Haltungen (vor allem in den neuen Organisations-

10 Das sogenannte „Siloprinzip“ bezieht sich auf ein Verhalten, bei dem Mitarbeiter:innen
sich ausschließlich auf die eigenen Aufgaben fokussieren und letztere kaum im Gesamt-
zusammenhang der Organisation betrachten. Da es dabei oft dazu kommt, dass
Personen im Ergebnis gegeneinander statt miteinander arbeiten, wird es schon länger
als problematisch diskutiert, weil es beispielsweise abteilungsübergreifendes Arbeiten
behindert. Vgl. z. B. Barabba (2022).
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 97

formen bei der Mitarbeiterkommunikation) erkannt. Die Aussagen der


Studienteilnehmer:innen verweisen außerdem deutlich auf die Notwendigkeit,
die Kommunikationsarbeit auch bezüglich ihrer strukturellen und prozessualen
Rahmenbedingungen insgesamt flexibler und agiler auszurichten, um den
Ansprüchen einer ganzheitlichen Kommunikationsumsetzung gerecht zu werden.
Die wichtigsten Ergebnisse zu diesem Teil der Fragestellung sind in Abb. 2
zusammengetragen.

III) Erkenntnisse zu Zukunftsbildern aus Sicht der PR-Branche


Mit Blick auf die Teilfrage nach den eigenen Zukunftsbildern der PR-Branche
entsteht aus den Daten ein vielschichtiges Portrait aus konkreten Effekten, Rand-
bedingungen und Wechselwirkungen. Dieses wird in Abb. 3 verdeutlicht.
Anhand der Daten und der daraus resultierenden Kategorien sowie ihrer Ver-
bindungen ist zunächst erkennbar, dass die Rahmenbedingung Digitalisierung
Zusammenhang mit einer weiter steigenden Komplexität der Welt aufgefasst
wird. Als greifbare Auswirkungen der Digitalisierung werden einerseits die
wachsenden Möglichkeiten algorithmenbasierter Logiken gesehen, anderer-
seits kommen Big Data mit ihrer Datenheterogenität und der schier unermess-
lichen Datenflut als Faktoren zur Geltung. Erkennbar wird ein erster Aspekt eines
Zukunftsbildes: PR und Marketing wachsen zusammen.

Abb. 2 Zentrale Befunde zur Digitalisierung als Treiber bestimmter Veränderungen


98 J. Redler et al.

Abb. 3 Elemente des Zukunftsbilds der PR-Branche

Die PR wird mit Disziplinen wie Marketing, Research, Werbung etc. zu einer
einzigen datengetriebenen, algorithmengesteuerten und vertrauensbildenden
Kommunikation verschmelzen, die sich mit den Zielgruppen beschäftigt. (Z.41)

Ebenso wird offenkundig, dass bisherige Silo-Strukturen obsolet erscheinen, weil


aus dem neustrukturierten Miteinander Synergien für die PR-Leistung entstehen.
Auch wird in den Äußerungen sichtbar, wie sehr Aspekte des gegenseitigen
Lernens in den Vordergrund treten. Anstelle von Vorbildung und Fachhinter-
grund wird – quasi interdisziplinär – das Ausmaß der Ausschöpfung der sich
eröffnenden Potenziale zum entscheidenden Treiber eines solchen Wandels.
Als zweiter Aspekt werden für PR-Verantwortliche künftig andere
Qualifikationen relevant (s. o.: journalistische Fähigkeiten; ethische Urteilsfähig-
keit; zudem IT- und Daten-Verständnis), weil sich auch die Tätigkeitsfelder der
PR-Manager:innen verändern. Das ist ein weiterer Aspekt des Zukunftsbilds.

PRler sind nicht mehr nur Pressesprecher oder machen Öffentlichkeitsarbeit.


PRler werden zu Inhaltsexperten mit der Fähigkeit, die Inhalte verständlich auf-
zubereiten. PRler werden zu IT-Experten, die Kanäle wie Apps, Bots und Social
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 99

Media beherrschen. PRler sind Strategen, aber auch Praktiker, die texten können
und gleichzeitig Content-Management-Systeme verstehen. PRler sind vielfältige
Allrounder mit gezieltem Expertenwissen. (Z. 54)

Zwei weitere relevante Oberkategorien als Bausteine der PR-Zukunft ergänzen


diese Thematik. Die erste bezieht sich auf eine Verstärkung bestimmter
„Charakteristika“ der Kommunikation:

• Mehr denn je begleitet die Unternehmenskommunikation die Daseins-


berechtigung des Unternehmens jenseits der Marktaktivität kommunikativ.
• Die Unternehmenskommunikation ist in hohem Maße eine Kommunikation
zur Förderung von (interner) Führung und Change Management.
• PR-Arbeit bedeutet die Beteiligung an gesellschaftlichen Diskursen:

Gesellschaftspolitische Themen lassen sich durch PR besser ansprechen. Die


positiven Effekte daraus in den Anspruchsgruppen können sich im Zuge der Ver-
trauenssteigerung dann auch für das Marketing nutzen lassen. (Z.125)

• Kommunikationsarbeit der digitalen Gegenwart und Zukunft nutzt aktives


Storytelling und braucht eine starke multisensuale Inszenierung.
• Ebenso werden die Personifizierung und das Erschaffen von „Gesichtern“
für Organisationen noch stärker zu einem Erfolgsfaktor. Einhergehend
damit benötigt die PR-Arbeit authentische Botschafter in der Organisation,
die externe Kommunikationswirkungen entfalten. Die „menschliche“
Seite der Kommunikationsbotschaft wird also wichtiger, auch weil die
kommunizierenden Menschen im Digitalen als eine Art „Transportkapsel“
für PR-Botschaften fungieren. Solche „Gesichter“ als Absender oder Kata-
lysatoren zeigen sich im Zukunftsbild als eine Lösung, um ein Durch-
dringen von Botschaften zu Adressaten zu erreichen; gleichzeitig scheint die
tatsächliche Rezeption stark von der notwendigen Authentizität wie auch
Autorität des Kommunikators für die Community (es wird ein Modell der
Pull-Kommunikation impliziert) bedingt.

Die zweite Oberkategorie betrifft die Ausbreitung der Unternehmens-


kommunikation in die allgemein-mediale Sphäre. Mit anderen Worten: Die bis-
her in den Modellen angenommene Aufgabenteilung11 in der Konstruktion

11 Vgl. dazu beispielsweise Hoffjann (2007).


100 J. Redler et al.

von Öffentlichkeit zwischen (klassischen) Medien und Unternehmen mit ihrer


Tätigkeit der Unternehmenskommunikation (Medien als Mittel der PR einer-
seits, Medien als kritische Beobachter der PR andererseits) verwischt in dem
aus den Daten erkennbaren Zukunftsbild. Ein Kernmotiv lautet dabei: Unter-
nehmen werden zu ihren eigenen Medienhäusern. Sie schlüpfen in die Rolle
des „eigenen“ Medienberichterstatters und versorgen die Öffentlichkeit mit
relevantem Content. Offensichtlich bedeutet dies eine deutliche Bedrängnis
für die tradierten Medien. Ein Prototyp, der diesbezüglich in den Expert:innen-
Äußerungen in Erscheinung tritt, ist das Corporate Media House des deutschen
Automobilherstellers BMW.12

[…] kein Horrorszenario, wenn die Unternehmen erkennen: Dann nehmen wir die
Dinge selbst in die Hand und werden zu Medienhäusern. (Z. 1434)

5 Diskussion

Die vorgestellte Studie liefert aktuelle und empirisch verankerte Einsichten zu


wahrgenommenen Veränderungen, Neuerungen und Zukunftserwartungen aus
der Sicht von Expert:innen und Führungskräften aus dem PR-Bereich. Es ist
eine Besonderheit der Untersuchung, dass dies vollständig aus dem Blickwinkel
der Branche erfolgt und damit implizite Sichtweisen der Branchenexpert:innen
explizit gemacht werden konnten. Dazu wurde auf einem explorativen,
qualitativen Ansatz aufgebaut. Insgesamt können erkennbare Einsichten
formuliert werden, die die spezifischen Herausforderungen und die zukünftigen
Entwicklungsrichtungen der PR in einer zunehmend digitalisierten Welt aus der
Brancheninnensicht beschreiben.
Die Befunde stützen zunächst offensichtliche Aspekte wie beispielsweise
den Medienwandel, einen Einfluss der KI, die Diskussionen um eine Auf-
merksamkeitsökonomie. Auch scheint ein Verständnis von PR-Arbeit als sym-
metrische Kommunikation (z. B. Grunig 1992) unverkennbar durch. Die
Vorhersagen und theoretischen Betrachtungen zum Wandel der in der Unter-
nehmenskommunikation eingesetzten Medientypen (z. B. Thabit 2016)
erscheinen vor dem Hintergrund der vorliegenden Befunde in keiner Weise

12 Zum BMW Media House vgl. z. B.: https://www.kom.de/medien/genug-von-schlechter-


presse/.
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 101

fraglich. Interessant ist, dass diverse Themen, die aus „Vorhersagen“ „älterer“
Essays bereits bekannt sind (vgl. z. B. Toth 2009; Bruce 2012; Gill 2011), in
den gefundenen Realitäten eine prominente Rolle bekommen. Beispiele dafür
sind das Newsroom-Konzept, die stark redaktionelle Steuerung oder die Not-
wendigkeit zu intensivem Storytelling. Damit kommt die Frage auf, ob sich
derartige „Vorahnungen“ nun bewahrheiten und durchsetzen – oder ob die
Insider:innen der Branche lediglich bekannte Topoi reproduzieren. Eine
Frage, auf die in weiteren Untersuchungen eingegangen werden könnte. Nicht
auszuschließen ist, dass dies eine Folge von Recherche- und Vorbereitungs-
aufwand ist, den Studienteilnehmer:innen im Vorfeld der Fragenbeantwortung
betrieben haben. Weniger im Fokus steht, überraschenderweise, die Diskussion
zum Thema „Lead“ durch Kommunikationsmanager:innen. Insgesamt wird
die kommende Rolle (im Sinne von Aufgabe und Zweck) der PR-Verantwort-
lichen eher vage in den Blick genommen. Dabei scheint es legitim, die Frage
aufzuwerfen, ob die Rolle der/s Kommunikationsmanager:in an Bedeutung
zu- oder abnimmt. Wenn angesprochen wird, dass größere Storys und auch
Personen in vernetzen Kampagnen auf die Kommunikations-Agenda zu setzen
sind, so deutet dies eher auf einen zunehmend-übergreifenden Einfluss von
Kommunikationsmanager:innen hin, aber auch auf eine zunehmend über-
greifende Verantwortung, was wiederum gegebenenfalls eine sich verändernde
Qualifikationsanforderung mit sich bringt. Dies gilt auch für die Forderung der
Schaffung von Wertefundamenten und einer klaren Haltung auf der Gesamtebene
der Organisation sowie für die strukturellen Voraussetzungen, die zu gestalten
sind. Soziale Fragen sind u. a. über die Formen der Zusammenarbeit, die not-
wendigen Wertefundamente wie auch die Verantwortung der Entscheider:innen in
einer intern und extern sichtbaren Vorbildrolle tangiert. Insgesamt erscheinen die
Befunde zudem in hohem Maße kompatibel mit Diskussionen der wissenschaft-
lichen Literatur, die auf die Bedeutung ganzheitlicher Content-Strategien (siehe
Kap. 2; vgl. z. B. Macnamara et al. 2016) oder auf sich verändernde Kompetenz-
anforderungen für Kommunikationsverantwortliche (siehe weiter z. B. Wolf
2016) hinweisen. Hingegen zeigen sich diverse Detailaspekte wie beispielsweise
Fragen der stärkeren Personalisierung von Botschaften oder der Integration von
Social-Listening-Routinen.
Klar und deutlich sichtbar werden Umwälzungen, die sich auf die Arbeits-
weise (strukturelle Einbettung von PR in andere Unternehmensbereiche,
Prozesse, Geschwindigkeit), die Steuerbarkeit von Kommunikation und die
relevanten Qualifikationen der Expert:innen beziehen. Ein übergreifendes Motiv
ist zudem die Erkenntnis der Expert:innen, dass effektive und effiziente Unter-
nehmenskommunikation im digitalen Zeitalter umso mehr von innen nach außen
102 J. Redler et al.

gedacht werden muss. Ist es doch kein grundlegend neuer Ansatz, so scheint sich
dies in einer Social-Media-Welt eher zu verstärken. Man könnte also die These
formulieren: Mitarbeiter:innenkommunikation und externe Kommunikation
werden immer weniger differenzierbar. Die u. a. von Chace (2018) ins Spiel
gebrachte enorme Rolle von Big Data und KI für die zukünftige Unternehmens-
kommunikation spiegelt sich erkennbar in den dargestellten Befunden dieser
Studie.
In methodischer Hinsicht ist zunächst zu betonen, dass es sich ausschließlich
um eine Betrachtung im deutschsprachigen Raum handelt. Verallgemeinerungen
sind schon aufgrund des qualitativen Zugangs nicht indiziert – relevante Inter-
pretationen und Diskussionen aus dieser Studie sollten jedoch ganz besonders vor
dem Hintergrund der deutschsprachigen PR-Kultur und -Historie vorgenommen
werden. Ein Abgleich mit den Wahrnehmungen in anderen Kulturräumen wäre
dann ein weiterer Schritt. Aufgrund des explorativen Charakters der Studie hat
sich der qualitative Ansatz generell als adäquat und indiziert (z. B. Flick 2009)
bestätigt.
Die vorgestellte qualitative Untersuchung nutzt einen innovativen, sehr
offenen Zugang bei der Datengewinnung, bei dem auch die konkreten Frage-
stellungen aus den Sichtweisen der Teilnehmer:innen entstanden sind. Auf
Basis von insgesamt 2751 offenen Antworten aus den selbstgenerierten Fragen
fand eine inhaltsverdichtende Auswertung statt. Mit dem Studiendesign sind
naturgemäß einige Limitationen verbunden. So erfolgte die Rekrutierung der
Teilnehmer:innen über Netzwerke der Forscher sowie bestimmte Medien-
kanäle. Dies könnte bei der Frageentwicklung aufseiten der Teilnehmer:innen
wie auch bei den finalen Antwortdaten ein Bias erzeugt haben. Das Vor-
gehen bei der Datenerhebung bedingte zudem eine nennenswerte Anzahl
von anonymen Antwortbeiträgen. Daher sind die Strukturangaben zu den
Befragten mit Einschränkungen zu betrachten. Zudem waren dadurch ledig-
lich 90 % der Teilnehmer:innen direkt als „Expert:in“ im Sinne der Unter-
suchung zu identifizieren. Eine geringe Abweichung der Gruppe der tatsächlich
betrachteten Personen von der mit der Studienmethodik beabsichtigten Aus-
wahl von PR-Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Agenturumfeld und
Non-Profit-Organisationen (die ja mittels der verwendeten Aussteuerungs- und
Ansprachekanäle erfolgte) kann allerdings nicht ausgeschlossen werden. Da die
von den nicht identifizierbaren Teilnehmer:innen generierten verbalen Daten im
Vergleich zum Gesamtbild keine Besonderheiten erkennen ließen, sind diese im
Datensatz verblieben und in die weitere Auswertung eingeflossen. Das Risiko
von Verzerrungen der Aussagekraft wurde als gering eingeschätzt. Ein weiterer
methodenbezogener Aspekt ist die textbasierte Datensammlung. Aufgrund dieser
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 103

ist anzunehmen, dass in hohem Maße sehr reflektierte Antworten generiert


wurden, während Spontanäußerungen fehlen. Nachfragen und diskursive
Gesprächssituationen bei der Datenerhebung waren gar nicht möglich. Eine
„kommunikative Validierung“, wie sie z. B. bei Mayring (2015) vorgeschlagen
wird, war damit nicht umsetzbar.
Für die Datenauswertung wurde nach Prinzipien der Paraphrase und der
qualitativen Inhaltsanalyse gearbeitet. Damit konnten wiederkehrende Themen-
motive in den Daten sichtbar gemacht werden. Ebenso war es möglich,
Bedingungen und Effekte einzelner Aspekte in ein Gesamtbild zu integrieren.
Dies zeigte sich vor allem für das Verständnis der Zukunftsbilder als sehr förder-
lich. Allerdings unterliegen diese qualitativen Vorgehensweisen spezifischen
Einschränkungen, die in der Standardliteratur (z. B. Döring und Bortz 2016) dis-
kutiert werden. Speziell hingewiesen werden soll an dieser Stelle auf das aus den
Daten entwickelte Kategoriensystem, das zum Teil ähnlich dem axialen Kodieren
verfeinert oder gruppiert wurde. Die abgeleiteten Kategorien wurden dabei
systematisch am Material rücküberprüft. Allerdings kam keine systematische
Zweitkodierung zum Einsatz, vielmehr erfolgte diese nur bei unklaren Einzel-
fällen. Dies stellt eine methodische Einschränkung dar und könnte als eine Ver-
letzung der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit nach Steinke (1999) aufgefasst
werden.
Schließlich sei nochmals betont, dass bei dieser Studie der Blick von
außerhalb der Branche nicht mitbetrachtet wurde. Der Erkenntnisgewinn liegt
u. a. in der Explizierung einer Branchen-Innensicht. Andererseits schneidet dies
eine Kontrastierung mit weiteren Perspektiven ab; und es kann eine gewisse
Unter- oder Überbetonung bestimmter Effekte bedeuten, ganz sicher impliziert es
eine gewisse Einseitigkeit.

6 Weitere Forschung

Aus der Studie und ihren Erkenntnissen resultieren Impulse, die in der weiteren
PR-Forschung aufgegriffen werden sollten. Ganz generell wird eine Grund-
lage geschaffen, um den aktuell zu verfolgenden Wandel der PR hinsichtlich der
Schwerpunkte und Arbeitsweisen, aber auch mit Blick auf die soziale Dimension,
zu beschreiben und zu verstehen. Erste Kausalitäten und Randbedingungen sowie
Interdependenzen nehmen damit Gestalt an. Weitere Forschungsschritte sind
allerdings vonnöten, um die Aspekte im Sinne einer Modellbildung auszuarbeiten,
zusammenzubringen und konstatierte Muster empirisch zu prüfen. Einige aus-
gewählte Gesichtspunkte für einen solchen Weg sollen kurz angesprochen werden.
104 J. Redler et al.

Die in diesem Beitrag aufgezeigten Befunde, die auf der Grundlage von PR-
Branchenmitgliedern entstanden sind, könnten mit zusätzlichen Wahrnehmungen
anderer Expert:innen verglichen werden. Relevant erscheint dabei auch ein
Abgleich mit Ergebnissen, die auf einer Sicht von „außen“ auf die PR-Praxis
beruhen. Dieser Pfad könnte außerdem in Richtung einer Triangulation der vor-
gelegten Befunde ausgebaut werden.
Ein ebenso wichtiger Strang weiterer Forschung könnte sich einem Vergleich
der in dieser Untersuchung (und in gegebenenfalls weiteren ähnlichen Folge-
untersuchungen) gefundenen Sichtweisen von praktisch orientierten Expert:inne
mit den in der Forschungsliteratur vertretenen Perspektiven widmen. Weiterhin
sollten die hier für den deutschsprachigen Raum ermittelten Aspekte übernational
verglichen werden. Damit kann geklärt werden, ob sich die Entwicklungen in
verschiedenen Wirtschaftsräumen unterschiedlich darstellen. Denkbar wäre es
ebenso, sektorale Unterschiede zu sondieren. Auch erscheint es aufschlussreich
zu prüfen, ob bei den aufgezeigten Themenfeldern und Kategorien Unterschiede
zwischen langjährig etablierten PR-Verantwortlichen einerseits und Nachwuchs-
kräften andererseits bestehen. Abgesehen von den traditionellen qualitativen
Forschungszugängen könnte Letzteres auch als vergleichende Szenario-Analyse
erfolgen.
Offensichtlich wurde die Notwendigkeit, begriffliche Klärungen vorzunehmen
und auch an geeigneten Begriffen zu arbeiten, die für eine zukünftige integrierte
Betrachtung von PR, Marketing und Kommunikationsmanagement treffend sein
können. Sicherlich werden zugleich begriffliche Taxonomien erforderlich, die die
kommende Aufgabenteilung mit den sich beispielsweise entwickelnden Kanälen,
Content-Formen, Interaktionsformen und Verantwortungsbereichen erfassen
können. Weitere Forschungsvorhaben sollten auch diese Blickwinkel als Heraus-
forderung aufgreifen.
Auf die hier vorliegenden, über qualitative Methoden gewonnenen Einsichten
sollten quantitative Studien zu Kausalitäten und der Gewichtung von Wirk-
faktoren folgen. Die skalierte Bewertung von Dringlichkeit und Bedeutsamkeit
der aufgezeigten Aspekte wäre dabei nur ein Ansatzpunkt.
In thematischer Hinsicht sind einige weitere konkrete Felder anzusprechen,
die von künftigen Forschungsvorhaben aufgegriffen werden sollten. Zu denken
ist dabei zunächst an die Auswirkungen der skizzierten Befunde auf weitere
soziale Gesichtspunkte der Unternehmenskommunikation und ihrer inner-
betrieblichen Gestaltung und Steuerung. Eine solche „neue“ Arbeitsumwelt wirft
Forschungsfragen auf, die sich beispielsweise auf die Aufgabenspezialisierung,
relevante Qualifikation, das Problemlöseverhalten, eine werteadäquate
Mitarbeiter:innenkommunikation oder ein verändertes Nähe-Distanz-Verständnis
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 105

beziehen. Weiterhin erscheint die Untersuchung von relevanten Zukunfts-


strategien für die PR-Branche als ein zentrales Thema. Methodisch ist dabei
sowohl an konzeptionelle Betrachtungen wie auch an Case-Study-Analysen
zu denken. Darüber hinaus ist die Auseinandersetzung mit der zielführenden
Initiierung und Steuerung der Change-Prozesse innerhalb der Branche sicherlich
ein zusätzlich bedeutsames Feld. Hier ergeben sich interessante Anknüpfungs-
punkte für die interdisziplinäre Forschung. Zudem ist die Beschäftigung mit den
zukünftig wesentlichen Qualifikationen für Entscheider:innen der PR dringend
geboten. Derartige Forschung könnte konzeptionell, aber auch quantitativ-
empirisch ansetzen. Weiterhin ergeben sich Forschungsfragen hinsichtlich der
Umsetzungswege von Newsroom- und Redaktionsprinzipien im PR-Bereich
sowie ihrer Erfolgswirksamkeit. Schließlich eröffnet sich mit den daten-
getriebenen Ansätzen der PR im digitalen Raum ein weites, signifikantes Feld für
künftige Forschung. Methoden, Prozesse, Techniken des neuen Paradigmas sind
dabei nur einige Kerne, an denen sich Untersuchungsfragen für künftige Studien
zur Unternehmenskommunikation kristallisieren werden.

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Jörn Redler, Prof. Dr., ist Professor für ABWL, insb. Marketing, an der Hochschule
Mainz, University of Applied Sciences. Seine Schwerpunkte in Lehre und Forschung
sind u. a. Markenführung und Kommunikation. Er ist Co-Herausgeber des Standardwerks
„Corporate Brand Management“ und Autor von „Die Store Brand“. Kontakt: joern.redler@
hs-mainz.de.
Public Relations im Zeitalter zunehmender … 109

Lothar Rolke, Prof. Dr., ist Professor (em.) für Betriebswirtschaftslehre und Unter-
nehmenskommunikation der Hochschule Mainz, University of Applied Sciences, und
Unternehmensberater für Kommunikationsmanagement. Er ist Mitglied verschiedener
Beiräte und Jurys sowie Autor zahlreicher Bücher, Studien und Aufsätze. Kontakt: lothar.
rolke@rolke.info

Gina Giuliano, M.Sc, arbeitet im Bereich Marketing & Analytics des Schweizer Invest-
menthauses Vontobel. Als Junior Brand Managerin ist sie u. a. zuständig für die Sicher-
stellung einer konsistenten Markenkommunikation sowie für die Weiterentwicklung der
visuellen Gestaltungsrichtlinien. Kontakt: gina-giuliano@t-online.de
Social Issues or the Social as an Issue—
Rethinking Sociality in a Post-Digital
Era

Anette Hallin and Chris Ivory

Abstract

In the post-digital era we are currently experiencing, digital technologies are


becoming so ubiquitous that we have begun to take them for granted in our
lives—at home as well as at work. The argument of this chapter is that this
technological transformation is, in fact, a social revolution, and that this urges
us to re-think what we mean with ‘the social’. The chapter starts by teasing
out what makes the current technological transformation a social revolution.
Then we unpack what the contemporary technological development does to
the social. In so doing, we outline two existential concerns: the separation
of humans and machines, and the proliferation of relationships to many
others. Because of these reconfigurations, we argue, sociality needs to be
reconceptualized in a way that also should be considered by those interested in
communication. We end the chapter by elaborating on this.

A. Hallin (*)
Åbo Akademi University, Åbo, Finnland
E-Mail: anette.hallin@abo.fi
C. Ivory
Mälardalen University, Stockholm, Sweden
E-Mail: chris.ivory@mdu.se

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 111


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_5
112 A. Hallin and C. Ivory

Keywords
Technical transformation · Social revolution · Sociality · Post-digital ·
Digitalization

1 Introduction

This chapter focuses on the idea that we are in the midst of a technology-driven
revolution (see e.g. Hirschi 2018; Schwab, 2016). A key question for us, then,
is what makes an industrial revolution a revolution—can we actually call the
present diffusion of digital technologies a “revolutionˮ, and why is it not merely
just a general technical “developmentˮ? The key to answering this question is
whether the changes brought about through the implementation of new techno-
logy will ultimately have limited or extensive impact on our existing social and
organizational arrangements.
In the chapter we address this issue by first unpacking the relationship
between technology change and social change. Then, and as a way to further
interrogate the social consequences of the contemporary digital transformation,
we explore two key existential anxieties stemming from digital transformation.
The first is related to the growing separation of people and machines and
relates to the fact that digital development means that machines, do not need us
anymore to perform the tasks they were designed for (Hallin et al. 2017). The
second anxiety concerns the proliferation of relationships that digital techno-
logy paradoxically also facilitates; a proliferation that connects us to an excess
of others, personal and corporate; human and non-human; pushing our lives out
of our own control and, potentially, into the hands of known and unknown others
(Dourish 2016; Tufekci 2015). In our conclusion we suggest that an essential task
for organizational and communication theorists is to reconceptualize what they
mean by the social.

2 Is the Current Technological Transformation


a Social Revolution?

The technologies that comprise the current technological transformation are


numerous and varied. As McAfee and Brynjolfsson (2014) point out, they do
however share three aspects that has warranted the transformation descriptions
such as the second machine age, or, indeed, the fourth industrial revolution argue.
Social Issues or the Social … 113

First and foremost, the technologies of the contemporary technical development


build on digitization, i.e. the possibility of transferring information into digital
format, thus making information transferrable, accessible, and processable to
and by other agents instantaneously and at (relatively) low costs. Second, digital
technology is what may be called a general purpose technology; the same basic
technology may be used for all sorts of purposes: in computers, laptops, phones,
tablets, as well as in specific industrial, business, and home-related devices. And
third, the development of these technologies is showing no sign of slowing down,
in terms of the number of new hardware or software. Hardware development is
driven by miniaturization, falling power demands, and the reduction of costs.
Software development is driven by increased speed of transmitting information;
a phone connected to 5G for example allows the transmitting of messages in
1–2 ms, compared to 50 ms for 4G (Ericsson 2022). So even though technology
development is slowing a little (Dorling 2020), the potential for the developing of
new hardware and software remains huge.
Although these aspects make up important technical corner stones in the
current digital transformation, the transformation is however not merely
technical; it has vast social implications. As information is made readily
accessible, work practices are re-shaped and enhanced, for example through the
use of augmented reality and the gamification of work (eg Bateman 2018; Dale
2014; Warmelink et al. 2018). The practices of decision making are altered, for
example through the use of big data and digital twins (Ivory and Walsh 2021;
Lee 2018). Efficiency is enhanced, through improved (digital) infrastructures,
involving the internet of things, or cloud computing (Saarikko et al. 2018). The
same technologies can also be used to intensify and immiserate the experience
work through detailed surveillance and AI-based performance management
(Crawford 2020). Furthermore, digital technologies can simply be deployed to
replace human labour through deploying automation, the introduction of robots,
robotic process automation, virtual assistants, and general artificial intelligence
(see e.g. Andersson et al. 2022; Lloyd and Payne 2019). With 5G, people can
communicate almost as immediately as in in real life, and the speed of current
telecommunications increases the possibilities of connecting digital things with
each other—for example work like welding or surgery being done remotely in
real time. Sensors can be retrofitted into almost any industrial processes to collect
data in real time that can then be used to optimize processes, in real time, 24 h
a day—while at the same time, with the right software in place, calculating the
optimum time to take machinery out of service for essential maintenance work.
Data can be made available on portable devices, doing away with the need for
expensive control rooms and indeed, controllers or placing workers nearer
114 A. Hallin and C. Ivory

to the operating plant where they can do the most good. It is clear, that the
implementation and use of the new digital technologies that make up the current
technical transformation has extensive social impact.
To understand the extent of this impact, we can compare the present techno-
logical transformation with previous industrial revolutions. The so called first
industrial revolution, which built on the invention of the steam engine, completely
revolutionized the factory system of production, as the new technology was used
to make the weaving of wool and cotton more efficient. This led to dramatic de-
skilling of workers, and to wholescale job replacements. (Frey 2019). The second
industrial revolution, building on the invention of electricity, internal combustion
engines and electric engines, led to the emergence of new jobs, upskilling, and
higher wages (ibid.). Not only were the technologies of these both revolutions
complex, but they, especially electricity, provided the means to completely re-
think factory layouts, creating new reporting lines, clerical, and managerial roles
(McAfee and Brynjolfsson 2014) with a technical transformation comes social
change.
Furthermore, triggered by key technologies, the socially transformational
effects can also spread as far as the re-structuring and character of entire
societies. As Freeman (2018) notes, American politicians at the time of the
British industrial revolution tried to ban the use of steam power in American
factories. The reason was that they had seen how the growth in scale of factories
and levels of output that steam had made possible in the UK, had given rise also
to a growing, poorly educated, and difficult to control proletariat. The American
politicians, then, regarded the growth of this social class as incompatible with
the small-scale town-based economy and society that they had in mind for the
America they aimed at building. Despite the efforts of the politicians, steam
power, however, made it also into American industry, as did later electricity,
leading to the development of a class of blue-collar workers, just as in Europe.
To summarize: the digital transformation that we are currently experiencing
brings about a social change that is revolutionary in that it changes not only
the technical, but the economic, political, and ideological basis for society, and
hence the conditions for human co-existence. In the following, we will dig deeper
into two aspects that are particular to the current digital transformation: the
spatial reconfiguration of humans and machines, and the temporal consequences
of digitalization. In short, these two aspects are existential in that they are
fundamental to human relationships, hence emphasizing why the social is at stake
in the post-digital era.
Social Issues or the Social … 115

3 Digitalization and the Re-configuring of Space


and Human Relations: The Machines don’t need
us anymore

An important aspect of digitalization is that it gives rise to a spatial re-


configuration of humans and machines (Grønsund and Aanestad 2020). This
has to do with the role humans get in relation to the machine. All technologies
allocate roles to users—laptops make humans provide data to them, cars make
humans drivers, aircraft make us pilots or flight engineers, and so on. Much of
digital technology, however, and, in particular, digital technology that builds on
machine learning algorithms—some would call it AI (artificial intelligence) –,
risks pushing the human out of the loop altogether (cf Hallin et al. 2022). Simply
put: these machines don’t need us anymore.
To understand this better, we turn to philosopher Luciano Floridi’s idea
of different orders technologies (Floridi 2013, 2014). Floridi argues that the
first technologies developed by mankind were what he terms 1st order techno-
logies. These are technologies, or objects, used by humans to have a particular
and desired effect upon another material objects, or on the material world. One
example of this is when an axe is used to chop wood. Or when an umbrella is
used to shield the body from rain.
The next step in Floridi’s scale of technology complexity is the 2nd order
technologies. These are technologies that are used to act upon other technologies
with a particular purpose. An example is when a hammer is used to drive in a nail
in a piece of wood, or when a pen is used on a piece of paper to write a message.
The technologies of previous industrial revolutions were all 2nd order techno-
logies—technologies which were controlled by human hand with the purpose of
having a particular effect on other technologies to bring about a desired outcome
in the physical world. Steam engines were used to power trains and transport
people and goods, and electricity was used to power lamps, allowing people to
work into the night. Many practices that were used to be performed with techno-
logies from the previous industrial revolutions still use 2nd order technologies,
albeit digital ones from the current technical transformation. For example,
sending a message remains 2nd order regardless of if the sender uses the postal
system to send the letter, or the digital system to send an email. Both practices
involve a human using a technology to trigger action in another technology (or a
technology system), with a particular purpose. The only real difference between
the two examples given here is the speed at which things happen—when e-mail is
used, the message is sent and delivered faster. In both cases, however, the human
116 A. Hallin and C. Ivory

retains all agency in that the technology ‘responds’ to human input—it does not
act on its own. So, in the case of both 1st and 2nd order technologies, the human
remains the head of the chain of events.
An important part of the contemporary technical transformation is, however,
the development of what Floridi (2013, 2014) calls 3rd order technologies. This
is a type of technology that uses technology to act on the world, without human
involvement. One example is a robot in a manufacturing plant that mobilizes a
welding machine to perform a series of tasks on a piece of steel. Other examples
include robot-like software that is in charge of the operations related to salary-
payment to employees; or chatbots that interact with customers or that handle
queries from citizens or employees. The 3rd order technologies are sophisticated,
able to seek relevant information and compile this without human interference
and they are programmed to make decisions based on the information, and to
carry out subsequent tasks. In many cases, they also learn from their mistakes. In
summary, the 3rd order technologies are programmed to:

• Find and extract information from various sources


• Share information between systems
• Make decisions independent of human input
• Act upon the decisions
• Store information about processes
• And—if there is a machine learning-aspect to the device—evaluate the process
and make improvements for next time (Andersson et al. 2021).

As a consequence of the implementation of 3rd order technologies, the techno-


logy is beginning to capture aspects of the agency that humans previously had to
themselves. The human may still be involved as the designer of the algorithm, or,
possibly, as a supervisor, but other than that, 3rd order technologies perform work
without human involvement.
As 3rd order technologies become increasingly more common, humans and
machines are re-configured in relation to each other. Whereas 2nd order techno-
logy typically requires close physical proximity of humans and machines,
3rd order technology doesn’t. 2nd order production machinery, for example,
requires that the workers stand close by, feed the machine with materials,
and perform particular actions on the materials together with the machines.
Consequently, humans work with the machines, employing not just their hands,
but their whole body, also their senses, in order to monitor the ʻwell-being’ of
the machine (Andersson et al. 2021; Johansson et al. 2020). In contrast, more
sophisticated 3rd order machines have taken over many of these tasks, including
Social Issues or the Social … 117

self-monitoring. Basically, they will call on a human if they need one. The
workers in these contexts do no longer work in close proximity to the machines
for which they are responsible. Instead, they engage in social activities with other
humans, such as joint planning and quality assurance. In some cases, humans
may even perform this work from their home, in a holiday cottage, or while
travelling.
With the improvement in quality and efficiency, 3rd order technologies will
need us even less, although human over-sight will remain essential in some cases.
Commercial airliners, for example, are essentially robots that could, if required,
fly themselves between airports, and then taxi to the appropriate gate (Mindell
2015). However, for social, regulatory, and political reasons this does not occur
and there is always one of two pilots with hands on proximity to the aircraft cock-
pit. Still, the development sketched above means that the conditions for what
we consider “socialˮ changes. Furthermore, the distancing effects of 3rd order
technologies are experienced in the professional as well as the private areas of
our lives. It is possible for people today to initiate new relationships, sustain them
and even end them—all via social media—thus virtual and emotional proximity
can be achieved without troublesome physical proximity (van den Hoven 2021).
However, as we shall see in the following section, the reconfiguring of humans
and machines are also having effects on the experience of time.

4 Digitalization and the Re-configuring of Time


and Human Relations

In parallel to the development outlined above, whereby humans are distanced


from the machine, is yet another development: that of the proliferation of relation-
ships. Sociologist Hartmut Rosa (2015) uses the concept social acceleration to
capture this. Social acceleration refers to the experience that the world seems to
spin faster and faster, and that the time available for us to deal with various issues
is constantly decreasing. The root-cause of this sense of acceleration is techno-
logy, Rosa argues, and, in particular, digital technology. While providing us
with the possibilities of performing more tasks simultaneously, it paradoxically
also provides us a lot of information in real time. The contemporary human can
participate in a work-meeting while simultaneously doing laundry and his/
her dishes, and while at the same time answering e-mails as well as staying
in touch with friends through social media and get the latest news-updates. The
feeling of social acceleration is a consequence of the abundance of technologies
available to and used by us, Rosa argues (Rosa 2015), and adds that the constant
118 A. Hallin and C. Ivory

sense of lacking time drives the digital development further, as we are constantly
looking for new solutions to our time-issue. Arguably, digital technologies thus
fundamentally reflect a desire to save time—analyzing more data in less time,
speeding up production processes, overcoming the drag of the physical world
(e.g. replacing letters with email and ‘instant’ messaging). This way, the sense that
there are not enough hours in the day triggers the demand for yet more efficiency-
creating technology—leading us into another bout of acceleration.
The sense of acceleration identified by Rosa (2015) stems from faster and
instantaneous communications and the proliferation of communication channels.
It can thus be argued that digital technologies have colonized both our personal
and professional lives, and that they are competing for both our time and attention
(Kitchin and Fraser 2020; Zuboff 2019). While the same technology also makes
possible new relationships and brings many “joysˮ, evidence is also growing for
its negative effects also on health, personal lives, and productivity. The pressure
from employers to do more work and for longer stems also from the blurring of
work and social technologies and the colonization by the technologies of work
(email, videoconferencing) of the home (Kitchin and Fraser 2020).
One of the key successes of digital technology is its ability to soak up our
time and attention, stemming from its ability to “knowˮ us and our interests (or at
least what will grab and hold our attention)—perhaps better than we do ourselves
(Finn 2017). At the heart of much concern about digital technology is thus the
appearance that it is designed to steal time—advertisers want to us to spend time
looking at their advertisements; colleagues and managers want us to spend time
focusing on work. The effect of this acceleration is not only practical, but also
emotional. As digital technologies steal time, Rosa notes, they change the way
we relate to ourselves and one another (Rosa 2015). We maybe forget to feel—or
don’t understand why we feel as we do—and we may loose sight of each other
because we are not grounded in the here and the now.
Kitchin and Fraser (2020) suggest a number of means of re-establish
sovereignty over our own time, such as switching to open-source software, using
browsers that don’t track our search histories and taking advantage of Tor-servers
that hide our identities all together. We can also obfuscate—search for things that
don’t interest us, enter false names to access free resources and use software that
deliberately fragments our online activity, rendering it useless to data harvesters.
All of this makes it difficult for contemporary AI-devices to figure out what will
grab and keep our attention—hence making it more difficult for digital techno-
logies to steal our time at a later stage. We can also practice better hygiene, for
example by scheduling our time away from digital devices, use paper diaries and
Social Issues or the Social … 119

planners, and by managing the expectations of our online accessibility for those
who expect us to be always available, for example mangers, colleagues, friends,
and family. Other ways of re-establishing sovereignty include the enrolling of our
employers and unions into the slow-down-narrative (Kitchin and Fraser 2020);
setting time limits on work emails and monitoring and establishing Wi-Fi free
zones at work; supporting policymakers in strengthening our data rights through
GDPR; exposing the insidious practices of technology firms, and showing the
negative effects that the acceleration of digital technologies is having on our
personal lives, productivity and even community and democracy (Kitchin and
Fraser 2020).

5 Conclusion: Reconceptualizing the Social

So pervasive are digital technologies today that we become surprised, maybe a


little disappointed, when we find humans still working in factories, warehouses,
driving taxis or working away in the background to keep Netflix or Amazon
functioning (Trittin-Ulbrich et al. 2021). However, rather than merely taking the
post-digital era and the fundamental status of digital technologies for granted in
every area of our lives, we need to scrutinize their effects. This chapter has argued
that the contemporary technological transformation has fundamental effects on
our social relations—effects that we must fully understand in order to learn how
to manage them.
First, the development of 3rd order technologies and the shifting nature of
work means that physical proximity to machines and the close monitoring of
them by humans is becoming increasingly unnecessary. This has, in turn, shifted
the nature of human work towards demanding higher social skills, since workers
today increasingly come together to plan work and innovate jointly; rather than
developing intimate use of their specific machine, workers today must now
instead develop social, creative, and problem-solving skills (Hallin et al. 2017).
Clearly, the social has been intensified; digital technologies have transformed the
social by the very act of extracting themselves from it (Baptista et al. 2020).
Second, the multitude of information technologies that are presently emerging
is leading to a proliferation of relationships with a multitude of others; humans,
businesses, corporations—and machines (Zuboff 2019). The result for the
individual is an experience of an excess of connectivity—an acceleration through
the loss of ‘dead’ time; threatening exhaustion and illness (Rosa 2015).
120 A. Hallin and C. Ivory

This, then, also has consequences for communication. In fact, shifting


communication is at the heart of the technological transformation and the
social revolution that we are currently experiencing in the post-digital era.
In some spheres, we have an increase in human–human communication; this
is particularly so in contexts where production machines rely less on human
minders (Hallin et al. 2017). Many machines also communicate less with their
human overseers about what they are doing. Aircraft, for example, change critical
settings without first seeking the pilot’s permission—sometimes, they take over
completely (Mindell 2015). In other settings, humans communicate more with
machines. Examples include AIs masquerading as people in the form of chatbots
or in accepting AI recommendations on what to watch next. In many work
settings, the technologies of work accompany us home. This leaves channels of
communication to managers and colleagues open—who can then cajole, or shame
us, into working for free intensifying and accelerating our experience of work
and other relationships. Outside of work, we are subject to a barrage through
digitally enabled communication links and targeted advertising messages or even
propaganda that threaten to swamp us—again, giving the sense that our lives are
spinning out of control (Rosa 2015).
The questions for communications thinkers which emerges out of this is how
much and what type of communication is healthy and appropriate. There are also
questions around what we treat or see as communication. From our perspective,
machines and AIs must also be seen as communicative actors if we are to
properly grasp the communication challenges we are facing. Together, this means
that in the post-digital era, the social is intensified and enhanced in a way that
needs to be considered for anyone interested in organizational or communication
theory.

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Future at the New Frontier of Power. Profile Vooks.

Anette Hallin, Professor, holds the Chair in Organisation and Management at Åbo
Akademi University, Finland, and is professor of the same subject at Mälardalen Uni-
versity, Sweden. She has a long-standing curiosity about the messiness of organising
processes, and her research focuses on how the development, implementation and use of
various technologies changes work, management and organisational contexts. Together
with colleagues, and often in close collaboration with the organisations studied, she explors
this across different types of organisations, using performativity theories, such as socio-
material and discourse theories.
Social Issues or the Social … 123

Chris Ivory is Professor of Innovation Management at Mälardalen University in Sweden.


He holds a PhD from Manchester University on Innovation in Construction. Chris has
written about and researched technology change, digital technology and work, innovation,
the role of the client in innovation and project management. He is currently leading a three-
year Horizon Europe project on the impact of automation on skills.
Rahmenthema 2: Herausforderungen
sozialer Dimensionen in der
Unternehmenskommunikation – Topic
2: Challenges of social dimensions in
corporate communication
Unternehmenskommunikation
in Bewegung

Eva-Maria Jakobs

Zusammenfassung

Unternehmenskommunikation unterliegt permanent der Veränderung; diese


vollzieht sich in der Regel jedoch eher langsam oder nur punktuell und daher
eher unauffällig. Der Beitrag betrachtet Auswirkungen disruptiver Kontextver-
änderungen auf den Gegenstand am Beispiel der Covid-19-Pandemie bezogen
auf den Zeitraum März 2020 bis September 2021. In einer qualitativen Inter-
viewstudie wurden Manager deutscher Unternehmen (n = 14) befragt. Die
Studie fokussiert sprachliches Handeln als Teil von Wertschöpfungsketten
sowie Teilbereiche wie Arbeitskommunikation, Kommunikationsarbeit und
Sozialkommunikation. Die Studie zeigt, dass der nationale Lockdown alle
Unternehmen unabhängig von ihrem Digitalisierungsgrad stark traf. Krisen
dieser Art fehlten in ihren Notfallszenarien. Der Wechsel zu einer hoch-
gradig digitalen Distanzkommunikation erzeugte hohen Handlungsbedarf
auf verschiedenen Ebenen (technisch, organisational, kommunikations- und
interaktionsbezogen), betraf alle Teile der Unternehmenskommunikation

Interviewer: „Was hat sich Ihrer Meinung nach seit 2019 in Ihrem Unternehmen und in
Ihrer Branche verändert?“
Manager: „Viel. Wo soll ich anfangen?“

E.-M. Jakobs (*)


Institut für Sprach- und Kommunikationswissenschaft, RWTH Aachen University,
Aachen, Deutschland
E-Mail: e.m.jakobs@tk.rwth-aachen.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 127


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_6
128 E.-M. Jakobs

und verlieh der internen Kommunikation mehr Gewicht. Art, Umfang und
Bewertung der berichteten Veränderungen in der Kommunikation und Inter-
aktion variieren abhängig von Branche, Firmentyp, Digitalisierungsgrad,
Unternehmensbereich, Kommunikationsaufgabe und anderen Faktoren. Die
Zukunft wird vor allem in hybriden Modellen gesehen. Diese setzen voraus,
dass die Unternehmen für sich klären, wann und wo digitale Formate sinn-
voll bzw. sinnstiftend sind und wo nicht, welche Regeln für welchen Bereich
gelten und wie die Mitarbeiter dabei unterstützt werden können, digitale
Modelle gemeinsam zu gestalten und umzusetzen. Forschungsbedarf besteht
hinsichtlich weiterer (branchen- wie kulturraumvergleichender) Studien zu
den Folgen und Potenzialen krisengetriebener Veränderungen der Unter-
nehmenskommunikation wie auch dazu, welche der aktuell beobachtbaren
Phänomene sich in der nahen Zukunft konsolidieren werden und welche
Implikationen dies für den Bereich von Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie
ihre Vermittlung hat.

Schlüsselwörter

Unternehmenskommunikation · Covid-19-Pandemie · Transformation

1 Einleitung

Unternehmenskommunikation befindet sich immer in Bewegung; sie verändert


sich mit den sozio-ökonomisch, technologisch, kulturell und politisch geprägten
Kontexten, in denen sie sich vollzieht, und ihren Akteuren. Die übergeordneten
Handlungszusammenhänge prägen das sprachliche Handeln in professionellen
Kontexten wie auch umgekehrt das sprachliche Handeln die Kontexte. In seiner
„Geschichte des Schreibens“ stellt dies Otto Ludwig (2005) sehr anschaulich
am Beispiel des Schreibens und des Beitrags schriftlicher Kommunikation zur
Herausbildung und Entwicklung merkantiler Aktivitäten dar. Was variiert, ist
die Schnelligkeit wie auch die Breite und Tiefe, in der sich die Kommunikation
in und zwischen Unternehmen verändert wie auch die Kommunikation nach
außen. Veränderungen können sich subtil durchsetzen oder disruptiv erfolgen, an
Branchen gebunden oder übergreifender Natur sein. Wie sie sich äußern, hängt
von verschiedenen Größen ab. Als situativ eingebettetes organisationales Handeln
vollzieht sich Unternehmenskommunikation in einem dynamischen Spannungs-
feld vielfach miteinander verbundener Faktoren, die in der Zeit wirken.
Unternehmenskommunikation in Bewegung 129

Das Interesse dieses Beitrags richtet sich auf disruptive Kontextver-


änderungen. Er diskutiert diese am Beispiel der Covid-19-Pandemie und ihrer
Auswirkungen auf die Unternehmenskommunikation deutscher Unternehmen.
Der Beitrag hat den Charakter einer Momentaufnahme. Er betrachtet Unter-
nehmen unterschiedlicher Größe in verschiedenen Branchen sowie abteilungs-
spezifische Kommunikationsaufgaben und -prozesse. Der Fokus richtet sich auf
sprachliches Handeln im Unternehmen, das Teil von Wertschöpfungsketten ist,
sowie auf Teilbereiche wie Arbeitskommunikation, Kommunikationsarbeit und
Sozialkommunikation (Brünner 2000). Basierend auf Interviews mit Managern
im Herbst 2021 werden Auswirkungen der Corona-19-Pandemie 2020 und 2021
auf die Unternehmenskommunikation skizziert und Handlungsbedarf für die
Forschung und die unternehmerische Praxis formuliert.

2 Theoretische Einordnung

Der Begriff Unternehmenskommunikation erfasst einen Ausschnitt


professionellen Handelns, der hochkomplex, divers und dynamisch ist – egal
ob man einzelne Unternehmen und ihr Agieren betrachtet oder Branchen und
Branchenverbände. Er subsummiert eine Vielzahl organisationaler Zusammen-
hänge, Akteure sowie Typen von Kommunikationsaufgaben, -praxen, -tools
und -wegen. Unternehmenskommunikation ist – um mit Fontane (Effi Briest
1894/95) zu sprechen – ein „weites Feld“. Unternehmenskommunikation wird
in der Literatur abhängig vom betrachteten Teilbereich (z. B. interne versus
externe Kommunikation, Erdölindustrie versus Hotellerie, Aktiengesellschaft
oder eigentümergeführtes KMU), der gewählten Perspektive (z. B. ökonomischer
Gewinn, unternehmerisch verantwortungsvolles Handeln, Textsortennetze)
sowie dem fachlichen Interesse (BWL, Psychologie, Kommunikationswissen-
schaft, Linguistik) unterschiedlich erfasst und diskutiert, z. B. als organisationales
Handeln (Habscheid 2003), als Gesamtheit von Kommunikationsstrategien, die
integrierender Instanzen bedarf (Zerfaß 2010) oder als Ökosystem von Textsorten
(Bazerman 2004, S. 318).
Dieser Beitrag folgt dem Ansatz von Jakobs (2008, 2018), der zwischen
betriebswirtschaftlicher Perspektive (Makroebene) und angewandt-sprach-
wissenschaftlicher Sicht (Mikroebene) vermitteln will. Im Mittelpunkt stehen
Handlungszusammenhänge in Unternehmen, die in der Betriebswirtschaft als
Prozessketten beschrieben werden, insbesondere wertschöpfende Prozessketten
(Geschäftsprozesse). Bei Sachgüter produzierender Unternehmen umfasst die
130 E.-M. Jakobs

Wertschöpfungskette verschiedene komplexe, sich aufeinander beziehende,


ineinandergreifende Aktivitäten wie Entwicklung und Konstruktion, Beschaffung,
Produktion, Marketing, Distribution und Vertrieb. Sie werden ergänzt durch das
Management sowie unterstützende Aktivitäten (z. B. Instandhaltung). Unter-
nehmenskommunikation umfasst in der skizzierten Perspektive die Gesamt-
heit der sprachlich-kommunikativen Anteile der genannten Aktivitäten in
ihrem Zusammenspiel. Das Interesse richtet sich auf Kommunikationsauf-
gaben, -formate und -praxen der Arbeitskommunikation, Kommunikationsarbeit
und/oder sozialen Interaktion (Brünner 2000) in und zwischen Einheiten des
Unternehmens sowie nach außen. In allen Teilen des Kommunikations- und
Interaktionssystems finden sich Varianten kooperationsbezogener wie nicht-
kooperationsbezogener Kommunikation, die funktional geprägt sind. Eine
Grundannahme ist, dass die Qualität der Kooperations-, Schnittstellen- und
Sozialkommunikation wesentlich ist für den Vollzug von Arbeit wie auch für ein
gutes soziales Klima im Unternehmen.
Ein zweiter wichtiger Aspekt ist, dass Unternehmenskommunikation als
situiertes Handeln im Beruf gesehen wird, das sich multipel gerahmt voll-
zieht. Das Kontextmodell von Jakobs (2007, 2018; Jakobs und Spinuzzi 2014)
beschreibt die Rahmung als Inklusionsmodell. Im Mittelpunkt steht der Akteur
und ihn auszeichnende Größen (Alter, Geschlecht, Sozialisation, Rolle, Expertise,
Präferenzen etc.). Die ihn einbettenden Schalen bündeln Größen, die interagieren
und das Handeln des Akteurs beeinflussen bzw. konditionieren. Die äußerste
Schale erfasst den kulturell, sozio-ökonomisch, politisch, technologisch und geo-
graphisch geprägten Raum, in dem der Akteur handelt (im Falle international
agierender Unternehmen auch ausländische Märkte und Partner), und dessen
Akteure, Werte, Regeln etc. Die zweite Schale erfasst Ausschnitte des Raums,
die sich als Domänen beschreiben lassen (Jakobs 1997, S. 10). Domänen sind
sozial-gesellschaftliche Teilbereiche, die sich in ihren Konventionen, Werten und
Erwartungen an die Art und Weise sprachlichen Handelns unterscheiden. Unter-
nehmenskommunikation vollzieht sich (primär) in der Domäne Wirtschaft; sie
umfasst Branchen (und Berufsfelder) sowie branchenspezifische Anforderungen
an professionelles Handeln, z. B. Diskursmuster (Jakobs und Spinuzzi 2014).
Die dritte Schale erfasst organisationale Rahmenbedingungen. Dazu gehören
unter anderem die Art des Unternehmens, in dem eine Person agiert, die
Unternehmenskultur, die Unternehmenseinheit (Rolle und Aufgabe im Wert-
schöpfungsprozess), Rollen, Kommunikationsziele, -organisation und -praxis
oder der Digitalisierungsgrad von Aufgaben der Unternehmenskommunikation.
Die vierte und innerste Schale erfasst die Bedingungen am Arbeitsplatz, z. B.
des Ortes, an denen Arbeit geleistet wird (an der Maschine im Unternehmen,
Unternehmenskommunikation in Bewegung 131

unterwegs auf Montage, im Großraumbüro oder im Homeoffice), die mediale


Ausstattung, arbeitsplatzgebundene Aufgaben und Interaktionsbeziehungen.
Eine wesentliche Komponente ist die Zeit. Sie greift auf allen Ebenen des
Kontextmodells. Die Umwelt ist historisch-zeitlich geprägt. Veränderungen
können sich über längere Zeiträume erstrecken, man denke etwa an Chinas
politisch-ökonomische Ausrichtung auf Gewinnmaximierung in den letzten Jahr-
zehnten, oder kurzfristig-disruptiv ausgelöst werden wie im Falle der Covid-19-
Pandemie oder des Ukraine-Kriegs 2022. Branchen verändern sich in der Zeit
– manche eher langsam, andere schnell – wie auch die organisationalen Formen
unternehmerischen Handelns, etwa durch neue Formen der Kooperation wie
Circular Economy oder Unternehmensnetzwerk. Die Einführung neuer Soft-
ware, z. B. die Umstellung des Unternehmens auf SAP, kann Informations- und
Kommunikationsflüsse und -praxen nachhaltig beeinflussen und verändern wie
auch der Eigentümerwechsel eines Unternehmens.
Das deutsche Zukunftsinstitut (Zukunftsinstitut 2021) sieht als Treiber
des Wandels sogenannte Megatrends. Sie werden als „Lawinen in Zeitlupe“
beschrieben, die alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft beeinflussen und
über lange Zeiträume verändern. Megatrends sind multidimensionale Phänomene,
die sich gegenseitig beeinflussen, aus vielen Einzeltrends entstehen und immer
auch Gegentrends hervorrufen. Sie unterliegen damit selbst Veränderungen. Für
das Jahr 2021 nannte das Wirtschaftsinstitut zwölf Trends, z. B. New Work,
Individualisierung, Globalisierung, Urbanisierung, Mobilität, Konnektivität,
Sicherheit und Wissenskultur. Die Trends verändern auch die Unternehmens-
kommunikation. Ein Beispiel ist der Trend zu New Work. Er richtet sich – so
das Zukunftsinstitut – auf ein grundlegend verändertes Verständnis von Arbeit.
Die klassische Karriere tritt in den Hintergrund, die Sinnfrage dagegen in den
Vordergrund. Wichtige Werte sind neben Sinnhaftigkeit die Gestaltungsmög-
lichkeiten des Einzelnen sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Der
Megatrend umfasst Teiltrends wie Remotearbeit, Co-Creation und Work-Life-
Blending. Work-Life-Blending steht für die Idee einer durch die Digitalisierung
umfänglich ermöglichten flexiblen Überlagerung beruflicher und privater Aktivi-
täten, losgelöst von Zeit und Ort. Der Trend zu wachsender Digitalisierung und
Konnektivität verändert maßgeblich die Unternehmenskommunikation (vgl. u. a.
Stumpf 2019). Die Digitalisierung, insbesondere der Einsatz KI-gestützter Tools
und Methoden, gilt als einer der wichtigsten Treiber von Veränderungen der
Unternehmenskommunikation (etwa Klewes et al. 2017).
Dass sich Unternehmenskommunikation permanent verändert, schließt nicht
aus, dass es Phänomene gibt, die relativ konstant und stabil bleiben. Kux (2023/
im Druck) zeigt dies in einer Langzeitstudie zu schriftlichen Arbeitsanteilen von
132 E.-M. Jakobs

Ingenieuren in Forschung und Wirtschaft. Die Studie basiert auf qualitativen


Interviews, die zwischen 2004 und 2021 geführt wurden. Sie zeigt, dass sich
berufliche Kommunikation normalerweise im Spannungsfeld weitgehend
konstanter versus sich verändernder Größen vollzieht (ohne relative Konstanz
wäre eine vorbereitende Ausbildung schwer möglich). Was unter anderem relativ
konstant bleibt, sind kommunikative Standardaufgaben und ihre Relevanz für das
Arbeitsumfeld. Wesentliche Treiber von Veränderungen sind in den letzten Jahr-
zehnten die fortschreitende Digitalisierung der Umsetzung kommunikativer Auf-
gaben wie auch die zunehmenden Qualitätsansprüche an Dokumente.
Die bisherigen Ausführungen beziehen sich auf den „Normalfall“. Es gibt
meines Wissens wenige Studien, die sich aus sprach- und kommunikations-
wissenschaftlicher Sicht mit den Auswirkungen disruptiver Ereignisse auf Unter-
nehmenskommunikation befassen. Die Folgen der Covid-19-Pandemie werden
bislang eher aus wirtschaftlicher oder sozial- und arbeitswissenschaftlicher
Sicht untersucht oder durch Organisationen wie Initiative D21 (Netzwerk für die
digitale Gesellschaft; Initiative D21 2021a, b).
Die Pandemie hat Anfang 2020 deutschlandweit zu einem Lockdown geführt
und damit zu einem massiven Wechsel zu Homeoffice. Circa ein Drittel der
Beschäftigten arbeitete zeitweise im Homeoffice, einige davon zum ersten
Mal (Initiative D21 2021a). Die Zahlen waren ein Jahr nach Beginn der Krise
nur geringfügig kleiner (Initiative D21 2022). Viele Arbeitnehmer konnten
nicht ins Homeoffice ausweichen (z. B. in der Gesundheitswirtschaft oder
im Mobilitätssektor). Der Zwang zu Distanzarbeit ging einher mit einem
starken Digitalisierungsdruck, um das Arbeiten im häuslichen Umfeld und
eine professionelle Interaktion mit anderen zu ermöglichen. Vor dem Hinter-
grund dieser Situation entstand im Sommer und Herbst 2021 die Motivation,
anhand von Interviews mit Firmenvertretern zu lernen, wie die Pandemie die
Kommunikation in und von Unternehmen verändert und welche Rolle dabei
Faktoren wie Branche, Firmengröße, Unternehmenseinheit und Kommunikations-
anlass spielen.

3 Methodischer Ansatz

Der Beitrag basiert auf einer explorativen Interviewstudie mit Managern. Die
qualitative Studie intendiert, Hinweise darauf zu gewinnen, wie sich disruptive
Ereignisse wie die Covid-19-Pandemie auf die Unternehmenskommunikation
auswirken und wie sie bewältigt werden. Der Interviewleitfaden umfasst zwei
Fragenkomplexe. Der erste Komplex erhebt wahrgenommene Veränderungen im
Unternehmenskommunikation in Bewegung 133

Zeitraum März 2020 bis September 2021 (z. B.: Wie hat Ihr Unternehmen auf
den Lockdown reagiert? Welche generellen Auswirkungen hatte die Umstellung
auf digitale Distanzkommunikation? Wie hat sich die Umstellung auf Funktions-
bereiche ausgewirkt? Wie haben Sie die Herausforderungen gelöst? Wie ist
der Stand heute?). Gegenstand des zweiten Komplexes sind Erwartungen zu
zukünftigen Entwicklungen (z. B.: Welche der genannten Neuerungen wollen Sie
beibehalten und warum? Wie sehen Sie zukünftige Entwicklungen? Wo besteht
weiterer Handlungsbedarf?). Die Daten wurden im September und Oktober 2021
erhoben. Die Aussagen wurden gesprächsbegleitend notiert und anschließend
qualitativ inhaltsanalytisch ausgewertet.
Die Akquise der Teilnehmer (n = 15) erfolgte über Netzwerk-Kontakte
zur Industrie. Zwei Drittel der Befragten sind männlich, ein Drittel weiblich.
Die meisten Befragten sind dem mittleren Management zuzuordnen (n = 10);
sie leiten Funktionsbereiche wie Produktion oder Vertrieb oder sind Projekt-
leiter. Drei Befragte sind Eigentümerinnen; sie leiten als Geschäftsführerin ein
klein- und mittelständisches Unternehmen (KMU). Ein Befragter ist als Interim-
Manager tätig, ein weiterer arbeitet in einer industrienahen Organisation im
Bereich Innovationsmanagement. Die von ihnen repräsentierten Organisationen
arbeiten im B2B-Bereich in Branchen wie metallverarbeitende Industrie,
Sondermaschinenbau/Messtechnik, IT-Dienstleister und Marketing-Agentur.
Alle Befragten verfügen über mehrjährige Erfahrung in der Wirtschaft (acht bis
30 Jahre). Das Durchschnittsalter liegt bei 45,3 Jahren.

4 Auswirkungen disruptiven Wandels

Die Covid-19-Pandemie wirkte sich auf alle Teile der Unternehmenskommunikation


aus. Art und Umfang der Auswirkungen variieren abhängig von Branche, Firmen-
typ, Digitalisierungsgrad, Unternehmensbereich und anderen Faktoren. Im
Folgenden werden zunächst übergreifende Phänomene beschrieben, dann –
basierend auf ausgewählten Fallbeispielen – Unterschiede pandemiebedingten
Wandels.

4.1 Übergreifende Phänomene

In einem Punkt sind sich alle Befragten weitgehend einig: Der nationale
Lockdown Anfang 2020 und der dadurch notwendige Wechsel zu Distanzarbeit
und -kommunikation stellte die Unternehmen vor große Herausforderungen.
134 E.-M. Jakobs

Die Pandemie traf sie unvorbereitet, es gab kein „Notfallprogramm“ für der-
artige Situationen. Krisen dieser Art waren im (partiell vorhandenen) Risiko-
management nicht vorgesehen. Entsprechend herausfordernd und lang war die
Phase der Umstellung auf die neue Situation. Sie dauerte – je nach Unternehmen
und Unternehmensgröße – deutlich länger als ein Jahr und umfasste unterschied-
lich gelagerte Herausforderungen.
Die erste Herausforderung war primär technischer Art. Die vorhandene
technische Infrastruktur reichte nicht aus und/oder war überlastet. Die Mit-
arbeiter lösten das Problem zunächst informell, indem sie für den Austausch
untereinander – trotz damit verbundener Sicherheitsrisiken – auf private Kanäle
wie WhatsApp auswichen. In den Folgemonaten wurden interne Plattformen
geschaffen und die Homeoffice-Arbeitsplätze der Mitarbeiter technisch integriert.
Den Mitarbeitern wurde so ermöglicht, sicher am häuslichen Arbeitsplatz
auf firmeninterne Daten zuzugreifen (z. B. auf ERP-Systeme wie SAP; ERP:
Enterprise Resource Planning).
Die zweite Herausforderung war organisationaler Art. Für die plattform-
basierte Kommunikation und Interaktion mussten Prozesse entlang der Wert-
schöpfungskette geprüft und gegebenenfalls reorganisiert werden. Eine
wesentliche Herausforderung bestand darin, verteilte Informationen zusammen-
zuführen, zu systematisieren und allen zugänglich zu machen. Die Befragten
berichten, dass der damit verbundene Aufwand hoch war, mittelfristig jedoch
auch viele Vorteile erzeugte.
Die dritte Herausforderung betraf die Kommunikation und Interaktion
der Beteiligten intern wie extern. Kommunikationsanlässe, -aufgaben und
-wege mussten vertikal wie horizontal funktional geprüft und auf die neuen
Bedingungen abgestimmt werden. Die Mitarbeiter mussten sich entsprechend
umstellen und erwarteten dabei Führung, z. B. durch Regeln für Distanz-
kommunikation. Ihre Entwicklung stellte insbesondere größere Unternehmen vor
erhebliche Herausforderungen und war dort zum Zeitpunkt der Erhebung noch im
Gange. Positiv gesehen wird die im Verlauf der Pandemie deutlich gewachsene
Qualität professioneller Software für Distanzkommunikation wie auch die
zunehmende Digital Literacy der Mitarbeiter.
Das Thema soziale Distanz wird abhängig vom Arbeitskontext unterschied-
lich diskutiert. Es war nicht Gegenstand der Interviewfragen, wurde aber von
den Befragten mehrfach selbstinitiativ angesprochen. Einige thematisierten, dass
Jüngere mit Homeoffice, Interaktion in digitalen Umgebungen und dem Verzicht
auf soziale Kontakte am Arbeitsplatz besser zurechtkommen als Ältere (Alters-
grenze: circa 35 Jahre). Junge Mitarbeiter mit erster Berufserfahrung würden den
Unternehmenskommunikation in Bewegung 135

sozialen Kontakt kaum vermissen und sich selbstverständlich in den digitalen


Arbeitskontexten bewegen.
Während der Pandemie wuchs der Druck auf Unternehmen, auf vielen
verschiedenen Internet-Plattformen und -Kanälen präsent zu sein (zum
Kommunikationswettstreit in den sozialen Medien u. a. Schmidt 2023).
Die Befragten begründen dies wie folgt: Junge Mitarbeiter wollen mehr
informiert werden als ältere, sie informieren sich bevorzugt über die (firmen-
internen und -externen) sozialen Medien und erwarten, dass sich die Geschäfts-
führung dort kontinuierlich (alle ein bis zwei Wochen) äußert. Eine wesentliche
kommunikative Aufgabe ist Sinnstiftung: Wo sind wir? Wohin sind wir unter-
wegs? Wo müssen wir nachsteuern? Kommunikation sei hochrelevant für die
Identifikation mit dem Unternehmen, die Mitarbeiterbindung und die Leistungs-
bereitschaft. Auch die Akquise neuer Mitarbeiter habe sich ins Internet verlagert.
Wer dort nicht präsent sei und sich attraktiv präsentiere, habe schlechte Karten,
vor allem bei jungen Arbeitnehmern. Auch hier gehe es um Kommunikation
(Ansprechen) und Sinnstiftung. Gehalt oder Arbeitszeit scheinen weniger
wichtig. Der Druck, in den sozialen Medien präsent zu sein, habe die Nachfrage
nach Social-Media-Experten stark erhöht. Nach Aussage der Befragten ist die
Nachfrage deutlich höher als die Anzahl am Arbeitsmarkt verfügbarer Experten.
Die Sensibilität für digitale Sichtbarkeit sei bei international agierenden Unter-
nehmen größer. Unternehmen, die nur deutsche Märkte bedienen, würden den
Zug der Zeit häufig verschlafen. Ihnen wird ein deutlich geringeres Verständnis
dafür zugeschrieben, (getrieben durch Corona) im Internet präsent zu sein als
international agierende Unternehmen (vgl. dazu unter anderem Messerli et al.
2020 für die Situation in Schweizer Unternehmen; Engelhardt 2020 für Firmen in
Österreich).
Eine andere mehrheitlich berichtete Entwicklung betrifft den Gebrauch von
E-Mail, die in weiten Teilen der Industrie als wichtigstes Kommunikations-
medium gilt (vgl. etwa Kux 2022). Während der Pandemie habe der betriebliche
E-Mail-Anteil stark abgenommen. Die Kommunikation laufe primär über interne
Plattformen. Bei kritischen Themen verlagere sich die Kommunikation mitunter
in Kanäle, die sich der betrieblichen Kontrolle entziehen, z. B. WhatsApp.
Die soziale Kommunikation verändert sich deutlich in der digitalen Inter-
aktion; der informelle Austausch geht zurück. Die stark reduzierten Aus-
drucksmöglichkeiten in Videokonferenzen („Kachelkommunikation“) schaffen
Distanz; sie tragen dazu bei, dass weniger gestritten wird, aber auch weniger
gescherzt. Der Austausch zu persönlichen Themen nimmt ab bzw. wird durch
neu geschaffene Formate wie virtuelles Kaffeetrinken im Team kompensiert.
136 E.-M. Jakobs

Nähe- und Distanzvorstellungen verändern sich und übertragen sich partiell auf
Face-to-Face-Situationen (man hält Abstand und verzichtet auf Körperkontakte,
z. B. Begrüßung per Handdruck).

4.2 Firmen-, branchen- und arbeitsplatzbezogene


Unterschiede

Die Interviews zeigen, dass die Handlungsbedarfe der Unternehmen und ihre
Formen der Krisenbewältigung partiell stark differieren. Relevant sind unter
anderem der Unternehmenstyp (Größe, Führung, Organisation, Digitalisierungs-
grad), die Branche sowie die Unternehmenseinheit (Rolle und Aufgabe im Wert-
schöpfungsprozess). Während gerade in großen Unternehmen die Produktion in
verschiedener Hinsicht vom Digitalisierungsschub und dem plattformbasierten
Zusammenführen von Kommunikationsflüssen profitiert, leiden andere Bereiche
wie Marketing und Vertrieb unter dem Wegfall direkter Personenkontakte.
Die digitale Distanzkommunikation verändert den internen wie externen
Austausch; sie stellt etablierte Kommunikationsformate und -praxen infrage.
Überall wächst die Frequenz und Informationsdichte von Meetings. Als
schwierige Situationen gelten unter anderem das Einstellen neuer Mit-
arbeiter, die man persönlich nie selbst gesehen hat, per Videokonferenz,
das Starten neuer Projekte unter Distanzbedingungen sowie das Gewinnen
neuer Kunden und die Beziehungsgestaltung zu diesen. Der klassische Ver-
trieb (der Reisende mit der Probe im Koffer) ist nicht mehr möglich. Wichtige
Gelegenheiten der Beziehungsgestaltung entfallen, z. B. Mittagessen mit den
Kunden oder informelle Verhandlungen abends an der Hotelbar. Direktheits-
grade nehmen zu (z. B. in der Formulierung von Kundenerwartungen). Zu
den vielen zum Zeitpunkt der Erhebung offenen Fragen gehört, wie man unter
virtuellen Bedingungen Vertrauen aufbauen kann, wie belastbar virtuell auf-
gebaute Beziehungen sind (etwa in puncto Loyalität) und was den symbolischen
Handschlag ersetzt, etwa in traditionsbewussten Branchen wie der Mess-
technik. Handlungsbedarf wird unter anderem in Verhaltensregeln für Online-
Meetings mit ausländischen Kunden gesehen. In deutschen KMU teilweise
tolerierte Phänomene wie legere Kleidung (T-Shirt), Essen und Trinken während
des Meetings und Einblicke in die Privatsphäre (Zitat: „Die Katze läuft über
den Tisch, an der Tür klingelt der Paketbote.“) seien etwa aus asiatischer Sicht
undenkbar; sie würden als Zeichen fehlender Seriosität gewertet. Im asiatischen
Raum erwarte man professionelle Kleidung, hohe Konzentration im Austausch
und starke Partnerorientierung.
Unternehmenskommunikation in Bewegung 137

Im Folgenden werden Unterschiede des Umgangs mit den Herausforderungen


der Covid-19-Pandemie an drei ausgewählten Beispielen skizziert. Die ersten
zwei sind dem Maschinenbau zuzuordnen, die Firmen unterscheiden sich hin-
sichtlich Größe, Organisation und Produkt. Das dritte Beispiel ist der IT-Branche
zuzuordnen. Das Unternehmen ist mittelgroß und praktizierte bereits vor der
Pandemie durchgängig und mit viel Erfolg New Work-Modelle.

4.2.1 Beispiel 1: Ein kleines mittelständisches Unternehmen


im Maschinenbau
Das Fallbeispiel bezieht sich auf ein kleines inhabergeführtes Unternehmen,
das Maschinenteile aus Metall für industrielle Kunden produziert. Das Unter-
nehmen beschäftigt 22 Mitarbeiter. Die meisten arbeiten in der Produktion an der
Maschine. Vier Mitarbeiter haben „Schreibtischjobs“; sie sind zuständig für die
Funktionsbereiche Einkauf, Verwaltung, Personal und CAM-Programmierung
(CAM – Computer Aided Manufacturing; die CAM-Programmierung ist Teil der
rechnergestützten Fertigung von Werkstücken mit CNC-Werkzeugmaschinen).
Das Unternehmen geht mit Beginn des Lockdowns in die Kurzarbeit. Nach
vier Monaten beschließen die Mitarbeiter, die Produktion wieder aufzunehmen.
Die Werker an der Maschine arbeiten mit Mundschutz auf Abstand; sie öffnen
die Tore der Halle für Frischluft und verkürzen Pausen, um die Aufenthaltszeit
zu reduzieren. Wer kann, arbeitet von zuhause aus. Höchste Priorität hat das Ziel,
gemeinsam als Unternehmen die Krise gut zu überleben.
Die Inhaberin und zugleich Geschäftsführerin nutzt die erzwungene Pause,
um die Geschäftsprozesse des Unternehmens stärker zu digitalisieren. In enger
Absprache mit den Mitarbeitern wird eine elektronische Auftragsmappe ein-
geführt, die alle Daten entlang der Wertschöpfungskette erfasst und zusammen-
führt – von der Anfrage des Kunden und dem Angebot an ihn über die
Produktion bis zur Auslieferung der produzierten Teile. Die Prozesse werden
durch die elektronische Auftragsmappe für alle transparenter, überschaubarer
und damit sicherer. Die Homeoffice-Arbeitsplätze werden in die IT-gestützte
Kommunikation im Unternehmen eingebunden. Alle Mitarbeiter – nicht nur
die am Schreibtisch Tätigen – können jetzt geschützte Kommunikationskanäle
nutzen, z. B. ein dienstliches E-Mail-System auf dem Mobiltelefon.
Im Herbst 2021 hat sich die Situation stabilisiert. Die Mitarbeiter in der
Produktion arbeiten durchgängig vor Ort. Die im Büro tätigen Mitarbeiter können
bedarfsabhängig bis zu zwanzig Prozent der Arbeitszeit im Homeoffice leisten.
Es gibt klare Regeln für die interne Kommunikation wie auch für die Inter-
aktion mit externen Partnern, die gemeinsam entwickelt wurden und an die sich
138 E.-M. Jakobs

alle halten. Die gefühlte Flexibilität (selbstbestimmter Wechsel zu Homeoffice,


etwa bei Engpässen in der häuslichen Versorgung) wie auch die reibungslose
Kommunikation mit anderen unabhängig vom Ort führen zu einer größeren
Zufriedenheit im Vergleich zur Situation vor Corona. Die meisten Mitarbeiter
wollen täglich ins Unternehmen kommen, da die Unternehmenskultur stimmt und
sie den direkten fachlichen und menschlichen Kontakt schätzen.

4.2.2 Beispiel 2: Ein großes Unternehmen im Maschinenbau


Beim zweiten Beispiel handelt es sich um ein Unternehmen, das Teil einer aus-
ländischen Aktiengesellschaft ist. Der deutsche Unternehmensteil beschäftigt
circa 4500 Mitarbeiter. Die meisten von ihnen arbeiten in den Funktionsbereichen
Montage und Service; das Produkt – hochinnovative Gebäudetechnologien – wird
vor Ort beim Kunden installiert und gewartet. Der Vertrieb spielt eine wichtige
Rolle und ist entsprechend breit aufgestellt.
Obwohl das Unternehmen zum Zeitpunkt des Pandemiebeginns bereits einen
hohen technologischen Digitalisierungsgrad erreicht hat, erfordert die Umstellung
auf eine konsequent digitalisierte unternehmensweite Kommunikation hohe
finanzielle, organisatorische und personale Mehraufwände. Es wird eine Task-
force gebildet, die basierend auf der Überprüfung von Kommunikationswegen
Maßnahmen plant und umsetzt, um den Austausch über alle Ebenen zu sichern.
Die Umstellung ist zeitaufwändig und im Herbst 2021 erst in Ansätzen bewältigt.
Die Herausforderungen, Probleme und Lösungen differieren abhängig von
den Funktionsbereichen, Rollen und daran gebundenen Kommunikationsauf-
gaben. In den ersten Monaten leidet insbesondere das mittlere Management unter
der Situation. Der Kommunikationsbedarf sprengt alle Arbeitszeitgrenzen; die
Anzahl der eng getakteten Meetings nimmt zu, ihre Dauer ab. Für Unmut sorgen
unter anderem fehlende Vorgaben für den Umgang mit Terminüberschneidungen
(Welches Meeting ist wichtiger und vorzuziehen?); die Abstimmung per Kalender
funktioniert nicht mehr. Regelungsbedarf betrifft auch das Verhalten im Meeting:
Wer darf wann die Kamera ausmachen? Was ist respektvoll im Umgang, was
nicht? Klassisches Agieren ist nicht mehr möglich, z. B. die Abstimmung von
Aufgaben am Wochenanfang. Die Kommunikation mit- und untereinander ist
gestört – ein Teil der Mitarbeiter ist vor Ort, ein anderer im Homeoffice; jeder ist
anders erreichbar. Die Aufgaben stapeln sich.
Die pandemiebedingte Umstellung auf primär digital realisierte
Informations- und Kommunikationsprozesse wird je nach Funktions-
bereich unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. In der Produktion und
Montage überwiegen die Vorteile. Das Zusammenführen und Systematisieren
von Daten und Kommunikationsanlässen auf einer Plattform unterstützt die
Unternehmenskommunikation in Bewegung 139

Arbeitskommunikation und erhöht die Kommunikationseffizienz. Alle Daten,


die zum Vollzug von Arbeit entlang der Wertschöpfungskette benötigt werden,
sind verfügbar. Die gefühlte Informiertheit der Mitarbeiter nimmt stark zu. Es ist
nicht mehr möglich zu sagen „Das wusste ich nicht“ oder „Das hat mir keiner
gesagt“. Dies hat Auswirkungen auf das Klima in Meetings – den Umgangston
wie auch das Ergebnis. Die Mitarbeiter agieren weniger aufgeregt und verbal
sachlicher. Digital geführte Diskussionen bieten wenig Raum für Platzhirschver-
halten und Machtkämpfe. Der Austausch erfolgt ergebnisorientierter. Da andere
die Ergebnisse für ihre Arbeit benötigen und auf der Plattform erwarten, werden
Ergebnisse disziplinierter und systematischer erfasst und auf der Plattform
abgelegt. Die Vorgabe der lückenlosen Dokumentation gilt für alle Ebenen und
Bereiche; die Qualität der Dokumentation nimmt deutlich zu. Die höhere Trans-
parenz – was wird wo gemacht und was kommt dabei raus – zeigt der Geschäfts-
leitung schneller Lücken in der Kette. Herrschaftsdenken (z. B. in Nischen) wird
schwieriger wie auch das Vortäuschen einer Leistung.
Marketing und Vertrieb leiden dagegen unter der Umstellung zu einer rein
digital ablaufenden Kommunikation. Mit der Pandemie entfallen zentrale
Schnittstellen zu Markt, Kunden und Konkurrenz, z. B. die Messen. Die
Kommunikationsarbeit wird erschwert, die Darstellungsformate verändern
sich. Etablierte Formate wie Messeexponat, Grafik, Statistik und PowerPoint-
Präsentation werden extensiv durch Erklärvideos ersetzt, die kurz und prägnant
den Nutzen neuer Lösungen zeigen und bewerben. Der Printanteil nimmt zu wie
auch der Stellenwert und Anteil visueller Elemente. Der Druck, in den sozialen
Medien vertreten zu sein und sich attraktiv nach außen darzustellen, wächst wie
auch der Bedarf an Experten, die die dazu nötigen Werkzeuge beherrschen und
kontinuierlich Content erzeugen und einstellen, z. B. Statements der Geschäfts-
führung. Personen, die das können, gelten als selten und stark umworben. Der
Vertrieb wird von allen Bereichen am stärksten getroffen. Er lebt vom direkten
Kontakt und Austausch mit dem Kunden, der nun nicht mehr möglich ist. Die
Kommunikation per Videokonferenz reduziert die Wahrnehmung des anderen auf
dessen Gesicht bzw. – im Falle von Vorträgen – die Kachel mit Foto. Wichtige
Zusatzinformationen, die den Kunden früher in räumlicher Kopräsenz trotz
Pokerface „lesbar“ machten, wie Körperhaltung, Gestik oder Blickkontakt zu
anderen im Raum, entfallen. Er ist nicht mehr einschätzbar, was insbesondere
erfahrene Vertriebsmitarbeiter stark verunsichert. Ihre in jahrelanger Arbeit
erworbene Fähigkeit der Deutung des Gegenübers wird in digitalen Meetings
obsolet. Der klassische Vertrieb kommt in Existenzängste. Seine Zukunft ist
unklar. Der wegfallende direkte Kontakt wird zu kompensieren versucht durch die
Etablierung professioneller Videokonferenzsysteme, eine professionelle Kamera-
140 E.-M. Jakobs

führung, Moderatoren sowie Mitarbeitertrainings für das Agieren mit Kunden in


virtuellen Konferenzen.
Es gibt jedoch auch Vorteile: Die Einführung digitaler Plattformen und
großer Verteiler erlaubt, viele Mitarbeiter zeitgleich unabhängig vom Standort
zu erreichen und zu informieren (Zitat: „Weltweit und lokal gehen zusammen.“).
Ihre Verfügbarkeit und Teilnahme sind deutlich höher als in Präsenz, da Reise-
wege entfallen. Die Eins-zu-Viele-Kommunikation ermöglicht „Informationen
aus einer Hand“. Alle Beteiligten erhalten zeitgleich dieselbe Information statt
wie bisher über Instanzen und Zeiträume verteilt (mit all den dabei potenziell
auftretenden individuellen Anreicherungen, Verkürzungen, kontext-, rollen- und
personenabhängigen Interpretationen). Wichtige Informationen können ereignis-
näher kommuniziert werden (z. B. sich verändernde Preise). Insgesamt wird der
Austausch als leichter, jedoch dichter und daher schneller ermüdend sowie sozial
ärmer wahrgenommen.
In allen Teilen der Unternehmenskommunikation verändern sich etablierte
Kommunikationsformate, teilweise entstehen neue. Bestehende Formate
werden an digitale Distanzbedingungen angepasst; digitale Formate werden
professionalisiert. Es zeigen sich Grenzen des digital Machbaren, z. B. im
Trainingsbereich, der nun vollständig digital angeboten wird. Digitale Trainings
werden an sich gern wahrgenommen. Die meisten Mitarbeiter schätzen die
Option der Weiterbildung am „Küchentisch“; der Wegfall von Reisezeit und
-aufwand erhöht die Vereinbarkeit mit der Familie. Die Inhalte werden digital
komprimierter vermittelt, was die kognitive Belastung erhöht. Die Teilnehmer
ermüden schneller und benötigen mehr Pausen. Die Zufriedenheit mit den Ver-
mittlungsinhalten und -formen variiert abhängig vom Gegenstand – Themen
wie Controlling lassen sich per Vortrag gut vermitteln, Themen wie Mitarbeiter-
führung, die Rollenspiele erfordern, dagegen nur bedingt. Der Wegfall direkter
sozialer Interaktion (auch Breakout-Sessions lassen diese nur bedingt zu)
behindert zudem eine wichtige Funktion von Trainings – den Aufbau informeller
Netzwerke zu Kollegen, etwa an anderen Standorten.
Zum Teil entstehen neue Kommunikationsformate, etwa im Außendienst. Die
Montage beim Kunden birgt vielfältige Risiken und führt mitunter zu Unfällen.
Diese werden sorgfältig kommuniziert, um sie zukünftig vermeiden zu können.
Im Falle (seltener) tödlicher Arbeitsunfälle kommt die menschlich-emotionale
Komponente hinzu. Während der Pandemie entsteht ein neues Format des
Gedenkens und Trauerns: Das Unternehmen führt eine virtuelle Schweigeminute
ein, der eine kurze Ansprache folgt. Die Mitarbeiter in der Montage (bis zu 450
Personen) unterbrechen dafür ihre Arbeit, Mitarbeiter im Außendienst stoppen
ihr Auto. Das Format hat Mehrfachfunktion. Wesentliche Ziele sind: emotionale
Unternehmenskommunikation in Bewegung 141

Betroffenheit zeigen, den Verstorbenen ehren, über die Ursachen des Unfalls
informieren, für Gefahren sensibilisieren und zu Vorsicht aufrufen. Im Nach-
gang werden die Mitarbeiter gefragt, wie es ihnen geht und was sie dazu sagen
möchten, und die Reaktionen auf der Plattform für alle sichtbar zusammen-
geführt.

4.2.3 Beispiel 3: Ein New Work-praktizierendes KMU der


IT-Branche
Das dritte Fallbeispiel ist ein Unternehmen der IT-Branche (Internettele-
fonie), das bereits vor Beginn der Covid-19-Pandemie konsequent New Work
praktizierte. Es beschäftigt zum Erhebungszeitraum circa 150 Mitarbeiter. Die
Unternehmensorganisation folgt den Prinzipien des Lean Management. Das
Unternehmen beschreibt sein Selbstverständnis wie folgt: Keine Titel, keine
Manager, keine Abteilungen, keine Budgets, keine Überstunden, keine Angst.
Stattdessen: Selbstverantwortung, Feedback, Lernen, Freiheit und Spaß, Ver-
trauen, Eigenverantwortung und Respekt.
Die Covid-19-Pandemie verändert die Situation grundlegend. Aus
konsequentem Vor-Ort-Arbeiten wird digitales Arbeiten im Homeoffice. Das
Unternehmen wächst (von 150 auf ca. 300 Mitarbeiter). Der Überblick über das
große Ganze nimmt virtuell ab, der Zusammenhalt im eigenen Team bleibt eng.
Die Formate des internen Austauschs bleiben, aus Face-to-Face-Formaten werden
jedoch Distanzformate, z. B. Pairing beim Programmieren per virtuell geteiltem
Bildschirm. Es gibt eine digitale Plattform, in der die Mitarbeiter mit Teams
Spatial Characters agieren können (Avatare, die man in virtuelle Räume schiebt,
um dort zuzuhören, gesehen zu werden und zu diskutieren). Die früher überall im
Gebäude physisch verteilten Post-its werden durch virtuelle Haftnotizen auf dem
Miro Board ersetzt. Die Lösung erlaubt, alle Zettel am gleichen Ort zu sehen,
Zettel zu kopieren und große Mengen von Zetteln schnell umzusortieren. Der
Nachteil ist: Sie werden nicht mehr entlang der Wege durch die Unternehmens-
räume wahrgenommen, sondern müssen aktiv aufgesucht werden.
Insgesamt gilt: Alles was nicht im eigenen Team stattfindet, wird schwieriger
zu überblicken. Der Überblick über das große Ganze – was tun andere Teams
– nimmt ab. Was fehlt, sind die vielfältigen physischen Austauschräume und
-gelegenheiten der Zeit vor dem Lockdown (Flure, Kaffeeküche, das gemeinsame
Essen). Neue Mitarbeiter bleiben Fremde. Dies wird durch regelmäßig statt-
findende virtuelle Barcamps zu kompensieren versucht, in denen es nicht um den
Stand der Projekte geht, sondern darum, was die Mitarbeiter bewegt (als eine Art
Klangbord). Im späteren Pandemieverlauf können Mitarbeiter vereinzelt wieder
im Firmengebäude arbeiten; Restaurantangebot und Kinderbetreuung orientieren
142 E.-M. Jakobs

sich an der Pandemie-Lage. Die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern steigt,


potenzielle Mitarbeiter werden nun gezielt angesprochen bzw. angeschrieben.
Kunden werden intensiver kontaktiert, die Umstellung auf digitale Distanz-
kommunikation erzeugt Anlaufprobleme beim Kunden.

5 Fazit

Unternehmenskommunikation unterliegt permanent der Veränderung. In der


Regel verändern sich ihre kommunikativen Haushalte – aber eher langsam oder
nur punktuell und eher unauffällig. Dies ermöglicht eine gewisse Sicherheit des
Handelns im Beruf wie auch der Möglichkeit der Vorbereitung darauf. Disruptive
Ereignisse, wie die Covid-19-Pandemie, können stark destabilisierend wirken,
weil sie Gewohntes in Frage stellen und kurzfristig das Überdenken und Ver-
ändern etablierter kommunikativer Praxen erzwingen. Menschen mögen sprung-
hafte Veränderungen gewohnter Systeme, Prozesse und Verhaltensweisen nicht,
weil sie verunsichern, Kontrollverlust bedeuten, handlungsunfähig machen oder
den Verlust der eigenen Identität bedeuten (Edelman 2018: 14 ff.).
Wie in den Fallbeispielen angedeutet, können disruptiv ausgelöste Handlungs-
bedarfe und dafür entwickelte Lösungen stark differieren. Relevant sind Faktoren
wie Branche (und Digitalisierungsgrad), Unternehmenstyp, -organisation und
-bereich, die dort agierenden Rolleninhaber und ihre Kommunikationsaufgaben.
Der Beitrag beschränkt sich auf Deutschland. Um die Folgen von Krisen wie
der Covid-19-Pandemie auf den Gegenstand breiter verstehen und einordnen zu
können, wären branchen- wie kulturraumvergleichende Studien notwendig.
Die Fallbeispiele zeigen, dass Krisen neben all ihren negativen Aspekten
konstruktive Kräfte in sich bergen, hier: ein hohes Potenzial für Wandel bzw.
neue Lösungen für altbekannte Probleme. Für den Bereich Unternehmens-
kommunikation wäre zu prüfen, welche der pandemie- und digitalisierungs-
getriebenen Veränderungen sich (warum) zukünftig konsolidieren werden und
welche Entwicklungen (von wem und durch was) zurückgedrängt oder über-
formt werden. Die hier betrachtete Krise ist Teil einer Stapelkrise, d. h. mehrerer
sich überlagernder und verstärkender Krisen, die weitreichende Folgen für die
betroffenen Länder hat und die Unternehmenskommunikation der 2020er Jahre
prägen wird.
Bezogen auf pandemiebezogene Phänomene differieren die Prognosen je nach
Perspektive (z. B. Arbeitnehmer oder -geber, Branche u. a.). Es herrscht Einig-
keit, dass es kein Zurück gibt zur gelebten Praxis vor der Pandemie, sondern nur
noch eine neue Normalität (New Normal). Viele Unternehmen sehen in Hybrid-
Unternehmenskommunikation in Bewegung 143

modellen Potenzial. Sie wollen auch in Zukunft Mitarbeitern – soweit dies


das Tätigkeitsprofil zulässt – partielles Arbeiten im Homeoffice ermöglichen;
einige Unternehmen wollen dies nicht, andere erwägen komplette Remote-
Arbeitsplätze, die es auch schon vor der Pandemie gab (Initiative D21 2021a).
Die Mehrzahl der Mitarbeiter will die Option ortsflexiblen Arbeitens nutzen,
teilweise gehört sie bereits zu den Erwartungen an neue Arbeitsgeber (Hofmann
et al. 2021a). Die Initiative D21 erwartet, dass ortsflexibles Arbeiten durch die
Chancen reduzierter Mobilität und damit reduzierten CO2-Ausstoßes in die Nach-
haltigkeitsprogramme von Unternehmen eingehen wird (Initiative D21 2021c).
Bezogen auf Hybridmodelle sind verschiedene Fragen zu klären. Manche
sind basaler Natur, z. B. wie eine Unternehmenskultur aussehen muss, die Work-
Life-Blending in der positiven Deutung des Begriffs unterstützt. Hybridmodelle
weisen der internen Kommunikation mehr Bedeutung zu als bisher. Sie bedingen
strategische Entscheidungen basierend auf einem Gesamtkonzept, das Einzel-
strategien orchestriert. Dazu muss die Gesamtheit der Kommunikationsbereiche
und -aufgaben erfasst und bewertet werden. Klärungsbedarf betrifft unter
anderem die Frage, welche Kommunikationsaufgaben zukünftig bevorzugt in
direktem Kontakt und welche digital bearbeitet werden sollen bzw. wann virtuelle
Kommunikation sinnvoll und sinnstiftend ist. Die in der Studie Befragten
gehen mehrheitlich davon aus, dass digitale Meetings Teil der Unternehmens-
kommunikation bleiben werden, jedoch in geringerem Maße als während des
Lockdowns und stark funktional ausdifferenziert. Die strategische Aufgabe der
Bestandsaufnahme und -bewertung ist in vielen Unternehmen erst in Ansätzen
geleistet, jedoch notwendig, etwa für Zwecke des Kommunikations-Controllings.
Aus sprach- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht bieten Umbruch-
situationen die Chance, quasi in Echtzeit zu beobachten, wie sich kommunikative
Formate und Praxen weiterentwickeln (etwa im Sinne von Genre Systems
nach Bazerman 2004) oder neu herausbilden. Handlungsbedarf in Forschung
und Praxis betrifft die Entwicklung von Regeln für einen effizienten wie wert-
schätzenden Austausch in digitalen Umgebungen sowie von Strategien des Ver-
trauensaufbaus und der Beziehungspflege in digitalen Kanälen. In verschiedenen
Studien wird Weiterbildungsbedarf formuliert. Die Themen reichen von Führung
über Distanz, Einstellungsgespräch in der Videokonferenz und interaktive digitale
Workshops mit Kunden bis hin zu Angeboten, die Kenntnisse und Fähigkeiten
trainieren, die unter den Begriff der Digital Literacy fallen (dazu u. a. Hofmann
et al. 2021a, b, c). Die Digitalisierung der Kommunikation bleibt und wird weiter
ausgebaut werden unabhängig von Homeoffice. Sie wird zukünftig verstärkt
bei der Begleitung von Transformationsprozessen in Unternehmen zu berück-
sichtigen sein. Möglicherweise wird es auch ein generationales Umdenken geben
144 E.-M. Jakobs

durch Alterskohorten, die unter Krisenbedingungen sozialisiert wurden (in Schule


und Studium). Wie sich die Dinge tatsächlich entwickeln werden, wird – wie
immer – die Zukunft zeigen.

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Eva-Maria Jakobs, Prof. Dr. phil., works as Professor for Text Linguistics and Technical
Communication at the Institute of Linguistics and Communication Studies at RWTH
Aachen University. She is also director of the Human-Computer Interaction Centre at the
RWTH Aachen University, and the Institute for Industrial Communication and Business
Media, and member of the German Academy of Science and Engineering. Her research
focusses on professional communication and interaction in technology-related contexts; the
use, design, and communicative usability of digital media; and other topics such as age and
technology.
Zur Partizipation in der Investor
Relations-Kommunikation –
Perspektiven aus Theorie und Praxis

Marianne Grove Ditlevsen und Anne Grethe Julius Pedersen

Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht Möglichkeiten und Grenzen eines partizipations-


orientierten Kommunikationsansatzes im Bereich der Investor Relations (IR).
Ausgangspunkt der Studie sind Veränderungen im Rollen- und Machtverhält-
nis von Kommunikationsbeteiligten zugunsten engagierter, mitgestaltender,
aktiver bzw. aktivistischer Stakeholder:innen. Die digitale Medienent-
wicklung bietet steigende Möglichkeiten der Interaktion mit und Partizipation
von Stakeholder:innen, vor allem durch die Verbreitung von sozialen Netz-
werken lässt sich auch von einer Partizipationskultur reden. Dies stellt die
IR-Kommunikation vor besondere Herausforderungen, da der IR-Bereich
rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegt, die einen fairen Kapitalmarkt
sicherstellen sollen, der alle Investor:innen gleichbehandelt. Ergänzend zu
theoretischen Perspektiven geben im vorliegenden Beitrag Ergebnisse aus
Forschungsinterviews mit IR-Praktiker:innen aus zwei Aktiengesellschaften
in Deutschland einen Einblick darin, wie die IR-Praxis mit der veränderten
Medien- und Kommunikationslandschaft umgeht und wie sie den Aufbau

M. G. Ditlevsen (*)
Institut für Kommunikation und Kultur, Abteilung für Deutsch und Romanische
Sprachen, Aarhus Universität, Aarhus C, Dänemark
E-Mail: mgd@cc.au.dk
A. G. J. Pedersen
Department of Culture and Learning, Aalborg University, Aalborg Ost, Dänemark
E-Mail: agp@ikl.aau.dk

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 147


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_7
148 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

und Erhalt von Beziehungen zu Investor:innen unter den gegebenen recht-


lichen Rahmenbedingungen wahrnimmt. Der Beitrag liefert somit Erkennt-
nisse zu der Forschungsfrage, inwieweit ein partizipationsorientierter Ansatz
in der IR-Kommunikation im Allgemeinen und – da 2021 erhoben – auch
während der Covid-19-Pandemie praktiziert wird bzw. sinnvoll, umsetzbar
und gewünscht ist.

Schlüsselwörter

Investor Relations-Kommunikation · Finanzkommunikation · Partizipation ·


Beziehungsmanagement · Compliance

1 Einleitung

Mit der zunehmenden Erwartung an und auch Übernahme von Gesellschafts-


verantwortung vonseiten der Unternehmen steigen der Austausch zwischen
Unternehmen und der übrigen Gesellschaft sowie die damit verbundene Aus-
handlung unterschiedlicher Interessen (Raupp et al. 2011, S. 13). Als Teil der
Unternehmenskommunikation hat sich auch der Bereich der Investor Relations
(IR) dieser Aufgabe bzw. Herausforderung zu stellen und die Möglichkeiten und
Grenzen der Interaktion mit und Partizipation von Investor:innen und anderen
Stakeholder:innen zu erwägen (Hoffmann 2018), insbesondere mit dem voran-
schreitenden digitalen Wandel der Kommunikations- und Medienlandschaft
(Ditlevsen et al. 2023).
Das Verständnis der Rollen von Kommunikationsbeteiligten ändert sich, nicht
zuletzt wegen der digitalen Medienentwicklung. So beschreibt beispielsweise
Rosen (2006/2011, 2008) eine markante Änderung, indem er den Abschied vom
traditionellen (Medien-)Publikum ankündigt:

The people formerly known as the audience are those who were on the receiving
end of a media system that ran one way, in a broadcasting pattern, with high entry
fees and a few firms competing to speak very loudly while the rest of the population
listened in isolation from one another – and who today are not in a situation like that
at all. (Rosen 2008, S. 163)

Im Zusammenhang mit dieser ‚negativen‘ Definition von aktuellen Publika


werden diese weiter als schreibende Leserschaft beschrieben, sowie als
Zuschauende mit eigener Kamera und Zuhörende, die sich mit bescheidenem
Aufwand miteinander verbinden können (Rosen 2008, S. 163). Auch Carpentier
Zur Partizipation in der Investor … 149

et al. (2014) verzeichnen publikumsbezogene Veränderungen, jedoch ohne die


Bedeutung und Relevanz eines Publikums im traditionellen Sinne ganz weg-
zudenken. Nach Carpentier et al. (2014) betreffen die Veränderungen haupt-
sächlich zwei Bereiche: zum einen eine erhöhte Diversität der Produktion und
Inhalte, was ein u. a. crossmediales Mediennutzungsverhalten fördert, und zum
anderen mehr Power und Empowerment für die Mediennutzenden. Dies wird
begleitet von einem Wandel von einer one-to-many- zu einer many-to-many-
Kommunikation (Carpentier et al. 2014, S. 7). Bruhn und Zimmermann (2016)
bezeichnen die fundamentalen Veränderungen in der Kommunikations- und
Medienwelt als einen Paradigmenwechsel, der ein Umdenken weg von der
klassischen Perspektive ‚von innen nach außen‘ in die Richtung einer Perspektive
‚von außen nach innen‘ erfordert (Bruhn und Zimmermann 2016, S. 170 f.). Die
Unternehmenskommunikation nimmt dabei immer mehr die Aufgabe der Dialog-
und Interaktionsinitiierung zur Beziehungsgestaltung wahr und nimmt dabei
die ‚von außen‘ generierten Inhalte, wie z. B. Ideen oder Kritik, in die eigene
Kommunikationsarbeit auf (Bruhn und Zimmermann 2016, S. 171).
Dementsprechend sind Zielgruppen verstärkt als Mitgestaltende der
Kommunikation zu betrachten (Bruns 2008; Sandvik 2018, S. 85 ff.), und auch in
der Unternehmenskommunikation erfordert die Verschiebung der Machtverhält-
nisse zugunsten der Stakeholder:innen (Lund et al. 2018), dass diese zunehmend
gehört und einbezogen werden. In Bereichen wie Branding und Content
Marketing werden beispielsweise Kunden, Geschäftsverbindungen und andere
Stakeholder:innen durch Brand Co-Creation und Brand Communities z. B. in
die Entwicklung und Gestaltung von Produkten einbezogen (Iglesias und Ind
2020; Bruhn und Zimmermann 2016, S. 171; Jones und Vogl 2020). Für
viele Bereiche der Unternehmenskommunikation bieten sich die veränderten
Kommunikationsrollen als Chance, die Stakeholder:innen besser kennen zu
lernen und mit ihnen gute Beziehungen aufzubauen. Jedoch stellt sich die Frage,
ob ein partizipationsorientierter Kommunikationsansatz als Teil der Beziehungs-
bildung auch für den Bereich der IR-Kommunikation gilt bzw. gelten kann, da
dieser Bereich rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegt, die die Gleich-
behandlung aller Investor:innen sicherstellen sollen (Langenbucher et al. 2022).
Unter IR-Kommunikation ist hier die Kommunikation gemeint, die zwischen den
am Kapitalmarkt Teilnehmenden stattfindet (Hoffmann 2018). Zweck des vor-
liegenden Beitrags ist es somit, der Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen
der Partizipation von Stakeholder:innen in der IR-Arbeit nachzugehen und dabei
sowohl theoretische Perspektiven als auch praxisbezogene Perspektiven aus
zwei qualitativen Forschungsinterviews mit IR-Praktiker:innen einzubringen.
Im Mittelpunkt des Interesses steht somit die Forschungsfrage, inwieweit ein
150 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

partizipationsorientierter Ansatz in der IR-Kommunikation im Allgemeinen und


– da 2021 erhoben – auch während der Covid-19-Pandemie praktiziert wird bzw.
sinnvoll umsetzbar und gewünscht ist.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Partizipationsorientierte (IR-)Kommunikation

Wie einleitend erwähnt, befinden sich die IR-Kommunikation wie die Unter-
nehmenskommunikation im Allgemeinen in einem grundlegenden Wandel, nicht
zuletzt wegen der sich immer weiter entwickelnden digitalen Medienlandschaft
wie des steigenden Drucks von außen, so z. B. durch die Socially Responsible
Investment (SRI)-Bewegung (Investopedia 2022) und den Aktionärsaktivismus
(Hoffmann 2018, S. 1). Viele digitale Plattformen ermöglichen heutzutage einen
direkten Austausch zwischen Unternehmen und Stakeholder:innen, was sich
potenziell auch für eine partizipationsorientierte Unternehmenskommunikation
nutzen lässt. Mit dem Begriff Konvergenzkultur fasst Jenkins (2006) die jüngsten
Entwicklungen im technologischen, medialen und sozialen Bereich zusammen,
die auch für die Unternehmenskommunikation und den IR-Bereich von Relevanz
sind. Konvergenzkultur bezeichnet:

the flow of content across multiple media platforms, the cooperation between
multiple media industries, and the migratory behavior of media audiences who
would go almost anywhere in search of the kinds of entertainment experiences they
want. (Jenkins 2006, S. 2)

Diese Überschneidung von neuen und alten Medien, von unternehmens-


eigenen und grassroots media1 sowie von Inhalten der Produzierenden und
Konsumierenden zugleich (Jenkins 2006, S. 2) lässt sich auch als kollaborative
Kommunikationsinfrastruktur und Bedeutungskonstruktion bezeichnen
(Gulbrandsen und Just 2020, S. 255). Vor allem soziale Medien fördern die Inter-

1 Grassroots intermediaries werden nach Jenkins (2006, S. 285) wie folgt beschrieben:
„Participants – for example, bloggers or fan group leaders – who actively shape the flow of
media content but who operate outside any corporate or governmental system.“ Mögliche
Beispiele für Grassroots-Medien seien You-Tube-Kanäle und Blogs.
Zur Partizipation in der Investor … 151

aktion und den einfachen und schnellen Zugang zur Nutzung und Produktion
von Inhalten, wobei aber der kollaborative Bedeutungsbildungsprozess zum
einen von der Fähigkeit des Unternehmens abhängt, die Stakeholder:innen in
den Prozess einzubeziehen, und zum anderen von der Teilnahmebereitschaft
der Stakeholder:innen (Gulbrandsen und Just 2020, S. 195). Auch Begriffe
wie collaborative media (Löwgren und Reimer 2013 in Sandvik 2018, S. 86),
common-based-peer-production (Benkler 2006 in Sandvik 2018, S. 86), p2p
production (Bauwens 2005 in Sandvik 2018, S. 86) oder participatory media
(Sandvik 2018, S. 86) betonen diese Rollen- und Machtverschiebung unter den
Kommunikationsbeteiligten; und nicht zuletzt bezeichnet der vom australischen
Medienwissenschaftler Axel Bruns (2008) lancierte Begriff produsage die
Hybridisierung von user und producer als Merkmal einer zunehmenden
„produsage-based, participatory culture“ (Bruns 2008, S. 256). Hinzu kommt,
dass die digitalen Netzwerkmedien neue Möglichkeiten des politischen
Engagements und Aktivismus mit sich gebracht haben (Sandvik 2018, S. 131;
Heath 2018, S. 11). Durch ihre mobilen Eigenschaften, hohe Geschwindigkeit
und Zugänglichkeit sowie Nutzungsfreundlichkeit ermöglichen soziale Netz-
werke wie Facebook und Twitter die schnelle Bildung und Mobilisierung von
sozialen Protest- oder Support-Bewegungen und Communities mit potenziell
sehr großer Reichweite (Sandvik 2018, S. 136). So steigt auch bei vielen
Verbraucher:innen, Bürger:innen, Beschäftigten, Investor:innen und anderen
Stakeholder:innen die Erwartung, gehört zu werden und Einfluss ausüben zu
können. Gleichzeitig haben auch Unternehmen erkannt, dass es nicht nur in
vielen Fällen notwendig, sondern sogar vorteilhaft ist, den Kunden in Unter-
nehmensabläufe stärker einzubinden (vgl. für einen Überblick z. B. die Bei-
träge in Bruhn und Stauss 2009). Neben dem Marketing und dort insbesondere
Ansätzen einer kundenintegrierenden Leistungserstellung (Bruhn und Stauss
2009) ist diese „Partizipationskultur“ (Jenkins 2008) auch zum Thema der Unter-
nehmenskommunikation geworden.
Als ein Eckpfeiler der Demokratie hat Partizipation2 eine lange Tradition.
Ideale und Umsetzungsformen wurden lange debattiert und in verschiedenen
Kontexten erprobt. So präsentiert beispielsweise Arnstein (1969) eine empirisch

2 SieheFuchs (2017, S. 65 ff.) für eine kritische Auseinandersetzung mit der Verwendung
der ursprünglich aus der Politikwissenschaft und partizipatorischen Demokratietheorie
stammenden Begriffe Partizipation und Partizipationskultur durch u. a. Bruns (2008) und
Jenkins (2006).
152 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

basierte Leiter der Bürgerpartizipation mit acht Stufen, die den Grad der
Partizipation anzeigen. Dabei wird Partizipation definiert als „the redistribution
of power that enables the have-not citizens, presently excluded from the political
and economic processes, to be deliberately included in the future“ (Arnstein
1969, S. 216). Am unteren Ende finden sich die Stufen manipulation und therapy,
was interessanterweise auch educate einschließt, hier im Sinne von „help them
[Mieter:innen in einem sozialen Wohnungsbauprojekt] adjust their values and
attitudes to those of the larger society“. Die mittleren Stufen umfassen informing,
consultation und placation, wobei zwar Informationen von den sogenannten
Powerholders geteilt werden, aber oft durch Ein-Weg-Kommunikation ohne
reale Möglichkeiten für Feedback und Dialog. Heutzutage ermöglichen u. a.
soziale Medien solche, auch unaufgeforderte, Meinungsäußerungen, jedoch
ohne Garantie, auch gehört zu werden. Die obigen Stufen der Partizipations-
leiter sind partnership, designated power und citizen control, wobei Ein-
flussnahme und Einwirkung auf Entscheidungen stattfinden (Arnstein 1969,
S. 217 ff.). Wenn auch die Typologie von Arnstein (1969) eine ältere, simpli-
fizierte Darstellung ausgehend von anderen Kontexten als der Unternehmens-
kommunikation, einschließlich der IR-Kommunikation aufweist, wird deutlich,
dass Partizipation sehr unterschiedlich verstanden werden kann und in sehr
unterschiedlichen Erscheinungsformen auftreten kann. Darauf aufbauend legen
wir in der vorliegenden Studie ein tentatives Verständnis von partizipations-
orientierter IR-Kommunikation zugrunde, wobei ein Unternehmen – über die
formalisierten Kanäle wie Hauptversammlung hinaus – den offenen Austausch
mit (potenziellen) Investor:innen ermöglicht, unterstützt und initiiert und diese
dann auch Einfluss auf u. a. Quantität und Qualität der IR-Kommunikation wie
Themen, Formate und strategische Ausrichtung gewinnen. Dabei betrachten wir
Partizipation vor allem als Mittel zur Beziehungspflege.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Kommunikationsprozesse
generell dynamischer, dialogischer und vernetzter werden und daher auch
weniger geordnet, vorhersehbar, überschaubar, planbar und kontrollierbar.
Mit dem laufenden Wandel weg von der klassischen Einwegkommunikation,
dem ‚ehemaligen Publikum‘ und der single authorship im traditionellen Sinne
(Sandvik 2018; Gulbrandsen und Just 2020, S. 261) ist auch die Unternehmens-
kommunikation im Allgemeinen zunehmend als Kollaboration zu verstehen,
wobei die Mitgestaltung und Partizipation von Stakeholder:innen u. a. Kreativi-
tät, Innovation und engere Beziehungen zu engagierten Stakeholder:innen ermög-
lichen. Wenn es aber zum Teilbereich der IR-Kommunikation kommt, scheint der
Handlungsspielraum hierfür eher eingeschränkt.
Zur Partizipation in der Investor … 153

2.2 Investor Relations zwischen Compliance und


Beziehungsbildung

Als zentrales Bindeglied zwischen extern finanzierten Unternehmen und


Kapitalmarktakteur:innen befindet sich der IR-Bereich in einem Spannungsfeld
zwischen der Einhaltung gesetzlicher wie nicht-gesetzlicher Regelungen auf der
einen Seite und der Aufgabe des Beziehungsaufbaus zu Investor:innen, Finanz-
analysten, Anlageberater:innen und anderen finanziellen Stakeholder:innen des
Unternehmens auf der anderen Seite (vgl. Hoffmann 2018). Diese grundsätzliche
Doppelfunktion der IR-Arbeit beeinflusst die Möglichkeiten und Grenzen eines
partizipationsorientierten Kommunikationsansatzes auf verschiedene Weise.

2.2.1 Regulierung von Investor Relations


Die Regelungen und Verpflichtungen, die den IR-Bereich bestimmen sollen,
haben grundsätzlich zum Zweck, den Kapitalmarkt zu stabilisieren, die
Investor:innen gleich zu behandeln und zu schützen, Transparenz zu schaffen und
das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Kapitalmarkt zu gewinnen und erhalten
(Langenbucher et al. 2022; Remund und Kuttis 2018).
Diese rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben sich aus Gesetzen wie
vor allem dem Handelsgesetzbuch (HGB), dem Aktiengesetz (AktG), dem
Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), der europäischen Prospektverordnung
und der Marktmissbrauchsverordnung. Es lässt sich dabei zwischen der
regelmäßigen Kommunikationspflicht und der bei bestimmten Anlässen auf-
tretenden Ad-hoc-Publizitätspflicht und weiter zwischen den obligatorischen
Kommunikationspflichten und den fakultativen Kommunikationsrechten sowie
zwischen finanziellen und nichtfinanziellen Informationen unterscheiden
(Langenbucher et al. 2022: 86 ff.). Zur obligatorischen, regelmäßigen Bericht-
erstattung mit finanziellen und nichtfinanziellen Informationen zählen vor allem
der Jahresabschluss mit Anhang, der Lagebericht und die Entsprechenserklärung
zum Deutschen Corporate Governance-Kodex (DCGK). Die Bestimmungen
des DCGK (AktG § 161) stellen international verbreitete Standards guter
und verantwortungsvoller Unternehmensführung, good practice, dar. Diese
Standards sind zwar nicht verbindlich, aber eventuelle Abweichungen von den
Empfehlungen des Kodex müssen nach dem Prinzip comply or explain begründet
werden und sind in Deutschland eher unüblich (Langenbucher et al. 2022, S. 88).
Bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht geht es um Einzelereignisse, die für Ent-
scheidungen über Investition oder Desinvestition von Bedeutung sein können,
wie z. B. Börsengang, Erwerb, Transaktionen oder wenn Insiderinformationen
154 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

vorliegen. In solchen Fällen muss schnell und umfassend informiert werden


(Langenbucher et al. 2022, S. 89 ff.). Der nichtfinanzielle Teil der geregelten
Berichterstattung umfasst u. a. Stellungnahmen zu Umweltschutz, Arbeitnehmer-
und sozialintegrativen Belangen, Menschenrechten und Korruptionsbekämpfung.
Darüber hinaus sollen nichtfinanzielle Leistungsindikatoren dargestellt und
wesentliche unternehmerische Risiken beschrieben werden (Langenbucher et al.
2022, S. 87).
In den letzten Jahren hat sich die verstärkte Fokussierung auf nachhaltige
Entwicklung in den Anforderungen und Erwartungen an die IR-Kommunikation
durchgesetzt, um Investor:innen und Unternehmen zu nachhaltigeren Ent-
scheidungen und Aktivitäten zu motivieren. Seit 2021 setzen u. a. auch
die von der EU-Kommission initiierte Environmental Social Governance
(ESG) Regulierung zur Förderung von nachhaltiger Finanzierung (European
Commission 2022a) und die Corporate Sustainability Reporting Directive
(CSRD) den Rahmen für die IR-Kommunikation. Die ESG-Regulierung soll der
Transparenz und (vergleichenden) Bewertung von unternehmerischer Sozial-
verantwortung dienen und hat folglich teils den freiwilligen unternehmerischen
Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und teils die sozialen, ökologischen und
ethischen Konsequenzen von konkreten Aktivitäten und Investitionen im Blick,
vor allem die Reduktion von CO2-Emmissionen (European Commission 2022a).
Weiter definiert eine EU-Taxonomie, welche Aktivitäten als (wie) nachhaltig
gelten (European Commission 2022b). Auch auf globaler Ebene bahnen sich
Regulierungsmaßnahmen an wie vom International Sustainability Standards
Board (ISSB), der für die Schaffung von globalen „sustainability-related
disclosure standards that provide investors and other capital market participants
with information about companies’ sustainability-related risks and opportunities
to help them make informed decisions“ (IFRS 2021) plädiert.
Über die rechtlichen Regelungen hinaus besteht auch ein externer Druck, was
Nachhaltigkeit als wichtiges Thema der IR-Kommunikation betrifft (Binder-Tietz
et al. 2020). Informationen zur Nachhaltigkeit werden von Investor:innen und
Analyst:innen nachgefragt, wenn auch von einer gewissen Diskrepanz zwischen
nachhaltigkeitsbezogenen, unternehmensstrategischen Entscheidungen und ihrer
operativen Umsetzung sowie Sichtbarkeit für die Kapitalmarktteilnehmer:innen
(9) die Rede ist (Binder-Tietz et al. 2020). Den Studien von Citigate Dewe
Rogerson (CDR) zufolge, einem Beratungsunternehmen für Finanz- und Unter-
nehmenskommunikation mit Hauptsitz in London, spielen nichtfinanzielle
Themen eine immer wichtigere Rolle in der IR-Kommunikation. Während in der
Studie von 2016 angeführt wird, dass verstärkt über nichtfinanzielle Indikatoren
berichtet wird, zeigen die Studien der Jahre 2017 bis 2020, dass das Augenmerk
Zur Partizipation in der Investor … 155

der IR-Kommunikation deutlich auf spezifischere nichtfinanzielle Themen wie


Strategie, Equity Story3 und ESG gelenkt wird. Für die CDR-Studie von 2020,
die während der Covid-19-Pandemie durchgeführt wurde, gilt weiter, dass
Investor:innen sich besonders für soziale Themen wie Diversität und Engagement
der Mitarbeiter:innen, Datenschutz und Menschenrechte interessieren.
Die historische Entwicklung der IR-Funktion kann übergeordnet beschrieben
werden als eine Veränderung der Prioritäten von der ursprünglichen Einhaltung
der rechtlichen Rahmenbedingungen durch die Berichterstattung über die zusätz-
liche Weitergabe von u. a. nichtfinanziellen Informationen und die darauffolgende
strategische Ausrichtung der IR-Kommunikation zur Steigerung der unter-
nehmerischen Sichtbarkeit bis hin zum aktuellen Augenmerk auf Beziehungs-
management (Hoffmann 2018). Zu bemerken ist dabei zweierlei: Erstens ist
der relationale Ansatz als Ergänzung zum Compliance-Ansatz zu betrachten,
da ohne Compliance kein langfristiges Bestehen am Markt möglich ist und
zweitens ist der Beziehungsaufbau nicht unproblematisch, denn „auch die frei-
willige Informationsweitergabe zum Zwecke strategischer Beziehungspflege am
Kapitalmarkt ist rechtlich insbesondere dort problematisch, wo nicht offen an das
gesamte, breite Anlegerpublikum, sondern lediglich selektiv kommuniziert wird“
(Langenbucher et al. 2022, S. 103).
Wenn hier auch nur ein kurzer Einblick in Regulierungen zur Publizitäts-
pflicht, Offenlegung und Berichterstattung gewährt wird, lässt sich feststellen,
dass der von einer IR-Abteilung ausgehende Informationsfluss stark rechtlich
reguliert ist, was auch auf den Handlungsspielraum in Bezug auf den Aufbau und
Erhalt von Beziehungen zum Kapitalmarkt Einfluss hat.

2.2.2 Aufbau und Pflege von Beziehungen


Wie bereits erwähnt, gehört die Beziehungspflege mehr denn je zu den Kernauf-
gaben der IR. Nach Hoffmann (2018) ist das Ziel der IR-Funktion eines Unter-
nehmens, die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seinen finanziellen
Stakeholder:innen aufrechtzuerhalten und zu pflegen. Daran scheint auch die
digitale Entwicklung nichts geändert zu haben, denn „das Herzstück der Investor
Relations wird, unabhängig von einer weiter zunehmenden Digitalisierung der
Funktion, die persönliche Beziehungspflege bleiben“ (Hoffmann et al. 2018,
S. 9). Es ist sogar die Rede von einer Partnerschaft zwischen dem Unternehmen
und seinen finanziellen Stakeholder:innen, die eine positive Einwirkung darauf

3 Zur Equity Story s. Ditlevsen 2022.


156 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

haben kann, wie stark sich die finanziellen Stakeholder:innen im Unternehmen


engagieren, sich dafür einsetzen und es unterstützen. Einer Umfrage zufolge
verstehen sich dementsprechend 76 % der befragten IR-Verantwortlichen als
‚Beziehungspfleger:innen‘ und sehen ihr Aufgabenfeld vor allem im Dialog mit
dem Kapitalmarkt und der Interessensvermittlung zwischen Financial Community
und Management (Hoffmann und Tietz 2018, S. 13). Dialogbereitschaft wird auch
z. B. in Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten dargestellt und betont, wenn
auch genauere Angaben zu den geführten Dialogen und deren potenziellen Aus-
wirkungen auf die unternehmerische Tätigkeit weitgehend unspezifiziert bleiben
(vgl. Pedersen 2011).
Was die Aufgabe der Beziehungsbildung und -pflege angeht, zeigen sich
nach CDR-Studien neue Tendenzen. Zum einen wurde 2015 zum ersten Mal als
wichtigstes Ziel der IR-Funktion, die Investor:innen „auszubilden“ oder „auf-
zuklären“ (vom Englischen educate) angegeben, um bei ihnen ein eingehendes
Wissen über und Verständnis für die Unternehmensstrategie aufzubauen (CDR
2015, S. 6). Dieses Ziel wurde in den Studien von 2010 bis 2014 nicht erwähnt
und scheint „den Anfang einer neuen Ära der Investor Relations-Praxis“ zu
markieren (vgl. Titelseite von CDR 2015). Ausbildung und Aufklärung werden
auch in den nachfolgenden Studien 2016 bis 2020 weiterhin als das wichtigste
Ziel hervorgehoben (CDR 2016, S. 20; 2017, S. 9; 2018, S. 15; 2019, S. 5; 2020,
S. 10). Die verstärkte Fokussierung auf/von Ausbildung und Aufklärung lässt sich
möglicherweise dadurch erklären, dass Ausbildung und Aufklärung zu einem ein-
gehenden Wissen über und Verständnis für das Unternehmen beitragen und somit
einen (positiven) Einfluss auf die Einschätzung der Investor:innen hinsichtlich des
Investitionspotenzials des Unternehmens haben können.
In den CDR-Studien von 2018 und 2019 wird das übergeordnete Ziel der
IR-Funktion explizit als Vermittlung benannt (CDR 2018, S. 7; 2019, S. 30).
Dabei wird die Optimierung von IR-Material auch als Hauptaufgabe der IR-
Arbeit gesehen, und die Interaktion mit Investor:innen ist durch das Streben
nach Dialog und unmittelbarem Kontakt gekennzeichnet, was auch von immer
ausgeprägterem Investoraktivismus vorangetrieben wird und dazu führt, dass
sich Unternehmen immer pro-aktiver gegenüber Investor:innen verhalten. Über
die Digitalisierung der IR-Kommunikation hinaus erklären diese Tendenzen
auch, dass neben dem Einsatz von klassischen IR-Medien wie der IR-Web-
site, (Geschäfts-)Berichten, IR-Newslettern per E-Mail (vgl. Pedersen 2008),
Investor-Präsentationen und Hauptversammlungen zusätzlich der Einsatz von
Treffen, Roadshows, Videos und YouTube-Kanälen zunimmt. Interessant in dem
Zusammenhang ist jedoch, dass der Einsatz von sozialen Medien im Allgemeinen
Zur Partizipation in der Investor … 157

abnimmt, obwohl die Covid-19-Pandemie nach der CDR-Studie 2020 dazu


geführt hat, dass den social media im Rahmen der IR-Kommunikation wieder
mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Alles in allem geben die Studien an,
dass die IR-Kommunikation immer hybrider und teilweise auch virtueller wird.
Mit der wachsenden Aufmerksamkeit für die Beziehungspflege durch den
Kontakt und Austausch mit Investor:innen und anderen Akteur:innen am Kapital-
markt verbessert sich die Möglichkeit für die IR-Funktion, die Sichtweisen und
Beweggründe dieser Akteur:innen zu verstehen und Änderungen im Umfeld des
Unternehmens frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Zur IR-Arbeit
gehört folglich auch die Bewältigung unterschiedlicher, womöglich gegensätz-
licher Interessen entweder intern, im Kreis der Investor:innen, oder zwischen
Unternehmen und Investor:innen. In diesem Zusammenhang sind über die
letzten Jahrzehnte Veränderungen im Verhalten von vor allem institutionellen
Investor:innen zu erkennen, und zwar von einem eher passiven, observierenden,
informationssuchenden Verhalten hin zu einem (pro)aktiveren, kritischeren Ver-
halten mit Blick auf die Beeinflussung der Pläne und Handlungen des Unter-
nehmens (Hoffmann et al. 2016, S. 36). Unzufriedene Aktionär:innen sehen ihre
Handlungsoptionen nicht mehr allein in der Akzeptanz von Managementent-
scheidungen oder dem Verkauf von Aktien (Wall Street rule), sondern vielmehr
in der direkten Einflussnahme auf die Entscheidungen durch Druck, Aktionen
(Hoffmann 2018) oder sogenannte proxy fights, wenn „a group of shareholders is
persuaded to join forces and gather enough shareholder proxies (votes) to win a
corporate vote“, wie z. B. bei der Wahl von Vorstandsmitgliedern (Hoffmann et al.
2016, S. 37). Aktionärsaktivismus wird dabei verstanden als „the attempt of
shareholders to directly impact, form, or change management decisions based
on the threat or application of public pressure“ (Hoffmann 2018, S. 8). Aktivis-
mus an sich lässt sich auch als „a genre of communication“ beschreiben und
wird getrieben durch „an awareness of the disparity between what is and what
can be achieved through conflict and its resolution“ (Heath 2018, S. 4). Daher
hat Aktivismus auch oft demokratische Wurzeln in dem Sinne, dass Demokratie
Aktivismus fördern kann (Heath 2018, S. 3). Der heutige Aktionärsaktivismus
scheint zunehmend durch soziale und moralische Belange wie beispielsweise
Umwelt- und Klimaprobleme oder Menschenrechte motiviert zu werden (Hoff-
mann et al. 2016, S. 38). Zur Vermeidung bzw. Bewältigung des Aktionärs-
aktivismus schlagen Hoffmann et al. (2016) die Bildung einer guten Reputation
vor. Es stellt sich aber da wiederum die Frage, ob eine gute Reputation einen
partizipationsorientierten Kommunikationsansatz voraussetzt. Im Folgenden
werden zu den obigen Themen Perspektiven aus der IR-Praxis herangezogen.
158 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

3 Methodisches Vorgehen bei der empirischen


Untersuchung

Zur Beantwortung der Forschungsfrage nach den Möglichkeiten und Grenzen der
Partizipation von Stakeholder:innen in der IR-Kommunikationwurden wurden
zwei qualitative, explorative Forschungsinterviews (vgl. Brinkmann und Kvale
2015) mit zwei IR-Praktiker:innen zweier deutscher Aktiengesellschaften aus
dem SDAX bzw. dem DAX durchgeführt, wobei sowohl theoretische als auch
praxisbezogene Perspektiven zur Geltung gebracht werden sollen. Durch diese
Interviews war es möglich, einen tieferen Einblick in die Einstellungen und
praktischen Erfahrungen von IR-Teams zu gewinnen. Als Ausgangspunkt für
die Interviews wurde ein Interviewleitfaden mit drei übergeordneten, zentralen
Themen erstellt: 1) IR-Kommunikation, 2) Medienstrategie und 3) Partizipation.
Die Interviews fanden während der Covid-19-Pandemie im Mai bzw. August
2021 über Zoom statt, dauerten 68 bzw. 32 min und wurden nach Absprache auf-
gezeichnet, anonymisiert und daraufhin Wort-für-Wort in einer formellen, wort-
wörtlichen Schriftsprache transkribiert (vgl. Brinkmann und Kvale 2015, S. 207).
Die so erhobenen Daten wurden im Weiteren inhaltsanalytisch untersucht, wobei
die thematische Inhaltsanalyse teils deduktiv und teils induktiv angelegt war
(vgl. Braun und Clarke 2006; Saldaña 2009; Mayring 2020), damit auf der einen
Seite die von uns im Voraus gewählten Themen und Codes sichergestellt werden
konnten, und auf der anderen Seite auch solche Themen und Codes in Betracht
gezogen werden konnten, die zu neuen Einsichten führen konnten. Als Beispiel
für induktiv entstandene Themen sei hier der mehrfache Bezug auf die Covid-19-
Pandemie und ihre Auswirkungen auf die IR-Praxis erwähnt.

4 Ergebnisse der empirischen Untersuchung

In diesem Abschnitt werden die Analyseergebnisse der qualitativen Interviews


mit zwei IR-Praktiker:innen präsentiert und diskutiert. Die Beantwortung der
Forschungsfrage: Wie verhält sich die Praxis zu einem partizipationsorientierten
Ansatz innerhalb der IR-Kommunikation im Allgemeinen und auch während der
Covid-19-Pandemie? gliedert sich in vier durch die thematische Analyse entstandene
Themenkomplexe. Der erste Themenkomplex bezieht sich auf die generelle Auf-
fassung der Interviewpersonen von der IR-Funktion, die einen Einblick in die
Überlegungen geben kann, inwieweit ein partizipationsorientierter IR-Ansatz in
der Praxis für sinnvoll, umsetzbar und/oder gewünscht gehalten wird. Der zweite
Themenkomplex, der partizipationsorientierte IR-Ansatz in der Praxis, erlaubt uns,
Zur Partizipation in der Investor … 159

einen Einblick in die für diesen Beitrag zentrale Frage zu gewinnen, inwieweit ein
partizipationsorientierter IR-Ansatz tatsächlich praktiziert wird. Um das Potenzial
des partizipationsorientierten IR-Ansatzes in der Praxis einschätzen zu können,
wenden wir uns mit dem dritten Themenkomplex Grenzen des Beziehungsaufbaus
zu. Der vierte und letzte Themenkomplex, IR-Kommunikation in Zeiten der Covid-
19-Pandemie, dient dazu, Einsichten zu den Folgen der Pandemie für die IR-Arbeit
zu gewinnen. Auszüge aus den Interviews dienen der Illustration der wichtigsten
Aspekte. Die beiden Interviewpersonen werden im Folgenden als IP #1 (Inter-
viewperson #1) bzw. IP #2 (Interviewperson #2) angeführt. Die Zahlen in eckigen
Klammern verweisen auf Textblöcke in der jeweiligen Transkription.

4.1 Die generelle Auffassung der Interviewpersonen


von der IR-Funktion

Durch die von den Interviewpersonen ausgedrückten Ziele der IR kristallisieren


sich besonders zwei Hauptziele der IR-Arbeit heraus, und zwar 1) durch ein so
hohes Informationsangebot wie möglich Transparenz zu schaffen, was auch IR
als Compliance kennzeichnet, und 2) persönliche Beziehungen aufzubauen und
zu pflegen, was IR als Beziehungsmanagement kennzeichnet (s. Abs. 2.1).
Kern des Informationsangebots bildet die Unternehmensberichterstattung in
Form von beispielsweise Geschäftsberichten, Quartalsberichten, Finanzbericht-
erstattung und auch Nachhaltigkeitsberichten (IP #2 [1, 2]), aber auch die Web-
site tritt – wie zu erwarten – als wichtiges Medium des Informationsangebots
auf (IP #1 [12]). Der Beziehungsaufbau findet primär durch Treffen, Roadshows,
Konferenzen, Telefon, E-Mail, Smalltalk und schließlich durch nicht geregelte
Teile der Hauptversammlung statt, wo z. B. Privatinvestor:innen ein Gespräch
mit dem Finanzvorstand angeboten wird (#1 [3]). IP #1 ([3]) hebt dabei auch
Geburtstagsglückwünsche als wichtiges Mittel zur Beziehungsbildung und
-pflege hervor, die an so viele Aktionär:innen wie möglich persönlich verschickt
werden. IP #2 erklärt im folgenden Zitat zum Ziel der IR-Arbeit das Zusammen-
spiel zwischen Transparenz und Beziehungsaufbau als zentral:

Im Großen und Ganzen Transparenz schaffen und durch ein gewisses Level an
Transparenz auch den nötigen Kontext geben zu können, eigentlich in erster Linie
natürlich versuchen, relativ transparent über die Unternehmenslage aufzuklären
und das aber dann auch noch in den Kontext einbetten, weil Zahlen sagen eben
doch nicht alles und auch Pressemitteilungen und Berichte sagen auch nicht alles,
sondern tatsächlich auch noch mal im Gespräch, im Dialog, auch noch mal auf-
nehmen, was sind dann die Rückfragen und dann entsprechend Kontext zu geben.
160 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

Ich denke, das ist auch der große Mehrwert dann, dass man [ein] möglichst, ja,
verlässliches Bild des Unternehmens, zum Stand des Unternehmens, des Unter-
nehmenserfolgs gerade zeichnet. (IP #2 [5])

Nach IP #2 reicht Transparenz im Sinne eines hohen Informationsangebots


also nicht aus, um ein verlässliches Bild des Unternehmens zu vermitteln. Die
angebotenen Informationen müssen auch in einen Kontext gesetzt werden, der die
Zahlen und sonstigen angebotenen Informationen erklärt. Dazu ist, laut IP #2, der
Dialog, das Gespräch, nötig, weil es hier möglich ist, Rückfragen zu beantworten
und sich den Wissenslücken und Interessenfeldern der Gesprächspartner:innen
anzupassen, was auch im folgenden Zitat zum Ausdruck kommt:

[…] Reporting ist Basis und wirklich Basis aus Erwartungshaltung auch, die muss
erfüllt werden und darüber hinaus ist dann tatsächlich der direkte Austausch immer
noch, würde ich jetzt sagen, der wertvollste. (IP #2 [20])

Diese Praxis entspricht einer neuen Ära der IR-Praxis. Wie die jährlichen IR-
Studien von CDR, zeigen, gilt seit 2015 als eine der höchsten Prioritäten der IR-
Arbeit, die Investor:innen in der Weise „auszubilden“ oder „aufzuklären“ (vom
Englischen educate), dass sie ein eingehendes Wissen über und Verständnis für
die Unternehmensstrategie aufbauen (CDR 2015, S. 6; 2016, S. 20; 2017, S. 9;
2018, S. 7; 2019, S. 30; 2020, S. 10). Zu bemerken ist hier, dass sich educate
zwar auf der Partizipationsleiter von Arnstein (1969/2007) findet, aber am
unteren Ende der Partizipationsskala. Abhängig davon, wie educate genauer ver-
standen und praktiziert wird, lassen sich dabei Potenziale für einen partizipations-
orientierten Kommunikationsansatz erkennen.
Zusammenfassend deuten die Ergebnisse, was die generelle Auffassung der IR-
Funktion seitens der interviewten Personen betrifft, an, dass die Grundlage für den
partizipationsorientierten IR-Ansatz in der Praxis schon vorhanden ist; gleichzeitig
wird aber auch erkennbar, dass das oben skizzierte Spannungsfeld zwischen IR
als Compliance und IR als Beziehungsmanagement durchaus die IR-Arbeit stark
prägt. Wie das zum Ausdruck kommt, ist Thema des nächsten Abschnitts.

4.2 Der partizipationsorientierte


Kommunikationsansatz in der IR-Praxis

Die Ergebnisse zum partizipationsorientierten IR-Ansatz in der Praxis führen


zu zwei übergeordneten Einsichten. Erstens scheint kein direkter partizipations-
orientierter Ansatz in den Interviewdaten erkennbar. Es sei hier jedoch bemerkt,
Zur Partizipation in der Investor … 161

dass er in der Praxis kein unbekanntes Phänomen zu sein scheint. Nur wird
der partizipationsorientierte Ansatz eher mit der Unternehmensmarke und der
Produktentwicklung verbunden und weniger mit der IR-Funktion. IP #2 ([9])
spricht so z. B. von einer klaren Trennlinie zwischen der Markenkommunikation
und der IR- oder Finanzkommunikation, wobei der partizipationsorientierte
Ansatz innerhalb der Markenkommunikation voll eingesetzt wird, was aber nicht
der Fall ist in der IR-Kommunikation. Als zweite Einsicht gilt jedoch auch, dass
Zeichen des indirekten partizipationsorientierten Ansatzes zu erkennen sind,
wie auch aus den obigen Ausführungen zur Bedeutung der Interaktion ersicht-
lich wurde. Investor:innen und weitere IR-Stakeholder:innen haben so z. B. mit-
unter Einfluss auf die Quantität und Qualität der angebotenen Informationen
und auch auf die Themenwahl. IP #2 ([6]) berichtet beispielsweise von einer
steigenden externen Forderung nach Bereitstellung besonderer Informationen
im Bericht über Nachhaltigkeitsthematiken. IP #1 ([5]) erlebt sogar in jüngster
Zeit immer mehr Treffen mit Investor:innen als Barbecues, weil das IR-Team
das Gefühl hat, von den Investor:innen „gegrillt“ zu werden, was als Beispiel des
starken externen Drucks auf das IR-Team mit Blick auf die Bereitstellung von
spezifischen Informationen gesehen werden kann. Schließlich wird erwähnt, dass
Aktionäre spürbar Einfluss auf die Unternehmensstrategie auszuüben versuchen,
wie aus dem folgenden Zitat zu erkennen ist:

[…] so ein Thema wie Hauptversammlungen ist natürlich der Moment im Jahr,
wo extrem viel Ownership beansprucht wird dann auch, also wo die Shareholder
natürlich sagen, was sie wollen und was ihnen gefällt oder zu gewissen Themen
abgestimmt wird; das auf jeden Fall, da haben sie den rechtlichen Rahmen, das ist
so das Mindeste, was sie bekommen; ich möchte aber sagen, das glaube ich schon
auch, und das hat natürlich dann auch mit good relationship building zu tun, dass es
mit den relevantesten Investoren schon eine Art give and take ist, – ich glaub, da hat
man einfach so ein Gespür, was … also wenn da Themen aufkämen die jeder zweite
Investor benennen würde und sagen das geht nicht – das hat schon so eine Art Co-
Construction oder in dem Sinne eine Art von …. Ja, die haben ja auch eine Teilhabe
am Unternehmen, da ist schon Aktivismus auch da und im besten Fall allerdings
natürlich ein Engagement und ein gegenseitiges (Engagement), das ist jetzt nicht:
‚Mach das nicht, wir verkaufen‘, was einfach gar nicht möglich ist, weil sie long
Holder sind, insofern eher dahingehend gedacht oder deren Anreiz ist ja tatsächlich
to change for the better, also uns in die richtigen, aus deren Augen, in die richtigen
Bahnen zu lenken … oder einfach nur besser aufgestellt, ich glaub, so würde ich
sagen. (IP #2 [20])

Wie gezeigt wird die Beziehungsbildung und -pflege in der Praxis für wichtig
gehalten, und der partizipationsorientierte Ansatz gilt auch als Thema unter den
beiden IR-Praktiker:innen, was uns zum nächsten Themenkomplex weiterleitet.
162 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

4.3 Barrieren des Beziehungsaufbaus

Die Ergebnisse der thematischen Analyse deuten darauf hin, dass nicht nur in der
IR-Literatur (vgl. oben), sondern auch in der IR-Praxis die Regulierung als eine
Barriere für den Beziehungsaufbau betrachtet wird. Die Interviewpersonen sehen
damit das Element, das die IR-Funktion in ihrer reinsten Form definiert, und
zwar IR als die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch Bericht-
erstattung, als die bedeutendste Barriere für erweiterte, pro-aktive Maßnahmen
der Beziehungsbildung (z. B. IP 1 [8]; IP #2 [8]). Die interviewten Personen
erleben im Allgemeinen dabei immer mehr Einschränkungen ihrer Handlungs-
spielräume für die Planung und Ausführung von Kommunikationseinsätzen.
Als Hauptursachen für die Einschränkung der Handlungsspielräume durch die
starke Regulierung werden zwei Faktoren erwähnt. Zum einen werden fehlende,
vor allem finanzielle, aber auch menschliche, Ressourcen für freiwillige, nicht-
regulierte Aktivitäten genannt, die eine Voraussetzung für den Beziehungs-
aufbau sind; es kostet viel Geld, „und das ist schwierig“, wie IP #1 ([16]) sagt.
Zum zweiten wird „gefühlte Angst“ (IP #1 [8]) vor eventuellen Verstößen
gegen Regeln als Barriere der für die Beziehungsbildung und -pflege nötigen
Kommunikationsmaßnahmen erwähnt, wie aus folgendem Zitat zu erkennen ist:

Ja, es wird immer anstrengender und mühseliger und [die Regulierung] zerstört
auch viel. […] Weil wir auch eine Datenbank haben, seit 18 Jahren, wann wir wen
getroffen haben und was wir besprochen haben und da hat die Regulierung gerade
im Datenschutz Einschnitte gemacht, gerade auf der Beziehungsebene. Neustens
ist die Regulierung auch wirklich anstrengend. Man muss da als IR-Manager schon
multitalentiert sein in den verschiedenen Bereichen: Zahlen, Kommunikation und in
Zukunft auch sehr viel mehr Jura, um da mithalten zu können, weil wir auch die
kleinsten Vergehen, wenn man seine geplanten Finanzveröffentlichungstermine nicht
publiziert, gibt es hunderttausende von Euro Strafe, nur wenn man es nicht in einem
System eingetragen hat, da reicht die Website nicht aus, wo man es sagt – man will
nichts geheim halten – wenn man es nicht über diesen Kanal gemacht hat, das gibt’s
immer wieder, dann gibt’s hunderttausende von Euro Strafe und das wäre bei uns
eine Gewinnwarnung direkt. Es bezahlt auch keine Versicherung so was und das ist
halt dann auch so eine, kann man fast sagen, gefühlte Angst, dass man da irgendwas
vergisst, falsch macht, zu spät macht, was eigentlich keine große Absicht ist. Immer
wieder diese Angst, ja, hat man das jetzt alles rechtzeitig gemacht. (IP #1 [8])

IP #1 erwähnt eine weitere Folge der starken Regulierung, und zwar, dass sie
gleichzeitig zu einer starken Standardisierung der IR-Kommunikation führen
könnte ([16]); erstens, weil die Regulierung wie schon erwähnt den Handlungs-
spielraum stark begrenzt, und zweitens, weil die Unternehmensführung vieler
Zur Partizipation in der Investor … 163

Unternehmen die Möglichkeit nutzen könnte, nur ihre Pflicht zu erfüllen und
sonstige freiwillige IR-Maßnahmen zu unterlassen, wie aus folgendem Zitat
ersichtlich ist:

Leider ist es oft in der Welt so, dass gefragt wird, was müssen wir machen – das
wird dann auch gemacht – und dann ist es in Zeiten nicht nur von Corona, sondern
auch von cost cutting und allem so, dass man dann gerne die Kürteile weg-
lässt, dann werden die Hauptversammlungen standardisierter, dann werden die
Geschäftsberichte standardisiert und in gewisser Weise auch das Image, die Marke,
standardisiert. (#1 [16])

Auf der einen Seite könnte die Standardisierung der IR-Arbeit durch-
aus als attraktiv betrachtet werden. Standardisierung wird von gesetzlichen
Bestimmungen, Standards wie z. B. International Accounting Standards (IAS),
International Financial Reporting Standards (IFRS) oder dem Bezugsrahmen
für integrierte Unternehmensberichterstattung (Integrated Reporting), und
schließlich von Kodizes wie z. B. dem deutschen Corporate Governance Kodex
vorangetrieben, um die für das Überleben der Finanzmärkte nötigen Bausteine
Transparenz, Vertrauen und Legitimität u. a. durch die Sicherung von wichtigen
und über Unternehmen und Branchen hinweg vergleichbaren Informationen
zu erzielen. Standardisierung könnte vor diesem Hintergrund durchaus einen
guten Ausgangspunkt für die praktische Umsetzung der einen von insgesamt
zwei Grundfunktionen der IR-Kommunikation (vgl. z. B. Ditlevsen 2006,
2012) bilden, die als Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen ent-
sprechenden Bildes bekannt ist. Auf der anderen Seite würde sich eine zu starke
Standardisierung der IR-Kommunikation, wie von IP #1 dargestellt, deswegen
auf die Ausübung der zweiten Subfunktion der IR-Kommunikation, die als die
positive Vermarktung des Unternehmens bezeichnet wird, negativ auswirken,
weil einem Unternehmen damit viel weniger Kommunikationsmaßnahmen zur
Verfügung stehen würden, um sich von anderen vergleichbaren Unternehmen als
besonders attraktives Investitionsobjekt abzuheben.
Bevor wir zum vierten und letzten Themenkomplex „IR-Kommunikation
in Zeiten der Covid-19-Pandemie“ kommen, möchten wir noch kurz
zusammenfassen, welche Einsichten in die Möglichkeiten und Grenzen eines
partizipationsorientierten IR-Ansatzes durch die beiden qualitativen Inter-
views gewonnen werden konnten. Wir haben vor allem erfahren, dass die für
den partizipationsorientierten IR-Ansatz erforderliche Anerkennung der ver-
änderten Rahmenbedingungen der Medien- und Kommunikationslandschaft wie
der Beziehungsbildung in der Praxis gegeben ist. Gleichzeitig wird auch deutlich,
164 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

dass der Ansatz jedoch wenig praktiziert wird, und wenn, dann eher indirekt
dadurch, dass besonders Investor:innen einen Einfluss auf das Informations-
angebot und auch auf Inhalte der Unternehmensstrategie ausüben. Es wurde
auch deutlich, dass besonders die starke Regulierung aus mehreren Gründen
als Hindernis bei der Umsetzung eines stärkeren partizipationsorientierten IR-
Ansatzes in die Praxis gesehen wird, weil sie im Allgemeinen in unterschied-
licher Weise zur Einschränkung der Handlungsspielräume für IR-Praktiker:innen
führt.
Diese erlebte Barriere stimmt mit Bedenken aus der IR-Fachliteratur
überein, die darauf aufmerksam macht, dass, wenn besonders engagierte oder
aktivistische Investor:innen den Dialog mit dem Unternehmen häufiger als andere
Investor:innen suchen, dies zur selektiven Weitergabe von Informationen führen
kann und dies zu einer Privilegierung, was gegen das Gleichbehandlungsprinzip
verstoßen würde (Langenbucher et al. 2022, S. 100).

4.4 IR-Kommunikation in Zeiten der Covid-19-


Pandemie

Kommen wir nun zum vierten Themenkomplex, und zwar zur IR-Kommunikation
in Zeiten der Covid-19-Pandemie. Der Interviewleitfaden enthielt zwar keine
expliziten Fragen zur Lage der IR-Arbeit während der Covid-19-Pandemie,
weil das Augenmerk auf IR-Arbeit im Allgemeinen lag. Im Interview mit IP #1
wird im Gegensatz zum Interview #2 jedoch mehrmals unaufgefordert hervor-
gehoben, wie anders die IR-Arbeit in dieser Periode verlaufe. Die unten wieder-
gegebenen Erfahrungen stammen somit lediglich aus dem Interview mit IP #1.
IP #1 erwähnt an mehreren Stellen, dass es in dieser Periode noch schwieriger
(gewesen) sei, Beziehungen aufzubauen, was auch zu erwarten war, wenn die
fehlenden Möglichkeiten, sich physisch zu treffen, bedacht werden. IP #1 spricht
sogar davon, dass während der Pandemie von „eine[r] andere[n] IR“ zu sprechen
sei (IP #1 [3]), die als „sehr passiv“ ([3]), aber auch re-aktiv zu bezeichnen
sei, indem das IR-Team nicht unterwegs sei, sondern lediglich gestellte Fragen
beantworte. Geplante IR-Aktivitäten wie Roadshows, Konferenzen wurden
„virtuell abzudecken“ versucht ([3]). Auch die gesetzlich erforderliche Hauptver-
sammlung fand während der Pandemie virtuell statt, was aus einer finanziellen
Perspektive weitaus kostengünstiger ist als eine physisch abgehaltene. Aus
einer partizipationsorientierten Perspektive ist interessant, wie IP #1 die nicht
geregelten Teile der traditionellen Hauptversammlung als eine der besten
Möglichkeiten der Beziehungsbildung und -pflege hervorhebt, sich jedoch
Zur Partizipation in der Investor … 165

gleichzeitig die Frage stellt, inwieweit diese Möglichkeit auch virtuell genutzt
werden kann ([16]). Das wird erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar sein.
Eine weitere Änderung der IR-Arbeit zur Zeit der Covid19-Pandemie bezieht
sich auf die Nachfrage nach Informationen im Allgemeinen, die in der Periode
stark gestiegen sei. Vor allem wird der als Kern der IR-Arbeit betrachteten IR-
Website eine noch größere Bedeutung zugeschrieben. Der Seitenabruf der
betreffenden IR-Website habe sich während der Covid-19-Pandemie zum Zeit-
punkt des Interviews vervierfacht ([12]). Dabei – so die Erfahrung von IP #1 –
sei besonders die Nachfrage nach Informationen zur Marktlage und -ent-
wicklung stark gestiegen. Es handele sich dabei um ein Thema, das grundsätz-
lich jederzeit von Interesse sei, weil es als ein wichtiger Teil der Equity Story der
betreffenden Gesellschaft zu sehen sei. Unter Equity Story wird „[d]ie Geschichte
der Errungenschaften eines Unternehmens und des Investitionspotenzials seiner
Aktien [verstanden], die vermittelt wird, um einen Eindruck von seiner Fähig-
keit zu vermitteln, in Zukunft erfolgreich zu sein“ (Ditlevsen 2022: 160). Die
Marktlage und deren Entwicklung ist aber eben auch ein Thema, das sich „durch
Corona noch mal intensiviert“ habe ([4]).
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass IP #1 – wie alle anderen IR-
Kommunikationsverantwortlichen – in Zeiten der Covid-19-Pandemie neue Wege
hat gehen müssen. Wie zu erwarten war, bedient sich IP #1 zum Ausgleich der
fehlenden physischen Präsenz der Video-Treffen und virtueller Konferenzen.
Darüber hinaus hat sich die IR-Website als ein noch stärkeres Medium für die
IR-Kommunikation mit Stakeholder:innen gezeigt. Die gewählten, vorhandenen
Kommunikationsmaßnahmen deuten darauf hin, dass die Beziehungsbildung und
-pflege in der vergangenen Periode gelitten hat.
Eine letzte, für unsere Zwecke besonders interessante Frage ist jedoch,
inwieweit Hauptversammlungen, Roadshows und IR-Konferenzen zukünftig
häufiger virtuell abgehalten werden, um Kosten einzusparen, wie von IP #1
angedeutet wird. Für einen partizipationsorientierten IR-Ansatz würde das eine
große Barriere bedeuten und die schon wenigen Möglichkeiten der Beziehungs-
bildung und -pflege noch stärker beschränken.

5 Fazit und weiterführende Fragestellungen

Zur abschließenden Beantwortung der Forschungsfrage lässt sich festhalten,


dass ein grundlegendes, ähnliches Verständnis von den Möglichkeiten und
Grenzen von Partizipation in der IR-Kommunikation in der Theorie wie in der
Praxis gegeben ist. Unter den Möglichkeiten eines partizipationsorientierten
166 M. G. Ditlevsen und A. G. J. Pedersen

Kommunikationsansatzes in IR ist die grundlegende Einstellung der IR-


Praktiker:innen zu nennen, die die Wichtigkeit von Beziehungsaufbau und
-pflege als eines von zwei Hauptzielen der IR anerkennt. Der direkte Aus-
tausch von Informationen und der Dialog mit den Investor:innen und weiteren
Stakeholder:innen werden dabei als sehr wertvoll angesehen. Die IR-Teams
können dadurch Kontext geben, sodass angesichts des hohen Informationsan-
gebotes ein höheres Maß an Transparenz erreicht werden kann. Weiter erkennen
die IR-Praktiker:innen auch die Nachfrage der Investor:innen und weiterer
Stakeholder:innen nach der Bereitstellung von spezifischen Informationen an,
einschließlich des damit zusammenhängenden externen Drucks auf die IR-Teams,
spezifischen Themen wie Nachhaltigkeit eine höhere Priorität einzuräumen.
Alles in allem handelt es sich somit um Sachverhalte, die das Potenzial für
einen partizipationsorientierten Kommunikationsansatz der IR-Praxis erkennbar
machen, wenn auch das (kritische) Interesse bzw. der Druck von außen manchmal
als „Grillen“ empfunden wird.
Als Grenzen eines partizipationsorientierten Kommunikationsansatzes in
IR werden in den Interviewdaten vor allem die rechtliche Regulierung und
der daraus folgende hohe Ressourcenaufwand hervorgehoben, was zu einer
wesentlichen, erlebten Einschränkung des Handlungsspielraumes für die IR-
Praktiker:innen führt und somit einen negativen Einfluss auf das Potenzial eines
partizipationsorientierten Kommunikationsansatzes der IR-Praxis hat.
Folglich lässt sich aus der Studie schließen, dass Partizipation als Ansatz bzw.
Grundverständnis in der Kommunikation mit Investor:innen im Allgemeinen
zwar bis zu einem gewissen Grad sinnvoll, gewünscht und auch vorhanden ist,
aber nur in begrenztem Umfang praktiziert wird bzw. umgesetzt werden kann.
Wenn dieser Ansatz praktiziert wird, dann eher indirekt, indem der Austausch
mit Investor:innen zu einem angepassten Informationsangebot führen kann.
Als Gründe hierfür werden zum einen die rechtlichen Rahmenbedingungen
angeführt, die die Informationsbereitstellung in Bezug auf Art und Umfang der
Inhalte, Frequenz, Verbreitung u. a. m. weitgehend gestalten, und zum anderen
damit verbundene Ressourcengründe, wie z. B. der Zeitdruck und die Angst vor
potenziellen Verstößen gegen die Regeln.
Während der Covid-19-Pandemie musste, wie die Interviewdaten zeigen,
der Kontakt zwischen Unternehmen und Investor:innen auf nicht-physische
Kanäle umgestellt werden, wodurch die Beziehungsbildung wesentlich erschwert
wurde. Bemerkenswert ist dabei, dass im gleichen Zeitraum die Bedeutung der
IR-Website durch einen intensivierten Zugriff wesentlich zugenommen hat.
Es stellt sich dabei die Frage, ob und gegebenenfalls wie sich die Erfahrungen
aus dem Lockdown und den virtuellen Kommunikationsaktivitäten zukünftig
Zur Partizipation in der Investor … 167

nutzen lassen und wie virtuelle Plattformen die Möglichkeiten der Stakeholder-
partizipation beeinflussen. Im Anschluss daran sind ferner die Unsicherheiten
und die Verletzlichkeit der Geschäftswelt und deren Umfeld weiter im Blick
zu behalten, die durch die Pandemie deutlich geworden sind. Dazu zählen die
Themen, die während der Pandemie besonders nachgefragt worden sind. Es wird
besonders interessant sein, die Entwicklung dieser Bereiche zu verfolgen, weil
sie wahrscheinlich einen Einfluss auf die Menge und Art der Bereitstellung von
Informationen auch in solchen Zeiten haben werden, die vor der Pandemie nicht
als Krisenzeiten erachtet wurden und somit auch einen unmittelbaren Einfluss auf
die IR-Praxis haben werden.
Des Weiteren ergeben sich daraus weitere mögliche Forschungsfragen, etwa
was die Bedeutung von Investor:innen und ihre Investitionen für die weltweite
Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit angeht. Genauso wie Konsumierende
mit ihren Kaufentscheidungen ‚Treiber des Wandels‘ sein können, können auch
Investor:innen mit ihren Investitionsentscheidungen eine entscheidende Rolle für
eine nachhaltige Zukunft spielen.

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Zur Partizipation in der Investor … 171

Marianne Grove Ditlevsen, Dr. (PhD), Associate Professor am Institut für


Kommunikation und Kultur, Aarhus Universität/Dänemark. Promotion 1996 über die
Wirtschaftssprache aus rezeptionsgrammatischer Perspektive. Forschungsschwer-
punkte sind strategische Kommunikation in Organisationen, darunter Investor Relations-
Kommunikation und Unternehmensberichterstattung, und Organisationskommunikation,
darunter organisationale Sozialisation und Onboarding aus einer kritischen
kommunikativen Perspektive.

Anne Grethe Julius Pedersen, Dr. (PhD), Associate Prof., Department of Culture and
Learning, Aalborg University, Dänemark. Promotion 2007 in Sprachwissenschaft an der
Universität Aalborg zu Investor Relations Newsletters als Textsorte. Seit 2007 Forschung
und Lehrtätigkeit in den Bereichen Unternehmenskommunikation und Unternehmens-
führung mit Schwerpunkten in Nachhaltigkeitskommunikation und CSR, Stakeholder-
dialog, Partizipation, Krisenkommunikation, Soziale Medien, Kultur und Globalisierung.
Kommunikationsanwendungen mit Big
Data und KI – technisch fortschrittlich,
aber sozial bedenklich? Eine kritische
Diskussion zum aktuellen Stand
in Forschung und Praxis aus Sicht des
Relationship Marketing

Elisa Landmann, Florian U. Siems und Bui Duc Nguyen

Zusammenfassung

Durch informationstechnologische Weiterentwicklungen in Form von Big


Data, Künstlicher Intelligenz und Predictive Analytics haben sich in den
letzten Jahren für das Marketing und konkret die Kommunikation von Unter-
nehmen oder Organisationen mit ihren Anspruchsgruppen neue Chancen
ergeben. Gleichzeitig mehren sich in jüngerer Zeit auch kritische Stimmen,
die auf sozial und ethisch bedenkliche Aspekte dieser grundsätzlich neutral
konzipierten technischen Systeme hinweisen. So heißt es z. B., einige der
bei den Anwendungen genutzten Algorithmen seien rassistisch oder würden
andere soziale Normen verletzen. Im vorliegenden Beitrag werden genau diese

E. Landmann (*) · F. U. Siems


TU Dresden, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Professur für BWL, insb. Marketing,
Dresden, Deutschland
E-Mail: elisa.landmann@tu-dresden.de
F. U. Siems
E-Mail: florian.siems@tu-dresden.de
B. D. Nguyen
AOK Plus, Dresden, Deutschland
E-Mail: buiduc.nguyen@plus.aok.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 173


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_8
174 E. Landmann et al.

Gefahren nach einem kurzen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung
aufgezeigt und Implikationen für Wissenschaft und Praxis abgeleitet.

Schlüsselwörter

Big Data · Künstliche Intelligenz · Predictive Analytics · Soziale Normen ·


Ethik

1 Problemstellung: Big Data, Künstliche


Intelligenz und Predictive Analytics als soziale
Herausforderung

In den letzten 20 Jahren haben zunehmend neue Kommunikationsformen und


-technologien in der Wirtschaft an Bedeutung gewonnen, die zum einen auf Daten
basieren und gleichzeitig zum anderen selbst große Datenmengen produzieren
(Engels und Goecke 2019, S. 5). Vor diesem Hintergrund rücken Themengebiete
und Fragestellungen mit Bezug zu Big Data und Künstlicher Intelligenz (KI) und
konkret auch spezielle Vorhersage- und Entscheidungsunterstützungssysteme
wie Predictive Analytics (PA) insbesondere im Marketing und für die Marketing-
kommunikation verstärkt in den Fokus (Richter et al. 2019, S. 42 ff.).
Gleichzeitig mehren sich in jüngerer Zeit auch kritische Stimmen, die
auf sozial und ethisch bedenkliche Aspekte dieser grundsätzlich neutral
konzipierten technischen Systeme hinweisen. So heißt es z. B., einige der bei
den Anwendungen genutzten Algorithmen seien rassistisch oder würden andere
soziale Normen – z. B. Persönlichkeitsrechte – verletzen (Wirtz et al. 2019,
S. 604 f.). Dabei entsteht z. B. auch ein Widerspruch bei Anwendungen des
Relationship Marketing (vgl. z. B. Bruhn 2016) dahingehend, dass dieses einer-
seits auf Vertrauen der Kund:innen abzielt, andererseits aber gerade durch daten-
basierte Kommunikationsansätze gegebenenfalls Misstrauen auslöst oder ein
verletztes Vertrauensverhältnis bei Kund:innen aufkommt.
Vor dem Hintergrund des durch die COVID-19-Pandemie in fast allen
Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft erfolgten Digitalisierungsschubs
(Büscher et al. 2020) und einem damit verbundenen vermutlichen weiteren
deutlichen Bedeutungszuwachs von (digitalen) Daten und entsprechenden
Informations- und Kommunikationstechnologien hat die gesamte Thematik –
inklusive ihrer möglichen Problematik – in jüngster Zeit nochmal an Bedeutung
gewonnen.
Kommunikationsanwendungen mit Big Data … 175

Hier setzt der vorliegende Beitrag an. Aufgezeigt werden soll ein aktueller
Stand dazu, wo soziale Gefahren von Big Data und folglich verknüpften
Anwendungen der KI bestehen und welche Implikationen sich daraus für eine
hierauf basierende Kommunikation von Unternehmen und ein auch auf sozial
verantwortliches Verhalten von Unternehmen achtendes (Relationship) Marketing
ergeben.

2 Begriff und theoretischer Hintergrund von Big


Data, Künstlicher Intelligenz und Predictive
Analytics

2.1 Big Data

Um den Begriff Big Data und konkret das big zu definieren, werden in der
bestehenden Literatur heute oft die sogenannten „V-Eigenschaften“ herangezogen
(vgl. z. B. Dorschel und Dorschel 2015, S. 7; Fasel und Meier 2016, S. 6;
Schüller 2018, S. 115; Engels und Goecke 2019, S. 7 f.), die Engels und Goecke
(2019, S. 7) folgend vor allem auf Laney (2001) zurückgehen:

• volume,
• variety,
• velocity.

Hinsichtlich des Ansatzes, big (data) über volume, also die Quantität der Daten
zu messen, besteht das Problem darin, dass sich hier nicht sinnvoll eine exakte
Zahlenangabe – z. B. in Byte – nennen lässt, da sich die Dimensionen ständig
verändern (Engels und Goecke 2019, S. 7 f.). Oft wird dabei in der Literatur das
Mooreʼsche Gesetz (1965) zitiert, das heute als Verdoppelung der Rechenleistung
innerhalb von 12–24 bzw. 18 Monaten interpretierbar ist (Dorschel und Dorschel
2015, S. 7), was wiederum eng in Verbindung zu einer Studie zur Verdoppelung
des weltweit vorhandenen Datenvolumens ca. alle zwei Jahre zu sehen ist
(Rudolph und Linzmajer 2014, S. 13 nach Dorschel und Dorschel 2015, S. 7).
Entsprechend ergibtt es mehr Sinn, statt Bytes o. ä. andere, weichere
Indikatoren, die zeitpunktunabhängig gelten, zu verwenden. Insbesondere
Engels und Goecke (2019, S. 7 f.) folgend, ist ein geeigneter Indikator demnach,
ob eine Verarbeitung mit herkömmlichen Methoden bzw. technologischen
Standards nicht mehr oder nur noch mit verteilten IT-Systemen möglich ist.
176 E. Landmann et al.

Die aufgezeigte Nicht-Messbarkeit über Bytes bei volume verdeutlicht die


Notwendigkeit, dass es neben volume eben auch noch weiterer Aspekte bedarf,
um Big Data zu definieren: Auch unabhängig vom Zeitpunkt ist ein Byte nicht
immer nur ein Byte, weil z. B. technische Daten hinsichtlich der Verarbeitung
ganz andere Herausforderungen mit sich bringen können als Daten in einer Daten-
bank (Dorschel und Dorschel 2015, S. 7 f.). Hier setzt das nächste Merkmal an,
variety. Data variety bedeutet Heterogenität bzw. Vielfalt an Daten; so kann es,
wie gerade erwähnt, ganz unterschiedliche Datenformate geben – z. B. Zahlen,
Texte, Bilder, Ton usw. – die oft nicht oder zumindest nicht direkt zusammen
auswertbar sind (Dorschel und Dorschel 2015, S. 8; Fasel und Meier 2016, S. 6;
Engels und Goecke 2019, S. 7 f.). Gerade hierin liegt nicht nur ein Merkmal,
sondern auch eine Aufgabe von Big Data im Managementsinne, nämlich eben
solche unstrukturierten Daten zu strukturieren bzw. Zusammenhänge zu erkennen
und Informationen daraus zu generieren (Dorschel und Dorschel 2015, S. 8).
Das dritte ,klassischeʻ V-Merkmal von Big Data ist velocity, also
Geschwindigkeit. Worauf genau sich eben diese Ausprägung bezieht, dazu gibt
es – u. a. Dorschel und Dorschel (2015, S. 7 f.) folgend – verschiedene Auf-
fassungen:

• Geschwindigkeit des Entstehens von Daten,


• Geschwindigkeit, mit der Daten produziert und verändert werden müssen,
• Verarbeitungsgeschwindigkeit von IT-Systemen.

Der Bezug zu volume vorher ist erkennbar (Dorschel und Dorschel 2015, S. 7 f.)
und entsprechend die Interpretation von Engels und Goecke (2019, S. 8) sehr
nachvollziehbar, dass es bei Daten für eine Klassifikation als Big Data spricht,
wenn diese mit so hoher Geschwindigkeit erzeugt werden, dass sie dadurch
unter Umständen nicht komplett gespeichert werden können bzw. eine komplette
Speicherung eine besondere Herausforderung darstellt.
Erwähnt sei noch – ohne hier weiter ins Detail zu gehen – dass die V-Eigen-
schaften diverse Erweiterungen erfahren haben, u. a. in Form von (vgl. z. B.
Firican 2017; Engels und Goecke 2019, S. 7 f.):

• data veracity/validity (Richtigkeit der Daten),


• data value (Wertigkeit der Daten),
• data visualization (Darstellung der Daten),
• data variability (Veränderbarkeit der Daten),
Kommunikationsanwendungen mit Big Data … 177

• data vulnerability (Anfälligkeit der Daten im Sinne von Sicherheitsaspekten),


• data volatility (Unbeständigkeit der Daten).

Ein weiteres Merkmal, das einen grundlegenden Unterschied von Big Data zu
klassischer (quantitativer) Marktforschung darstellt, ist das bei Big Data nicht
als zwingend vorausgesetzte Vorhandensein von Untersuchungshypothesen
vor der Datenanalyse (vgl. z. B. Mainzer 2014, S. 699). Hier liegt zweifelsohne
eine besondere Chance, auch losgelöst von bestehenden Theorien, Strukturen
in Daten entdecken und entsprechende neue Schlussfolgerungen ziehen zu
können (ebd.). Gleichzeitig besteht gerade hier aber natürlich auch das Risiko
von Fehlinterpretationen, insbesondere, wenn fälschlicherweise eine Unter-
stellung von Kausalitäten aufgrund von Korrelationen erfolgt (Theobald und Föhl
2015, S. 121). Dieses Merkmal verdeutlicht auch, wie alt Big Data eigent-
lich ist: Bereits die Babylonier nutzten Datenverknüpfungen dahingehend, dass
Wirtschafts- und Ernteergebnisse ebenso wie astronomische Ereignisse und
Planetenkonstellationen auf Tontafeln erfasst und daraus Zusammenhänge
abgleitet wurden – ohne den Anspruch, die tatsächliche Kausalität dahinter zu
erklären (Mainzer 2014, S. 697 f.). Zusätzlich wird medial vielmals das Bild
verbreitet, Big-Data-Grundlagen seien objektiv und vollständig (Lupton 2015;
Hannah-Moffat 2019).
Die Merkmale von Big Data stehen dabei in engem Zusammenhang mit den
aktuellen Herausforderungen, denen sich das Themenfeld gegenübersieht. Der
systematischen Darstellung hierzu bei Theobald und Föhl (2015, S. 118 ff.)
folgend, sind neben den bereits genannten Aspekten u. a. die Problematik der
Ausdrucksvarianz bei vielen digitalen Materialien (u. a. in Form von Synonymen,
Homonymen, Dialekten, Fehlschreibweisen, Humor, Ironie, Theobald und Föhl
2015, S. 118 f.), die Interpretation multimedialer Daten (die unterschied-
liche Methoden für Bild-, Text-, Ton- und Videoanalysen erfordert und die Ver-
knüpfung von Daten nochmal komplexer macht, Theobald und Föhl 2015, S. 120)
sowie die Kontextabhängigkeit und der Vergangenheitsbezug von Daten (was
insbesondere bei Strukturbrüchen und Disruptionen die Eignung der Daten für
Vorhersagen sehr einschränkt, Theobald und Föhl 2015, S. 120 f.) zu nennen.
Obgleich Daten die Grundlage vieler wissenschaftlicher Ansätze bilden, sind
diese nicht immer automatisch ohne Verzerrungen zu betrachten (Ford et al.
2018).
Eine weitere besondere Herausforderung ist die Verknüpfung von Big Data
mit künstlicher Intelligenz.
178 E. Landmann et al.

2.2 Künstliche Intelligenz (und Smart Data)

Mittlerweile oft in Zusammenhang mit Big Data findet in der aktuellen Dis-
kussion das Themenfeld Künstliche Intelligenz (KI; international AI für artificial
intelligence) Beachtung. KI ist dabei keineswegs eine neue Erscheinung,
sondern wird schon relativ lange – z. B. bei Schachcomputern – eingesetzt
(Engels und Goecke 2019, S. 10) und erlangt in verschiedensten Bereichen
zunehmend Relevanz (Boyd und Wilson 2017).
Einige Autoren (u. a. auch die bereits mehrfach erwähnten Engels und Goecke
2019) sehen eine Abgrenzung zwischen Big Data und KI darin, dass bei Big Data
Datenformen – eben z. B. in Form der erwähnten V-Eigenschaften – im Vorder-
grund der Betrachtungen stehen, während es bei KI Algorithmen sind. Auf dieser
Grundlage ziehen sie den Schluss:

Big Data ist eine Voraussetzung für künstliche Intelligenz; aber künstliche
Intelligenz ist keine Voraussetzung für Big Data. Big Data kann demnach ohne KI
existieren. Für gute Ergebnisse im Sinne ausreichender Datenmengen zum Lernen
kommt KI aber nicht ohne Big Data aus. (Engels und Goecke 2019, S. 9)

Einem weiter gefassten (und dem vorliegenden Beitrag im Folgenden zu Grunde


gelegten) Verständnis folgend, kann Big Data aber neben der Quellenauswahl
und Bewertung auch die Datenaufbereitung und -analysen – und damit auch
Algorithmen – beinhalten (Theobald und Föhl 2015), womit es möglich ist, KI
als Teil von Big Data zu verstehen. KI kann es folglich aber auch ohne Big Data
geben, was dann eine andere Schlussfolgerung zulässt: KI kann, muss aber nicht
auf Big Data zurückgreifen, d. h. es ist möglich, dass das eine ohne das andere
existiert, auch wenn beides natürlich zusammen auftreten kann und (in der
Zukunft voraussichtlich: verstärkt auftreten) wird.
Ähnlich wie zu KI verhält es sich mit der Abgrenzung von Big Data zu
dem heute oft auch verwendeten Begriff Smart Data: Smart zielt auf den vor-
her als mögliche Erweiterung der Vs erwähnten value ab, stellt also den (öko-
nomischen) Nutzen des Anwenders von Big Data besonders in den Vordergrund
(Engels und Goecke 2019, S. 5), was z. B. durch eine Auswahl und/oder Auf-
bereitung (Theobald und Föhl 2015, S. 115) und konkret eine Strukturierung von
Daten erfolgen kann (Hoffmann 2019). Hier wird zur Abgrenzung also wieder bei
einem engen Big Data-Verständnis angesetzt (Big Data = unstrukturierte Daten) –
bei einem weiter gefassten Begriffsverständnis von Big Data, das diese Schritte
mit beinhaltet, wird diese Unterscheidung überflüssig. Man könnte folglich
sagen: Bei richtiger Verarbeitung und Nutzung von Big Data wird eben dieses zu
Kommunikationsanwendungen mit Big Data … 179

Smart Data (Theobald und Föhl 2015), bei einem weiter gefassten Verständnis ist
diese Unterteilung jedoch überflüssig.

2.3 Predictive Analytics

Eine Anwendung, die die Nutzungsmöglichkeiten von Big Data zusammen mit
KI insbesondere für das Marketing und u. a. für die Kommunikation von Unter-
nehmen und Organisationen besonders verdeutlicht, ist Predictive Analytics (PA).
PA versucht – wie die klassische Marktforschung auch – Vorhersagen über das
Verhalten von Zielgruppen zu erstellen, nutzt dabei aber explizit Big Data und
Ansätze der KI (Martin 2015; Mauerer 2021). Dass die Grenzen dabei durchaus
fließend sein können und nach heutigem Verständnis Big Data und PA die Markt-
forschung nicht ersetzen, sondern symbiotisch ergänzen (Gottstein 2017), sei in
diesem Zusammenhang am Rande erwähnt.
Im Marketing wird mittels PA versucht, aufgrund von bisherigem Kaufver-
halten zukünftiges vorherzusagen und den Kund:innen entsprechend ,passendeʻ
Produkte und/oder die zugehörige ,passendeʻ Kommunikation anzubieten. Hier
gibt es eine Geschichte, die sich in verschiedenen Versionen in der Literatur
und auch im Internet findet und entsprechend hinsichtlich ihres Wahrheits-
gehaltes im Detail zumindest kritisch zu hinterfragen ist und die auch weitere
Fragen bezüglich Repräsentativität und statistischen Fehlern aufwirft (Schüller
2018, S. 113 ff.). Allerdings verdeutlicht sie so gut die Grundidee von PA, dass
sie hier in Kurzform – der Version von Schüller (2018, S. 113) folgend – dar-
gestellt sei: In den USA kaufte eine junge Frau regelmäßig im selben Supermarkt
ein, über eine Kundenkarte wurden die Einkaufsdaten erfasst – und erhielt eines
Tages einen Rabatt-Gutschein für Produkte für schwangere Frauen. Der Vater
der jungen Frau protestierte dagegen beim Filialleiter, weil er dachte man wolle
so junge Frauen zur Schwangerschaft verführen. Es war jedoch genau anders-
herum: Die junge Frau war tatsächlich schwanger, und der Algorithmus hatte
dies herausgefunden, angeblich, weil schwangere Frauen (unbewusst) bestimmte
Kombinationen von Produkten kaufen.
Das Beispiel zeigt die Potenziale der neuen technischen Methoden, und die
Anwendungsfelder erweitern sich stetig. Hinsichtlich seiner Kund:innen nutzt
z. B. Netflix schon seit mehreren Jahren einen Algorithmus, der basierend auf
dem bisherigen Nutzer:innenverhalten Nutzer:innen in Segmente einordnet
und diesen dann spezielle Trailer – für das Segment passend – für neue Filme
und Serien zeigt (Meyer 2018). Die Anwendungsmöglichkeiten haben aber
längst auch andere Bereiche als nur Endverbraucher:innen und deren „digitale
180 E. Landmann et al.

Customer Journey“ (Günther 2019) erreicht: So zeigen z. B. Stockinger et al.


(2016) auf, wie Big Data zur Identifikation und Vorhersage von Störungen
und Fehlern von technischen Komponenten bei Flugzeugen genutzt werden
kann. Hier sei ein weiteres Beispiel angeführt: Der Bio-Informatiker Thomas
Thurnherr von der ETH nutzt Big Data und Algorithmen für die Krebsforschung
(Thurnherr und Kühni 2016).
Ein weiteres Beispiel für eine Anwendungsform in einem nochmal ganz
anderen Bereich ist das Predictive Policing, das vielen Menschen u. a. aus dem
Film Minority Report (aus dem Jahr 2002) von Steven Spielberg mit Tom Cruise
in der Hauptrolle bekannt ist, nämlich den Versuch, Straftaten auf der Basis des
Profils potenzieller Täter:innen vorherzusagen: Was damals Fiktion war, wird
heute zunehmend Realität (Mauerer 2021). (Mögliche) Anwendungsfelder von
Big Data, KI und PA betreffen folglich verstärkt nicht nur Unternehmen, sondern
die gesamte Gesellschaft (Politik, Technik, Gesundheit, Justiz, …). Spätestens
hier stellst sich die Frage nach ethisch-moralischen Grenzen dieser neuen Ansätze
und der Notwendigkeit einer übergreifenden Perspektive, die auch dies mit ein-
bezieht.

2.4 Übergreifende Perspektiven von Big Data und


damit verbunden KI sowie Predictive Analytics

Big Data und damit verbunden KI sowie PA können nach heutigem Erkenntnis-
stand aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden (Dorschel und Dorschel
2015, S. 8 ff.):

• Technische Sicht: Aus technischer Sicht geht es bei Big Data um Hardware,
Software und Methoden, die zur Verarbeitung und Analyse großer Mengen
unstrukturierter Daten genutzt werden können und damit verbundene Frage-
stellungen wie z. B. die Entwicklung, Installation, Durchführung und
Beschleunigung von entsprechenden technischen Prozessen.
• Ökonomische Sicht: Aus ökonomischer Sicht versucht Big Data, Daten als
Ressource zu nutzen, u. a. um bessere und schnellere Entscheidungen zu
treffen.
• Gesellschafts- und rechtspolitische Sicht: Aus dieser Perspektive steht die
Frage im Vordergrund, was Big Data an Nutzen, Akzeptanz, Reaktanz und
Gefahren für die Gesellschaft und den Staat mit sich bringt und in welchem
Kontext hier Normen, Gesetze und insbesondere auch der Datenschutz von
Relevanz sind.
Kommunikationsanwendungen mit Big Data … 181

In den bisherigen Ausführungen wurden im vorliegenden Beitrag insbesondere


die technischen und ökonomischen Möglichkeiten aufgezeigt, die Big Data
und damit verbunden KI und PA bieten. Der letzte Punkt, die gesellschafts- und
rechtspolitische Sicht, wurde in den bisherigen Betrachtungen vernachlässigt.
Gerade das heute in vielen Unternehmen und Organisationen etablierte und
bewährte Relationship Marketing besagt, dass die beiden letzteren Punkte nicht
getrennt werden sollten: Relationship Marketing zielt darauf ab, dass Unter-
nehmen und Organisationen langfristige Beziehungen zu ihren Anspruchs-
gruppen, insbesondere ihren Kund:innen, aufbauen (Bruhn 2016, S. 12), was u. a.
Vertrauen und ethischen Normen angepasstes Verhalten voraussetzt (vgl. z. B.
Morgan und Hunt 1994; Crosby 2016). Hier setzt der folgende Abschnitt an.

3 Gefahren von Big Data, KI und PA hinsichtlich


Normen und Vertrauen

3.1 Verletzte Normen

3.1.1 Rassismus
Ein in Zusammenhang mit Big Data und Rassismus oft angebrachtes Bei-
spiel ist Googles Gesichtserkennungssoftware, welche people of color (POC)
als Gorillas klassifizierte (Jones 2020). Dabei ist es essentiell anzumerken, dass
nicht die KI selbst rassistisch handelte, sondern diese Handlungsstränge durch
die Menschen, welche die Algorithmen schreiben und die durch ihre Methoden
und Anlernprozesse den eigenen – u. U. unbewussten – Rassismus reproduzieren
und damit Ungleichheiten normalisieren (Daniels 2015; Gillborn et al. 2018), ein-
gearbeitet werden. Oftmals wurde z. B. bei einer solchen Erkennungssoftware
europäische Haut als Standardeinstellung vorgenommen, weshalb es, kombiniert
mit veralteten einseitigen Datensätzen, zu Fehlerkennungen kam (Daniels 2015;
Gillborn et al. 2018; Metcalf und Crawford 2016; Constanza-Chock 2020;
Nikunen 2021).
Ein weiteres Beispiel für Rassismus, welcher u. a. durch Big Data ausgelöst
wurde, liefert COMPAS. Dabei handelt es sich um ein System, mit welchem die
Wahrscheinlichkeit analysiert wurde, dass inhaftierte oder verurteilte Personen,
bei welchen über eine frühzeitige Entlassung verhandelt wurde, erneut rück-
fällig werden. Studien zeigten dabei, dass das System POC doppelt so oft als
potenzielle Wiederholungstäter:innen einstufte. Auch hier zehrte die Datenbasis
aus einem Satz, welcher vorrangig weiße Männer inkludierte und POC auto-
matisch als höhere Risikogruppe einstufte (Hannah-Moffat 2019).
182 E. Landmann et al.

Auf der Suche nach Gründen für diesen Rassismus und zur Vermeidung
desselben sollte folglich insbesondere die Datenbasis betrachtet werden – die
Gewichtung innerhalb der Big Data-Menge verschiedenster Aspekte von Identi-
tät, Ethnizität und weiteren Aspekten (besonders mit Blick auf marginalisierte
Gruppen) muss ausgewogen divers sein, um den Systemen die Grundvoraus-
setzungen zu geben, fundierte Aussagen zu treffen. Daher ist es besonders für
Forscher:innen essentiell, diese vorsichtig zu betrachten und nicht als fehlerfrei
und objektiv zu übernehmen (Ford et al. 2018; Gillborn et al. 2018; Nikunen
2021). Mixed Methods bzw. das Einbeziehen von qualitativen Daten können hier
auch einen wichtigen Beitrag leisten (Chakravartty et al. 2018; Nikunen 2021).

3.1.2 Diskriminierung
Durch die Vorauswahl und Selektion von Daten mittels Big Data-Datensätzen
entfällt oft ein Kommunikationsblock, der sonst zwischen Kund:innen und
Unternehmen stattgefunden hätte. Durch das Outsouring an digitale/technische
Systeme, welche nur nach bestimmten, zuvor eingearbeiteten Kriterien bewerten,
können große strukturelle Asymmetrien entstehen. D. h. Unternehmen, welche
große Datensätze erwerben können, erhalten mehr Macht, indem sie Einzel-
personen beobachten und kategorisieren können. Ein Beispiel liefern Ver-
sicherungsunternehmen, welche aufgrund der Datengrundlage Risiken nicht mehr
auf eine große Gruppe verteilen, sondern eben jene aussondern, die laut Daten-
analyse für das Unternehmen wenig profitabel sind (Winter 2016).
Durch eine solche Kategorisierung, welche nur auf Daten basiert, ent-
stehen aber auch Fehler, die ohne eine genauere Interpretation seitens eines/r
Mitarbeiter:in oder die fehlende Kommunikation und somit auch Bindung zum/r
Kund:in entstehen können.
Eine starke Normverletzung hinsichtlich der Diskriminierung wird
durch einen sich verstärkenden bzw. mindestens reproduzierten Gendergap
repräsentiert, was am Beispiel von HR-Departments anzuführen ist. Der Posting-
Algorithmus von Google Ads, dem Werbesystem des Unternehmens Google,
zeigte beispielsweise Werbung für Managementpositionen (und ähnliches) signi-
fikant öfter bei Personen an, deren Browserprofil eher einem Mann als einer
Frau zuzuordnen war (Datta et al. 2015). Weiterhin entscheiden Algorithmen
oftmals in einer eher maskulinen, rationalen subjektfreien Objektivität. Ent-
sprechend wird bei der Performancebewertung von Mitarbeiter:innen emotionale
Intelligenz vernachlässigt und verstärkt auf einen rein quantitativen Output
geachtet (Prietl 2019). Folglich werden vermehrt Personen gefördert, welche
auch im Job den eher maskulin geprägten Entscheidungsprozessen folgen. Hier-
bei schließt sich auch der Kreis erneut zu den Google Ads-Anzeigen, welche
Kommunikationsanwendungen mit Big Data … 183

Managementpositionen vermehrt bei männlichen Datenprofilen schalten. Durch


solche Datenentscheidungsprozesse werden bestehende Gendergaps weiter
gefördert, ähnlich den zuvor angemerkten rassistischen Mustern.

3.2 Vertrauen und soziale Akzeptanz

Wie bereits erwähnt, haben Algorithmen im Allgemeinen einen großen Einfluss


auf unser Leben (De Laat 2018) – vom Vorschlag bestimmter Netflixserien, die
Abonnent:innen gefallen könnten, über die Kalkulation von Versicherungs-
prämien hin zu Entscheidungen über vorzeitige Haftentlassungen – daher
sind Aspekte wie die soziale Akzeptanz und auch das den Systemen entgegen-
gebrachte Vertrauen fragil und risikobehaftet.
Bei Betrachtung der sozialen Komponente ist oft von AI Anxiety die Rede
– der Sorge um die Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz und dem
Kontrollverlust der Menschen über eben diese (Johnson und Verdicchio 2017).
Wie auch bereits bezüglich des Rassismus festgestellt, muss die AI Anxiety nicht
gegen die Systeme selbst, sondern auf die dahinterstehenden Personen gerichtet
werden, welche für die Codes, die Einsatzorte oder Entscheidungen darüber,
wann genug Tests mit den neuen Systemen durchgeführt wurden, zuständig sind
(ebd.).
Das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Systeme kann beispielsweise schon
dadurch negativ beeinflusst werden, dass Kund:innen z. T. unterschiedliche
Ergebnisse geliefert bekommen (De Laat 2018), obwohl sie – auf inhaltlich ähn-
lichen Internetseiten – die gleichen persönlichen Daten angeben. Diese Output-
unstetigkeit mit nicht sichtbarer Begründung kann das Vertrauen in die Systeme
minimieren.
Weiterhin beeinflussend wirken können Fälle der Datenmanipulation (De Laat
2018; Hannah-Moffat 2019). Suchen Kund:innen z. B. online nach Restaurant-
empfehlungen und verlassen sich hier grundlegend auf das Feedback anderer,
merken jedoch, dass die Kommentare z. B. von den Restaurantbetreibern selbst
stammen oder für das Erscheinen bei der Suche nach „sehr gute Restaurants“
dafür gezahlt wurde, kann dies als Manipulation wahrgenommen werden und
das Vertrauen in die Betreiber:innen gegebenenfalls erheblich reduzieren. Ver-
stärkt wird dies möglicherweise noch durch den Gedanken, dass einige Daten-
sätze öffentlich zugänglich sind und somit durch Dritte manipuliert werden
können (Luk et al. 2021). Hieraus folgen gegebenenfalls weiterhin Bedenken in
Richtung des Eingriffs in die Privatsphäre, indem Daten ohne Zustimmung für
kommerzielle Zwecke oder andere unbeabsichtigte Anwendungen genutzt werden
184 E. Landmann et al.

(Metcalf und Crawford 2016; McDermott 2017) oder durch die Sammlung einer
Vielzahl von Daten Rückschlüsse auf die Person ermöglicht werden und somit
die Anonymität entfällt, hin zu einem Gefühl der Big Brother-Überwachung
(Winter 2016).
Eine weitere mögliche, hinter mangelndem Vertrauen und geringer Akzeptanz
stehende Ursache liegt in der fehlenden Transparenz und dem Verständnis für
technische Systeme, welche auf Big Data, PA und weiteren basieren. Sie werden
oft als eine black box empfunden (De Laat 2018; Hannah-Moffat 2019; Luk et al.
2021), in welche Daten eingespeist werden, auf unbekannte Art und Weise ver-
arbeitet werden und die dann ein Ergebnis ausgibt. Da Kund:innen meist schon
nicht wissen, welche Datengrundlage genutzt wird bzw. wie repräsentativ diese
ist (De Laat 2018) und noch weniger verstehen, wie die Systeme arbeiten, können
sie oft nicht nachvollziehen, wie bestimmte Ergebnisse zustande kommen (Luk
et al. 2021; Burke et al. 2019; Mittelstadt et al. 2016). Zusätzlich ist eine solche
Datengrundlage ständigen Anpassungen und Veränderungen unterlegen, was
die Systeme und das Verständnis sowie die Akzeptanz eben dieser komplexer
gestaltet (Danaher et al. 2017).

4 Fazit und Ausblick

Big Data, Künstliche Intelligenz sowie Predictive Analytics gelten immer mehr
als das „neue Gold“ (Wagner 2018), und mit voranschreitender Digitalisierung
sowie einer steigenden Etablierung der genannten Systeme wächst auch deren
Einfluss nicht nur auf die Arbeitswelt und Wirtschaft, sondern auch und ins-
besondere auf die Gesellschaft (Castro und New 2016; Boyd und Wilson 2017).
Weiterhin eröffnen sich u. a. durch die Schnelligkeit und Zielgerichtetheit
besondere Verbesserungsmöglichkeiten für die Kommunikation von Unternehmen
und Organisationen mit ihren Anspruchsgruppen. Dadurch kann Zufriedenheit,
Loyalität und schlussendlich eine langfristige Beziehung zwischen Unternehmen
und Kund:in entstehen.
Dennoch sind diese digitalen Neuerungen nicht fehlerfrei und – wie an ver-
schiedenen Beispielen aufgezeigt werden konnte – nicht immer sozial verträglich.
Die in Kap. 2 erwähnten aktuellen Herausforderungen wie z. B. noch in vielen
Applikationen vorhandene Fehlklassifikationen, z. B. aufgrund von Sprachformen
wie Ironie, können dabei die in Kap. 3 aufgezeigten Probleme noch verstärken.
Daher ist auch Vorsicht mit dem Datenumgang geboten. Um Bedenken seitens
der Kund:innen abzubauen, sollte die Kommunikation über die gesammelten
und verwendeten Daten so transparent wie möglich geschehen. Auch sollte eine
Kommunikationsanwendungen mit Big Data … 185

offene Kommunikation und somit Aufklärung Richtung Erwartungsmanagement


verstärkt werden, um Enttäuschungen oder Fehlkommunikation zu vermeiden.
Auch wenn Daten und wissenschaftliche Analysen eine gewisse Reliabili-
tät genießen, so sind sie nicht fehlerfrei (Ford et al. 2018). Daher ist es für die
Wissenschaft essentiell, auf diverse Datensätze zu achten sowie bestehende
Zahlen nicht als hard facts anzusehen, sondern Interpretationen zuzulassen und
im Optimalfall auch qualitative Betrachtungen zu berücksichtigen.
Insbesondere ein Relationship Marketing, das wie vorher erwähnt auf lang-
fristige Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Anspruchsgruppen – und
damit insbesondere auch auf das Vertrauen und die Sympathie derselben – setzt
(vgl. z. B. Bruhn 2016; Morgan und Hunt 1996; Crosby 2016), zeigt ganz klar,
dass hier entsprechende Vorsicht wichtig ist. Mit dem vorliegenden Beitrag ist die
Hoffnung verbunden, hierzu Anregungen gegeben zu haben.

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Elisa Landmann, Dipl.-Wi.-Ing., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur


für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing an der Technischen Universität
Dresden. Im Voraus absolvierte sie an eben jener Universität das Studium zur Wirtschafts-
ingenieurin. Ihr aktueller Forschungsschwerpunkt ist das Relationship Marketing und dabei
insbesondere die Betrachtung von technischen Neuerungen und Anwendungen in B2C
Bereich und damit einhergehenden Emotionen.

Florian U. Siems, Prof. Dr., ist seit 1.12.2013 Inhaber der Professur für Betriebswirt-
schaftslehre, insbesondere Marketing an der Technischen Universität Dresden. Vorherige
berufliche Stationen waren u. a. die RWTH Aachen University, die Fachhochschule Salz-
burg, die TU München sowie die Universität Basel. Neben seinen Tätigkeiten an Hoch-
schulen war und ist Florian Siems auch in der Praxis aktiv, u. a. als Consultant und Coach.
Sein Forschungsschwerpunkt ist das Relationship Marketing.

Bui Duc Nguyen, M. Sc., war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für
Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing an der Technischen Universität Dresden.
Zuvor erlangte er einen Master of Science mit den Schwerpunkten Controlling, Marketing
und Logistik an der Otto-Friedrich Universität in Bamberg. Heute ist er Mitarbeiter im
strategischen Produktmanagement bei der AOK PLUS in Dresden.
Fußballerisches soziales Engagement
oder redwashing? Framing von CSR-
Kommunikation in der Bundesliga

Martin Nielsen

Zusammenfassung

Dass sich privatwirtschaftliche Unternehmen nicht mehr ausschließlich auf


die Gewinnmaximierung konzentrieren können, sondern auch andere Stake-
holder als die Anteilseigner berücksichtigen und auch andere Zielsetzungen
als die wirtschaftlichen verfolgen müssen, dürfte unstrittig sein (Galbreath,
2009). Das Bestreben, soziale Verantwortung zu entfalten, zu praktizieren
und zu kommunizieren beschränkt sich dabei nicht nur auf klassische Wirt-
schaftsunternehmen; auch Organisationen wie Fußballvereine demonstrieren
teilweise ostentativ soziales Engagement durch vielfältige Initiativen, Projekte
und Kooperationen. Dies lässt sich zwar einerseits möglicherweise auf
mannschaftssportbezogene Grundwerte wie Gemeinschaft, Unterstützung,
Zusammenhalt oder etwa Solidarität zurückführen; andererseits aber scheint
es, als müssten sich manche dieser Vereine vor dem Hintergrund ihrer hohen
Einnahmen aus Ticketverkauf, Transfers, Merchandise und TV-Rechten sowie
im Lichte ihrer spektakulär verdienenden Spieler den übrigen Anspruchs-
gruppen gegenüber, allen voran den Fans, rechtfertigen. In dem vorliegenden
Beitrag werden deshalb die Vereine der ersten deutschen Fußballbundesliga
darauf hin untersucht, in welcher Form sie soziale Initiativen, Projekte
und Kooperationen auf ihrer jeweiligen Vereins- bzw. Unternehmensweb-
site publik machen und damit diese soziale Verantwortung ausdrücken bzw.

M. Nielsen (*)
Institut für Kommunikation und Kultur, Universität Aarhus, Aarhus C, Dänemark
E-Mail: mn@cc.au.dk

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 189


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_9
190 M. Nielsen

inszenieren. Diese Inszenierung von sozialer Verantwortung soll dabei auch


kritisch beleuchtet werden in Bezug auf die Widersprüchlichkeiten, die sich
aus den komplexen Konstellationen von Anspruchsgruppen (Vereinsführung,
Sponsoren, Fans, Spieler), Interessen (sportlicher Erfolg, wirtschaftlicher
Erfolg), Identitätspositionen (wertekonformes Verhalten), gesellschaftlichen
Anforderungen (Sozialverträglichkeit, Berücksichtigung von Minori-
täten und Benachteiligten) und medialem Druck (Transparenz, permanente
Beobachtung) ergeben. Dabei geht der Beitrag der Frage nach, inwiefern die
Kommunikation der Vereine Widersprüche zwischen beispielsweise Projekten
zur Unterstützung sozial Benachteiligter und den Spielergehältern oder den
Preisen für Merchandisingartikel thematisiert. Vor dem Hintergrund der Ver-
mittlung von Sozialprojekten und vor allem der entsprechenden Artikulation
sozialen Engagements auf den Vereinshomepages wird im Beitrag diskutiert,
inwiefern das framing – wozu insbesondere auch die Ausklammerung von
Unstimmigkeiten, mangelnden Zusammenhängen oder eigentlichen Para-
doxien gehört – von CSR-Initiativen auch Anlass zur Kritik nicht nur an der
CSR-Kommunikation, sondern auch an der CSR-Praxis von Fußballvereinen
geben könnte.

Schlüsselwörter

Redwashing · CSR-Kommunikation · Framing · Sportkommunikation

1 Einführung

Professionelle Fußballvereine in ihrer Eigenschaft als Fußballunternehmen und


Sportorganisationen (vgl. Nielsen 2019, S. 422 ff.) agieren in modernen, auf-
geklärten, demokratischen Mediengesellschaften wie andere Unternehmen,
Organisationen und Institutionen auch. Fußballvereine stehen genauso sehr
unter Rechtfertigungsdruck wie andere Organisationen (Rasche 2009). Auch
Fußballvereine müssen in ihrem Streben nach der Erfüllung ihrer Organisations-
ziele (langfristiges nachhaltiges Wirtschaften bzw. wirtschaftliches Überleben,
sportlicher Erfolg) auf vielfältige Ansprüche unterschiedlicher Stakeholder-
gruppen Rücksicht nehmen und deren Interessen mit den eigenen Organisations-
zielen soweit wie möglich in Einklang bringen (Schilhaneck 2006, S. 286). Eine
übergeordnete gesellschaftliche Anforderung an Fußballvereine ist es daher auch,
neben ökonomischen (als Mittel zum Zweck zur Erreichung von sportlichen)
Fußballerisches soziales Engagement … 191

auch ökologische und soziale Ziele zu verfolgen (vgl. z. B. Kentsch 2008a; Lauf-
mann 2018; Räker 2014). In diesem Beitrag werden deshalb die Vereine der
ersten deutschen Fußballbundesliga darauf hin untersucht, in welcher Form sie
soziale Initiativen, Projekte und Kooperationen auf ihrer jeweiligen Vereins- bzw.
Unternehmenswebsite publik machen und damit diese soziale Verantwortung
ausdrücken bzw. inszenieren. Die teilweise umfassende und prominente Dar-
stellung von unterschiedlichsten CSR-Maßnahmen durch Fußballvereine macht
die CSR-Kommunikation dieser Vereine zu einem geeigneten Analyseobjekt in
Bezug auf redwashing, da redwashing und gemeinhin alle Formen des X-washing
u. a. dadurch gekennzeichnet sind, dass sie positive Initiativen hervorheben und
dadurch Defizite in der unternehmerischen sozialen Verantwortung verbergen
können (vgl. Abschn. 5). Deshalb bietet sich das Konzept des (strategischen)
framing an (vgl. z. B. Oswald 2022), das gerade die Hervorhebung gegenüber der
Auslassung von Sachverhalten oder Perspektiven analysiert und damit geeignet
ist, auch die Ausklammerung von Missständen oder Widersprüchen in der CSR-
Kommunikation von Fußballvereinen zu untersuchen (vgl. Abschn. 4).
Zunächst werden in Abschn. 2 unternehmerische Zielsetzungen aus der
Perspektive der triple bottom line dargestellt und auf die soziale Verantwortung
von Unternehmen bezogen, die corporate social responsibility (CSR). Danach
wird die CSR-Kommunikation im Fußball kurz präsentiert und diskutiert
(Abschn. 3). Framing als spezifische strategische und analytische Perspektive
auf die CSR-Kommunikation von Fußballunternehmen ist Gegenstand von
Abschn. 4. Darauf folgen in Abschn. 5 einige Überlegungen zu Phänomenen des
X-washing sowie eine Übersicht über Typen des X-washing. Dem Abschn. 6, in
dem die empirischen Grundlagen des Beitrags vorgestellt werden, schließt sich
die Darstellung der Ergebnisse in Abschn. 7 an. Ein Fazit, eine kritische Dis-
kussion der Konsequenzen aus der Untersuchung sowie ein Ausblick (Abschn. 8)
beschließen den Beitrag.

2 Unternehmerische Zielsetzungen

Ein jedes privatwirtschaftliche Unternehmen ist dem Primat der wirtschaftlichen


Zielsetzung unterstellt. Als oberstes Ziel muss aus Sicht der Gründer, Eigentümer
und Investoren die langfristige Gewinnmaximierung bzw. die Rentabilität gelten.
Für Anleger und damit Anteilseigner muss sich die Investition in das betreffende
Unternehmen bezahlt machen, indem sie sich über den anteiligen Gewinn (z. B.
Dividende) verzinst und damit den investierten Betrag kontinuierlich anwachsen
192 M. Nielsen

lässt. Lange Zeit galt diese Eigentümer- oder Anlegerperspektive als die einzig
sinnvolle oder vielleicht sogar mögliche übergeordnete Sichtweise auf das unter-
nehmerische Handeln, Priorisieren von Optionen und Legitimieren der unter-
nehmerischen Existenz (Wöhe et al. 2020, S. 9).

2.1 
Triple Bottom Line

Doch spätestens mit dem einflussreichen Buch Strategic Management: A Stake-


holder Approach von R. Edward Freeman (1984) hat sich der Blick auf die
Unternehmensführung verändert und erweitert: Wurden bis dahin die Anteils-
eigner, z. B. Aktionäre (Shareholder) als die mit Abstand wichtigste, wenn nicht
sogar als die einzige Anspruchsgruppe des Unternehmens aufgefasst, so wurde
im Gefolge der Publikation von Freeman immer stärker erkannt und betont, dass
Anteilseigner und Eigentümer nur eine von vielen Anspruchsgruppen sind und
dass dementsprechend die Verzinsung der Anlage nur eines von vielen legitimen
Interessen am Unternehmen ist (Wöhe et al. 2020, S. 64 ff.).
Mit dieser Erkenntnis ist die Berücksichtigung weiterer und anderer
Anspruchsgruppen (Stakeholder) zunehmend in das Interesse der Unternehmen
gerückt. Mitarbeiter:innen haben Interesse an der Sicherung von Arbeits-
plätzen, attraktiven Gehältern und guten Arbeitsbedingungen, Kund:innen haben
Interesse an hochwertigen Produkten und Dienstleistungen, Nachbar:innen und
Anwohner:innen haben Interesse an geräuscharmen Produktionsprozessen,
Umweltschutzverbände haben Interesse an umweltschonenden und klima-
freundlichen Produktionsverfahren, Öffentlichkeit und Medien haben Interesse
an transparenten Kommunikationspraxen usw. (vgl. z. B. Brühl 2018, S. 11 f.,
103–116). Die Aufmerksamkeit von Wissenschaftler:innen, der Wirtschaftspraxis
und der Anspruchsgruppen selbst richtet sich ungebrochen auf die Spannweite
und Heterogenität der Interessen und der Interessengruppen, die ihre Ansprüche
geltend machen. Ein Grund dafür ist sicherlich auch, dass dadurch auf eine Aus-
balancierung von wirtschaftlichen Partikularinteressen und ökologischen und
sozialen Gemeinwohlinteressen hingearbeitet werden und ein gesamtgesellschaft-
liches Gleichgewicht erreicht werden kann, das langfristig eben nicht nur eine
Gewinnmaximierung einzelner, sondern die Berücksichtigung der Interessen
vieler (idealerweise aller) mit in Betracht zieht (Wöhe et al. 2020, S. 10). Damit
sind neben die Ökonomie als ursprüngliches Primat die Ökologie und das Soziale
getreten, die alle gleichermaßen berücksichtigt werden sollten. In einem rechnungs-
legungstechnischen Terminus kommt dies durch den Begriff triple bottom
line zum Ausdruck (Adams et al. 2004; Alhaddi 2015; Elkington 1997, 2004;
Fußballerisches soziales Engagement … 193

Enriques und Richardson 2004). „Unter dem Strich“ werden nun nicht nur die
finanzielle Gewinn- und Verlustrechnung, sondern auch sozusagen die ökologische
und die soziale Gewinn- und Verlustrechnung angezeigt um den Erfolg eines Unter-
nehmens angemessen beurteilen zu können (vgl. dazu auch Brühl 2018, S. 29–37).1

2.2 Corporate Social Responsibility (CSR)

Aus einer etwas anderen Warte betrachtet entsprechen oder überschneiden sich
diese Überlegungen zur Einbeziehung aller Stakeholder und nicht nur der Share-
holder mit dem Konzept der corporate social responsibility (CSR), der unter-
nehmerischen sozialen Verantwortung. Für beide Ansätze, den Stakeholderansatz
und den CSR-Ansatz, gilt, dass sie auf Nachhaltigkeit angelegt sind, d. h. dass
sie langfristig den Ressourcenverbrauch und das Entgegenkommen von viel-
fältigen und gemeinwohlorientierten Interessen fokussieren (Galbreath 2009).
Ein Unternehmen, eine Organisation oder eine Institution kann sich demzufolge
nicht ausschließlich auf finanzielle Zielgrößen beschränken. Um langfristig am
Markt bestehen zu können und nicht aus dem Wettbewerb ausscheiden zu müssen,
muss ein Unternehmen auch auf umweltbezogene und soziale Belange Rück-
sicht nehmen, indem es Ansprüchen der jeweiligen Stakeholdergruppen entgegen-
kommt und diese Rücksichtnahme und dieses Entgegenkommen auch überzeugend
und glaubwürdig kommuniziert. In diesem Zusammenhang ist CSR auch ein ent-
scheidender Pfeiler im Legitimierungskampf von Unternehmen (Raupp 2011).

3 CSR-Kommunikation im Fußball

Während CSR die konkreten Maßnahmen, Initiativen und Aktivitäten sind, die
ein Unternehmen zur Verwirklichung und Ausführung sozialer Verantwortlich-
keit ins Leben ruft, ist die CSR-Kommunikation das Kommunizieren über dieses
CSR-Handeln.

1 Brühl(2018, S. 129) und Brüggemann (2022, S. 111) sprechen in diesem Zusammenhang


auch vom „Drei-Säulen-Modell“.
194 M. Nielsen

3.1 CSR-Kommunikation in Fußballunternehmen

„Profifußballclubs sind mittlerweile mehr als Sportvereine. Sie sind ökonomisch


denkende und handelnde Wirtschaftsunternehmen, die zunehmend kommerzia-
lisiert werden.“ (Laufmann 2018, S. 250). Doch Fußballvereine sind wie andere
Organisationen auch in das gesellschaftliche Geflecht von vielfältigen und zum
Teil gegenläufigen Interessen eingebunden (Märzendorfer 2009, S. 8). Auch sie
müssen sich als Organisationen legitimieren, rechtfertigen und transparent zeigen
(Jäger und Fifka 2020, S. 802). Damit müssen auch Fußballunternehmen den
Weg der rein ökonomischen Rationalität verlassen und Raum schaffen für die
zumindest teilweise Erfüllung ökologischer und sozialer Ansprüche.
Spezifisch für Fußballunternehmen sind Zielkonflikte bzw. Zielhierarchien
(vgl. Abschn. 2) um den zusätzlichen Aspekt des sportlichen Erfolgs zu
erweitern: Neben oder vielleicht sogar über Rentabilitätsüberlegungen stehen
sportliche Ziele wie Meisterschaften, Pokale, Klassenerhalt, Aufstieg oder Quali-
fikation für internationale Wettbewerbe. Die Schwierigkeit in der Abwägung
zwischen sportlichem und wirtschaftlichem Erfolg geht aus der folgenden Über-
legung hervor, die pragmatisch, aber auch sehr vage ist:

Die Frage der Zielfunktion bezieht sich auf die grundsätzliche Ausrichtung eines
Fußballunternehmens, die festlegt, unter welcher Prämisse ein derartiges Unter-
nehmen im Sinne einer dauerhaften Existenz am Markt handeln muss. Der vor-
liegende Artikel sieht die „Gewinnmaximierung unter Einhaltung eines bestimmten
sportlichen Erfolges“ als die geeignete Zielfunktion, da nur auf einer gesunden
finanziellen Basis der dauerhafte Fortbestand des Unternehmens sichergestellt ist.
(Lang 2013, S. 218).2

Wenn man von den möglichen Zielkonflikten zwischen sportlichem und


wirtschaftlichem Erfolg absieht, ergibt sich auch für Fußballunternehmen die
Trias aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem, die unter Berücksichtigung unter-
schiedlicher Stakeholdergruppen, darunter nicht zuletzt der Fans (Nielsen 2019,
S. 429 ff.), bedient werden muss.

2 Etwas prägnanter wird es bei Hofmann und Zülch (2022) unter der Überschrift „Der
sportliche Erfolg ist Mittel zum Zweck“ formuliert. In dem Interview geht es u. a. um
die staatlichen Investitionen von Katar in den Fußballclub Paris Saint-Germain (vgl. auch
Brüggemann 2022, S. 43).
Fußballerisches soziales Engagement … 195

3.2 CSR-Kommunikation im Fußball: strategisches fit

Dass sozialverantwortliche Aktivitäten von einem Profifußballclub initiiert, ent-


wickelt und durchgeführt werden, scheint zunächst unmittelbar nachvollziehbar.
Soziale Projekte, die zum Beispiel Behinderte oder Benachteiligte unterstützen,
die Bildungsinitiativen fördern oder die vor allem Kinder und Jugendliche zu mehr
körperlicher Betätigung anspornen, „passen“ zu einem Sportverein (vgl. auch
Jäger und Fifka 2020, S. 806). Diese strategische Passung („strategic fit“, vgl. z. B.
Schmeltz 2017, S. 48; Apaydin et al. 2021, S. 399 f.) leuchtet ein und lässt eine
entsprechende CSR-Praxis und -Kommunikation glaubwürdig erscheinen.
Für Sportvereine, vor allem Fußballvereine, dürften Begriffe und Werte wie
Mannschaftssport, Gemeinschaft, Unterstützung, Zusammenhalt, Solidarität,
Teamgeist, Toleranz und Fairplay identitätsstiftend sein (vgl. u. a. Kentsch 2008b,
S. 17). So verweist Braun (2018, S. 318) generell für den organisierten Breiten- und
Spitzensport auf „die Integrations-, Sozialisations-, Partizipations-, Demokratie-,
Repräsentations- oder Gesundheitsfunktionen, die sich der DOSB und dessen Mit-
gliedsorganisationen in nahezu identischer Form auch selbst zuschreiben.“
Vor dem Hintergrund dieser Übereinstimmung zwischen Grundwerten des
(Team)Sports, des Vereins und des Fußballunternehmens Bundesligist auf der
einen Seite und den Zielsetzungen von Sozialprojekten und der Verfolgung
gemeinnütziger Zwecke auf der anderen Seite dürfte die CSR-Kommunikation
von Fußballvereinen im Grundsatz authentisch und glaubwürdig sein, beides
Merkmale, die eine zweckmäßige CSR-Kommunikation auszeichnen.

3.3 CSR-Kommunikation im Fußball: Unstimmigkeiten,


mangelnde Zusammenhänge, Paradoxien

Der oben in Abschn. 3.2 dargelegten grundlegenden Harmonie zwischen den


Idealen und Identitätspositionen eines Fußballvereins und Werten, die in den
vielfältigen sozialen Projekten zum Ausdruck kommen, steht jedoch bei näherer
Betrachtung eine offensichtliche Diskrepanz gegenüber.

3.3.1 Clubfinanzen
Dort wären zunächst die Finanzen des Clubs. Vereine der ersten Bundesliga
erzielen Umsatzerlöse von etwa 4 Mrd. € (Behrenbeck et al. 2020; DFL 2022a),
die Wertschöpfung des „Systems Profifußball“ betrug 2019 11 Mrd. € (Behrenbeck
et al. 2020, S. 14), die Spielerkader sind mit insgesamt knapp 4,2 Mrd. € bilanziert,
wobei der Kader von Branchenprimus Bayern München mit 879 Mio. € den über
196 M. Nielsen

30fachen Wert des Kaders von Schlusslicht Bochum (45 Mio. €) hat (Transfer-
markt 2022). Die Spielergehälter machen mit 1,6 Mrd. € etwa 40 % der Ausgaben
der Clubs aus (DFL 2022a, S. 23). Im Durchschnitt verdient jeder Erstligaspieler
1,5 Mio. € jährlich, allerdings bei gewaltigen Unterschieden zwischen Topver-
dienern (z. B. Robert Lewandowski, bis zum Sommer 2022 bei Bayern München,
mit einem geschätzten Jahresgehalt von 19 Mio. €, vgl. Budzinski et al. 2021, S. 2)
und unterdurchschnittlich entlohnten Spielern.
Das schiere finanzielle Ausmaß des Fußballgewerbes legt es aus gesellschaft-
lichen (ethischen) und wirtschaftlichen (umverteilungsrelevanten) Gründen nahe,
dass Profifußballclubs einen Teil dieser Mittel breiteren Bevölkerungsschichten
oder Benachteiligten zu Gute kommen lassen, um damit dem Gemeinwohl zu
dienen (vgl. auch Kentsch 2008a).

3.3.2 Spielergehälter
Eine weitere Unstimmigkeit ergibt sich aus den konkreten Gehältern vor allem der
bestverdienenden Fußballer. Auch wenn die Gehaltsangaben mit großer Unsicher-
heit behaftet sind, weil sie auf Schätzungen vor allem der Medien beruhen, nicht
immer eindeutig zwischen Brutto- und Nettogehalt unterscheiden und oft auch
persönliche Werbe- und Sponsoreneinnahmen mit einbeziehen (vgl. Nielsen 2019,
S. 425), entzündet sich an ihnen regelmäßig eine Diskussion über deren Ange-
messenheit. Nicht nur einer Hartz-IV-Empfänger:in, einer Teilzeitkraft, einer
Gymnasiallehrer:in oder auch einer Führungskraft im mittleren Management (und
als gemeinsamer Nenner dieser und weiterer Gehaltsgruppen: Fußballfans) wird es
schwer zu vermitteln sein, warum ein Angestellter eines Fußballunternehmens einen
achtstelligen Betrag pro Jahr verdienen soll, wenn der Verein zugleich nur einen
minimalen Bruchteil der Gehaltsaufwendungen für soziale Projekte ausgibt. Die
Gehaltssumme für die Spieler der ersten Bundesliga betrug für die Spielzeit 2021/22
1,6 Mrd. €. Ein Bundesligaprofi verdiente 2019/20 durchschnittlich 2,0 Mio. € pro
Jahr (errechnet nach Statista 2022). Jeder Spieler der Startelf von Bayern München
dürfte demnach mindestens 10 Mio. € pro Jahr verdienen, Robert Lewandowski, der
damalige Topstar des Vereins, über 20 Mio. €. Dazu kommen Prämien, Boni sowie
Einnahmen aus individuellen Werbe- und Sponsoringverträgen.

3.3.3 Ausgliederung der CSR-Maßnahmen in Stiftungen


Was auf den ersten Blick wie eine CSR-Initiative par excellence aussehen mag, ist
die Einrichtung von Stiftungen (DFL 2018, S. 4 f., 26 f.; Kentsch 2008a; Laufmann
2018). Etwa die Hälfte der Bundesligisten hat Stiftungen gegründet (vgl. auch
Abschn. 7). Eine Stiftung, unabhängig von ihrer Rechts- und Gesellschaftsform, ist
eine gemeinnützige Organisation, deren erklärtes Ziel die Förderung allgemeiner
Fußballerisches soziales Engagement … 197

oder spezifischer, dem Gemeinwohl dienender Aufgaben ist. Allerdings, so gibt


Blaschke (2016) zu bedenken, ist die finanzielle Ausstattung der Stiftungen, und
das gilt nicht nur für Stiftungen der Bundesligavereine, sondern auch für Stiftungen
von Einzelspielern und von Verbänden, diskussionswürdig. Einerseits konzediert
Blaschke, dass die wenigsten Spieler mehr Geld als beispielsweise der ehemalige
Bundesligaprofi und Nationalspieler Philipp Lahm in ihre Stiftungen stecken und
die allermeisten gar keins. Andererseits ist die bereits während seiner aktiven
Laufbahn und lange vor Beendigung seiner Karriere ins Leben gerufene Philipp-
Lahm-Stiftung mit ihrem Kapital von 150.000 € nur mit einem Bruchteil von dem
ausgestattet, was der Bundesverband Deutscher Stiftungen empfiehlt (Blaschke
2016, S. 106). Eine Studie über 31 Stiftungen, die aus Verbänden, Proficlubs und
Personen aus dem Fußball hervorgegangen sind, errechnete, dass diese Stiftungen
bis zu 12,5 Mio. € für Sozialprojekte ausgaben. Dabei mussten sie die Verzinsung
ihres Grundvermögens durch Spenden, Benefizaktionen und Einnahmen aus eigens
gegründeten Fördervereinen aufstocken. Dazu fragt Blaschke (2016, S. 106):
„Stehen Gesamtausgaben von 12,5 Mio. in einem angemessenen Verhältnis zum
Milliardenkreislauf Fußball?“. Die Medienwirksamkeit und die Resonanz vor allem
in den sozialen Medien ist dafür auffallend hoch (Blaschke 2016, S. 110), was
im washing-Kontext dieses Beitrags (vgl. Abschn. 5) die Beanstandung relevant
erscheinen lässt, „dass nämlich Klubs mit minimalem Aufwand maximale Auf-
merksamkeit erzielen wollen.“ (Blaschke 2016, S. 117).
Insgesamt stellt sich die Frage, ob Profifußballvereine und deren Spieler als
die zentralen Akteure im Fußballgeschäft so stark privilegiert sind, dass sie sich
moralisch verpflichtet fühlen bzw. einen gesellschaftlichen und medialen Druck
verspüren, sich sozial zu engagieren (vgl. z. B. Drees 2020; Lammert und Kopfer
2021; Watson 2021; Werben & Verkaufen 2019). Der proportionale finanzielle
Aufwand scheint dies nicht zu untermauern, die Anzahl der Projekte und allem
voran die medienwirksame kommunikative Inszenierung schon.
Dem Einwand, Profifußballer hätten nur bis etwa zu ihrem 35. Lebensjahr
Zeit, um Geld zu verdienen sei entgegengebracht, dass das drei-, vier- oder fünf-
fache eines Durchschnittsgehalts rein rechnerisch ausreichen müsste, um bei ent-
sprechenden Rücklagen für den Rest des Lebens vorgesorgt zu haben. Wo selbst
das zehnfache eines normalen Monatsgehalts wahrscheinlich noch gesellschaft-
liche Akzeptanz finden würde, ist das 30, 40 oder 50fache oder bei extremen
Spitzenverdienern das 100 oder 200fache anderer Berufstätiger nicht mehr
proportional und damit auch nicht mehr legitimierungsfähig (vgl. auch Busch-
mann und Wulzinger 2018, S. 191 ff.). In einem gleichermaßen saloppen wie
einsichtigen, ausgesprochen authentischen und auch selbstkritischen Kommentar
fasst der frühere Trainer des 1. FC Köln Peter Stöger die oben benannten
198 M. Nielsen

Umstände zusammen: „Wir alle miteinander, die im Fußball arbeiten dürfen, sind
ein privilegierter Sauhaufen!“ (Küpper 2017, S. 189).

4 
Framing: Kaschieren, Auslassen, Schweigen

Wie die Ergebnisse unten (vgl. Abschn. 7) noch zeigen werden, wird auf
den Homepages sämtlicher Erstligisten eine Vielzahl von relevanten, lobens-
werten und nützlichen, vor allem sozialen Projekten dargestellt. Eine Über-
prüfung, ob diese Projekte und Initiativen tatsächlich auch verwirklicht
werden, wäre ein zu umfangreiches Unterfangen. Darüber hinaus ist der Ver-
gleich von CSR-Kommunikation mit CSR-Handeln „semantisch unscharf“
(Altmeppen und Bracker 2018, S. 244). Ferner ist es abwegig anzunehmen, dass
solche Projekte fingiert würden. Dass sie ins Leben geführt werden, darf daher als
gesichert gelten, womit an dem sozialen Engagement der Vereine nichts auszu-
setzen ist und auch die Kommunikation darüber zunächst als zutreffend und stich-
haltig betrachtet werden kann.
Was jedoch infrage gestellt werden könnte, sind erstens die Art, wie darüber
berichtet wird, und zweitens die Dinge, über die nicht berichtet wird und die auch
nicht praktiziert werden. Diese etwaigen Auslassungen können wie in Abschn. 1
angedeutet mit dem Konzept des framing ermittelt werden.
Framing bedeutet in Bezug auf die (strategische) Unternehmenskommunikation
Rahmung und ist ein metaphorischer Ausdruck für den Umstand, dass in vor allem
der Medienberichterstattung und in der strategischen Unternehmenskommunikation
bestimmte Aspekte oder Perspektiven eines Sachverhalts oder eines Ereignisses
erwähnt und hervorgehoben, während andere verschwiegen oder abgeschwächt
werden (Cornelissen 2017, S. 149 f.; Elving et al. 2015; Entman 1993, S. 54; Fröh-
lich 2008, S. 589; Huck-Sandhu 2014, S. 659; Rössler 2008, S. 373; Scheufele
2014, S. 124). Framing fokussiert insbesondere die Hervorhebung bestimmter
Aspekte, die damit eine prominente Position in einer Botschaft, einem Text oder
in einem Diskurs zugewiesen bekommen und damit innerhalb des Rahmens der
Darstellung stehen. Mindestens genauso wichtig ist jedoch, vor allem auch in dem
vorliegenden Beitrag, was außerhalb des Rahmens der Darstellung steht. Framing
kann immer nur sinnvoll eingesetzt werden (als Kommunikationsstrategie) oder
ermittelt werden (als Analysestrategie), wenn sowohl das „Eingerahmte“ als auch
das „Ausgerahmte“ in Betracht gezogen werden:

Most frames are defined by what they omit as well as include, and the omissions of
potential problem definitions, explanations, evaluations, and recommendations may
be as critical as the inclusions in guiding the audience. (Entman 1993, S. 54).
Fußballerisches soziales Engagement … 199

Aus Sicht der Rezipierenden hängt die Wahrnehmung mit anderen Worten
„nicht nur davon ab, was ein Frame abbildet, sondern auch davon, was der
Frame (bewusst) ausblendet“ (Huck-Sandhu 2014, S. 659). In Anlehnung an
Watzlawik („Man kann nicht nicht kommunizieren.“) dürfte man „nicht nicht
framen können“ (vgl. auch Napierala 2021, S. 53), bzw. etwas differenzierter in
Anlehnung an Linke et al. (2004, S. 28 f.): Man kann nicht verhindern, dass ein
unbewusstes oder unabsichtliches Framen als empfängergerichtet und absichtlich
interpretiert wird. Unter der Voraussetzung, dass sowohl das Thematisieren als
auch das Nicht-Thematisieren intentionale kommunikative Handlungen sind, lässt
sich aus unternehmenskommunikativer Sicht eine Parallele zur Agenda-Setting-
Theorie herstellen. Aus dieser Perspektive lassen sich drei kommunikations-
strategische Ansätze unterscheiden:

Corporate Agenda Setting: Das Setzen von bisher noch nicht in der medialen
Öffentlichkeit wahrnehmbaren Themen, die in die Unternehmensreputation positiv
einzahlen und die für die Anspruchsgruppen dynamisch an Relevanz gewinnen.
Corporate Agenda Surfing: Das Unternehmensthema wird mit Themen assoziiert, die
bereits in der medialen Öffentlichkeit präsent sind und signifikant genutzt werden
Corporate Agenda Cutting: Der meist gefährliche und wenig erfolgsversprechende
Versuch, ein für die Reputation potenzielles Risikothema aus der medialen
Öffentlichkeit zu eliminieren. (Müller 2021, S. 37; vgl. auch Pfannenberg et al.
2019, S. 122; Aßmann und Pleil 2014, S. 592; Röttger 2014, S. 642).

Nun ist die Ausklammerung von bestimmten (negativen) Sachverhalten oder


Perspektiven nicht mit einer Eliminierung aus dem medialen Diskurs gleichzu-
setzen. Doch mit einem Umgehen von reputationsschädigenden Themen und
Blickwinkeln liegt in gewisser Weise ein „Agenda Avoiding“ vor, das auch als ein
Ausdruck von redwashing betrachtet werden könnte.
In der empirischen Analyse (Abschn. 7) wird daher gezielt nach Aus-
klammerungen, Auslassungen und Nicht-Thematisierungen gesucht. Diese
Auslassungen beziehen sich auf die fehlenden Thematisierungen der oben dar-
gestellten sowie weiterer fußballspezifischer Diskrepanzen.

• Wird das individuelle Privileg der extremen Spielergehälter erwähnt,


thematisiert oder problematisiert?
• Werden die gewaltigen Clubeinnahmen durch TV-Vermarktung, Sponsoren-
verträge und Transfererlöse erwähnt, thematisiert oder problematisiert?
• Werden Ticketpreise und Preise für Merchandisingartikel erwähnt, thematisiert
oder problematisiert?
200 M. Nielsen

5 
X-washing

X-washing, colourwashing oder auch nur washing soll hier als Oberbegriff für alle
unternehmenskommunikativen Praktiken verwendet werden, die unternehmerische
CSR-Maßnahmen als umweltfreundlicher, sozial verantwortlicher, diversitäts-
toleranter, antirassistischer usw., also insgesamt positiver darstellen als sie es tat-
sächlich sind oder aber eher unbedeutende Maßnahmen hervorheben, um von
größeren Missständen abzulenken. Der Begriff X-washing versteht sich damit als
abstrakter Sammelbegriff für eine Reihe von spezifischeren washing-Begriffen.
Der Begriff ist außerordentlich produktiv (vgl. Tab. 1). Am unspezifischsten
ist der Ausdruck whitewashing, der generell das kommunikative Phänomen
bezeichnet, einen Sachverhalt als (sozialverantwortlich) positiver erscheinen zu
lassen, als er es tatsächlich ist (vgl. auch Altmeppen und Bracker 2018, S. 247:
„Weißwaschen“). Diese Bezeichnung als genereller Ausdruck für ‚Beschönigung‘
ist bereits länger im Allgemeinen (englischen) Wortschatz verankert und ent-
sprechend lexikalisiert (Cowie 1989, S. 1457).
Am bekanntesten und am weitesten verbreitet ist wahrscheinlich der Begriff
greenwashing (Whellams 2018), der eine CSR-Kommunikation bezeichnet, die
das Unternehmen als umwelt- oder klimafreundlicher darstellt, als es ist. Ana-
loge Wortbildungen vor allem mit Farben sind zunehmend im wissenschaft-
lichen, strategischen und publizistischen CSR-Kontext verbreitet. Dabei gibt es
durchaus auch unterschiedliche Definitionen. Zum Beispiel wird in diesem Bei-
trag redwashing als die kommunikative Überhöhung von sozialer Verantwortung,
Sozialverträglichkeit und Solidarität verstanden. Millington et al. (2019) inter-
pretieren den Begriff anders und deutlich spezifischer im Sinne der Darstellung
von Fracking (Methode zur Rohstoffgewinnung aus dem Erdboden) als vorteil-
haft für die kanadischen indigenen Völker. Ebenso kann blackwashing als das
Anschwärzen von Unternehmen durch Umweltverbände verstanden werden
(Koh et al. 2010), aber in Analogie zu den übrigen X-washing-Phänomenen
soll es in diesem Beitrag als eine unternehmerische Kommunikationspraxis
von Unternehmen verstanden werden, die sich als antirassistischer aus-
geben, als sie es in der Realität sind.3 Schließlich sei in diesem Kontext noch

3 Da -washing wie erwähnt sehr produktiv ist, ist es durchaus vorstellbar, dass noch
unbesetzte Stellen im Farbenschema zukünftig noch belegt werden. Beispielsweise läge
greywashing auf der Hand als Begriff Für CSR-Kommunikation, die ein Unternehmen
als älteren Menschen gegenüber größere Akzeptanz und Toleranz entgegenbringend aus-
weist als dies tatsächlich der Fall ist. Ähnliches gilt für brownwashing, das analog zu
blackwashing verwendet werden könnte, oder yellowwashing, das mit Bezugnahme auf
Menschen asiatischer Herkunft genutzt werden könnte.
Fußballerisches soziales Engagement … 201

Tab. 1 Übersicht über X-washing-Phänomene


Begriff (Farbe) Thema Art der Vortäuschung Quellen
(Bereich)
Greenwashing Umwelt, Darstellung des Unternehmens de Freitas Netto
Natur, Klima als umwelt- oder klimafreund- et al. (2020);
licher als es ist Delmas und Burbano
(2011); Seele und Gatti
(2015); Whellams
(2018)
Redwashing Soziales Darstellung des Unternehmens Perakslis (2020);
als sozial verantwortlicher und Vanclay und Hanna
solidarischer als es ist (2019, S. 18)
Bluewashing Global Darstellung des Unternehmens Heidbrink und Seele
Impact als zertifizierungs- oder charta- (2007, S. 3);
Sustainable konformer als es ist Peleo und Chen (2019)
Development
Goals
Pinkwashing Frauen Darstellung des Unternehmens Ritchie (2015); Russell
LGBT als geschlechteremanzipation (2019, S. 182 ff., 250–
sfreundlicher als es ist (auch: 257) (Trittbrettfahrer
aufgeschlossener gegenüber Brustkrebs-Kampagne)
sexuellen Minoritäten)
Rainbow­ LGBTQ+ Darstellung des Unternehmens Schafar (2016); Vaid-
washing als Menschen unterschiedlicher Menon (2013)
sexueller Orientierung gegen-
über aufgeschlossener als es ist
Whitewashing Generelle Darstellung des Unternehmens Altmeppen und Bracken
soziale Ver- als sozial verantwortlicher als (2018, S. 247);
antwortung es ist Grafström und Windell
(2011, S. 227)
Purple- Frauen Darstellung des Unternehmens Lüthgens und Pietzcker
washing LGBTQIA+ als geschlechteremanzipations (2021, S. 316)
freundlicher oder als sexuellen
Minoritäten aufgeschlossener
als es ist
Blackwashing Ethnizität Darstellung des Unternehmens Kelly und Gochanour
als antirassistischer als es ist (2018) (Schwanger-
schaftsberatung für afro-
amerikanische Mädchen
und Frauen)
202 M. Nielsen

das sogenannte sportwashing erwähnt, das die Praxis von vor allem Staaten
bezeichnet, durch umfangreiches Sportsponsoring (z. B. Katar als Ausrichter
der Fußballweltmeisterschaft 2022 oder Saudi-Arabien über seinen staatlichen
Investmentfonds als Käufer von Newcastle United) von sozialen Missständen und
Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land abzulenken (vgl. z. B. Dubinsky
2021; Kobierecki und Strożek 2021).

6 Empirische Grundlagen: CSR-Kommunikation


in der Bundesliga – (Selbst-)Darstellung von CSR-
Projekten

Für die vorliegende Studie wurden die Vereinshomepages der 18 Bundesligisten,


die in die Saison 2022/23 starten, als empirische Grundlage ausgewählt.
Der Untersuchungsgegenstand ‚Vereine der ersten deutschen Fußball­
bundesliga‘ ist insofern heterogen, als dass er in mehreren Aspekten eine gewisse
Spannweite aufweist: Die Umsätze bewegen sich zwischen 606 Mio. € (FCB)
und 28 Mio. € (BOC) (DFL 2022b), der geschätzte Wert der Spielerkader reicht
von 879 Mio. € (FCB) bis zu 45 Mio. € (BOC) (Transfermarkt 2022) und die
Mitgliedszahlen schwanken zwischen 293.000 (FCB) und 750 (RBL) (vgl.
Tab. 2).4 Ferner unterscheiden sich auch die Vereinsstrukturen bzw. die Gesell-
schaftsformen der Bundesligavereine voneinander: Alle Bundesligavereine
können ihre Profiabteilungen in Kapitalgesellschaften umwandeln, z. B. in eine
börsennotierte AG (BVB), eine AG (SGE), eine GmbH (BMG) oder eine GmbH
& Co. KGaA (BSC), oder sie können ein eingetragener Verein bleiben (S04)
(Brüggemann 2022, S. 39). Entsprechend können Berichterstattungspflichten
unterschiedlich ausfallen und Stakeholdergruppen unterschiedlich ins Gewicht
fallen (bei RBL z. B. keine Stakeholdergruppe von traditionellen Mitgliedern,
vgl. Fußnote 4). Wenn die Auswahl der Vereine dennoch nach dem Kriterium
der Spielklassenzugehörigkeit erfolgt ist, dann deshalb, weil die erste Bundes-
liga stark überproportionale Medienaufmerksamkeit erfährt und dadurch in der

4 Zwischen den Extremen FCB und BOC liegen Vereine wie z. B. BSC (103 Mio. €
Umsatz), KOE (115 Mio. €) oder etwa BMG (160 Mio. €). Damit lassen sie sich mittel-
ständischen Unternehmen gleichsetzen (Ludwig und Fundel 2019, S. 3), während BVB
(349 Mio. €) oder RBL (376 Mio. €) sowie natürlich FCB (606 Mio. €) allmählich Umsatz-
zahlen vergleichbar mit denen von Konzernen aufweisen.
Fußballerisches soziales Engagement … 203

Tab. 2 Bundesligavereine der Saison 2022/23


Kürzel Verein Grün- Mitglieder Homepage
dungsjahr (Statista 2022)
FCB FC Bayern München 1900 293.000 https://fcbbayern.
Fußballclub com/de
BVB Borussia Dortmund 1909 157.000 https://ww.bvb.de
Ballspiel-Verein
B04 Bayer 04 Leverkusen 1904 27.462 https://www.bayer04.
de/de-de/
RBL RB Leipzig 2009 7505 https://rbleipzig.com/
RasenBallsport de/
FCU 1. FC Union Berlin 1966 40.531 https://www.fc-union-
Fußballclub berlin.de/de/
SCF SC Freiburg 1906 35.000 https://scfreiburg.com
Sport-Club
KOE 1. FC Köln 1948 117.962 https://fc.de/fc-info/
Fußballclub startseite/
M05 1. FSV Mainz 05 1905 14.200 https://mainz05.de
Fußball- und Sportverein
TSG TSG Hoffenheim 1899 11.000 https://www.tsg-
Turn- und Sportgemein- hoffenheim.de
schaft
BMG Borussia Mönchen- 1900 94.100 https://www.borussia.
gladbach de/de/
SGE Eintracht Frankfurt 1899 100.000 https://www.eintracht.
Sportgemeinde Eintracht de
WOB VfL Wolfsburg 1945 21.500 https://www.vfl-wolfs-
Verein für Leibesübungen burg.de/startseite
BOC VfL Bochum 1848 1848 17.762 https://www.vfl-
Verein für Leibesübungen bochum.de/startseite/
FCA FC Augsburg 1907 19.847 https://fcaugsburg.de
Fußballclub

(Fortsetzung)

5 Dieniedrige Mitgliedszahl von RBL ist den Vereinssatzungen geschuldet ist, nach denen
keine stimmberechtigten Mitglieder, sondern nur Fördermitgliedschaften ohne Stimmrecht
vorgesehen sind.
204 M. Nielsen

Tab. 2 (Fortsetzung)
Kürzel Verein Grün- Mitglieder Homepage
dungsjahr (Statista 2022)
VFB VfB Stuttgart 1893 71.500 https://vfb.de/de
Verein für Bewegungs-
spiele
BSC Hertha BSC 1892 40.051 https://herthabsc.
Berliner Sport-Club com/de
S04 FC Schalke 04 1904 160.023 https://schalke04.de
Fußballclub
SVW SV Werder Bremen 1899 40.376 https://www.werder.de
Sportverein

massenmedialen Medienöffentlichkeit stark in das Bewusstsein aller Stakeholder-


gruppen dringen kann.
Da es vornehmlich um die Beschreibung und Darstellung und die
systematische Erfassung des sozialen Engagements geht und weniger um Ereig-
nisse im Sinne eines fortlaufenden Nachrichtenstroms, wurde das eher statische
Medium der Unternehmenswebsite als Untersuchungsgegenstand ausgewählt.
Soziale Medien spielen zwar eine immer wichtigere Rolle sowohl in der Unter-
nehmenskommunikation als auch in der Rezeption und Wahrnehmung durch
Stakeholder, bilden aber in der Regel eher Ereignisse in sehr kurzen Text-, Bild-
und Videosequenzen ab. Tab. 2 zeigt eine Übersicht über die Vereine des Analyse-
korpus.

7 Ergebnisse

Im Folgenden werden zunächst einige generelle Ergebnisse festgehalten, welche


die Kommunikation der sozialen Verantwortung der Bundesligavereine über-
geordnet kennzeichnen. Anschließend werden die auf der Basis der in Abschn. 4
und 5 identifizierten ausgeklammerten, abgeschwächten oder bagatellisierten
Themen beschrieben.
Fußballerisches soziales Engagement … 205

7.1 Generelle Befunde

7.1.1 Benennung der Projekte als Markenführung


In vielen Fällen haben die Vereine den Stiftungen, Projekten und Kooperationen
Namen gegeben, die als Markennamen (auch) den Absender fokussieren und
somit zur Stärkung, Pflege und assoziativen Verknüpfung der Unternehmens-
marke mit Sozialprojekten beitragen (Esch 2018; Holzmüller et al. 2014;
Schilhaneck 2006). Dabei lassen sich unterschiedliche markentechnische und
rhetorische Ausgestaltungen betrachten:

• Einfache Eingliederung des Vereinsnamens: FC Bayern Hilfe (FCB), Stiftung


1. FC Köln (KOE), Bochumer Gemeinschaft – Bochumer Gesundheit –
Bochumer Umwelt (BOC)
• Eingliederung des Spitznamens des Vereins: FohlenVerantwortung (BMG)
• Reim bzw. Paronomasie: Wir (04) helfen (B04), VfBfairplay (VFB)
• Umdeutung: SV Werder Bremen: Sport-Verein > Soziale Verantwortung
(SVW)
• Wortspiele: 05er Klimaverteidiger (M05)

7.1.2 Genannte und thematisierte Förderbereiche


Die Art der Sozialprojekte und die Bereiche, die gefördert werden, ist
außerordentlich vielfältig. Das framing der Bundesligavereine umfasst vor allem
die untenstehenden Felder und rückt sie ins Blickfeld bzw. „in den Rahmen“ (vgl.
Abschn. 4):

• Der Bereich Bildung nimmt bei praktisch allen Vereinen viel Raum ein.
Zahlreiche Projekte wurden innerhalb dieses Bereiches ins Leben gerufen,
u. a. in Kooperation mit dem vereinsübergreifenden Projekt Lernort Stadion
(z. B. Lesen, Musik, Berufsbildung für den Nachwuchs, aber auch Medien-
kompetenzen, soziale Kompetenzen, Toleranz).
• Inklusion und Integration wird ebenfalls oft großgeschrieben (z. B. Diversität,
Toleranz, Vielfalt; insbesondere Angebote für Kinder, Jugendliche, Menschen
mit Behinderung kommunizieren die meisten Vereine).
• Gesundheit ist ebenfalls ein sehr stark vertretener Bereich. Dabei wird sowohl
auf das Thema ausgewogene Ernährung als auch auf Bewegung als Voraus-
setzung für generelles Wohlergehen fokussiert, z. B. in Bezug auf Diabetes-
Erkrankte; während sich die meisten Initiativen an Kinder und Jugendliche
206 M. Nielsen

wenden, finden sich auch Angebote z. B. für ältere Menschen mit Herzkreis-
laufbeschwerden oder übergewichtige Männer unter den Fans.
• Gemeinschaft, Solidarität und Fairness werden sehr häufig thematisiert. Sie
finden oft ihren Ausdruck in Hilfsbereitschaft, Spenden oder Schirmherr-
schaften (z. B. örtliche Tafeln).
• Antirassismus wird auch von den Verbänden unterstützt (DFL, DFB) und ist
entsprechend Teil des CSR-Programms praktisch aller Bundesligisten.
• Gewalt-, Drogen- und Mobbingprävention findet sich eher selten.
• Umwelt und Klima sind zentrale und durchgängige Themen. Vor allem
Energieformen (Ökostrom, Photovoltaik, Fernwärme, Holzpellets) spielen
eine Rolle, ebenso das Thema Wassereinsparung. Zudem wird eine Reihe von
Naturprojekten, darunter Aufforstung beschrieben.
• Ehrenamt und soziales Jahr werden von wenigen Clubs angesprochen.
• Antisemitismus-Prävention in der Form von vor allem Gedenkstättenfahrten
findet sich bei einigen Clubs.

7.1.3 Ausklammerungen
Bei der oben beschriebenen Vielfalt und dem großen Umfang an Nachhaltigkeits-
und CSR-Projekten sind Ausklammerungen auf den ersten Blick nicht aus-
zumachen. Vor dem Hintergrund der oben in Abschnitt 4 identifizierten
Problembereiche zeigt die Untersuchung der Vereinshomepages jedoch durchaus
Bereiche, die das framing ausschließt.
Allen voran kommt eine explizite oder eindeutige Thematisierung oder
auch nur Erwähnung der finanziellen Ungleichheiten nicht vor. Auf keiner
Website wurde die extreme wirtschaftliche Kluft zwischen Spielern und Fans
angesprochen. Dass die Vereine ihre Aktivitäten und den Spielbetrieb finanzieren
müssen, macht sie wegen der immensen Personalkosten abhängig von TV-Ver-
trägen, Sponsorengeldern und Transfererlösen sowie Ticket- und Merchandising-
einnahmen. Auch wenn TV-Einnahmen, Werbung und Sponsoring proportional
den Löwenanteil der Umsätze ausmachen, sind vor allem die kleineren Vereine
auch auf die Spieltagseinnahmen und den Verkauf von Merchandisingartikeln
angewiesen. Auf die Art finanzieren die Fans direkt die im Vergleich zu einem
Durchschnittsgehalt unverhältnismäßig hohen Gehälter der Spieler (und ihrer
Berater) mit, was indirekt auch für die TV-Rechte gilt: Auch das Fernsehpublikum
bezahlt über sein TV-Abonnement in hohem Maße für die Aktivitäten des Vereins.
Eine Perspektivierung der Größenverhältnisse (CSR-Ausgaben vs. z. B.
TV-oder Werbeeinnahmen) findet nicht statt, weil bei den umfangreichen
und vielfältigen CSR-Maßnahmen nur in den allerwenigsten Fällen der
konkrete finanzielle Aufwand beziffert wird. Diese Ausnahmen bilden z. B.
Fußballerisches soziales Engagement … 207

vereinseigene Stiftungen oder wenn bei Kooperationen mit anderen gemein-


nützigen Organisationen das Volumen der einzelnen geförderten Projekte oder
Organisationen und Institutionen benannt wird.
Auf keiner Webseite wurden Alternativen zu den CSR-Maßnahmen
angegeben. Auch wenn manche Vereine sozial und wirtschaftlich Benachteiligte
unterstützen und manche sogar ein Ticketkontingent zu stark reduzierten Preisen
anbieten, wird nirgends die Weitergabe von Ersparnissen (Effizienzgewinnen)
oder guten Transferergebnissen an die Fans als Option erwähnt. Auch Gehalts-
kürzungen bei Spielern, Trainern und Managern oder eine Zurückstufung der
hohen Beraterhonorare werden nicht diskutiert, obwohl ein nachhaltiges, sozial
verantwortliches und faires und letztlich auch ein wirtschaftlich sinnvolles
Agieren durchaus Gegenstand von genuiner CSR-Kommunikation sein könnte.
Schließlich ist zwar in den generellen, einleitenden Texten und Textteilen oft
von Verantwortung, dem Bewusstsein der gesellschaftlichen Verantwortung und
in einzelnen Fällen auch von der Pflicht, gesellschaftliche, soziale und umwelt-
bezogene Verantwortung zu übernehmen, die Rede. Interessanterweise finden sich
aber keine Formulierungen der Dankbarkeit oder gar der Demut ob des Privilegs
der Spieler und Trainer.

8 Konsequenzen, Fazit und Ausblick

Das soziale Engagement der deutschen Erstligavereine ist ihren Homepages


zufolge vielfältig, umfassend und ernst gemeint. Eine Vielzahl an Projekten,
Initiativen und Aktivitäten wird auf den Webseiten der Bundesligisten relativ
detailliert, aber auch werbewirksam dargestellt.
Geframet wird vor allem der Nutzen für sozial Benachteiligte, für Kinder
und Jugendliche und für die Umwelt und das Klima. Nicht in der Rahmung ent-
halten ist die Perspektivierung der Größenverhältnisse zwischen Spendenvolumen,
finanziellem Aufwand für die Projekte und den finanziellen Ressourcen der Ver-
eine, darunter das Einsparpotenzial bei Spielergehältern und Transfersummen. Eine
Abführung von beispielsweise zwei Prozent der Spielergehälter oder Transfer-
summen würde die Mittel für CSR-Maßnahmen um ein Vielfaches ansteigen lassen.
Von daher lässt sich in gewisser Weise behaupten, dass die Darstellung der
Sozialen Verantwortung von Bundesligavereinen – trotz mannigfaltiger und
umfassender Beschreibung zahlreicher CSR-Maßnahmen – dennoch ein Element
von redwashing enthält, weil die Vereine bestimmte Sachverhalte von der Dar-
stellung ausschließen, sie nicht thematisieren oder andere Dinge in den Vorder-
grund stellen.
208 M. Nielsen

Allerdings besteht im Zusammenhang mit Studien wie der vorliegenden auch


das Risiko der konstruierten Etikettierung: ohne Motivforschung, ohne Analyse
der Kommunikationsproduktion und -produzierenden, ohne Maßstab, an dem
man die korrekte, legitime, authentische und glaubwürdige CSR-Kommunikation
messen kann, ist der Vorwurf des redwashing eine Etikettierung bzw.
Stigmatisierung von unternehmerischer Kommunikationspraxis, die man als ana-
lysierendes Subjekt oder auch nur als kritisch-engagiertes Mitglied einer offenen
Demokratie fairerweise auch selbstkritisch hinterfragen sollte.
X-washing könnte darüber hinaus auch ein erster Schritt auf dem Weg zu
tatsächlichem Praktizieren von Inklusion, Nachhaltigkeit und sozialer Ver-
antwortung sein. Beispielsweise schätzen Kelly und Gochanour (2018, S. 440)
im Fazit ihrer Analyse von blackwashing der (grundsätzlich weißen) Schwanger-
schaftsberatung der evangelischen Kirche Crisis Pregnancy Center Movement,
dass der oberflächliche Einbezug afroamerikanischer Botschafter:innen und der
Einsatz afroamerikanischer Modelle im Informations- und Marketingmaterial
zwar als blackwashing einzuordnen sei, jedoch nicht nur negativ einzuschätzen
sei: „What is intended as a simple veneer or blackwashing may actually reshape
the movement.“
Hier sollte auch der „Verdachtsdiskurs“ ein wenig differenzierter gesehen
werden (Elving et al. 2015, S. 124), da ein grundsätzliches zynisches oder des-
illusioniertes Misstrauen CSR-Kommunikation und CSR-Praktiken gegenüber
genauso sehr den Weg zur nüchternen Analyse versperren kann wie ein naives
Vertrauen auf die (Auf-)Richtigkeit von CSR-Kommunikation. Auch wenn nicht
verkannt werden darf, „dass CSR unter bestimmten Umständen auch als eine
strategische Täuschung betrachtet werden kann (Thummes 2013), mit der Unter-
nehmen öffentlich Legitimation gewinnen wollen.“ (Altmeppen und Bracker
2018, S. 247), sind weitere Studien erforderlich, um über die Authentizität und
Glaubwürdigkeit gegenüber X-washing und Selbstbeweihräucherung ein quali-
fiziertes Urteil abgeben zu können.

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Martin Nielsen, Diplomfachübersetzer und -dolmetscher; Dr. (ph.d.); Associate Professor


an der Universi¬tät Aarhus/ Dänemark (Institut für Kommunikation und Kultur);
Promotion 1999 über Unternehmensbroschüren. Forschungsschwerpunkte: interkulturelle
Wirtschafts- und Unternehmenskommunikation, internationale Marketing- und PR-
Kommunikation, deutsche und dänische Werbesprache, Textsortenlinguistik. Publikationen
innerhalb dieser Felder zu u. a. Stellenanzeigen als Employer Branding, Storytelling in
der Werbung, Stereotype in der Werbung sowie zur Kommunikation im Fußball (Namen-
sponsoring von Stadien, Markenidentität von Fußballvereinen in digitalen Medien, CSR-
und Diversity-Kommunikation in Fußballorganisationen). Lehre in unterschiedlichen
Feldern und Disziplinen, u. a. Branding, Change Communication, internationale Markt-
kommunikation. Diverse Koordinations- und Repräsentationsfunktionen (u. a. Fach-
bereichskoordinator, Mitarbeiterrepräsentant im Institutforum).
Rahmenthema 3: COVID-19 und soziale
Kommunikation – Topic 3: COVID-19 and
social communication
COVID-19 and On-Site Customer-to-
Customer Interactions: Opportunities
and Challenges for Organizations
in Times of Spatial Distance and Social
Closeness

Henrietta Leonie Pilny

Abstract

Customers do not always attribute responsibility for negative interactions with


other customers to the customer causing them but to the organization itself.
Consequently, organizations should pay attention to customer-to-customer
interactions and even use them to support favorable outcomes for both
customers and organizations. From a marketing perspective, the COVID-
19 pandemic seems to have had substantial impacts on these interactions as
it demands spatial distance and social closeness between individuals. This
article promotes an understanding of customer-to-customer interactions by
considering on-site interactions and their significance against the background
of the pandemic by use of the Kano model on a conceptual basis and from a
holistic point of view. This article not only shows that during the pandemic,
organizations may have been able to facilitate the creation of functional,
affective, social, and network value by focusing on on-site customer-to-
customer interactions but also that challenges may have arisen, such as
the striking need for employee training, customer education, or customer
segmentation.

H. L. Pilny (*)
Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb.
Marketing, TU Dresden, Dresden, Germany
E-Mail: henrietta_leonie.pilny@tu-dresden.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 217


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_10
218 H. L. Pilny

Keywords
Customer-to-customer interactions · Spatial distance · Social closeness ·
COVID-19

1 Introduction

The outbreak of the COVID-19 pandemic in 2020 led to severe risks to people’s
health (De Lusignan et al. 2020; Serafim et al. 2021), and governments around
the globe implemented measures to slow its rapid spread and tackle the crisis
(Dehning et al. 2020; WHO 2021). In addition to controlling transmission,
developing vaccination programs, and designing testing or quarantine policies
(Wells et al. 2021; Yu et al. 2021), containment and mitigation interventions for
enlarged distance between individuals were implemented (Vokó and Pitter 2020;
WHO 2021). In this context, Abel and McQueen (2020) called for cessation of
the use of the term social distance in favor of the terminology spatial distance
and social closeness to convey the duality of the principles that were required to
defeat the pandemic. Spatial distance, curfews and lockdowns entailed further
consequences for individuals, the economy, the environment, and society (Donthu
and Gustafsson 2020; Verma and Prakash 2020). The pandemic confronted
organizations with several challenges, such as forced reduction of labor,
shutdowns (Bartik et al. 2020; Seetharaman 2020), or the necessity of digital
technology in order to deal with spatial distance (Bai et al. 2021). In addition,
businesses faced changing consumer behavior such as panic buying (Hall et al.
2020), a shift toward spiritual consumption (Mehta et al. 2020), and reduced or
increased demand for certain products and services (Roggeveen and Sethuraman
2020). Therefore, it is not surprising that the pandemic has also been perceived
as a marketing crisis and that marketing science has already paid considerable
attention to its impact (Öztürk 2020). While the marketing focus has been on
specific sectors, such as tourism (Shin and Kang 2020) or fitness (Alexandris
et al. 2022), or on themes, such as changing consumer behaviors (Loxton et al.
2020; Areiza-Padilla et al. 2021), on-site customer-to-customer interactions (CCI)
have been less illuminated independently of specific sectors. This research field
understands the presence of other customers to be a significant part of customer
experiences in a service setting (Nicholls 2010; Rihova et al. 2015). As the need
arose during the pandemic crisis for spatial distance and social closeness between
individuals—and thus also customers—on-site CCI came to the fore. At the same
time, a crisis, such as the COVID-19 pandemic, as “a sequence of events that can
COVID-19 and On-Site Customer-to-Customer Interactions … 219

have substantial negative consequences if not managed appropriately” (Pedersen


et al. 2020: 315) calls for responses by organizations (Coombs 2007) and, thus,
demands a closer look at organizations as strong players during the pandemic.
These aspects raise the following important questions: In what way has the
COVID-19 pandemic influenced on-site CCI? What opportunities and challenges
does it entail for organizations with regard to on-site CCI?
The purpose of this article is twofold: First, it aims to provide a clear answer
to these questions along with managerial suggestions and, second, to enrich
marketing research by giving thought to CCI during a crisis, particularly the
COVID-19 pandemic. The structure of this article is as follows: First, the
theoretical framework (Sect. 2) provides insights into research on on-site CCI
and defines the terms spatial distance and social closeness for an underlying
understanding. The following Sect. (3) contains central information on the Kano
model. Section 4 presents the article’s core, including a further breakdown of
the increase in the visibility and importance as well as the opportunities and
challenges of on-site CCI. Finally, the article concludes with a brief summary,
implications, limitations and suggestions for future research (Sect. 5).

2 Theoretical Framework

2.1 Customer-to-Customer Interactions

Approaches to service encounters shed light on the relational exchange between a


focal organization and its stakeholders. These approaches include the servuction
system model by Eiglier and Langeard (1975; cited in Grönroos and Gummerus
2014)—which distinguishes between visible and invisible parts of the service
organization and incorporates a customer B as a vital influencing element in the
customer experience—the interactive marketing model (Grönroos 1978) and
the model of consumer experience (Baron and Harris 2010). Simultaneously,
the rise of relationship marketing (Grönroos 1994) and the replacement of a
goods-centered paradigm with a service-dominant logic (Vargo and Lusch 2004)
has pushed growing interest in interactions in marketing (Solomon et al. 1985;
Nicholls 2010). The origin of this emerging consideration, particularly of inter-
actions between customers, with an accompanying sharp surge in publications
since 2010 (Nguyen and Rosmaninho Menezes 2021), can be traced back to the
pioneering work of Martin and Pranter (1989). These authors proposed customer
compatibility management as a beneficial concept for organizations. Today,
compatibility management constitutes a subfield of CCI.
220 H. L. Pilny

In general, CCI occur both online (Gruen et al. 2006) and offline (Rihova et al.
2015). A considerable amount of marketing research has specifically focused on
CCI that take place away from the point of sale or the service provision, such as
word-of-mouth communication—online as well as offline (Rosario et al. 2019).
As boundaries between online and offline behavior become blurred, a distinction
between off-site and on-site CCI seems more suitable, with the latter understood
as “on-premises verbal and non-verbal behaviors by customers which influence
the service experience of other customers present in the service-setting” (Nicholls
and Gad Mohsen 2019: 800).
This type of influence has been widely investigated from several directions.
For instance, Zourrig and Chebat (2009) found that positive social exchanges
occurring within a line positively influenced customer evaluations of waiting
time. Wei et al. (2017) observed that CCI positively shaped customer self-
esteem and transcendent experiences at conferences. These studies also indicated
that interactions can be direct (e.g., concrete conversations) or indirect (e.g.,
customer B merely being part of the same physical service setting as customer A)
(Martin and Pranter 1989; Nicholls 2010). According to Nicholls (2020), a wide
range of on-site CCI exists, and he consequently organized it into a typology
containing nine categories, including a) shared use space, b) assigned space and
possessions, and c) information provision. The range of CCI also points to the
power needed by organizations to not only mitigate CCI-related damage but
also to facilitate CCI-related gain (Nguyen and Rosmaninho Menezes 2021).
Accordingly, managerial and strategic issues, such as compatibility management
or CCI-induced value creation, were identified by Nguyen and Rosmaninho
Menezes (2021) as main research domains in addition to psychological aspects or
theoretical approaches.
CCI in times of crises is a research area that was recognized years ago but
which has received scant attention and still today presents—to the best of the
author’s knowledge—an unfilled research gap (Elliott et al. 2005: 343; Nicholls
2010: 94). As crises occur in several forms with a broad range of consequences
and responses (Hwang and Lichtenthal 2000; Verhoeven et al. 2014), it is
assumed that CCI are influenced in different ways and to varying extents. As
previously indicated, the COVID-19 crisis has been accompanied by spatial
distance and social closeness. The following section takes a brief but close look
at these terms.
COVID-19 and On-Site Customer-to-Customer Interactions … 221

2.2 Spatial Distance and Social Closeness

Distancing between people is an extremely effective intervention to contain


virus transmission (Matrajt and Leung 2020; Qian and Jiang 2022). Here, the
term social distancing, which implies the maintenance of at least one meter of
distance between people and the avoidance of crowds (WHO 2021), has prevailed
and is commonly used in media or research papers in the COVID-19 context
(Mandavilli 2020; De Beurs et al. 2022). O’Brien (2021: 301) commented that
since the pandemic, this term “has become a mainstream concept, associated
with personal safety and the safety of others.” Looking into previous research
on social distance, differences in the parlance over time can be quickly spotted.
Bogardus (1933; cited in Matthews and Matlock 2011) perceived social distance
as existent between two groups. This term points to a distinction between
self and others or between in-group and out-group (Lewin 1951; cited in Nan
2007). Further, the term distance itself, such as a person being distant, is often
connoted negatively by interpreting this person as “non-engaged, uninvolved
and detached” (O’Brien 2021: 301). The perception of socially distant people
also promotes the emergence of stereotypes and traits, the use of generalizations,
and the application of abstract concepts (Fujita et al. 2006). Consequently, in
accordance with Abel and McQueen’s (2020) call for a different use of terms
in COVID-19 times, the present article follows a breaking down of the term
social distance and avoids its mainstream pandemic-induced association. In fact,
distance is viewed against the background of construal level theory (CLT) which
proposes the transcendence of presence through the building of mental construal
and the existence of psychological distance with its four particular interrelated
dimensions: temporal distance, spatial distance, hypothetical distance, and social
distance (Trope and Liberman 2010). While the present article does not integrate
hypothetical and temporal distance as primary elements, its focus is on the social
and spatial dimension. It is crucial to keep in mind the potentially negative
connotation of social distance in order to comprehend its counterpart of social
closeness: Individuals naturally strive for belongingness and social attachment
(Baumeister and Leary 1995). The feeling of social closeness determines social
interactions and is impacted by a variety of factors, such as interaction frequency
or similarity (Stephan et al. 2011: 397). Thus, in this article, social closeness is
connoted positively as a part of individuals’ central motivations and is evaluated
as a required element in times of crises that entail uncertainties and fear.
Likewise, spatial distance must not be confused with social distance and does
not directly imply a potentially negative assessment. However, research on spatial
222 H. L. Pilny

distance in the context of CLT has also detected a considerable impact from
spatial distance on individuals so that more distant objects or events lead to the
formation of higher mental construal (Trope and Liberman 2010). For instance,
individuals attribute the behavior of others to situational factors if these others
are spatially close rather than to enduring dispositions, and vice versa (Henderson
et al. 2006). While the former features are relatively concrete and contextual,
the latter are relatively general and decontextualized (Henderson et al. 2006). To
give an additional example, customers in tourism evaluate abstract promotional
messages (e.g., pictoral information on a hotel) of vacation providers more
positive when the destination is relatively far whereas concrete promotional
messages (e.g., textual information on hotel) can be more favorable for relatively
close destinations (Kim et al. 2016). Findings like this emphasize the importance
of psychological distance in the context of marketing (for an extensive overview
of the CLT’s integration into research, please see Adler and Sarstedt 2021).

3 Kano Model

As a meaningful method to understand customer perceptions and needs with


respect to the different attractive quality attributes of products and services, the
so-called two-dimensional Kano model based on the motivation-hygiene theory
by Herzberg et al. (2017) has found multiple applications and refinements in
both science and practice (Yang 2005; Liu and Luo 2019). According to Kano
(1984; cited in Matzler et al. 1996; Yang 2005), products and services exhibit
three central types of quality attributes (also referred to as “requirements”)
which have a varying impact on customer satisfaction. The first type consists of
must-be quality attributes which cause dissatisfaction if they are not fulfilled.
However, these attributes do not lead to satisfaction when they are met as
customers take them for granted (e.g., theater visitors expect chairs in which
to sit during the play). The second type consists of one-dimensional quality
attributes which proportionally relate to satisfaction, which means the greater the
degree of fulfillment, the greater the degree of satisfaction, and vice versa (e.g.,
theater visitors pay attention to the actors’ performances and compare them to
previous experiences). In contrast to must-be quality attributes, customers do
not anticipate the third type known as attractive quality attributes (e.g., following
the play, visitors spontaneously have the opportunity to enter the stage and talk
to the actors). Two additional types—indifferent quality attributes and reverse
quality attributes—allow for more precise division. While the former type
represents attributes without any impact on dis/satisfaction (e.g., the color of the
COVID-19 and On-Site Customer-to-Customer Interactions … 223

theater tickets), the latter comprises attributes for which their absence instead
of presence positively correlates with satisfaction, and vice versa (e.g., buzzing
mosquitos in an open-air theater). For completeness, in empirical investigations,
a third additional type—questionable quality attributes—describes insufficient
understanding or accidently incorrect responses to the evaluation of attributes.
As shown, this model is not limited to products but also includes services.
Furthermore, it has already been applied in the context of CCI in order to
gather quality elements of CCI in social commerce (Liu and Luo 2019) and to
understand negative CCI and its management on passenger flights (Go and
Kim 2018). In contrast to these previous empirical investigations, the present
article does not strive for a clear classification of CCI into the types of quality
attributes on a questionnaire-based approach. It is assumed that CCI and
their classifications depend on different factors, such as sectors or individual
customer preferences and perceptions. Attention is thus paid to the organization’s
perspective and its opportunities and challenges by integrating value and effort
into the Kano model from a holistic perspective.

4 Opportunities and Challenges for Organizations

4.1 Increase in Visibility and Importance

A transfer of the categories, established by Nicholls (2020), to the time of the


pandemic, as presented in Sect. 2.1, reveals a considerable number of COVID-
19-related particularities that affect these categories. For instance, category (a)
encompasses behavior that emerges in the shared use space of customers, such
as customer A being limited in his movement by the presence of customer B
or feeling disturbed by a smell caused by customer B (Hoffman and Lee 2014;
Nicholls 2020: 132). As spatial distance is implemented as a countermeasure
against the virus’ spread (WHO 2021), customers may quickly be influenced
in a negative way if customer B deliberately, accidently, or inevitably moves
spatially closer to customer A. Simultaneously, the excessive use of disinfectant
gel and its smell by customer B may lead to unpleasant perceptions by customer
A. To give an additional example, category (g) accommodates behavior related
to standing in line norms, such as the ignorance of the first-come, first-served
principle by customer B, which affects customer A’s time (Nicholls 2020:
135). The implementation of admission restrictions challenges customers to be
patient before entering a supermarket (Wille and Weber 2021). Customers may
have more rarely faced this situation before the pandemic. On the one hand,
224 H. L. Pilny

the misbehavior of customer B, such as jumping the line, could negatively


influence customer perceptions (Yin and Poon 2016: 649). On the other hand,
the additional time could allow pleasurable conversations between customers
to emerge (Zourrig and Chebat 2009). Figure 1 gives a complete overview
of examples. These demonstrate the involvement of the pandemic-related
particularities—both in a positive and negative way—in the wide range of on-site
CCI on a potential daily basis.
Further, the pandemic brings fear and risk perception (Cori et al. 2020: 3s.).
As “fear can promote consciousness and care towards the planet” (Cori et al.
2020: 4), it is possible that customers also pay more attention to the behavior
of other customers. For instance, while customer A may have indicated little
interest prior to the pandemic in the disinfection of fitness devices at the gym by
customer B, the fear of contagion sharpens attention in times of the pandemic.
In this context, fear and risks are related to health concerns and particularly to
infection with the virus. However, fear and risk can also be viewed in terms of

Fig. 1 Involvement of COVID-19-particularities in CCI categories. (Categories by


Nicholls 2020)
COVID-19 and On-Site Customer-to-Customer Interactions … 225

further individual concerns, such as the restriction on individual freedom due


to countermeasures as portrayed in street protests (Kowalewski 2021: 760),
that may make customers more attentive. These protests also point to the third
reason: As opinions on the pandemic and its countermeasures vary, for example,
in the occurrence of anti-vaccination movements (Megget 2020), an increase in
diversity between individuals can be expected. Opinions could collide and ignite
the potential for (non)verbal conflicts between customers, for instance, in the
acceptance of hygiene regulations for a sports event. Research has also shown
that loneliness and social isolation are an inherent aspect of the pandemic (Bu
et al. 2020). Consequently, as individuals strive for belongingness and social
attachment (Baumeister and Leary 1995), it is assumed that customers experience
activities such as grocery shopping in a different way, particularly during the
lockdown when there has been very little analogue social contact. In order to
have a change in scenery and gain a sense of social closeness, customers may
perceive CCI as a chance for socializing, such as having random conversations
with customer B at the supermarket during lonely, monotonous days. People also
tried to counteract this isolation through the replacement of analogue face-to-face
contact with contact by means of digital instruments (O’Connell et al. 2022). The
pandemic has triggered a digital revolution (Hantrais et al. 2021), with a sharp
growth in the use of video conferencing systems (Camilleri and Camilleri 2021).
In this context, the behavior of customer B may not only be relevant for customer
A offline but also online. So called eCCI (electronic CCI)—CCI that take place
electronically (Georgi and Mink 2013)—may be at the forefront during the
pandemic. For instance, in digital business meetings, customer A could view the
camera’s deactivation of a colleague, that is customer B, as disrespectful behavior.
The increase in visibility and importance occurs in a twofold manner: for
customers and organizations. While the former may not be directly aware
of this change, it is the latter’s role to act. The following section demonstrates
opportunities in this context.

4.2 Opportunities

Taking into account the different quality attributes as presented in Sect. 3,


the pandemic and its measures, such as admission restrictions or occupancy
regulations, have resulted in increased visibility and importance of on-site CCI,
which can allow organizations to gain an understanding of on-site CCI and
classify them into the various types. This idea can be illustrated by practical
examples, such as the following. Starting with reverse quality attributes, the
226 H. L. Pilny

presence of customer B and the lack of privacy screens may be particularly


disturbing for customer A during COVID-19 testing as this situation may be
intimidating for customer A. In contrast, must-be quality attributes accommodate
the need for the presence of customer B, such as the exercise of sports like
kickboxing, which collide with the demand for spatial distance. With respect to
one-dimensional quality attributes, customer B is not essential for customer A’s
fulfillment of service in a restaurant, but dining restrictions and the consequent
reduction in the number of other customers may adversely affect the atmosphere,
potentially connoting unpalatable food and, thus, reducing customer A’s quality
perception. In addition, customer A may pay attention to customer B’s behavior
and compare this to previous experiences during the pandemic, for example,
whether customer B follows hygiene regulations, such as the use of a facemask.
A euphoric crowd—the presence of other customers—at a concert who do not
allow the pandemic to get them down may illustrate attractive quality attributes
in the context of on-site CCI during crises. Despite the following of hygiene
regulations, such as testing for COVID-19 before the beginning of the concert,
wearing a facemask, or keeping distance from the stage or other customers,
the concertgoers may create a positive mood and, thus, influence customer A’s
perception. These different quality attributes are visualized at the center of Fig. 2.
After gaining an understanding of CCI and classifying single on-site CCI,
organizations can facilitate the creation of value with other customers as essential
creators. According to the so-called customer-dominant logic, which modifies the
service-dominant logic presented in Sect. 2.1, “visible and invisible life and eco-
system of the customer is the sphere where value is formed and which functions
as the energy for value formation” (Heinonen et al. 2013: 10). In this context, it is
important to distinguish between the organization as an active value creator and
the organization as facilitator of value creation. An awareness is required of the
varying extent and form of value to which these CCI refer which is dependent on
the type of quality attribute. Value-outcomes can be categorized into functional,
affective, social, and network (Rihova et al. 2018). These categories are adjusted
to the present article’s context. For functional value, which may constitute a
primary goal in reverse or must-be quality attributes, the absence or presence of
customer B and, in addition, potenzial sports equipment, may be sufficient. For
affective value as a potential aim in one-dimensional quality attributes, in times
of fear and risk perception (Cori et al. 2020: 3s.), the occurrence of pleasurable
conversations with other customers may lead to the feeling of emotional support.
Similarly, sharing information on existing hygiene regulations and then entering
a sports stadium together while following these regulations may promote the
creation of social value. In attractive quality attributes, the provision of uniform
COVID-19 and On-Site Customer-to-Customer Interactions … 227

Fig. 2 Overview of opportunities and challenges with value and effort

facemasks with a music band’s logo (also see Rihova et al. 2018: 372) could
facilitate the creation of network value for concertgoers.
In the course of this, it is necessary to note that multiple forms of value
could occur in different types of quality attributes (see Fig. 2, left-hand side).
As organizations only generate conditions for value creation, it may be difficult
to aim at the creation of a specific form. This points to the assumption that
challenges, particularly effort, accompany the generation of conditions for value
creation, as discussed in the following Sect. 4.3.
228 H. L. Pilny

4.3 Challenges

In order to generate conditions for value creation and bridge the gap between
spatial distance and social closeness, organizations need to tackle challenges
which are of a special nature during the pandemic. For instance, spatial distance
can lead to the attribution of customer B’s behavior to enduring dispositions
(Henderson et al. 2006), and this attribution may even be increased by the
collision of differing opinions which, in turn, increase the likelihood of this
attribution and hinder the generation of value creation (e.g., social value).
The reduced frequency of interactions and its negative link to social closeness
(Stephan et al. 2011: 397) may also be an obstacle. Furthermore, the covering
of a smile by a facemask could prevent the passing on of positive emotion
(signaled through a smile) and, thus, the creation of affective value, according to
the emotional contagion concept (Hatfield et al. 1993). It could also negatively
influence physical appearance and, consequently, support the negative emotion
of customer A (Lin et al. 2020). These examples only present a small selection;
further concrete challenges can be derived from the COVID-19-related
particularities, as shown in Fig. 1 in Sect. 4.1. These concrete challenges in single
incidents within on-site CCI categories call for a clear communication (primary
required effort). This communication must be targeted by the organizations
themselves, not only with respect to their employees but also stakeholders and, in
the course of the present article, particularly their customers.
This communication involves three secondary efforts (see Fig. 2, right-hand
side) which constitute clear managerial implications. As frontline employees
are confronted with new incidents between customers during the pandemic
(e.g., a verbal dispute regarding ignorance of hygiene regulations), so-called on-
the-job training might not be sufficient (Nicholls and Gad Mohsen 2019: 811).
Specific employee training should be implemented because prior training for
frontline employees is required for difficult on-site CCI (Kokko and Mäki 2009;
Nicholls 2010: 91; Nicholls and Gad Mohsen 2019: 811), and post training
time helps to process and learn for the future (Nicholls and Gad Mohsen 2019:
811). For instance, employees could be trained on how to support the design of
a pleasant atmosphere despite times of crises—which then promotes the creation
of value. Again, the extent of training could depend on the classification of the
CCI type of quality attribute. A focus not only on the direct organizations’ side
but also on face-to-face communication with customers raises the concept of
customer education (also see Nicholls 2010: 91), particularly for the prevention
of customer failure. This concept encompasses organization-induced learning
activities with the aim of sustainable, enhanced customer relationships by
COVID-19 and On-Site Customer-to-Customer Interactions … 229

enabling existing customers product-related consumption (Stolz-Römmermann


et al. 2019: 286). In the course of this, organizations could introduce nudging
approaches (Thaler and Sunstein 2008), such as the placement of footprints
to disinfection locations (Brill and Daube 2020). Organizations should also
enhance verbal exchange in order to understand needs. For instance, a manager
could speak with employees about individual preferences for video conferences.
As a second step, the manager could set up clear rules regarding the camera or
microphone activation. Finally, in order to deal with the emergence of fear and
risk perceptions and prevent (non)verbal disputes, organizations could apply other
forms of customer segmentation (also see Nicholls 2010: 91), so that customer
A’s behavior and attitude may be similar to customer B’s behavior and attitude.
For instance, younger customers with a potentially lower risk perception may be
interested in a different kind of travel as compared to customers with a potentially
higher risk perception. The following figure (Fig. 2) visualizes the interplay
between the organization’s active role to utilize the value for customers, provided
by other customers, and its required efforts to reach these favorable outcomes,
depending on the level of quality attributes. Above all, the frame symbolizes the
need for a clear communication.

5 Conclusions

The aim of the present article was to respond to two questions: In what way
has the COVID-19 pandemic influenced on-site CCI? What opportunities
and challenges does the pandemic entail for organizations with regard to on-
site CCI? An assumed increase in on-site CCI’s visibility and importance was
demonstrated with five central reasons. The opportunities for organizations
as the facilitators of the creation of functional, affective, social, and network
value were demonstrated, which comes along with effort, particularly employee
training, customer education and customer segmentation. The present article tries
to encourage organizations and science to take into account the Kano model as
a valuable tool to gain an understanding of organization-relevant on-site CCI.
The COVID-19 pandemic in particular not only allows for the visibility and
classification of on-site CCI but also enables organizations to manage on-site CCI
under certain circumstances and learn from experiences that can be useful in the
future. The pandemic also emphasizes the digital revolution with the increasing
importance of eCCI. Consequently, organizations, especially those performing in
the business-to-business context or specific sectors such as educational providers,
should pay attention to the management of on-site CCI taking place electronically
230 H. L. Pilny

by the formulation of clear rules. Taking into account the article’s scientific
implications, it enriches research on on-site CCI by putting this field into the
context of crises. Additionally, a distinction between spatial distance and social
closeness against the background of CLT underlined the need for careful handling
of these terms.
Nonetheless, the present article is not without its limitations. First, the ideas
presented here and their implications are based on a conceptual approach.
Second, the author did not select a specific sector on which to focus—a uni-
versal approach was chosen, which does not allow profound details. Third, the
comprehensiveness of the presented opportunities and challenges is not claimed.
Fourth, the dynamics and volatility of the pandemic should not be neglected; with
this in mind, the present article gives a snapshot of the situation in winter 2021–
2022 and its expected long-lasting outcomes based on the recent circumstances;
however, no concrete estimations about further developments can be made at this
point. These facts demonstrate the need for further research as well as its great
potential. The application of qualitative as well as quantitative methods can serve
for a deeper understanding. To provide concrete examples, the author suggests
addressing the following research questions: How do customers perceive (on-
site) CCI in crises times? To what extent can customers or organizations perceive
changes during these times and in what ways can science or practice explicitly
measure these changes? What role do sectors and their individual conditions
play in this regard? In what way are COVID-19-related changes in (on-site) CCI
comparable to other crises, which have not come along with the required spatial
distance and social closeness for virus containment?

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Henrietta Leonie Pilny, M. Sc., war wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an


der Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing der Technischen Uni-
versität Dresden. Zuvor erlangte sie einen Master of Science in Business and Management
an der Queen Mary University of London. Ihr Forschungsschwerpunkt ist das Relationship
Marketing, wobei in ihren interdisziplinären Betrachtungen vor allem Ausprägungen von
Distanz in Stakeholder-Beziehungen eine zentrale Rolle spielen.
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse
einer empirischen Studie zu
Konsumentenentscheidungen im Zuge
der Corona-Pandemie

Sophia Hellenthal und Marcus Stumpf

Zusammenfassung

Die durch das Coronavirus ausgelöste Pandemie erfordert viele unvorher-


gesehene Entscheidungen. Unter Unsicherheit trifft der Mensch diese nicht
unbedingt rational. Forschungsbefunde aus der experimentellen Psycho-
logie zeigen, dass bis zu 95 % unserer Entscheidungen durch das mensch-
liche Unterbewusstsein getroffen werden. Dabei werden häufig sogenannte
Urteilsheuristiken bei Entscheidungen unter Unsicherheit angewandt. Diese
Heuristiken haben die Vorteile der einfachen Anwendbarkeit und Schnellig-
keit, jedoch sind auf diesen Regeln basierende Urteile und Entscheidungen
auch häufig mit Fehlern verbunden. Zu diesen Urteils- und Entscheidungs-
fehlern zählen beispielsweise die Rekognitionsheuristik, der Bestätigungsirr-
tum sowie der Framing-Effekt. Im Rahmen dieses Forschungsbeitrags wird
untersucht, inwiefern sich bekannte Phänomene aus der Verhaltensökonomie,
wie das WYSIATI-Phänomen von Daniel Kahneman, im Zuge der Corona-
Pandemie zeigen und welche Rolle die Kommunikation bzw. die Medien
dabei spielen. Der Wirtschaftsnobelpreisträger beschreibt mit dem Akronym
„WYSIATI“ („What you see is all there is“), wie unser Gehirn bzw. das

S. Hellenthal
Gelnhausen, Deutschland
M. Stumpf (*)
Frankfurt am Main, Deutschland
E-Mail: info@marcus-stumpf.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 237


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_11
238 S. Hellenthal und M. Stumpf

sogenannte „System I“ versucht, aus wenigen Informationen eine möglichst


plausible Geschichte zu konstruieren, sodass Entscheidungen schnell und
intuitiv getroffen werden.

Schlüsselwörter

Corona-Pandemie · Entscheidungen · Verhaltensökonomie ·


Rekognitionsheuristik · Bestätigungsirrtum · Framing-Effekt

1 Einleitung und Problemstellung

Ende 2019 wird in China eine rätselhafte Lungenerkrankung festgestellt und zum
Jahresende der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gemeldet (WHO 2020a).
Zu dieser Zeit nehmen die Menschen in Europa die Vorfälle in China aufgrund
der großen geografischen Distanz kaum wahr (Kirchler et al. 2020: 2). Die
Meldungen aus China werden jedoch immer häufiger und das unbekannte Virus
verbreitet sich schnell. Die Erkrankungen an COVID-19 nehmen sprunghaft zu
und bereits im Januar 2020 gibt es erste Krankheitsfälle in Europa. Nur wenige
Wochen später wird vielerorts der Ausnahmezustand verkündet (WHO 2020a).
Im März 2020 erklärt die WHO den COVID-19-Ausbruch offiziell zur Pandemie
und in Deutschland wird der erste Lockdown ausgerufen (WHO 2020b). Im
Zuge dessen müssen Restaurants, Bars, Läden, Spiel- und Sportplätze ebenso
wie Theater, Konzert- und Opernhäuser, Kinos, Schulen, Universitäten und
Ämter schließen (Bundesregierung 2020). Das gesellschaftliche und wirtschaft-
liche Leben wird auf das Nötigste heruntergefahren. Seitdem gibt es in Phasen
niedriger Inzidenzen Lockerungen der Beschränkungsmaßnahmen (z. B.
Öffnungen von Einzelhandel und Gastronomie) und in Phasen hoher Inzidenzen
strengere Beschränkungsmaßnahmen.1
In Zeiten dieser Pandemie, die zu starken Einschränkungen der wirtschaft-
lichen Aktivität führt, scheinen die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie auf den
ersten Blick wenig relevant. Vordergründig stehen aus wirtschaftswissenschaft-
licher Sicht zuerst Lieferketten, Firmen- und Bankenliquidität sowie Arbeitsplätze
im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Doch es gibt einen Bereich im
Zuge der Bekämpfung der Pandemie, in dem menschliches Verhalten und seine

1 EineAuflistung der politischen Maßnahmen findet sich auf der Internetseite des Bundes-
ministeriums für Gesundheit (BMG) (2021).
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse einer empirischen Studie … 239

psychologischen, soziologischen und ökonomischen Einflussfaktoren relevant


sind: die menschliche Reaktion auf Unsicherheit (Holtfort 2020: 151; Kocher
2020; Schneider 2020: 1).
Die Pandemie erfordert viele unvorhergesehene Entscheidungen. Unter
Unsicherheit trifft der Mensch diese nicht rational (Gigerenzer und Brighton
2009: 107; Kahneman und Tversky 1979: 1124). Forschungsbefunde aus der
experimentellen Psychologie zeigen, dass bis zu 95 % aller Entscheidungen durch
das Unterbewusstsein getroffen werden (Schwarz 2018: VI). Dabei werden häufig
sogenannte Urteilsheuristiken bei Entscheidungen unter Unsicherheit angewandt
(Kahneman und Tversky 1979: 1124). Diese Heuristiken haben die Vorteile der
einfachen Anwendbarkeit und Schnelligkeit, jedoch sind auf diesen Regeln
basierende Urteile und Entscheidungen auch vielfach mit Fehlern verbunden
(Hoffmann und Akbar 2019: 117; Schläpfer und Fichter 2018: 218). Zu diesen
Urteils- und Entscheidungsfehlern zählen beispielsweise die Rekognitionsheu-
ristik, der Bestätigungsirrtum und der Framing-Effekt (Raab et al. 2010: 28 ff.;
Kahneman 2012).
In der Literatur finden sich zahlreiche Studien und entsprechende Erkenntnisse,
die das Entscheidungsverhalten von Konsumenten aus verhaltensökonomischer
Sicht untersuchen (Goldstein und Gigerenzer 2002; Oswald und Grosjean 2004;
Tversky und Kahneman 1981). Die vorliegende Ausarbeitung überträgt diese
Erkenntnisse auf die Corona-Pandemie und untersucht, inwiefern sich bekannte
verhaltensökonomische Phänomene, wie das WYSIATI-Phänomen von Daniel
Kahneman, im Zuge der Corona-Pandemie zeigen. Der Wirtschaftsnobelpreisträger
beschreibt anhand der Zwei-Systeme-Theorie, wie unser Gehirn (das sogenannte
„System I“ bzw. der „Autopilot“) versucht, die Wirklichkeit zu verstehen (Kahn-
eman 2012: 33 ff.). Dabei funktioniert das menschliche Denken prinzipiell über
zwei kognitive Systeme: das automatische, schnelle und unbewusste System
I sowie das bewusste und konzentrierte System II (Kahneman 2012: 33; Beck
2014: 13). WYSIATI – What you see is all there is (in etwa: ‚Nur was man gerade
weiß, zähltʻ) − beschreibt die Tatsache, dass das Unterbewusstsein (System I) aus
wenigen Informationen eine möglichst plausible Geschichte konstruiert und dem
Bewusstsein (System II) präsentiert (Kahneman 2012: 113) (Abb. 1).

WYSIATI erleichtert es, jene Kohärenz und kognitive Leichtigkeit zu erreichen, die
dafür sorgt, dass wir eine Aussage als wahr akzeptieren. Es erklärt, wieso wir schnell
denken und in einer komplexen Welt partielle Informationen sinnvoll interpretieren
können. (Kahneman 2012: 115).

In diesem Forschungsbeitrag wird untersucht, inwiefern Konsumenten unbewusst


in ihrem Entscheidungsverhalten beeinflusst werden, d. h. Entscheidungen auf
240 S. Hellenthal und M. Stumpf

Abb. 1 Zwei-Systeme-Theorie der Verhaltenssteuerung nach Kahneman. (Bild: Flaticon.


com)

Basis ihres Systems I treffen und Heuristiken als Entscheidungshilfe anwenden.


Zudem soll aufgezeigt werden, inwiefern die Konsumenten durch den Einsatz
von Heuristiken Urteils- und Entscheidungsfehler im Zuge der Corona-Pandemie
begehen.

2 Heuristiken

2.1 Begriff und Merkmale

Der Begriff Heuristik ist griechischen Ursprungs und bedeutet etwa ‚findenʻ
oder ‚entdeckenʻ (Gigerenzer und Gaissmaier 2011: 454; Beck 2014: 25). In der
Kognitionspsychologie werden unter Heuristiken einfache Entscheidungsregeln
oder auch „Faustregeln“ verstanden, die auf eine schnelle und effiziente Lösung
von Problemen unter ungünstigen Informationsbedingungen abzielen (Tversky
und Kahneman 1974: 1124; Hutchinson et al. 2005: 97 f.; Bucher et al. 2013: 393;
Schulz-Hardt et al. 2015: 190). Sie werden auf leicht zu erhaltende Informationen
angewendet und ermöglichen unter geringem Verarbeitungsaufwand, Ent-
scheidungen und Urteile einigermaßen treffsicher zu fällen (Strack und Deutsch
2002: 353). Heuristiken beruhen auf Erfahrungen, intuitiven Fähigkeiten und
kontextuellen Strukturen (Trommsdorff und Teichert 2011: 288). Sie sind robuste,
d. h. auf ähnliche Situationen übertragbare, schnell anwendbare, leicht erlern-
bare und meist unbewusste Regeln (Gigerenzer 2004: 62 ff.; Stephan 1999: 103).
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse einer empirischen Studie … 241

Heuristische Urteile haben die Vorteile der einfachen Anwendbarkeit sowie


Schnelligkeit und stimmen daher häufig mit Urteilen überein, die auf Basis auf-
wändigerer Verarbeitungsprozesse gefällt werden (Raab et al. 2010: 120; Strack
und Deutsch 2002: 353). Jedoch kommt es unter bestimmten Bedingungen auch
zu systematischen Fehlurteilen bzw. Fehleinschätzungen (Schläpfer und Fichter
2018: 218; Beck 2014: 26 f.). In diesem Zusammenhang wird von sogenannten
cognitive biases, also kognitiven Verzerrungen gesprochen (Hoffmann und Akbar
2019: 117; Ebering 2005: 21). Als Grundlage der Untersuchung werden im
Folgenden die Rekognitionsheuristik, der Bestätigungsirrtum und der Framing-
Effekt näher erläutert bzw. dargestellt.

2.2 Rekognitionsheuristik

Die Rekognitionsheuristik (recognition heuristic), auch Wiedererkennungs-


heuristik genannt, ist eine bedeutende Heuristik der Kognitionspsychologie. Die
Rekognitionsheuristik sagt aus, dass bei der Beurteilung von mehreren Objekten
hinsichtlich eines Merkmals unter gewissen Umständen deren Wiedererkennung
als einzige Entscheidungshilfe genutzt wird (Goldstein und Gigerenzer 2002:
76; Pfister et al. 2017: 142; Moser und Soucek 2015: 365; Trommsdorff und
Teichert 2011: 290). Sollen beispielsweise zwei Objekte hinsichtlich eines Ziel-
kriteriums beurteilt werden, so lautet die Rekognitionsheuristik: „Wenn du ein
Objekt wiedererkennst, aber das andere nicht, ziehe den Schluss, dass das wieder-
erkannte Objekt einen höheren Wert hat“ (Gigerenzer 2007: 123). Das reine
Wiedererkennen erscheint demnach so überzeugend, dass andere Kriterien für die
Entscheidung vernachlässigt werden. Bei der Anwendung dieser Heuristik kommt
es nicht darauf an, warum das Objekt wiedererkannt wird, sondern das Gefühl
des Erinnerns reicht vollkommen aus (Felser 2014: 53). In einer Studie sollten
Probanden beurteilen, welche der beiden Städte San Diego und San Antonio
mehr Einwohner hat (Goldstein und Gigerenzer 2002: 76). Dabei konnte gezeigt
werden, dass die verhältnismäßige Größe von Städten, gemessen an der Ein-
wohnerzahl, relativ zuverlässig dadurch vorhergesagt werden kann, welche der
beiden einander gegenüber gestellten Städten von den Probanden wiedererkannt
wurde (Beck 2014: 87; Felser 2015: 178 f.). Ist einer Person also nur eine der
beiden Städte bekannt, so beurteilt diese unter Anwendung der Rekognitions-
heuristik die bekannte Stadt als größer (Wentura und Frings 2013: 148 f.; Felser
2015: 178 f.). Die Rekognitionsheuristik funktioniert immer dann, wenn die
Wahrscheinlichkeit, mit der ein Objekt als bekannt eingestuft wird, mit dem Ziel-
kriterium, um das es bei der Wahl geht, korreliert, beispielsweise weil Städte
242 S. Hellenthal und M. Stumpf

mit einer größeren Einwohnerzahl häufiger in den Medien erwähnt und dadurch
eher erkannt werden (Gigerenzer 2007: 123). Demnach wäre das Erkennen
bzw. Nicht-Erkennen einer Stadt ein valider Hinweis auf ihre Einwohnerzahl
(Wentura und Frings 2013: 148 f.). Die Stärke dieses Zusammenhangs wird als
Rekognitionsvalidität bezeichnet (Goldstein und Gigerenzer 2002: 78).
Da die Rekognitionsheuristik den natürlichen Zusammenhang zwischen
Wiedererkennen und Kriterium ausnutzt, kann sie als „ökologisch rational“
angesehen werden (Goldstein und Gigerenzer 2002: 76). Kritisch diskutiert wird
jedoch, dass diese Heuristik nur verwendet werden kann, wenn eines der zu ver-
gleichenden Objekte unbekannt ist (Wentura und Frings 2013: 149). Die öko-
logische Rationalität der Rekognitionsheuristik beschreibt, dass ein Kriterium
(z. B. Großstädte) durch eine Mediatorvariable (z. B. Anzahl der Erwähnungen in
Zeitungen, Fernsehen, Internet oder auch von anderen Menschen) reflektiert wird
(Goldstein und Gigerenzer 2002: 78). Der Mediator beeinflusst dann die Wahr-
scheinlichkeit der Wiedererkennung (Goldstein und Gigerenzer 2002: 78).

2.3 Bestätigungsirrtum

Unter dem Bestätigungsirrtum (confirmation bias) versteht man in der Kognitions-


psychologie die Neigung von Menschen, Informationen so auszuwählen, zu
suchen und zu interpretieren, dass diese die eigenen Annahmen und Erwartungen
bestätigen (Nickerson 1998: 175; Skov und Sherman 1986: 93 f.; Peters 2020: 3).
Der Psychologe Peter Wason entwickelte in den 1960er Jahren erste Theorien in
diesem Forschungsbereich und nahm an, dass der Mensch Hypothesen prinzipiell
lieber bestätigt, als diese zu widerlegen (Wason 1960: 129).
Der Bestätigungsirrtum kann bei der Suche wie auch bei der Interpretation von
Informationen auftreten. Bei der Suche nach Informationen zeigt er sich darin,
dass Personen dazu neigen, lediglich nach Informationen zu suchen, die ihre
Vermutungen bestätigen. Es werden Hypothesen getestet, indem allein Argu-
mente gesucht werden, die diese Hypothese stützen, anstatt ebenfalls Argumente
zu suchen, die dagegensprechen (positive Tests) (Nickerson 1998: 176; Werth
2020: 80). Bei der Interpretation von Informationen kann der Bestätigungs-
irrtum in verschiedenen Formen vorkommen: Personen fällt es schwer, Daten
und Feststellungen vor dem Hintergrund alternativer Hypothesen zu deuten
(Pseudodiagnostizität), sie tendieren dazu, jene Argumente stärker zu gewichten,
welche ihre Position befürworten (my-side-bias), sie bilden sich schon in frühen
Phasen der Entscheidungsfindung ein Urteil (primacy effect), sie suchen in
Beobachtungen und Daten nach Mustern, die ihre Auffassungen und Hypothesen
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse einer empirischen Studie … 243

bejahen, und sie glauben schnell an statistische Zusammenhänge, welche nicht


existieren (illusorische Korrelation) (Beck 2014: 49).
Der Bestätigungsirrtum führt dazu, dass sich Menschen immer wieder in ihren
Ansichten und Meinungen bestätigt fühlen (Oswald und Grosjean 2004: 79 f.).
So sind Menschen davon überzeugt, Recht zu haben, weil ihre Wahrnehmung
passende Argumente findet, die ihre Ansichten bestätigen. Eine auf diese Weise
verzerrte Wahrnehmung führt außerdem dazu, dass vorgefasste Meinungen und
Vorurteile in den Köpfen der Menschen gefestigt sind und sich auch mit beleg-
baren Gegeninformationen nicht verändern lassen (Wason 1981: 356). Somit tritt
die Verteidigung dieser Meinungen in den Mittelpunkt der Anstrengungen. Wenn
sich Menschen demnach erst einmal eine Meinung gebildet haben – z. B., dass
Impfungen schädlich sind oder dass das Coronavirus nicht existiert –, favorisieren
sie Informationen, die ihre bereits bestehende Meinung bestätigen (Myers 2014:
371; Beck 2014: 47).

2.4 Framing-Effekt

Nach Tversky und Kahneman wird unter einem frame (‚Rahmenʻ) die mentale
Repräsentation eines Entscheidungsproblems verstanden (Tversky und Kahn-
eman 1981: 453). Dieser Rahmen wird vom Entscheidungsträger zum einen durch
die Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen aus der Umwelt und zum
anderen durch die Aktivierung vorhandenen Wissens geschaffen (Tversky und
Kahneman 1981: 453). Wird ein Problem auf zwei unterschiedliche Weisen, jedoch
logisch äquivalent formuliert, so können allein aufgrund der verschiedenen Problem-
formulierungen unterschiedliche Entscheidungen entstehen (Gigerenzer 2007: 109;
Kahneman 2012: 115; Schmook et al. 2002: 289; Hoffmann und Akbar 2019: 119 f.).
Die Art und Weise, wie eine Sachlage dargestellt wird, der sogenannte Framing-
Effekt (Rahmungseffekt), beeinflusst somit die Entscheidungen und Einschätzungen
von Personen (Myers 2014: 376; McKenzie 2004: 874; Ebering 2005: 58 f.).
Der Framing-Effekt lässt sich aus der wohl einflussreichsten und empirisch
fundierten Theorie zur Klassifizierung und Erklärung von Entscheidungs-
anomalien – der Prospect Theory von Kahneman und Tversky – ableiten. Im
Fokus stehen dabei Entscheidungen unter Risiko bzw. Unsicherheit (Kahn-
eman und Tversky 1979: 263). Nach dieser Theorie wird der Nutzen für
den Entscheidungsträger nicht anhand des absoluten Nutzens gemessen,
sondern durch positive oder negative Abweichungen von einem Referenz-
punkt, das bedeutet als Gewinn bzw. Verlust, ausgedrückt (Gerrig et al. 2018:
372 f.). Außerdem wird von einer Verlustaversion des Entscheidungsträgers
244 S. Hellenthal und M. Stumpf

ausgegangen (Homburg 2017: 92). Dies bedeutet, dass Verluste Konsumenten


mehr schmerzen als sie gleichwertige Gewinne freuen, weshalb Verluste im Ver-
gleich zu Gewinnen stärker gewichtet werden (Felser 2015: 168). Des Weiteren
werden die Eintrittswahrscheinlichkeiten von möglichen Umwelteinflüssen nicht
objektiv gewichtet, sondern anhand einer Wahrscheinlichkeitsgewichtungs-
funktion. Infolgedessen wird der Eintritt unwahrscheinlicher Ereignisse häufig als
zu hoch bewertet, sehr wahrscheinliche Ereignisse hingegen zu wenig gewichtet
(Pfister et al. 2017: 189; Felser 2014: 63 f.).
In der Literatur wird zwischen drei Arten von Framing-Effekten unter-
schieden: dem Framing bei riskanten Entscheidungen (risky choice framing), dem
Handlungs-Framing (goal framing) und dem attributiven Framing (attributive
framing) (Levin et al. 1998: 150). Ein Beispiel für das Framing bei riskanten Ent-
scheidungen ist das von Tversky und Kahneman durchgeführte Experiment zum
„Asian Disease Problem“ (Tversky und Kahneman 1981: 453). Bei dieser Art des
Framings werden Personen mit zwei Optionen konfrontiert, einer sicheren und
einer unsicheren Option. Je nachdem ob das Entscheidungsproblem als Gewinn
oder als Verlust dargestellt wird, bevorzugen die Personen eher die sichere oder
die riskantere Alternative (Schmook et al. 2002: 290).
Beim Handlungsframing geht es darum, sich für eine Handlung zu entscheiden,
wobei in der einen Variante die positiven Konsequenzen der Handlung betont
werden und in der anderen Variante die negativen Konsequenzen des Unterlassens
dieser Handlung (Levin et al. 1998: 167; Schmook et al. 2002: 290; Beck 2014:
155). So hat sich beispielsweise gezeigt, dass Frauen eher ihre Brüste nach Knoten
abtasten, wenn sie mit Informationen konfrontiert wurden, welche die negativen
Folgen hervorhoben, die das Unterlassen einer solchen Selbstuntersuchung mit
sich bringt, als wenn ihnen Informationen vorgelegt wurden, welche die positiven
Folgen einer solchen Untersuchung betonten (Meyerowitz und Chaiken 1987: 500).
Die dritte Art von Framing-Effekten ist das attributive Framing (Schmook
et al. 2002: 290). Hierbei wird ein Objekt mithilfe eines Attributes beschrieben,
welches lediglich zwei Ausprägungen annehmen kann, die sich logisch ergänzen
(Beck 2014: 154; Lentsch et al. 2011: 141; Schmook et al. 2002: 290). Die
Bewertung eines Objektes oder Ereignisses fällt dann vorteilhafter aus, wenn
ein positiver Frame für die Darstellung bestimmter Charakteristika gewählt
wird (Kahneman 2012: 115). Als Beispiel aus dem Lebensmittelbereich dient
das Experiment von Levin und Gaeth, in dem die Probanden Deklarationen von
Hackfleisch beurteilen sollten. Dabei konnte festgestellt werden, dass Personen
Hackfleisch positiver beurteilen, wenn es als „75 % mager“ (positiver Frame)
ausgewiesen wird anstatt mit „25 % Fettgehalt“ (negativer Frame) (Levin und
Gaeth 1988: 374).
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse einer empirischen Studie … 245

Simon und Jerit (2007) konnten in einer anderen Studie verdeutlichen,


wie sich die unterschiedliche Wortwahl auf die Entscheidungen von Konsu-
menten auswirkt. Die Autoren analysierten darin, welche Begriffe in den USA
im Zusammenhang mit dem Thema Abtreibungsverbot von Politikern und
Journalisten verwendet wurden (Simon und Jerit 2007: 259). Sie kamen zu dem
Ergebnis, dass Befürworter eines Abtreibungsverbotes fast ausschließlich von
Babys sprachen, während Gegner fast ausschließlich das Wort Fötus gebrauchten
(Simon und Jerit 2007: 259 ff.). In einem Experiment konnten Simon und Jerit
aufzeigen, dass Menschen, die Medienberichte lasen, in denen ausschließlich
eines der beiden Wörter verwendet wurde, ihre Meinung der einen oder anderen
politischen Haltung anglichen: kontra Abtreibungsverbot beim Wort Fötus
oder aber in Richtung pro Abtreibungsverbot beim Wort Baby (Simon und Jerit
2007: 266 f.). Analoge Ergebnisse haben Forscher aus Stanford bereits im Jahr
2005 im Zusammenhang mit Fleischkonsum vorgestellt (Sinaceur et al. 2005:
247). Sie konnten aufzeigen, dass diejenigen Versuchspersonen weniger Fleisch
konsumierten, die in Medienberichten häufiger mit dem Wort Rinderwahnsinn
konfrontiert waren (Sinaceur et al. 2005: 250 f.). Die Verwendung des Wortes
Creutzfeld-Jakob-Krankheit hatte hingegen keinen derartigen Effekt (Sinaceur
et al. 2005: 250 f.).

3 Empirisches Vorgehen und Studienergebnisse

Die vorliegende empirische Studie untersucht erstmals, inwiefern sich bekannte


Phänomene der Verhaltensökonomie im Zuge der Corona-Pandemie zeigen und
ob dabei Urteils- und Entscheidungsfehler von Konsumenten begangen werden.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden dabei folgende Hypothesen
zugrunde gelegt:

H1:  ie unterschiedliche Wortwahl (Pandemie bzw. Krise) beeinflusst die


D
Ängste und Sorgen im Zuge der Pandemie.
H2: Wenn Personen eine positive Einstellung zu Impfungen im Allgemeinen
haben, dann befürworten sie die Corona-Impfkampagne der Bundes-
regierung.
H3: Wenn Personen der Impfstoff bekannt ist, dann haben sie eine positive Ein-
stellung diesem gegenüber.

Die Hypothese H1 dient der Messung des Framing-Effektes. Sie beruht auf
der zuvor dargestellten Studie von Simon und Jerit (2007). Demnach gilt es
246 S. Hellenthal und M. Stumpf

anzunehmen, dass Personen in ihrem Entscheidungsverhalten durch die Wort-


wahl beeinflusst werden. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie werden
insbesondere die Begriffe Pandemie und Krise verwendet, weshalb die Wirkung
dieser überprüft werden soll. Die Hypothese H2 zielt darauf ab zu überprüfen,
inwiefern die Entscheidungen von Konsumenten durch den Bestätigungsirrtum
verfälscht werden. Bestehende Studien zeigen, dass Personen bestätigende Fakten
suchen, die ihre Meinung unterstützen. Daher wird in dieser Ausarbeitung unter-
sucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Einstellung von Konsumenten zu
Impfungen im Allgemeinen und der Corona-Impfkampagne der Bundesregierung
gibt. Die Hypothese H3 geht davon aus, dass die Konsumenten durch Einsatz
der Rekognitionsheuristik ihre Entscheidungen vereinfachen. Dabei gilt die
Annahme, dass die Bekanntheit eines Impfstoffs aus den Medien im Zusammen-
hang mit der Einstellung zu diesem Impfstoff steht.
Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde eine Online-Befragung mittels
standardisiertem Fragebogen durchgeführt. Die Studie fand in Deutschland im
Zeitraum vom 2. August bis 6. August 2021 statt und damit zu einer Zeit, als
bereits deutlich mehr Personen geimpft waren und es weitreichende Lockerungen
der Schutzmaßnahmen gab. Ende Juli 2021 waren bereits 50 % der Bevölkerung
vollständig geimpft (BMG 2021).
Die Teilnehmenden der Studie wurden mit Unterstützung eines
professionellen Marktforschungsunternehmens rekrutiert. Im Rahmen dieser
Studie konnten 431 Probanden befragt werden. Im Fokus standen dabei Familien
mit Kindern unter 15 Jahren und einem mittleren Einkommen. Der Altersdurch-
schnitt betrug 44,5 Jahre.
Zur Überprüfung der Hypothese H1, und damit des Einsatzes des Framing-
Effektes, erhielten die Teilnehmenden zwei unterschiedliche Zeitungsartikel.
Die eine Hälfte der Teilnehmenden erhielt einen Artikel, in dem von einer
Corona-Pandemie die Rede war, und die andere Hälfte einen Artikel, der von
einer Corona-Krise handelte. Anschließend wurden die Teilnehmenden zu ihren
Ängsten vor verschiedenen Ereignissen im Zuge der Pandemie befragt. Einen bei-
spielhaften Auszug aus dem Zeitungsartikel zur Corona-Krise zeigt Abb. 2.
Zu den größten Sorgen und Ängsten der Befragten zählen eine Corona-
Erkrankung im Freundes- und Familienkreis (63 %) sowie die Auswirkungen der
Pandemie auf die wirtschaftliche Lage (67 %).
Mittels eines Chi-Quadrat-Tests konnte der Zusammenhang der Variablen
„Wortwahl“ und „Ängste und Sorgen im Zuge der Pandemie“ ermittelt werden
(siehe Tab. 1). Dabei konnte ein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden,
χ2 (1) = 12,53, p = 0,002. Dieser ist von mittlerer Stärke (K* = 0,238). Es besteht
demnach ein Zusammenhang zwischen der Wortwahl und den Ängsten und
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse einer empirischen Studie … 247

Abb. 2 Auszug des Zeitungsartikels zur Corona-Krise

Tab. 1 Kreuztabelle Wortwahl – Ängste und Sorgen

Sorgen der Konsumenten im Zuge der Corona-Situation. Entsprechend der Hypo-


these H1 konnte somit aufgezeigt werden, dass sich die Konsumenten durch die
Anwendung des Framing-Effektes in ihren Entscheidungen beeinflussen lassen.
Des Weiteren wurde die Einstellung der Teilnehmer zu Impfungen im All-
gemeinen gemessen. Dabei gibt die Mehrheit der Teilnehmenden (85 %) an,
Impfungen als gut und notwendig zum Schutz vor Infektionskrankheiten
248 S. Hellenthal und M. Stumpf

anzusehen. Die Aussage, keinen Nutzen einer Impfung zu sehen, lehnen die
meisten Teilnehmer ab (87 %), ebenso wie die Aussage, absolut gegen jegliche
Art von Impfungen, aufgrund ihrer Schädlichkeit und Überflüssigkeit, zu sein
(87 %). Den Sinn einer jeden einzelnen Impfung würden sich etwa zwei Drittel
der Teilnehmenden (63 %) gut überlegen und die Mehrheit der Teilnehmenden
(61 %) lehnt die Aussage, dass Impfungen lediglich den Interessen der Pharma-
konzerne dienen, ab. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Befragten
eine insgesamt positive Einstellung gegenüber Impfungen aufweisen.
Anschließend wurden die Probanden zu ihrer Einstellung gegenüber der
Corona-Impfkampagne der Bundesregierung befragt. Dazu sahen sie entweder
das Werbeplakat oder den Videoclip aus der Impfkampagne der Bundesregierung.
Dabei fand die Mehrheit der Befragten, dass die Impfkampagne die Notwendig-
keit von Impfungen aufzeigt, um das Pandemie-Geschehen eindämmen zu
können. Auch empfand die Mehrheit der Befragten die Impfkampagne als sinn-
voll, um mehr Menschen zu einer Impfung zu animieren, und als wichtig, um auf
die Bedeutung der Impfung aufmerksam zu machen. Zusammenfassend ist fest-
zuhalten, dass die Befragten eine insgesamt positive Einstellung gegenüber der
Impfkampagne haben.
Ob es einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen den Variablen
„Einstellung zu Impfungen im Allgemeinen“ und „Einstellung zur Corona-
Impfkampagne der Bundesregierung“ gibt (H2, Bestätigungsirrtum), konnte
mittels einer Korrelationsanalyse ermittelt werden. Demzufolge ergab sich
ein Korrelationskoeffizient von r ≈ 0,461. Dies entspricht einem eher starken
Zusammenhang. Die Irrtumswahrscheinlichkeit beträgt 0,000 und ist damit sehr
signifikant (p ≤ 0,001). Je positiver die Einstellung gegenüber Impfungen im All-
gemeinen ist, desto positiver ist damit auch die Einstellung zur Corona-Impf-
kampagne der Bundesregierung. Nachstehende Abb. 3 stellt den Zusammenhang
der Variablen grafisch dar. Zwar impliziert eine Korrelation keinen kausalen
Zusammenhang. Dennoch bestätigt dieses Ergebnis die Schlussfolgerungen aus
bereits vorliegenden, vergleichbaren Studien, dass Konsumenten bei ihren Ent-
scheidungen Bestätigungsfehler begehen. Bei ihren Entscheidungen beziehen sie
vor allem Fakten mit ein, die ihre eigne Meinung und Ansichten unterstützen.
Zur Überprüfung der Hypothese H3 wurde zunächst die Einstellung der
Probanden hinsichtlich der Impfstoffe Pfizer-Biontech, Moderna und eines
chinesischen Impfstoffs gemessen − ein chinesischer Impfstoff wurde hier bei-
spielhaft als Repräsentant für einen unbekannten Impfstoff gewählt. Dazu sahen
die Probanden Bilder der drei Impfstoffe (siehe Abb. 4) und gaben auf einer
Likert-Skala von 1–5 an, inwiefern sie dem entsprechenden Impfstoff vertrauen,
inwiefern sie über diesen informiert sind und inwiefern sie diesen als sicher
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse einer empirischen Studie … 249

Abb. 3 Zusammenhang Einstellung Impfungen im Allgemeinen und Einstellung Corona-


Impfkampagne

Abb. 4 Übersicht der Impfstoffe

empfinden. In einem zweiten Schritt gaben die Befragten an, inwiefern sie den
Impfstoff aus den Medien, wie Zeitungen, Fernsehen und Social Media, kennen.
Es zeigte sich, dass die Probanden den Impfstoffen Pfizer-Biontech und Moderna
vertrauen, über diese informiert sind und diese als sicher empfinden. Auch sind
der Mehrheit der Befragten die beiden Impfstoffe aus den Medien bekannt. Dem
chinesischen Impfstoff vertrauen die Befragten hingegen weniger, sie empfinden
diesen als weniger sicher und fühlen sich über diesen nicht informiert.
250 S. Hellenthal und M. Stumpf

Abb. 5 Zusammenhang Bekanntheit Impfstoff & Einstellung Impfstoff

Insgesamt zeigt sich, dass die Probanden eine positive Einstellung gegen-
über den Impfstoffen Pfizer-Biontech und Moderna haben. Gegenüber dem
unbekannten chinesischen Impfstoff sind die Teilnehmenden der Studie negativ
eingestellt.
Um die Anwendung der Rekognitionsheuristik zu prüfen, wurde wiederum
eine Korrelationsanalyse durchgeführt. Dabei betrug der Korrelationsko-
effizient r = 0,567. Aus diesem Grund kann von einem sehr starken Zusammen-
hang gesprochen werden. Die Irrtumswahrscheinlichkeit liegt bei 0,000 und ist
somit sehr signifikant (p ≤ 0,001). Je bekannter der Impfstoff ist, desto positiver
ist die Einstellung diesem gegenüber (siehe Abb. 5). Auch wenn hier der kausale
Zusammenhang zwischen den beiden Variablen nicht explizit getestet wurde, so
bestätigt dieses Ergebnis dennoch die Erkenntnisse aus der Literaturrecherche,
wonach Konsumenten bei ihren Entscheidungen die Rekognitionsheuristik
anwenden und sich für das entscheiden, was ihnen bekannt ist.

4 Fazit und Handlungsempfehlungen

Wie die Ergebnisse der Studie zeigen, werden Konsumenten unbewusst in ihren
Entscheidungen beeinflusst. Um schnell und einfach komplexe Entscheidungs-
probleme lösen zu können, wenden sie Heuristiken an. Dabei treffen sie
Entscheidungen u. a. auf Basis der Bekanntheit eines Objektes (Rekognitions-
heuristik). So haben sie eine positive Einstellung gegenüber den Impfstoffen von
WYSIATI – Theorie und Ergebnisse einer empirischen Studie … 251

Pfizer-Biontech und Moderna, die sie aus den Medien kennen. Dem unbekannten
chinesischen Impfstoff gegenüber sind die Konsumenten hingegen negativ ein-
gestellt. Dies verdeutlicht wiederum die Rolle von Medien auf die Verhaltens-
weisen und Entscheidungen, denn die Impfstoffe von Pfizer-Biontech und
Moderna wurden in den deutschen Medien intensiv thematisiert, wohingegen ein
vergleichbarer chinesischer Impfstoff kaum erwähnt wurde. Die Konsumenten
sollten sich folglich nicht nur für Alternativen entscheiden, die ihnen bekannt vor-
kommen. Denn auf diese Weise könnten sie wichtige Dinge übersehen oder falsch
einschätzen. Sie sollten vielmehr aufgeschlossen gegenüber Unbekanntem sein.
So kann in diesem Fall der chinesische Impfstoff genauso sicher und wirksam
sein wie die beiden bekannten Impfstoffe.
Ferner wird durch die Ergebnisse der Studie deutlich, dass die Konsu-
menten bei ihren Entscheidungen bevorzugt die eigene Meinung und die eigenen
Ansichten verfolgen (Bestätigungsirrtum). Dies konnte anhand des Zusammen-
hangs zwischen der Einstellung zu Impfungen im Allgemeinen und der Ein-
stellung zur Corona-Impfkampagne aufgezeigt werden. Auch hier kann eine
Offenheit und Objektivität gegenüber anderen Meinungen und Ansichten für den
Konsument vorteilhaft sein. Beispielsweise sollten sich Personen, die generell
eine negative Haltung gegenüber Impfungen haben, über die Corona-Impfung
ausführlich und sachlich informieren sowie diese nicht von vornherein ablehnen.
Auch hier spielt der Einfluss der Medien eine bedeutende Rolle. Dadurch, dass
Webseiten und soziale Netzwerke versuchen, algorithmisch vorherzusagen,
welche Informationen der Nutzer auffinden möchte, werden den Konsumenten
auch nur Informationen und Inhalte angezeigt, die deren eigene Meinung und
eigene Ansichten widerspiegeln. Als Nutzende von sozialen Netzwerken lesen sie
präferiert Meinungen oder folgen Menschen, die in ihr eigenes Weltbild passen,
und liken deren Beiträge. Der Algorithmus konfrontiert sie vor allem mit dem,
was ihrer eigenen Denkweise entspricht und blendet anderweitige Meinungen
aus. In der Corona-Situation werden sogenannte Corona-Gegner bzw. -Leugner in
ihren Ansichten und Denkweisen bestärkt, da ihnen vermehrt Beiträge angezeigt
werden, die ihren Annahmen entsprechen. Auf diese Weise gewinnen u. a. Ver-
schwörungstheorien und fake news zunehmend an Gewicht, da sie vorwiegend
solche Nutzende erreichen, die der Algorithmus für empfänglich hält. Die Konsu-
menten sollten folglich Akzeptanz gegenüber belegbaren Fakten zeigen, das
eigene Wissen hinterfragen sowie aufgeschlossen sein, den vorherrschenden
Mainstream objektiv zu hinterfragen.
Schließlich verdeutlichen die Ergebnisse der Studie die Bedeutung des
Framing-Effektes für das Entscheidungsverhalten von Konsumenten. Beispiels-
weise durch unterschiedliche Wortwahl und Sprache können Konsumenten
252 S. Hellenthal und M. Stumpf

beeinflusst und gegebenenfalls manipuliert werden. Dies konnte in der Studie


anhand der beiden Zeitungsartikel zur Corona-Pandemie und Corona-Krise
sowie dem darauffolgenden Antwortverhalten bezüglich der Ängste und Sorgen
der Konsumenten aufgezeigt werden. Auch in diesem Fall spielen die Medien
eine einflussreiche Rolle. Durch den gezielten Einsatz von Frames in der
Kommunikation sind Konsumenten der Beeinflussung ausgesetzt. Gerade deshalb
ist es von großer Wichtigkeit, dass sie sich u. a. über die Wirkung von Frames
bzw. des Framing-Effektes im Klaren sind. Eine entsprechende Sensibilisierung
kann hilfreich sein, um leichter zu erkennen und besser zu verstehen, welche
Motivation hinter eingesetzten Frames steckt. So kann gegebenenfalls verhindert
werden, dass Konsumenten durch intuitive Reaktionen aufgrund von Frames Ent-
scheidungen treffen, die sie – mit etwas Abstand betrachtet – anders getroffen
hätten. Bereits einige Minuten Abstand zwischen Information und Handlung
können ausreichen, um „bewusster“ zu agieren. Kahneman rät an dieser Stelle,
„man sollte die Anzeichen dafür erkennen, dass man sich in einem kognitiven
Minenfeld bewegt, mental einen Gang zurückschalten und System II um Ver-
stärkung bitten“ (Kahneman 2012: 516). Denn durch genügend Zeit, intensives
Nachdenken und das Einbeziehen verschiedener Informationen könne man
Urteilsfehler vermeiden und sachlicher entscheiden, so Kahneman (Kahneman
2012: 516 ff.).

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Sophia Hellenthal M.Sc. ist als Digital Market Communications Manager bei der
Evonik Industries AG tätig. Dabei zählen zu ihren Haupttätigkeitsbereichen Social Media
Marketing, Suchmaschinenoptimierung (SEO), Marketing Automation und digitales
Marketing. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit bei einem weltweit führenden Spezialchemie-
konzern, absolvierte sie im Jahr 2021 erfolgreich ihr Masterstudium im Bereich Marketing
und Kommunikation an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management. Im
Rahmen ihrer Masterarbeit beschäftigte sie sich mit Konsumentenentscheidungen im Zuge
der Corona-Pandemie.

Marcus Stumpf, Prof. Dr., ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere


Marketing und Markenmanagement an der FOM Hochschule für Oekonomie &
Management am Hochschulstandort Frankfurt am Main sowie wissenschaftlicher
Leiter des KompetenzCentrums Marketing und Sales Management (KCMS). Zu seinen
Forschungsschwerpunkten zählen u. a. die Themen Strategisches Marketing, Dienst-
leistungsmarketing, Non-Profit- und Verbandsmarketing, Kunden- und Mitglieder-
orientierung, (Employer) Branding sowie Integrierte Kommunikation. Neben seiner
Hochschultätigkeit ist Stumpf als Berater für die Verbandsberatung relatio tätig, deren
geschäftsführender Gesellschafter er ist. Zudem ist er Gründer und Direktor des Employer
Branding Institute (EBI) sowie Fachautor und Vortragender.
Es geht nicht „um Schafe, die Führung
benötigen“ – Kommunikation und
Kommunikationsstrukturen für
mündige Beschäftigte in der Covid-19-
Pandemie

Angela Bittner-Fesseler und Astrid Nelke

Zusammenfassung

Im Mittelpunkt der explorativen Studie steht die mit der Covid-19-Pandemie


erfolgte Veränderung in Bedeutung und Art der Umsetzung in der Internen
Kommunikation in Klein- bis Kleinstunternehmen. Diese wurde aus
organisationaler Sicht im Zusammenhang von vorhandenen Strukturen und
Kommunikationshandlung der Internen Kommunikation untersucht. Im Ergeb-
nis konnte festgestellt werden, dass die Interne Kommunikation während der
Pandemie gestärkt wurde und dass auch in Klein- und Kleinstunternehmen
zunehmend eine professionellere, vernetztere und stärker auf Gegenseitigkeit
beruhende Kommunikationskultur praktiziert wurde. In einem New Business
Normal aus hybriden Arbeitsstrukturen agierten die Unternehmen situations-
bezogen. Im Resultat dieser Entwicklung konnte in den untersuchten Unter-
nehmen ein Kulturwandel beobachtet werden, in dem analoge und digitale

A. Bittner-Fesseler
SRH Fernhochschule – The Mobile University, Riedlingen, Deutschland
E-Mail: angela.bittner-fesseler@mobile-university.de
A. Nelke (*)
HAM Hochschule für angewandtes Management, Ismaning, Deutschland
E-Mail: astrid.nelke@fham.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 257


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_12
258 A. Bittner-Fesseler und A. Nelke

Kommunikationsstrukturen und -prozesse miteinander und untereinander


kombiniert werden. Es zeigt sich, dass die von der Pandemie geprägte Interne
Kommunikation nicht nur agiles Arbeiten und den Ausbau der technischen
Seite der Kommunikation befördert, sondern auch die digitale Transformation
umsetzt. Die Verantwortung für eben diese Transformationsprozesse sehen die
Akteure jeweils beim Management, das diese Verantwortung auch wahrnimmt
und im Zuge dessen neue Strukturen schafft.

Schlüsselwörter

Interne Kommunikation · Digitale Transformation · KMU ·


Kommunikationskultur · Kommunikationsstruktur · Covid-19-Pandemie

1 Einleitung

Fordernde Zeiten sind immer auch ein fruchtbarer Boden für frische Ideen – in
diesem Sinne war die Krise auch der Anbeginn einer geradezu prototypischen Auf-
bruchszeit. (Gatterer und Horx 2020: 106)

Die Digitalisierung der Kommunikationsprozesse und -formate und die sich


daraus ergebenden Implikatoren stehen seit einigen Jahren im Mittelpunkt
zahlreicher Praxiserhebungen, Handbuchbeiträge und Überblickwerke (u. a.
Deekeling und Barghop 2017; Schweiger und Beck 2019; Hermeier et al. 2019;
SCM 2019; Krämer et al. 2020; Schwägerl 2020). Die meisten von ihnen unter-
scheiden jedoch nicht nach kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Seit
mehr als zwei Jahren stehen zusätzlich die sich infolge der Covid-19-Pandemie
verändernden Arbeitsbedingungen in Unternehmen und Organisationen und deren
interne Kommunikationsbeziehungen im Fokus (z. B. Bittner-Fesseler und Nelke
2019, 2021). Aufgrund der Unsicherheit, die die Covid-19-Pandemie in der Welt
auslöst, beschreiben Nangia und Mohsin (2020: 931) die aktuelle Pandemie als
perfektes Beispiel eines VUKA-Szenarios: eine weltweite Pandemie als noch
nie da gewesenes Phänomen, bei dem Führungskräften Erfahrungswissen fehlt,
auf das sie zurückgreifen könnten. Zugleich sind die Menschen, die in der
Pandemie in und für ihre Unternehmen und Organisationen agieren mussten,
gut oder auch schlecht informiert. Die bisherige Erfolgsfaktorenforschung bei-
spielsweise für Startups – Forschungslabore für die Arbeitswelt, die aus Problem-
lösungen Geschäftsmodelle entwickeln und Motor des strukturellen Wandels in
Deutschland sind, so Bundesminister Gabriel (DSM 2015: 3) – kann auf eine
solche Situationen transponiert werden und zeigt deutlich: Es ist das sogenannte
Es geht nicht „um Schafe, die Führung benötigen“ … 259

Human Capital, das zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren und den signifikanten


Differenzierungsfaktoren für Entwicklung und Performance junger, vergleichbar
kleiner Unternehmen zählt (vgl. Skawinska und Zalewsk 2020: 21).
Was seit Jahren im Gespräch war, wurde durch die Covid-19-
Ausgangsbeschränkungen schlagartig relevant: das Ende der Anwesenheits-
pflicht. Covid-19 erwies sich als Prüfstein für New Work – und zeigte auf, wie
steil die Lernkurve von Unternehmen sein kann. In Eile wurden Online-Meetings
und Webinare ausprobiert und rasch wurde klar: Erfolgsentscheidend ist dabei
weniger die Technik als die Veränderung sozialer Verhaltensformen. Denn ob aus
räumlicher Isolation soziale Isolation wurde und Teams weiterhin zusammen-
arbeiten konnten, hing von der Unternehmenskultur, der Internen Kommunikation
und der Einstellung der Führungskräfte ab. Wichtig war der Umstand, inwieweit
leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Remote Management, dem Führen
auf Distanz, vertraut waren, und ihre sogenannten „normativen Qualitäten“ Ver-
trauen, Ergebnisorientierung, Toleranz. Dabei zeigte sich deutlich, dass Führung
tatsächlich eine Dienstleistung an Menschen ist, und zwar an denen, die für das
Unternehmen arbeiten und die vor allem in herausfordernden Zeiten Unter-
stützung benötigen (Gatterer und Horx 2020: 105).
Im Rahmen dieser sich verändernden Umweltbedingungen wurden noch
während der Pandemie erste qualitative Studien durchgeführt. Diese betrachten die
aus der Covid-19-Pandemie resultierende Transformation und deren Auswirkungen
auf den Arbeitsalltag, insbesondere auf die sich wandelnde Interne Kommunikation
(allgemeiner vgl. u. a. Frodermann et al. 2020; Krämer und Pfizenmayer 2020;
Wintermann 2020; praxisorientiert u. a. Engelhardt 2020; Nelke 2022 sowie z. B.
studentische Abschlussarbeiten wie Alpmann 2021). In ihnen wird vor allem das
Delta der Veränderung in Tools und Ansprache der Internen Kommunikation und
deren Anwendung, deren Wirksamkeit betrachtet. Strukturell-organisationale
Aspekte dieser Veränderung werden weitgehend nicht besprochen.
Vor allem junge, kleine und mittlere Unternehmen sind von disruptiv auf-
tretendem Wandel in ihrer Organisation betroffen, da sie weniger Spielraum hin-
sichtlich wesentlicher Ressourcen besitzen (u. a. Baethge und Boberach 2018;
Blank und Dorf 2017: 130). Damit sind Erreichbarkeit der Beschäftigten und
knappe Ressourcen, die für die Interne Kommunikation zur Verfügung gestellt
werden, besonders problematisch. In der Pandemie verschärften sich diese
Herausforderungen und somit „[setzten] alle befragten Unternehmen […] auf
eine Kombination von digitalen, analogen und persönlichen Kommunikations-
formen und -kanälen“ wie bereits 2020 festgestellt wurde (Krämer et al. 2020:
35). Ausgehend davon, dass Ausmaß und Dauer der Krise als nicht absehbar
galten, wurde bereits 2020 davon ausgegangen, dass
260 A. Bittner-Fesseler und A. Nelke

die Veränderungen in der Arbeitsorganisation und -kommunikation bis zu einem


gewissen Grad auch über die Krise hinaus nachhaltig sein werden. Beschäftigte und
ihre Vorgesetzten sammeln aktuell viele Erfahrungen, wie die Zusammenarbeit und
die Führung beim Arbeiten von zu Hause funktionieren kann und wo es noch Ver-
besserungsbedarf gibt. Diese Erfahrungen werden vermutlich dazu beitragen, dass
in Zukunft die positiven Aspekte des Arbeitens von zu Hause und die zunehmende
Kommunikation über digitale Medien verstärkt genutzt werden – auch wenn der
Home-Office-Anteil mit Abklingen der Pandemie, ausgehend von dem aktuellen, sehr
hohen Niveau, sicherlich ein Stück weit sinken wird1. (Frodermann et al. 2020: 11)

Hier wird vom New Business Normal (Nelke 2022) gesprochen. Gemeint ist
damit das hybride Arbeiten in den vier Formen: tradiertes Büro, das sogenannte
Home-Office (engl. „working from home“), mobiles Arbeiten und Arbeiten
im Co-Workingspace. Unter „hybrid“ wird der Prozess der Adaptierung von
sogenannten Programmstrukturen eines umgebenden sozialen Systems durch ein
anderes System verstanden, wodurch Innovation und Lernen in Systemen ermög-
licht wird und ein neues System oder ein organisationales Subsystem entstehen
kann (Hoffjann 2021: 155).

2 Grundlagen und Ausgangspunkt

Auch kurz vor der Covid-19-Pandemie stand die im Zuge der Digitalisierung
zwar als besonders wichtige, in der Praxis jedoch oft immer noch unter Miss-
achtung leidende Interne Kommunikation im Fokus der Forschung: Als größte
„organisatorische Herausforderungen“ für die Interne Kommunikation wurden in
der Befragung des Trendmonitor 2019 u. a. bei mehr als 40 % knappe personelle,
finanzielle und zeitliche Ressourcen zur Umsetzung von Projekten, veraltete
technische Infrastruktur oder andere technische Hürden und das damit ver-
bundene geringe Budget identifiziert und bei rund einem Drittel eine mangelnde
Unterstützung durch das Management (vgl. SCM 2019: 18). Die Hälfte der im
SCM-Trendmonitor Befragten gab an, im Arbeitsalltag auf kein schriftlich
fixiertes Konzept zurückgreifen zu können (SCM 2019: 14) – Bedingungen, die
es jedem Unternehmen schwer machen, unter den Ausnahmebedingungen einer
Pandemie intern gut vernetzt und wohlorganisiert zusammenarbeiten zu können.

1 Zu den Regelungen mit der Pflicht zum Homeoffice-Angebot in der SARs-CoV-2-


Arbeitsschutzverordnung in Deutschland zu dieser Zeit s. Bundesregierung (2022).
Es geht nicht „um Schafe, die Führung benötigen“ … 261

Ein wesentlicher Aspekt in der Digitalisierung ist der Einsatz digitaler


Kollaborationstools bzw. agiler Methoden. In dieser Hinsicht war der deutsche
Mittelstand lange Zeit ein unbeschriebenes Blatt und der Weg zur Digitalisierung
noch lange nicht geschafft, wie Baethge und Boberach 2018 zeigten. In ihrer
Metastudie wurde der Bedarf an repräsentativen Erhebungen zu diesem Thema
generell und ebenso zur Beschäftigtenpartizipation, zu Änderungen der Unter-
nehmensstrukturen durch die Digitalisierung bei KMU etc. festgestellt. Zugleich
stand und steht der deutsche Mittelstand der Digitalisierung überwiegend positiv
gegenüber und begreift diese als Chance, ging und geht das Thema jedoch oft
unstrukturiert an. (2018: 8, 31, 64). Unter Digitalisierung wird im vorliegenden
Beitrag der Wandel der Art, wie Menschen leben, kommunizieren, arbeiten
und wirtschaften verstanden – nicht als rein technologischer, sondern ebenso
gesellschaftlicher Prozess. „Die Digitalisierung steht für die umfassende Ver-
netzung aller Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Fähigkeit,
relevante Informationen zu sammeln, zu analysieren und in Handlungen umzu-
setzen“ (BMWi 2015: 3). Als größte Herausforderungen in der digitalen Trans-
formation gelten die damit verbundenen unternehmenskulturellen Veränderungen
sowie die fehlenden digitalen Kompetenzen. Wie die Studie am Ende der 2010er
Jahre verdeutlichte, verstanden Mittelständler bis dato die Digitalisierung
weniger als Change-Projekt mit einem Wandel der Unternehmenskultur, sondern
mehr als Technologieprojekt mit der damit verbundenen effizienten Gestaltung
von Arbeitsprozessen und Arbeitsorganisation (Effizienzgewinn durch digitale
Technologien, vgl. Baethge und Boberach 2018: 8). Eine ganzheitliche Neu-
gestaltung der Arbeitsorganisation – auch in der Internen Kommunikation – war
jedoch nicht erkennbar. Diese ist vielmehr informell und persönlich geprägt und
es fehlt an grundlegender Infrastruktur für ausgereifte digitale Informations-
und Kommunikationsflüsse, wie der Ausstattung der Mitarbeiter auch mit
digitalen, mobilen Endgeräten (Baethge und Boberach 2018: 9). Die virtuelle
Zusammenarbeit rückte zwar mehr in den Fokus, was u. a. zur Veränderung in
Teamstrukturen führte, von einer Etablierung agiler Methoden und dem Einsatz
digitaler Tools zur Team- und Projektarbeit bzw. einer digitalen Transformation
als Zielformulierung konnte jedoch noch nicht die Rede sein. Die geplante,
systematische Neugestaltung der Zusammenarbeit von Menschen durch digitale
Technologien war vor der Pandemie nicht erkennbar (Baethge und Boberach
2018: 8 ff.): „… die großflächige Umsetzung innovativer Unternehmenskultur-
und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle ist aktuell nicht in Sicht [… eine] eigene
digitale Nicht-Kompetenz wird gar nicht erkannt oder zugegeben [… und ein]
mobiles Arbeiten ist in der Breite nicht akzeptiert, […]“ (Baethge und Boberach
262 A. Bittner-Fesseler und A. Nelke

2018: 10 f.). Zugleich wünschte sich ein Großteil der Belegschaften bereits vor
Covid-19 mehr Freiraum für die Umsetzung eigener Ideen. (ebd.: 11). Gerade in
den KMU ging die Einführung neuer Methoden und digitaler Technologien meist
auf die Initiative Einzelner zurück, obwohl dem Management eine entscheidende
Rolle zugekommen wäre.
Auf organisationaler Ebene kristallisierte sich heraus, dass über die Hälfte der
befragten Mittelständler das Thema Kommunikation als einen der wichtigsten
Teilbereiche der Digitalisierung ansieht, jedoch lediglich 13 % von ihnen Soft-
ware für die interne Zusammenarbeit einsetzt und nur 8 % vor der Pandemie
Videokonferenzen häufig für die Zusammenarbeit nutzten (Baethge und Boberach
2018: 11). Zugleich zeigte die Studie, dass infolge von Digitalisierung und
Technologieeinsatz Strukturveränderung stattfinden kann: Agile Methoden
und digitale bzw. Collaboration Tools wie Blogs, Social Networks, Scrum etc.,
die eigentlich für eine Verbesserung der internen Informationsflüsse eingesetzt
werden, unterstützen nicht nur eben diese Kommunikationsprozesse techno-
logisch, sondern führen organisatorisch zu dezentralen und enthierarchisierten
Teamstrukturen (Baethge und Boberach 2018: 14 f.): Die neue Zusammenarbeit
ermöglicht unternehmensübergreifende, standortverteilte oder auch virtuelle
Teamarbeit und das Entstehen von Interaktions- und Teamräumen in Unter-
nehmen – auch wenn dieser Trend bisher v. a. in Großunternehmen und Startups
zu beobachten war. Klassische mittelständische Unternehmen taten sich eher
schwer damit (Baethge und Boberach 2018: 16).
Im Ergebnis ändert sich das (Selbst-)Verständnis von Teams und die
Zusammenarbeit (Baethge und Boberach 2018: 15). Ebenso entstehen Trends
des New Business Normal, wie mobile Arbeit und neue Bürokonzepte, die
auf Interaktions- und Teamräume setzen. Dieser Zusammenhang kann über
Giddens Strukturationstheorie (Giddens 1997) erklärt werden: Dabei handelt
es sich um einen praxeologischen Ansatz der Sozialwissenschaften, der das
Subjekt als Akteur in die Organisationsstruktur mit einbezieht. Sie geht von
einer dialektischen Vermittlung zwischen Struktur und Handeln und damit von
deren Dualität aus. Diese wechselseitige Zuordnung besagt, dass Strukturen
durch Handeln erschaffen werden und menschliches Handeln soziale Strukturen
konstituiert und ermöglicht. Dabei werden die Strukturen durch den Strom des
Handelns der Menschen permanent reproduziert und dabei immer weiter modi-
fiziert. Illustrierend für das Wechselspiel kann der Einsatz agiler Methoden
gelten: Der Einsatz agiler Methoden führt zu Veränderungen in Teamstruktur,
Arbeitsweise und Zusammenarbeit (Studienergebnisse nach Baethge und
Boberach 2018: 30). Dies wiederum kann fördernd, aber auch hemmend auf die
Es geht nicht „um Schafe, die Führung benötigen“ … 263

künftige Nutzung und Akzeptanz dieser Methoden bei Management und Beleg-
schaft wirken. Veränderung im Verhalten der Menschen korrespondiert somit mit
Veränderung in der Struktur.
Auf die Pandemiesituation bezogen ist nach Giddens zu erwarten, dass durch
die mit dem Lockdown den Unternehmen oktroyierte Veränderung von Struktur
und Arbeitsmethoden sich Beziehungen und Verhalten der Unternehmensmit-
glieder verändern und sich dauerhaft an die neue Situation anpassen. Unter den
gewandelten Umweltbedingungen ist zu erwarten, dass auch nach dem Ende des
Lockdowns die neu erlernten Verhaltensweisen wenigstens teilweise beibehalten
werden. Dies betrifft beispielsweise die Flexibilität bei der Arbeitsplatz- und
-zeitgestaltung: Mit der Covid-19-Pandemie scheint sich der Abstand zwischen
Konzernen bzw. Start-ups und Mittelstand hinsichtlich flexibler Teamarbeit und
den Trends zur mobilen Arbeit verringert zu haben, auch wenn dort kein Effekt
wie beim IT-Konzern Google – weniger Vorschriften, mehr Individualität, mehr
Gestaltungsfreiraum jeden Tag (s. Medienbeitrag zu Google: Bauer 2021) –
erwartet werden kann.
Es stellt sich die Frage, wie sich die aktuelle Entwicklung in der
Digitalisierung im Kontext der Pandemie auf die Beschäftigten ausgewirkt hat
– ob sich der homo oeconomicus über den social man/virtual man zum neuen
„hybrid professional“ entwickelt hat – mit neuen, heute noch unbekannten
Eigenschaften? Welche Herausforderungen würde dies für Organisationen und
Führungskräfte mit sich bringen? Welche für die Interne Kommunikation?
Eine Befragung von Kommunikationsverantwortlichen von sieben Schweizer
Großkonzernen in 2020 – also der Frühzeit der Covid-19-Pandemie – deutete
bereits eine Tendenz an: „Die Mehrheit der befragten Kommunikationsver-
antwortlichen ist der Meinung, dass die Covid-19-Pandemie die Zusammen-
arbeit und damit auch die Interne Kommunikation nachhaltig verändert hat
bzw. weiter verändern wird“ (Krämer und Pfizenmayer 2020). Diese Studie zu
Herausforderungen der internen Kommunikation in Zeiten von Covid-19 zeigte,
dass die Mitarbeitenden in der Pandemie veränderte Erwartungen sowohl an die
Kommunikation ihrer Organisation als auch an das Interne Kommunikations-
management und die Kommunikation mit dem Management stellten. Es
wurde ein erhöhtes Informationsbedürfnis zur Zukunft der Organisation und
zum eigenen Arbeitsplatz sowie ein Wandel in den Themen der Internen
Kommunikation festgestellt wie „Zeitnahe Updates zu den aktuellen Ent-
wicklungen bzgl. Covid-19 und deren Auswirkungen auf die eigene Organisation
und die eigene Arbeitstätigkeit“ (Krämer und Pfizenmayer 2020).
264 A. Bittner-Fesseler und A. Nelke

3 Forschungsthema und -methode

Die vorliegende Studie untersucht die mit der Pandemie erfolgte Transformation
der Internen Kommunikation aus organisationaler Sicht in kleinen Unternehmen.
Im Mittelpunkt stand die Frage, ob unter Pandemiebedingungen ein Zusammen-
hang, und wenn ja, welcher Zusammenhang zwischen vorhandenen Strukturen,
veränderten Rahmenbedingungen und der Internen Kommunikation in Klein- und
Kleinstunternehmen (1 bis 50 Beschäftigte) nachzuweisen ist. Da die Covid-19-
Pandemie als Katalysator der Digitalisierung angesehen werden kann, wurde
die Beobachtung aus der Start-up-Forschung in den Mittelpunkt gestellt, dass
Klein- bzw. Kleinstunternehmen aufgrund ihrer Ressourcenknappheit stärker
als mittelständische Unternehmen oder Großunternehmen wie Konzerne mit
ihren Umweltbedingungen verwoben und von ihnen abhängig sind. Ausgehend
davon wurde untersucht, ob ein von der Pandemie ausgelöster (signifikanter)
Veränderungs- und Digitalisierungsschub in der Internen Kommunikation zu
beobachten war (ohne bei den untersuchten Unternehmen Teil ihres Geschäfts-
modells zu sein, wie z. B. beim eCommerce o. ä.). Beobachtbare Dimensionen
als Maßgaben des Handelns waren:

• Berücksichtigung der Individualität z. B. in der Zeit- und Arbeitsplatz-


gestaltung;
• die Normalität von der Hybridität von Arbeit durch den Arbeitgeber – durch
die neuen technologischen Möglichkeiten, die nun mit der Individuali-
tät des Einzelnen korrespondieren z. B. in der eigenverantwortlichen und
bedürfnisorientierten Zeit- und Arbeitsplatzeinteilung. Vergleichbar ist diese
Entwicklung mit der standardisierten Produktionsweise im Ergebnis der
Fließbandproduktion, die Menschen als Arbeitskraft in entindividualisierten,
vordefinierten Arbeitsschritten einsetzt, da dies den Erfordernissen der
Technik entspricht und somit den Gestaltungsspielraum des Einzelnen
maximal minimiert;
• das Ermöglichen von Agilität durch den Arbeitgeber, wenn sie für die
Leistungserbringung benötigt wird, was – erzwungen durch die Covid-19-
Pandemie – den Bedürfnissen der Beschäftigten entgegenkommt.

Aufgrund der bisher begrenzt vorliegenden Erkenntnisse zum Thema wurde


eine explorative, qualitativ konzeptionierte Studie durchgeführt. Dafür wurden
elf semistrukturierte Leitfadeninterviews durchgeführt, wobei die Interview-
partner aus den beruflichen Netzwerken der Autorinnen rekrutiert wurden und die
Es geht nicht „um Schafe, die Führung benötigen“ … 265

Sampleauswahl nach dem Zufallsprinzip erfolgte: Vier der Unternehmen hatten


zwischen 1 und 10 Beschäftigte, vier hatten 11 bis 20 Beschäftigte und drei
hatten 21 bis 50 Beschäftigte. Somit waren alle drei Firmengrößen in annähernder
Gleichverteilung vertreten. Die Interviews wurden schriftlich mit sechs Vor-
ständen und fünf Kommunikationsleitungen der ausgewählten Klein- bis Kleinst-
unternehmen durchgeführt und im Anschluss inhaltsanalytisch ausgewertet.
Ergänzende Verständnisfragen wurden telefonisch bzw. schriftlich gestellt. Das
Sample war aus Vergleichbarkeitsgründen hinsichtlich der Pandemie-Rahmen-
bedingungen auf Deutschland beschränkt; hierbei ist keine Region besonders aus-
geprägt vertreten.

4 Erkenntnisse

Es ist festzustellen, dass die Interne Kommunikation höher gewichtet wird: In


sieben Unternehmen wurde die Interne Kommunikation während der Pandemie
gestärkt. Zweimal bekam die Interne Kommunikation Personalzuwachs, ebenfalls
zweimal wurde das Budget aufgestockt. Eine weitere wichtige Erkenntnis dieser
Studie war, dass sich die Kommunikationsverantwortlichen in den untersuchten
Unternehmen vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie der sehr wichtigen
Rolle der Internen Kommunikation bewusst sind (10x sehr wichtig, 1x wichtig),
jedoch weiterhin die wenigsten Unternehmen eine ausgewiesene Organisations-
einheit für Interne Kommunikation besitzen (2x ja, 9x nein). Keine Organisation
verfügt über eine(n) Beauftragte(n) für die Interne Kommunikation. Bei der
überwiegenden Mehrheit der befragten Unternehmen (10 von 11) gehört die
Interne Kommunikation zu den Aufgaben der Geschäftsführung bzw. des CEO.
Fünfmal ist darüber hinaus auch die Leitung Gesamtkommunikation zuständig,
dreimal das Marketing und einmal die HR-Abteilung (Mehrfachnennungen
waren möglich). Aus der Erhebung wurde deutlich, dass die Verantwortung
für Veränderungsprozesse vor allem bei der Geschäftsführung bzw. dem
Management lag bzw. diese durchgehend eine große Rolle bei der Organisation
der Zusammenarbeit spielten. In mehreren Fällen moderierten diese zugleich den
Prozess (der/die CEO bzw. die Geschäftsführer 5x und/oder der/die Sicherheits-
beauftragte 2x).
In den überwiegenden Fällen wurde intern direkt kommuniziert – d. h.
ohne Hierarchiekaskaden, jedoch teils nach dem Top-Down-Prinzip. Über die
benannten Veränderungen in Strukturen und Arbeitsweise entschieden bei neun
Unternehmen das Management, siebenmal die Projektteams und sechsmal die
einzelnen Beschäftigten (Mehrfachnennungen möglich).
266 A. Bittner-Fesseler und A. Nelke

Die Erhebung zeigte außerdem, dass bei den befragten Klein- und Kleinst-
unternehmen nur fünf Unternehmen ein eigenes Budget für die Interne
Kommunikation hat (5x ja, 6x dezidiert nicht). Eine Implikation daraus ist: Die
Wichtigkeit der Internen Kommunikation wird in Klein- und Kleinstunternehmen
häufig immer noch verkannt, wodurch die Arbeit der Internen Kommunikatoren
auch unter Pandemiebedingungen ihr Potenzial nicht ausschöpfen.
Die Digitalisierung spielt bei allen Befragten eine große bis sehr große Rolle:

• Vier hatten bereits vor der Pandemie umfassend remote gearbeitet, fast alle
setzen jetzt jedoch auf ein hohes Maß an Flexibilität, Mitbestimmung, Selbst-
organisation und Transparenz.
• Das Ausmaß virtuellen Arbeitens im Sinne der digitalen Transformation hat im
Ergebnis der Pandemie in allen kleinen Organisationen noch einmal deutlich
zugenommen.
• Festgestellt werden konnte, dass auch Kleinst- und Kleinunternehmen ihre
Arbeitsweise im Rahmen der Pandemie neu organisiert haben (fünf gaben an,
dass es nun neue Online-Formate und Arbeitsstrukturen gibt).
• Als typisch gaben die Befragten eine volatile Arbeitsweise und eine geringe
Standardisierung an. Gleichzeitig betonten sie die Notwendigkeit von Agili-
tät und rein virtuell arbeitenden Projektteams. Zu den weiteren Änderungen
in der Arbeitsorganisation zählte bei fünf von elf Unternehmen zum Beispiel,
dass eine Digitalisierungsoffensive gestartet wurde, neue Bürokonzepte wie
das papierlose Büro umgesetzt wurden. Teilweise wurden Telefone komplett
abgeschafft, wesentlich mehr Online-Meetings als zuvor durchgeführt und ins-
gesamt wahrnehmbar und offener kommuniziert. Als Tools für diese virtuelle
Zusammenarbeit wurden verschiedene professionelle Video-Conferencing-
Tools eingesetzt. Und: Es wurde durchweg häufiger kommuniziert.
• Insgesamt fand zudem mehr digitale Interaktion statt und dies wurde im
Unternehmen auch unterstützt. Bereits 2017 hatte eine Studie bereits in
Bezug auf die genutzten Kommunikationskanäle gezeigt, dass die ein-
gesetzten Instrumente meist digital ausgerichtet, schnell, aktuell und trans-
parent sind. In der sogenannten New Work-Transformation wird den genutzten
Kanälen hierbei besondere Wirksamkeit zugeschrieben, „welche nicht nur die
Informationsweitergabe vereinfachen und innovativ gestalten, sondern eine
Form des Dialogs möglich machen“ (vgl. Bruch und Block 2017: 48).

Die Wirksamkeit und das Vorgehen des veränderten Handelns wurden ledig-
lich in zwei Unternehmen evaluiert. Das Ergebnis zeigte, dass bei ihnen die
Es geht nicht „um Schafe, die Führung benötigen“ … 267

­ ufriedenheit der Beschäftigten durch die neue Arbeitsweise deutlich erhöht war.
Z
Bei den anderen Unternehmen fand keine direkte Evaluation statt.
Bei den bevorzugt kommunizierten Inhalten ergab die Befragung, dass es
sich vor allem um Sachinformation handelte. Hier stand – naturgemäß in einer
potenziell krisenhaften Situation – am häufigsten die aktuelle Entwicklung des
eigenen Unternehmens im Mittelpunkt der Internen Kommunikation. Danach
folgten Marktlage, Zukunft der Organisation, Entscheidungen des Managements
und die Zukunft des eigenen Arbeitsplatzes (Mehrfachnennungen möglich).
Bei neun von elf Unternehmen hat sich im Ergebnis der Covid-19-Pandemie
die Interne Kommunikation nachweislich verändert. Dies betrifft hauptsächlich
die technische Seite, die inhaltliche Seite jedoch weniger (sic!). Zudem wurde
eine bessere Dokumentation der Arbeit notwendig und die Flexibilität aller
Beschäftigten nahm zu. Im Ergebnis äußerten die Befragten, dass u. a. durch die
Art des Arbeitens wegen Covid-19 Vertrauen und Dankbarkeit in alle Richtungen
gestärkt wurden.
Es lässt sich sagen, dass die beobachteten dynamischeren Strukturen eine
flexiblere Arbeitsweise ermöglichten, diese jedoch eine höhere Anpassungs-
fähigkeit bei den Beschäftigten beispielsweise im Handling, in persönlichen
Kompetenzen sowie in der Wahl der Tools der virtuellen Zusammenarbeit
erfordert. Einer der Gründe dafür liegt in der Vielfalt der eingesetzten
Maßnahmen und Tools, die sich bisher einer Systematisierung entziehen: durch-
gehend unterschiedliche Kollaborationstools und Interaktionsangebote (Teams,
Trello, asana, redmine etc. mit Video/Lehrvideo, Meetings, Social Intranet-
Applikationen), ebenso die Nutzung der Social Media (mit Instagram, Facebook
etc.) sowie Klassiker wie Newsletter, Kataloge, Flyer, Präsentations-PDFs,
Einzelgespräche oder neue Formen wie Stand-ups. Die im Ergebnis erforder-
liche, erhöhte Anpassungsfähigkeit kann als eine idealtypische Demonstration der
Giddens’schen Strukturationstheorie angesehen werden.
Vergleicht man dies Befragungsergebnisse über die Kommunikationspraxis in
der Covid-19-Pandemie mit Benchmarks z. B. aus einer Studie aus der Zeit vor
der Pandemie (vgl. Rolke und Forthmann 2019 zur exzellenten Kommunikations-
arbeit) wird sichtbar, dass – verglichen mit der Kommunikationselite – im Ergeb-
nis der Entwicklung der vergangenen zwei bis drei Jahre auch in Klein- und
Kleinstunternehmen eine professionellere, vernetztere und stärker auf Gegen-
seitigkeit beruhende Kommunikationskultur zu beobachten ist, die sich u. a. in
angepassten agilen Arbeitsstrukturen und der Nutzung von Kommunikationstools
widerspiegelt, wenn auch immer noch nicht selten top-down.
268 A. Bittner-Fesseler und A. Nelke

Das wichtigste Instrument ist dabei das ‘Intranet/Mitarbeiterportal’. Rund 40 Prozent


der exzellenten Kommunikationsabteilungen haben bereits laterale (agile) Arbeits-
strukturen geschaffen, bei denen fast jeder mit jedem in der Abteilung arbeiten
kann. Die eher autoritär geprägten Kommunikationsformen wie die ‘traditionelle
Weitergabe von Informationen nach dem Kaskadenprinzip’ oder die ‘präsidiale
Kommunikation’, bei der die Mitarbeiter vom Vorstand direkt informiert werden
(etwa in Townhall Meetings), scheint künftig deutlich seltener die Kommunikations-
kultur des Unternehmens zu bestimmen. (Rolke und Forthmann 2019: 20)

Es ist zu erwarten, dass dieser Effekt zu einer wesentlichen Struktureigen-


schaft der künftigen Internen Kommunikation auch in kleinen Unternehmen
werden könnte. Die flexible Arbeitsgestaltung, flexible Arbeitszeiten, -orte und
Arbeitsplatzsicherheit könnten als Grund dafür angesehen werden, dass sich die
Beschäftigten schnell an die neue Arbeitsweise gewöhnen.

5 Erkenntnisse aus den veränderten Bedingungen


und mögliche Implikationen für die Interne
Kommunikation

Die Covid-19-Pandemie

1. veränderte die Interne Kommunikation,


2. befördert die digitale Transformation mittels agiler Methoden und digitaler
Tools
3. und beeinflusst Strukturen in den untersuchten Unternehmen.

Zu 1.: Tempo und Intensität der beobachteten Veränderung in der Internen


Kommunikation waren so bisher im „normalen“ Fortschritt der Arbeitswelt
noch nicht zu beobachten, sondern stehen für den Wandel in der Krisenzeit, der
zugleich zu einem Change-Prozess für die Interne Kommunikation von Klein-
und Kleinstunternehmen wurde. Die Erhebung zeigte daher, dass veränderte
Umweltbedingungen agiles Arbeiten und die digitale Transformation auch in
der Internen Kommunikation von Klein- und Kleinstunternehmen vorantreiben
können. Somit kann bestätigt werden, was sich bereits seit Beginn der Covid-
19-Pandemie z. B. anhand einer Untersuchung von Schweizer Großunternehmen
abgezeichnet hatte (Krämer und Pfizenmayer 2020): Als unabhängig von der
Unternehmensgröße ist der zunehmende Einsatz digitaler Formate, agiler
Methoden und das erhöhte Informationsbedürfnis als Ausdruck für ein ver-
ändertes Handeln anzusehen.
Es geht nicht „um Schafe, die Führung benötigen“ … 269

Zu 2.: Der Ausbau und die Bündelung der digitalen Kanäle – also die
technische Seite der Kommunikation – wurde in den befragten KMU in der
Zeit der Krise verstärkt in den Fokus gerückt und auch in der Praxis umgesetzt.
Vergleichbare Ergebnisse zu Arbeitsmethoden und -tools zeigte auch hier das
frühe Untersuchungsergebnis zu Schweizer Großunternehmen, wobei auch fest-
gestellt wurde, dass es nötig ist, „[…] Mitarbeitende zu befähigen und zu unter-
stützen, die neuen digitalen Kommunikations- und Kollaborationskanäle auch zu
nutzen“ (Krämer und Pfizenmayer 2020). Die Verantwortung für diesen Trans-
formationsprozess – ähnlich wie bei der New Work-Transformation generell –
wird der Geschäftsleitung zugeordnet, die diese Verantwortung in den kleinen
Unternehmen auch wahrnimmt und in der Krise neue Strukturen schafft.
Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse aus der vorgelegten Studie, was
im Einklang mit anderen Studien und Erfahrungsberichten steht (Engelhardt
2020; Krcmar und Wintermann 2020; Krämer und Pfizenmayer 2020; Gatterer
und Horx 2020) deuten sich für die Arbeitsorganisation durchaus langfristige
Änderungen aus der Covid-19-Pandemie an. „Mit überwältigender Mehrheit
von 92 % sehen die Expertinnen und Experten auch zukünftig Konferenztools
als integralen Bestandteil täglicher Arbeitsroutinen. In diesem Zusammen-
hang gehen die Befragten mit 76 % Zustimmung von einer Virtualisierung von
Präsenzformaten aus, was sich wiederum in der starken Zustimmung zu einem
zukünftig räumlich und zeitlich flexibleren Arbeitsleben ausdrückt“ (Krcmar
und Wintermann 2020: 10). „Neue Arbeitsmodelle […] sind zum Regelbetrieb
geworden. Damit wurde auch der Nachholbedarf bei Kompetenz und Kultur deut-
lich – und damit auch einige To-dos in Sachen Personal und Organisationsent-
wicklung. Technologien, die eigentlich schon selbstverständlich waren, aber in
so manchem Unternehmen noch als exotisch galten, sind nun eingeführt, werden
weiter optimiert – und nicht mehr verschwinden“ (Gatterer und Horx 2020: 106).
Zu 3.: Infolge der parallelen Entwicklung von Präsenz und remote in der
Covid-19-Pandemie entwickelte sich ein New Business Normal aus hybrider
Arbeitsweise und hybriden Arbeitsstrukturen auf Mikroebene. Bei dieser Ent-
scheidung agieren Unternehmen situationsbezogen. Infolge der Pandemie
wurden bereits Rollen und Arbeitsorganisationsformen angepasst, da es „eine
Digitalisierung im,Frontendʻ, ohne dass dies Auswirkungen auf die Situation
im,Back-endʻ hätte, […] nicht geben“ kann (Wintermann 2020: 660). Eine
vergleichbare Entwicklung konnte bereits bei Start-ups beobachtet werden
(Bittner-Fesseler und Nelke 2021), bei denen jedoch bereits mit der Gründung
hybride, mit der Pandemie dann jedoch überwiegend digital basierte, interne
Kommunikationsstrukturen aufgesetzt wurden.
270 A. Bittner-Fesseler und A. Nelke

Bei dieser Änderung zu hybriden Arbeitsstrukturen in kleinen Unternehmen


(Mikro-Ebene) ist anzunehmen, dass diese Entwicklung künftig Auswirkungen
auf die unternehmensinterne Kommunikationsgestaltung haben wird und
strukturelle Auswirkungen auf der Meso-Ebene zu beobachten sein werden. Für
ein weiteres, tiefergehendes Verständnis wird daher die Frage wichtig, wie die
hybride Arbeitsweise als Änderung auf der Mikro-Ebene die jeweiligen Firmen-
struktur und -kultur in kleinen Unternehmen beeinflussen wird, da sie Aus-
druck für ihre Resilienz und Existenzfähigkeit in einer sich stark wandelnden
Umwelt sein werden. Dies hatte sich vor der Pandemie bereits angedeutet,
als anhand von größeren Schweizer KMU bis Großkonzernen zum Thema Top
Management in Digitalisierung und Arbeitswelt 4.0 festgestellt worden war, dass
die Kommunikation eine treibende Kraft in der New Work-Transformation ist,
sich in diesem Zuge jedoch auch die Kommunikation selbst stark verändert und
verändern wird. Das „Wie“ ist hierbei ein „weiteres, wichtiges kulturprägendes
Element“ für die Unternehmen (Bruch und Block 2017: 42 f.). Was für die
Großen wichtig ist – transparente, weitgehend hierarchiefreie Kommunikation,
das Schaffen von Strukturen und die Umsetzung von Instrumenten, die eine
Kultur ermöglichen, in der Mitarbeitende zu Wort kommen und spüren, dass ihre
Meinung gehört wird (Bruch und Block 2017: 47) – gilt ebenso für Kleinst- und
Kleinbetriebe, gerade in der Veränderung.

6 Fazit

Auch Klein- und Kleinstunternehmen konnten sich der Wirkung der Pandemie
nicht entziehen. Konzepte wie virtuelles Arbeiten und Home-Office sind in der
Arbeitswelt der Kleinsten angekommen: Sie sind angenommen und werden
gelebt, „allerdings in einer Weise, die das Home-Office als freiwillige Wert-
schöpfungsmöglichkeit betrachtet und nicht als eine in allen Fällen gewünschte
Arbeitsform“ (Krcmar und Wintermann 2020: 11). Dies kann als Umgang einer
lebenden Organisation bzw. Unternehmung mit den Herausforderungen einer
komplexen Umwelt angesehen werden. Gerade für das in Deutschland dringend
benötigte Nachholen der betrieblichen digitalen Transformation bot die Covid-
19-Pandemie die Chance, „das Geschäftsmodell, die tradierten Logiken und Ent-
scheidungswege, den Antrieb des Unternehmens, wie den inneren Antrieb der
Menschen selbst“ (Wintermann 2020: 660) zu verändern. Für die Unternehmen
kam es darauf an, dass das Management Transformationsbereitschaft zeigte und
die Interne Kommunikation mit Ressourcen ausstattete, um in einer Krise die
Existenz zu sichern.
Es geht nicht „um Schafe, die Führung benötigen“ … 271

In der Pandemie – als einmalige „Laborsituation“ (Stresssituation für


die Organisation) – wurde sichtbar, dass die oft als wenig dynamisch wahr-
genommenen kleinen Unternehmen in ihrer Internen Kommunikation agil
handel(te)n und sich anpass(t)en. Sie setzen Transitionsprozesse um, die sowohl
die Technisierung als auch Strukturen und Arbeitsweise betreffen und durch
digitale Kommunikation und Kollaboration eine digitale Arbeitskultur unter
Initiative der Geschäftsführung bzw. Verantwortlichen somit ebenso umsetzen,
was Einfluss auf die Art der Internen Kommunikation hat.
Zugleich verändert sich – nicht nur in der vorliegenden Untersuchung, auch
in anderen Studien während der Covid-19-Pandemie – der Begriff Führung: Es
geht bei Führung „nicht um Schafe, die eine Führung benötigen, sondern viel-
mehr um die Zusammenarbeit von mündigen Arbeitnehmern“ (Wintermann
2020: 660). Im Ergebnis der Entwicklungen, dass Präsenz und remote parallel
existieren, ist heute ein New Business Normal aus hybriden Arbeitsstrukturen
zu beobachten. Dies verändert nun auch kleine und kleinste KMU. Gerade im
New Business Normal mit seinen diversen Arbeitsorten und -weisen kommt der
Internen Kommunikation die führende Rolle in der Realisierung von Arbeit, in
der Teambildung sowie im Ausdruck der Wertschätzung den Beschäftigten gegen-
über zu – besonders auch in KMU, bei denen die Ressource Personal sowie deren
Arbeitsweise besonders relevant sind. Eine professionell ausgerichtete Interne
Kommunikation sorgt dafür, dass alle notwendigen Informationen in der richtigen
Menge, der richtigen Zeit und am richtigen Ort vorhanden sind – für hybrid und
agil arbeitende Unternehmen ein must have.

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274 A. Bittner-Fesseler und A. Nelke

Angela Bittner-Fesseler studierte und promovierte in Geschichte und Gesellschaft an


den Universitäten in St. Petersburg und Erlangen-Nürnberg. Seit 2011 lehrt und forscht
sie als Professorin für Medien und Kommunikationsmanagement – zunächst an der design
akademie berlin, seit 2017 an der SRH Fernhochschule -The Mobile University. Eine lang-
jährige Praxiserfahrung realisierte sie als freie Journalistin, PR-Beraterin für KMUs und
Startups sowie Kommunikationsmanagerin für Wissenschaftsorganisationen. Zu ihren
Forschungsgebieten zählen u. a. die Kommunikation von jungen Unternehmen, CSR- und
Nachhaltigkeitskommunikation.

Astrid Nelke studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin,


wo sie 2008 auch promovierte. Nach Stationen in der Konzernpolitik der Deutschen Luft-
hansa AG, der Bundesgeschäftsstelle der CDU Deutschland und als Leiterin der Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit bei einem Arbeitgeberverband in der Baubranche war sie von
2014–2020 als Hochschullehrerin für Unternehmenskommunikation und Innovations-
management an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Berlin tätig. Seit
2021 arbeitet Nelke als Professorin für angewandte Wirtschaftspsychologie an der HAM
Hochschule für angewandtes Management in Ismaning. Daneben berät sie mit ihrem Team
von [know:bodies] Organisationen zu den Themen interne und externe Kommunikation
sowie Employer Branding.
Rahmenthema 4: Didaktisierung in der
Unternehmenskommunikation – Topic 4:
Didactisation in corporate communication
Unternehmens- und
Wirtschaftskommunikation
für den Beruf erlernen: Eine
länderübergreifende, transdisziplinäre
Kooperation mit Blick auf
Fachwissen, Fachsprachenwissen und
Fachkommunikation im Studium

Margret Mundorf und Eva Seidl

Zusammenfassung

Fachwissen, Fachsprachenwissen und Fachkommunikation im Unternehmens-


kontext und der Wissensdomäne der Wirtschaft spielen nicht erst im Beruf
eine Rolle. Damit Absolvent:innen und Berufsanfänger:innen angemessen
in Unternehmen und Wirtschaft kommunizieren können, ist es auch Auf-
gabe der Hochschulen, Studierende auf die beruflichen Anforderungen der
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation vorzubereiten, ihnen (fach-
liches) Wissen zu vermitteln und den Erwerb kognitiver, sprachlicher und
kommunikativer Kompetenzen zu ermöglichen. Das hier skizzierte trans-
disziplinäre, länder- und hochschultypenübergreifende Kooperationsprojekt

M. Mundorf (*)
Hochschule Kaiserslautern, Worms, Deutschland
E-Mail: margret.mundorf@hs-kl.de
E. Seidl
Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft, Universität Graz,
Graz, Österreich
E-Mail: e.seidl@uni-graz.at

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 277


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_13
278 M. Mundorf und E. Seidl

analysiert und evaluiert vergleichend zwei unterschiedliche Lehr- und Lern-


konzepte zwischen dem Fachbereich Betriebswirtschaft an der Hochschule
Kaiserslautern und dem Studiengang Transkulturelle Kommunikation am
Institut für Translationswissenschaft an der Universität Graz Die Ergebnisse
der vergleichenden Evaluation beschreiben und bewerten aus Studierenden-
sicht Lehr- und Lernziele, Inhalte, Lernformen, Arbeitsaufträge und Prüfungs-
anforderungen in den – kaum vergleichbaren – betriebswirtschaftlichen und
translationswissenschaftlichen Studiengängen im Bereich der Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation. So unterschiedlich die beiden Curricula auch
sind, so ist ihnen doch die Bedeutung von Sprachwissen, Sprachbewusstheit
und (meta-)kommunikativer Kompetenz gemeinsam. Die Entwicklung von
Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz für Wirtschaft, Management
und Organisation kommt ohne Sprache, Fachwissen, Fachsprachwissen und
Fachkommunikation nicht aus. Als transversale Kompetenzen ermöglichen
Fach(sprachen)wissen und kommunikative Fähigkeiten eine zukunftsfähige
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation, basierend auf internationaler
sprach- und kommunikationswissenschaftlicher und transdisziplinärer
Forschung. Ziel dieses Beitrags ist es, die sprachlich-kommunikativen
Bedingungen zur Entwicklung entsprechender Kompetenzen zu erforschen
und zu verbessern.

Schlüsselwörter
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation · Fachwissen ·
Fachsprachenwissen · Fachkommunikation im Studium ·
Sprachkompetenz · Kommunikative Kompetenz

1 Ausgangspunkt und Grundlagen des


Kooperationsprojekts

Dieser Beitrag präsentiert ein transdisziplinäres, länder- und hochschultypenü­


bergreifendes Kooperationsprojekt zwischen betriebswirtschaftlichen Studien-
gängen an der Hochschule Kaiserslautern (Deutschland), und dem Studiengang
Transkulturelle Kommunikation am Institut für Theoretische und Angewandte
Translationswissenschaft an der Universität Graz (Österreich). Ziel der
Zusammenarbeit war die Analyse und Evaluation bestehender sowie die (Weiter-)
Entwicklung innovativer, transdisziplinärer Lehr- und Lernkonzepte im Rahmen
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 279

zweier unterschiedlicher Lehrveranstaltungen mit explizit wirtschaftssprach-


lichem und wirtschaftskommunikativem Fokus. Zentrale Fragestellungen des
2021 durchgeführten Projekts waren – in Zeiten zunehmend schriftlich zu
bewältigender, oft multimodaler Arbeitsanteile in digitalen und interkulturellen
Arbeitswelten – unter anderem: Sind die Lehr- und Lernziele im Bereich der
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation, die Inhalte und Materialien,
sozialen Lernformen, Arbeitsaufträge und Prüfungsanforderungen sowie die
gebotene Lernunterstützung repräsentativ für die kognitiven und kommunikativen
Aufgaben im Rahmen der späteren Berufstätigkeit der Studierenden? Ent-
sprechen sie den gesprochen- und geschriebensprachlichen kommunikativen
Anforderungen einer von Diversität geprägten, dynamischen, sich digital und
sozial neu definierenden Arbeitsumwelt?
Der Beitrag stellt die empirisch erforschten, von den Studierenden evaluierten
Lehr-/Lernveranstaltungen und Praxisbeispiele aus dem Handlungsbereich einer
nachhaltigen, sozialintegrativen und diversitätsorientierten Wissensdomäne
der Wirtschaft zur Diskussion. Der Ausdruck Wissensdomäne bezeichnet im
Anschluss an das internationale Forschungsnetzwerk Sprache und Wissen (www.
suw.uni-hd.de) die „in kommunikativen Praktiken geformten thematischen
Konglomerate“ sprachlich-diskursiv geformten Wissens (Felder und Gardt 2015:
21). Wissen – als vage gebrauchtes Hochwertwort – wird dabei im Anschluss
an Konerding (2009) als Fähigkeit betrachtet, handelnd mit impliziten und
expliziten Kenntnissen umzugehen und diese zu beherrschen. Explizit lässt
sich artikuliertes, sprachlich bestimmtes Wissen beschreiben und reflektieren,
während implizites Wissen als Alltags- oder Laienwissen Orientierungsmuster in
Alltagskontexten beinhaltet (Konerding 2009).
Gegenstand der Wissensdomäne der Wirtschaft sind „Handlungs-, Wissens-
und Vergesellschaftungsbereiche der Wirtschaft“ (http://sprache-und-wissen.
de/wissensdomaenen/unternehmen-und-organisation/. Diese werden in diesem
Beitrag in unterschiedlichen Hochschulkontexten aus linguistischer, betriebs-
wirtschaftlicher, kommunikationstheoretischer und translationswissenschaft-
licher Perspektive beleuchtet. Der Fokus liegt dabei auf der Bedeutung des
sprachlichen und kulturreflexiven Wissens für die mündliche und schrift-
liche Kommunikation in Unternehmen und Organisationen der Wirtschaft aus
Hochschul- und Studierendenperspektive. Der Beitrag berichtet aus unterschied-
lichen Disziplinen-, Länder- und Hochschulperspektiven über lessons learned
und schließt mit methodisch-didaktischen Empfehlungen: für die Aus- und
Weiterbildung im Bereich der Wirtschaftskommunikation und deren spezi-
fische Aufgaben der Wissensvermittlung und des Kompetenzerwerbs, die im
Rahmen internationaler sprach- und kommunikationswissenschaftlicher sowie
280 M. Mundorf und E. Seidl

transdisziplinärer Wirtschaftsforschung gemeinsam weiter zu bearbeiten und zu


vertiefen sind.
Die Kooperation erfolgte in mehreren Phasen: Idee und Konzept der
Kooperation, entstanden im Kontext des internationalen virtuellen 56.
Linguistischen Kolloquiums (LingColl) zum Konferenzthema „Übersetzen,
Mehrsprachigkeit und Kognition“ im November 2020. Anfang 2021 folgte die
konkrete Kooperationsplanung mit regelmäßigem fachlichem Austausch per Video-
konferenzen, ein Online-Lehraustausch im Juni 2021, die Entwicklung von Fokus-
fragen für die Lehrevaluation und die Ergebnispräsentation im Rahmen der 21.
EUKO im Hybridformat in Turku und die geplante Weiterführung des länder- und
disziplinübergreifenden Projektes mit einem Online-Austausch von Studierenden.

2 Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation


in Studium und Beruf

Fachwissen, fachsprachliches Wissen und Wissen über Fachkommunikation


werden in der Wissensdomäne der Wirtschaft und in den entsprechenden wissen-
schaftlichen Ausbildungsgängen – wie in anderen Wissens- und Handlungs-
feldern – in wesentlichen Teilen über die Sprache und sprachliche Zeichen
vermittelt.
Die Spezifik unterschiedlicher Domänen ergibt sich aus den jeweiligen
Organisationsprinzipien von (fachlichen) Wissensbeständen, die aus der fach-
sprachlich spezifisch verwendeten kommunikativen Praxis resultieren (vgl.
Felder und Gardt 2015: 21). Anders als etwa bei naturwissenschaftlichen
und technischen Gegenständen konstituieren sich die Gegenstandsbereiche
der Wirtschaft erst im spezifischen Zugriff durch die Sprache und durch ihre
kommunikative Aushandlung. Sprachliche und kommunikative Phänomene haben
in der Wissensdomäne der Wirtschaft insofern eine zentrale Bedeutung (Hundt
2015). Sie werden in der internen wie auch in der externen Unternehmens-
kommunikation insbesondere aus Sicht der Arbeits-, Organisations- und Sozial-
psychologie, der Soziologie, der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre und anderen
Disziplinen untersucht. Dabei lässt sich der Gebrauch sprachlicher Zeichen in
einem bestimmten soziokulturellen Kontext – als soziales Handeln eingebettet
in eine bestimmte kommunikative Interaktion – phänomenorientiert mit sprach-
wissenschaftlichen Instrumentarien analysieren und beschreiben (vgl. Felder und
Gardt 2015: 15).
Betriebs-, volks- und wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge fokussieren
bei der Vermittlung von Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation und dem
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 281

curricular verankerten Wissenstransfer in Lehr-/Lerninhalten auf den Bereich der


mündlichen Kommunikation. Dabei ist Literalität als Schreib- und Lesefähigkeit
in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen und Berufsfeldern nicht ledig-
lich eine nützliche Zusatzqualifikation, sondern vielmehr „integraler Teil von
Fachwissen und Fachkompetenz“ (Chitez et al. 2011: 121 f.). Dies schlägt sich
jedoch nicht gleichermaßen in Schreibaufträgen, Schreibpraktiken, im Studium
geforderten Genres und Prüfungsleistungen auf Basis schriftlicher Texte nieder
(vgl. Jakobs 2008).
Im Vergleich zu Studierenden in betriebswirtschaftlichen Studiengängen stellt
für Studierende der Transkulturellen Kommunikation die Wissensdomäne der
Wirtschaft nur eines von mehreren zentralen Themenfeldern bzw. nur einen von
mehreren Fachkommunikationsbereichen dar, mit deren „kulturell determinierten
Kommunikations- und Textstrukturen“ (Baumann 2021: 106) sie erfolgreich
umgehen können sollten. Wo und wie sich für die beiden Studierendengruppen
Synergien ergeben, demonstrieren Massey und Wieder (2019), die für eine ver-
stärkte Zusammenarbeit zwischen Expert:innen in Unternehmenskommunikation
und jenen in interkultureller Mediation bzw. Translation plädieren. Auch wenn
multinationale Unternehmen zu einem Großteil auf Englisch als lingua franca
als ihre Arbeits- und Konzernsprache zurückgreifen, so gilt doch, dass „target or
stakeholder groups, target markets and target cultures still need to be addressed in
their local native languages in official communication“ (Massey und Wieder 2019:
61). Qualitätssichernde Maßnahmen, die dafür Sorge tragen, dass Unternehmen
sich je nach Zielmarkt, Zielsprache und Zielkultur als vertrauenswürdig und
ethisch verantwortungsvoll positionieren, können demnach aus einem reflektierten
Umgang mit strategischer Unternehmenskommunikation bestehen. Dies erfordert
intensiven Austausch und transparente Abstimmungsprozesse zwischen Sprach-,
Kultur- und Kommunikationsexpert:innen, Wirtschaftsexpert:innen sowie
Spezialist:innen für PR, Unternehmens- und Marketingkommunikation. Damit ein-
her geht, dass die Beratungstätigkeit interkultureller Mediator:innen und der Mehr-
wert von Humanübersetzungen und Dolmetschtätigkeiten anerkannt wird, statt
allzu stark auf maschinelle Translationen zurückzugreifen. Mit Fokus auf die Aus-
bildung an translationswissenschaftlichen Studiengängen konstatieren Massey und
Wieder (2019) dazu wie folgt:

Translator education must resist the current trend towards an increasingly dominant
focus on assistive technologies and foster an extended self-concept by developing
students’ intuition, creativity, ethical judgement and advisory skills. Greater weight
should therefore be given to transcreation, user-centred text production, intercultural
communication, conceptual transfer, ethics, risk, quality assurance and consultancy.
(Massey und Wieder 2019: 76)
282 M. Mundorf und E. Seidl

Ein solches erweitertes Selbstkonzept von transkulturellen Kommunikator:innen


bzw. Translator:innen trägt idealerweise dazu bei, dass sie zuversichtlicher und
selbstbewusster mit volatilen und unvorhersehbaren Arbeitswelten umzugehen
lernen. Puhr (2021) argumentiert in diesem Zusammenhang dafür, den Begriff
„employability“ durch den stärker intrinsisch mit der individuellen Arbeits-
bereitschaft verbundenen Begriff „work readiness“ zu ersetzen, „to reorient the
discourse away from market forces over which HE [higher education] has no
influence and towards the development of students“ (Puhr 2021: 111).

2.1 Konzepte und Lehr-/Lernziele an der Hochschule


Kaiserslautern

Studierende betriebs- und wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge müssen


neben Fachwissen und Fachkompetenz in hohem Maße (fach-)kommunikative
Kompetenzen für ihre künftigen Berufsfelder mitbringen. An der Hochschule
Kaiserslautern werden diese praxisbezogen und berufsqualifizierend ver-
mittelt. Neun betriebswirtschaftliche Bachelorstudiengänge stehen dort zur
Wahl: Finanzdienstleistungen, Industrial & Digital Management, International
Business Administration, Mittelstandsökonomie, Technische Betriebswirtschaft,
Wirtschaft und Recht, Wirtschaftsinformatik und die beiden Fernstudiengänge
Betriebswirtschaft und Finanzberatung für Unternehmen und Privatkunden.
Hinzu kommen weitere Masterstudiengänge. Die B.Sc.-Studiengänge Technische
Betriebswirtschaft, Industrial & Digital Management und Wirtschaftsinformatik
integrieren Management, Technik und Informatik zu unterschiedlichen Anteilen.
Wirtschaftsinformatiker:innen etwa werden für Aufgaben in Planung und
Controlling im Management qualifiziert, in Analyse oder Organisation, als
Software-Ingenieur:in in der Entwicklung, als Hard- und Software-Spezialist:in
in Vertrieb und Marketing und als Trainer:in im Schulungsbereich. Im Grund-
studium erlernen Studierende etwa Grundlagen der Betriebswirtschafts- und
Volkswirtschaftslehre, IT-orientiertes Rechnungs- und Finanzwesen, digitales
Marketing und Personalmanagement, technische Mathematik, Grundlagen der
Informatik, der Programmierung, IT-Consulting und IT-Recht sowie auch Wirt-
schaftskommunikation als Kommunikations- und Führungstechnik und Englisch.
Nun lassen sich Organisationen in der Wirtschaft als hochgradig arbeits-
und funktionsteilig arbeitende soziale Gebilde verstehen (Jakobs 2018: 445).
Organisationale Kommunikation findet, betriebswirtschaftlich als Prozessketten
modelliert, in übergeordneten Handlungszusammenhängen statt: im Management,
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 283

in Geschäftsprozessen und Wertschöpfungsketten und in ergänzenden Aktivitäten


(etwa in Unternehmensinfrastruktur, Personalwirtschaft oder Forschung) (Schuh
1996). Unternehmenskommunikation umfasst somit in allen Typen von Prozessen
und Prozessketten sämtliche Formen der sprachlich-kommunikativen Bearbeitung
von Aufgaben und Handlungen, die sich als komplex ineinander greifende Aktivi-
täten und Prozesse wechselseitig beeinflussen. Unternehmerischer Erfolg hängt
somit wesentlich davon ab, ob die interne und externe Kommunikation von
Wissen gelingt. Die sprachlich-kommunikative Aufgabenbearbeitung in öko-
nomisch orientierten Organisationen vollzieht sich in mündlicher und schrift-
licher Form. Während mündliche Kommunikation dazu dient, organisationales
und unternehmensrelevantes Wissen diskursiv zu erzeugen, zu vermitteln und
auszuhandeln, wird in schriftlichen Texten Wissen dokumentiert, perspektiviert,
systematisiert, vermittelt, transformiert und – im Gegensatz zu flüchtigem sprach-
lichen Handeln – „Verdauerung“ durch Schrift erzielt (Ehlich 1994: 19).
Dementsprechend erwartet der Arbeitsmarkt Kommunikations- und Führungs-
kompetenz von betriebswirtschaftlichen Absolvent:innen. Kommunikative
Fertigkeiten etwa für überzeugendes Argumentieren, verständliches Präsentieren
von Wissen, für gelingende Teamarbeit und Gesprächsführung mit Kund:innen,
Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen zählen deshalb zu den zentralen Studien-
zielen. Modulziele für den Bereich der Kommunikations- und Führungstechnik
in betriebswirtschaftlichen Studiengängen sind insbesondere: Studierende ver-
stehen die Bedeutung von Kommunikation und Führung in der Wirtschaft und
für den Unternehmenserfolg. Sie kennen praxisrelevante Kommunikations- und
Führungsthemen sowie -techniken. Sie sind in der Lage, Kommunikations-
situationen im Unternehmen korrekt einzuschätzen, sammeln Erfahrungen in der
(digitalen) Team- und Projektarbeit, die nur kommunikativ zu bewältigen ist. Sie
erarbeiten kollaborativ und strukturiert Themen und organisieren die Arbeits-
aufgaben im Team. Sie erweitern ihre Vortrags- und Präsentationskompetenzen,
dokumentieren Arbeitsschritte schriftlich und lernen vernetztes und kritisches
Denken. Ihre kommunikative Kompetenz können sie im Rahmen von Vorträgen
und Präsentationen einsetzen, Feedback geben und Feedback annehmen.
Die Lernziele werden methodisch operationalisiert in unterschiedlichen
Formaten von Vorlesung/Lehrgespräch, Team- und Gruppenarbeit, Rollenspielen
und Präsentationen im Rahmen von Expert:innenkonferenzen, unterstützt durch
Blended Learning-Material im Learning Management-System OpenOlat. Ver-
mittelt wird vor allem Wissen im Bereich der mündlichen Kommunikation,
sprachliche und psychologische Grundlagen aus der Sozial-, Arbeits- und
284 M. Mundorf und E. Seidl

Organisationspsychologie, der Angewandten Linguistik und Gesprächsforschung,


der Semiotik, Semantik und Pragmatik; spezielle Bereiche der Wirtschafts-
kommunikation, mündliche und schriftliche Kommunikation. Die aktive Be-
und Verarbeitung von bereitgestellten Lehrmaterialien und die eigenständige
Recherche und Erarbeitung von Theorien, Konzepten und Verfahren fördert Lese-
und Schreibkompetenzen sowie die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten.
Alle Zwischen- und Endergebnisse werden von den Studierenden schriftlich
dokumentiert. Mit dem Protokollieren aller Teamsitzungen üben die Studierenden
ein Genre ein, das im Wirtschaftskontext zur schriftlichen Dokumentation von
Besprechungen und Arbeitsergebnissen gebräuchlich ist und daher beruflichen
Anwendungsbezug hat.

2.2 Konzepte und Lehr-Lernziele an der Universität


Graz

Einerseits sollen Studierende des Bachelorstudiums Transkulturelle


Kommunikation (TKK) am Grazer Institut für Translationswissenschaft auf
eine Masterausbildung als Übersetzer:innen oder Dolmetscher:innen vor-
bereitet werden. Andererseits gilt es, BA-Absolvent:innen zu ermöglichen, ihre
in sechs Studiensemestern erworbenen sprachmittlerischen und transkulturellen
Kompetenzen in einem möglichst breit gefächerten Spektrum an Berufsfeldern
erfolgreich zum Einsatz zu bringen. In der Lehre ist demnach ein konsequenter
Berufsfeldbezug erforderlich, was sich in den behandelten Lehrveranstaltungs-
themen widerspiegelt. So spiegeln die Themen der Lehrveranstaltung (LV)
„Deutsch: Intralinguale Textarbeit I“ Hundts (2015) Feststellung wider, dass
sowohl die Wissensdomäne der Wirtschaft als auch jene des Rechts bzw. der Ver-
waltung nahezu ubiquitär präsent sind und unseren Alltag in kommunikativer
Hinsicht prägen. Zu Beginn jedes Wintersemesters setzen sich die Studierenden
in dieser LV mit den Verbindungen zwischen Textlinguistik, Fachsprachen, Fach-
kommunikation und Translation auseinander, wobei Lehr-Lernziele die Ana-
lyse fachsprachlicher Ausgangstexte aus den Bereichen Wirtschaft sowie Recht
und Verwaltung sowie ihre textsorten- und adressatenspezifische Adaption sind.
Konzipiert ist diese LV sowohl für Studierende mit Deutsch als Erstsprache
als auch für jene mit Deutsch als Fremdsprache (DaF) auf Niveau C1 des
Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 285

Fokussiert werden soll in diesem Beitrag jedoch eine LV speziell für DaF-
Studierende (C1), wobei der Titel der LV, „Deutsch: Sprach-, Text- und Kultur-
kompetenz IV“, exakt jene drei Kompetenzen umfasst, die nach Kadrić et al.
(2019) Gelingensbedingungen für transkulturelle Fachkommunikation sind:

Erfolgreiche transkulturelle Fachkommunikation, wie jede Art von transkultureller


Kommunikation, erfordert nicht nur Sprachkompetenz, sondern auch Kenntnisse der
Texttypen und Textsortenkonventionen sowie des allgemeinen kulturellen Kontexts
und der spezifischen Kommunikationskultur der jeweiligen Kommunikations-
gemeinschaft – in diesem Fall, des Fachkollektivs. (S. 164, eigene Hervorhebung)

Konsequenterweise sind erklärte Lehr-Lernziele dieser im vierten BA-Studien-


semester angebotenen LV eine Konsolidierung von Text-, Grammatik- und
Wortschatzkenntnissen, aber auch ein reflektiertes Verständnis für Prozesse, die
zu kulturbedingten Denk-, Verhaltens- oder Sprachmustern geführt haben. Wirt-
schaft und Nachhaltigkeit ist dabei neben Kunst, Tabus und Umwelt eines von
vier Themen dieser LV, die idealerweise die Teilnehmer:innen bei der Bewusst-
seinsbildung unterstützt, als TKK-Studierende eine Entwicklung durchlaufen
zu müssen. Cerezo Herrero et al. (2021) beschreiben diese Entwicklung als
„journey from a general language user to a language expert who can use their
linguistic inventory for professional work with two languages“ (S. 150). Der
starke Professionsbezug der zukünftigen beruflichen Sprachverwendung ist auch
der Grund, weshalb Cerezo Herrero et al. (2021) dafür plädieren, translations-
orientiertes Lernen und Lehren von Sprachen im Kontext von Spracherwerb für
spezifische berufliche Zwecke (Languages for Specific Purposes) zu betrachten.
Um nun die Sicht der Studierenden auf diesen angestrebten Arbeitsweltbezug zu
erheben, wurde 2021 ein Vergleich mit Studierenden der Betriebswirtschaft an
der Hochschule Kaiserlautern durchgeführt.

3 Vergleichende studentische Evaluationen

3.1 Fragebogendesign und Ergebnisse: Studierenden-


Feedback Kaiserslautern

Im evaluierten Zeitraum besuchten 42 Studierende aus dem Bachelor-Studien-


gang Wirtschaftsinformatik die Lehrveranstaltung „Wirtschaftskommunikation/
Kommunikation im Unternehmen“. Die Teilnehmenden studierten im ersten
bis vierten Fachsemester und verfügten damit über sehr unterschiedliches
286 M. Mundorf und E. Seidl

Vorwissen. Mehr als zwei Drittel der Studierenden brachte internationalen und
mehrsprachigen Hintergrund mit, einige erlernten Deutsch nicht nur als Zweit-,
sondern sogar als Drittsprache. Viele Studierende verfügten über mehrjährige
Arbeitserfahrungen im nationalen und internationalen Kontext, einige über eine
Berufsausbildung, andere hatten den Studiengang bereits einmal gewechselt.
Die außerordentlich heterogene Studierendengruppe bearbeitete in acht Teams
acht verschiedene Teilthemen zu Kommunikationsmodellen, sozialpsychologischen
Grundlagen und Modellen, interkultureller Kommunikation, anwendungs-
orientierten Konzepten für Gesprächsführung, Argumentieren, Verhandeln und
Moderieren, Konfliktbearbeitung etc. Am Ende des Semesters präsentierten die
Teams ihre Projektarbeiten in mehreren digitalen Expert:innenkonferenzen, dis-
kutierten und vernetzten ihre (Teil-)Themen, indem sie Bezüge und Wechsel-
wirkungen zwischen ihren jeweiligen Projektthemen und dem übergreifenden
Modulthema der Kommunikation in Unternehmen/Wirtschaftskommunikation
herstellten.
Die Teams bestanden aus jeweils vier bis sechs Teammitgliedern mit
bestimmten Aufgaben und Rollen, die im Team ausgehandelt wurden. Diese
beinhalteten die Teamkoordination, das Erstellen einer Informationsüber-
sicht, das Erarbeiten einer Dramaturgie für die Abschlusspräsentation, deren
mediale Gestaltung, das Vernetzen mit den Themen der anderen Teams sowie die
Protokollführung etc. Die Lehrveranstaltung fand ein Semester lang wöchentlich
mit 2 SWS im 90-min-Format virtuell per Videokonferenz statt. Alle schriftlichen
Dokumentationen sowie die Abschlusspräsentation, bei der jedes Team seine
Ergebnisse im Rahmen einer Expert:innenkonferenz vorstellte und im Plenum
diskutierte, wurden arbeitsteilig im Team erarbeitet. Am Ende des Semesters
waren individuelle schriftliche Einzelreflexionen abzugeben. Die dazu vor-
gegebenen Fragen waren offen – mit Ausnahme einer Frage zur Evaluation der
Teamarbeit, bei der die Studierenden verschiedene Aspekte (wie z. B. gegen-
seitige Unterstützung, Arbeitsklima, Umgang mit Konflikten) auf einer Skala von
0 bis 10 bewerten sollten. Die Lernreflexion erfasste die Sicht der Studierenden
auf sechs Ebenen: 1) die individuellen Lernziele im Kontext der Teamaufgabe,
2) die Beschreibung und Dokumentation der eigenen Lernaktivitäten und Lern-
prozesse in der Lehrveranstaltung und innerhalb der Teamaufgabe, 3) die Ana-
lyse und Bewertung von günstigen und eher ungünstigen Bedingungen und
Einflussfaktoren auf die Lernaktivitäten und das individuelle Lernen innerhalb
der Teamarbeit, 4) die Evaluierung der eigenen (Lern-)Aktivitäten, insbesondere
der Umgang mit Anforderungen und Hindernissen und deren Bewältigung, 5) die
Planung künftiger Handlungsstrategien als Konsequenz aus der abgeschlossenen
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 287

Teamarbeit, dabei gewonnene Einsichten, eine veränderte Haltung etc.1 Zuletzt


wurde in 6) danach gefragt, welches Wissen über Kommunikation, welche
kommunikativen Fähigkeiten und Kompetenzen den Studierenden besonders
wichtig erscheinen und für welche Lebensbereiche sie diese für relevant halten
(persönlich/privat, im Studium und an der Hochschule, für die aktuelle oder
künftige berufliche Praxis im Unternehmen). Zudem wurden die Studierenden
in offenen Fragen danach gefragt, welche Arbeitsaufträge und Prüfungs-
anforderungen sie gut auf schriftliche und mündliche Kommunikation und
Führung in Unternehmen vorbereiten und welche sie in der Lehrveranstaltung als
hilfreich oder weniger hilfreich erlebt haben. Über die Fragenstruktur wurden die
Studierenden zum kritischen Denken angeleitet, und es wurde explizit gemacht,
dass es um die Qualität und Tiefe der Reflexion geht und nicht um inhaltliche
‚Richtigkeit‘.
Die Daten wurden mit Blick auf die vergleichenden Aspekte, Äußerungen
zu den Themen Fachwissen, Fachsprachenwissen und Fachkommunikation
sowie besondere Auffälligkeiten, Kritik und Anregungen gesichtet, gefiltert und
geclustert. Auf eine systematische Auswertung des umfangreichen, insgesamt
über 400 Seiten umfassenden Datenmaterials wurde verzichtet. Aus Platzgründen
und zur Vergleichbarkeit fokussiert die Ergebnisdarstellung auf in qualitativer
Hinsicht besonders typische Antworten und Antwortmuster, insbesondere
zum Fragebereich (6) mit den aus Studierendensicht besonders relevanten
Kommunikationsthemen und Kompetenzen (persönlich, im Studium und im
Arbeitsfeld der Wirtschaft) und der Unterfrage, welche Arbeitsaufträge und
Prüfungsformate diesbezüglich als unterstützend erachtet wurden.
Zunächst lässt sich feststellen, dass die Texte hinsichtlich Reflexions-
tiefe und-qualität stark differieren. Vor allem Studierende, bei denen die Team-
arbeit weniger zufriedenstellend verlaufen war, nutzten den Reflexionsraum
intensiver als diejenigen, bei denen die Teamarbeit eher reibungslos funktioniert
hatte. Gerade unter schwierigen kommunikativen Bedingungen der Teamarbeit
reflektierten die Studierenden mithilfe der dargebotenen Fragen eingehend
die kommunikativen Bedingungen der Projektteams, indem sie erschwerende
Umstände der Teamarbeit beschrieben und analysierten sowie unterschiedliche
Einflussfaktoren in ihrer wechselseitigen Verflechtung betrachteten: sehr hetero-
gene sprachliche, kulturelle und Wissensvoraussetzungen der Teilnehmenden,

1 Die Fragen (1) bis (5) orientierten sich an der Kriterienbeschreibung für die Ebenen der
reflexiven Praxis in der Portfolioarbeit, vgl. z. B. Bräuer (2003) sowie Bräuer und Keller
(2013).
288 M. Mundorf und E. Seidl

digitales Format der Lehrveranstaltung, aber auch persönliche Voraussetzungen


wie z. B. die eigene Erwartungshaltung, Leistungsansprüche, Umgang mit
Arbeitsaufträgen etc. Die Zusammenarbeit stellte in einigen Teams vor allem
aufgrund sprachlicher Verständnisschwierigkeiten, der heterogenen Lernvoraus-
setzungen, individueller Probleme, sich an der Teamarbeit zu beteiligen, sowie
technischer Schwierigkeiten in der komplett digital durchgeführten Lehrver-
anstaltung eine große Hürde dar. In drei der Teams gefährdete dies gar die
weitere Zusammenarbeit des Teams. Hier wurden mit der Seminarleitung jeweils
passende (Konflikt-)Lösungen in Einzelgesprächen sowie in moderierten Team-
sitzungen erarbeitet.
Durch die meisten Reflexionen zog sich die Einschätzung oder Erkenntnis der
Studierenden, dass ‚eigentlicher‘ Lerngegenstand die Teamarbeit mit den unter-
schiedlichen Teilaufgaben war. Die Studierenden konnten – oder mussten – alle
theoretischen Kommunikationsthemen anwenden und praktisch erfahren, indem
sie in ihren Teamsitzungen etwa das Argumentieren und Verhandeln, inter-
kulturelles Kommunizieren und den Umgang mit Konflikten erprobten. Dadurch
trat die Aneignung deklarativen Wissens (als Wissen über Sachverhalte) und die
inhaltlich-thematische Auseinandersetzung mit einem der acht vorgegebenen
Kommunikationsthemen gegenüber dem Erwerb von Problemlösungswissen,
prozeduralem und metakognitivem Wissen (nach der Unterscheidung von Ossner
2006) in den Hintergrund.
Das digitale Format der Lehrveranstaltung wurde von den Studierenden sehr
unterschiedlich bewertet, dies auch abhängig von einer gelingenden Teamarbeit:
Für die einen bot das digitale Lehrformat den Vorteil zeitlicher und räumlicher
Flexibilität, erleichterte die Kooperation und vereinfachte Kommunikations-
abläufe mit Unterstützung digitaler Tools. Für die anderen, insbesondere
Studierende, in deren Team die Kommunikation nicht optimal lief, stellte
die isolierte Teamarbeit von zuhause unter Pandemiebedingungen und im
Lockdown eine besondere Herausforderung dar und wurde als „Hemmschwelle“
empfunden. Ohne (bei ausgeschalteter Kamera) die Gestik und die Mimik der
Kommiliton:innen sehen zu können, war eine Verständigung erschwert, was
gerade in unklaren und konflikthaften Situationen ein zusätzliches Problem dar-
stellte. Auch eine gewisse Unverbindlichkeit der Online-Sitzungen wurde als
erschwerend genannt, etwa wenn andere Teammitglieder „aus dem Bett teil-
nehmen“, „keine Kamera“ nutzen und nicht antworten, wenn man ihnen Fragen
stellt. Die Digitalität verstärkte Sprachbarrieren und mitunter andere Faktoren der
Benachteiligung. Genannt wurde etwa die familiäre Wohnsituation eines inter-
nationalen Studierenden, der weder Kamera noch Mikrofon nutzen konnte, weil
es im Hintergrund so laut war, dass eine Verständigung nicht möglich war.
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 289

Die meisten Studierenden bewerteten den Arbeitsauftrag, Aufgaben und


Rollen im Team zu verteilen und Verantwortung für einen bestimmten Bereich
innerhalb der Teamarbeit zu übernehmen, als wichtige Lernerfahrung: positiv in
dem Sinne, dass es hilfreich für die Teamarbeit ist, klare Absprachen zu treffen,
von Anfang an die Aufgaben zu verteilen, Abgabedaten etc. zu besprechen und
auch bei unvorhergesehenen Problemen von Einzelnen und im Team im Dialog
zu bleiben und konstruktive Lösungen zu finden; herausfordernd aber auch,
wenn die Aufgabenverteilung als ungerecht und ungleichgewichtig empfunden
wurde. Interessant ist vor diesem Hintergrund, dass gerade sehr motivierte und
engagierte Studierende, die anfangs (zu) viel Verantwortung in ihrem Team
übernommen hatten, ihr eigenes Verhalten regulierten, um die Teamaufgaben
gleichmäßiger zu verteilen: „Ich habe daraus gelernt, dass ich mich weniger
stressen muss und einfach mal Verantwortung abgeben sollte. Ich muss nicht
immer alles selbst machen, es kann ruhig von den anderen Unterstützung geben.
Dies nehme ich für mein Berufsleben und meine folgende Laufzeit als Studentin
mit.“ Insgesamt gab es bei Studierenden, die Deutsch als Zweit- oder gar als
Drittsprache erworben hatten, gegenüber den Studierenden mit Deutsch als Erst-
sprache eine Tendenz zu kürzeren Ausführungen als auch die Tendenz, die Team-
arbeit eher positiv zu bewerten.
Auf die Frage nach relevanten Themen der Kommunikation im persönlichen
Bereich/im Studium und an der Hochschule/im Beruf in Wirtschaft und Unter-
nehmen wurden theoretische Grundlagen und Modelle der Kommunikation
meist als weniger wichtig gegenüber den anwendungsorientierten Themen
„Konfliktmanagement“, „Interkulturelle Kommunikation“ und „Argumentations-
und Verhandlungstechnik“ eingestuft. Themen wie „Gesprächsführung“ und
„Moderationstechnik“ oder „Besprechungsmanagement“ wurden – eher erwartbar
– für den beruflichen Kontext als relevanter erachtet als im privaten. In der Regel
waren die als wichtig eingeschätzten Themen für die Studierenden recht ähnlich
– und dies meist dann auch in allen drei Lebensbereichen privat/Studium/Arbeit.
Wie wichtig den Studierenden der Anwendungs- und Praxisbezug ist, zeigt sich
auch in der Anregung eines Studierenden, von Unternehmen gestellte Aufgaben
der Kommunikation fallbezogen zu erarbeiten.
Die Leistungsanforderung einer gemeinsamen Präsentation wurde von den
Studierenden meist positiv bewertet: „[Anderen] so viel beizubringen in einem
Vortrag wie es nur geht ist unglaublich schwer und benötigt intensives Aus-
einandersetzen mit dem Thema. Für eine Klausur lernt man nämlich nicht so.
Dort lernt man alles nur auswendig. […] Deswegen finde ich bereiten Vorträge
oder Präsentation[en] mich besser auf das Berufsleben vor. Somit bin ich froh,
dass so ein wichtiges Thema wie Kommunikation als Präsentationsfach gehalten
290 M. Mundorf und E. Seidl

wurde.“ Neben der aktiven Wissensaneignung wird auch das Präsentierenkönnen


als wichtige kommunikative Fähigkeit für den Beruf genannt, was insbesondere
für introvertierte Menschen eine besondere Herausforderung ist, wie ein
Studierender, der sich selbst als schüchtern bezeichnet, bemerkte.
Überraschend war, dass auch schriftliche Formen der Kommunikation, die
bei den vorgegebenen Projektthemen nachgeordnet waren, als wichtig für den
– aktuellen oder künftigen – beruflichen Alltag eingestuft wurden. Das Auf-
bereiten von Information, wissenschaftliches Arbeiten, der Umgang mit Fach-
konventionen etwa beim Zitieren, das Schreiben mithilfe von Software der
Textverarbeitung, Präsentationssoftware oder KI-gestützte Tools wie DeepL sind
aus Studierendensicht weitere wichtige Bausteine schriftlicher Kommunikation.
Die im Seminarverlauf mitunter als lästig erlebte Aufgabe der Protokollerstellung
wurde abschließend mehrfach als einer der wichtigsten Arbeitsaufträge mit beruf-
lichem Nutzen genannt. So argumentierten insbesondere Studierende, die bereits
in der unternehmerischen Praxis arbeiten oder über entsprechende Erfahrung
verfügen. Textsortenkompetenz oder auch das Verfassen spezifischer Textarten
wie von E-Mails als Teil der schriftlichen, internen und externen Unternehmens-
kommunikation wurden mehrfach als beruflich relevante kommunikative Fähig-
keiten genannt.

3.2 Fragebogendesign und Ergebnisse: Studierenden-


Feedback Graz

Im Sommersemester 2021 besuchten 17 DaF-Studierende (11 Frauen, 6 Männer)


des Bachelorstudiums Transkulturelle Kommunikation (TKK) die LV „Deutsch:
Sprach-, Text- und Kulturkompetenz IV“, wobei zehn davon neben dem Studium
einer Arbeit nachgingen (6 Frauen, 4 Männer). Pandemiebedingt wurde die LV
im Ausmaß von dreimal 90 min, aufgeteilt auf zwei Tage, mit dem in die Lern-
plattform Moodle eingebetteten Videokonferenzsystem BigBlueButton virtuell
abgehalten. Am vorletzten LV-Termin Ende Juni füllten die Studierenden ein
Gesprächsprotokoll im Word-Format aus und stellten es auf die Lernplattform
Moodle, nachdem sie sich vorher in zeitlich großzügig bemessenen Breakout-
Räumen in Kleingruppen über die Relevanz der LV-Inhalte für die mündliche
und schriftliche Kommunikation in der Arbeitswelt ausgetauscht hatten. Das
Gesprächsprotokoll war in vier Leitfragen gegliedert, wobei die vierte eine
detaillierte Auflistung der LV-Inhalte mit Bezug zu Wirtschaftskommunikation
bereitstellte, gegliedert nach dem Zusammenspiel von rezeptiven und produktiven
Sprachfertigkeiten.
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 291

Frage 1 bezog sich auf eine allfällige studienbegleitende Berufstätigkeit


(siehe oben) und darauf, ob die Covid-19-Pandemie diese in irgendeiner Weise
beeinträchtigt hat, was sich in Kurzarbeit (2x), Home office (1x), veränderten
Aufgabenbereichen (1x), psychischer Belastung (1x) bzw. Jobverlust (1x) nieder-
schlug. Frage 2 lautete „Was müssen Absolvent:innen des Instituts für Trans-
lationswissenschaft (BA oder MA) besonders gut können, um in der Arbeitswelt
erfolgreich zu sein?“. Am häufigsten wurden Sprach- und Kommunikations-
kompetenz genannt, gefolgt von Kulturkompetenz und an dritter Position mit
gleich vielen Nennungen Kontaktfreudigkeit, Praxiserfahrung und Weiter-
bildungsbereitschaft. Einzelnennungen erhielten Disziplin, Engagement, Fleiß,
Flexibilität, Konzentrationsfähigkeit, Organisationskompetenz, Reflexions-
kompetenz, Teamfähigkeit und Technologiekompetenz.
In Frage 3 ging es um Arbeitsaufträge und Prüfungsanforderungen im TKK-
Studium bzw. darum, wann diese nach Einschätzung der Befragten gut auf
schriftliche und mündliche kommunikative Anforderungen in der Arbeitswelt vor-
bereiten. Zwei Aspekte erwiesen sich für die befragte Studierendenkohorte dabei
am relevantesten. Zum einen ist das ein großer Variantenreichtum, was sowohl
Textsorten als auch Sprachregister anbelangt. Zum anderen wurde größtmöglicher
Realitätsbezug als sehr bedeutsam genannt, etwa durch detaillierte Anforderungs-
kriterien und strikt einzuhaltende Abgabetermine, wie sie für den translatorischen
Berufsalltag typisch sind.
Schließlich listete die vierte Frage 24 LV-Inhalte bzw. Aufgaben auf,
gegliedert nach vier Transformationen: 1) vom Hören zum Sprechen, 2) vom
Hören zum Schreiben, 3) vom Lesen zum Sprechen und 4) vom Lesen zum
Schreiben. Gefragt wurde danach, welche Inhalte dazu geeignet sind, sprach-
liches und kulturreflexives Know-how für die mündliche und schriftliche
Kommunikation in der Arbeitswelt zu fördern. Vom Hören zum Sprechen wurde
am häufigsten genannt, vom Hören zum Schreiben am zweithäufigsten. An dritter
Stelle reihten die Befragten Aufgaben ausgehend vom Lesen zum Schreiben und
an letzter Stelle solche, die vom Lesen zum Sprechen führen. Generell zeigte das
Feedback der Studierenden eine Präferenz für kreative Arbeitsaufträge, die das
kritische Denken fördern, ungeachtet allfällig erhöhten Zeitaufwandes.

4 Diskussion der empirischen Daten

Nach dem Konzept des Constructive Alignment (Biggs und Tang 2011; Wildt
und Wildt 2011) ist die – sprachlich-kommunikativ bewerkstelligte – Team-
arbeit im Modul „Kommunikation im Unternehmen/Wirtschaftskommunikation“
292 M. Mundorf und E. Seidl

in betriebswirtschaftlichen Studiengängen an der Hochschule Kaiserslautern bei


den Learning Outcomes zentraler Aspekt der Lernziele und des angestrebten
Kompetenzerwerbs. Auf der Ebene der Prüfungsform ist sie durch die Abschluss-
präsentation der Teamarbeit auf einer der Expert:innenkonferenzen zum
Semesterende verankert. Auf der Ebene der Lehr-/Lernaktivitäten ist die arbeits-
teilig organisierte Teamarbeit Medium und Methode. Die Teamarbeit und die
dazu erforderliche ‚Kommunikationsarbeit‘ lässt sich als Lerngegenstand und
Lernfeld verstehen. Die Übernahme von Aufgaben und Rollen bietet die Möglich-
keit, Verantwortung für klar definierte Aufgaben im Team zu übernehmen,
gleichzeitig aber auch die Notwendigkeit, diese permanent zu überprüfen und
gegebenenfalls kommunikativ neu auszuhandeln. Ohne metasprachliche und
metakommunikative Fähigkeiten ist dies jedoch kaum möglich; ebenso wenig wie
die Bearbeitung von Kommunikationsstörungend, Reibungsverlusten, Unstimmig-
keiten bis hin zu manifesten Konflikten, die die Teamarbeit gefährden. Die Lern-
struktur der digitalen Lehre mit synchron und asynchron dargebotenen Inhalten
und Lernmaterialien bietet gerade heterogenen Lerngruppen flexibles Lernen. Die
gemeinsame Abschlusspräsentation führt individuelle Lern- und Arbeitsprozesse
in einem gemeinsamen Projektergebnis zusammen. Erstaunlich ist, dass sich auch
weniger gelingende Teamkommunikation bis hin zu massiven Konflikten nicht
zwangsläufig negativ in der gemeinsamen Ergebnispräsentation abbildete.
Bei den Prüfungsformen bewerten Studierende aktive und anwendungs-
bezogene Formen des Kompetenzerwerbs (Projektpräsentation im Team) als
sinnvoller gegenüber einer Wissensreproduktion in Klausuren. Schriftliche
Prüfungsformate zur reinen Wissensüberprüfung erleben Studierende bei der
Aneignung von Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation offensichtlich
nicht als zweckmäßig. Die Befragung und Lernreflexion hingegen kann als Text-
sorte zur individuellen Sprach- und Kommunikationsreflexion genutzt werden
und zugleich dem Erwerb von schriftlicher Ausdrucks- und Kommunikations-
kompetenz dienen.
Um Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation und kompetentes
Kommunizieren für den Beruf zu erlernen, braucht es eine intensive
Kommunikation zwischen den Mitgliedern des Teams sowie zwischen der
Seminarleitung und insbesondere denjenigen Teams, die Unterstützung,
Konfliktberatung oder ein Teamcoaching benötigen. Mit ihnen müssen inter-
aktiv gemeinsam flexible und praktikable und von allen akzeptierte Lösungen
erarbeitet werden, um Misserfolgserlebnisse, Gefühle des Scheiterns oder gar
die Reproduktion oder Verstärkung von Stereotypen zu vermeiden. Durch Fragen
angeleitete Einzelreflexionen können ein zusätzliches und unterstützendes Format
sein, um schriftlich über Kommunikation zu reflektieren, Routinen der Evaluation
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 293

kommunikativer Kompetenz für den Beruf aufzubauen und diese kontinuierlich


weiterzuentwickeln.
Mit Blick auf mündliche und schriftliche Kommunikationsanforderungen in
der Wirtschaft heben die Studierenden grundlegende sprachlich-kommunikative
Kompetenzen als zentral gegenüber Fachwissen, Fachsprachenwissen und Fach-
kommunikation hervor. Dabei sind allgemeine sprachlich-kommunikative
Fähigkeiten ebenso wichtig wie fachspezifische. Das Modul Kommunikation
im Unternehmen/Wirtschaftskommunikation zielt somit nicht primär auf Fach-
kompetenz, sondern geht einher mit Aspekten der Persönlichkeitsentwicklung,
personalen und sozialen Kompetenzen. Die ‚Vermittlung‘ von Wirtschafts-
kommunikation lässt sich nicht auf den Erwerb von Wissen und die Aneignung
von ‚Techniken‘ beschränken, sondern zielt auf eine mit einer professionellen
Haltung verbundene sprachliche und soziale Kompetenz, wie eine Studentin deut-
lich macht, die hier abschließend zu Wort kommen soll:

Meiner Erfahrung nach ist es ganz besonders wichtig, dass man offen und auf-
geschlossen auf seine Arbeitskollegen zugehen kann. Hierbei spielt Selbstbewusst-
sein, Empathie und Sprachfertigkeit eine große Rolle. Das kann man im Modul
„Kommunikation im Unternehmen“ gut erlernen. Letztlich macht die Anwendung
der Techniken den Unterschied, wozu wir besonders eingeladen wurden.

Wenn die befragten Bachelorstudierenden der Transkulturellen Kommunikation


angeben, dass Erfolgskriterien in der Arbeitswelt vorrangig Sprach-,
Kommunikations- und Kulturkompetenzen sind und in der Liste der Einzel-
nennungen (siehe Abschn. 3.2) kein einziges Mal Fachwissen vorkommt, so
deutet das möglicherweise darauf hin, dass sie davon ausgehen, dass eine fach-
liche Einarbeitung in ihren zukünftigen Berufsfeldern im Sinne von „training
on the job“ möglich ist. Eventuell fühlen sie sich für die alltägliche berufliche
Sprachmittlungspraxis am Arbeitsplatz kompetent, wissen aber auch, dass aus
sachlichen, rechtlichen oder ethischen Gründen in bestimmten Situationen
die Hinzuziehung professioneller Translationsexpert:innen unabdingbar ist
(Cnyrim 2021). Das Ergebnis, dass sich die Befragten dann am besten auf die
kommunikativen Anforderungen in der Arbeitswelt vorbereitet fühlen, wenn im
Studium vielfältige Textsorten und Sprachregister zum Einsatz kommen, lässt den
Schluss zu, dass womöglich auch varietätenspezifische Wirtschaftsterminologie –
je nach Hochschulstandort – erwünscht ist (vgl. Messina 2015).
Der in diesem Zusammenhang in den Gesprächsprotokollen erwähnte Reali-
tätsbezug bei Aufgabenstellungen oder Prüfungsanforderungen im Sinne von
detaillierten Kriterien wie Textlänge oder strikter Einhaltung von ­Abgabefristen
korrespondiert mit der Forderung nach translationsorientierter Sprachlehre.
294 M. Mundorf und E. Seidl

So postulieren etwa Schmidhofer et al. (2021: 82): „Activities should be


contextualized and simulate tasks performed by a professional translator/inter-
preter, while fostering the communicative and plurilingual competence of
students.“ Diese Simulation translationsrelevanter, berufspraktischer Aktivitäten
wurde in vielen der 24 gelisteten LV-Inhalte bzw. Aufgaben angestrebt. Beispiels-
weise mussten die Studierenden unter der Rubrik „Vom Hören zum Sprechen“
ein YouTube-Video (8:20 Min.) über geplante Obsoleszenz, also die verkürzte
Lebensdauer von Elektrogeräten, ansehen und dabei Notizen zur späteren Ver-
wendung relevanter Lexik anfertigen.2 Statt einer klassischen Zusammenfassung
des Gehörten wurde als zweck- und zielgruppenbezogene Aufgabenstellung der
authentische Kontext simuliert (Hassel und Hehl 2021), d. h. Hersteller:innen
und Konsument:innen solch manipulierter Elektrogeräte sollten miteinander
diskutieren. Trotz des Online-Formats hat diese Unterrichtsaktivität bestens
funktioniert und dem Desiderat Rechnung getragen, in der translationsorientierten
Sprachlehre stärkeres Augenmerk auf mündliche Ausdrucksfähigkeit zu legen
(Schmidhofer et al. 2021).
Der Wunsch nach Aufgabenformaten „Vom Hören zum Sprechen“ stand bei
den Befragten an erster Stelle, gefolgt von „Vom Hören zum Schreiben“, nach
welchem die Studierenden vermehrten Bedarf bekundeten. Besonders gute
Rückmeldungen bekam eine Aufgabenstellung, bei der ein YouTube-Video
(5:30 Min.) über die sogenannte Generation Praktikum in Österreich anzusehen
und Notizen anzufertigen waren.3 Die Inhalte des Videos waren für zwei unter-
schiedliche Zielgruppen zu adaptieren. Einmal für die Webseite der Wirtschafts-
kammer Steiermark, um Unternehmer:innen und Wirtschaftstreibende über den
korrekten Umgang mit Praktika und Praktikant:innen zu informieren und einmal
für die Webseite der Österreichischen Hochschüler:innenschaft als Interessens-
vertretung für Studierende an österreichischen Universitäten und Hochschulen.
Mit Hassel und Hehl (2021) lässt sich diese Anforderung als Mediationshandlung
beschreiben, die sowohl Empathie als auch das Antizipieren von Bedürfnissen,
Fähigkeiten und Reaktionen der jeweiligen Adressat:innengruppe erfordert.
Wichtig ist dabei, dass Mediator:innen durch Erklärungen, Reduktionen oder
Umformulierungen andere Personen dabei unterstützen, Situationen genauer zu
erfassen und Ideen und Konzepte tiefer zu durchdringen. Nicht für sich selbst,
sondern für andere kommunikativ zu handeln, ist dabei mit Macht und daraus
folgend mit großer Verantwortung verbunden.

2 https://www.youtube.com/watch?v=5fkKsESotxI, letzter Zugriff: 1.8.2022.


3 https://www.youtube.com/watch?v=uqCRFk6YTvI&t=3s. Zugegriffen 1.8.2022.
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation … 295

Interessanterweise ergab das Studierenden-Feedback auf die angebotenen


LV-Inhalte bzw. Aufgaben, dass vom Lesen ausgehende Schreib- oder Sprech-
aktivitäten nach Ansicht der Befragten am wenigsten gut auf mündliche und
schriftliche Anforderungen in der Arbeitswelt vorbereiten. Dieser Befund
sollte jedoch nicht dazu führen, von solchen Aufgabenstellungen Abstand zu
nehmen. Es ist gut möglich, dass vom Hören ausgehende Schreib- oder Sprech-
aktivitäten im Wirtschaftskontext von den Befragten als weniger anstrengend
empfunden wurden, als wenn sie geschriebene (Fach-)Texte rezipieren mussten.
Eine adäquate Fachtextrezeption gestaltet sich als komplexer und zielgerichteter
Informationsverarbeitungsprozess (Baumann 2021), der gerade in der trans-
lationsorientierten Sprachlehre von eminenter Bedeutung ist. Transkulturelle
Kommunikator:innen bzw. angehende Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen
müssen in der Lage sein, sich rasch in unterschiedlichste Themengebiete einzu-
arbeiten und gründliche Ausgangstextanalysen vorzunehmen. Schmidhofer et al.
(2021: 86) konstatieren diesbezüglich verstärkten Bedarf, in Curricula für trans-
lationswissenschaftliche Studiengänge „textual analysis for translation-oriented
text production“ aufzunehmen. Studierenden muss bereits auf Bachelor-Niveau
die zentrale Bedeutung der Textanalyse-, Textplanungs- und Textrevisionsphase
bewusst gemacht werden, um sicherzustellen, dass ein Zieltext für die Zielkultur
und Zielgruppe angemessen ist und in der Zielsituation funktioniert.

5 Fazit und didaktische Implikationen

So unterschiedlich Ausgangspunkte, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen


der länder- und hochschulübergreifenden, transdisziplinären Kooperation für
das Erlernen von Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation auch sind:
Die in diesem Projekt eingeholten Perspektiven von Studierenden unter-
streichen die Bedeutung des sprachlichen, kommunikativen und kulturreflexiven
Wissens für die mündliche und schriftliche Kommunikation in Unternehmen und
Organisationen der Wirtschaft. Berufsrelevante Sprach- und Textarbeit ist eine,
die so gut wie möglich bereits im Hochschulkontext Anforderungen und Arbeits-
bedingungen des vielfältigen Berufslebens von Absolvent:innen widerspiegelt
(Janisch-Hrnkaš und Seidl 2021). Transkreation als kreative Adaption bzw. über-
setzendes Texten von Marketing-, PR- und Werbetexten ist dabei im Kontext von
Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation ein vielversprechender Ansatz mit
Zukunftspotential (Sattler-Hovdar 2016). Selbstverständlich sind für die „work
readiness“ von Hochschulabsolvent:innen berufsweltbezogene Praktika von nicht
zu unterschätzender Bedeutung, wobei Puhr (2021) dafür argumentiert, im Laufe
296 M. Mundorf und E. Seidl

eines Ausbildungsgangs mehr als nur ein Pflichtpraktikum vorzuschreiben, um


etwaige negative Erfahrungen in einem durch bestenfalls positive Erfahrungen im
anderen wieder ausgleichen zu können.
Wirtschaftskommunikation ist neben der Alltagssprache und der Kommunikation
im Bereich des Rechts ein besonders relevanter gesellschaftlicher Kommunikations-
bereich (Hundt 2015: 386 f.). Für Studierende und Absolvent:innen, die im Bereich
der Wirtschaft in Unternehmenskontexten arbeiten und kommunizieren, ist ein
transdisziplinärer – nicht zuletzt sprach- und kommunikationswissenschaftliche
Perspektiven beinhaltender – Zugang zu sprachlich konstituiertem Fachwissen,
Fachsprachenwissen und Fachkommunikation wichtig für erfolgreiche Unter-
nehmenskommunikation in unterschiedlichen Kommunikationsbereichen (externe
und interne Kommunikation, Krisenkommunikation, Change communication
etc.). Den dazu notwendigen Kompetenz- und Wissenserwerb bereits im Studium
zu ermöglichen, ist Aufgabe der entsprechenden Studiengänge. Diese ist ohne
den Aufbau von Routinen zu – durch Sprache und in Kommunikation verfasster –
Reflexion, zu Empathie und Perspektivenwechsel nicht möglich. Für mündliche
und schriftliche Kommunikation sind entsprechende Lernfelder und Übungsformate
zu schaffen, in denen nicht nur mündliche und schriftsprachliche Fähigkeiten ein-
geübt werden, sondern auch metasprachliche und metakommunikative Fähigkeiten
sowie kritisches Denken. Interaktion und Kommunikation auf unterschiedlichen
Ebenen metasprachlich, metakommunikativ und metakognitiv reflektieren zu
können, setzt sprachliches und kommunikatives Wissen und Sprachbewusstheit
voraus. Sprach- und Kommunikationswissenschaften können somit einen wichtigen
Beitrag zur fachdidaktischen Weiterentwicklung der Lehr-/Lerninhalte leisten und
durch angewandte Forschung beschreibend und verändernd in die Praxis der Unter-
nehmenskommunikation hineinwirken.

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Margret Mundorf, M.A., lehrt, berät und forscht selbstständig als Linguistin, zertifizierte
Schreibberaterin/Schreibtrainerin und Lehrbeauftragte zu den Schwerpunkten Sprache
und Wissensvermittlung; Fachkommunikation in Wirtschaft und Recht sowie Schreiben,
Digitalität und künstliche Intelligenz. Am Fachbereich Betriebswirtschaft der Hochschule
Kaiserslautern unterrichtet sie u. a. Wirtschaftskommunikation und Studienmethoden.
Sie ist Mitglied des Vorstands der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung
(gefsus) e. V. und Mitglied des Heidelberger Arbeitskreises für Rechtslinguistik; außerdem
Herausgeberin der Reihe „Theorie und Praxis der Schreibwissenschaft“ des wbv Media
sowie Gründungsmitglied des Virtuellen Kompetenzzentrums „Schreiben lehren und lernen
mit Künstlicher Intelligenz“.

Eva Seidl ist Germanistin mit den Arbeitsschwerpunkten universitäre Deutsch als Erst-,
Zweit- und Fremdsprachenlehre sowie Aus- und Weiterbildung für Sprachlehrkräfte. Als
Lehrbeauftragte an der Universität Graz unterrichtet sie Deutsch am Zentrum für Weiter-
bildung, am Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik und am Institut für
Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft. Ihre Forschungsschwerpunkte
sind translationsorientierte Sprachenlehre, Mobilitätsprozesse von Studierenden und
fachsensible Hochschuldidaktik.
User Interface (UI) Design of Banks’
Web Pages and Its Influence
on Fostering Financial Literacy of Users
Through Informal Learning

Awais Malik, Bärbel Fürstenau and Mandy Hommel

Abstract

Financial technologies are constantly changing traditional methods of


delivering financial services. This puts a twofold pressure on the users: one,
to gain financial knowledge, and two, to learn financial technologies to be
able to make informed financial decisions. Keeping this in view, this study
aimed to examine the impact of the user interface (UI) design of banks’ web
pages on the development of users’ financial literacy—in particular, retention
and transfer learning, in the context of informal learning. For this purpose,
we conducted a study by applying the multimedia principles of the Cognitive
Theory of Multimedia Learning (CTML) to the UI of a bank’s web pages. The
participants (n = 37) explored the bank’s web pages, with the experimental
group using web pages enhanced with multimedia principles and the control
group using the original web pages of the bank. The results show that
participants in the experimental group performed significantly better both in

A. Malik (*) · B. Fürstenau


Fakultät Wirtschaftswissenschaften, TU Dresden, Dresden, Deutschland
E-Mail: awais.malik@tu-dresden.de
B. Fürstenau
E-Mail: baerbel.fuerstenau@tu-dresden.de
M. Hommel
Fakultät Elektrotechnik, Medien, Informatik; Fakultät Maschinenbau und
Umwelttechnik, OTH Amberg-Weiden, Amberg, Deutschland
E-Mail: m.hommel@oth-aw.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 301


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_14
302 A. Malik et al.

retention (t(35) = 2.19, p = 0.035) and transfer scores (t(35) = 2.2, p = 0.02).
These results are significant for using the UI design of web pages to integrate
and educate people on financial matters and enhance their financial well-being.

Keywords

Financial literacy · User interface (UI) design · Multimedia principles · Banks’


web pages · Informal learning

1 Introduction

Financial literacy is regarded as a highly important topic by academia,


governments, central banks, and international organisations such as the
Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) (Ouachani
et al. 2020). Financial literacy is considered a 21st century skill to be mastered to
obtain both individual and societal financial well-being (Lusardi 2015). The need
for financial literacy has become especially obvious as the complexity of financial
markets has continuously increased. Recessions such as the 2008 economic crisis
impacted many countries’ welfare systems, and the global crisis of the COVID-
19 pandemic has created intense uncertainty regarding financial matters (Marcu
2021). Today’s social and financial systems pressure people to individually take
responsibility for important financial decisions regarding saving and investing,
postretirement financial security, health care, or home-buying (Otker-Robe and
Podpiera 2013). Furthermore, in times of digitalisation, financial products and
especially consumer credits have become widely available, and individuals are
responsible for the products they purchase (Ozili 2020). From the providersʼ
perspective, more and more companies face the challenge of helping their stake-
holders shape the increasingly complex services or use them successfully on
their own. This can be a strategic option to consciously choose to withdraw from
consulting services and thus save costs (Eisingerich and Bell 2006).
For these reasons, a high demand for financial literacy as a measure to cope
with such volatilities and make informed decisions about financial products and
investments is a given (Aprea and Wuttke 2016). Ill-informed financial decisions
can have long-lasting negative impacts on financial well-being. Financial literacy
can be supported by formal education courses. However, in today’s everyday
life situations, to make informed decisions, people often consult the internet
to learn about products and prepare decisions (Ni et al. 2020). Learning on the
User Interface (UI) Design of Banks’ Web Pages … 303

internet can be categorised as informal learning (Galanis et al. 2016), which is


gaining importance in the field of financial literacy. The latest studies point out
that, today, direct experience in dealing with financial matters is a vastly used
approach to acquiring financial literacy (Rudeloff 2019; Fürstenau and Hommel
2019). However, information on the internet is often extensive and unorganised
(Morente-Molinera et al. 2019), the latter owing to an unstructured user interface
(UI) design, which may create hurdles regarding comprehension.
This study aims to examine how the UI design of web pages about a complex
financial product (i.e., household mortgages) can be improved to foster financial
literacy. The UI design of web pages is a critical element that directly influences
users’ experiences of the web page (Rodrigues et al. 2017). We applied multi-
media principles based on the Cognitive Theory of Multimedia Learning (CTML)
(Mayer 2005) to enhance the UI design of a bank’s web pages about mortgage
loans. We compared the impact of the bank’s original web pages with the
impact of the enhanced ones on the development of the financial literacy of the
participants. The results can be of interest to financial institutions, such as banks,
since those institutions may enhance their customer education and integration.
This, in turn, may aid in various aspects of the interaction between customers
and banks, such as informed decision-making. This approach may contribute to
reducing foreclosures and increasing customer retention (Agolla et al. 2018).
Furthermore, the results can support educators in the field of financial literacy
in designing and using learning material in initial and continuous vocational
education training or in professional education.

2 Financial Literacy

Financial literacy is described as ‘knowledge and understanding of financial


concepts and risks, and the skills, motivation, and confidence to apply such
knowledge and understanding to make effective decisions across a range of
financial contexts’ (OECD 2013: 144). According to this definition, financial
literacy comprises at least the knowledge of financial concepts and the application
of that knowledge, along with motivation and confidence.
Financial literacy helps individual customers manage personal finances—
inter alia, cash flow, credit, savings, and investment decisions (Olafsson and
Pagel 2018). Lack of financial literacy may create delays in adopting complex
financial products that may have numerous benefits for individuals (Gaurav
et al. 2011). The cost of financial illiteracy is considerably high and may result
in poor management of personal finances as well as bad financial decisions.
304 A. Malik et al.

Consequently, individual customers may end up losing money (Lusardi and


Mitchell 2007). This is especially true for complex financial products such as
mortgages because they run long-term, cover a high amount of money, and—due
to complexity—are difficult to understand.

3 Informal Learning

Informal learning can be defined as ‘any activity involving the pursuit of


understanding, knowledge or skill which occurs without the presence of
externally imposed curricular criteria’ (Livingstone 2001: 4). Informal learning,
with regard to objectives and procedures, is lowly structured, experiential,
and particularly not organized (Schürmann and Beausaert 2016: 131). It is
without predefined topics, curriculums, or syllabi, in contrast to the formal
learning process (Moore and Klein 2020: 221). Informal learning is typically
unsupervised, where the availability of an instructor is lacking in the learning
process and the learner self-organizes the process (Cox 2018: 2). The occurrence
of informal learning is based on the need for it (Federman 2020: 427)—for
instance, when learners face an unusual challenge or a novel task. Hence, this
need may arise from people’s daily activities—for instance, at work or in some
other spheres of life—yet it is propelled by an individual’s choices and intentions.
Moreover, informal learning is deeply rooted in people’s lives and is seldom
recognized, even though problems at hand are being solved and learning keeps
building (Peeters et al. 2014: 182).
The role of informal learning is common in developing financial competence.
Investigations of this particular area of informal learning are increasing (Rudeloff
2019: 3). It has been found that more often, direct experience with financial
matters has led to acquiring financial competence (Frijns et al. 2014). For
instance, people often refer to banks’ web pages for gaining knowledge regarding
financial products when they come across such needs. Given today’s service
society, adolescents also come into contact with money and financial services
early. For this purpose, they develop financial competence through informal
learning channels, including discussions with siblings and consultation sessions
with banks (Aprea and Wuttke 2016).
Informal learning consists of cognitive undertakings and observable actions,
including learning on the internet (Noe et al. 2013). In fact, the number of people
seeking financial information online under the mechanism of informal learning
is increasing rapidly. The surge in virtual banks (Sambaombe and Phiri 2021),
User Interface (UI) Design of Banks’ Web Pages … 305

swift adoption of financial mobile apps (French et al. 2020), and the impact of
the COVID-19 pandemic have all prompted learners to use online platforms to
learn about financial topics. Online learning alternatives have given self-directed
learners a useful tool through which informal learning is only a click away
(Song and Bonk 2016). Furthermore, since informal learning is often linked
with qualities such as interactive, interesting, and enjoyable (Peters and Romero
2019), online learning options have many ways to warrant these qualities.
However, Fürstenau and Hommel (2019) found that participants without prior
financial knowledge resulted in lesser efficacy of informal learning online,
specifically on banks’ web pages. This could be ascribed to the ineffective UI
design.

4 User Interface (UI) Design

UI design is the design of a space where the interaction between a human and
a machine occurs (Myers 1998). The objective of UI design is to maximise
usability and user experience (Punchoojit and Hongwarittorrn 2017). However,
a lack of usability can impact the user experience negatively. Nielsen und
Molich (1990) observed that if a design is unable to satisfy the needs of users
(i.e., usefulness), then it is not essential that the design is easy to use (i.e.,
effectiveness). In the case of online learning, if a UI design of a web page is
perceived by the learner to be not useful, then it will impede learning (Masood
and Thigambaram 2015). Such a design will demotivate users to interact with that
web page again. Hence, the UI design of web pages should keep the users’ needs
in view (Seuken et al. 2012).
People learning about financial concepts on web pages are not under expert
supervision or a structured curriculum. If UI design does not support their needs,
it can distort their financial learning. This can have detrimental repercussions.
Low financial literacy can lead to bad financial decisions that may set up the
individual for substantial financial losses (Bucher-Koenen and Ziegelmeyer
2014). Alternatively, the UI design of web pages can be used as an opportunity
to effectively teach financial topics. To make a correct financial decision, an
individual often needs to have a high level of financial literacy (Lusardi 2012).
For that reason, the UI of web pages consisting of financial knowledge should be
designed in a way that is easy for the learner to understand. In this case, research-
based UI design principles that support online learning should be used.
306 A. Malik et al.

5 Multimedia Learning (ML) Principles

ML principles have been developed to design instructional material in light of


how the human mind works (Mayer 2003) because such material is likelier to
support meaningful learning compared to material that is designed disregarding
the human mind but with a focus on what is technically feasible. These principles
can be set into practice with UI designs to achieve the purpose of supporting
informal online learning.
In the following, we list the basic ML principles (Mayer 2005, 2014):

1. Coherence principle: Exclude extraneous words, pictures and sounds


2. Signaling principle: Highlight essential material
3. Redundancy principle: Do not add on-screen text to narrated animation
4. Spatial contiguity principle: Place printed words next to corresponding graphs
5. Temporal contiguity principle: Present corresponding narration and animation
simultaneously
6. Segmenting principle: Present animation in learner-paced segments
7. Modality principle: Present words as narration instead of printed text
8. Pretraining principle: Train key concepts before learning unit
9. Multimedia principle: Present words and pictures rather than words alone

Principles of ML have been applied in numerous studies of diverse backgrounds


investigating learning using different media and technology (e.g., in the field
of medical education using computer-based teaching modules (Lau 2014), in
computer-assisted learning [CAL] in engineering (Mayer 2017), or in augmented
reality in learning English as a foreign language [EFL] (Chen et al. 2022).
Principles of ML are based on the CTML, which in turn is based on three
cognitive science assumptions of learning (Mayer 2014), which are as follows:

1. Humans process information in two channels: an auditory or verbal channel


and a visual or pictorial one. This dual-channel assumption implies that
processing information in both channels leads to better retention and transfer
(Paivio 1990).
2. Each channel is limited in capacity—that is to say, in how much information
can be processed at a given time (Sweller et al. 2011). This limited-capacity
assumption hints at the fact that the working memory can be overloaded.
3. Learning involves active processes in which learners select relevant
information (words and pictures) from the material presented, organise
User Interface (UI) Design of Banks’ Web Pages … 307

selected information in coherent verbal or pictorial representations, and


integrate the representations with relevant prior knowledge in the long-term
memory (Wittrock 1992).

According to the CTML, the human brain consists of three memory stores (the
sensory memory, the working memory, and the long-term memory), and learning
proceeds as follows: The sensory memory receives information in pictorial and
verbal format. Then, only selected information is processed in the working memory.
In working memory, information is structured in separate cognitive representations.
These newly formed cognitive representations have to be integrated with the
relevant prior knowledge and can then be stored in the long-term memory.
Against the background of UI design and ML principles, our study aims to
investigate whether a bank’s web page that has a UI design in the form of ML
principles better supports potential customers in acquiring financial knowledge
about a mortgage loan than a web page without this kind of UI design.
Our overall research question (RQ) is as follows: Does applying ML
principles to the UI of a bank’s web pages support learners in acquiring financial
literacy about mortgages in the context of informal learning? This overall RQ was
subdivided into the following two more specific RQs:

RQ 1:  oes applying ML principles to the UI of a bank’s web pages support


D
learners in retention learning about mortgages?
RQ 2: Does applying ML principles to the UI of a bank’s web pages support
learners in transfer learning about mortgages?

Since a multitude of studies have shown that people, specifically novices,


learn better when multimedia principles are applied to learning material (e.g.,
Cloonan and Fingeret 2020), we hypothesize the following as an overall hypo-
thesis (H): Applying multimedia principles to the UI of a bank’s web pages better
supports learners in acquiring financial literacy about mortgages in the context of
informal learning than not applying ML principles. As in the case of RQs, we can
subdivide the overall H into more specific Hs:

H 1:  pplying ML principles to the UI of banks’ web pages better supports


A
learners in retention learning about mortgages than not applying ML
principles.
H 2: Applying ML principles to the UI of banks’ web pages better supports
learners in transfer learning about mortgages than not applying ML
principles.
308 A. Malik et al.

6 Methodology

6.1 Design and Sample

We ran a lab experiment with an experimental and control group design. The
participants were 37 students in a bachelor’s programme in economics and
business at a German university. Their mean age was 22 years, with a standard
deviation of 2.1 years. The proportion of women was 56 %. The participants were
randomly selected and randomly assigned to an experimental or control group.
Eighteen candidates were assigned to the experimental group.

6.2 Material: Bank’s Web Pages

Participants in the control and experimental groups were asked to explore the
information about mortgage loans given on the web pages of a bank (Hypo-
Vereinsbank in Germany). This bank was chosen randomly from among the top
10 German banks according to total assets. The experimental group explored the
web pages enhanced with ML principles (Fig. 1a, 1b), whereas the control group
explored the original web pages (Fig. 2). Everything else was the same as on the
control group’s web pages.
Both web pages show a loan calculator that takes data about the following
items: (i) purchase price, (ii) desired loan amount, (iii) term of fixed interest, and
(iv) repayment rate. Participants had to enter the data regarding a specific house
to be purchased, and then they received the results.
Figures 1a, 1b show the web page of the bank with the following ML
principles applied: The pre-training principle was applied by adding the pop-up
window of key terms. The multimedia principle was applied by adding dynamic
graphs that changed in real time according to the input data from the user. The
signaling principle was applied by adding colours and highlighting the important
text. The segmenting principle was applied by displaying results in segments,
such as monthly rate and remaining debt. The spatial contiguity principle was
applied where the input information of the loan calculator was represented next
to the graphs. The temporal contiguity principle was applied with the graphs
changing in real time as the input information changed. The coherence principle
was applied by removing the unnecessary repetition of results.
User Interface (UI) Design of Banks’ Web Pages … 309

Fig. 1a Enhanced web page of HypoVereinsbank with ML principles applied, presented


to the experimental group. (The figure is shown in the translated version, here; the
materials were provided in German language)

6.3 Questionnaires

We used three different questionnaires in the beginning to control for group


differences. These questionnaires assessed financial interest, financial literacy,
and numeracy skills. Individual interest in finance and financial literacy level
are relevant for further comprehension development, while numeracy skill is an
influential factor for making financial decisions (Lusardi and Mitchell 2011), as
most financial decisions require calculations.
Financial interest was assessed through a ‘participant questionnaire’, which
is a kind of behavioural questionnaire that was extensively used in past CTML
studies by Mayer and his colleagues (Mayer and Moreno 2003; Mayer 1997). It
was adopted in the context of this study. One of the items is ‘I sometimes watch
finance documentaries in my free time’. Participants had to answer either ‘yes’
310 A. Malik et al.

7. Temporal conti-
guity: When the
input information
in the calculator 1. Pretraining: It pops
changes, results up when page opens,
change simultane- and is then clickable
ously. anytime.

2. Signal-
ling: Co-
lours,
headings,
5. Spatial contiguity:
etc.
Loan calculator informa-
6. Coherence: Input tion along with dynamic
data repeats, unne- graphs as pictures.
cessarily, in the 3. Multimedia:
results section of the Graphs as
original website, pictures.
which in these web- 4. Segmenting: Results are presented in
pages is removed. segments separately; loan repayment
and remaining debt.

Fig. 1b Description of ML principles applied on the enhanced web page

or ‘no’ to this item and the other items accordingly. To quantify the financial
interest, answers were given a score of 1 if ‘yes’ was checked and 0 if ‘no’ was
checked. A maximum score of 6 could be reached.
Financial literacy was examined by means of the ‘Big 3’ (Lusardi 2019)
financial literacy questionnaire, which consists of three items. It was developed
by Lusardi and Mitchell (2017) and has been used and validated across many
different contexts globally. Each item had three answer choices, of which only
one was correct. For each right answer, 1 point was given; for wrong answers, 0
points were given. Hence, the maximum score was 3.
The numeracy questionnaire was adopted from Banks and Oldfield (2007),
who originally designed and applied the questionnaire in the context of financial
literacy to measure numeracy skills. The questionnaire contained five items.
Correct answers were given a score of 1, with incorrect receiving a 0, so the
User Interface (UI) Design of Banks’ Web Pages … 311

Fig. 2 Original web page of HypoVereinsbank presented to the control group. It was
accessed in June 2019 from the bank’s official website: www.hypovereinsbank.de. The
original web page was in German language. The figure shown here was developed by the
authors based on the original. Note, that the original bank’s web page was replaced in the
meantime

maximum score was 5. Participants had to do calculations without using a pocket


calculator.
After exploring the web pages, participants took a knowledge test consisting
of four retention questions (ReQs) and four transfer questions (TrQs). The
ReQs and TrQs were developed using the information presented on the bank’s
web pages. ReQs and TrQs addressed the lower levels of Bloom’s taxonomy
(Krathwohl 2002), which is a hierarchical model that classifies learning goals
into six levels of complexity and specificity: level 1: knowledge (recall of
facts), level 2: comprehension (understanding or apprehension of information),
level 3: application (use of abstract information in situations), level 4: analysis
(breakdown of information into its parts and their interrelationships), level 5:
evaluation (putting together pieces of information to form a whole), and level 6:
synthesis (judgements about the value of information given).
312 A. Malik et al.

ReQs addressed a level two ‘understanding’ of Bloom’s taxonomy (Krathwohl


2002), whereas TrQs addressed a level three ‘application’ of the same taxonomy.
ReQs had a multiple-choice format. Correct answers were given a score of 1, with
incorrect receiving a 0. The maximum score was 4. The TrQs were open-ended
questions. Each TrQ was assigned a different score based on the number of idea
units in each answer. The maximum score for all four answers of the TrQs was
16. Accepted answers were prepared for each TrQ.
The content validity of these items was developed through the revision and
review of two experts in the field. Both have documented expertise in the fields of
financial literacy and ML and have worked for several years both in industry and
academia.

6.4 Procedure

Participants first signed a consent form and were then seated in separate cabins
in a lab in front of a computer screen. The material on the screen was self-
explanatory. First, they completed the participant questionnaire, the Big 3
questions, and the numeracy skills questionnaire. After this, the participants were
introduced to four objectives. Each objective required them to complete a specific
task on the loan calculator of HypoVereinsbank. There was a time limit of 10 min
for each of these objectives. The first objective was to explore the loan calculator
web page so that the participants could become familiarised. The other objectives
were more interactive, in that the participants had to concentrate on relationships
between the calculator items. For example, one of the objectives said: ‘Change
repayment rate to different lower and higher points and see how it impacts the
monthly rate and remaining amount. Keep the following items constant at these
points: Purchase price: € 500,000, desired loan amount: € 300,000, fixed interest
term: 15 years.’
After the completion of all objectives, participants answered four ReQs
within a time limit of two minutes per ReQ. Then, four TrQs were presented to
be answered within a time limit of five minutes for each. Both ReQs and TrQs
appeared on screen one by one. Participants had no knowledge about the order
of the questions, and it was up to each participant’s discretion to move to the
next question within the given time frame. The total duration of the experiment
was approximately 60 min. Finally, participants did not receive any monetary
incentive for participation, nor was there a debriefing session at the end.
User Interface (UI) Design of Banks’ Web Pages … 313

7 Results and Discussion

7.1 Groups’ Equivalence

At first, we tested whether, in the beginning of the study, the control and
experimental groups were equivalent in terms of the key characteristics of
the study’s context. A t-test analysis indicated that the groups did not differ
significantly (t(35) = 0.36, p = 0.72) in financial interest, financial literacy level,
and numeracy skills (Table 1). Therefore, we concluded that the random selection
procedure in forming groups was successful.

7.2 Contribution of UI Design of Banks’ Web Pages


to Increase Financial Literacy

The main objective of this study was to determine, within the context of informal
learning, whether the UI design of a bank’s web pages contributes to increasing
the financial literacy of customers in terms of retention and transfer learning.
For that purpose, we tested our two hypotheses (see the research questions and
hypotheses section). Table 2 shows, for both groups, the means and standard
deviations of the total test scores, as well as the retention and transfer scores
separately. As summarised in the last column in Table 2, a t-test showed that
the experimental group performed significantly better than the control group on
the learning test, t(35) = 2.31, p = 0.027 (α < 0.05), yielding an effect size of
d = 0.76. Therefore, our overall hypothesis is supported in our data.
Furthermore, the first row of Table 2 shows that the experimental group
performed significantly better than the control group on the retention part,
t(35) = 2.19, p = 0.035 (α < 0.05), yielding an effect size of 0.77. Therefore, our
first subhypothesis is supported by our data. Finally, the second row in Table 2
shows that the experimental group performed significantly better than the control
group on the transfer part as well, t(35) = 2.31, p = 0.027 (α < 0.05), yielding an
effect size of 0.61. This means that we can also keep the second subhypothesis.

Table 1  Mean and Financial Interest, Financial Literacy, and Numeracy


standard deviation scores
of groups’ equivalence Group n M SD p-value
variables EG 18 5.8 1.3 0.72
CG 19 5.6 2
314 A. Malik et al.

Table 2 Mean, standard deviation, p-values, and effect sizes of retention, transfer, and
total scores of both groups
Variables EG CG
M SD M SD p d
Retention 4 0.7 3 1.1 0.035 0.77
Transfer 11 4 8.8 4 0.027 0.61
Total 14.7 3.8 11.7 4.1 0.027 0.76
(Retention + Transfer)

TrQs were rated independently by two raters. Interrater reliability showed a dis-
parity of less than 5 % in their ratings, which remained after other disagreements
were resolved through consent.

7.3 Discussion

Overall, our hypotheses are supported by our data, which means there is evidence
that the UI design of a bank’s web pages (i.e., applying ML principles) has
an impact on increasing the financial literacy of users in the informal learning
context.
The need for informed financial decision-making is on the rise. The existence
of various factors around the world points towards this need. To illustrate, the
continuous amendments in the pension laws of several governments (Alonso-
García and Rosado-Cebrian 2021) against their respective citizens have left
people to plan for their retirements on their own. Furthermore, factors such as
college loans (Daniels and Smythe 2019) and consumerism (Amanda et al. 2018)
have led even younger people to make critical financial decisions that may affect
them for their lifetime. People need to develop financial competence to tackle the
compelling need to make informed financial decisions.
However, there is an up-taking trend of rapid development in the financial
sector in terms of increasing financial technologies (Azarenkova 2018). Techno-
logy and innovation contend with the traditional methods of financial services
delivery. This points to the issue that, given the prevalence of digitisation within
the wider spectrum of the financial world, it has become crucial to develop a
relevant financial competence that includes not only financial knowledge but
User Interface (UI) Design of Banks’ Web Pages … 315

also the digitalization aspect—for instance, the ease of interaction with financial
technologies. Even for users with a higher financial knowledge, a lack of ease in
learning about emerging financial technologies can still negatively impact users’
financial decisions. Within this context, new ways to increase financial literacy,
apart from classroom learning and the like, require further exploration. This
study explored UI, as this is where human-computer interaction (HCI) occurs.
Since this is a touchpoint, it could be investigated in further ways to develop the
requisite financial competence that is necessary today.
The results of this study can be applied in other online settings as well,
particularly those that aim to support understanding of complex financial products
or topics. Especially in the context of vocational or customer education, the
incorporation of UI design variables can be amplified to support elearning.

7.4 Limitations

Limitations of the study are that we applied several ML principles to the web
pages and cannot attribute learning to a single ML principle. Instead, this study
represents a holistic viewpoint, with the consequence that we do not know how
many principles should be applied and how they should be composed. However,
since many studies have focused exclusively on the effectiveness of one principle,
our study is unique in that we could show the effectiveness of a combination of
principles.
The comparatively small sample size and lower heterogeneity of participants,
as they were all students in a university, can be questioned, though the results
speak in favour of our hypotheses. Nevertheless, a replication study with a more
heterogeneous group of participants could help underpin the results.
In addition, the kind of environment used for informal learning to imitate
everyday lifelike situations may not have been sufficient. Future research
could investigate specific different elements of UI on websites and their impact
on the users—for example, the use of pictures. Pictures could be a strong
communication tool. Therefore, an area of examination could be the kind of
pictures within the financial context that can foster learning. Furthermore, another
area of investigation could be an analysis of the level of learners’ engagement
resulting from the UI design of a website within the financial context, since
engagement plays a key role in fostering learning.
316 A. Malik et al.

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Psychologist 27 (4): 531–541,https://doi.org/10.1207/s15326985ep2704_8. Accessed: 1
December 2022.

Awais Malik, TU Dresden, Faculty of Business and Economics, Chair of Business


Education and Management Training headed by Prof. Dr. Bärbel Fürstenau. Research
expertise: financial literacy; financial education; multimedia learning; webpages design;
abstract concepts; abstract financial concepts. Teaching expertise: business studies,
particularly managerial and behavioral finance and human resource management

Bärbel Fürstenau, Prof. Dr., TU Dresden, Faculty of Business and Economics, Chair
of Business Education and Management Training. Research expertise: development
and evaluation of complex learning environments; empathic interaction, resilience and
reflection of professionals; informal learning; multimedia learning; financial literacy;
concept maps and concept mapping, measuring complex knowledge. Teaching expertise:
various fields of business education and vocational education and training (e.g. foundations
and specifics of learning and instruction); human resource development (e.g. workplace
learning); research methods

Mandy Hommel, Prof. Dr., OTH Amberg-Weiden, Faculty of Electrical Engineering,


Media and Informatics. Research expertise: development and evaluation of digitally
supported complex learning environments, reflection and professional development,
informal learning, financial literacy, sustainability in teaching and learning processes,
attention in learning processes. Teaching expertise: various fields of vocational education
(e.g. foundations of educational psychology, media didactics), economics education
(foundations of human resource management and leadership), research methods.
Rahmenthema 5: Beziehungsgestaltung
und Resilienz – Topic 5: Relationship
management and resilience
Recipients’ Views on Empathy
in Everyday Work Communication—
Insights from an Exploratory Interview
Study

Caroline Muss and Bärbel Fürstenau

Abstract

This study sets out to reveal recipients’ perceptions of empathy in inter-


personal communication processes in organisations. Thereby, the goal is
to highlight empathy’s relevance for promoting and valuing cooperation
and well-being in today’s diverse and rapidly changing work environment.
Following an exploratory approach, semi-structured interviews considering
20 everyday work situations were conducted. In order to analyse the inter-
views, the study applies qualitative content analysis using deductive-
inductive category formation. The study identifies seven main categories
with underlying statements relevant to empathy recipients. Results show
that recipients appreciate the experience of receiving empathy, which
leads to an improvement in daily interactions. Likewise, the interviewees
outline measures that can be used to help individuals receive empathy. To
date, these efforts seem to have been rarely put into practice. However,

C. Muss (*) · B. Fürstenau


TU Dresden, Professur für Wirtschaftspädagogik, Fakultät Wirtschaftswissenschaften,
Dresden, Deutschland
E-Mail: caroline.muss@tu-dresden.de
B. Fürstenau
E-Mail: baerbel.fuerstenau@tu-dresden.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 323


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_15
324 C. Muss and B. Fürstenau

in-depth knowledge of the recipients’ perspective is essential to get a holistic


understanding of empathy and its implications in the professional context.
By focusing exclusively on the empathy recipients’ perspective, this study
makes an innovative contribution to current research and enriches the picture
of empathy perception in the professional context, paving the way for an
improvement in interpersonal communication in organisations, while, at the
same time, offering valuable solutions for present-day challenges, such as
uncertainties due to Covid-19.

Keywords

Workplace empathy · Empathy recipients · Empathic communication ·


Qualitative content analysis · Exploratory interview study

1 Background and Aim

“I know exactly how you feel!”—it is not only since the recent Covid-19
pandemic and the immense challenges it has brought that people are longing
for encouragement expressed through understanding and respectful inter-
actions in both their private and professional lives (Edmondson and Lei 2014).
For example, employees appreciate it when their supervisors take childcare into
consideration or when their team members notice their discomfort with new tasks
and therefore offer support. In common parlance, people label such situations
as ones of experienced empathy. Empathy represents a desirable character trait
in daily interactions (Roth et al. 2016a), as empathic people are compassionate
and show interest in their dialogue partners’ well-being (Schmitt 2003), allowing
them a sense of connection and empowerment that facilitates navigation through
their complex everyday lives (Davis 1996). However, although empathy gene-
rally arouses positive connotations (Roth and Altmann 2021) and is widely used
in everyday language (Roth et al. 2016a), the precise understanding of the term
remains diffuse (Singer and Decety 2011).
In addition to its frequent use in everyday language, there is also a growing
interest in empathy in various research disciplines, for example, in social science
(e.g. Gerdes and Segal 2011), pedagogy (e.g. Feshbach and Feshbach 2009), (social)
neuroscience (e.g. Pfeifer and Dapretto 2009) and organisational science (e.g. Clark
et al. 2019). Analogous to the imprecise use in everyday language, the mentioned
research disciplines provide a number of different empathy definitions and
conceptualization attempts (e.g. Batson 2009; Cuff et al. 2014). For organisational
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 325

research, Clark et al. (2019) propose a multidimensional approach, bringing together


cognitive, affective and behavioural aspects of empathy. While the cognitive
dimension comprises “the tendency to [know and] understand […] [someone else’s]
internal states” (Clark et al. 2019: 168), the affective dimension stands for the
ability to “feel […] the same […] [emotions] as other persons” (Clark et al. 2019:
167). Recently, organisational research scholars have also begun to consider the
behavioural dimension, which means “acting empathically” (Clark et al. 2019: 168)
towards other persons or transforming the cognitive and affective dimensions into
actions (Burch et al. 2016).
From a relational perspective (Barrett-Lennard 1981; Davis 1996; van
Dijke et al. 2020), there are (at least) two parties involved in an empathic
communication situation: on the one hand, the person who sends empathy, also
referred to as the “empathizer” (van Dijke et al. 2020: 5), the “empathizing
partner” (Barrett-Lennard 1981: 94) or the “observer” (Davis 1996: 12) and,
on the other hand, the person who receives empathy, also referred to as the
“empathee” (van Dijke et al. 2020: 5), the “expressing/exploring person” (Barrett-
Lennard 1981: 94) or the “target” (Davis 1996: 12). For standardization reasons,
this paper will only use the terms (empathy) senders and recipients.
As the wording in Clark et al.’s (2019) multidimensional definition already
illustrates, empathy is mainly viewed from the sender’s perspective in the
organisational context. Schmid (2010: 40) also points out the rising number of
popular science literature (e.g. Ebert and Pastoors 2018; Heim and Lindemann
2016; Pásztor and Gens 2010) addressing “management practitioners”, thus also
presenting a rather one-sided perspective that focuses on advice for leaders in the
role of (potential) empathy senders.
In contrast, the present study pays special attention to recipients’ perspectives
to understand their points of view and contribute to a holistic picture regarding
empathy in everyday work situations. Such a picture can reveal expectations
and misunderstandings of both dialogue partners involved in an empathic
communication situation, uncover weak points, identify possibilities for
improvement and thus be an essential prerequisite for enhancing interpersonal
communication processes in organisations. Moreover, the importance of empathic
communication could be further emphasized if recipients express previously
unknown benefits from their points of view.
Following an exploratory approach, this study analyses ten interviews with
employees working in the business administration context in Germany to
address the research question: What are the characteristics of empathy-relevant
communication situations in the business administration context from the
perspective of empathy recipients?
326 C. Muss and B. Fürstenau

This paper defines empathy-relevant communication situations as those in


which the recipients perceive the presence of empathy (PoE) and also those in
which they wish for empathy but do not receive it and they, instead, perceive
a lack of empathy (LoE). This consciously perceived LoE is also worth
investigating to get a comprehensive understanding of the meaning of empathy
from the recipients’ perspectives.

2 Research Method and Design

2.1 Sampling

The present study applied convenience sampling and considered a sample of ten
cases, i.e. interviewees I1–I10, working in the field of business administration in
Germany1, who reported on 20 everyday work situations in total.
The small number of cases allowed an in-depth examination of the selected
sample (Döring and Bortz 2016). The selected cases ranged in age from 25 to
61 years old. The average age was 38.9 years. To capture as many different
perspectives on empathy as possible, the sample included cases from different
branches, departments and positions. Table 1 summarizes the interviewees’ socio-
demographic data.

2.2 Data Collection

For the data collection, semi-structured interviews were conducted since they
encourage the interviewees to express personal views and feelings using their
own words. At the same time, the interview guide offered a structure that allowed
the comparison of statements (Döring and Bortz 2016; Flick 1999).
For the construction of the interview guide, the present study built upon
Becker et al.’s “structure of psycho-physical systems in person-environment
relation” (1987), as this model aims to describe and explain people’s experiences
and behaviours in detail. The model’s central assumption is that human behaviour
results from the interaction between an individual and environment. In a first
step, the individual perceives, for example, a PoE or LoE situation. This situation

1 Asthe interviews were conducted in German, the direct quotations given in this paper are
verbatim translations by the authors.
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 327

Table 1 Interviewees’ socio-demographic data


Interviewee Age Sex Department Position Branch
I1 57 m Executive Board Leader: 350 Public
employees Administration
I2 38 f Purchasing Employee Chemistry
I3 27 f Corporate Develop- Employee Event and
ment Exhibition
I4 36 m IT, Customer Employee Retail
Service
I5 31 f Accounting Employee Chemistry
I6 61 m Executive Board Leader: 235 Public
employees Administration
I7 57 m Human Resources Leader: 120 Public
employees Administration
I8 25 f Accounting Employee Tax Consultancy
I9 28 f Marketing Employee Retail
I10 29 f General Employee Research (PoE)
Administration Retail (LoE)
(PoE), Sales (LoE)2

triggers emotional, cognitive and motivational processes within the person and
finally the individual shows a reaction (Becker et al. 1987). The interview guide
depicted central components of the model and combined thematically related
questions in question areas (QAs).
Starting off with one PoE and one LoE situation as critical incidents (Flanagan
1954) in QA1, the subsequent QAs focused on frame conditions (QA2),
occasions when PoE and LoE situations occurred and their consequences (QA3),
experienced emotions during PoE and LoE situations (QA4), the interviewees’
goals and expectations associated with the described situations (QA5) and the
measures already taken or intended to pursue in order to achieve these goals
(QA6). Finally, QA7 offered space to express further thoughts and ideas on
received empathy.

2 I10 experienced PoE and LoE situations in different employment relationships. Therefore,
a distinction is made between LoE and PoE for department affiliation and branch
affiliation, respectively.
328 C. Muss and B. Fürstenau

2.3 Data Analysis

The interviews were audio recorded and transcribed with reference to the
transcription rules established by Kuckartz (2010). The interviews’ lengths ranged
between 22 (interview 10) and 56 (interview 6) minutes. The average length of
the interviews was 37 min. To analyse the recorded material, the present study
applied a mixture of structuring and summarizing qualitative content ana-
lysis, according to Mayring (2015) and Kuckartz (2018). In the course of
the structuring content analysis, as the first step, seven main categories were
deductively derived from the interview guide and defined independently from the
collected data. Table 2 lists the seven main categories and shows their underlying
questions.
In a second step, inductively identified coding units from the transcribed
interview material were bundled into subcategories and allocated to the main
categories. To ensure consistent data allocation, a coding guideline (Mayring
2015) provided precise definitions, anchor samples and coding rules for all seven
main categories. Both steps were conducted for PoE and LoE situations.

Table 2 Main categories derived from Becker et al. (1987)


Main Category Underlying Question
1. Occasions What are the reasons for the PoE and LoE
situations?
2. Frame conditions Which factors influence the PoE and LoE situations?
3. Consequences What consequences arise from PoE and LoE?
4. Emotions How do recipients feel before, during and after PoE
and LoE?
5. Goals What does the desired ideal course of a PoE and LoE
situation look like?
6. Expectations Considering the existing circumstances, how do
recipients expect PoE and LoE situations to be?
7. Measures used to achieve goals What steps or plans have recipients already initiated
or do they intend to implement in the future in order
to achieve their goals?
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 329

3 Results

In sum, the interviews cover 20 everyday work situations, with each of the 10
interviewees (I1–I10) contributing one self-experienced PoE and one LoE
situation.
As the interviewees could choose their PoE and LoE situations individually
and without prior instructions, the dialogue partners they refer to represent
different hierarchical relationships with respect to the interviewees. Table 3
summarizes the hierarchical relationships of the interviewees with regard to
their dialogue partners and differentiates between peers, such as team members;
superiors, who are mostly equivalent to the interviewees’ heads of depart-
ment; and subordinates, for example, apprentices. While PoE situations were
experienced primarily in interactions with peers, the majority of interviewees
mentioned superiors as dialogue partners in LoE situations.
Starting from the self-experienced PoE and LoE situations, 426 interviewee
statements relevant to the research question (= coding units) could be identified
and assigned to the predefined main categories. While 208 coding units refer
to PoE situations, 218 coding units mention LoE situations. On average, each
interviewee contributes 43 coding units (Min = 30, Max = 52, SD = 6.8).

Table 3  Hierarchical Interviewee PoE LoE


positions of the dialogue
partners in PoE and LoE in I1 Peer Peer
relation to the interviewees I2 Peer Peer
I3 Superior Superior
I4 Peer Subordinate
I5 Peer Superior
I6 Subordinate Superior
I7 Superior Subordinate
I8 Superior Superior
I9 Peer Peer
I10 Peer Superior
330 C. Muss and B. Fürstenau

3.1 Occasions

The overall number of coding units assigned to occasions is comparatively small


(30) because each LoE and PoE situation mostly refers to one single occasion.
For both PoE and LoE, the occasions can be divided into the following categories:

(1) technical discussions that deal with a work-related topic, e.g. handovers (I4)
or shift schedules (I10);
(2) personal issue talks concerning, for example, insecurities (I5);
(3) cyclically recurring meetings, such as a weekly team jour fixe (I3);
(4) feedback meetings that are arranged with the intention of giving and/or
receiving feedback (i.a. I6) and
(5) corridor discussions, meaning informal talks taking place outside of official
meetings (I2).

The occasions include both purposefully initiated conversations as well as those


that arose spontaneously, without prior planning, such as I8’s PoE situation:

In the first conversation, the positive one, I just went to him [the empathy sender], in
the middle of the day, totally spontaneously, and I started talking to him.

3.2 Frame Conditions

In terms of the number of coding units, frame conditions represent the most
relevant main category: 121 coding units reveal a multitude of different aspects
that influence PoE and LoE situations from the recipients’ points of view.
On an aggregated level, the coding units can be allocated to the following five
subcategories:

(1) frame conditions in the sender’s area of responsibility;


(2) external conditions, which nobody seems to be responsible for;
(3) frame conditions in both dialogue partners’ areas of responsibility;
(4) frame conditions in the empathy recipient’s area of responsibility and
(5) frame conditions in a third party’s area of responsibility.

For both PoE and LoE situations, recipients mainly see other persons, primarily
the senders (e.g. in terms of their body language, character traits and expressive
abilities) or external factors (e.g. timeframes and interior design) as responsible
for frame conditions.
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 331

For example, I3 attributes the success of their PoE situation to the sender’s
attitude:

It is simply his [the empathy sender’s] attitude, the way he [the empathy sender]
talks to me about the results of my work, that is satisfying.

In their LoE situation, I2 feels at the mercy of the sender’s indiscretion and states
the following:

So, for example, he [the non-empathy sender] lacks tact [...]. [He does not] ask, “Is
it okay with you?ˮ [...]

In contrast to the statements above, I1 is an exception in that they emphasize the


recipient’s active role:

Yes, so for me, empathy is always something that you actively shape, yes, even if
you [...] just want to receive it.

Aside from that, the few frame conditions the recipients accredit exclusively to
themselves are unequally distributed between PoE (8 coding units) and LoE (only
4 coding units). This unequal distribution suggests that recipients tend to attribute
more empathy-supporting frame conditions to themselves. The responsibility for
LoE is passed on to the non-empathy senders.

3.3 Consequences

The subcategories for consequences structure the identified coding units (69) and
indicate who is affected by the respective consequences: senders, recipients, third
parties, such as team members or the organisation as a whole. More than 70 % of
all the identified coding units affect the recipients (either exclusively or together
with other groups of persons). As a consequence of PoE situations, the majority
of the interviewees address an improved basis for follow-up conversations. Thus,
receiving empathy positively influences further collaboration between empathy
senders and recipients. The recipients memorize comfortable experiences and
trust in similar developments in the future, including I8, who makes the following
declaration:
332 C. Muss and B. Fürstenau

In some way, it [the PoE situation] created, let’s say, a bond of trust. I really
appreciated that he [the empathy sender] reacted in such a positive way, and for the
future, I know that, if there’s really an issue, I can go to him and talk about it.

In subsequent daily interactions, I2 had already experienced an improvement:

[...] it [further collaboration after the PoE situation] was familiar. Much more
familiar. You have another kind of closeness. Unspoken.

Regarding the consequences of LoE, several interviewees observe a deterioration


in the working climate within their teams, including I3, who describes this
development as follows:

[...] the consequence for the staff probably was that [...] it [the LoE situation] did not
contribute to a good climate.
[...] the togetherness crumbles in such situations.

However, most of the interviewees (7 out of 10) are afraid of entrepreneurial


failure resulting from LoE. The interviewees fear delays in decisions and
avoidance tendencies, which, in the end, lead to economic losses for their
company. One interviewee, I4, explicitly quantifies the damage of the
experienced LoE situation:

[...] the company [has] lost thousands of euros [...].


That was quite an economic loss.

3.4 Emotions

Emotions stated in connection with PoE and LoE situations are multifaceted.
Seventy coding units reveal the interviewees’ perceived emotions before, during
and after empathy-relevant communication situations. Before PoE and LoE,
the emotions are diverse. The recipients characterize their emotions as positive,
neutral or negative. During PoE, all the interviewees experience positively
connoted emotions, such as joy, relaxation, ease and satisfaction. During LoE,
the recipients feel predominantly negative emotions, for example, uncertainty,
discomfort, tension and fear. These emotions mainly outlast the specific
occurrences described and persist afterward: nine interviewees state experiencing
positively connoted emotions after their PoE situations and all the interviewees
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 333

mention feeling negatively connoted emotions after their LoE situations, which
are illustrated by the following quotes:

So it is like this: Afterwards [after the PoE situation], you felt satisfied, happy and
released, because she [the empathy sender] reacted in such a positive way. (I10)
[...] so, for me, eh, disappointment developed [after the LoE situation]. [...] In some
situations, this disappointment is still there, yes. (I3)

3.5 Goals

Coding units assigned to goals (40) refer to interpersonal, technical or personal


goals. Most interviewees strive to realize interpersonal goals—both in PoE and
LoE situations. For the interviewees, the ideal course of an empathy-relevant
communication situation is characterized by reasonable, understanding, open and
respectful interactions, which allow both dialogue partners to bring up their argu-
ments without fear of reprisal. For instance, I1 summarizes as follows:

My ideal conception is always [...] that by acting empathically, one is neutral, one
can address topics, [...], one takes the other person seriously, one listens to the other
person. Yes, one reflects on the other’s words, and if you consider all these points,
yeah, the whole thing involves valuing, yes, then, in the end, you probably achieve a
good result. And that is the ideal conception.

3.6 Expectations

As with the goals, the coding units for expectations (21) can be divided
into interpersonal, technical and personal expectations, but, in contrast, the
expectations are not only optimistic regarding both PoE and LoE situations.
Taking into account existing circumstances, the recipients expect, for example,
misunderstandings and further escalations. For example, I10 even expects a lack
of understanding from the dialogue partner in the run-up to the PoE situation:

I thought that she [the empathy sender] would react kind of mean. [...] I expected
her [the empathy sender] to react in a negative way.
334 C. Muss and B. Fürstenau

3.7 Measures used to Achieve Goals

The comparatively high number of coding units assigned to measures used


to achieve goals (75) shows that the interviewees have versatile ideas in terms
of how to create situations, which represent their ideal conception regarding
empathy. Their ideas consider the following:

(1) prevention activities,


(2) a consensus orientation,
(3) tactical-situational strategies,
(4) readiness to engage in dialogue,
(5) reflection,
(6) mediation,
(7) avoidance and
(8) subordination.

(1) Prevention activities bundle together all the measures undertaken after
PoE and LoE situations, but before follow-up discussions, with the aim of
approaching the ideal state. Preparing for conversations (both professionally
and mentally) (I5, I7); creating a pleasant (i.a. I2), calm (i.a. I10), confidential
(i.a. I9) and solution-oriented atmosphere (i.a. I6) and assigning sufficient
time (i.a. I9) are intended action steps the interviewees want to take.
(2) A consensus orientation comprises approachable behaviours that the
interviewees would like to use as measures in future discussions. To
achieve their goals, they strive for open and honest interactions with their
dialogue partners, which allow for consensual solutions. For I5, a consensus
orientation is expressed through the following actions:

talking politely, showing respect.

(3) In contrast to a consensus orientation, the measures associated with tactical-


situational discussion strategies have a more calculating character since the
interviewees do not enter into open and honest discussions, but rather try
to achieve their goals by proceeding tactically and, for example, glossing
over facts or addressing topics depending on their dialogue partners’ moods.
Following this principle, I3 explains as follows:

You somehow try to, yes, to guess the other person’s mood and then to bring
up a respective topic.
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 335

In a similar way, I10 describes the following situation:

Or you wait until she [the dialogue partner] is in a good mood. [...] you notice:
Ok, now, at the moment, she [the dialogue partner] feels good. [...] And only
then, you start talking to her.

(4) Readiness to engage in dialogue bundles together statements in which the


interviewees express their general willingness to communicate. I6 expresses
this as follows:

So, what I want is to [...] talk frequently.

(5) Reflection collects together all the measures that include consciously
thinking about PoE or LoE situations after they have occurred. The
interviewees consider how to implement their ideals in follow-up
discussions. This reflection can take place alone (i.a. I1) or together with
their dialogue partners (I4). For I1, reflection plays an important role,
especially after PoE situations:

You always have to reflect and ask yourself: Well, what happened there [in the
PoE situation]? Why did certain things happen? Yes, even if everything went well.

(6) After LoE situations, interviewees take mediation into account. They want
to involve neutral third parties as trust-building authorities in follow-up
discussions, as I5 explains below:

If it is necessary, we can invite a third person and talk together.

(7) More defensive measures are summarized under avoidance. As a


consequence of LoE situations, interviewees talk about measures that help
them avoid their dialogue partners in future discussions. For instance, I3
states the following:

[...] you try to talk with your colleagues. You ignore him [the dialogue partner],
you decide on your own, even if it is not within your power. [...] Yes, it’s avoidance.

(8) Only one coding unit from I3 and in connection with a PoE situation
expresses how subordinate behaviour can be used as a measure to achieve
goals. I3 strives to meet their dialogue partner’s expectations in order to
receive empathy:
336 C. Muss and B. Fürstenau

I tried to meet his [the dialogue partner’s] expectations [...] so that he [the dialogue
partner] was not disappointed. [...] I know that this man [the dialogue partner]
works hard and that he appreciates high-quality work. That’s why I try to meet his
expectations, and, yes, to give him a treat by taking work off his shoulders.

Table 4 summarizes all the main categories with the corresponding subcategories
for both the PoE and LoE situations. The numbers in brackets indicate (1) the
overall number of coding units assigned to the respective subcategory and (2) the
number of interviewees that address the subcategory with one or more coding
units. As the interviewees can address the subcategories with different coding
units more than once, the first number in brackets may exceed the second one.

Table 4 Overview of the main categories with the corresponding subcategories


Occasions
PoE LoE
• Technical discussions (6/5) • Technical discussions (6/5)
• Personal issue talks (4/3) • Personal issue talks (4/2)
• Cyclically recurring meetings (2/2) • Cyclically recurring meetings (3/3)
• Feedback meetings (1/1) • Feedback meetings (3/3)
• Corridor discussions (1/1)
Frame conditions
PoE LoE
• Sender’s responsibility (21/9) • Sender’s responsibility (28/9)
• External conditions (19/9) • External conditions (20/9)
• Sender’s and recipient’s responsibility • Sender’s and recipient’s responsibility
(14/7) (6/5)
• Recipient’s responsibility (8/5) • Recipient’s responsibility (4/3)
• Third party’s responsibility (1/1)
Consequences
PoE LoE
• For recipients (18/9) • Entrepreneurial consequences (8/7)
• For senders and recipients (10/8) • For recipients (6/6)
• Entrepreneurial consequences (3/3) • For senders (6/4)
• For senders, recipients and third parties • For senders and recipients (5/4)
(2/2) • For senders, recipients and third parties
• For recipients and third parties (2/2) (4/4)
• For senders (1/1) • For recipients and third parties (2/2)
• For senders and third parties (1/1) • For senders and third parties (1/1)

(continued)
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 337

Table 4 (continued)
Emotions
Before PoE Before LoE
• Negative (5/5) • Negative (6/6)
• Neutral (5/5) • Neutral (5/5)
• Positive (3/3) • Positive (1/1)
During PoE During LoE
• Positive (10/10) • Negative (8/8)
• Neutral (2/2) • Neutral (3/3)
• Negative (1/1)
After PoE After LoE
• Positive (9/9) • Negative (10/10)
• Neutral (1/1)
• Positive (1/1)
Goals
PoE LoE
• Interpersonal (16/7) • Interpersonal (7/7)
• Technical (11/5) • Personal (4/3)
• Personal (2/2)
Expectations
PoE LoE
• Interpersonal (4/4) • Interpersonal (6/6)
• Technical (4/4) • Technical (3/3)
• Personal (3/3) • Personal (1/1)
Measures used to achieve goals
PoE LoE
• A consensus orientation (8/2) • Prevention (15/8)
• Prevention (6/3) • Readiness to engage in dialogue (11/6)
• Readiness to engage in dialogue (2/2) • Tactical-situational strategies (10/6)
• Tactical-situational strategies (2/2) • A consensus orientation (9/5)
• Reflection (2/1) • Avoidance (3/2)
• Subordination (1/1) • Mediation (3/2)
• Reflection (3/1)

4 Discussion

In the professional context of business administration, various aspects contribute


to the perception of empathy from the recipients’ perspective and comprise
a multi-layered picture of the phenomenon with some noticeable salience.
First, it can be stated that from the recipients’ perspective the receiving or non-
receiving of empathy happens, similar to Singer and Decety’s observation (2011),
338 C. Muss and B. Fürstenau

in everyday communication and also in the professional context of business


administration (see occasions). However, the receiving or non-receiving of
empathy is, according to the interviewees’ statements and the deduced coding
units, not linked to a specific group of conversational occasions. Both PoE and
LoE occur, for example, during work-related discussions or personal issue talks,
which can, again, entail versatile topics. The interviewees’ statements, likewise,
underline that the interviewees do not take empathy for granted since, at times,
they even express surprise after receiving empathy (I10). This perception strongly
emphasizes that empathy is not yet an inherent part of everyday business inter-
actions, which immediately raises the question of why. The interviewees
themselves do not provide a unanimous answer to that question. Looking at
the hierarchical relationships of the interviewees with regard to their dialogue
partners in terms of LoE, the majority of those who do not give empathy are
superiors (see Table 3). Thus, one possible explanation could be that leaders, in
particular, see empathy as a sign of weakness that undermines their positions and
assertiveness, and they therefore avoid it. This explanation approach can also
be found in Holt und Marques (2012). The present study, therefore, underlines
that leaders still struggle with the question that Holt and Marques raised back in
2012: “Empathy in leadership—appropriate or misplaced?ˮ (2012: 95). For Holt
und Marques (2012: 104), the answer is clear: they call for a paradigm shift that
pushes for “empathy […] [as] an essential […] [skill] of 21st century leader-
ship”. Indeed, there seems to be a desire for change and a stronger or targeted
integration of empathy into leadership styles. At least, this is how one might inter-
pret the large amount of management advice literature in this field (e.g. Ebert and
Pastoors 2018; Heim and Lindemann 2016; Pásztor and Gens 2010).
Second, the results of the exploratory interview study confirm that if empathy
is received, it is positively connoted, which largely corresponds with previous
empathy research (e.g. Roth and Altmann 2021). Interviewees’ emotional states
are improved (see emotions) and further cooperation between empathy senders
and recipients is facilitated (see consequences). Interestingly, although the present
study takes self-selected PoE and LoE situations as starting points that clearly
focus on interpersonal sender-recipient interactions and, therefore, emphasize the
relational character of empathy (Barrett-Lennard 1981; Davis 1996; van Dijke
et al. 2020), the interviewees’ statements go beyond that interpersonal level of
empathy, especially with regard to consequences. Mainly as consequences of
LoE, but also of PoE, interviewees extend their views and do not only think about
consequences that affect themselves individually (i.e. at the personal level) or the
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 339

relations between themselves and their dialogue partners (i.e. at the interpersonal
level). Instead, their considerations also include groups and teams (i.e. the team
level), as well as the organisation as a whole (i.e. the organisational level). The
necessity of such a multi-level perspective on empathy in the organisational
context is also stressed by Burch et al. (2016). Burch et al. (2016: 183) underline
that “these levels [of empathy, e.g. the personal level, the interpersonal level,
the team level, the organisational level] exist simultaneously throughout the
organisation, thereby creating interactions among levels.” By revealing team-
related aspects and those related to the organisation as a whole as consequences
of interpersonal empathy experiences, the present exploratory interview study
meets Burch et al.’s (2016: 183–184) requirement to further conduct “research
[…] within [emphasis added] levels […], to […] strengthen the claims of a multi-
level model [of empathy in organisations]”. The recipients’ insights into these
multi-level consequences of PoE and LoE again emphasize empathy’s relevance
for interpersonal communication in organisations.
Third, the interviewees provide important insights into frame conditions that
influence the receiving or non-receiving of empathy from the recipients’ points
of view. Coding units reveal that the recipients see themselves in a rather passive
role and dependent on influencing factors outside of their area of control (see
frame conditions). At first glance, the high number of coding units reflecting
measures used to achieve goals (75) seems to contradict the interviewees’ self-
imposed passivity, which becomes apparent looking at the frame conditions.
The interview guide resolves this contradiction since QA6 focuses not only on
measures already taken but also on possible measures planned for the future.
This two-sided consideration leads to the conclusion that the interviewees have
recognized that they need to make a contribution in order to receive empathy
but that the majority of them have not yet done so. A possible reason for this
inactiveness could be that the recipients do not know how to put their ideas into
practice, e.g. how to communicate politely and convey a consensus orientation
or how to independently create a pleasant, calm, confidential and solution-
oriented atmosphere (see measures used to achieve goals). The supposed lack
of knowledge could, in turn, issue from the existing focus on empathy senders
when it comes to recommendations for action to increase empathy in daily inter-
actions in the workplace (e.g. Ebert and Pastoors 2018; Heim and Lindemann
2016; Pásztor and Gens 2010). Therefore, targeted training programmes, which
consider the recipients’ perspective and value the relational character of empathy
(Barrett-Lennard 1981; Davis 1996; van Dijke et al. 2020), are necessary to
further strengthen the recipients’ awareness of their active role in empathic
communication. These training programmes could build on the recipients’
340 C. Muss and B. Fürstenau

concrete proposals (see measures used to achieve goals) and offer practical
tools to facilitate implementation, thus representing an essential step towards
sustainably improving interpersonal communication in organisations.

5 Limitations and Implications

Providing comprehensive insights into recipients’ perceptions, this paper


consciously acknowledges some limitations that might also be a starting point
for future research avenues. Convenience sampling, which is the sampling
method used in this study, allows researchers “to collect information from […]
[individuals] who are easily accessible” (Etikan et al. 2016: 2) and, given the
small sample size, the selected cases can be investigated in-depth (Döring and
Bortz 2016). Nevertheless, the findings should be interpreted tentatively as
qualitative research methods, in general, do not permit statistical generalization.
For this reason, quantitative studies represent an opportunity to enrich and
confirm the results presented.
The paper illustrates various measures that empathy recipients have already
applied or are willing to apply in the future to approach their ideal images of
empathy-relevant communication situations (see measures used to achieve
goals). Further research could enrich these results by identifying factors that, on
the one hand, hamper and, on the other hand, foster the usage of the determined
measures to better understand how to really improve empathic communication
in practice and take advantage of its associated benefits. In addition, it would
be interesting to investigate whether socio-demographic characteristics (e.g.
age, sex, branch affiliation) influence recipients’ willingness to apply such
measures. In this case, future training programmes and the measures within may
need to be individualized and tailored to specific groups of persons with similar
characteristics.
The large number of coding units assigned to frame conditions (121) may
raise the question of whether this main category is too broadly defined and needs
further differentiation. Here, future research could adjust the existing inter-
view guide by, for example, focusing on influenceable frame conditions and
demonstrating clear connections to the measures.
Since the present study’s research interest focuses exclusively on empathy
recipients, only the perceptions of empathy recipients are gathered and
analysed. However, it could be interesting to extend this perspective and let
both the recipients as well as the senders describe the same PoE and LoE
situations. Although it might be challenging to agree on situations and create a
Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 341

trusting interview atmosphere, such an approach could reveal further mutual


misunderstandings and offer starting points for consensual training programmes
that appreciate both dialogue partners and their individual contributions to the
success of empathic interactions. The development of such empathy training
programmes seems to be an especially promising research field.
Finally, since the given study specifically focuses on empathy-relevant
communication situations in the professional context of business administration
in Germany, the findings do not necessarily apply to different nations and
cultures. Therefore, a comparative cross-national study might reveal interesting
differences.

6 Summary and Conclusion

Using an explorative approach, the present paper turns the spotlight on a


multitude of aspects regarding recipients’ perspectives on empathy in everyday
work communication in the business administration context. In sum, 426 coding
units could be extracted and assigned to 7 meaningful main categories (see
Table 4). By addressing occasions, frame conditions, consequences, emotions,
expectations, goals and measures used to achieve goals, this paper offers various
opportunities to specify recipients’ perceptions and, thereby, unfold the essential
meaning of empathy in the selected context. By considering critical incidents
(Flanagan 1954) representing both PoE and LoE situations, the recipients could
contrast and, thus, accentuate their perceptions regarding each identified main
category.
When thinking about the ideal course of empathy-relevant communication
situations, the recipients describe open and respectful interactions, in which all
dialogue partners are invited to raise their arguments. Considering the given
circumstances, the recipients are aware that this ideal image cannot always be
realized. The described occasions relating to empathy-relevant communication
situations are diverse. Thus, the receiving or non-receiving of empathy is
not linked to a specific group of conversational occasions but is possibly a
part of each everyday interaction in the workplace. When thinking about the
consequences of perceived PoE or LoE, most recipients point out personal
consequences, but team-related and entrepreneurial consequences that affect the
whole organisation also play a major role in the recipients’ statements. During
PoE and LoE situations, the recipients perceive contrary emotions. While PoE is
connected with experiencing preferable emotions and long-term well-being, LoE
evokes long-lasting, unpleasant emotions.
342 C. Muss and B. Fürstenau

The recipients see frame conditions influencing empathy-relevant


communication situations as mainly beyond their control. Thus, the study reveals
a discrepancy between the variety of identified possible measures and the actual
limitation in terms of the efforts that the recipients have made so far to influence
frame conditions and approach their goals. This discrepancy suggests that the
current focus on the sender in the scientific and, especially, in the popular science
literature promotes the recipients’ passivity. Concerning practical implications,
future training programmes should acknowledge both the senders as well as
the recipients as indispensable guarantors for successful empathic interactions,
significantly strengthen the empathy recipients’ awareness of their active role
and offer concrete advice for empathy recipients on how to put the various
opportunities for action into practice. This way, empathic communication can be
improved and its identified benefits can be taken advantage of by the dialogue
partners, their teams and the organisation as a whole. The phenomenon of
empathy can only be understood, developed and beneficially integrated into the
professional context of business administration if research and practice recognize
its multidimensionality as well as its multiperspectivity.

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Recipients’ Views on Empathy in Everyday Work Communication … 345

Caroline Muss, M.Sc., TU Dresden, Faculty of Business and Economics, Chair of


Business Education and Management Training headed by Prof. Dr. Bärbel Fürstenau.
Research expertise: social and emotional skills in the professional context with special
focus on empathy (e.g. empathic interaction, empathic leadership, empathy develop-
ment). Teaching expertise: various fields of human resource management (e.g. HR strategy
development, personnel selection methods); implementation of complex learning environ-
ments (e.g. case studies); research methods (e.g. qualitative content analysis)

Bärbel Fürstenau, Prof. Dr., TU Dresden, Faculty of Business and Economics, Chair
of Business Education and Management Training. Research expertise: development
and evaluation of complex learning environments; empathic interaction, resilience and
reflection of professionals; informal learning; multimedia learning; financial literacy;
concept maps and concept mapping, measuring complex knowledge. Teaching expertise:
various fields of business education and vocational education and training (e.g. foundations
and specifics of learning and instruction); human resource development (e.g. workplace
learning); research methods
Stressmanagement und
Resilienzförderung für zukünftige
Arbeitnehmer und Führungskräfte
während der Coronakrise

Natalie Peters und Bärbel Fürstenau

Zusammenfassung

Angesichts der langfristigen Auswirkungen aktueller Krisen (Coronapandemie,


Krieg in Europa), erhöhter Prävalenz psychischer Erkrankungen sowie der
Folgen jahrzehntelanger Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt erscheint es von
besonderer Bedeutung, Studenten als Arbeitnehmer und Führungskräfte von
morgen rechtzeitig zu stärken und auf das Arbeitsleben vorzubereiten. Eine
Möglichkeit hierfür sind gesundheitsbezogene Interventionen, die z. B. auf
Stressmanagement und Resilienzförderung abzielen. Diese haben sich bereits
vor der Coronapandemie als erfolgreich erwiesen und wurden überwiegend in
Präsenzformaten umgesetzt. Bedingt durch die Pandemie wurde jedoch die Ent-
wicklung von digitalen Interventionen relevanter. Deren Wirksamkeit ist jedoch
insgesamt weniger erforscht, besonders bezüglich synchronen, trainergestützten
Formaten. Vor diesem Hintergrund wurde eine digitale, synchrone Intervention
zur Förderung von Stressmanagement und Resilienz in ein Masterseminar an
einer großen deutschen Universität implementiert. Es nahmen 50 Studenten
einer Fakultät für Wirtschaftswissenschaften teil, die sich in eine Interventions-
und eine Kontrollgruppe gliederten. Insgesamt konnte das digitale Format des

N. Peters (*) · B. Fürstenau


Professur für Wirtschaftspädagogik, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, TU Dresden,
Dresden, Deutschland
E-Mail: natalie.peters@tu-dresden.de
B. Fürstenau
E-Mail: baerbel.fuerstenau@tu-dresden.de

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GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_16
348 N. Peters und B. Fürstenau

Trainings erfolgreich umgesetzt werden. Die Ergebnisse zeigten jedoch keine


signifikante Entwicklung der relevanten Variablen über drei Messzeitpunkte
und einen Zeitraum von insgesamt 20 Wochen. Verschiedenste Einflussfaktoren
wie das digitale Format selbst, soziale Isolation während der Pandemie und
Prüfungszeiten könnten dies beeinflusst haben. Neben leicht positiven Mittel-
werts veränderungen von Stresserleben und Resilienz in der Interventions-
gruppe, konnte die Copingstrategie des positiven Umdenkens Stresserleben und
Wohlbefinden signifikant positiv beeinflussen. Mit dem digitalen Format der
Intervention wurde eine neue Herangehensweise und Durchführung erprobt,
welche zukünftig auch im Arbeitskontext umgesetzt werden kann.

Schlüsselwörter

Stressmanagement · Resilienz · Digitale Intervention · Studierende ·


Zukünftige Arbeitnehmer und Führungskräfte · Corona

1 Hintergrund

Die Gesundheit und die Resilienz von Studenten1 als (zukünftige) Arbeitnehmer
und Führungskräfte zu erhalten und auszubauen, scheint angesichts vielfältiger
Herausforderungen im Studium und Arbeitsleben immer wichtiger zu werden.
Die Zielgruppe der Studenten wirkt zudem bereits in das Arbeitsleben hinein,
da Studenten heutzutage meist schon frühzeitig nebenberuflich tätig sind (z. B.
durch eine Werkstudentenstelle) oder sich sogar neben dem Studium selbstständig
machen. Auch diese Doppelbelastung durch Studium und Arbeitstätigkeit macht
Gesundheitsförderung im Hochschulkontext bedeutsam. Es hat sich zudem gezeigt,
dass Gesundheit und Wohlbefinden von Studenten bereits aufgrund verschiedener
Einflussfaktoren, wie z. B. des Arbeitspensums im Studium, Veränderungen des
sozialen Umfelds oder finanzieller Abhängigkeiten, nicht immer langfristig auf-
rechterhalten werden können. Gesundheitliche Probleme und psychische Störungen
können die Folge sein (z. B. Auerbach et al. 2016). Laut einer Untersuchung von
Bailer et al. (2008) wiesen bereits 22,7 % der Studenten an einer deutschen Hoch-
schule eine psychische Störung auf, darunter beispielsweise Angststörungen und

1 Aus Gründen der Lesefreundlichkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung maskuliner,

femininer und diversbezogener Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen


gelten für jedes Geschlecht.
Stressmanagement und Resilienzförderung … 349

Depressionen (ebd.). Ebenso können Störungen durch Substanzmissbrauch, wie z.


B. Alkohol, auftreten (Lutz-Kopp et al. 2017). Langfristig können die gesundheit-
lichen Probleme dazu führen, dass Betroffene studierunfähig werden und letztend-
lich ihr Studium abbrechen (z. B. Marôco et al. 2020). Gleichzeitig kommt es aber
auch in der Arbeitswelt zu immer größeren Herausforderungen. Die rasanten Ver-
änderungen der letzten Jahrzehnte, wie z. B. die zunehmende Globalisierung, Inter-
nationalisierung und Digitalisierung, haben zu mehr Komplexität, Schnelllebigkeit
und erhöhtem Wettbewerbsdruck geführt (Lohse 2021). Häufig wird in diesem
Zusammenhang von der sogenannten „VUCA-Welt“ gesprochen. Dieses Akronym
bezeichnet eine Arbeitswelt, die volatile (,unberechenbarʻ), uncertain (,unsicherʻ),
complex (,komplexʻ) und ambigouous (,mehrdeutigʻ) ist (Amann 2019). Ein
Umgang mit diesen herausfordernden Rahmenbedingungen der VUCA-Arbeitswelt
erfordert von Arbeitnehmern und Führungskräften sowohl eine ausgeprägte
Anpassungsfähigkeit als auch einen konstruktiven, gesunden Umgang mit Stress
und eine starke, psychische Widerstandsfähigkeit (ebd.). Um diese zu stärken und
auszubauen, sollten bereits frühzeitig entsprechende Unterstützungspotenziale für
junge Erwachsene ausgeschöpft werden. Daher erscheint es besonders wichtig,
Studenten als (zukünftige) Arbeitnehmer und (zukünftige) Führungskräfte früh-
zeitig zu unterstützen. Insbesondere gilt es, negativen Entwicklungen präventiv ent-
gegenzuwirken und dies umso mehr, als sich die Rahmenbedingungen durch die
aktuelle Coronakrise weiter verschärft haben. Angeordnete Lockdowns, Kontakt-
einschränkungen und lange Zeiten der Isolation haben bereits Gesundheit und
Wohlbefinden vieler Menschen beeinträchtigt (z. B. Fofana et al. 2020). Geeignete,
gesundheitsfördernde Maßnahmen zu ergreifen, erweist sich daher als unerlässlich.
Bereits seit geraumer Zeit finden gesundheitsfördernde Konzepte und Ansätze,
wie z. B. Interventionen, Anwendung in Unternehmen (z. B. Scheuch et al. 2021)
sowie an Universitäten und Hochschulen (z. B. Amanvermez et al. 2020). Diese
können inhaltlich und medial unterschiedlich ausgestaltet sein und adressieren
häufig Themen wie Achtsamkeit, Zeit- und Selbstmanagement, Resilienz oder
Stress. Dabei wurden besonders kognitiv-behaviorale und achtsamkeitsbasierte
Ansätze als wirksam erachtet (z. B. Joyce et al. 2018). Ebenso haben sich dazu
bereits vor der Coronapandemie verschiedene Interventionen als wirksam für
Studenten gezeigt (z. B. Conley et al. 2015). Traditionell finden jene gesund-
heitsfördernden Maßnahmen eher in klassischen Gruppensettings im Präsenz-
format statt. Somit kann u. a. das soziale Unterstützungspotenzial der Gruppe
ausgeschöpft werden (Kaluza 2015). Gleichzeitig wurde die Wirksamkeit dieses
Vermittlungsformats über viele Jahre und Studien hinweg bestätigt, wie sich z.
B. durch die effektive Steigerung von Resilienz, Wohlbefinden und mentaler
Gesundheit gezeigt hat (z. B. Robertson et al. 2015). Im Gegensatz dazu sind
350 N. Peters und B. Fürstenau

die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu digitalen Interventionen bisher sowohl


limitierter als auch sehr heterogen bezüglich ihrer Ergebnisse zur Wirksam-
keit. Beispielsweise fokussieren sich vorhandene Studien zu digitalen Inter-
ventionen häufig auf negative Variablen der (mentalen) Gesundheit, wie z. B.
Symptome für Depressionen oder Angststörungen (Ang et al. 2022) oder auf
methodisch asynchrone oder zeitlich selbstgesteuerte Formate, z. B. durch eine
App-Anwendung (Linardon et al. 2019). Hinsichtlich der Wirksamkeit wiederum
konnten manche Studien web- und computerbasierte Interventionen als wirksam
bestätigen (z. B. bezüglich der Stressreduzierung bei den Teilnehmern, s. Heber
et al. 2017), während andere Studien aufzeigten, dass computerbasierte Inter-
ventionen weniger effektiv sind als jene im Präsenzformat (z. B. Vanhove et al.
2016). Unabhängig davon warden gesundheitsfördernde Maßnahmen nun immer
häufiger digital angeboten, da die Vorteile wie Kosteneffizienz und Flexibili-
tät dieses Format als attraktive Alternative erscheinen lassen. Die zunehmenden
Angebote sind aber auch – zumindest in Deutschland – dem Beschleunigungs-
faktor „Pandemie“ zuzuschreiben (Rauschenberg et al. 2021). Gerade an Uni-
versitäten wurde zur Aufrechterhaltung eines regulären Lehrbetriebs komplett
oder teilweise auf digitale Formate umgestellt. Ziel dabei war es, Studenten die
Möglichkeit zu bieten, ihr Studium so normal wie möglich fortzusetzen und
gleichzeitig die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie einzuhalten. Vor
diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Studie eine digitale Intervention
zur Stressbewältigung und Resilienzförderung mit kognitiv-behavioralen und
achtsamkeitsbasierten Ansätzen in ein Seminar für Masterstudenten an einer
großen deutschen Universität implementiert. Folgende Forschungsfrage lag dieser
zugrunde: Hat eine digitale Stressmanagementintervention einen positiven Ein-
fluss auf die Entwicklung von Stresserleben, Wohlbefinden, Resilienz und adaptive
Copingstrategien der Studenten? Die Größen „Stresserleben“, „Wohlbefinden“
und „Resilienz“ sind dabei als Hauptvariablen der Studie zu sehen, während
die (adaptiven) Copingstrategien eine theoriegeleitete Ergänzung darstellen. Sie
unterliegen sowohl der transaktionalen Stresstheorie (Lazarus 1966; Lazarus
und Folkman 1984) als auch der Resilienztheorie (Bengel und Lyssenko 2012).
Des Weiteren soll berücksichtigt werden, welchen Einfluss soziodemografische
Merkmale (z. B. Alter oder Geschlecht) auf die Entwicklung der Hauptvariablen
haben. Zuletzt wird untersucht, inwiefern Resilienz einen Einfluss auf das Stress-
erleben hat, ob sich Stresserleben auf das Wohlbefinden auswirkt, und ob adaptive
Copingstrategien Stresserleben und Wohlbefinden beeinflussen. Die Berück-
sichtigung der genannten Zusammenhänge gründet auf dem transaktionalen
Stressmodell (Lazarus 1966; Lazarus und Folkman 1984) und auf bereits
erfolgter Forschung (z. B. Patzelt 2015). Die Erkenntnisse geben Aufschluss
Stressmanagement und Resilienzförderung … 351

darüber, ob und wie Studenten als aktuelle bzw. zukünftige Arbeitnehmer und
Führungskräfte durch erlerntes Stressmanagement und Resilienzförderung
präventiv gestärkt werden können, um zukünftig erfolgreich mit Heraus-
forderungen und Krisen umgehen zu können. Weiterhin ergeben sich Hinweise,
die bedeutsam für zukünftige Interventionen und weitere Forschung sind.

2 Methode

2.1 Teilnehmer und Vorgehen

Die Intervention wurde in ein Masterseminar für Studenten an einer Fakultät für
Wirtschaftswissenschaften einer großen, deutschen Universität im Wahlpflicht-
bereich implementiert. Das Seminar beschäftigte sich mit den Themen Personal-
entwicklung und Gesundheitsförderung im Unternehmenskontext. An das Seminar
schloss sich als Praxisbeispiel für Gesundheitsförderung in der Praxis ein Training
zur Stressbewältigung an, welches die Studenten dann in der Rolle eines regulären
Workshop-Teilnehmers (d. h. losgelöst vom universitären Benotungskontext)
besuchten. Die gleichzeitige Teilnahme am Seminar und der Intervention wurde
transparent kommuniziert und Studenten konnten sich freiwillig für eine Teilnahme
entscheiden. Um gleichzeitig adäquate Kontrollgruppenteilnehmer zu akquirieren
und Drop-Outs zu verhindern, wurden die Teilnehmer gebeten, sich einen Kontroll-
gruppenpartner zu suchen, welcher ähnliche demografische Merkmale aufwies
(Alter, Studiengang, Geschlecht usw.). Dieser sollte zeitgleich an keinem ähn-
lichen Training/keiner ähnlichen Intervention teilnehmen. Zudem wurde um
Verschwiegenheit gegenüber diesem Partner bis zum Ende der Studie gebeten. Ins-
gesamt nahmen über zwei Semester 50 Studenten an der Studie teil, davon je 25 an
der Intervention und 25 als Kontrollgruppenpartner. Das Seminar (und damit die
Intervention) ging regulär über ein ganzes Semester und fand über 12–14 Wochen
einmal wöchentlich statt. Eine Seminareinheit dauerte zwischen 90 und 180 min.

2.2 Die Intervention

Die Intervention ist eine, an die Zielgruppe adaptierte, Version des Stress-
bewältigungstrainings nach Kaluza (2015). Sie zielt sowohl auf die Beeinflussung
stresserzeugender Bedingungen als auch auf die Veränderung physiologisch-
emotionaler Stressreaktionen ab, womit das als gesundheitsförderliche und adaptiv
geltende problem- und emotionsortientierte Coping (Lazarus und Folkman 1984)
352 N. Peters und B. Fürstenau

Abb. 1 Aufbau und Inhalte der Intervention

unterstützt wird. Das Training basiert dabei auf kognitiv-behavioralen und Acht-
samkeitsansätzen. Methodisch enthalten sind u. a. psychoedukative Techniken,
Entspannungstraining, kognitive Restrukturierung zu positivem Umdenken,
systematisches Problemlösetraining und Zeitplanung (Kaluza 2015). Das Training
umfasst vier Hauptmodule und mehrere Nebenmodule, welche vom Trainer selbst
gewählt werden können. Aufgrund des digitalen Formats wurden alle Neben-
module bis auf „Sport und Bewegung“ berücksichtigt (Abb. 1). Die Potenziale
dieses Moduls als Unterstützungsmöglichkeit sowie dessen Umsetzung wurden
jedoch in verschiedenen Modulen angesprochen. Da die Intervention sämt-
liche Inhalte und Methoden umfasst, welche ebenso in Interventionen für
Resilienzförderung genutzt werden (u. a. Entspannungsübungen, kognitive
Restrukturierung, Zeitmanagement), ist davon auszugehen, dass das Training
sowohl dem Stressmanagement als auch der Resilienzförderung dient.

2.3 Instrumente und Studiendesign

Die Effektivität der Intervention wurde mithilfe eines Fragebogens getestet,


den die Teilnehmer und die Kontrollgruppe zu Beginn des Seminars (T1), direkt
danach (T2) und bei einem sechswöchigen Follow-Up (T3) bearbeiteten. Das
konkrete Studiendesign ist Abb. 2 zu entnehmen. Zu allen drei Messzeitpunkten
wurden die Variablen Stresserleben, Wohlbefinden, Resilienz und Copingstrategien
einbezogen. Zu T1 wurden außerdem soziodemografische Daten (z. B. Alter,
Geschlecht, Studienfach), die potenzielle Berufstätigkeit (z. B. in Form einer Werk-
studententätigkeit) und das Vorwissen (ja/nein) erhoben, welches beispielsweise
durch vorherige Workshops zu den Themen, das Schreiben einer Seminar- oder
Abschlussarbeit oder das Lesen von Fachzeitschriftenartikeln, erworben wurde.
Darüber hinaus sollten die Teilnehmer die Wichtigkeit verschiedener Beweggründe
Stressmanagement und Resilienzförderung … 353

Semesterstart Semesterende

T1:
I K T2:
I K T2:
I K
Fragebogen Fragebogen Fragebogen
Teil 1 Teil 2 Teil 2

Online: Seminar/Intervention

I Interventionsgruppe
Ein Semester (ca. 12-14 Wochen) 6 Wochen K Kontrollgruppe

Abb. 2 Studiendesign

zur Teilnahme am Seminar (z. B. Interesse am Thema, Erwerb von Leistungs-


punkten, Unterstützungsbedarf) einschätzen und angeben, ob ihnen gesundheits-
förderliche Maßnahmen an der Universität, wie diejenigen der psychosozialen
Beratungsstelle, des Universitätssports oder der Workshops des Career Service,
bekannt sind oder sie eine solche Maßnahme bereits besuchten.
Im Folgenden werden die für diese Studie relevanten Begriffe Stress, Wohlbefinden,
Resilienz und Copingstrategien definiert sowie die Messinstrumente erläutert.

2.3.1 Stresserleben
Das Stresserleben bzw. Stressempfinden basiert laut Lazarus (1966) auf der
Bewertung der Stressoren und Situationen, nicht auf dem objektiven Eintreten der
Ereignisse selbst und definiert sich daher als „particular relationship between the
person and the environment that is appraised by the person as taxing or exceeding
his or her resources and endangering his or her well-being“ (Lazarus und Folkman
1984: 19). Auf Basis dieser Auffassung wurde zur Messung des Stresserlebens der
Studenten die verkürzte, aber laut Cohen und Williamson (1988) ebenso geeignete
Version (PSS10) der ursprünglichen Perceived Stress Scale (Cohen et al. 1983)
eingesetzt2. Teilnehmer schätzten zu jedem Item die Häufigkeit ihres Denkens
oder Fühlens auf einer 5-stufigen Likertskala von 0 (nie) bis 4 (sehr oft) ein. Die

2 Um die Höhe des Stresserlebens, Wohlbefindens und der Resilienz zu messen, wird bei
allen drei Messinstrumenten ein Summenwert gebildet. Aus Darstellungsgründen wird in
den folgenden Grafiken der reguläre Mittelwert verwendet. Ergebnisse bleiben von dem
Vorgehen unberührt.
354 N. Peters und B. Fürstenau

PSS10 wurde bereits vielfach zur Messung von Stressempfinden eingesetzt und
die psychometrischen Eigenschaften wurden mehrfach als gut und angemessen
eingestuft (z. B. Lesage et al. 2012; Nordin und Nordin 2013). Dies gilt auch für
die Gruppe der Studenten (z. B. Denovan et al. 2019; Smith et al. 2014).

2.3.2 Wohlbefinden
Die Ausprägung der Variable Wohlbefinden wurde über den 5-Item World Health
Organization Well-Being Index (WHO-5) erhoben, einer kürzeren Version des
WHO-10 (Bech et al. 1996). Das Instrument zielt auf die Messung von „mental well-
being“ ab und besteht aus einem eindimensionalen Selbstbeurteilungsverfahren. Mit
mental well-being ist hier das subjektive Wohlbefinden gemeint, welches „a person’s
evaluation of their own life – both emotionally and cognitively“ (Tov 2018: 2) auf-
greift. Dabei sieht die WHO positives, subjektives Wohlbefinden auch als Synonym
für oder Teil der mentalen Gesundheit, welche jedoch im Umkehrschluss nicht zu
verwechseln ist mit der bloßen Abwesenheit von Krankheit (Topp et al. 2015). Vor
diesem Hintergrund sind alle Items dieses Instruments positiv formuliert. Der Frage-
bogen WHO-5 wurde in seiner Kurzform innerhalb eines Projekts der WHO 1998
in Stockholm vorgestellt (Bech 2012). Insgesamt gilt der WHO-5 als einer der
bekanntesten und – aus psychometrischer Sicht gesehen – robustesten Fragebögen
(Bech 2012). Er ist in über 30 Sprachen validiert worden (Topp et al. 2015). Teil-
nehmer können die Aussagen des WHO-5 auf einer 6-stufigen Likertskala von 0 (zu
keinem Zeitpunkt) bis 5 (die ganze Zeit) einschätzen.

2.3.3 Resilienz
Der Begriff Resilienz wurde bereits auf unterschiedlichste Weise definiert. Unter
psychologischer Resilienz (von welcher hier gesprochen wird) wird jedoch
im Allgemeinen „positive adaption in the face of significant adversity“ (Luthar
et al. 2000: 543) oder „personal qualities that enable one to thrive in the face
of adversity“ (Connor und Davidson 2003: 76) verstanden. Um diese psycho-
logische Resilienz bei Studenten zu erheben, wurde die CD-Risc-Skala, d. h. die
Connor-Davidson Resilience Scale (Connor und Davidson 2003), genutzt. Die
Skala wurde entwickelt, um Resilienz reliabel zu messen. Sie kann sowohl in der
Allgemeinbevölkerung als auch in klinischen Studien angewandt werden (Connor
und Davidson 2003) und wurde schon häufiger zur Veränderungsmessung bei
Interventionen genutzt. Die Selbsteinschätzungsskala umfasst 25 Items, welche
auf einer 5-stufigen Likertskala von 0–4 (0 = stimmt überhaupt nicht; 4 = stimmt
vollständig) beantwortet werden. Die CD-Risc-Skala weist laut den Autoren eine
gute interne Konsistenz, Validität und Reliabilität auf, wurde in den letzten Jahr-
zehnten in über 70 Sprachen übersetzt (Davidson 2022) und ist daher eine der am
meisten genutzten Skalen zur Erhebung (psychologischer) Resilienz.
Stressmanagement und Resilienzförderung … 355

2.3.4 Copingstrategien
Copingstrategien beziehen sich auf “cognitive and behavioral efforts to manage
specific external and/or internal demands that are appraised as taxing or
exceeding the resources of the person” (Lazarus und Folkman 1984: 141). Sie
werden häufig unter dem Begriff “Bewältigungsstrategien” zusammengefasst.
Um die Ausprägung verschiedener Copingstrategien bei den Teilnehmern zu
messen, wurde der Brief COPE-Fragebogen von Carver (1997) genutzt. Dieser
ist eine gekürzte Version des ursprünglichen COPE Inventory-Fragebogens
(Carver et al. 1989), welcher auf dem transaktionalen Stressmodell nach Lazarus
und Folkman (1984) beruht. Dieser wurde aufgrund seines Umfangs von 60
Items von Carver et al. (1989) gekürzt und leicht abgeändert. Diese gekürzte
Version (Brief COPE) besteht aus 28 Items, von denen jeweils zwei in eine Kate-
gorie zusammengefasst werden. Die Copingstrategien lassen sich dabei grob in
adaptive (z. B. positives Um denken, Planen, instrumentelle Unterstützung) und
maladaptive Strategien (z. B. Selbstvorwürfe, Leugnen) und damit in funktional
und gesundheitsförderlich bzw. dysfunktional und risikoreich für die Gesund-
heit (Frost und Mierke 2013) einordnen. Die Beantwortung erfolgt auf einer
4-stufigen Likertskala von 0 (überhaupt nicht) bis 3 (sehr häufig).

3 Ergebnisse

3.1 Deskriptive Analyse der Studienteilnehmer

Es nahmen insgesamt 50 Studenten an der Studie teil, wovon 72 % weiblich


waren und 28 % männlich. Die Altersspanne lag zwischen 21 und 31 Jahren, mit
einem Median von 24 Jahren. Der Studienfortschritt der Teilnehmer betrug im
Durchschnitt drei Fachsemester mit einer Regelstudienzeit von vier Semestern
im Master. Die Verteilung der Studiengänge, in die die Studienteilnehmer
immatrikuliert waren, sah folgendermaßen aus: 44 % studierten BWL, 22 %
studierten Wirtschaftspädagogik, 22 % studierten fachähnliche Studiengänge
(z. B. VWL, Wirtschaftswissenschaften) und der Rest studierte fachfremd (z. B.
Psychologie, Verfahrens- & Naturstofftechnik). Fachfremd studierten lediglich
Personen aus der Kontrollgruppe, die Interventionsteilnehmer stammten alle aus
derselben Fakultät.
Kenntnis hatten die meisten Studenten von den Angeboten Universitätssport,
Entspannungsübungen (wie z. B. Meditationsangebote) oder von der psycho-
logischen Beratungsstelle. Eigene Erfahrungen lagen lediglich bei ersteren beiden
356 N. Peters und B. Fürstenau

Abb. 3 Übersicht zur studentischen Teilnahme an bereits implementierten gesundheits-


förderlichen Maßnahmen

Angeboten vor, an denen bereits ca. ein Viertel der Studenten teilgenommen
hatte. Insgesamt ließ sich jedoch eine Tendenz dahingehend feststellen, dass an
den Angeboten bisher eher nicht teilgenommen worden war (Abb. 3). Beweg-
gründe zur Teilnahme am Seminar waren vor allem das spezifische Interesse am
Thema und der Art des Seminars sowie die Erwartung dessen als Unterstützungs-
potenzial. Weitere deskriptive Daten (wie z. B. zu Vorwissen und nebenberuf-
licher Tätigkeit) der Teilnehmer sind in Tab. 1 zu finden.

3.2 Einfluss demografischer Variablen auf


Stresserleben, Wohlbefinden und Resilienz

Zunächst wurden die Einflussfaktoren Geschlecht und Alter der Teilnehmer


beider Gruppen auf Stresserleben, Wohlbefinden und Resilienz über die drei
Messzeitpunkte analysiert. Hierzu wurde eine Varianzanalyse (ANOVA) mit
Messwiederholung durchgeführt, wobei Geschlecht und Alter jeweils als
Stressmanagement und Resilienzförderung … 357

Tab. 1 Deskriptive Daten der Stichprobe


Variable Interventionsgruppe Kontrollgruppe Gesamt (n = 50)
(n = 25) (n = 25)
Alter M (SD) 24.48 (2.58) 24.16 (2.51) 24.32 (2.52)
Studienfortschritt in 2.80 (1.68) 3.76 (2.17) 3.28 (1.98)
Fachsemestern M (SD)
Geschlechterverteilung 18/7 18/7 36/14
weiblich/männlich
Vorwissen zu Stress/ 11/14 5/20 16/34
Resilienz ja/nein
Berufstätigkeit (nebenberuf- 17/8 16/9 33/17
lich) ja/nein

Zwischensubjektfaktor berechnet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass das


Geschlecht keinen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung von Stresserleben
(F (2,96) = .759, p = .471, ηp2 = .016), Wohlbefinden (F (1.89, 90.29) = .620,
p = .531, ηp2 = .013) und Resilienz (F (2,96) = 1.539, p = .220, ηp2 = .031)
beider Gruppen hatte. Ebenso wenig hatte das Alter einen signifikanten Ein-
fluss auf die Entwicklung von Stresserleben (F (18,80) = .790, p = .705, ηp2 =
.151), Wohlbefinden (F (18,80) = 1.019, p = .448, ηp2 = .187)3 und Resilienz
(F (18,80) = .851, p = .637, ηp2 = .161).
Weitere ANOVA mit Messwiederholung zum Einfluss demografischer
Variablen ergaben, dass auch der Studiengang, etwaiges Vorwissen zu den
Themen Stress und Resilienz und eine berufliche Nebentätigkeit keinen signi-
fikanten Einfluss auf die Entwicklung von Stresserleben und Resilienz hatten.
Weiterhin hatten Studiengang und Vorwissen keinen signifikanten Einfluss auf die
Entwicklung von Wohlbefinden. Jedoch zeigte sich ein signifikanter Haupteffekt
der Zeit für berufliche Nebentätigkeit und Wohlbefinden (F (1.89, 90.36) = 3.301,
p = .044, ηp2 = .064). Ein Bonferroni-korrigierter post-hoc Test zeigte, dass es
einen signifikanten Unterschied zwischen T1 und T2 gab (p = .035). Die Mittel-
werte für (die Variable) Wohlbefinden sanken bei beiden Gruppen (mit/ohne
Berufstätigkeit) von T1 zu T2.

3 Daeine Verletzung der Voraussetzung der Sphärizität vorlag, wurde eine Huynh–Feldt
Korrektur der Freiheitsgrade vorgenommen.
358 N. Peters und B. Fürstenau

3.3 Entwicklung von Stresserleben, Wohlbefinden,


Resilienz und Copingstrategien – Vergleich
zwischen den Gruppen

Um die Entwicklung der Hauptvariablen über die drei Messzeitpunkte für die
Gruppen zu messen und dann zu vergleichen, wurde erneut eine ANOVA mit Mess-
wiederholung durchgeführt. Die Variable der Gruppierung als Interventions- oder
Kontrollgruppe war dabei der Zwischensubjektfaktor. Die Ergebnisse zeigen, dass
es keinen signifikanten Interaktionseffekt von Zeit und Gruppe für Stresserleben
(F (2,96) = 1.031, p = .361, ηp2 = .021) und Resilienz (F (2,96) = 1.767, p = .176,
ηp2 = .036) gab. Hingegen zeigt sich für die Variable Wohlbefinden ein signi-
fikanter Haupteffekt für den Faktor Zeit (F (2,96) = 3.602, p = .031, ηp2 = .070). Ein
Bonferroni-korrigierter post-hoc Test zeigte eine signifikante Veränderung des Wohl-
befindens für beide Gruppen zwischen T1 und T2 (p = .018). Die Mittelwerte sanken
bei beiden Gruppen zwischen diesen Messzeitpunkten. Ein signifikanter Interaktions-
effekt von Zeit und Gruppe konnte jedoch nicht gefunden werden (F (2,96) = .507,
p = .604, ηp2 = .010). Alle relevanten Werte für die Analyse der Variablen Stress-
erleben, Wohlbefinden und Resilienz finden sich in Tab. 2 und 3. Die grafische Dar-
stellung der Entwicklung von T1 bis T3 ist Abb. 4, 5 und 6 zu entnehmen.
Darüber hinaus gab es keinen signifikanten Interaktionseffekt von Zeit und
Gruppe bei den folgenden Copingstrategien: Ablenkung (F (2,96) = .970, p = .383,
ηp2 = .020), Aktives Bewältigen (F (2,96) = .309, p = .735, ηp2 = .006), Leugnen
(F (2,96) = .141, p = .868, ηp2 = .003), Verhaltensrückzug (F (2,96) = 1.106,
p = .335, ηp2 = .023), positives Umdenken (F (2,96) = .646, p = .526, ηp2 = .013),

Tab. 2 Entwicklung der Variablen Stresserleben, Wohlbefinden und Resilienz der Inter-
ventionsgruppe
Interventionsgruppe (n = 25)
T1 T2 T3
Variable M SD Msum SDsum M SD Msum SDsum M SD Msum SDsum
Stresserleben 1.41 .58 14.12 5.83 1.30 .57 13.04 5.66 1.41 .69 14.12 6.91
Wohlbefinden 3.02 .90 15.12 4.49 2.67 .69 13.36 3.46 2.62 .91 13.08 4.56
Resilienz 2.76 .37 69.12 9.19 2.89 .42 72.20 10.38 2.82 .46 70.44 11.40
Stressmanagement und Resilienzförderung … 359

Tab. 3 Entwicklung der Variablen Stresserleben, Wohlbefinden und Resilienz der


Kontrollgruppe
Kontrollgruppe (n = 25)
T1 T2 T3
Variable M SD Msum SDsum M SD Msum SDsum M SD Msum SDsum
Stresserleben 1.47 .75 14.68 7.55 1.58 .66 15.84 6.64 1.48 .76 14.76 7.64
Wohlbefinden 2.86 .87 14.28 4.35 2.53 .90 12.64 4.51 2.70 1.01 13.48 5.02
Resilienz 2.71 .41 67.72 10.29 2.67 .55 66.64 13.67 2.75 .39 68.80 9.79

Abb. 4 Entwicklung von Stressempfinden

Abb. 5 Entwicklung von Wohlbefinden


360 N. Peters und B. Fürstenau

Abb. 6 Entwicklung von Resilienz

Substanzkonsum (F (1.78, 85.58) = .039, p = .949, ηp2 = .001)4, emotionale Unter-


stützung (F (2,96) = .106, p = .900, ηp2 = .002), instrumentelle Unterstützung
(F (1.86, 89.31) = .723, p = .479, ηp2 = .015)5, „Dampf ablassen“ (F (2,96) = .069,
p = .933, ηp2 = .001), Planen (F (2,96) = .909, p = .406, ηp2 = .019), Humor
(F (2,96) = 1.322, p = .271, ηp2 = .027), Akzeptanz (F (2,96) = .284, p = .753,
ηp2 = .006), Religion/Meditation (F (1.80, 86.47) = 1.700, p = .191, ηp2 = .034)6
und Selbstvorwürfe (F (2,96) = .187, p = .830, ηp2 = .004). Die Entwicklung der
adaptiven Copingstrategien zwischen Interventions- und Kontrollgruppe kann in
Abb. 7 eingesehen werden.
Um abschließend den Einfluss von Stresserleben auf das Wohlbefinden, von
Resilienz auf das Stressempfinden sowie von adaptiven Copingstrategien auf
Stresserleben und Wohlbefinden zu testen, wurde jeweils eine lineare Regression
berechnet. Die Ergebnisse für den Pretest zeigen, dass Stress einen signifikanten
Einfluss auf das Wohlbefinden hat (F (1,48) = 28.101, p = .001). Dabei gilt: Je
höher das Stressempfinden, desto niedriger das Wohlbefinden, wobei 37 % der
Streuung des Wohlbefindens durch das Stressempfinden erklärt werden. Dies ent-
spricht nach Cohen (1992) einem starken Effekt (f = .76). Die Regressionsanalysen

4 Da eine Verletzung der Voraussetzung der Sphärizität vorlag, wurde eine Huynh–Feldt
Korrektur der Freiheitsgrade vorgenommen.
5 Da eine Verletzung der Voraussetzung der Sphärizität vorlag, wurde eine Huynh–Feldt

Korrektur der Freiheitsgrade vorgenommen.


6 Da eine Verletzung der Voraussetzung der Sphärizität vorlag, wurde eine Huynh–Feldt

Korrektur der Freiheitsgrade vorgenommen.


4

1
Stressmanagement und Resilienzförderung …

0
Aktive Positives Emotionale Instrumentelle Planen Humor Akzeptanz Religion/
Bewältigung Umdenken Unterstützung Unterstützung Meditation

Interventionsgruppe T1 Interventionsgruppe T2 Interventionsgruppe T3


Kontrollgruppe T1 Kontrollgruppe T2 Kontrollgruppe T3

Abb. 7 Entwicklung der adaptiven Copingstrategien von Interventions- und Kontrollgruppe


361
362 N. Peters und B. Fürstenau

für den Posttest (T2) und das Follow-Up (T3) weisen ähnliche Ergebnisse auf und
bestätigen den signifikanten Einfluss von Stressempfinden auf das Wohlbefinden.
Die lineare Regression der Variablen Resilienz und Stresserleben zeigt für den
Pretest, dass Resilienz einen signifikanten Einfluss auf das Stressempfinden
hat (F (1,48) = 32.435, p = .001). Hier konnte Resilienz 40 % der Streuung des
Stressempfindens erklären. Je höher der Resilienzwert, desto niedriger das Stress-
empfinden. Nach Cohen (1992) entspricht dies einem starken Effekt (f = .82).
Weitere Regressionsanalysen mit den Werten für die Messzeitpunkte T2 und T3
zeigten ähnliche Ergebnisse und bestätigten auch hier den signifikanten Einfluss
von Resilienz auf das Stressempfinden.
Die weiteren Ergebnisse zur Berechnung des Einflusses adaptiver Copingstrategien
auf das Stressempfinden und das Wohlbefinden zeigen einen signifikanten Einfluss
der Strategie „positives Umdenken“ auf Stresserleben (F (1,48) = 7.529, p = .009) und
Wohlbefinden (F (1,48) = 9.812, p = .003) für den Posttest. Weitere Regressionsana-
lysen für die jeweiligen Werte zu T3 bestätigten dies und ergaben ähnliche Ergebnisse.
Im Pretest (T1) wurden die Werte jedoch nicht signifikant.

4 Diskussion und Implikationen

Ziel der vorliegenden Studie war es, Studenten in der aktuellen Krisenzeit mit
einer digitalen Intervention zu unterstützen, um ihr Stressempfinden zu senken
sowie ihr Wohlbefinden und ihre Resilienz zu steigern. Ebenso sollten adaptive
Copingstrategien gestärkt werden. Aufgrund der hohen Prävalenz psychischer
Erkrankungen bei Studenten (z. B. Auerbach et al. 2016; Bailer et al. 2008),
welche in Zeiten der Coronapandemie besonders zum Tragen kommen kann,
sollte mit dieser Intervention auch ein Beitrag geleistet werden, potenziellen
psychischen Erkrankungen von Studenten präventiv entgegenzuwirken. Hier-
durch sollen (zukünftige) Arbeitnehmer und Führungskräfte unterstützt und besser
auf die VUCA-Arbeitswelt vorbereitet werden. Die Studie erforschte dabei den
Ansatz, eine bereits bekannte und validierte Stressmanagement-Intervention aus
dem Unternehmens- und klinischen Kontext (z. B. Buhmann et al. 2018; Kaluza
2000) im Universitätskontext anzuwenden und an die Zielgruppe der Studenten
zu adaptieren. Die Intervention wurde zudem in ein Seminar aus dem Wahlpflicht-
bereich implementiert. Dieses Vorgehen wurde, nach Kenntnis der Autoren, erst
einmal zuvor durchgeführt und dies von derselben Studienleitung (Peters 2021).
Mit der Digitalisierung der Intervention während der Coronapandemie ist nun eine
neue Herangehensweise und Durchführung erprobt und analysiert worden.
Die Ergebnisse zeigten zunächst, dass Alter, Geschlecht, Studiengang und eine
berufliche Nebentätigkeit keinen Einfluss auf die Entwicklung der Hauptvariablen
Stressmanagement und Resilienzförderung … 363

(Stresserleben, Wohlbefinden & Resilienz) aller Teilnehmer hatten. Lediglich ein


Haupteffekt der Zeit konnte aufgedeckt werden für die Variable „berufliche Neben-
tätigkeit“. Von T1 zu T2 sank bei beiden Gruppen (mit/ohne berufliche Nebentätig-
keit) das Wohlbefinden. Es stieg aber bei der Gruppe mit beruflicher Nebentätigkeit
zu T3 wieder an, während es bei der Gruppe ohne eine Tätigkeit weiter sank. Im
Vergleich dazu ging das Stressempfinden der Studenten mit Nebentätigkeit von
T1 zu T2 zurück und blieb anschließend konstant. Da eine vorherige Studie mit der
gleichen Intervention aufzeigen konnte, dass das Stressempfinden von Studenten
mit Nebentätigkeit von T1 zu T3 abnahm (Peters 2021), könnte man davon aus-
gehen, dass Studenten mit einer Tätigkeit möglicherweise stärker von der Intervention
profitieren. Obwohl diese Studenten in der vorliegenden Studie eventuell zunächst
einer Doppelbelastung von Studium und Berufstätigkeit gegenüberstanden (erhöhtes
Stressempfinden zwischen T1 und T2), schien sich dies mittelfristig eher positiv aus-
zuwirken. Die berufliche Nebentätigkeit hat zudem gerade in der Pandemie, neben
der Funktion finanzieller Absicherung und dem Erwerb von Berufserfahrung, mög-
licherweise weitere Vorteile: Studenten haben weiterhin persönlichen Kontakt zu
Kollegen und Vorgesetzten (soziale Unterstützung) und können ihr neues Wissen
sowie ihre neu erworbenen Verhaltensweisen besser üben. Im Gegensatz dazu
erleben Studenten ohne diese Tätigkeit gegebenenfalls mehr soziale Isolation und
haben weniger Anwendungsmöglichkeiten für ihre, durch das Training gewonnenen,
Erkenntnisse. Somit bietet das Berufsleben mehr Optionen zum Anwenden und Üben
dieser und ermöglicht zudem einen Einblick in das Leben nach dem Studium. Damit
wird die Relevanz der Intervention für den Einzelnen gegebenenfalls noch verstärkt.
Der Vergleich von Interventions- und Kontrollgruppe in Bezug auf potenzielle
Veränderungen über die drei Messzeitpunkte zeigte keinen signifikanten Inter-
aktionseffekt von Zeit und Gruppe. Im Verlauf der Studie konnte jedoch die CD-
Risc-Skala einen leichten Anstieg der Resilienzmittelwerte verzeichnen und die
PSS10-Skala einen leichten Abfall der Stressmittelwerte (T1–T2), auch wenn es
keine signifikanten Entwicklungen gab. Zwischen T2 und T3 entwickelten sich
jedoch die Mittelwerte der Variablen für beide Gruppen zurück auf das Aus-
gangsniveau. Hierfür kommen verschiedene Gründe und Einflussfaktoren in
Betracht. Zunächst kann das digitale Format diese Entwicklung beeinflusst haben.
Dies ist in dem Fall vorstellbar, da Studenten, bedingt durch längere Corona-
Lockdowns, eventuell bereits unter den Einschränkungen ihrer sozialen Kontakte
litten und dieser Effekt durch die Intervention nicht aufgebrochen werden
konnte. Dieser Faktor kann besonders zum Tragen gekommen sein, da auch alle
anderen Interaktionen (universitär, beruflich und privat) vermehrt digital statt-
fanden. Dass nachweislich besonders viele Menschen in Deutschland während
der Coronapandemie unter dem Fehlen sozialer Kontakte litten, hat bereits die
Techniker Krankenkasse bestätigen können (2021). Dies wurde zudem in Ver-
364 N. Peters und B. Fürstenau

bindung gebracht mit einer Zunahme an Depressionen, Einsamkeit und Angst-


störungen (z. B. Marroquín et al. 2020). Studenten hatten dabei bereits vor der
Pandemie ein erhöhtes Risiko, an einer psychischen Störung zu erkranken (z. B.
Auerbach et al. 2016). Mehrere Studien deuten nun daraufhin, dass die mentale
Gesundheit von Studenten durch die Folgen der Coronapandemie besonders
betroffen ist (z. B. Chen und Lucock 2022; Kohls et al. 2021; Son et al. 2020).
Beispielsweise hat sich die Häufigkeit von Depressionen, Alkoholmissbrauch und
Essstörungen verstärkt (Kim et al. 2022). Somit erscheint das digitale Format,
insbesondere im Zusammenhang mit dem schwerwiegenden Faktor des Auf-
tretens der Pandemie, Einfluss auf die Wirksamkeit der Intervention zu haben.
Weiterhin konnte von anderen Forschern bereits festgestellt werden, dass resilienz-
fördernde Interventionen im digitalen Format weniger effektiv sein können als jene in
Präsenzformaten (Vanhove et al. 2016). Gleichzeitig bieten jedoch digitale, gesundheits-
förderliche Interventionen viele Vorteile: Zunächst sind Interventionen in diesem Format
leichter zugänglich und bieten geringere Hemmschwellen für potenzielle Teilnehmer.
Dies erscheint bei der vorliegenden Zielgruppe durch die Tatsache der sehr geringen
Teilnahme an vorhandenen Angeboten (Abb. 3) besonders bedeutsam zu sein. Weitere
Vorteile des digitalen Formats zeigen sich in der räumlichen und zeitlichen Flexibilität,
der Schonung von Ressourcen und einer damit verbundenen Kosteneffizienz sowie dem
Einhalten von Kontaktbeschränkungen während der Pandemie. Darüber hinaus sind
Studenten und (zukünftige) junge Arbeitnehmer und Führungskräfte häufig sehr ver-
traut mit der digitalen Welt und fühlen sich eventuell sogar stärker von diesem Format
angesprochen. In Anbetracht der potenziell geringeren Wirksamkeit eines digitalen
Formats könnte sich jedoch auch ein blended learning Format der Intervention anbieten,
sobald ein regulärer Universitätsbetrieb in Präsenz wieder dauerhaft möglich ist.
Weiterführend gab es in der vorliegenden Studie den Einflussfaktor „Prüfungs-
zeit“. Diese beginnt zum Ende des Semesters (T2) und erstreckt sich meist bis
über den dritten Messzeitpunkt (T3) hinaus. Wenngleich die Prüfungszeit eine
gute Möglichkeit darstellt, das neue Wissen und die neuen Verhaltensweisen
zum Stressmanagement anzuwenden, kann die Anzahl und Art der Aufgaben und
Herausforderungen von den Teilnehmern als nicht zu bewältigen oder bedrohend
bewertet worden sein (Lazarus und Folkman 1984). Dies gilt besonders bei bereits
bestehenden, negativen Erfahrungen, wie Blackouts oder Prüfungsangst. Die
Reflexion dieser primären und sekundären Bewertung nach dem transaktionalen
Stressmodell wird in der Intervention aufgegriffen und Bewertungen werden
kritisch hinterfragt. Jedoch muss ein neues Verhaltensmuster – und in dem Fall
eine Denkweise – in verschiedenen Situationen und auch entkoppelt von Prüfungs-
inhalten geübt und aufrechterhalten werden. Gelingt dies nicht, ist es für das
menschliche Gehirn einfacher, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen (Bouton
2000). Gleichzeitig muss eine gewisse Änderungsmotivation bei den Teilnehmern
Stressmanagement und Resilienzförderung … 365

vorherrschen bzw. der „Leidensdruck“ groß genug sein, um die Bereitschaft für
eine (langfristige) Veränderung bezüglich des Stressmanagements aufzubringen
(Kaluza 2015). Da die Resilienz der Teilnehmer bereits vor der Intervention in
einem höheren Bereich lag und das Stressempfinden eher in einem mittleren bis
leicht erhöhten Bereich, könnte der notwendige Leidensdruck gefehlt haben, um
die entsprechende Motivation bzw. den Änderungswillen langfristig aufzubringen.
Ferner könnten weitere potenzielle Einflussfaktoren, die nicht gemessen
wurden, zur Erklärung der Ergebnisse herangezogen werden. Dazu zählen bei-
spielsweise die Persönlichkeit der Studienteilnehmer, die nachweislich in
Zusammenhang steht mit stressmindernden Faktoren, wie z. B. sozialer Unter-
stützung und spezifischen Copingstrategien (Matthews et al. 2017). In einer
Studie während der Coronapandemie konnte bereits gezeigt werden, dass
Neurotizismus der stärkste Prädiktor für eine weniger adaptive, psychologische
Funktionsfähigkeit war, sowohl als direkter Prädiktor als auch als indirekter über
einen geringeren Resilienzwert (Kocjan et al. 2021). Vor diesem Hintergrund
scheint es besonders relevant zu sein, in Zukunft die Persönlichkeitsstruktur der
Studienteilnehmer miteinzubeziehen. Dies gilt gerade auch im Hinblick darauf,
dass Studenten potenzielle zukünftige Führungskräfte sind und die bisherige
Forschung einen positiven Zusammenhang zwischen den Persönlichkeitsfaktoren
Gewissenhaftigkeit und Führungserfolg auf der einen und Extraversion und
Führungserfolg auf der anderen Seite aufzeigen konnte (Judge et al. 2002).
Ein weiterer Einflussfaktor auf die Teilnehmer könnten aber auch private Ver-
pflichtungen (z. B. Kinder oder pflegedürftige Angehörige) sein. Gerade durch den
Ausfall von Schulunterricht oder Betreuung in Kindergärten wurden Betroffene
einer besonderen Mehrfachbelastung ausgesetzt. Dies sollte in zukünftigen Studien
abgefragt werden, um starke Einflussfaktoren kontrollieren und analysieren zu können.

5 Limitationen

Die vorliegende Studie sollte auch unter dem Gesichtspunkt einiger Limitationen
betrachtet werden. Zunächst gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Teil-
nehmer, da diese nicht per Zufall ausgewählt wurden, sondern sich aus eigenem
Interesse für das Masterseminar und damit das Training anmeldeten. Gleichzeitig
war auch die Kontrollgruppe nicht randomisiert, sondern die Teilnehmer suchten
sich entsprechende Kontrollgruppenpartner, die ihnen aus demografischer Sicht
ähnlich waren (Alter, Geschlecht, Studiengang). Es kann nicht ausgeschlossen
werden, dass Teilnehmer und Kontrollgruppenpartner sich über die Inhalte des
Seminars bzw. des Trainings austauschten. Zudem besteht die Stichprobe aus
zwei Kohorten, deren Bedingungen nicht exakt gleich waren (ein Winter- und
366 N. Peters und B. Fürstenau

ein Sommersemester). Innerhalb der Interventions- und der Kontrollgruppe war


darüber hinaus eine ungleiche Geschlechterverteilung von 70 % weiblichen Teil-
nehmern, wodurch die Stichprobe nicht optimal repräsentativ ist und potenzielle
Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Bezug auf die Entwicklung
eventuell nicht aufgedeckt wurden. Es wurde ebenso nicht getestet, ob Teil-
nehmer bereits unter einer psychischen Erkrankung litten und/oder zum Zeitpunkt
der Studie in psychotherapeutischer Behandlung waren. Dies kann einen Ein-
fluss auf die Ergebnisse haben. Insgesamt sollte auch festgehalten werden, dass
die Interventionsstudie eher einer Feldstudie gleicht, die damit viele potenzielle
externe Einflussfaktoren mit sich bringt, die nicht kontrolliert werden konnten.
Betrachtet man die eingesetzten Messinstrumente, sollte zudem hinzugefügt
werden, dass Selbsteinschätzungsverfahren immer eine gewisse Subjektivität
des Befragten miteinfließen lassen, sodass die Skalen nicht vollständig objektiv
angesehen werden können. Weiterhin ergibt sich eine Problematik hinsicht-
lich des Erhebungsinstruments zur Resilienz. Dadurch, dass es in der Forschung
bereits Uneinigkeit über das Resilienzkonzept gibt und sich bisher kein goldener
Standard bezüglich der Resilienzmessung etabliert hat, kann die CD-Risc-Skala
vermutlich nicht optimal die Ausprägung einer prozesshaften und situations-
bezogenen Variable messen. Hier bedarf es weiterer Forschung.

6 Zusammenfassung und Ausblick

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Studie trotz ausbleibender, signifikanter
Gruppenunterschiede und signifikanter Interaktionseffekte, die Relevanz der
Gesundheitsprävention und damit der digitalen Intervention im Universitäts-
kontext aufzeigen konnte. Gleichzeitig bringt eine solche Implementierung aber
auch einige Herausforderungen mit sich. Die Intervention wurde ursprünglich für
berufstätige Personen entwickelt und erfolgreich angewandt (z. B. Kaluza 2000).
Anschließend erfolgte eine Adaptierung an den Universitätskontext, wobei sich
bereits wirksame Ergebnisse zeigten (Peters 2021). Bei der neuartigen Anpassung
der Digitalisierung des Trainings, welche während der Coronapandemie vor-
genommen wurde, ließen sich verschiedene Einflussfaktoren und Rahmen-
bedingungen ermitteln, welche die Wirksamkeit der Intervention beeinflusst
haben könnten. Das digitale Format, in Kombination mit sozialer Isolation und
anderen Stressoren während der Coronapandemie, erscheint hier besonders
bedeutsam. Aufgrund der zahlreichen Vorteile des Formats und bereits wirksamer
Interventionen hierzu vor der Pandemiesituation (Heber et al. 2017), kann die
digitale Intervention jedoch als geeignete Grundlage für die Ausgestaltung von
Stressmanagement und Resilienzförderung … 367

gesundheitsförderlichen Maßnahmen für Studenten und damit auch (zukünftige)


Arbeitnehmer und Führungskräfte gesehen werden.
Des Weiteren konnte aufgezeigt und bestätigt werden, dass die Höhe der
Resilienz einen Einfluss auf die Höhe des Stressempfindens hatte sowie das
Stressempfinden auf das Wohlbefinden. Eine Intervention wie die vorliegende,
die die Resilienz stärkt und das Stressmanagement fördert, erscheint daher im
Universitäts-, aber auch im Arbeitskontext besonders wichtig, da sie auf alle
drei Variablen positiven Einfluss nehmen kann. Dies gilt vor allem vor dem
Hintergrund, da die aktuelle Forschung digitaler, gesundheitsbezogener Inter-
vention sich häufig auf negative Variablen oder Indikatoren (mentaler) Gesund-
heit fokussiert. Ebenso zeigte sich in der Studie ein signifikanter Einfluss der
adaptiven Copingstrategie „positives Umdenken“ auf das Stresserleben und
das Wohlbefinden. Dies wird in der Intervention – als Teil des mentalen Stress-
managements – explizit erlernt und gefördert und ist auch in vielen resilienz-
fördernden Interventionen ein wichtiger Bestandteil (z. B. Foster et al. 2018
„Promoting Adult Resilience Program“). Zudem basiert die implementierte
Version auf Achtsamkeits- und kognitiv-behavioralen Ansätzen, welche bisherige
Studien als am wirksamsten betrachten (z. B. Joyce et al. 2018). Somit ergeben
sich auf Basis der vorliegenden Studie wertvolle Hinweise für die zukünftige
Ausgestaltung, die Rahmenbedingungen und die Umsetzung einer solchen Inter-
vention. Nicht zuletzt ergibt sich ebenso das Potenzial, die digitale Intervention
erneut an den Arbeitskontext zu adaptieren. Sowohl in Anbetracht der genannten
Vorteile als auch in Bezug zur Bedeutsamkeit von vorhandener Resilienz und
konstruktivem Stressmanagement in einer VUCA-Arbeitswelt erscheint dies
empfehlenswert. Eine direkte Förderung von Führungskräften lässt sich an dieser
Stelle besonders hervorheben, da diverse Studien bestätigen, dass ein resilienz-
förderlicher Führungsstil zum Wohlbefinden der Mitarbeiter beitragen kann (z. B.
Arnold et al. 2007; Pinck und Sonnentag 2018).
Auf Basis der vorliegenden Studie ergeben sich auch einige Forschungs-
potenziale für kommende Studien. Zunächst sollte die digitale Intervention wieder-
holt werden, um die Stichprobe zu vergrößern und sie repräsentativer zu machen.
Hierzu würde eine Erweiterung der Stichprobe um Studenten anderer Studien-
richtungen zählen. Zudem sollten weitere Einflussfaktoren berücksichtigt und
gemessen werden, wie beispielsweise die Persönlichkeit und das Vorhanden-
sein persönlicher, privater Verpflichtungen. Ebenso könnte die unausgewogene
Geschlechterverteilung qualitativ näher untersucht werden, um Gründe und Unter-
schiede zwischen den Geschlechtern für die Teilnahme zu analysieren. Insgesamt
erscheint es sinnvoll, die subjektive Einschätzung der Teilnehmer zu gewissen
Aspekten der Intervention heranzuziehen. Hier wäre es beispielsweise denkbar,
368 N. Peters und B. Fürstenau

die Einschätzung zur – in diesem Fall – negativen Veränderung des Wohlbefindens,


welche bei beiden Gruppen beobachtet wurde, miteinzubeziehen. Darüber hinaus
könnte auch eine Einschätzung zu den Einflussfaktoren „Coronapandemie“,
„Prüfungszeit“ oder dem digitalen Format der Intervention herangezogen werden.
Gerade in Bezug auf das digitale Format der Intervention wäre es ebenso
von großer Bedeutung, die Wirksamkeit von digitalen, gesundheitsförderlichen
Trainings näher zu untersuchen. Wie bereits erwähnt, wurde über eine weniger
effektive Wirkung von resilienzfördernden, digitalen Interventionen im Ver-
gleich zu Interventionen im Präsenzformat berichtet (Vanhove et al. 2016).
Gleichzeitig konnten andere Forschungsergebnisse jedoch auch Erfolge bei der
Stressreduzierung aufzeigen, wie z. B. die Ergebnisse zu web- und computer-
basierten Interventionen von Heber et al. (2017). Ebenso sei an dieser Stelle die
Empfehlung hervorgehoben, zukünftig weiterhin positive Indikatoren (Resilienz,
Wohlbefinden) bei digitalen Interventionsstudien zu messen. Hier bedarf es also
weiterer Forschung. Da sich die hier implementierte Intervention bereits im
Präsenzformat im Universitätskontext als effektiv erwiesen hat (Peters 2021),
wäre ein direkter Vergleich dieser mit der digitalen Version innerhalb einer Studie
denkbar. Aufgrund der vielen Vorteile, welche eine digitale Version der Inter-
vention mit sich bringt und in Kombination mit den hier vorliegenden Ergeb-
nissen, sollte zukünftige Forschung sich jedoch nicht nur mit deren Wirksamkeit
beschäftigen, sondern auch mit den entsprechenden Rahmenbedingungen und
Einflussfaktoren, die diese begünstigen oder behindern könnten.
Vor diesem Hintergrund scheint es zudem notwendig, auch bei der vor-
liegenden Intervention in Zukunft gewisse Rahmenbedingungen anzupassen und
diese dann vergleichend zu untersuchen. Einerseits könnte man die Reflexion
über das Gelernte zu T3 anregen, um den Teilnehmern ihr neues Wissen und/
oder veränderte Verhaltensweisen erneut bewusst zu machen, die sie aufgrund der
Prüfungszeit zwischen T2 und T3 oder auch der fehlenden Wiederholung in der
Gruppe in dieser Zeit weniger (bewusst) wahrnehmen könnten. Wie Lutz et al.
(2013) aufzeigen konnten, kann ein Reflexionselement in einer Intervention dabei
helfen, Stress präventiv entgegenzuwirken und das Stressempfinden zu mindern.
Dieses bestätigen Contreras et al. (2020) und fassen dabei u. a. zusammen, dass
Reflexionselemente Stresserleben vermindern und ebenso Ängstlichkeit und
Besorgnis abbauen können. Ebenso wäre denkbar, die Nachhaltigkeit des Trainings
stärker zu fördern, indem kurze Wiederholungselemente und der weitere Austausch
unter den Teilnehmern langfristig geplant und durchgeführt werden. Dadurch
könnten neues Wissen und potenzielle Verhaltensänderungen länger behalten und
etabliert werden (z. B. Andergassen et al. 2014). Darüber hinaus wäre es denk-
bar, Wiederholungselemente in tendenziell stressinduzierenden Zeiten, wie der
Stressmanagement und Resilienzförderung … 369

Prüfungszeit, häufiger anzubieten, um Betroffene weiterhin in der Ausübung


neuer Verhaltensmuster und Denkweisen zu unterstützen und das Unterstützungs-
potenzial der Interventionsgruppe auch in dieser Zeit auszuschöpfen.
Ein darüber hinaus bedenkenswerter Aspekt ist der zum Teil geringe Bekannt-
heitsgrad bereits vorhandener Maßnahmen unter den Studenten – über 50 % der
Studienteilnehmer kannten zum Zeitpunkt des Pretests (T1) die gesundheits-
förderlichen Angebote nicht, weder außer- noch inneruniversitär. Es scheint daher
bedeutsam zu sein, dass dies v. a. von Seiten der Universität stärker beworben und
bekannt gemacht werden muss. Gleichzeitig sollten jedoch bei allen aufgeführten
Umsetzungspotenzialen die damit verbundenen, universitären und personalen
Ressourcen beachtet werden. Empfehlenswert wäre demnach ein ganzheitlicher
Ansatz, um die mentale Gesundheit Studierender präventiv zu unterstützen. Nicht
zuletzt sollte aus methodischer Sicht auch ein Standard zum Resilienzkonzept
und dessen Messung vorangebracht werden, sodass Studien stärker vergleichbar
sind und so die Messung von Resilienz noch valider wird.

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Zugegriffen: 15.07.2022.

Natalie Peters, research associate, lecturer and PhD student, TU Dresden, Faculty of
Business and Economics, Chair of Business Education and Management Training headed
by Prof. Dr. Bärbel Fürstenau. Research expertise: university students’ and employees’
mental health and coping; (digital and f2f) interventions to foster and maintain resilience,
well-being and healthy stress management. Teaching expertise: organizational psychology-
related and human resource development subjects, such as leadership and communication,
workplace/organizational learning, stress management and workplace health promotion.

Bärbel Fürstenau, Prof. Dr., TU Dresden, Faculty of Business and Economics, Chair
of Business Education and Management Training. Research expertise: development
and evaluation of complex learning environments; empathic interaction, resilience and
reflection of professionals; informal learning; multimedia learning; financial literacy;
concept maps and concept mapping, measuring complex knowledge. Teaching expertise:
various fields of business education and vocational education and training (e.g. foundations
and specifics of learning and instruction); human resource development (e.g. workplace
learning); research methods
Organisationale Resilienz in Zeiten der
COVID-19-Pandemie – eine empirische
Fallstudienanalyse in einem deutschen
Hightech-Unternehmen

Gerda-Marie Adenau und Ianina Scheuch

Zusammenfassung

Die COVID-19-Pandemie hat massive Auswirkungen auf unsere globalisierten


Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme. Insbesondere im Jahr 2020 ist für die
Unternehmen die Frage nach der organisationalen Widerstandsfähigkeit und
danach, wie sich diese stärken lässt, in den Fokus strategischer Überlegungen
gerückt. Bisher bleibt jedoch weitgehend unklar, was genau unter dem Begriff
„organisationale Resilienz“ zu verstehen ist, wie sich diese abbilden lässt, und wie
sie gesteigert werden kann. Um diese Lücke zu schließen, wird in diesem Bei-
trag die Bedeutung der organisationalen Resilienz und die Praktiken des Krisen-
umgangs in einem deutschen Hightech-Unternehmen analysiert. Hierzu wurden
narrative Interviews mit Mitgliedern einer Krisenorganisation durchgeführt, um
Einstellungen, Verhaltensmuster, Zusammenhänge von Ereignissen zu erfassen
und zu analysieren. Dieser Beitrag diskutiert Definitionen und konzeptionelle
Grundlagen der organisationalen Resilienz, stellt die Untersuchungsergebnisse vor
und zieht Rückschlüsse für die Unternehmenskommunikation.

G.-M. Adenau (*)


Siemens AG, München, Deutschland
E-Mail: gerda-marie.adenau@siemens.com
I. Scheuch
Professur für Wirtschaftspädagogik, TU Dresden, Dresden, Deutschland
E-Mail: ianina.scheuch@tu-dresden.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 375


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_17
376 G.-M. Adenau und I. Scheuch

Schlüsselwörter
Krise · Organisationale Resilienz · Narrative Interviews · Empirische Fallstudie

1 Organisationale Resilienz

1.1 Resilienzbegriff

Der Begriff Resilienz hat seine Wurzeln in den naturwissenschaftlichen


Disziplinen der Physik und der Ökologieforschung (s. Holling 1973) und findet
heute auch in diversen Teildisziplinen der Geistes- und Sozialwissenschaften
Anwendung (vgl. Endreß und Maurer 2015: 7 f.). In der Psychologie wird die
Resilienz seit Mitte der 1980er-Jahre verstärkt betrachtet (vgl. Werner und Smith
1989). Dort fasst man Resilienz als Fähigkeit eines Menschen auf, in schwierigen
Lebenssituationen psychisch gesund zu bleiben (vgl. Ritz 2015: 3–5; Bengel
und Lyssenko 2012: 11). Gesellschaftstheoretische und philosophische Dis-
kurse thematisieren vor dem Hintergrund beschleunigter ökologischer und öko-
nomischer Umbrüche verstärkt soziale und ethische Aspekte und stellen eine
Verbindung zu grundlegenden Fragen sozialer Gerechtigkeit her (vgl. Vogt
und Schneider 2016: 180–183). Wirtschafts- und Organisationswissenschaften
erforschen unter der Überschrift organisationale Resilienz seit dem Beginn des
21. Jahrhunderts, wie Unternehmen angesichts der Vielzahl disruptiver und tief-
greifender gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technologischer Veränderungen
nicht nur überleben, sondern auch gedeihen können (vgl. Weick 1989: 516–519;
Sutcliffe und Vogus 2007: 3420 f.; Hollnagel 2006: 9–17; Hoffmann 2017:
75–86).
Im Organisationskontext ist der Resilienzbegriff maßgeblich von
interdisziplinären Entwicklungen geprägt. Ursprünglich wurde organisationale
Resilienz als reine Widerstandsfähigkeit vergleichbar mit den physikalischen
Materialeigenschaften verstanden. Es ging also darum, sich nach widrigen
Umständen von Störungen rasch zu erholen und in den Ausgangszustand zurück-
zukehren. Vogt und Schneider sprechen von einer konservativen Definition und
stellen dieser eine progressive Betrachtungsweise gegenüber. Diese erweitert die
Definition um die Aspekte der Lern- und Anpassungsfähigkeit, verbunden mit der
Fähigkeit, sogar gestärkt aus Störungen hervorzugehen (vgl. Vogt und Schneider
2016: 187 f.). Diese Betrachtungsweise findet sich in der aktuellen Literatur und
hat sich auch im Rahmen internationaler Standards zur organisationalen Resilienz
als richtungsweisend für die Unternehmenspraxis etabiliert:
Organisationale Resilienz in Zeiten der COVID-19-Pandemie … 377

[Organizational resilience is defined as] an organization’s ability to anticipate


potential threats, to cope effectively with adverse events, and to adapt to changing
conditions. (Duchek 2020: 220)

Organizational resilience is the ability of an organization to absorb and adapt in


a changing environment to enable it to deliver its objectives and to survive and
prosper. More resilient organizations can anticipate and respond to threats and
opportunities, arising from sudden or gradual changes in their internal and external
context. (ISO 22316 2017: 1)

Demnach bezieht sich organisationale Resilienz auf die Fähigkeit, potenzielle


Risiken zu antizipieren, auf unerwartete Situationen erfolgreich zu reagieren und
sich widrigen Bedingungen derart anzupassen, um in turbulenten und komplexen
Umwelten ein wirtschaftliches Bestehen zu sichern oder sogar gestärkt daraus
hervorzugehen (vgl. Duchek et al. 2021: 128 f.). Diese umfassende Definition
beinhaltet sowohl konservative als auch progressive Aspekte. Zudem nimmt sie
sowohl die Beziehungen innerhalb einer Organisation in den Blick als auch die
Beziehungen der Organisation zu ihrer Umwelt.

1.2 Konzeptionen organisationaler Resilienz

Konzeptionen organisationaler Resilienz versuchen, etwas über das Wesen


organisationaler Resilienz auszusagen. Wie aus den Definitionen zu erkennen
ist, wird organisationale Resilienz überwiegend als Fähigkeit eines Unter-
nehmens aufgefasst, als Potenzial, mehr oder weniger zu etwas in der Lage
zu sein. Demnach beschreibt organisationale Resilienz etwas, das ein Unter-
nehmen kann: unerwartete Ereignisse vorhersehen, eine Krise bewältigen und
sich anpassen. Ressourcenorientierte Konzeptionen verstehen organisationale
Resilienz als etwas, das ein Unternehmen hat, zum Beispiel Zeit, Finanzmittel,
Personal (Anzahl, Wissen, Erfahrung) oder Technologien (vgl. Duchek 2020:
220). Es geht um das Vorhalten von Reserven und Spielräumen. Das Reduzieren
von Ressourcen zur Effizienzoptimierung kann zu einer Schwächung der
Resilienz des Unternehmens führen (vgl. Strambach und Klement 2016: 271).
Der prozessorientierte Ansatz versteht organisationale Resilienz als Handeln und
fokussiert sich auf Handlungsfelder. Demnach drückt sich Resilienz darin aus,
was ein Unternehmen wie tut. Dabei geht es um Interaktionsprinzipien, aber ins-
besondere auch um organisationale Lern-, Entwicklungs- und Adaptionsprozesse
(vgl. Hoffmann 2017: 93). Die ergebnisorientierte Perspektive betrachtet, was
eine Organisation erreicht (vgl. Sutcliffe und Vogus 2003: 96), beispielsweise in
378 G.-M. Adenau und I. Scheuch

Bezug auf Mitarbeitende (Gesundheitsschutz) und Kund:innen (Lieferfähigkeit),


aber auch in Hinblick auf die Gesellschaft (Impfstoffentwicklung, Versorgung mit
Masken, Beratung der Regierungen).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass keine der aufgeführten Konzeptionen
alleinige Geltung beanspruchen kann. Sie müssen vielmehr als unterschiedliche,
aber komplementäre Perspektiven auf denselben Gegenstand betrachtet werden.
Organisationale Resilienz ist als eine dynamische und kaum durchschaubare Ver-
flechtung von Eigenschaften, Kompetenzen, Prozessen, Handlungen und Effekten
zu verstehen.

1.3 Messung organisationaler Resilienz

In der aktuellen Diskussion zur organisationalen Resilienz wird auch über die
möglichen Messmethoden und -kriterien gesprochen. Diese Messinstrumente
organisationaler Resilienz versuchen, a) diejenigen Eigenschaften, Ressourcen
und Handlungen eines Unternehmens zu identifizieren, die dessen Resilienz am
stärksten prägen, und b) ihre Ausprägungen zu erfassen und als Indikatoren sicht-
bar zu machen (vgl. Ritz 2015: 12–15).
Eines der bekanntesten Instrumente ist das Resilience Analysis Grid von
Hollnagel (2011: 7–13). Als Kategorien werden dort die Basiskomponenten
respond, anticipate, monitor und learn aufgeführt, die um die spezifischen
Fähigkeiten des zu analysierenden Systems (ein Unternehmen oder eine
Abteilung) erweitert werden. In Einzel- oder Gruppensettings diskutieren Mit-
arbeitende diese Fähigkeiten und hinterlegen sie mit einem Wert. Gängige andere
Instrumente sind der Resilience Check von Seidenschwarz und Pedell (2011:
157), das Benchmark Resilience Tool 53 von Whitman et al. (2014: 7–9), der
Resilienz-Kompass von Flüter-Hoffmann (2019: 18–23) und der Resilienz-Check
von Gebauer und Günther (2020: 21–23).
Der Organizational Resilience Index des BSI (British Standards Institution)
versucht, die Ausprägungen von organisationaler Resilienz in verschiedenen
Unternehmen zu vergleichen. Hierzu fragt er leitende Führungskräfte nach ihren
Einschätzungen zu folgenden Aspekten:

[…] how well do they perceive their business to be performing in key factors […]
and the impact they believe these factors have on long-term success. (BSI 2014; vgl.
auch Weick und Sutcliffe 2016: 31–35)
Organisationale Resilienz in Zeiten der COVID-19-Pandemie … 379

Whitman et al. (2013: 4–9) versuchen ebenfalls, durch Fragebögen einen Unter-
nehmensvergleich zu ermöglichen. Ihr Konzept betont drei Komponenten:
Führung und Kultur, Wandelbereitschaft und Netzwerke.
Es stellt sich die Frage, ob organisationale Resilienz überhaupt etwas objektiv
Erfassbares ist. Aus den bisherigen Ausführungen lassen sich drei Bedingungen
für die Zuschreibung von organisationaler Resilienz postulieren: a) Es muss
eine signifikante Störung im Normalverlauf der Organisation vorliegen. b) Die
Handlungsfähigkeit der Organisation muss während der Störung aufrechterhalten
bleiben. c) Es muss eine Bewältigung der Störung erfolgen.
Da Resilienz prinzipiell eine Kompetenz oder ein Potenzial ausdrückt, müsste
sie sich auch ohne Vorliegen einer Störung einer Organisation zuschreiben
lassen. Legt man jedoch die oben genannten Voraussetzungen an, lässt sich
organisationale Resilienz ausschließlich empirisch feststellen.
Eine weitere Frage im Zusammenhang mit der Messung organisationaler
Resilienz ist die nach der Objektivität. Messinstrumente erzeugen als Ergebnis
Diagramme und Grafiken, die auf den ersten Blick den Eindruck von Objektivität
erwecken. Die Erhebungen beruhen jedoch größtenteils auf Selbsteinschätzungen
der Befragten.
Das hier vorzustellende Forschungsprojekt setzt genau dort an. Es interessiert
sich für die den Selbsteinschätzungen zugrunde liegenden subjektiven
Erfahrungen der Menschen. Diese nimmt sie als empirisches Material für die
Erforschung organisationaler Resilienz.

2 Organisationen als narrative Systeme

2.1 Das Konzept der Geschichten erzählenden


Organisation

Organisationen sind zu verstehen als Sonderform sozialer Systeme, die ein


koordiniertes, zielgerichtetes Verhalten ermöglicht und Aktivitäten sinnhaft
zueinander in Beziehung setzt. Dies erfolgt vor allem in narrativen Strukturen.
Das Verständnis von einer Organisation als narrativem System weist dem
Erzählen von Geschichten eine grundlegende Orientierungs-, Organisations- und
Kommunikationsfunktion für den Menschen zu. Der Begriff homo narrans ver-
weist auf den Menschen als ein sich im Erzählen begreifendes, denkendes und
handelndes Wesen (vgl. Fisher 1984: 1–20). Lange vor der Erfindung der Schrift
nutzten Menschen Erzählungen, um einander ihre Identitäten und Erfahrungen
mitzuteilen und um diesen Erfahrungen Sinn zu verleihen. Die Fähigkeit,
380 G.-M. Adenau und I. Scheuch

Geschichten zu entwickeln und zu erzählen, ermöglicht es den Menschen, sich


in Gesellschaften zu organisieren. Organisationsforscher:innen beschäftigen sich
seit den 1980er-Jahren verstärkt mit der Bedeutung von Narrationen für die Ent-
wicklung von Organisationen (s. Boje 1994).

Das Konzept der Geschichten erzählenden Organisation legt also vor allem den
Fokus auf die Konstruktion von Sinn und den dynamischen Prozess, durch den
Erfahrungen verständlich gemacht werden. Die Strukturen, welche Ordnung in
Organisationen schaffen, befinden sich dabei in einem kontinuierlichen Spannungs-
feld zwischen Stabilität und Wandel, um sich ständig wechselnden Umwelt- und
Rahmenbedingungen anzupassen und diese in sinnvolle Handlungsabläufe und
Deutungsschemas zu übersetzen. (Chlopczyk 2017a, b: 28)

Organisationen lassen sich also als narrative Systeme verstehen, weil ihre Identi-
täten, Strukturen und Abläufe durch Geschichten bestimmt sind: Geschichten,
die sich die Mitglieder einer Organisation über sich und andere erzählen;
Geschichten, die sie sich über ihre Organisation erzählen; Geschichten, die die
Organisation über ihre offiziellen Kommunikationsorgane nach innen und nach
außen erzählt; Geschichten, die die Außenwelt über die Organisation erzählt (vgl.
Erlach und Müller 2020: 40 f.).

2.2 Narrative Identitätskonstruktion und


Sinngenerierung

Durch Geschichten erklären sich die Mitglieder einer Organisation die Ereignisse
und mitunter disparaten Erfahrungen im organisationalen Alltag und bringen sie
in sinnvolle zeitliche und inhaltliche Zusammenhänge. Narrative Strukturen sind
demnach die Voraussetzung, um Sinnhaftigkeit und Werte einer Organisation (er-)
leben zu können.

Lässt man die Mitarbeitenden von ihren Erfahrungen erzählen, treten diese
Geschichten und in ihnen die Annahmen und Glaubenssätze der Organisation
zutage. (Erlach und Müller 2020: 39)

Geschichten formen in den Köpfen der Mitglieder ein Bild der Organisation, das
als Wirklichkeit der Organisation wahrgenommen wird.
Organisationale Resilienz in Zeiten der COVID-19-Pandemie … 381

Alle Werte, Grundannahmen und Denkmuster in einer Organisation kristallisieren


sich in narrativen Strukturen heraus, also in Geschichten in den Köpfen der Mit-
glieder der Organisation: Geschichten darüber, wie entstanden ist, was heute so oder
so ist, und wie es sich vermutlich weiterentwickeln wird. (ebd.: 39)

Gleichzeitig haben die Erzählungen auch eine konstituierende Wirkung. Identität,


Sinnstiftung und Handlungen drücken sich nicht nur in Geschichten aus, sondern
entstehen erst durch Geschichten (vgl. Bruner 1986: 24).
Der Begriff der narrativen Identität wurde in den 1980er-Jahren von Paul
Ricoeur geprägt (vgl. Ricœur 1987). Dieser unterscheidet zwischen zwei
Aspekten der Identität: Idem entspricht der Identität im Sinne des Ich-bin, das
heißt im Sinne der Gewissheit über das eigene Sein (synchrone Perspektive);
wogegen sich ipse auf die Persistenz des eigenen Selbst über die Zeit bezieht und
so den temporalen Aspekt der Identität einer Person (diachrone Sicht) beinhaltet
(vgl. Ricœur 1987: 57 f.). Die erzählende Person erfährt sich selbst und stellt
ihr Selbst dar, indem sie ihr Gewordensein in Form einer Narration strukturiert.
Dieser Vorgang findet auch auf der kollektiven Ebene statt:

By organizing historical events into a narrative unity, communities and individuals


can offer testimony of who they are and how they wish to mark their existence in the
world. (Venema 2000: 93)

Ricoeurs Konzept der narrativen Identität ermöglicht über die Narration den
Brückenschlag von vielen individuellen zu einem kollektiven Bewusstsein einer
Organisation. Gleichzeitig erschließt es die Erfahrungen der Menschen als
Ansatzpunkt zur Suche nach der Essenz organisationaler Resilienz.
COVID-19 ist ein Ereignis, das Menschen und Unternehmen unversehens
widerfahren ist, als ein Phänomen, das bisherige Erfahrungen überstieg. Der
Schlüssel zur Bewältigung eines solchen Ereignisses besteht darin, das Erlebte
in einen Sinn- und Erfahrungshorizont zu integrieren und dadurch handlungs-
fähig zu werden. Es stellt sich also die Frage, wie Menschen in Organisationen
aus individuellen Wahrnehmungen einen gemeinsamen Sinn konstruieren und
wie diese Sinnkonstruktion in Handlungen Ausdruck findet. Da dieser Prozess,
wie oben aufgezeigt wurde, über Narrationen zugänglich gemacht werden kann,
wurde für das vorgestellte Forschungsprojekt die Methode der narrativen Inter-
views gewählt.
382 G.-M. Adenau und I. Scheuch

3 Das Forschungsprojekt: Einblicke


und Erkenntnisse aus der narrativen
Fallstudienanalyse in einem deutschen Hightech-
Unternehmen

3.1 Hintergrund des Forschungsprojekts

Die COVID-19-Pandemie wird häufig als Brennglas oder Lackmustest für


organisationale Resilienz bezeichnet. Sie zeigt sehr deutlich, wie es um die
Fähigkeit der Unternehmen bestellt ist, eine solche Bedrohung vorherzusehen
und sich darauf vorzubereiten, die Herausforderungen der Krise zu meistern und
womöglich noch gestärkt daraus hervorzugehen. Sowohl für die Wissenschaft
als auch für die Unternehmenspraxis hat sich mit den Geschehnissen während
der Pandemie ein erkenntnisversprechendes Forschungs- und Lernfeld im Hin-
blick auf organisationale Resilienz aufgetan. Das Forschungsprojekt befragt
Krisenmanager:innen in einem deutschen Hightech-Unternehmen nach ihren
Herausforderungen und Bewältigungsstrategien. Krisen sind für ein Unternehmen
einzigartige, seltene oder unvorhergesehene Vorfälle, die dessen strategische
Ziele, Reputation oder sogar Existenz gefährden (vgl. Bundesamt für Sicher-
heit in der Informationstechnik 2017). Eine Krise wird in einem Unternehmen
offiziell von der Geschäftsleitung ausgerufen und hat die Einberufung eines
Krisenstabteams und die Aktivierung der Rolle Krisenmanager:in zur Folge.
Dem Projekt liegt die Annahme zugrunde, dass sich aus den Erfahrungen
der Menschen etwas über das Wesen der organisationalen Resilienz lernen lässt.
Von dieser Grundannahme abgesehen verzichtet es daher auf eine hypothesen-
geleitete Datenerhebung und orientiert sich zunächst an empirischen Phänomenen
aus alltagsweltlichen Zusammenhängen, ohne sich vorab auf ein bestimmtes
Deutungsmodell festzulegen. Hierzu wurden narrative Interviews mit Mitgliedern
einer Krisenorganisation durchgeführt, um Einstellungen, Verhaltensmuster und
Zusammenhänge von Ereignissen zu erfassen und zu analysieren.

3.2 Datenerhebung und Auswertung

Die Datenerhebung fand im Mai und Juni 2020 durch virtuelle narrative Inter-
views statt. Befragt wurden 13 Mitarbeitende der Fachfunktion EHS (Environ-
mental Protection, Health Management, Safety). Die EHS-Expert:innen wurden
Organisationale Resilienz in Zeiten der COVID-19-Pandemie … 383

in der COVID-19-Krise weltweit zu Schlüsselakteur:innen, weil sie für die


Schutz- und Gesundheitskonzepte für die Mitarbeitenden und das Krisen-
management verantwortlich sind.
Die Auswertung der Daten erfolgte nach der in den 1960er-Jahren von Barney
Glaser und Anselm Strauss (1967: 1–6) entwickelten Grounded Theory. Dabei
geht es nicht lediglich um die bloße Rekonstruktion und Paraphrase subjektiver
Sichtweisen. Vielmehr sollen jene Strukturen, Strategien und Mechanismen
herausgearbeitet werden, die den subjektiven Wahrnehmungen der Beforschten
zugrunde gelegen haben. Damit soll eine breite Basis zur Entwicklung von
empirisch geerdeten handlungstheoretischen Konzeptionen geschaffen werden.
Die Interviews wurden transkribiert und von Juli 2020 bis Oktober 2021 zirkulär
ausgewertet. Die Transkripte wurden durch die Vergabe von Codes und Kate-
gorien strukturiert (offene Kodierung), anschließend wurde das Datenmaterial zu
Bedeutungskategorien verdichtet (axiale Kodierung).
Das Ziel der Auswertungen bestand darin, gelebte Handlungsmuster zu identi-
fizieren, Gemeinsamkeiten und Kontraste zwischen den Befragten herauszu-
arbeiten sowie geteilte Wissensbestände und Deutungsmuster aufzunehmen und
mit den Konzeptionen organisationaler Resilienz abzugleichen. Die Hauptfrage-
stellung an das Datenmaterial lautete: Was lässt sich aus den Erfahrungen von
Krisenmanager:innen in einem Unternehmen während der COVID-19-Pandemie
für die Konzeptionen organisationaler Resilienz lernen? Im Detail wurde gefragt:
a) Welche Aspekte organisationaler Resilienz für die EHS-Organisation werden
explizit oder implizit verwandt? b) Welche Bedeutungen schreiben die Befragten
ihren Erfahrungen zu?
Zusätzlich wurden in einem Evaluierungsworkshop Mitte Februar 2021 die
Analyseergebnisse und erste Interpretationsansätze mit dem Leiter der Task-
Force, vier befragten Mitgliedern des Kernteams und dem EHS-Management-
Team (Nichtbefragte) besprochen. Die Ziele des Workshops lagen darin, die
Perspektiven der Befragten in ihrer jeweiligen Situiertheit zu verorten und die
angebotenen Interpretationsansätze gemeinsam zu validieren, um dadurch zu
Lernergebnissen zu gelangen.1Der Evaluierungsworkshop dauerte drei Stunden
und war in drei Teile strukturiert: Aufbruch, Bewältigung, Aussicht auf die
Zukunft.

1 S.
Glaser und Strauss (1967: 1–6.): Drittes Gütekriterium: Die Befragten geben Rück-
meldung zur Evaluation der Ergebnisse (Kommunikative Validierung).
384 G.-M. Adenau und I. Scheuch

4 Forschungsergebnisse

4.1 Identität der EHS-Organisation:


Selbstwahrnehmung

Als zentrales Motiv erschien in den Erzählungen das Thema Identität, und zwar
im zweifachen Sinne: Zum einen referierten die Befragten auf sich in ihrer Rolle
als Krisenmanager:innen, zum anderen als Mitglieder der Funktion EHS. Die
Befragten zeigten ein hohes Maß an Identifikation mit der EHS-Organisation.
Sie beschrieben die Mitglieder dieser Organisation (und damit sich selbst) als
Menschen mit starker intrinsischer Leistungsbereitschaft, hoher Leistungsfähig-
keit und ausgeprägter individueller Resilienz. Zudem wurde die Bereitschaft
betont, Verantwortung und Führung zu übernehmen, insbesondere in Situationen,
in denen die formale Verantwortung nicht eindeutig geklärt war. Als Selbst-
beschreibung wurden Adjektive genannt wie bescheiden, tatkräftig, pragmatisch
und empathisch.2
Alle Befragten äußerten sich positiv und emotional bewegt über die Sinn-
haftigkeit und Bedeutsamkeit ihrer Arbeit in der EHS-Task-Force. Deutlich
erkennbar waren die tiefe Befriedigung und der Stolz darüber, für das physische
und psychische Wohlergehen der Menschen im Unternehmen zu sorgen. Als fach-
liche Gründe für ihre Leistungsfähigkeit wurden Erfahrungen in anderen Krisen-
situationen wie im Zusammenhang mit SARS oder Fukushima genannt sowie
ihre umfangreiche Ausbildung.
Mehr als die Hälfte der Befragten äußerte Stolz darüber, dass die EHS-
Organisation mit ihren Leistungen im Unternehmen wahrgenommen und wert-
geschätzt wird: Dies stehe im starken Kontrast zum normalen Arbeitsleben, in
dem sie häufiger den geschäftlichen Nutzen ihrer Tätigkeit rechtfertigen müssten.
Ein häufig repliziertes Ereignis war ein Konflikt zu Beginn der Krise
zwischen der EHS-Leitung und dem Geschäftsmanagement. Dieser Konflikt
drehte sich um unterschiedliche Auffassungen über den Ernst der Lage und über
die Angemessenheit von Maßnahmen. Die Konfliktformel Geschäftskontinui-
tät oder Sicherheit der Mitarbeitenden habe sich jedoch aufgrund intensiver
Kommunikation rasch zur Erfolgsformel Geschäftskontinuität durch Sicherheit
der Mitarbeitenden geändert.

2 Kursiv gesetzte Begriffe sind Auszüge aus den Interviews.


Organisationale Resilienz in Zeiten der COVID-19-Pandemie … 385

Das Verhältnis zur übergeordneten Organisation, dem Konzern, empfanden


die Teilnehmenden als zwiespältig. Einerseits äußerten sie Wertschätzung für
die gestiegene Wahrnehmung von EHS als Krisenlöser, den Applaus und das
Schulterklopfen.
Andererseits wiesen sie darauf hin, dass ihre Leistungen als zu selbstver-
ständlich hingenommen und die intrinsische Motivation und Hilfsbereitschaft
der EHS-Mitarbeitenden ausgenutzt worden seien. Es wurde die Gefahr der aus-
gebrannten Helden heraufbeschworen, vor allem im Hinblick darauf, dass die
Krise noch nicht vorbei sei. Im Hinblick auf die Zukunft stellten sich mehrere
Interviewte die Frage, welche Rolle EHS zukünftig im Konzern spielen werde.
Die Diskussionen der Teilnehmenden zeigten sehr deutlich, dass sich die
Identität einer Organisation zwischen Stabilität und Anpassung bewegt. Und
sie belegen damit auch den in Abschn. 1 postulierten Spektrum-Charakter
organisationaler Resilienz.

4.2 Führungshandeln

An allgemeinen Vorstellungen über ein angemessenes Führungsverhalten wurden


häufig Wörter verwandt wie souverän, Fachkenntnis, konstruktives Einbinden,
kooperativ, klare Ansagen, starke persönliche Ethik.
Der Leiter der EHS-Task-Force erzählte aus der Anfangszeit der Krise, in der
ein offizielles Krisenteam noch nicht einberufen worden war. Dabei betonte er die
Notwendigkeit, auch ohne formales Mandat in Akutsituationen Verantwortung zu
übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Die Rolle des vorläufigen Krisen-
managers habe er aufgrund seiner Position, seiner Führungserfahrung und nicht
zuletzt seiner medizinischen Expertise als Arzt einnehmen können. Dies habe
mitunter zu Konflikten mit dem Geschäftsmanagement geführt, er würde jedoch,
so sein Resümee, wieder so handeln.
In der direkten Führung seines Teams habe er zunächst einen direktiven
Führungsstil gewählt, diesen aber nach wenigen Wochen durch einen
kollaborativen, partizipativen Ansatz ersetzt. Dies bewerteten die Mitglieder des
Teams als positiv. Häufig verwandte Wörter und Ausdrücke waren dialogisch,
spontan, auf Augenhöhe. Zu diesem Führungsstil gehöre ihrer Meinung nach
auch, dass die Teammitglieder Verantwortung und Führung übernehmen –
etwas, was alle getan hätten. Zwei der Befragten berichteten davon, dass sie
von Seiten des Leiters der Task-Force Druck aufgrund der Erwartungshaltung
einer dauernden Verfügbarkeit verspürten und reflektierten über ihre persönliche
386 G.-M. Adenau und I. Scheuch

Selbstfürsorge und notwendige Abgrenzungen. Zwei weitere Befragte wünschten


sich eine stärkere Delegation von Aufgaben.

4.3 Zusammenarbeit im EHS-Krisenteam, mit der


globalen EHS-Community und mit anderen
Unternehmensbereichen

Die Befragten wiesen auf die Bedeutung organisationaler Rahmenwerke für Not-
fallsituationen hin. Aufgrund der Charakteristik der Krise (global, umfangreich,
langandauernd) hätten die offiziellen Regelwerke aber bei Weitem nicht aus-
gereicht, die Krise zu bewältigen. Hierzu bedürfe es ihrer Meinung nach einer
neuen Art der Zusammenarbeit.
Zum Zeitpunkt der Interviews arbeitete mehr als die Hälfte der Befragten
bereits länger als fünf Jahre in der EHS-Organisation. Positive Erfahrungen in der
früheren Zusammenarbeit und ein gewachsenes Vertrauen waren ihrer Meinung
nach einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren bei der Krisenbewältigung.
Zum Gelingen der Zusammenarbeit innerhalb der EHS-Organisation trug laut
den Befragten auch der eingangs angeführte Aspekt der intrinsischen Motivation
bei. Dieser Punkt wurde in allen Gesprächen erwähnt.
Die Silos sind eingebrochen. Die Metapher der Silos wurde in den Inter-
views häufig im Kontext der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen ver-
wandt. Sie deutet darauf hin, dass Geschäftsbereiche und Abteilungen mit wenig
Außenkontakt streng für sich allein arbeiten. In der Krise sei eine andere Art
der Zusammenarbeit nötig, die die Befragten mit Adjektiven wie pragmatisch,
kooperativ oder agil bezeichneten. Das Wort der Kulturveränderung fiel mehr-
fach.
Durch dieses neue Arbeiten mit schnellen kollektiven Lernschleifen sei rasch
eine hohe Lernkurve im Krisenmanagement erreicht worden.
Aber es zeigten sich auch Interessenskonflikte und Friktionen im Beziehungs-
geflecht.

4.4 Responsivität als Wesensmerkmal organisationaler


Resilienz

Nach der Analyse wurden alle Ergebnisse, aber auch das Datenmaterial, unter der
Fragestellung betrachtet: Gibt es etwas, das tiefer geht als die identifizierten Kate-
gorien Identität, Führung und Zusammenarbeit? Etwas, das alle drei Elemente
Organisationale Resilienz in Zeiten der COVID-19-Pandemie … 387

miteinander verbindet? In Erscheinung getreten ist ein komplexes Beziehungs-


geflecht, in dem die Beteiligten den Herausforderungen der COVID-19-Krise
antwortend begegnen. Die Qualität des antwortenden Handelns ist vor allem eine
Beziehungsqualität.
An dieser Erkenntnis ist auf den ersten Blick nichts Spektakuläres. Der
Begriff response bezeichnet in der Resilienzforschung einen elementaren Akt im
Umgang mit Veränderungen, er findet dementsprechend auch in der Definition
der ISO 22316 Anwendung. Hollnagel (2006: 12) versteht unter dem Antwort-
potenzial (potential to respond) die Aktivierung von vorbereiteten Handlungen,
die eine resiliente Performance ermöglichen. Mallak (1998: 10) als Vertreter
des handlungsorientierten Verständnisses von organisationaler Resilienz sieht
in einem aktiven Antwortverhalten der Organisation den sichtbaren Ausdruck
organisationaler Resilienz. Das, was aus dem Forschungsprojekt als Antwortver-
halten zu erkennen war, reicht jedoch weit über ein solches Verständnis hinaus
und lässt sich mit dem Begriff der Responsivität beschreiben.
Responsivität (engl.: to respond = ‚antworten, ansprechen, entgegnen‘)
im philosophischen und soziologischen Sinne ist weit mehr als das Erteilen
einer Antwort, sondern verweist darauf, dass Personen und Organisationen in
ihrem Handeln immer mit Erwartungen anderer konfrontiert sind. Responsivität
bedeutet mehr als eine rekursive Form von Reflex – oder: Sie setzt ihre eigene
Betroffenheit ins Verhältnis zum Anspruch dessen, was sie trifft, und dazu, wer
den Anspruch stellt. Responsivität bedeutet, die Schwelle fremder Ansprüche zu
überschreiten (vgl. Waldenfels 2007: 281).
Antwortendes Handeln ist zu verstehen als Antwort auf eine Heraus-
forderung, im Kontext von COVID-19 auf eine existenzielle Herausforderung.
Die Antworten darauf sind ebenfalls existenzieller Natur – und erschöpfen sich
nicht in der Aktivierung von vorbereiteten Handlungen. Für den Philosophen
Bernhard Waldenfels bedeutet Responsivität einen „Grundbezug, der unser
gesamtes Verhalten zur Welt, zu uns selbst und zu Anderen prägt“ (Waldenfels
2010: 71). Zuvor wurde die COVID-19-Pandemie als Ereignis vorgestellt, das
den Menschen und Unternehmen unversehens zustößt. Das Ereignis macht die
Menschen und Unternehmen zunächst zum Objekt. Erst in der Integration des
Erlebten in einen Sinn- und Erfahrungshorizont und im Antworten werden sie
wieder Subjekt.

Ereignisse, die uns bewegen und inzwischen den gesamten Globus erfassen, äußern
sich in Widerfahrnissen, die unserer Eigeninitiative vorauslaufen und auf die wir
wohl oder übel zu antworten haben. […] Trifft es jemanden oder stößt es jemandem
zu, so sind diese zwar daran beteiligt, aber nicht im Nominativ eines Sprechers oder
388 G.-M. Adenau und I. Scheuch

Täters, sondern im Dativ oder Akkusativ eines Patienten im ursprünglichen Sinne


dieses Wortes. […] Die erste Person meldet sich erst, wenn ich als Respondent auf
das antworte, was mir zustößt, zufällt, auffällt, einfällt oder mich befällt wie die zu
erduldende Krankheit. (Waldenfels 2020: 1 f.)

Kein von COVID-19 betroffenes Unternehmen kann sich dieser Widerfahrnis


entziehen – und auch nicht den daraus entstehenden Erwartungen der Menschen
und Organisationen, mit denen es in Beziehung steht. Das Unternehmen muss
Antwort geben oder zumindest die Entscheidung treffen, ob es antworten will
oder nicht: „Selbst die Flucht aus der Situation, die der Auseinandersetzung aus-
weicht, antwortet in ihrer Weise auf die Situation.“ (Waldenfels 1994: 75)
Zu unterscheiden sind „reproduktive, repetitive“ und „produktive, kreative“
Antworten (Waldenfels 1994: 76). Letztere sind insbesondere in krisenhaften
Situationen gefragt, die den üblichen Rahmen eines Zusammenspiels von Frage
und Antwort sprengen.
Die COVID-19-Pandemie stellte Unternehmen vor die Herausforderung,
für die physische und psychische Sicherheit ihrer Mitarbeitenden zu sorgen
und dabei die Geschäftskontinuität zu bewahren. Zudem stellte sich zumindest
für einen weltweit agierenden Großkonzern die Frage nach gesellschaftlichen
Erwartungen, zum Beispiel Versorgung mit medizinischen Gütern, aber auch die
Mitwirkung in politischen Krisengremien.
Die Interviews zeigten, dass sich die EHS-Krisenmanager:innen als
Akteur:innen des Unternehmens sahen – damit wurden die Anforderungen an
das Unternehmen zu Anforderungen an sie selbst. Die Befragten zeigten sich von
den Menschen unmittelbar und als Mensch angesprochen – jenseits von Funktion
und Hierarchie. Neben dem physischen Schutz ging es auch auf der persönlichen
Ebene sehr stark darum, mentale Unterstützung zu geben. Zusätzlich sahen die
EHS-Krisenmanager:innen, dass das Unternehmen an sie Erwartungen im Hin-
blick auf die Geschäftskontinuität stellte.
Unterhalb dieser großen Themen Schutz der Mitarbeitenden und Geschäfts-
kontinuität zeigte sich ein komplexes Beziehungsgeflecht mit wechselseitigen
Anforderungen und Antworten.

5 Implikationen der Studie für die


Unternehmenskommunikation

Aus den Ergebnissen lassen sich folgende Rückschlüsse ziehen: Eine


Organisation scheint dann gut in der Lage zu sein, mit unvorhergesehenen Krisen
konstruktiv umzugehen, wenn die Mitglieder eine hohe Übereinstimmung von
Organisationale Resilienz in Zeiten der COVID-19-Pandemie … 389

persönlicher und organisationaler Identität erkennen, wenn gemeinsame Sinn-


stiftung möglich ist und wenn genügend Raum bleibt, gemeinsame Antworten
auf die Anforderungen der verschiedenen Interessensvertreter zu entwickeln.
Organisationale Resilienz ist der Welt nicht immer schon als objektiv erklär-
und definierbares Objekt gegeben. Wirklichkeit erschließt sich stets als Prozess
in reflektiver Situiertheit und Bezogenheit. Das Forschungsprojekt hat gezeigt,
dass sich durch die Erzählungen der Betroffenen ein Zugang zu den persönlichen
Wahrnehmungen der Menschen öffnet und sich Zusammenhänge sichtbar und
diskutierbar machen lassen.
Narratives Arbeiten kann in mehrfacher Hinsicht die Resilienz eines
Unternehmens fördern: Durch Erzählungen lässt sich implizites Wissen in
Organisationen sichtbar machen. Die Interviewergebnisse dieses Projekts fanden
in der EHS-Abteilung unterschiedliche Verwendung: Sie dienten als Diskussions-
material themenspezifischer COVID-19-Workshops und wurden bei der Über-
arbeitung des Notfallregelwerks berücksichtigt. Darüber hinaus konnten die in
Erscheinung getretenen Verhaltens- und Bewältigungsstrategien mit theoretischen
Konzepten organisationaler Resilienz abgeglichen werden und fanden so Eingang
in die übergeordnete EHS-Strategie.
Im Laufe des Projekts hat sich gezeigt, dass es den Menschen guttut, einen
Raum zu haben, in dem sie von ihren Erfahrungen erzählen können. Selbst-
erzählungen regen zur Selbstreflexion an, das Teilen von Erzählungen in
einer Gruppe fördert die Resonanzfähigkeit auf einer emotionalen Ebene.
Im gemeinsamen Besprechen der Erzählungen liegt ein großes Potenzial für
gemeinsames Verstehen, Lernen, und Sinngenerierung. Weiterhin wurde deutlich,
dass durch das Zuhören und das Austauschen von Geschichten soziale Fähig-
keiten wie Verständnis und Perspektivenwechsel gefördert werden. Dies alles hat
direkten Einfluss auf die Resilienz eines Unternehmens. Denn organisationale
Resilienz benötigt Resonanzräume und Resonanzräume sind Erzählräume.
Veränderungen brauchen neue Erzählungen: Die Auflösung vordefinierter
Prozesse und Strukturen zieht auch die Sinnkonstruktion durch Hierarchien und
feste Teilziele in Mitleidenschaft. Es müssen andere Geschichten über Führung
und Zusammenarbeit erzählt werden, über Kontrolle und Vertrauen, über Selbst-
verantwortung und das Füreinander-Dasein. Und es braucht Raum, um sich
erzählend der Werte und Prinzipien zu versichern, sich darüber zu verständigen,
wer und was man als Organisation ist – und vor allem, in Zukunft sein soll, kann
und will. Die Unternehmenskommunikation kann dazu einen wichtigen Beitrag
leisten: indem sie diese Erzähl- und Resonanzräume schafft und professionell
moderiert.
390 G.-M. Adenau und I. Scheuch

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Gerda-Marie Adenau, M.A. Kommunikationsmanagerinfür Environmental Protection,


Health Management and Safety, Siemens AG. gerda-marie.adenau@siemens.com

Ianina Scheuch, M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin, Professur für Wirtschafts-


pädagogik/Professur für Erwachsenenbildung, Technische Universität Dresden. ianina.
scheuch@tu-dresden.de.
Selbstbezüglichkeit vs.
Beziehungsgestaltung
in Restaurantbewertungen. Ein
Vergleich Deutschland – China

Jianqin Jiang

Zusammenfassung

Die vorliegenden Ausführungen verstehen sich als ein textsortenlinguistisch


ausgerichteter Beitrag im Rahmen der kontrastiven Textologie. Da die
kulturelle Prägung als konstitutives Merkmal von Textsorten anzusehen ist,
wird im Folgenden der Frage nachgegangen, inwieweit sich kulturbedingte
Unterschiede auf die Vertextung von Online-Restaurantbewertungen in der
deutschen und chinesischen Sprache auswirken. Es kann gezeigt werden, wie
groß die jeweilige Bereitschaft deutscher vs. chinesischer Verbraucher ist,
im Internet Persönliches und Soziales zum Ausdruck zu bringen, und welche
kulturspezifischen Unterschiede es in der Funktionalität der Restaurant-
bewertungen in beiden Sprachen gibt.

Schlüsselwörter

Online-Restaurantbewertung · Selbstbezüglichkeit · Beziehungsgestaltung ·


Textsortenlinguistik · Kulturvergleich

J. Jiang (*)
School of Foreign Languages, Tongji University, Shanghai, China
E-Mail: jianqinjiang@163.com

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 393


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
C. M. Schmidt et al. (Hrsg.), Soziale Themen in Unternehmens-
und Wirtschaftskommunikation, Europäische Kulturen in der
Wirtschaftskommunikation 35, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40705-6_18
394 J. Jiang

1 Einleitung

Während das Internet in seiner Anfangszeit ein relativ statisches Informations-


medium war, dessen Inhalte einseitig von Betreibern einzelner Seiten gestaltet
wurden, hat mittlerweile eine Öffnung hin zum Social Web/Web 2.0 statt-
gefunden, an dem alle aktiv an den Kommunikationsprozessen teilnehmen und
sie mitgestalten (Marx und Weidacher 2020: 85 ff.; O’Reilly 2005; Siever und
Schlobinski 2012). In der Zeit des „Web 2.0“ bleibt man nicht mehr Leser oder
Rezipient von Internetinhalten, sondern jeder hat die Möglichkeit, Informationen
im Internet zur Verfügung zu stellen (ebd.). Ob auf einem Einkaufsportal wie
Amazon oder auf Bewertungsplattformen wie TripAdvisor – die Nutzer können
hier nicht nur Produkte und Dienstleistungen bewerten und (gegebenenfalls)
empfehlen, sie können auch frei über persönliche Erfahrungen berichten und
dabei Wertvorstellungen ausdrücken wie soziale Beziehungen gestalten. Online-
Bewertungen sind zunehmend zu einer wichtigen Informationsquelle geworden,
die die Kaufentscheidungen der Verbraucher beeinflusst (Sparks et al. 2013). Xie
et al. (2014) haben z. B. festgestellt, dass 53 % der Reisenden eine Hotelbuchung
erst dann vornehmen würden, nachdem sie Online-Bewertungen über das Hotel
geprüft haben, und 77 % gaben an, dass sie normalerweise oder immer auf
Online-Bewertungen zurückgreifen, bevor sie ein Hotel auswählen. Angesichts
des signifikanten Einflusses vom User-generated Content kann man von einer Ära
des „electronic Word-of-Mouth“ sprechen, was „any positive or negative state-
ment made by potential, actual, or former customers about a product or company,
which is available to multitude of people and institutions via the Internet“
bedeutet (Hennig-Thurau et al. 2004: 39). Aufgrund des persönlichen Charakters
der Inhalte und der Unabhängigkeit von kommerziellen Absichten, wird dem
electronic Word-of-Mouth im Vergleich mit marketinginitiierten Aussagen eine
hohe Glaubwürdigkeit unterstellt (Stauss und Seidel 2007; Lis und Korchmar
2012).
Vor diesem Hintergrund möchte ich Online-Restaurantbewertungen zum
Gegenstand meiner Analyse machen. Die vorliegende Studie geht auf meine Dis-
sertation1 zurück, in der deutsche und chinesische Online-Restaurantbewertungen
textlinguistisch und handlungstheoretisch untersucht sowie kulturkontrastiv mit-
einander verglichen werden. Im vorliegenden Beitrag werden einige Ergebnisse
aus der Dissertation aufgegriffen und dargestellt. Dabei wird entsprechend dem

1 Das ist eine Dissertationsarbeit an der Tongji-Universität in China, die voraussichtlich im


Jahr 2023 abgeschlossen sein wird.
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung … 395

thematischen Fokus des Sammelbandes das Hauptaugenmerk darauf gerichtet,


wie groß die jeweilige Bereitschaft deutscher vs. chinesischer Verbraucher ist,
im Internet Persönliches zum Ausdruck zu bringen und wie anhand der Textsorte
Restaurantbewertung soziale Beziehungen gestaltet werden.

2 Zur kulturkontrastiven Textsortenforschung

Schon Hartmann (1980) hat festgestellt, dass „all interlinguistic contrasts are
manifest in texts“, daher scheint die Analyse von Paralleltexten in unterschied-
lichen Sprachen ein geeignetes Mittel zu sein, die interkulturellen Unterschiede
aufzudecken.
Unter Paralleltexten sind Texte in unterschiedlichen Sprachen zu ver-
stehen, die der gleichen Textsorte angehören. Dabei können Textsorten als
„historisch und kulturell spezifische, gesellschaftlich verfestigte und formalisierte
Lösungen kommunikativer Probleme betrachtet [werden, deren] Funktion in
der Bewältigung, Vermittlung und Tradierung [menschlicher] Erfahrungen der
Lebenswelt besteht“ (Günthner 2001: 16). Die Kulturgeprägtheit von Textsorten
bedeutet, dass scheinbar gleiche Textsorten unterschiedliche Realisierungsformen
aufweisen können (Zhao 2011). Dabei steht die textuelle Spezifik einer Text-
sorte stets im Zusammenhang mit der zugrunde liegenden mentalen Kultur sowie
der sozialen Umgebung der jeweiligen Kulturgemeinschaft. Die Besonderheiten
der Realisierungsweise einer Textsorte wurzeln tief in der einschlägigen Kultur
und sind vom sozialen Leben beeinflusst. Daher sind sie durch die jeweiligen
geistigen Ressourcen erklärbar und sollten auch so erklärt werden, nicht nur um
die textuellen Besonderheiten besser zu verstehen, sondern auch um ein vertieftes
Verständnis für die kulturellen Zusammenhänge zu bekommen.
Die meisten interlingualen Analysen, die an empirischem Datenmaterial
durchgeführt werden, orientieren sich an Ansätzen zur Beschreibung und Klassi-
fikation von Textsorten (vgl. Adamzik 2001: 22). Das Hauptaugenmerk gilt
dann dem kontrastierenden Vorgehen auf der makrostrukturellen Ebene, indem
charakteristische Textteile einer Textsorte in den zu vergleichenden Textkorpora
intersprachlich identifiziert werden. Darüber hinaus wird oft auch die Illokutions-
strukturanalyse eingesetzt, die bei der Aufdeckung der dominierenden und
der abstützenden Illokutionen in Texten behilflich ist. In dem genannten Dis-
sertationsprojekt werden deutsche und chinesische Restaurantbewertungen hand-
lungstheoretisch analysiert und verglichen, was dann auch Aufschlüsse über die
Unterschiede in Bezug auf die Textfunktion geben kann.
396 J. Jiang

3 Restaurantbewertung als Textsorte im Spiegel


der Forschung

Online-Restaurantbewertungen gehören zu den Kundenrezensionen. Kunden-


rezensionen sind, wie der Name besagt, eine Art Rezension. Das wiederum ist
eine Textsorte mit einer Informationsfunktion, die mit einer evaluativen Ein-
stellung verbunden ist (Stegert 1997; Zillig 2012). Während sich traditionelle
Rezensionen auf Bücher oder künstlerische Darbietungen beziehen, kann der
Gegenstand der Online-Kundenrezensionen sehr weit gefächert sein und Produkte
sowie Dienstleistungen verschiedenster Art umfassen (z. B. Produktrezensionen
auf Amazon bei Mudambi und Schuff 2010; Arzt-Bewertungsportale bei Emmert
2009; Online-Hotelbewertungen bei Ahey et al. 2016; Antonio et al. 2018).
Informations- und Bewertungsfunktion haben Kundenrezensionen auch. Aber
Hammer (2016) weist darauf hin, dass sich Online-Kundenrezensionen stark von
Offline-Experten-rezensionen unterscheiden. Denn Expertenrezensionen weisen
die Merkmale ‚objektiv/sachlich‘ bzw. ‚generell‘ auf, während für die Kunden-
rezensionen die Merkmale ‚subjektiv/emotional‘ bzw. ‚individuell‘ grundlegend
sind. Außerdem spielt die Appellfunktion bei Kundenrezensionen eine wichtige
Rolle, wie Sánchez Prieto (2017) aufgrund einer Analyse von Hotelrezensionen
festgestellt hat: Kundenrezensionen sollen außer informieren und bewerten den
Lesern auch noch Empfehlungen geben oder von einer (Kauf-)Entscheidung
abraten.
So kann umrissen werden, was für eine Textsorte Online-Restaurant-
bewertungen sind. Sie werden von Konsumenten auf Online-Bewertungs-
plattformen geschrieben und dienen dazu, über verschiedene Aspekte eines
Restaurants zu informieren, sie subjektiv zu bewerten und dadurch potenziellen
Konsumenten einen Rat zu geben.

4 Das Korpus

Die deutschen Texte wurden auf der deutschen Seite von TripAdvisor gesammelt
und die chinesische Texte aus Dianping (大众点评). Beide Plattformen sind die
jeweils am stärksten verbreiteten im jeweiligen Land. Es wurden jeweils zehn
Restaurants in den Hauptstädten Berlin und Beijing nach folgenden Kriterien aus-
gewählt:
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung … 397

a) regionale Küche
b) mittlere Preisspanne
c) Top 10 bei TripAdvisor bzw. Dianping (aber keine Werbung)2

Bei jedem Restaurant wurden die 30 neuesten Bewertungen zwischen Juli und
September 2019 gesammelt. Dies ergibt ein Korpus mit 300 deutschen und 300
chinesischen Restaurantbewertungen. Die allermeisten der Texte wurden auch
kurz vor diesem Zeitpunkt veröffentlicht. Nur wenige deutsche Texte stammen
aus dem Jahr 2018, wenn nicht genügend aktuelle Texte vorhanden waren.
Da TripAdvisor eine internationale Plattform ist und Benutzer aus ver-
schiedenen Ländern dort Bewertungen veröffentlichen können, wurde noch
besonders darauf geachtet, dass die Benutzer Deutschland oder eine deutsche Ort-
schaft als Herkunft angeben. Angesichts der Anonymität des Internets kann man
zwar nicht sicherstellen, dass solche Informationen hundertprozentig stimmen.
Aber es wird davon ausgegangen, dass die durch dieses Verfahren gesammelten
Texte zumindest größtenteils von Muttersprachlern verfasst wurden und somit für
interlinguale Untersuchungen geeignet sind.

5 Methodischer Zugang

Das Dissertationsprojekt, auf dessen Grundlage dieser Beitrag entstanden


ist, schließt sich einem handlungstheoretischen Ansatz an. Demnach sind
Texte als komplexe Sprachhandlungen zu verstehen (vgl. Rehbein 1987;
Motsch und Vieweger 1981). Texte weisen interne Strukturen auf, was zu einer
Hierarchisierung und Sequenzierung der in einem Text enthaltenen Sprechhand-
lungen führt (vgl. Sandig 1978; von Polenz 1988). Im weiteren Verlauf der Arbeit
verwende ich für die dominierende Handlung des ganzen Textes den Begriff
Haupthandlung. Dieser Haupthandlung untergeordnete Handlungen nenne ich
Teilhandlungen (Unter-Handlungen bei von Polenz). Neben der Haupthandlung
vollzogene Handlungen heißen schließlich Zusatzhandlungen (Neben-Hand-
lungen bei von Polenz). Nach Sandig (1978: 86) ist die generelle Funktion von
verbalen Zusatzhandlungen „entweder die Unterstützung einer Handlung durch

2 Das Kriterium, dass die Restaurants bei dem Ranking vorne stehen müssen, dient nicht
nur der Einfachheit der Durchführung, sondern hauptsächlich dazu, dass eine ausreichende
Zahl von Bewertungen gewährleistet werden kann. Gesponsorte Restaurants werden aus-
genommen.
398 J. Jiang

die zusätzliche Handlung oder aber eine Handlung über die zentrale Handlung
hinaus, im Prinzip unabhängig von dieser.“ Im genannten Dissertationsprojekt wird
die Handlungsstruktur deutscher und chinesischer Restaurantbewertungen heraus-
gearbeitet. Die Haupthandlung einer Restaurantbewertung stellt nämlich „das
Restaurant bewerten“ dar, die sich wiederum in vier Teilhandlungen unterteilen lässt,
nämlich „Speisen und Getränke bewerten“, „das Ambiente bewerten“, „den Service
bewerten“ und „den Preis bewerten“. Außerdem gibt es noch Zusatzhandlungen wie
„den Anlass nennen“, „Tipps für Besucher geben“, „Dank äußern“, „Empfehlungen
machen“ usw. Diese Struktur wird in Abb. 1 gezeigt. In den deutschen und
chinesischen Bewertungen kommen unterschiedliche (Teil-)Handlungen unter-
schiedlich häufig vor, sie werden auch unterschiedlich gewichtet und realisiert.
Da „das Restaurant bewerten“ den Hauptinhalt bildet, sind konkrete
Erwartungen und Bewertungsmaßstäbe genauer zu betrachten, d. h. welche
Kriterien soll ein Restaurant erfüllen, um als gut bewertet zu werden? Die
Bewertungskriterien für jeden Aspekt werden anhand der Texte empirisch-
induktiv ermittelt.
In die Textsorte Restaurantbewertung sind nämlich zwei Praktiken involviert.
Mithilfe von Abb. 2 kann der Zusammenhang verdeutlicht werden. Man geht
in ein Restaurant essen und kann in der Folge eine Restaurantbewertung im
Internet hinterlassen. Das Erlebnis des Restaurantbesuchs dient als Grundlage
des Schreibens. Auf der anderen Seite kann man anhand der Texte erkennen,
welche Kriterien jemand für relevant hält, um ein Restaurant bzw. einen
Restaurantbesuch zu bewerten. Die Textsorte Restaurantbewertung beinhaltet also
zweifaches Wissen, erstens was man alles mit der Textsorte Restaurantbewertung
(außer Bewerten noch) macht (die Handlungsstruktur) und zweitens wie man
ein Restaurant vor dem Hintergrund dieser Handlungsstruktur bewertet (die
Bewertungskriterien).
In dem Dissertationsprojekt werden die vollständige Handlungsstruktur und
sämtliche Bewertungskriterien der deutschen und chinesischen Restaurant-
bewertungen ermittelt und kulturkontrastiv verglichen.3 Im Rahmen des vor-
liegenden Beitrags werden diejenigen Ergebnisse dargestellt, die sich auf
individuell-persönliche und soziale Elemente in den Restaurantbewertungen
beziehen.

3 Vollständige Handlungsstruktur und Bewertungskriterien sind im Umfang des Bei-


trags nicht wiederzugeben. Die vereinfachte Handlungsstruktur ist in Abb. 1 dargestellt.
Bewertungskriterien sind z. B. Auswahl, Geschmack, Konsistenz, Aussehen, Portion für
Speisen und Getränke, Freundlichkeit und Schnelligkeit für den Service.
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung … 399

Abb. 1 Handlungsstruktur von Restaurantbewertung

führt zu
Praktik 1 Praktik 2
ein Restaurant besuchen eine Restaurantbewertung schreiben
gibt Aufschlüsse über

Abb. 2 Zwei Praktiken im Umfeld der Textsorte Restaurantbewertung

6 Selbstbezüglichkeit in chinesischen
Restaurantbewertungen

Aus der Analyse geht hervor, dass sich die Rezensenten in den chinesischen
Bewertungen deutlich häufiger explizit auf sich selbst beziehen als diejenigen
der deutschen Bewertungen. Mit „selbst“ ist nicht nur der Textproduzent allein
gemeint, sondern es könnte auch sein, dass man sich auf die Personen bezieht,
mit denen man zusammen essen war. Die nachweisbaren Formen von Selbst-
bezüglichkeit werden im Folgenden in vier Punkten erläutert.
400 J. Jiang

6.1 Selbstbezogenes Bewerten

In den chinesischen Restaurantbewertungen stehen der Aspekt „Speisen und


Getränke“ und insbesondere die „Speisen“ im absoluten Mittelpunkt. Man beschreibt
nicht nur, wie das Essen ist, sondern geht stärker von der eigenen Perspektive aus und
schreibt explizit, wie man etwas persönlich findet, ob und wie es einem schmeckt.
Ausdrücke wie 喜欢 (,mögen‘), 爱 (,lieben‘), 吃不惯 (,nicht gewöhnt‘) und 不合口
味 (,entspricht nicht meinem Geschmack‘) kommen häufig vor. Das heißt, die persön-
liche Meinung und Neigung treten explizit als Bewertungskriterien hervor. In den
deutschen Bewertungen werden Speisen im Vergleich dazu relativ sachlich hinsicht-
lich ihrer Zutaten, Zubereitungsweise und geschmacklichen Qualität beschrieben.
Ein weiterer subjektivierender Hinweis ist eine Bemerkung dazu, ob man
viel von einer Speise genommen hat, als Argument dafür, ob die Speise gut oder
schlecht schmeckt.4

Beispiel 1:

(,Wir haben die Sauer-scharf-Suppe bestellt. Die Kinder haben alles aufgegessen
und keinen Tropfen übrig gelassen.‘)5

4 In der chinesischen Esskultur bestellt nicht jeder für sich selbst, sondern es werden alle
Speisen in die Mitte des Tisches gestellt und jeder nimmt, was er will. Es handelt sich also
um eine Art Tischbuffet.
5 Alle chinesischen Bewertungen werden von der Verfasserin sinn- und stilgemäß ins

Deutsche übersetzt. Die lockere, informelle Ausdrucksweise und der zum Teil unvoll-
ständige Satzbau werden beibehalten. Der Übersichtlichkeit halber werden nur die ein-
schlägigen Stellen übersetzt und nicht die ganzen Texte. Entsprechende Stellen werden im
Original markiert.
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung … 401

Hier wird die Sauer-scharf-Suppe nicht an sich beschrieben, sondern es wird


indirekt argumentiert, dass sie lecker sei, weil die Kinder alles aufgegessen
haben.

6.2 Selbstbezüglichkeit im Eröffnungsteil

In den chinesischen Bewertungen nennt man oft im Eröffnungsteil den Anlass


des Restaurantbesuchs, wobei viel Persönliches erzählt wird. Geschildert werden
zum Beispiel eigene Vorlieben, Essgewohnheiten oder warum man gerade dieses
Restaurant ausgesucht hat.

Beispiel 2:

(,Xiaodiaolitang ist wirklich gehyped. Immer lange Schlange, jedes Mal muss
man ungefähr eine Stunde warten! Das macht mich wahnsinnig, aber meine
Familie wollte unbedingt hin. Ich hatte keine andere Wahl und musste die Qual
des Wartens ertragen!‘).

Beispiel 3:

(,Weil ich nichts Scharfes essen kann, habe ich nicht viel Auswahl, wenn ich mal
essen gehen möchte. Ich weiß nicht warum, die ganze Gastronomie von Beijing
scheint von der scharfen Sichuan-Küche erobert zu werden. Zum Glück gibt es in
der Nähe das Juqi. Es hat meinen Magen gerettet.‘).
402 J. Jiang

In diesen beiden Beispielen werden persönliche Emotionen deutlich zum


Ausdruck gebracht, einmal der Widerwille gegen das Warten, einmal die
Unzufriedenheit mit der Verbreitung der scharfen Küche.

Beispiel 4:

(,Treffen von fünf Mädels. Wir hatten uns lange nicht mehr gesehen. Leider hatte
eine Freundin Fieber. Um das Treffen nicht absagen zu müssen, wollten wir einen
Ort in der Nähe von ihrer Wohnung aussuchen. Sishitongtang steht schon lange
auf meiner Wunschliste, so waren wir vor einigen Tagen hier.‘).

An diesem Beispiel wird ersichtlich, dass man auch sehr private Angelegen-
heiten (Krankheit einer Freundin) in chinesischen Online-Restaurantbewertungen
erwähnen kann. Außerdem kann im Eröffnungsteil die Handlung „Anlass
nennen“ mit Erzählungen kombiniert werden, wie zum Beispiel, was man vor
dem Restaurantbesuch gemacht hat und wie man zum Lokal gefunden hat. Wie
das folgende Beispiel zeigt, kann das ziemlich narrativ und ausführlich werden
und über die Hälfte des gesamten Textes ausmachen.

Beispiel 5:

(,Dieses Restaurant wurde von Freunden empfohlen. Wir haben am Vormittag


das Technologiemuseum besucht und kamen hierher zum Mittagessen. Heute hat
es ein bisschen geregnet. Aber das sollte unsere Lust nach was Leckerem nicht
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung … 403

verderben. Das Restaurant liegt im Untergeschoss, ist nicht leicht zu finden. Auf
dem Weg haben wir andere Leute auch nach diesem Restaurant fragen hören. Da
dachte ich, wir müssen uns beeilen. Dann sind wir noch schnell gerannt. Als wir
da waren, war es schon halb zwei. Aber man musste noch auf einen Tisch warten.
Zum Glück haben wir nicht lange gewartet.‘).

In den deutschen Bewertungen hingegen eröffnet man den Text häufig mit
einem Gesamteindruck von dem Restaurant, fängt sofort an mit der Bewertung
oder fängt mit einer Dankäußerung an. Wenn man doch den Anlass nennt, dann
normalerweise nur mit einem kurzen Satz, wie zum Beispiel „Wir sind mit
Freunden dort gewesen“ oder „Hatten 30. Hochzeitstag im ganz kleinen Kreis“,
und es wird nichts Näheres erzählt.

6.3 Selbstbezogene Einschübe

Auch im Hauptteil, d. h. innerhalb der Bewertungshandlungen, kommen Ein-


schübe vor, die einen Selbstbezug aufweisen. Im Hauptteil der chinesischen
Bewertungen werden meistens alle Speisen der Reihe nach kommentiert. Hier
kommt es vor, dass man erzählt, warum man eine bestimmte Speise bestellt hat
oder was einem gerade zu der Speise einfällt usw. Z.B. schreibt im folgenden
Beispiel jemand zu Luzhu Huoshao, einer Spezialität in Beijing aus Schweine-
fleisch, Schweineinnereien und Tofu:

Beispiel 6:

(,Ich bin schon seit so vielen Jahren in Beijing und esse das erst zum ersten Mal.
Meine Freunde haben mich lange ausgelacht… Wir haben eine kleine Portion
bestellt. Ich mag es wirklich. Warum habe ich es nicht früher ausprobiert.‘).

Solche selbstbezogenen Einschübe können mit dem orientierenden/appellativen


Bewerten im Zusammenhang stehen, müssen aber nicht unbedingt für die Leser
relevant sein.
404 J. Jiang

6.4 Längere tagebuchartige Abschnitte

In wenigen chinesischen Restaurantbewertungen finden sich lange, fast tagebuch-


artige Abschnitte, die inhaltlich nichts direkt mit dem Restaurant, sondern nur mit
der eigenen Befindlichkeit zu tun haben.

Beispiel 7:

(,Man trifft sich mit alter Freundin und will ihr im Laufe des Abends alles
erzählen, was man in mehr als einem Jahr nicht erzählen konnte. Heute Abend
war es in Beijing auch gerade kühl mit leichtem Wind. Als wir nach dem Essen
einen Spaziergang gemacht haben, war es wie die alte Zeit in unserem Studium
vor vielen Jahren. Das sich mit der Zeit ansammelnde tiefe Verständnis, die Neu-
gier und Begeisterung, wenn man sich nach langer Zeit wiedersieht, machen die
Verabschiedung so schwer. Ich hoffe, dass es uns beiden weiter gut geht.‘).

Hier wird über tiefe Freundschaft und erlebte Gefühle erzählt. Die Passage gibt
den Lesern keine nützlichen Informationen, ist inhaltlich also für die Restaurant-
bewertung völlig irrelevant. Vielmehr scheint der Textproduzent nur die eigenen
Emotionen loswerden zu wollen. Der Text ist sozusagen mehr für ihn selbst
geschrieben als für die Leser.
Solche Inhalte kommen zwar nur in einem geringen Teil der Texte vor und
sie zählen deswegen nicht zu den wesentlichen Bestandteilen der Textsorte. Aber
es stellt ein auffälliges und interessantes Phänomen dar, zumal es einen großen
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung … 405

Unterschied zwischen den chinesischen und deutschen Restaurantbewertungen


verdeutlicht. In den chinesischen Restaurantbewertungen ist nämlich die Bereit-
schaft relativ groß, Persönliches im Internet zu veröffentlichen. Demgegenüber
kommen weder selbstbezogene Einschübe noch tagebuchartige Abschnitte im
deutschen Korpus jemals vor.

6.5 Zwischenfazit

Chinesische Restaurantbewertungen haben einen sehr stark narrativen Charakter.


Sie ähneln weitgehend Alltagserzählungen oder Tagebucheinträgen. Das subjektiv
Erlebte, Gefühlte und Gedachte stehen im Mittelpunkt – die Bewertung hat offen-
sichtlich primär expressive und dokumentarische Funktionen.

7 Beziehungsgestaltung in deutschen
Restaurantbewertungen

In den deutschen Restaurantbewertungen steht nicht die Konstruktion des


expressiven, emotionalen Selbst im Vordergrund, vielmehr werden die sozialen
Beziehungen zum Restaurantpersonal gestaltet und gepflegt. Die Formen der
Beziehungsgestaltung in deutschen Restaurantbewertungen werden im Folgenden
ebenfalls wieder in vier Punkten erläutert.

7.1 Beziehungsbezogenes Bewerten

Während in den chinesischen Restaurantbewertungen das Essen den Mittelpunkt


des Bewertens bildet, spielt in den deutschen Restaurantbewertungen der Service
eine größere Rolle. Das Personal soll nicht nur freundlich und effizient sein, es
soll auch Humor haben, individuelle Umsorgung anbieten, Zeit für persönliche
Gespräche haben usw. Die Gäste sollen bzw. wollen sich wie zu Hause fühlen.
Außerdem macht es immer einen positiven Eindruck, wenn der Chef oder der
Inhaber persönlich bedient. In den chinesischen Bewertungen hingegen werden
Unterhaltsamkeit der Bedienung und persönliche Kommunikation mit dem
Personal nicht als Bewertungskriterien für Servicequalität genommen.
406 J. Jiang

7.2 Bezeichnungen für Restaurantpersonal

Mit dem letzten Punkt hängen auch Benennungsformen für das Restaurant-
personal zusammen. In deutschen Bewertungen werden oft konkrete Personen
aus dem Serviceteam genannt. Im deutschen Korpus kommt das Restaurant-
personal 20-mal in der Form der Nennung des Vornamens, fünfmal in der
Konstruktion Herr/Frau + Nachnamen und zweimal über die Nennung von Vor-
und Nachnamen vor.
Neben Namen findet man noch Bezeichnungen wie Koch, Chefkoch, Chef,
Küchenchef, Gastwirt, Wirt, Maitre, Betreiber, Inhaber, Besitzer (sowie die
jeweilige weibliche Form) oder Ehepaar, Vater und Sohn/Tochter. Das deutet
darauf hin, dass man den Koch oder Wirt persönlich getroffen hat und auch die
Beziehung zwischen den Mitarbeitern kennt. Außerdem wird das Personal in
sechs Bewertungen als Gastgeber/in, Gastgeberteam oder Gastgeberfamilie
bezeichnet. Das Wort Gastgeber impliziert, dass zwischen den Kunden und dem
Personal nicht nur eine Geschäftsbeziehung besteht, sondern auch eine relativ
private, persönliche.
In chinesischen Bewertungen wird das Servicepersonal hingegen nur all-
gemein und unspezifisch bezeichnet als 服务员 (,Kellner‘), 小哥哥 (,kleiner
Bruder‘, Bezeichnung für unbekannte junge Männer) oder小姐姐 (,kleine
Schwester‘, Bezeichnung für unbekannte junge Frauen).

7.3 Ausdruck des Dankes

35 von den 300 deutschen Restaurantbewertungen beinhalten Dankäußerungen


als Zusatzhandlung. Das Serviceteam wird dabei direkt angesprochen, Dank
und Lob werden explizit zum Ausdruck gebracht (siehe Beispiel 8 im nächsten
Abschnitt). Im chinesischen Korpus kommt eine Dankesäußerung niemals vor.

7.4 Soziale Nähe durch Briefform

Fünf der deutschen Restaurantbewertungen sind in einer briefähnlichen Form


verfasst, entweder mit Anrede (Lieber Harry, lieber Ernesto, Liebes Ebert
Team, Lieber Henrik) oder mit Grußformel und Unterschrift (Bis bald, Rita; Mit
freundlichem Gruß, Christian; D.Uhle, Pulheim). Folgendes Beispiel zeigt eine
deutsche Restaurantbewertung mit Anrede und Dankesäußerung.
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung … 407

Beispiel 8:

Die Briefform stellt zwar eher eine Seltenheit dar. Aber im Zusammenwirken mit
den vorhin diskutierten Punkten weist die Tatsache, dass diese formale Option
gewählt werden kann und offensichtlich akzeptabel ist, wie auch die anderen
genannten Merkmale auf eine nähere, persönliche Beziehung zwischen Kunden
und dem Restaurantpersonal hin.

7.5 Zwischenfazit

Aus der Analyse der Bewertungskriterien in den deutschen Restaurant-


bewertungen kann man schlussfolgern, dass es für Deutsche bei einem
Restaurantbesuch nicht nur um das Essen geht, sondern auch darum, Leute
kennenzulernen und ins Gespräch zu kommen. Die Beziehung zwischen Kunden
und Personal ist enger oder näher als im chinesischen Kontext.
408 J. Jiang

Die Textsorte Restaurantbewertung wird damit auch zu einem sozialen Raum,


in dem die Beziehung weiter gepflegt und gestaltet wird – die Textsorte hat somit
eine nicht unbedeutende Kontaktfunktion (nach Brinker et al. 2018).

8 Schlussbetrachtung

Dieser Beitrag hat zeigen können, dass in den chinesischen Restaurant-


bewertungen eher die Konstruktion eines expressiven, emotionalen Selbst
im Mittelpunkt steht, während in den deutschen Restaurantbewertungen die
Gestaltung einer persönlichen Beziehung zu Restaurantbesitzer und -mitarbeitern
eine wichtigere Rolle spielt.
Online-Restaurantbewertungen sind demnach eine mehrfachadressierte
und multifunktionale und für Kulturspezifika offene Textsorte. Während sich
die chinesischen Restaurantbewertungen hauptsächlich an potenzielle Kunden
richten und die Funktion „informieren“ erfüllen, sind die deutschen Restaurant-
bewertungen stärker an das Restaurantpersonal gerichtet und haben neben
der Informationsfunktion noch eine Kontaktfunktion. Manche chinesische
Restaurantbewertungen sind dagegen sogar selbstreflexiv und haben eine
expressive und dokumentarische Funktion. Dadurch, dass in Restaurant-
bewertungen eine Empfehlung ausgesprochen oder von einem Restaurantbesuch
abgeraten wird, was sowohl explizit als auch implizit geschehen kann, hat die
Textsorte aber natürlich immer auch die eingangs bereits erwähnte Appell-
funktion.
Zum Schluss sollen noch die Ursachen der Unterschiede kurz diskutiert
werden. Warum spielt persönliche Kommunikation mit dem Servicepersonal in
den chinesischen Restaurantbewertungen eine so untergeordnete Rolle? China
gilt als eine eher kollektivistische Kultur mit relativ großer Machtdistanz (vgl.
Hofstede 2011). Wenn man mit Freunden oder mit der Familie in ein Restaurant
geht, bildet die Gesellschaft eine relativ feste, geschlossene „Wir-Gruppe“.
Restaurantpersonal gehört nicht zu dieser Gruppe. In der deutschen Kultur
ist die Bindung zwischen den Individuen lockerer und neue Kontakte können
leichter geknüpft werden. Außerdem könnte es auch mit unterschiedlichen
Restaurantgrößen in China und Deutschland zusammenhängen.
Dass man sich in den chinesischen Restaurantbewertungen viel auf sich
selbst bezieht und expressiv schreibt, kann auf die kulturelle, sprachliche und die
Bildungsebene zurückgeführt werden. Der anschauliche und emotionale Schreib-
stil hat im chinesischen Schreiben lange Tradition. Schon in einem Klassiker der
Literaturkritik aus dem fünften Jahrhundert wird als Kriterium des Textverfassens
Selbstbezüglichkeit vs. Beziehungsgestaltung … 409

darauf hingewiesen, dass das Gefühl im Text tiefschürfend sein müsse (Zhao
2018: 257). Die Bildlichkeit und Emotionalität der chinesischen Schreibweise hat
ihren Grund zudem in der chinesischen Sprache selbst (ebd.: 258 ff.). Chinesisch
ist eine piktographische Sprache, d. h. die meisten Zeichenbildungsmethoden
stammen aus dem bildlichen Denken und verstärken die anschauliche Denk-
weise. Als eine analytische Sprache hat Chinesisch keine Morphologie. Aufgrund
dieser Sprachstruktur ist Chinesisch stark in der künstlerischen Darstellung, aber
schwach im logischen Ausdruck. Darüber hinaus wird diese Schreib- und Sprach-
tradition vermutlich durch die Schulbildung weiter tradiert und verstärkt. Lehker
(2001) hat zum Beispiel vier Aufsatzsorten in Deutschland und China verglichen
und kam zu dem Ergebnis, dass die affektive Ansprache der Rezipienten in den
klassischen vier chinesischen Aufsatzsorten eine große Rolle spielt, während
sie in den objektbezogenen deutschen Aufsatzsorten nicht üblich sei: Das Aus-
drücken von Gefühlen in 议论文(,chinesische Erörterung‘) ist ein gerechtfertigtes
Mittel. In 记叙文 (,chinesische Erzählung‘) steht nicht die Spannung im Vorder-
grund, sondern die Anrührung. Zusätzlich ist ein emotionaler Beschreibungsstil
im Gegensatz zu einem sachlichen üblich.
Die Schlussfolgerungen, die aus den empirischen intersprachlichen Ana-
lysen gezogen werden, sind immer der Gefahr ausgesetzt, zu allzu starken Ver-
allgemeinerungen oder gar kulturellen Stereotypisierungen zu führen. Untersucht
wurde nur eine ausgewählte Textsorte, die keine repräsentativen Aufschlüsse über
die chinesische oder die deutsche Kulturgemeinschaft gibt. Trotzdem können die
dargestellten Untersuchungsergebnisse und Schlussfolgerungen von Nutzen sein,
um die Besonderheiten beider Sprachen und Kulturen besser zu verstehen.

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Jianqin Jiang ist Doktorandin an School of Foreign Languages der Tongji Uni-
versität, China. Sie hat Germanistik studiert und beschäftigt sich mit kontrastiver Text-
linguistik (Chinesisch-Deutsch) und Lernersprache chinesischer Deutschlerner. Von 2019
bis 2022 hat sie einen Forschungsaufenthalt an der TU Darmstadt gemacht. Kontakt:
jianqinjiang@163.com.

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