11.

Februar 2024 Skiferien Freddy Nock Marco Odermatt

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Die besten Pisten Die Tragik der Wie der Champion
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Nr. 6 | 38. Jahrgang | AZA 8021 Zürich | Redaktio
der Schweiz Zirkusfamilie seine Augen trainiert
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Aufstand gegen
Not-Asylzentrum
des Bundes
Streit Bürger wollen in
etzt werden die Su erverdiener
Steckborn eine Unterkunft
im Wohnquartier schliessen.

Seit zwei Jahren dient eine Zivil- 13. Rente

schutzanlage in Steckborn TG als
Notunterkunft für Flüchtlinge.
Fast ebenso lang sorgt sie unter
der Bevölkerung im idyllischen
Städtchen am Bodensee für Streit
– denn sie ist mitten in einem
Wohnviertel gelegen. Anwohner,
die sich in einer Interessenge-
meinschaft zusammengetan ha-
ben, beklagen sich über Lärm,
Belästigung, Kriminalität und
Schmutz. Auf einer Website ver-
öffentlichten sie Bilder von Über-
wachungskameras, die die Miss-
stände dokumentieren sollen.
Ein Hackerangriff legte die Site
nach wenigen Tagen lahm. Zu-
dem sammelte die IG Unter-
schriften, damit die Gemeinde AHV-Beittrag:
den Mietvertrag mit dem Staats- 0 Fr.
900’000
sekretariat für Migration kündet. AHV-Beitrag: AHV-Beitrag:
Nächsten Donnerstag wird an 110’000 Fr. 900’000 Fr.
einer ausserordentlichen Ge-
meindeversammlung über die
Zukunft des Asylzentrums ent-
schieden – ein Novum in der

Fotos: Keystone, 13Photo/Lucia Hunziker, PD

Schweiz. Sämtliche Parteien sind
für eine Weiterführung der Un-
terkunft. Sogar die SVP, die sonst
immer gegen Flüchtlingsheime
ankämpft, verweigert der IG die
Unterstützung und hat Stimm-
freigabe beschlossen.
Ein Besuch vor Ort zeigt, wie
gespalten das Städtchen ist. Bei-
de Seiten – sowohl die Behörden AHV-Beitrag: AHV-Beitrag:
als auch Vertreter der IG – wer- 1,2 Millionen Fr. 1,5 Millionen Fr.
fen einander Lügen und Ge-
sprächsverweigerung vor. Bei
dem Streit geht es nicht nur um
Flüchtlinge, sondern auch um
viel Geld. Die Gemeinde lässt sich Grosszahler: Magdalena Martullo-Blocher (Ems), Sergio Ermotti (UBS), Ulf Mark Schneider (Nestlé), Vas Narasimhan (Novartis) und Thomas Schinecker (Roche) (v. l.).
die marode Anlage vom Bund
fürstlich bezahlen, auch lokale
Gewerbebetriebe und Mahlzei- Novartis-Chef Vas Narasimhan verdiente im letz- dalena Martullo-Blocher. Für die Einkommensmil- das die Umverteilung fördern will. Auch die Juso
tenzulieferer profitieren. Die Ge- ten Jahr nicht nur 16 Millionen Franken, er zahlte lionäre dürfte es aber bald noch teurer werden. Es haben diese Woche eine Initiative mit dem gleichen
meindeversammlung dürfte hit- auch schätzungsweise 1,4 Millionen in die AHV ein drohen nicht nur mehr AHV-Beiträge, wenn die In- Ziel eingereicht. Ökonomen warnen vor einer Neid-
zig werden, die Behörden rech- – und finanzierte damit nicht weniger als 80 Ren- itiative für eine 13. Rente angenommen wird – im debatte und sagen, dass der Graben zwischen den
nen mit einer Rekordbeteiligung. ten. Namhafte AHV-Beiträge entrichten auch UBS- Juni kommt mit der Prämienentlastungsinitiative Einkommensklassen hierzulande viel geringer ist
Schweiz — 4 Chef Sergio Ermotti oder Ems-Chemie-Chefin Mag- ein zweites populäres Volksbegehren an die Urne, als in anderen Ländern. Schweiz — 2

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Junge Männer
ärgern sich über
Geschlechterdebatte
Jugend Der Befund schreckte letzte Wo-
che auf: Junge Männer «driften nach
rechts ab», fasste der «Spiegel» eine in-
ternationale Studie zusammen, die sich
mit Abstimmungsdaten aus der Schweiz
deckt: Während junge Frauen immer lin-
ker wählen, passiert bei gleichaltrigen
Männern das exakte Gegenteil. Dass Ex-
perten diese Entwicklung sofort mit den
bekannten Schlagworten «toxische Männ-
lichkeit» und «Verunsicherung» erklär-
ten, sei typisch, sagt Mick Biesuz. Er ist 21
Jahre alt und momentan Zeitoffizier in
Bière. Er schildert, wie viele seiner Kolle-
gen sich über die dauernde Kritik an der
Männlichkeit ärgern. Dass Frauen stän-
dig «als hilfsbedürftige Wesen» darge-
stellt würden, irritiere. Schweiz — 6
Die letzten CS-Chefs
mussten vor der PUK
aussagen
Banken-Untergang Axel Lehmann und
Ulrich Körner mussten kürzlich vor der
parlamentarischen Untersuchungskom-
mission antraben. Der letzte Präsident und
der letzte CEO, welche die zweitgrösste
Schweizer Bank neun Monate führten, be-
vor sie diese in die rettenden Arme der UBS
werfen mussten, schoben die Verantwor-
tung für den Untergang auf ihre Vorgän-
ger. Zu viel sei in den zehn Jahren vor ih-
rem Amtsantritt verbockt worden, lautete
sinngemäss die Botschaft. Auf Nachfrage
kam die Rede auch auf ein Detail, das den
Untergang beschleunigte. Dabei geht es
um die formalistische Auslegung von
Buchhaltungsregeln, mit denen die Finma
den Ausstieg aus dem Investmentbanking
verhinderte. Wirtschaft — 35
Migros sucht Käufer für
Ladenfläche, so gross
wie 13 Fussballfelder
Fachmärkte Die Migros drückt aufs Tem-
po bei der Suche nach einem Käufer für
SportX und M-Electronics. Insgesamt
handelt es sich um 90’000 Quadratmeter
Fläche – das entspricht rund 13 Fussball-
feldern. Erst vor einer Woche hat die Mi-
gros angekündigt, die beiden Geschäfts-
bereiche verkaufen zu wollen, und schon
laufen erste Vorverhandlungen mit Deca-
thlon. Der französischen Sportartikel-
händler kommt als Käufer infrage, er will
in der Schweiz expandieren – obschon er
bereits mit 27 Filialen im ganzen Land
präsent ist. Dass ein Verkauf von M-Elec-
tronics gelingt, wird hingegen von vielen
Branchenkennern bezweifelt. Die Migros
will sich «zu laufenden Verhandlungen»
nicht äussern. Wirtschaft — 34
Fett-weg-Spritzen sind
in der Schweiz fast nicht
mehr erhältlich
Adipositas Tausende Menschen hatten ge-
hofft, dass die beiden Abnehmprodukte
Ozempic und Saxenda hierzulande end-
lich in grossem Stil ausgeliefert werden.
Passiert ist das Gegenteil: Derzeit sind die
Fett-weg-Spritzen praktisch nicht mehr
erhältlich. Und das neue Produkt Wegovy
wird von der Krankenkasse bislang nicht
bezahlt. Ärzte berichten von Wartelisten,
die immer länger werden. Und von ver- nvestieren Sie in
zweifelten Adipositas-Patienten, die eine innovative Lösungen
Behandlung gestartet hatten – und diese der Zukunft mit einem
nun wieder abbrechen müssen. Novo positiven Footprint:
Nordisk, der dänische Hersteller der Ab- globalance.com/zukunft
nehmprodukte, kommt zurzeit mit Pro-
duzieren nicht nach. Dafür erreichte der
Börsenwert der Firma diese Woche einen
neuen Höchstwert. Schweiz — 7
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Editorial
Der Rohrkrepierer
Sergio Ermotti zahlt
von Ecomomiesuisse
über eine Million
Franken an die AHV
Das riecht nach letztem Aufgebot. Nicht weniger
als fünf ehemalige Bundesräte liessen sich letzte
Woche in die Kampagne zur 13. AHV-Rente einspan-
nen. Vier dagegen, eine, Ruth Dreifuss, dafür. Den
Anfang machten Doris Leuthard, Adolf Ogi und
Johann Schneider-Ammann. Sie, die seit ihren Abstimmung Die Löhne der Grossverdiener steigen. Das sorgt für
Rücktritten aus der Regierung ein Anrecht auf eine Begehrlichkeiten. Bereits wartet die nächste populäre Initiative,
Rente von 230’000 Franken haben, nannten die 13. um sie noch mehr zu schröpfen. Ist das der richtige Weg?
AHV-Rente in einem an Pensionäre adressierten
Brief «brandgefährlich». Die Angeschriebenen sollen
Verantwortung tragen und darum bitte Nein stimmen. Mischa Aebi
Am Freitag meldete sich dann auch noch Pascal und Adrian Schmid
Couchepin mit derselben Botschaft. Und am besten,
findet er, sollten wir auch noch gleich alle länger Novartis-Chef Vas Narasimhan
verdiente letztes Jahr 16 Millio-
arbeiten. Wenn jemand wissen will, ob ein solcher
nen Franken – fast doppelt so
Appell weise ist, dann soll sie oder er sich die Leser- viel wie im Vorjahr. 9 Millionen
briefe im «Blick» ansehen. «Ich wollte Nein stimmen, waren es bei Roche-Chef Thomas
nun bin ich dafür», lautet in etwa die Zusammenfas- Schinecker. In dieser Grössen-
sung. Und das ist fast schon beschönigend. ordnung dürfte auch das noch
nicht publizierte Salär von UBS-
Dass so ein Aufruf beim Volk schlecht ankommt, Chef Sergio Ermotti liegen.
Eine Auswertung der AHV-
wäre eigentlich voraussehbar gewesen. Um
pflichtigen Löhne zeigt, dass die
glaubwürdig zu wirken, hätten die Ex-Magistraten Spitzenverdiener der obersten
schon während ihrer Amtszeit überlegen müssen, ob Einkommensklasse seit dem Jahr
es wirklich noch zeitgemäss ist, wenn ein Regierungs- 2000 überproportional mehr
mitglied eine Rente bekommen soll – selbst wenn sie Geld bekamen – und zwar deut-
oder er mit unter 50 Jahren abtritt oder abgewählt lich. Die Saläre der 0,1 Prozent
wird. So nimmt der Abstimmungskampf seinen Lauf, Bestverdienenden stiegen um
satte 123 Prozent. In der gleichen
und die Gegner der Vorlage können eigentlich nur
Zeit wurden alle anderen AHV-
noch beten. Zum Beispiel dafür, dass der Effekt pflichtigen Löhne im Schnitt
eintrifft, dass die Zustimmung zu solchen Vorlagen bloss um 65 Prozent erhöht.
dramatisch abnimmt, je näher der Abstimmungssonn- Hinzu kommt, dass es immer
tag rückt. Weil dann den Leuten klar wird, dass mehr Spitzenverdiener in der
jemand für die staatlichen Wohltaten zahlen muss. Schweiz gibt. 1990 zählte das Bun-
desamt für Sozialversicherungen
nur 13 Beitragszahlende mit ei-
Darauf wetten würde ich allerdings diesmal nicht.
nem AHV-pflichtigen Einkommen
Zu eingefahren und unglaubwürdig wirkt die von über 3 Millionen Franken.
Kampagne. Das Argument, es würden künftig mit der 2021 waren es schon 535.
Giesskanne zusätzliche Renten an Millionäre gezahlt,
Der linke Traum
ist zu durchsichtig. Denn selbstverständlich zahlen
von mehr Umverteilung
die Betroffenen auch dafür, meist ein Mehrfaches,
Nun könnten die Einkommens-
denn die AHV ist extrem solidarisch finanziert. Wie
millionäre aber vermehrt zur
unsere Recherche offenlegt, zahlen die Bestverdie- Kasse gebeten werden, und zwar
nenden im Schnitt 80 Normalsterblichen die Rente. gleich mehrfach: Sowohl die ak-
Genau das ist auch das Gefährliche an der Vorlage, tuelle AHV-Initiative als auch die
nämlich dass man die Solidarität übertreibt und damit bereits im Juni anstehende Prä-
die Reichen, die das System finanzieren, vertreibt. mienentlastungsinitiative zielen
auf mehr Umverteilung von
Reich zu Arm.
Das Frappante in diesem Abstimmungskampf ist,
Gleiches beabsichtigen die
dass es der Wirtschaft und ihren Verbänden an Juso mit der diese Woche einge-
glaubwürdigen Vertreterinnen und Vertretern fehlt, die reichten Initiative, die für Erb-
diese Botschaft überbringen können. Economiesuisse, schaften ab 50 Millionen Fran-
die früher solche Botschaften überbrachte, ist völlig ken einen Steuersatz von 50 Pro-
unsichtbar. Gemäss Insidern haben deren Meinungs- zent fordert. Das Geld soll für
führer die Stimmung völlig falsch eingeschätzt und «sozial gerechte» Klimaschutz-
massnahmen verwendet werden.
geglaubt, das Anliegen sei chancenlos.
Gute Chancen haben insbe-
sondere die AHV- und die Prä-
Das war früher ganz anders. Aber seit der Jahr- mienentlastungsinitiative, die
tausendwende war ein konstanter Abstieg der verlangt, dass künftig niemand
einst so mächtigen Organisation zu beobachten. Das mehr als 10 Prozent seines Lohns
hatte erst viel mit der Rentenklau-Debatte zu tun, für Krankenkassenprämien aus-
geben muss. Beide treffen den
während der auskam, dass sich die Verantwortlichen
Nerv der Zeit. Das zeigt die hohe
von Swiss Life schamlos an den Pensionskassengel-
Zustimmung bei den Umfragen
dern bereicherten, als sie gleichzeitig der Bevölke- zur AHV-Initiative und der dazu-
rung die Renten kürzten.
Dann verpassten es die Bürgerlichen über zehn
Jahre lang, sich mit der Linken über eine Renten-
reform zu verständigen. Und nun, nachdem sich die
Wirtschaftselite im Fall Credit Suisse erneut blamiert
hat, wird die Abstimmung über 2000 Franken mehr
Alles dreht sich um die 13. AHV-
Rente. Über die zweite Vorlage,
die Renteninitiative der Jungfrei-
Rente im Jahr zum willkommenen Denkzettel der sinnigen, wird derzeit kaum dis-
einfachen Leute gegen die da oben. Wenn jetzt nicht kutiert. Bereits gibt es Befürch-
noch ein Wunder passiert, dann wird man sich rasch
überlegen müssen, wie man die 5 Milliarden Zusatz-
tungen, viele Bürgerinnen und
Bürger könnten beim Ausfüllen
des Stimmzettels Fehler machen.
kosten finanziert. Und vor allem, wie die Bürgerlichen
Ein Durcheinander droht nicht
verhindern können, dass mit weiteren linken Vorlagen
die Belastung der höchsten Einkommen so weit steigt,
nur, weil zwei AHV-Vorlagen
gleichzeitig vors Volk kommen –
dass wir die Leute vertreiben, die uns bislang – unfrei- bei der Renteninitiative ist auch
willig, aber solidarisch – das Rentensystem finanzieren. noch die Abstimmungsfrage so
formuliert, dass man sie miss-
verstehen kann.
Konkret lautet die Frage auf
den Stimmzetteln, die diese Wo-
Arthur Rutishauser, che in die Haushalte verschickt
Chefredaktor wurden: «Wollen Sie die Volks-
initiative ‹Für eine sichere und
nachhaltige Altersvorsorge (Ren-
teninitiative›) annehmen?» Dass
arthur.rutishauser@sonntagszeitung.ch im Falle einer Ja-Mehrheit das
www.facebook.com/sonntagszeitung Rentenalter auf 66 Jahre erhöht
gehörende Tenor in vielen Kom-
mentaren und Rückmeldungen:
Nach ungezählten Milliarden für
die Corona-Hilfe, Flüchtlinge
oder die CS-Rettung will ein
grosser Teil des Volkes, dass nun
auch etwas für die normalen
Bürgerinnen und Bürger abfällt.
Vor allem, nachdem durch die In-
flation alles teurer geworden ist,
die Strompreise gestiegen sind
und die Krankenkassenprämien
durch die Decke gingen.
Jetzt sollen mal jene ein biss-
chen draufzahlen, die mehr als
genug verdienen, mag sich so
mancher denken. Blieben die
Reichen nicht von all diesen Kri-
sen verschont – oder profitierten
gar davon? Auf genau dieses Ge-
fühl zielen die Initianten aus
dem linken Lager.
Novartis-Chef: 1 Million
AHV-Lohnabzug pro Jahr
Wie die zusätzliche 13. AHV-Ren-
te tatsächlich finanziert würde,
ist zwar offen. Doch die Gewerk-
schaften und die linken Parla-
mentarier werden darauf hinwir-
ken, dass sie ganz oder zumin-
dest mehrheitlich über die
Erhöhung der Lohnprozente fi-
nanziert wird. Denn dann wäre
der Umverteilungseffekt von
Reich zu Arm am höchsten.
Tatsächlich zahlen die Top-
verdiener schon heute jährlich
hohe Summen in die Sozialwer-
ke ein. Im Gleichschritt mit den
Löhnen stiegen auch ihre Lohn-
abzüge in den letzten 20 Jahren
überproportional. Novartis-Chef
Entwicklung der
AHV-Abgaben
Die Löhne wurden auf das Jahr
2000 auf 100 Prozentiindexiert.
220
Topverdiener
180
140
Alle
100
2000 04 08 12 16 20
Grafik: ma, vif / Quelle: BSV
Abstimmungsfrage von
AHV-Vorlage sorgt
für Wirbel
Verwechslungsgefahr Auf dem Stimmzettel
gibt es keinen Hinweis, dass
die Renteninitiative des Jungfreisinns
das Pensionsalter erhöhen will.
und später an die Lebenserwar-
tung geknüpft würde, wird mit
keinem Wort erwähnt.
«Wahre Absichten
werden verschleiert»
Das sorgt jetzt für Kritik. «Der Ti-
tel der Initiative ist falsch. Er ver-
schleiert die wahren Absichten»,
Vas Narasimhan zahlte allein
2023 geschätzte 1,4 Millionen
Franken in die AHV – und finan-
zierte damit die Rente von nicht
weniger als 80 Menschen im Ru-
hestand. Für die Berechnung
wurden Arbeitgeber- und Arbeit-
nehmerbeiträge berücksichtigt.
Auf dem Lohn von Sergio Er-
motti fielen geschätzte 1,1 Milli-
onen Franken AHV-Beiträge an,
gemessen an seinem Verdienst
von 2020, womit er rund 60 Rent-
nerinnen und Rentner finanzier-
te. Bei Nestlé-Chef Ulf Mark
Schneider dürften die Lohnabzü-
ge 2022 insgesamt 835’000 Fran-
ken betragen. Und Magdalena
Martullo Blocher hat als Ems-
Chefin rund 100’00 Franken in
die AHV überwiesen. Sie verdien-
te gemäss Geschäftsbericht
2022/23 1,2 Millionen Franken.
Selbst ausländischen Chefs
von Schweizer Grosskonzernen
werden Teile des Lohns für die
AHV abgezogen, wie die Unter-
nehmen bestätigen. «Als Schwei-
zer Arbeitnehmer ist unser CEO
auf seinem Arbeitseinkommen
voll AHV-pflichtig, wie andere
Arbeitnehmende in der Schweiz
auch», teilt Novartis mit. Das
Bundesamt für Sozialversiche-
rungen hält zudem fest, dass
selbst «geldwerte Vorteile, die in
Form von Aktien oder Optionen
an Arbeitnehmende gewährt
werden, als massgebender Lohn
gelten und der Beitragspflicht in
der AHV unterliegen». Wer auf dem Chefsessel
Wird die 13. AHV-Rente nun sitzt, be
ezahlt meist mehr in
angenommen und in gleichem die AHV V ein. Foto: Plainpicture
Mass wie die bestehenden Ren-
ten über Lohnprozente finan-
ziert, werden die Superverdiener
künftig noch mehr zur Kasse ge-
beten. Bei einer Erhöhung der
Lohnabzüge um rund 0,8 Pro-
zentpunkte würde Narasimhan
von Novartis bei gleichem Ver-
dienst pro Jahr zusätzliche
128’000 Franken in die AHV
überweisen. Bei UBS-Chef Er-
motti wären es rund 104’000
Franken mehr. Bei Martullo wäre
es ein Plus von 9600 Franken.
Bei der Prämienentlastungs-
initiative wird die Kontroverse
um die Finanzierung ähnlich
verlaufen. Im Initiativtext steht,
dass die Vergünstigungen zu
zialen Medien verbreitet. «Ach-
tung: Verwechslungsgefahr»,
heisst es dort. Dazu gibt es eine
Anleitung, wie man aus Sicht der
Gegner den Stimmzettel richtig
ausfüllt.
Auch Mitte-Ständerat Erich
Ettlin sagt, dass es in Kombina-
tion mit der 13. AHV-Rente zu
Verwechslungen kommen kön-
ne: «Das ist unschön.» Dennoch
zeigt er Verständnis, dass die In-
itianten einen süffigen Titel ge-
wählt haben. Immerhin ist bei
der anderen Vorlage in der Ab-
sagt Adrian Wüthrich, Präsident stimmungsfrage explizit er-
von Travailsuisse. Die Gewerk- wähnt, dass es um die 13. AHV-
schaftsdachorganisation hat den Rente geht.
Lead im Nein-Komitee. Bei einer «Das Framing von Initiativen
Abstimmungsfrage müsse klar hat an Bedeutung gewonnen»,
sein, um was es gehe. «Das ist sagt der Politologe Lukas Golder.
hier nicht der Fall.» Man müsse aber schon aufpas-
Das Nein-Lager hat kürzlich sen, dass vor lauter Optimierun-
bereits eine Warnung in den so- gen am Ende die Stimmberech-
 Altersvorsorge 3

mindestens zwei Dritteln durch

den Bund finanziert werden
müssen. Kommt das Volksbegeh-
Sergio Ermotti ren durch, werden die Linken da-
CEO UBS rauf beharren, dass die Vergüns-
tigungen über die direkte Bun-
illionen Franken dessteuer finanziert werden.
Lohn 2020*: 13 M Beitrag:
Geschätzter AHV- anken Denn das ist neben der AHV die
1,1 M ill io ne n Fr zweite grosse Umverteilungsma-
e:
ag 13. AHV-Rent
Zusätzlicher Beitr Franken schine der Schweiz. Manche
104’000 Ökonomen bezeichnen sie gar
als die progressivste Steuer der
Welt. Denn 50 Prozent der
Schweizerinnen und Schweizer
sind von dieser Steuer befreit,
weil ihr Einkommen zu tief ist.
Die bürgerlichen Parteien
würden wohl darauf drängen, die
er Prämienentlastung vor allem
Thomas Schineck über eine Erhöhung der Mehr-
CEO Roch e
wertsteuer zu finanzieren. Dann
wäre der Umverteilungseffekt
illionen Franken
Lohn 2023: 9,5 MAHV-Beitrag: sehr viel kleiner. Und vor allem
Geschätzter würde sie den Sinn der Initiati-
825’000 Franken V-Rente:
ag 13. AH ve infrage stellen: Menschen mit
Zusätzlicher BeitrFranken
76’000 kleineren Einkommen müssten
dann mit höheren Mehrwert-
steuern mithelfen, ihre Prämien-
entlastung zu finanzieren. Es
wäre eine Art Nullsummenspiel.
Professor warnt
vor Wegzug der Reichen
Kommt es nun auch hierzulan-
de zu einer Neiddebatte? Reto
llo-Blocher
Magdalena Martutungsrätin Föllmi, Professor für internatio-
CEO und Verwal ie nale Ökonomie, relativiert: «Die
Ems-Chem Lohnschere zwischen Arm und
Reich ist in der Schweiz kleiner
hr 2022/23*:
Lohn Geschäftsja als in den meisten anderen Län-
ken
1,2 Millionen Fran itrag: dern der Welt.» Die Kaufkraft
tz te r AH V-Be
Geschä habe in der Schweiz in den letz-
104’000 Franken V-Rente: ten 20 Jahren konstant zuge-
Zusä tz lic he r Beitrag 13. AH nommen. Die Einkommen seien
9600 Franken
relativ gleichmässig gestiegen,
abgesehen von einer Ausnahme:
«Bei den Superreichen war der
Einkommensanstieg überpro-
portional», sagt Föllmi.
Zu hohe Abgaben und Steu-
ern können laut Föllmi auch
Vas Narasimhan zu einem volkswirtschaftlichen
CEO Novartis Problem werden: «Wird die Fis-
kalquote zu hoch, kann es sein,
Lohn 2023: dass Menschen mit sehr hohen
ken
16 Millionen Fran itrag: Einkommen abwandern oder gar
Be
Geschätzter AHV- anken nicht zu uns kommen.» Damit
1,4 Millionen Fr . AHV-Rente: würde die Schweiz gute Steuer-
ag 13
Zusätzlicher Beitr Franken zahler verlieren oder könnte we-
128’000
niger von ihnen anlocken – so-
dass alle anderen mehr bezahlen
müssten.
Föllmi hält fest: Noch seien
die Abgaben und Steuern in der
Schweiz im internationalen Ver-
gleich «eher unterdurchschnitt-
lich» und damit ein «Standort-
der
Ulf Mark Schnei
vorteil der Schweiz».
Dass zu hohe Abgaben tat-
CEO Nestlé sächlich eine Massenflucht von
Reichen auslösen können, zeig-
Lohn 2022*:
te sich jüngst in Norwegen. Die
9, 6 M illionen Franken :
Beitrag Regierung hatte im November
Geschä ter AHV- ken
tz
2022 die Vermögenssteuer von
835’0 00 Fran
e:
ag 13. AHV-Rent
Zusätzlicher BeitrFranken 1 auf 1,1 Prozent erhöht. Zudem
76’800 wurden Aktien neu zu 80 statt
wie zuvor zu 55 Prozent besteu-
ert. Das hatte zur Folge, dass sich
über 50 Milliardäre verabschie-
deten und in die Schweiz aus-
*Lohn 2023 noch nicht bekannt wanderten.

tigten nicht mehr wüssten, was
sie jetzt abstimmten. Zudem
wird auch die Arbeit der Umfra-
geinstitute erschwert. GFS Bern,
deren Co-Leiter Golder ist, hat
deshalb kurze Erklärungen zu
den AHV-Vorlagen verfasst.
Bundeskanzlei sieht
kein Problem
Gemäss Golder sind die meisten
Leute bei eidgenössischen Vor-
lagen zwar gut informiert. Den-
noch sagt er: «Das Risiko, nicht
nach den eigenen Präferenzen
abzustimmen, ist in den letzten
Jahren gestiegen.» Dies, weil im-
mer mehr Menschen den Stimm-
zettel rasch ausfüllen und sich
von Emotionen leiten lassen. Bei
kantonalen Vorlagen sei es noch
extremer, weil noch weniger In-
formationen vorlägen. Golder
sagt: «Selbst mir passiert es,
dass ich in meinem Kanton auf
Vorlagen treffe, von denen ich
vor dem Ausfüllen des Stimm-
zettels noch gar nie gehört habe,
obwohl ich regelmässig Zeitung
lese.»
Bei den Befürwortern der
Renteninitiative findet man die
Vorwürfe zur Titelsetzung «selt-
sam», wie FDP-Nationalrat An-
dri Silberschmidt sagt. «Wir wol-
len die AHV mit einer nachhalti-
gen Lösung retten.» Deshalb sei
der Titel «schlüssig». Bei der Ab-
stimmungsfrage zur 13. AHV-
Rente stehe auch nirgends, dass
die Finanzierung nicht gesichert
sei. Im Übrigen betont Silber-
schmidt, dass die Bundeskanz-
lei die Abstimmungsfrage ge-
prüft und zugelassen habe.
Die Bundeskanzlei teilt auf
In der Abstimmungsfrage wird nicht erwähnt, dass es Anfrage mit, dass der Titel einer
um eine Erhöhung des Pensionsalters geht. Foto: Adrian Schmid Initiative dann geändert werden
müsse, wenn er irreführend sei,
kommerzielle oder persönliche
Werbung enthalte oder «zu Ver-
wechslungen Anlass gibt». Im
Falle der Renteninitiative und der
13. AHV-Rente gab es aber nichts
zu beanstanden: «Nach Ansicht
der Bundeskanzlei unterschei-
den sich diese beiden Initiativti-
tel hinreichend klar.»
Zwei Initiativen
mit irreführenden Titeln
Die Bundeskanzlei hat nach ei-
genen Angaben bisher bei zwei
Initiativen aus den 1990er-Jah-
ren eine Titelanpassung wegen
Irreführung verlangt. Die Initia-
tive «Das freie Wort» musste er-
gänzt werden mit dem Passus
«unter gleichzeitiger Abschaf-
fung des Verbots der Rassendis-
kriminierung». Die andere Initi-
ative trug den Titel «Die persön-
liche Souveränität der Bürger».
Hier setzte der Bund die Ergän-
zung durch, dass es um die «Ein-
richtung einer Fachkommission
des Senats einer Schweizeri-
schen Akademie für Technik, Le-
bensfragen und Wissenschaft als
oberste Gerichtsinstanz» geht.
Beide Initiativen scheiterten je-
doch frühzeitig, weil nicht ein-
mal die nötigen Unterschriften
zusammenkamen.
Im Falle der beiden Renten-
vorlagen ist aber insbesondere
der Bundesrat schuld am dro-
henden Durcheinander. Er ent-
schied, die beiden Initiativen
gleichzeitig vors Volk zu bringen.
«Der Bundesrat wollte damit of-
fensichtlich ein doppeltes Nein
provozieren», sagt FDP-Politiker
Silberschmidt.
Adrian Schmid
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024

Rico Bandle (Text) und

Madeleine Schoder (Fotos)
Trügerische Ruhe:
Sie lasse ihre 15-jährige Tochter Flüchtlingszentrum
abends nicht mehr allein zum im Zivilschutzbunker
Bahnhof, sagt Ramona Donatsch, (rechts).
sondern begleite sie immer. «Alle
im Quartier machen das so – lei-
der ist das mittlerweile nötig.»
Die engagierte Mutter von vier
Kindern steht vor ihrem Wohn-
haus in Steckborn TG. Vom Vor-
platz aus sieht man direkt zur
Zivilschutzanlage Bühl, die seit
Beginn des Ukraine-Kriegs als
Not-Asylzentrum des Bundes
dient – und die Bevölkerung in
dem idyllischen Städtchen tief
spaltet.
Im März 2022 trafen hier die
ersten Kriegsflüchtlinge ein, vor-
wiegend Frauen und Kinder.
Die Solidarität war gross – wie
überall im Land. Es gab Kleider-
sammlungen, freiwillige Hilfs-
angebote, viele Menschen nah-
men auch privat Flüchtlinge auf.
Dann wurden die Ukrainer in der
Unterkunft zunehmend von Af-
ghanen und Eritreern abgelöst,
hauptsächlich jungen Männern.
Die Stimmung kippte. Zumindest
bei den Anwohnern, die sich des-
wegen in einer Interessenge-
meinschaft (IG) zusammengetan
haben.
«Es wird auf die Strasse ge-
pinkelt, Frauen werden ange-
starrt», sagt Donatsch. «Es ist
hier nie mehr ruhig, immer
herrscht Lärm, auch in der
Nacht.» Sie ist über die Situati-
on sichtlich aufgebracht. Die Ge-
meinde nehme die Anliegen der
Anwohner nicht ernst. «Es sind
bereits Leute weggezogen, die es
nicht mehr aushielten.»
Interessensgemeinschaft will
Vertrag mit SEM kündigen

Ein Dorf
Auch Michael Meni ist in der IG
aktiv. Der gross gewachsene
Frührentner mit schwarzem Filz-
hut erzählt bei einem Rundgang

durchs Quartier von seinen Er-
fahrungen. «Bei mir wurde letz-
tes Jahr zweimal eingebrochen»,
sagt er. Er sei keineswegs gegen
Flüchtlinge, es sei allen klar, dass
man sie irgendwo unterbringen
müsse. «Aber hier, mitten im
Wohnviertel, ist einfach der fal-
sche Standort.»
Die IG sammelte in den letz-
ten Monaten 400 Unterschriften,
um die Kündigung des Mietver-
trags zwischen der Gemeinde
und dem Staatssekretariat für
Migration (SEM) zu erwirken.
Nächsten Donnerstag ist es so
weit: Die Bevölkerung stimmt an
einer ausserordentlichen Ge-
meindeversammlung über die
Zukunft eines Bundesasylzent-
rums ab. Ein Novum in der
Schweiz.
Der Asylstreit beschäftigt das
Städtchen mit seinen 4000 Ein-
wohnern seit Monaten. Auf der
einen Seite stehen die direkten
Anwohner, die sich vehement
wehren – auf der anderen jene
im Ausnahmezustand
Asyl-Aufstand in Steckborn TG Ein Flüchtlingsheim mitten im Wohnviertel sorgt seit Monaten
für Unruhe. Laut Anwohnern herrschen unhaltbare Zustände. Die Behörden widersprechen.
Eine hitzige Gemeindeversammlung steht bevor.
Bürgerinnen und Bürger, die sich wohner statistisch nicht belegen. maximal elf «Sicherheitsvorfäl- mit dem SEM hat noch einer sei- beinküste (7), Kolumbien (7) und
mit den Flüchtlingen solidarisie- Zwischen der Eröffnung der Un- len» pro Monat innerhalb des ner Vorgänger unterzeichnet. dem Irak (6). Bei diesen Angaben
ren und die Schilderungen der terkunft im März 2022 und Mit- Asylzentrums die Rede. Im deut- «Ich stehe aber voll dahinter», handelt es sich allerdings nur um
IG als übertrieben oder gar als te Januar 2024 habe die Polizei lich grösseren Bundesasylzent- sagt er in seinem geräumigen eine Momentaufnahme, die Zu-
Hetze betrachten. Auch die Be- erst 24-mal rund um das Asyl- rum Kreuzlingen, fünfzehn Kilo- Büro. Die Gemeinde habe mit sammensetzung wechselt stän-
hörden und sämtliche Parteien zentrum interveniert, im Durch- meter entfernt, liege die «perso- dem SEM vereinbart, dass in dem dig, der Anteil Männer war auch
sprechen sich für den Weiterbe- schnitt also etwa einmal pro Mo- nelle und strukturelle Belastung Asylzentrum keine Flüchtlinge schon deutlich höher. Also alles
trieb des Asylzentrums aus. nat. «Selbstverständlich liegt die mit sicherheitsrelevanten The- aus Nordafrika untergebracht halb so schlimm?
Selbst die SVP, die sonst immer Zahl der Delikte in Steckborn viel men» rund zehnmal höher. würden, da diese als besonders «Die Polizeistatistik ist nicht
gegen Flüchtlingsheime kämpft, höher, es konnte aber kein direk- problembehaftet gälten. aussagekräftig», sagt Michael
stellt sich nicht auf die Seite der ter Zusammenhang mit dem Eigentlich keine Flüchtlinge Das SEM bestätigt dies. Zur- Meni. «Oft fasst man die Täter
IG, sondern hat Stimmfreigabe Bundesasylzentrum hergestellt aus Nordafrika erlaubt zeit leben 70 Männer und 50 nicht, etwa bei Autoeinbrüchen.»
beschlossen. werden», sagt Pressesprecher Roland Toleti (parteilos) ist seit Frauen in der Unterkunft, die Hinzu kämen viele Fälle, die
Laut Kantonspolizei Thurgau Andy Theler. Ähnlich tönt es zweieinhalb Jahren Stadtpräsi- meisten aus Afghanistan (13), So- nicht gemeldet würden. Eine
lassen sich die Klagen der An- beim SEM. Dort ist von einem bis dent von Steckborn. Der Vertrag malia (11), Eritrea (8), der Elfen- Mutter erzählt zum Beispiel, wie

Ende Sommer 2023 sorgte Thaksin

Shinawatra weltweit für Schlagzei- Wegen Korruption des Militärputsches musste er aus
dem Land flüchten. Internationalen
«Ich hatte die Familie einmal ins
Wallis eingeladen, und sie verliebte

verurteilter Ex-Premier
len. Der ehemalige thailändische Medien zufolge lebte er zunächst in sich in den Kanton.» Mit der Pau-
Premierminister wurde wegen Kor- England, dann in Deutschland, an schalbesteuerung habe er nichts zu
ruption zu acht Jahren Gefängnis beiden Orten bekam er Probleme mit tun. «Ich habe für ihn mit verschie-
verurteilt, der König verkürzte die
Strafe allerdings auf ein Jahr. Nun
Thailands zog ins Wallis der Aufenthaltserlaubnis. Ab 2009
soll er in Dubai gewohnt haben.
denen Gemeinden Kontakt aufge-
nommen, er hat dann selber ent-
zeigen Recherchen: Der Multimilli- Dann kam Eric Stauffer ins Spiel. schieden, wohin er zieht», sagt er.
ardär lebte zuvor im Thaksin Shinawatra Der Milliardär lebte Der schillernde Genfer Politiker und «Für alles andere hat er einen Treu-
Walliser Bergort Crans- bis vor kurzem in Crans-Montana, wo er Mitbegründer des Mouvement Cito- händer, einen Anwalt.»
Montana a, auf dem Ge- yens Genevois (MCG) kandidierte
biet der Gemeinde von der Pauschalbesteuerung profitierte. 2018 mit seiner neuen Bewegung Sein Vermögen machte er
mit der Telefonie
Lens. Seinen Umzug in die Schweiz organisierte «Genève en Marche» erfolglos für
Der Telecomunter- den Genfer Grossen Rat. Seine Kam- Stauffer spielt seine Rolle wohl he-
nehmer war von 2001 ein schillernder Genfer Politiker. pagne soll zum Teil durch Shinawa- runter. Der Gemeindepräsident von
bis 20006 Premiermi- tra finanziert worden sein. Arbaz erinnert sich, wie er von Stauf-
nisster von Thai- Ein Jahr später ermöglichte Stauf- fer kontaktiert wurde: «Er sagte, ein
laand. Aufgrund fer dem Exil-Thailänder den Umzug wohlhabender Thailänder wolle mit
in die Schweiz, zuerst nach Arbaz VS, einer Pauschalbesteuerung hierher-
Niederlassungsbewilligung in der Schweiz: 2021 nach Lens. Er sei bloss als ziehen. Er organisiere den Zuzug.»
Thailands früherer Premierminister «Freund der Shinawatra-Familie» Es sei von keinen anderen involvier-
Thaksin Shinawatra. Foto: AP involviert gewesen, sagt Stauffer. ten Personen die Rede gewesen.
 Schweiz 5

gibt es an diesem kalten Mitt- der im August 2023 publiziert

ihre zwölfjährige Tochter und
eine gleichaltrige Freundin beim
Bahnhof von drei stark alko-
holisierten Asylbewerbern be-
lästigt wurden. «Solche Ereignis-
se sind sehr unangenehm, es
herrscht deswegen ein grosses
Unbehagen.»
Stadtpräsident Toleti sagt, die
Gemeinde stehe im ständigen
Austausch mit der Polizei und
dem SEM. Die Patrouillen seien
erhöht worden, das habe die Si-
tuation entschärft. Ihn stört, dass
bei der Diskussion immer nur auf
die negativen Aspekte fokussiert
werde. «Es gibt bei uns grosse
Solidarität, Freiwillige bieten
Deutschkurse an; wir bemühen
uns sehr, den Asylbewerbern
eine Tagesstruktur zu geben,
zum Beispiel, indem wir sie bei
der Strassenreinigung einset-
zen.» Er wirft der IG ein unlau-
teres Vorgehen vor: Mit einer
zweifelhaften Website habe sie
Stimmung gegen Flüchtlinge ge-
macht und das Gespräch mit den
Behörden verweigert.
Wen auch immer man im Dorf
trifft: Die Website ist fast immer
ein Thema. Viele finden, sie habe
stark zur Vergiftung des Klimas
beigetragen. Die IG veröffentlich-
te darauf Bilder von selbst ins-
tallierten Überwachungskame-
ras, die kriminelle Handlungen
oder öffentliches Urinieren
durch Flüchtlinge belegen soll-
ten. Zudem stellte sie einen E-
Mail-Verkehr mit der Gemeinde-
verwaltung ins Netz, um angeb-
liche Lügen des Stadtpräsidenten
offenzulegen. Nach wenigen Ta-
gen war die Seite nicht mehr ab-
rufbar – sie sei von Hackern
lahmgelegt worden, sagt die IG.
«Zweimal pro Woche
kommt die Ambulanz»
Federführend beim Protest ist
der Hausarzt Daniel Vuilleumier.
Sein Wohn- und Praxishaus
sticht durch die moderne Archi-
tektur und die riesige Fenster-
front sofort ins Auge – es steht
gleich gegenüber dem Asyl-
bewerberzentrum. Vom Warte-
zimmer können Patienten direkt
den Hintereingang der Asylanla-
ge beobachten. Ausser ein paar
Flüchtlingen, die zum Rauchen
rauskommen, und einigen ge-
langweilten Securitas-Wächtern
wochvormittag allerdings nichts
zu sehen.
«Abends und vor allem im
Sommer geht es hier ganz anders
zu und her», sagt Vuilleumier. Es
sei ja verständlich, dass die Asyl-
bewerber nicht in dem fenster-
losen Bunker bleiben wollten.
«Die Emissionen für die Anwoh-
ner sind aber massiv.» Einerseits
durch Flüchtlinge, die oft alko-
holisiert vor der Anlage herum-
lärmten, andererseits durch Mit-
arbeiter, die Tag und Nacht mit
ihren Autos vorfahren würden.
«Etwa zweimal pro Woche
kommt zudem mitten in der
Nacht eine Ambulanz», sagt er.
«Meine Frau schläft fast nicht
mehr.»
Dass sich alle politischen Par-
teien gegen die IG aussprechen,
ist für ihn erklärbar: «Es profi-
tieren viele Leute von der Anla-
ge: Essenszulieferer, Handwer-
ker, die Securitas, aber auch die
Gemeinde, die für die Vermie-
tung der maroden Anlage viel
Geld vom SEM kassiert», sagt er.
«Und die Profiteure setzen an-
dere unter Druck, zu schweigen.»
Flüchtlingsheim sorgt
für hohe Einnahmen
Auch der einflussreiche Patron
des örtlichen Nähmaschinenher-
stellers Bernina, Hanspeter Uel-
tschi, brachte sich in die Diskus-
sion ein. Bei der letzten Gemein-
deversammlung widersprach er
einem Bewohner, der seinen
Frust über die vielen Autoeinbrü-
che kundtat. Es sei tendenziös
und vorverurteilend, den Flücht-
lingen die Schuld für die steigen-
de Kriminalität zu geben, sagte er.
Vuilleumier ärgert sich: «Ueltschi
ist Mehrheitsaktionär des See-
und Parkhotels Feldbach, das die
Mahlzeiten in die Unterkunft lie-
fert – er profitiert also direkt von
der Unterkunft.»
Für Stadtpräsident Toleti ist
der finanzielle Aspekt durchaus
relevant, die Bevölkerung müs-
se wissen, was die Konsequen-
zen einer Schliessung wären.
Rund 250’000 Franken an Miet-
einnahmen fliessen jährlich in
die Stadtkasse. «Dies entspricht
zwei Steuerprozenten», sagt er.
Hinzu kommen Aufträge für das
örtliche Gewerbe. Für die kleine
Gemeinde ist das Asylzentrum
ein Wirtschaftsfaktor.
Vuilleumier wird bei diesem
Argument emotional – und er-
greift Partei für die Flüchtlinge.
Sich wegen des Geldes für diese
«menschenunwürdige Unter-
bringung ohne Tageslicht» aus-
zusprechen, erachtet er als «zu-
tiefst unmoralisch». Wer das ma-
che, sei «kein Deut besser als die
Schlepperbanden».
Er verweist auf eine Untersu-
chung durch die Nationale Kom-
mission zur Verhütung von
Folter, die letztes Jahr schwere
Mängel an der Steckborner Un-
terkunft feststellte. Im Bericht,
«Es herrscht grosse Solidarität»: Stadtpräsident Roland Toleti.
«Einfach der falsche Standort»: IG-Mitglied Michael Meni.
Sorge um die Kinder: Anwohnerin Ramona Donatsch.
«Zutiefst unmoralisch»: Hausarzt Daniel Vuilleumier.
wurde, ist von «grossflächigem
Schimmelbefall» an den Wänden
die Rede, an gewissen Stellen
blättere die Farbe ab. Frauen
müssten für den Toilettenbesuch
zum Teil durch den Männer-
schlafsaal gehen, auch in der
Nacht. Die Frauendusche grenze
zudem an einen Gemeinschafts-
raum, weshalb zweimal täglich
eine Mitarbeiterin des Sicher-
heitsdienstes für eine halbe
Stunde vor dem Eingang des
Duschraums stehen müsse, da-
mit die Frauen in Ruhe duschen
könnten.
Fazit: «Die Kommission beur-
teilt die Zivilschutzanlage Steck-
born als baulich ungeeignet und
den internationalen Standards
nicht genügend, um Asylsuchen-
de unterschiedlichen Geschlechts
unterzubringen.»
Für Vuilleumier ist es nicht
verwunderlich, wenn Asylbewer-
ber unter solchen Bedingungen
irgendwann zu randalieren be-
ginnen und zu Alkohol greifen.
Der Protest der Anwohner rich-
te sich auch nicht gegen sie, son-
dern gegen die Politik. Und zwar
nicht nur die lokale. «Der Stän-
derat verweigerte letztes Jahr die
Finanzierung von Containern zur
Unterbringung», sagt er. Deshalb
kämen die Flüchtlinge jetzt in
solche ungeeigneten Zivilschutz-
bunker. «Wir Anwohner müssen
die Folgen dieses Berner Polit-
spiels ausbaden.»
Stadtpräsident Toleti relati-
viert den Bericht der Anti-Folter-
Kommission: «Die Bedingungen
sind nicht optimal, das ist so –
aber auch nicht so schlimm wie
dargestellt.» Er sei regelmässig
in der Unterkunft. «Für viele ist
dieser temporäre Aufenthaltsort
wohl immer noch besser als der
Ort, von dem sie geflüchtet sind»,
sagt er.
Entscheidend wird sein, wer
besser mobilisieren kann
Nächsten Donnerstag kommt es
in der Turnhalle Feldbach zum
Showdown. Eine Prognose, wie
es herauskommt, wagt niemand.
«Ich hoffe schon, dass sich die
Foto: PD Vernunft durchsetzt», sagt Tole-
ti. Die IG hat einen Antrag ge-
stellt, die Abstimmung anonym
durchzuführen. «Bei diesem
heiklen Thema wäre das ange-
bracht», sagt Vuilleumier.
Am Ende wird wohl entschei-
dend sein, welche Seite mehr
Leute von einer Teilnahme über-
zeugen kann. Vuilleumier hat
selbst im Warteraum seiner Pra-
xis einen Aushang platziert, der
zum Hingehen aufruft.
Es dürfte eine hitzige Ge-
meindeversammlung werden.
Normalerweise nehmen zwi-
schen 80 und 150 Wahlberech-
tigte teil. Nun wird in der Turn-
halle für 500 gestuhlt – und
Platz gelassen für Fernsehteams
und Journalisten aus der ganzen
Schweiz.

Shinawatra brachte es mit seiner Te-
lecomgesellschaft zu grossem Ver-
mögen. Durch einen exklusiven Auf-
trag der Regierung stieg er 1986 zum
grössten Anbieter des Landes auf.
2001 wurde er zum Premierminister
gewählt. Unter ihm verringerte sich
die Armut signifikant, er investierte
viel ins öffentliche Gesundheitssys-
tem. Für Kritik sorgte sein Kampf ge-
gen die Drogenkriminalität: Laut
NGOs wurden mehrere Tausend
Menschen ohne Gerichtsverfahren
hingerichtet.
Nach dem Putsch und seiner
Flucht 2006 wurde er wegen Korrup-
tion verurteilt. Er soll seiner Frau
den Erwerb eines Landstücks in
Bangkok zu einem Drittel des Markt-
preises ermöglicht haben. Ausser-
dem soll er sein staatsrelevantes Mo-
bilfunkunternehmen unerlaubter-
weise für 1,9 Millionen US-Dollar an
ausländische Investoren verkauft
haben. Shinawatra stritt die Vorwür-
fe stets ab.
Weshalb erhielt er
die Bewilligung?
Im Jahr 2010 wurde ein Haftbefehl
wegen Terrorismus gegen ihn erlas-
sen. Die thailändischen Behörden
werfen ihm vor, weiterhin gewalttä-
tige Oppositionsparteien zu führen
und zu finanzieren.
Dies alles hinderte die Schwei-
zer Behörden nicht daran, ihm eine
Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
Wie ist das möglich? Das Staatsse-
kretariat für Migration (SEM) er-
klärt in einer gemeinsamen Ant-
wort mit Fedpol und dem Aussen-
departement: «Wir äussern uns
nicht zu Einzelfällen. (...) Für die
Erteilung einer solchen Aufent-
haltserlaubnis werden die innen-
und aussenpolitischen Implikatio-
nen geprüft.» Ein Antragssteller
dürfe keine Verbindung zu organi-
sierter Kriminalität oder Geldwä-
scherei haben, generell dürfe die
Anwesenheit keine Gefahr für die
innere oder äussere Sicherheit der
Vermittelte den Umzug: Der Genfer
Politiker Eric Stauffer. Foto: Keystone
Schweiz darstellen. Der Status wer-
de jedes Jahr neu bewertet.
Normalerweise reicht schon ein
laufendes Verfahren, um eine Auf-
enthaltsbewilligung zu verweigern.
Das SEM lehnte zum Beispiel die
Niederlassung eines Venezolaners
in Genf ab, der in einem umfangrei-
chen Korruptionsfall verdächtigt
wird und gegen den mehrere Län-
der, darunter die Vereinigten Staa-
ten, ermitteln. Es lehnte auch den
Antrag von Roman Abramowitsch
wegen seiner angeblichen Beziehun-
gen zu kriminellen Organisationen
und der in den Vereinigten Staaten
durchgeführten Ermittlungen ab.
Shinawatra war bereits verurteilt
worden, als er in die Schweiz kam.
Weshalb die Behörden trotzdem zu
einem positiven Entscheid kamen,
bleibt rätselhaft.
Eric Stauffer beschreibt die Shina-
watra-Familie als «sehr respektvol-
le Menschen». Für ihn sei Thaksin
Shinawatra ein «grossartiger Mann,
der viel Positives für sein Land ge-
tan hat». Er fügt hinzu, dass sein
Freund «Opfer eines Putschversuchs
in Thailand war».
Im August 2023, kurz nachdem
seine Partei die Wahlen gewonnen
hatte, kehrte Thaksin Shinawatra in
seine Heimat Thailand zurück, wo
er verhaftet und – aus gesundheitli-
chen Gründen – in einem Spital fest-
gehalten wurde. Er dürfte sich noch
immer dort aufhalten.
Ob er nach der Verbüssung seiner
einjährigen Haftstrafe in Thailand
in die Schweiz zurückkehren wird,
bleibt offen.
Julien Culet und Marie Parvex
6 Schweiz
Bettina Weber
Der Befund schreckte letzte Wo-
che auf: «Junge Männer driften
nach rechts ab», fasste der «Spie-
gel» eine internationale Studie
zusammen. Die Resultate beru-
hen auf einer Umfrage, decken
sich aber mit Abstimmungsda-
ten aus der Schweiz: Während
die Frauen immer linker wählen,
gilt für die jungen Männer das
exakte Gegenteil. Eilig wurden
Expertinnen und Experten be-
fragt, wie dieser Geschlechter-
graben zustande komme, und in
Kommentaren und Analysen
wurde zu ergründen versucht,
was bloss mit den jungen Män-
nern falsch laufe.
Weil viel über sie geredet wur-
de, aber kaum je mit ihnen, tra-
fen wir Mick Biesuz zum Ge-
spräch. Er ist 21 und momentan
Zeitoffizier in Bière. Zusammen
mit zwei Kollegen wurde er 2022
schweizweit bekannt, als sie für
ihre Maturarbeit von 3500 Aar-
gauer Kantischülerinnen und
-schülern wissen wollten, wie
politisch neutral sie den Unter-
richt empfinden. Die Mehrheit
war der Meinung, es herrsche ein
ideologischer Linksdrall und An-
dersdenkende fühlten sich be-
nachteiligt. Biesuz ist Mitglied
der Jungfreisinnigen und möch-
te nach dem Militärdienst Inter-
nationale Beziehungen an der
HSG studieren.
Herr Biesuz, junge Frauen
wählen in vielen Ländern
immer linker, junge Männer
immer rechter. Haben Sie dafür
eine Erklärung?
Mir scheint, dass Männer mehr
als Frauen finden, sie seien selbst
für ihr Leben verantwortlich. Und
das auch so wollen. Wir mögen
es weniger, wenn wir das Gefühl
haben, man wolle uns am Händ-
chen nehmen. Diese linke Idee,
Menschen bräuchten bei allem
möglichen Unterstützung, ist mir
fremd. Ich gehe davon aus, dass
Menschen grundsätzlich mün-
dig sind und, sofern sie nicht
wegen Einschränkungen Hilfe
benötigen, in der Lage, ihr Leben
ohne den Staat zu meistern.
Offenbar ist der Graben aber
so gross wie noch nie – dabei
sind die Geschlechter doch so
gleichberechtigt wie noch nie.
Das sind sie offenbar ja nicht. Es
wird doch dauernd über die Be-
nachteiligung von Frauen be-
richtet. Für uns junge Männer um
die 20 ist diese Debatte komisch.
Wir kennen es gar nicht anders,
als dass Frauen gleichberechtigt
sind. Es ist völlig klar, dass eine
Beziehung partnerschaftlich
läuft und Frauen Vorgesetzte
sein können. Wenn uns nun aber
dauernd erklärt wird, die Frau-
en seien arm dran, irritiert das.
Warum?
Ich verstehe nicht, wieso immer
der Eindruck vermittelt wird,
man müsse den Frauen helfen.
Dass so getan wird, als ob sie es
sonst nicht schaffen im Leben.
Das heisst doch, dass man sie für
weniger mündig hält. An der Kan-
ti hatte es mehr junge Frauen als
junge Männer – das waren wirk-
lich keine hilfsbedürftigen We-
sen, denen der Staat helfen muss.
Was stört Sie und Ihre Kollegen
am meisten?
Natürlich kann ich nicht für alle
reden. Aber ich würde sagen,
dass das Gefühl vorherrscht, uns
würden dauernd Dinge vorge-
worfen, für die wir nichts kön-
nen. Wir sind gerade mal 20 Jah-
re auf der Welt, aber uns wird ge-
sagt, weil Männer früher in der
Übermacht gewesen seien, müs-
se man jetzt Gegensteuer geben
und die Frauen bevorzugen.
Bloss: Daran sind wir nicht
schuld. Wir haben niemandem
den Job weggenommen, wir ha-
ben niemanden diskriminiert.
Leuchtet es nicht ein,
dass ein gewisser
Nachholbedarf besteht?
«Die einzigen Fürsprecher,
die wir haben, sind gestörte
Typen wie Andrew Tate»
Politischer Geschlechtergraben Über junge Männer wie Mick Biesuz
wird gerade viel geredet. Aber kaum jemand fragt, was sie selber vom Begriff
«toxische Männlichkeit» halten. Oder von linken Frauen.
«Es wird uns gleichzeitig toxische Männlichkeit und zu hohe Empfindlichkeit vorgeworfen»: Mick Biesuz.
Die Frauenförderung an sich ist
nicht das Problem, sondern dass
wir im selben Atemzug negativ
dargestellt werden. Dass dauernd
von toxischer Männlichkeit die
Rede ist oder Slogans wie «Men
are trash» akzeptabel sind. Das
ist befremdlich, zumal jene, die
solche Sachen sagen, für sich
selbst in Anspruch nehmen, sen-
sibel zu sein. Der Erfolg von An-
drew Tate verwundert mich des-
halb überhaupt nicht.
Der britische Influencer
mit riesiger Fangemeinde,
der wegen Vergewaltigung
in U-Haft sass und ein
ultrareaktionäres Weltbild
vertritt: Frauen sollen
gehorchen, kochen und putzen.
Warum ist er für so viele junge
Männer ein Held?
Weil er zwar viel Absurdes von
sich gibt, aber eben immer wie-
der Dinge anspricht, die sonst
niemand mehr sagt. Er trifft da-
mit einen Nerv, junge Männer
fühlen sich verstanden und ge-
hört. Wenn dann die Medien
schreiben, er sei blöd und seine
Anhänger seien noch blöder, se-
hen sie sich in ihrer Meinung erst
recht bestätigt. Etwas überspitzt
gesagt: Das Problem ist, dass die
einzigen Fürsprecher, die wir
jungen Männer heute haben, so
gestörte Typen wie Andrew Tate
sind.
Junge Männer fühlen sich also
nicht verunsichert, wie es oft
heisst, sondern eher
unverstanden?
Genau. Es war bezeichnend, wie
auf die Studie reagiert wurde: Die
Experten verwendeten die übli-
chen Schlagworte und redeten
von toxischer Männlichkeit. Und
sie erklärten, was an uns falsch
sein soll, weil wir nicht links sind.
Da muss man sich nicht wun-
dern, wenn sich viele junge Män-
ner abgelehnt fühlen und sich
nur noch in ihrer Bubble bewe-
gen. Sie sagen sich: Klassische
Medien konsumiere ich nicht
mehr. Die finden uns sowieso
blöd und alle, die wir gut finden,
erst recht.
Das mutet schon
ein wenig beleidigt an.
Es ist nicht so, dass alle Männer
deswegen in eine schwere Krise
geraten. Was nervt, ist diese un-
nötige Grundfeindlichkeit. Und
es ist ein Widerspruch, wenn uns
gleichzeitig toxische Männlich-
keit und eine zu hohe Empfind-
lichkeit vorgeworfen wird. Wenn
wir sagen, es störe uns, könnte
man uns doch auch mal zuhö-
ren. Oder uns zumindest nicht
einfach daneben finden, bloss
weil wir eine andere Meinung
haben als Frauen.
Bei welchen Themen
beobachten Sie das?
Es gibt zum Beispiel jene, die es
nicht gut finden, wenn Homo-
sexuelle Kinder adoptieren kön-
nen, aus religiösen Gründen oder
weshalb auch immer. Ich teile
diese Meinung nicht, ich finde,
alle sollen ihr Leben leben kön-
nen, wie sie wollen. Trotzdem
akzeptiere ich Leute, die so den-
ken. Bei den Linken gilt aber häu-
fig: Wer nicht meiner Meinung
ist, ist böse. Zumindest meistens.
Wie meinen Sie das?
Secondos etwa sind in gesell-
schaftlichen Fragen häufig viel
weniger offen. Sie lehnen etwa
Homosexuelle eher ab oder ver-
treten konservative Haltungen
Frauen gegenüber. Ihnen wird
das aber kaum je vorgeworfen.
«Ich habe nur einen
einzigen Kollegen,
der sagt, er möchte
Hausmann
werden.»
Warum nicht?
Es gibt da eine Art Kategorisie-
rung. Das Hauptkriterium ist die
Benachteiligung. Weil ein Secon-
do als benachteiligter gilt als ich,
ist es weniger schlimm, wenn er
Frauen abwertet, als wenn ich
das tun würde. Es gibt ganz vie-
le Kombinationen und Formen,
wie man benachteiligt sein kann,
und je nachdem, wie weit oben
man auf der Skala ist, wird eine
Foto: Boris Müller
Aussage gegen Frauen, Homose-
xuelle oder Migranten entspre-
chend mehr relativiert. In dieser
Kategorisierung verliert nur ei-
ner immer: der weisse Mann –
schlimmer ist nur noch der rech-
te weisse Mann. Wo ist jetzt da
die Gleichberechtigung?
Wenn es heisst, dass junge
Männer immer rechter werden:
Heisst das FDP-bürgerlich,
SVP-konservativ
oder noch rechter?
Das geht schon eher Richtung
konservativ. Das liegt wohl dar-
an, dass so viele Beiträge in den
sozialen Medien aus den USA
kommen, wo die Gesellschaft viel
krasser geteilt ist. Die amerika-
nischen Verhältnisse werden
dann eins zu eins in die Schweiz
übersetzt, ohne zu abstrahieren,
dass hier alles ein paar Num-
mern kleiner ist oder gewisse
Probleme schlicht nicht im sel-
ben Ausmass vorhanden sind.
Das gilt für beide Seiten.
Sie selbst sind mit 15 den
Jungfreisinnigen beigetreten –
eine ungewöhnliche Parteiwahl
in diesem Alter. Wie kam das
in der Schule an?
Die meisten fanden es spannend,
es gab keine negativen Reaktio-
nen, wir haben uns auch nicht
mit den Jusos gefetzt oder so. Das
Problem waren mehr die Lehrer.
Inwiefern?
Wenn man sich dafür interes-
sierte, was auf der Welt so läuft,
11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
merkte man im Unterricht, dass
vieles Schlagseite hat, und zwar
nach links. Banken und die Wirt-
schaft waren immer böse und
wurden schlechtgeredet. Das Kli-
ma war Dauerthema, wobei es
vor allem darum ging, was man
alles verbieten sollte. Weil uns
diese fehlende Neutralität ärger-
te, fanden wir zu dritt: Das ma-
chen wir zum Thema unserer
Maturarbeit.
Sie befragten dafür
3500 Gymischülerinnen und
-schüler des Kantons Aargau,
520 davon antworteten.
Das Ergebnis: Die Mehrheit
stimmte Ihnen zu. Das sorgte
schweizweit für Aufsehen.
Ja, der Kanton Aargau gab dar-
aufhin eine Untersuchung in Auf-
trag – und befand dann, es sei al-
les in bester Ordnung. Das stimmt
aber nicht. Wenn man den Unter-
suchungsbericht genau liest,
steht da ganz am Schluss klipp
und klar, dass sich viele nicht
links Denkende in der Schule be-
nachteiligt fühlen. Trotzdem war
damit die Sache für die Politik er-
ledigt. Wenn doch aber Gefühle
heute einen so hohen Stellenwert
haben – warum werden sie ein-
fach weggewischt, wenn sie für
einmal nicht von der linken Sei-
te kommen?
Viele junge Frauen sehen sich
als links, leben aber trotzdem
meist die klassische Rollen-
verteilung, bei der die Männer
fürs Geldverdienen zuständig
sind. Woran liegt das?
Manche finden ja deswegen, dass
die Frauen sich nur die coolen
Sachen der Gleichberechtigung
rauspicken. Aber es hat sicher
damit zu tun, dass die sozialen
Medien uns zur Meinungsgesell-
schaft gemacht haben: Man muss
dauernd zeigen, dass man auf
der richtigen, guten Seite steht –
deshalb schmücken Firmen ihr
Logo mit der Regenbogenflagge
und geben sich junge Frauen
feministisch. Ob das dann wirk-
lich konsequent gelebt wird,
steht auf einem anderen Blatt.
Besonders deutlich wurde das
beim Klima, für das viele Junge
demonstrierten – gleichzeitig
verreiste aber niemand so häu-
fig mit dem Flugzeug wie eben-
diese Altersgruppe.
Wie stellen Sie sich
eine Partnerschaft vor?
Eine Zeitung titelte «Linke Frau-
en wollen keine rechten Män-
ner» – meine Freundin ist linker
und grüner als ich und trotzdem
mit mir zusammen. Wir respek-
tieren die jeweils andere Mei-
nung. Das sollte doch normal
sein. Was aber auffällt: Ich habe
nur einen einzigen Kollegen, der
sagt, er möchte Hausmann wer-
den, weil er keine Lust habe, bis
65 zu arbeiten. Bei den meisten
anderen ist es ein grosses The-
ma, dass sie beruflich Erfolg ha-
ben, etwas erreichen und Geld
verdienen wollen. Das ist Män-
nern extrem wichtig, das scheint
mir wirklich so ein Männerding.
Warum?
Wir mögen einfach den Wettbe-
werb, wir messen uns gern. Das
gilt aber auch wieder als toxische
Männlichkeit – es gibt ja Schu-
len, die deshalb den Sporttag
abschafften.
Was, wenn nun Ihre Freundin
dereinst mehr verdient?
Ich bin ehrlich: Das fände ich
vielleicht schon etwas komisch.
Handkehrum sah ich kürzlich ei-
nen alten Film, in dem die Frau
als totales Dummchen darge-
stellt wurde. Ich fand das furcht-
bar – für die Frau, aber genauso
für den Mann. Ich möchte doch
eine Partnerin auf Augenhöhe
und kein Anhängsel. Wenn eine
Familie früher neun Kinder hat-
te und der Mann seinen Job ver-
lor, war das eine Katastrophe,
weil die Frau damals nicht das
Geld verdienen konnte. Heute ist
das zum Glück anders, und wir
Männer profitieren auch davon,
weil es Druck wegnimmt.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024 Schweiz 7

Weil die älteren Produkte

Fabienne Riklin
«En Seich» sei die aktuelle Situation
für Menschen mit Diabetes und Adi-
positas in der Schweiz. Das sagt Su-
sanne Maurer, Leiterin des Zentrums
fehlen, müssen Patienten
auf die neuen Wegovy-
Spritzen ausweichen und
bale Liefersituation
angespannt, weshalb wir
Jetzt locken
selber bezahlen. Foto: Imago leider kurzfristige Lieferengpäs- 48 Millionen
se nicht ganz ausschliessen können.»
Um eine schweizweite Verfügbarkeit Franken
zu garantieren, würden die Bestel- Lotto-Fieber Auch in

Wut und Frust

für Adipositas- und Stoffwechselme- lungen kontingentiert.
Runde 48 blieb der Jackpot
dizin in Winterthur. Grund für die
drastischen Worte: Es mangelt landes- Muss die Schweiz ungeknackt – obwohl
weit an genügend Abnehmspritzen. hinten anstehen? fast 750’000 Menschen

statt weniger
Zwar hat Maurer «einen ganzen Susanne Maurer von Adimed geht je- mitspielten.
Kühlschrank voll» Wegovy, dem neu- doch davon aus, dass der amerikani-
esten Medikament zur Gewichtsre- sche Markt bevorzugt wird, weil dort
duktion des dänischen Herstellers die Preise am höchsten sind. Eine 17, 20, 32, 35, 36, 42 und die

Novo Nordisk. Doch die beiden älte-
ren Produkte Ozempic und Saxenda
fehlen ganz oder sind nur in kleinen
Mengen verfügbar. Diesen Monat
zum Beispiel hat Maurer lediglich
150 Saxenda-Dosen erhalten. Dabei
wären etwa 1000 ihrer Patientinnen
und Patienten darauf angewiesen.
«Ich bin also gezwungen, auf We-
govy umzustellen», sagt die Ärztin. Das
Problem: Die Adipositas-Spritze, die
seit November in der Schweiz verfüg-
bar ist, kostet nicht nur gut 100 Fran-
ken mehr als die älteren Produkte,
auch bezahlen die Krankenkassen die
Behandlung nicht. Die Verhandlungen
zwischen Hersteller und Bundesamt
für Gesundheit (BAG) laufen. Vorerst
erhält die Wegovy-Spritze nur, wer
monatlich 250 Franken aus dem eige-
nen Portemonnaie hinblättern kann.
Erstmals wirksame
Adipositas-Behandlung
Etwa die Hälfte von Maurers Patien-
ten kann sich das nicht leisten. Das
führt zu Frust teilweise gar zu Aggres-
sion. «Viele sind ob der Situation häs-
sig, manche mir gegenüber auch aus-
fällig», sagt die Ärztin, die seit zwölf
Jahren das Adimed führt, ein vom BAG
anerkanntes Adipositas-Zentrum, wo
rund 3000 Patienten behandelt wer-
den. Tatsächlich darf die Behandlung
auf Kosten der Grundversicherung
ausschliesslich von Diabetologen und
spezialisierten Zentren angeordnet
werden und nur Menschen verschrie-
ben werden, die an Adipositas leiden.
Kilos
Schachtel Ozempic kostet in der Glückszahl 2: Damit hätte der
Schweiz 130 Franken, in den USA Jackpot in der 48. Runde ge-
rund 800 Franken. «Das mag ein knackt werden können. Doch
Grund sein, dass da die Schweiz hin- einmal mehr hat niemand alle
ten anstehen muss», sagt Maurer. Sie sechs Richtigen plus Glückszahl
Fett-weg-Spritzen Ozempic und Saxenda sind schätzt, dass heute im Vergleich zum
Vorjahr weniger als halb so viele Do-
getippt. So bleibt der Jackpot seit
dem 26. August vergangenen Jah-
hierzulande kaum mehr erhältlich – und sen verfügbar sein dürften. res unangetastet. Man kann sich
das neue Produkt wird von der Kasse nicht Andernorts tönt es ähnlich. «Ozem-
pic ist noch eingeschränkter verfüg-
bis zur nächsten Ziehung am
Mittwoch also noch einmal über-
bezahlt. Adipositas-Kranke sind am Verzweifeln. bar als Wegovy. Und die Liefersituati- legen, was man mit dem vielen
on von Saxenda ist weiter rückläufig», Geld alles anstellen wird.
sagt Diane Möller-Goede, Kaderärztin Nun locken 48 Millionen Fran-
Mindestens einen Body-Mass-Index tid (in Saxenda). «Damit haben wir Endokrinologie im Spital Wetzikon. ken. Also gleich viel, wie beim bis-
(BMI) von 35 muss ein Patient ohne erstmals eine wirksame und sichere Ein Neustart einer Saxenda-Behand- her grössten Lotto-Gewinn am
Vorerkrankungen haben, sonst zahlt Behandlung der Adipositas», sagt lung sei daher nicht sinnvoll. 23. August 2014 erzielt wurde:
die Krankenkasse die Abnehmsprit- Marc Donath, Chefarzt Endokrinolo- Die Krux der Adipositas-Spritzen: 48’598’075 Franken und 75 Rap-
ze Saxenda nicht. Bei der ebenfalls gie, Diabetologie und Metabolismus Sie müssen ein Leben lang angewen- pen durfte der oder die Glückliche
gegen Übergewicht eingesetzten Di- am Universitätsspital Basel. Auch det werden. Kaum werden sie abge- damals einstecken. Der höchste
abetes-Spritze Ozempic ist ein BMI würden diese Medikamente damit setzt, kehren die Pfunde erbarmungs- Jackpot in der Geschichte des
von 28 erforderlich. «Diese Menschen verbundene Komplikationen verbes- los zurück. Doch die Behandlung ist Schweizer Zahlenlottos befindet
haben nicht einfach ein paar sern: Diabetes, Herz-Kreis- derzeit auf drei Jahre festgelegt. Da- sich aber immer noch in weiter
Kilo zu viel auf den Rippen, lauf-Erkrankungen und Tod. nach zahlen die Kassen nicht weiter. Ferne: Er betrug 70 Millionen
sondern ein ernsthaftes ge- Alle drei Produkte werden In Maurers Praxis trifft dies auf erste Franken, wurde im Dezember
sundheitliches Problem», vom Konzern Novo Nordisk Patientinnen und Patienten zu. «Eine 2016 allerdings von drei Spielern
sagt Maurer. hergestellt, dem mittlerweile schwierige Situation», sagt die Ärztin. geknackt, die sich die Summe tei-
Umso mehr ärgert es sie, wertvollsten europäischen Die Wartelisten werden lang, bei len mussten. Eine Begrenzung des
dass wegen des Hypes um die Unternehmen. Diese Woche Maurer sind es für neue Patienten Jackpots gibt es nicht.
Produkte ein Lieferengpass Susanne kündigte Novo Nordisk an, fast acht Monate. Ihre Patientinnen
entstanden ist. Auch in Euro- Maurer. Foto: PD für 11 Milliarden Dollar drei und Patienten haben durchschnitt- Bisher 868 Millionäre
pa ging die Nachfrage nach Pharmafabriken zu kaufen. lich einen BMI von 42 und sind Die Höhe der Gewinnsumme und
Fett-weg-Spritzen durch die Decke, Die Werke, die sich in Italien, Belgien 46 Jahre alt. «Ein normales Leben zu die Tatsache, dass der Jackpot im
seit Prominente wie Elon Musk, Rob- und den USA befinden, sollen mög- leben und zu arbeiten, ist so schlicht letzten Jahr nie auch nur annä-
bie Williams oder die Kardashians lichst schnell in die Herstellung der nicht möglich», sagt die Medizinerin. hernd so hoch war, haben in den
letztes Jahr offengelegt haben, dass Abnehmmittel eingebunden werden. «Wir sollten als Gesellschaft ein In- vergangenen Tagen zu einem
sie mit Ozempic abnehmen. Zurzeit kommt der Konzern mit teresse daran haben, dass diese Men- Sturm auf die 3000 Lotto-Ver-
Als «Game Changer» gelten die Produzieren nicht nach, wie eine schen eine Behandlung bekommen kaufsstellen geführt. Die Kiosk-
Wirkstoffe Semaglutid (in Ozempic Sprecherin bestätigt: «Aufgrund der und die Spritzen nicht als Lifestyle- frauen hatten bis Samstagnach-
und in Wegovy) sowie auch Liraglu- weltweit hohen Nachfrage ist die glo- Medikament verwendet werden.» mittag 17 Uhr alle Hände voll zu
tun: Gemäss Swisslos haben
schweizweit fast 750’000 Men-
schen ihr Glück versucht. Am
meisten Lottozettel pro Einwoh-
ner werden in den Kantonen

Auf 2300 Metern liegen über 2 Meter Schnee
Wo sich die Skiferien lohnen In vielen hoch gelegenen Skigebieten hat es überdurchschnittlich viel
geschneit. Auch die bisherige Saison lief erfreulich. Weiter unten öffnen bereits die Rodelbahnen.
Die Skiferien beginnen, aber überall
fehlt der Schnee. Überall? Nein, in den
hoch gelegenen Gebieten heisst es
vielerorts im Pistenbericht: Pulver
gut. Regnete es im Flachland, schnei-
te es in der Höhe. Tatsächlich liegt
oberhalb von 2000 Metern sogar über-
durchschnittlich viel Schnee, in Grau-
bünden noch etwas mehr als im Wal-
lis. Die Messstation des Instituts für
Schnee- und Lawinenforschung (SLF)
in Klosters auf 2300 Metern zum Bei-
spiel zeigt derzeit 210 Zentimeter
Schnee an – normal zu dieser Zeit sind
170 Zentimeter. In Verbier misst die
Schneedecke auf 2500 Metern 185 Zen-
timeter – im Durchschnitt sind es An-
fang Februar 150 Zentimeter.
Die hoch gelegenen Gebiete konn-
ten bisher nicht nur von guten Pis-
tenverhältnissen, sondern auch von
vielen sonnigen Wochenende profi-
tieren. Das zeigt der Zwischenbericht
der Bündner Bergbahnen von dieser
Woche: Im Fünfjahresvergleich ver-
zeichneten sie 18 Prozent mehr Gäs-
te. Im Vergleich zum 10-Jahres-
Durchschnitt sogar 23 Prozent mehr.
Und auch in anderen hoch gelegen
Regionen herrscht alles andere als
Tristesse – man ist im Gegenteil «sehr
zufrieden». Im Wallis waren 18 Pro-
zent mehr Gäste unterwegs und im
Waadtland 30 Prozent mehr als im
Fünfjahresvergleich.
Alternativen: Hüpfburg
und Laternenwanderweg
Berno Stoffel, Direktor von Seilbah-
nen Schweiz, ist auch für den zwei-
ten Teil der Saison zuversichtlich:
«Die Schweizer bleiben dem Skifah-
ren treu.» Auch kämen wieder mehr
Junge auf die Pisten. «Die Schnee-
Pulver gut: Wintersportler geniessen im Skigebiet Arosa-Lenzerheide erstklassige Verhältnisse.
sportinitiative, in der wir Skilager
promoten und organisieren, war sehr
erfolgreich.» 2023 gingen über 17’000
Kinder allein durch die Initiative «Go
Snow» wieder ins Skilager.
Stoffel sagt aber auch: Der Klima-
wandel mache den allermeisten Ge-
bieten zu schaffen. «Skigebiete ohne
Beschneiung werden es in Zukunft
schwer haben.» Ist es zu warm, bringt
aber auch das nichts. Das musste das
Skigebiet Sattel-Hochstuckli SZ (1600
Meter) feststellen. Der Verwaltungsrat
hat nach der letzten – zu grünen – Sai-
son entschieden, zwei der drei Skilif-
te abzuschalten. Die Betreiber haben
das Angebot ganz an die neuen klima-
tischen Bedingungen angepasst. Statt
die Schlittelpiste zu öffnen, haben sie
die Rodelbahn vom wenigen Schnee
befreit und an den Festtagen in Be-
trieb genommen. Auch eine Hüpfburg
steht bei der Talstation bereit sowie
ein Laternenwanderweg.
Foto: Gian Ehrenzeller (Keystone)
Letzten Februar kratzten auch die
Pistenbetreiber von höher gelegenen
Gebieten den Schnee zusammen.
Christoph Marty, Klimawissenschaft-
ler beim SLF in Davos, sagt aber: Die
beiden Winter seien nicht zu verglei-
chen. Der letzte sei wegen der Tro-
ckenheit aussergewöhnlich gewesen
und auch nicht typisch für den Kli-
mawandel. Der aktuelle schon eher.
Fabienne Riklin
Schwyz, Zug und Graubünden
ausgefüllt. Die geringsten Spiel-
einsätze werden in den Kantonen
Appenzell Ausserrhoden, Tessin
und Basel-Stadt verzeichnet.
«Niemand macht mehr Milli-
onäre», lautet das Versprechen
von Swisslos. Tatsächlich dürfen
jedes Jahr zwischen 20 und
30 Glückliche über einen Millio-
nengewinn jubeln. Seit der ersten
Ziehung durften 868 Personen ei-
nen Millionen-Gewinn einstrei-
chen. Die meisten Lotto-Millio-
näre stammen aus den Kantonen
Zürich, Bern und Waadt.
Ein paar Tipps für die nächste
Ziehung gefällig? Die Zahl 36
scheint besonders gewinnbrin-
gend zu sein, sie wurde nicht nur
gestern Samstag gezogen, son-
dern gehörte bisher am häufigs-
ten zu den Gewinnzahlen (568-
mal). Die Zahl 41 hingegen scheint
kein Renner zu sein, sie wurde am
seltensten ausgewählt (464-mal).
Besonders oft werden Geburts-
tagszahlen getippt, die Zahlen
zwischen 32 und 42 werden des-
halb weniger häufig angekreuzt.
Eine der beliebtesten Kombinati-
onen ist die Siebner-Reihe: 7, 14,
21, 28, 35 und 42. Sie wurde in den
letzten Ziehungen hundertfach
gespielt. Die Sieben als Glücks-
zahl scheint zu ziehen.
Bis zu einem Gewinn von 1000
Franken wird das Geld direkt an
der Verkaufsstelle ausbezahlt –
wenn der Kiosk denn so viel Bar-
geld in der Kasse hat. Bei höhe-
ren Summen händigt der Betrei-
ber stattdessen eine sogenannte
Gewinneinforderungs-Quittung
aus. Mit dieser meldet sich der
oder die Glückliche im Hauptsitz
von Swisslos in Basel. Gewinne
bis zu einer Million Franken sind
nach dem neuen Geldspielgesetz
von 2019 steuerfrei.
Chris Winteler
8 International
«Ich habe
Krebs»: Titel-
seite der
«Sun» Anfang
Februar (l.);
Charles mit
Grossvater
George VI. im
Jahr 1951 (r.).
Fotos: Getty
Images
Bettina Weber
Die Windsors gelten als zäh und
gesegnet mit einer robusten
Konstitution, jedenfalls werden
sie regelmässig rekordverdäch-
tig alt: Queen Mum 101, Prinz
Philip 99 und die im September
2022 verstorbene Elizabeth II. 96
Jahre. Weil die Royals kein Pen-
sionsalter kennen und ihr Beruf
darin besteht, öffentliche Auftrit-
te zu absolvieren, fällt jede Ab-
wesenheit sofort auf – und be-
darf einer Erklärung. Bis vor zwei
Wochen entsprachen die Com-
muniqués aus dem Palast kaum
je der Wahrheit, vielmehr wurde
diese wolkig verwedelt oder
dann gleich brandschwarz gelo-
gen. Denn fast alle Mitglieder der
königlichen Familie litten im
Laufe ihres Lebens an Krebs –
das blieb aber immer geheim.
George VI. wurde nicht
gesagt, dass er Krebs hat
Dass König Charles seine ver-
grösserte Prostata öffentlich
machte, sorgte daher für Verblüf-
fung auf der Insel. Medizinische
Details aus dem Buckingham Pa-
lace war man nicht gewohnt, De-
tails zum königlichen Unterleib
schon gar nicht. Es wurde allge-
mein als Zeichen dafür gewertet,
dass die britische Monarchie mit
der Zeit gehen und offener kom-
munizieren will. Transparenz ist
das Schlagwort der Stunde, dar-
um kommen auch Königs nicht
herum.
Allerdings hatte die Neuerung
von Anfang an Grenzen. Das
Frühforderung Der Klavier-Hype im Reich der Mitte ist vorbei. Die Pianoindustrie ächzt, die Kinder freuts.
Mitte Januar spielte der britische
Boogie-Woogie-Pianist Brendan
Kavanagh auf einem öffentlichen
Klavier im Londoner Bahnhof
St. Pancras eine live ins Internet
gestreamte Show. Plötzlich
tauchten ein paar Passanten mit
chinesischen Flaggen auf. Als sie
merkten, dass er filmte, verlang-
ten sie, dass er die Aufnahmen
lösche. Kavanagh weigerte sich
mit dem Hinweis, dass Grossbri-
tannien «nicht China» sei.
Es folgte eine verbale Ausein-
andersetzung, in der die Gruppe
ihn unter anderem des Rassis-
mus bezichtigte. Das Video ver-
breitete sich viral. Die Gruppe
Statement des Kensington Pala-
ce, das nur Stunden zuvor ver-
kündet hatte, Prinzessin Kate
müsse sich einer Operation un-
terziehen, blieb so vage wie eh
und je: Es handle sich um einen
«Eingriff im Bauchraum». Wes-
halb dieser einen zweiwöchigen
Spitalaufenthalt sowie eine Er-
holung bis Ostern nötig macht,
wurde nicht erklärt. Nur, dass es
sich nicht um Krebs handle. Als
der Palast innerhalb kürzester
Zeit das dritte Gesundheitsbul-
letin herausgab und vermeldete,
der König sei an Krebs erkrankt,
wurde darin ebenfalls nur Pros-
tatakrebs ausgeschlossen, mehr
Informationen gab es nicht.
Wie gross der Fortschritt den-
noch ist, zeigt ein kurzer Blick
zurück. Während es als selbst-
verständlich gilt, dass Betroffe-
ne über das Ergebnis ihrer Un-
tersuchung aufgeklärt werden,
galt das einst ausgerechnet für
den König nicht. Charles’ Gross-
vater, George VI. – bekannt ge-
worden wegen seines Stotterns
durch den Film «The King’s
Speech» –, erkrankte 1951 an
Lungenkrebs.
Das wurde ihm aber nicht mit-
geteilt, vielmehr begründeten die
Ärzte den nötigen Eingriff ihm
gegenüber mit denselben Wor-
ten wie gegenüber den Unterta-
nen: dass eine «strukturelle Ano-
malie» behandelt werden müs-
se. In Tat und Wahrheit wurde
dem Kettenraucher der linke
Lungenflügel entfernt – nicht
etwa im Spital, sondern im Bu-
ckingham Palace, wohin die Ope-
erntete viel Hohn dafür, dass sie
versucht hätte, die in China all-
gegenwärtige Zensur auch im
Ausland durchzusetzen. Kava-
nagh erhielt laut eigenen Anga-
ben Todesdrohungen von Unter-
stützern der Kommunistischen
Partei Chinas. Doch er will sich
nicht einschüchtern lassen, tourt
durch die Medien und verklärt
das Klavier zum Hort der «künst-
lerischen Freiheit» gegen das au-
tokratische Regime in Peking.
Vermutlich weiss er nicht,
dass nur wenige Menschen in
China Klavier und Freiheit in ei-
nem Satz denken würden. Denn
eine ganze Generation verbindet
Charles ist
nicht der Erste
in seiner
Familie mit
Krebs
Buckingham Palace Queen Elizabeth II. hatte
vermutlich Knochenkrebs, auch bei
Charles’ Onkel, Grossvater und
Grossmutter wurden Karzinome
diagnostiziert. Die Öffentlichkeit erfuhr nie
davon – in einem Fall nicht einmal
der Betroffene selbst.
China hat ausgeklimpert
eher traumatische Erlebnisse mit
dem Instrument.
Es war rund um das Jahr 2008,
als in China ein Klavier-Hype
ausbrach. Millionen Eltern
schickten ihre Kinder zum Pia-
no-Unterricht und schafften Ins-
trumente an. Der Grund: Nach
einer Bildungsreform konnten
Schüler zusätzliche Punkte sam-
meln für den «Zhongkao», die
Aufnahmeprüfung für die Ober-
stufe, wenn sie die höchste Leis-
tungsstufe auf dem Klavier er-
reichten. Viele Kinder mussten
deshalb stundenlang täglich
nach dem normalen Schulunter-
richt üben und strenge Klavier-
prüfungen überstehen, die in den
Augen ihrer Eltern über ihre Zu-
kunft entscheiden würden. Der
Druck war immens hoch, Schlaf-
mangel und Depressionen oft die
Folge.
40 Millionen Menschen
erlernten das Klavierspiel
Die Musikindustrie verdiente
kräftig. Der Zeitung «Lianhe Zao-
bao» zufolge stieg in städtischen
Haushalten die Zahl der Klavie-
re von durchschnittlich 1,3 je
hundert im Jahr 2001 auf mehr
als acht im Jahr 2021. Rund
40 Millionen Menschen lernten
das Instrument. Es wurde zum
rateure eigens anreisten. George
VI. verstarb sechs Monate später
an den Folgen der Krebserkran-
kung, wie heute vermutet wird.
Rachen-, Darm-, Brust-
und Knochenkrebs
Auch der Bruder von König
George VI. – Edward VIII., der
1936 für seine Liebe zur Ameri-
kanerin Wallis Simpson abdank-
te – war leidenschaftlicher Rau-
cher gewesen, auch er hatte da-
für mit seinem Leben bezahlt.
Der Onkel von Charles verstarb
1972 an Rachenkrebs. Charles’
Grossmutter wiederum, genannt
Queen Mum, erkrankte im Lau-
fe ihres langen Lebens gar zwei-
mal: 1966 an Darmkrebs und
1984 an Brustkrebs. Der Palast
teilte beim ersten Mal lediglich
mit, Elizabeth I. müsse sich einer
«Operation im Bauchraum» un-
terziehen. Noch diffuser war die
Erklärung beim zweiten Mal: Die
Königin befinde sich für «Tests»
im Spital.
Als ihre Tochter, Queen Eliza-
beth II, im September 2022 im Al-
ter von 96 Jahren starb, lautete
die offizielle Begründung dafür
Altersschwäche. Das wurde nicht
hinterfragt, es leuchtete ein, und
die Queen hatte in den Monaten
vor ihrem Tod tatsächlich immer
fragiler gewirkt. Der Grund dafür
sei aber ein anderer gewesen,
hiess es in der nur zwei Monate
später erscheinenden Biografie
«Queen Elizabeth – An Intimate
Portrait»: Sie habe an einer sel-
tenen Form von Knochenkrebs
gelitten, der einige Zeit vor ihrem
Statussymbol des aufstiegs-
hungrigen Bildungsbürgertums.
Irgendwann erkannte auch
die Regierung, dass das Tages-
pensum der dauergestressten
Kinder nicht gesund sein konn-
te. 2018 schaffte sie erst die Kla-
viersonderpunkte wieder ab,
2021 dann die meisten anderen
ausserschulischen Aktivitäten.
Das war der erste Schlag gegen
die Klavierindustrie. Der zweite
war die Covid-Wirtschaftskrise
von 2022 an. Viele Familien
konnten oder wollten sich den
Klavierunterricht nicht mehr
leisten, die Nachfrage nach Ins-
trumenten brach ein.
11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
Tod entdeckt worden sei. Der Au-
tor gilt als versierter Kenner der
Windsors und war befreundet
mit Prinz Philip. Der Palast be-
stätigte seine These aber nie.
Dem Palast voraus in Sachen
moderner Kommunikation war
allerdings eine, die nur noch halb
zur königlichen Familie gehört:
die Herzogin von York. Fergie,
immer schon unaristokratisch
indiskret, gab im Juni 2023 be-
kannt, an Brustkrebs zu leiden
und sich einer Mastektomie un-
terziehen zu müssen. Sie kom-
munizierte das, wie man das
heute macht, per soziale Medien.
Und weil Fergie Fergie ist, teilte
sie der Öffentlichkeit dann im
August mit, dass die Operation
acht Stunden gedauert und sie
ihre neue linke Brust auf den Na-
men «Derek» getauft habe. Ein
halbes Jahr später, im Januar, gab
sie bekannt, bei der Routinekon-
trolle von Muttermalen sei Haut-
krebs entdeckt worden.
Dass Prominente für «Awa-
reness» sorgen wollen, wenn sie
ihre Leiden öffentlich machen,
mutet oft genug egozentrisch an.
Im Fall des Königs sind aber tat-
sächlich direkte und positive
Auswirkungen auszumachen:
Wie der «Guardian» berichtet,
haben sich die Zugriffe auf die
Prostata-Seite des britischen Ge-
sundheitsdienstes NHS am Tag
nach Charles’ Ankündigung ver-
elffacht. Und der dazugehören-
de Onlinetest, mit dem Männer
ihr Krebsrisiko überprüfen kön-
nen, verzeichnete eine Zunahme
von 97 Prozent.
Laut dem Magazin «Caijing» hal-
bierte sich die Klavierprodukti-
on von 390’000 Stück im Jahr
2019 auf nur noch etwa 190’000
vergangenes Jahr. «Lianhe Zao-
bao» wiederum berichtet, dass
30 Prozent der etwa 650’000
Musikschulen und 25’000 Kla-
viergeschäfte bis Ende 2022
schliessen mussten. Viele Eltern
wollen ihren Kindern offenbar
das zugestehen, was sie selbst als
Jugendliche nie hatten: die Frei-
heit, ein Instrument nur dann zu
lernen, wenn es ihnen wirklich
Freude bereitet.
Florian Müller
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Martin Suter
Seit 46 Jahren sind Joe und Jill Biden
verheiratet, und ebenso lange wacht
die Frau über das Wohl ihres promi-
nenten Manns. Erst als US-Senator,
dann als Vizepräsident hörte Biden
immer auf den Rat seiner neun Jah-
re jüngeren Frau, einer promovierten
Lehrerin.
Nach gut drei Jahren im Weissen
Haus hat sich die Rolle der Politiker-
gattin verändert: Jetzt muss die First
Lady Amerikas gealterten Präsiden-
ten vor sich selbst schützen.
Wie nötig das ist, lernte Jill Biden
im Januar 2022. Sie musste mit anse-
hen, wie ihrem Joe in einer fast zwei-
stündigen Marathon-Pressekonfe-
renz entfuhr, bei einem «kleinen Ein-
fall» in die Ukraine müsse Russland
nur mit minimalen Reaktionen sei-
tens der USA rechnen.
Im Anschluss an die missratene PK
stürmte sie in eine Sitzung ihres Ehe-
manns und seiner Berater. «Warum
hat das niemand gestoppt?», herrsch-
te sie die Runde an. Das schreibt Ka-
tie Rogers, Korrespondentin im Weis-
sen Haus für die «New York Times»,
in ihrem demnächst erscheinenden
Buch über Präsidentengattinnen.
Laut Rogers «blieben alle still, schau-
ten einander an, dann zu ihr und wie-
der aufeinander – eingeschlossen der
mächtigste Mann der Welt».
Mit seinen inzwischen 81 Jahren
hat Biden den ehelichen Schutz heu-
te noch nötiger als damals. Jill Biden
bleibt wenn immer möglich an sei-
ner Seite. Bei Auftritten ist sie sein
Bühnenmanager und nimmt ihn,
wenn er den Weg vom Podium nicht
findet, am Arm. Ihre wichtigste Auf-
gabe sieht sie darin, ihren Gatten vor
unberechenbaren Interaktionen zu
bewahren.
Am Donnerstag wurde Jills Schutz-
funktion schmerzlich vermisst. Wo-
möglich, weil die First Lady auf Rei-
sen war, hielt niemand den Präsiden-
ten davon ab, noch am gleichen Tag
in einer improvisierten Medienkon-
ferenz den verheerenden Bericht des
Sonderermittlers Robert Hur zu kon-
tern. Dieser hatte zwar darauf ver-
zichtet, Biden wegen Fehlbehandlung
von Geheimdokumenten anzuklagen.
Auf 383 Seiten enthielt sein Report
aber vernichtende Sätze über den
Geisteszustand des Präsidenten.
Wegen seiner Vergesslichkeit wür-
den ihn keine Geschworenen für
schuldig befinden, schrieb Hur und
listete Beispiele auf. So habe sich Bi-
den nicht einmal an das Todesjahr
seines Sohns Beau erinnert. Hur be-
schreibt den amtierenden US-Präsi-
denten als «gut meinenden älteren
Mann mit einem schlechten Gedächt-
nis».
Präsidenten Mexikos
und Ägyptens verwechselt
Anstatt bis Freitag zuzuwarten und in
morgendlicher Frische aufzutreten,
setzte sich Biden noch am gleichen
Abend den Reporterfragen aus. «Mein
Gedächtnis ist prima!», rief er ihnen
zu – um wenig später seinen Amtskol-
legen Sisi als Präsident von Mexiko
statt von Ägypten zu bezeichnen.
Bidens Auftritt machte alles
schlimmer. Von Panik erfasst, schrit-
ten seine politischen Verbündeten am
Freitag zum Gegenangriff. Demokra-
tische Politiker priesen Bidens geis-
tige Schärfe. Ein Sprecher sagte, die
Angelegenheit sei abgeschlossen, da
Hur nichts Strafbares entdeckt habe;
zudem seien die Beobachtungen über
Bidens Verfassung völlig unnötig. Vi-
zepräsidentin Kamala Harris ging
weiter und sagte, die Beurteilung von
Bidens Verhalten im Bericht «könn-
te faktisch nicht falscher sein und ist
klar politisch motiviert».
Hur wurde zwar von Donald
Trump zum Bundesanwalt ernannt,
doch als Sonderanwalt setzte ihn Bi-
dens Justizminister Merrick Garland
ein. Die politische Haltung des «Spe-
cial Counsel» wird allenfalls bei sei-
nem erwarteten Auftritt vor dem Kon-
gress spürbar werden.
Der wegen illegalen Umgangs mit
Akten angeklagte Donald Trump
könnte von Hurs Bericht profitieren.
Obwohl sich der Ex-Präsident gewei-
gert hatte, Geheimdokumente her-
Das Drama des Joe Biden
und seiner Aufpasserin Jill
Zunehmende Gedächtnislücken Amerikas First Lady steht ihrem Mann seit
Jahren schützend zur Seite. Zuletzt konnte Jill Biden einige katastrophale
Auftritte des Präsidenten nicht verhindern. Die Partei rotiert.
auszurücken, ist das ihm vorgewor-
fene Fehlverhalten jenem Bidens in
vielem ähnlich. Einer breiten Öffent-
lichkeit wird nicht leicht klarzuma-
chen sein, warum der Demokrat um
eine Anklage herumkommt, während
der Republikaner sich nach einer
Hausdurchsuchung gegen 37 Ankla-
gepunkte verteidigen muss. Trump-
Anwältin Alina Habba fordert jetzt
mit Verweis auf den Hur-Bericht, die
Anklage gegen ihren Mandanten
müsse fallen gelassen werden.
Neben der rechtlichen wird der Be-
richt des Sonderanwalts politische
Wirkung entfalten. «Ob fair oder
nicht, die Glocke lässt sich nicht ent-
läuten», sagte Barack Obamas frühe-
rer Berater David Axelrod zur «New
York Times». «Am schädlichsten in
International
der Politik sind Dinge, die vorhande-
ne Vorurteile bestätigen.» Sorgen we-
gen Bidens geistiger und körperlicher
Gesundheit treiben nach einer NBC-
Umfrage von dieser Woche bereits 76
Prozent der Bevölkerung um.
Stellt seine Partei
eine jüngere Person auf?
Bidens Altern wiegt als politisches
Problem schwer, weil es unumkehr-
bar ist. Die Dichte von Versprechern,
Patzern und Fehlleistungen nimmt
ständig zu. In den letzten zwei Wo-
chen hat Biden Trump den «amtie-
renden Präsidenten» genannt, den
französischen Präsidenten Emmanu-
el Macron mit dessen Vor-vor-vor-
Vorgänger François Mitterrand ver-
wechselt, ein unmögliches Treffen
9
Israel startet
Angriffe auf Rafah
Gazakrieg Die Kämpfe
werden trotz internationaler
Warnungen ausgeweitet.
Gestern hat die israelische Armee
die Ankündigung der Regierung
wahr gemacht und Ziele in der
Stadt Rafah im Süden des Gaza-
streifens angegriffen. Bei Angrif-
fen aus der Luft auf zwei Häuser
seien mehr als 20 Menschen ge-
tötet worden, hiess es aus medi-
zinischen Kreisen. Auch der Bür-
germeister der Stadt, Ahmed al-
Sufi, bestätigte die Opferzahl.
Israelische Soldaten bombar-
dierten ausserdem ein Fahrzeug
der Hamas und töteten dabei drei
Personen, darunter den Chef des
Polizeigeheimdiensts der Isla-
mistenorganisation sowie des-
sen Stellvertreter, wie es am
Samstag aus Polizeikreisen und
von Augenzeugen hiess. Die An-
gaben liessen sich zunächst nicht
unabhängig überprüfen. Israels
Militär äusserte sich zunächst
nicht konkret. Die Armee halte
Versucht, sich bei ihren Einsätzen an das
Schlimmeres Völkerrecht und treffe Vorkeh-
zu verhindern: rungen, um den Schaden für die
Jill Biden mit Zivilbevölkerung gering zu hal-
Ehemann Joe ten, teilte sie auf Anfrage ledig-
auf dem Flug- lich mit.
hafen Los Es waren nicht die ersten Be-
Angeles. richte über Angriffe auf Ziele in
Foto: AP, Keystone der Stadt nahe der Grenze zu
Ägypten. In den vergangenen
Wochen hatte das israelische Mi-
litär dort Augenzeugen zufolge
häufiger Stellungen von Hamas-
Mitgliedern attackiert. Offenbar
waren die Angriffe gestern
Samstag aber die bislang inten-
sivsten. Rafah ist der einzige Ort
im gesamten Küstenstreifen, in
dem die Hamas noch die Kont-
rolle ausübt.
Derzeit sind in der Stadt noch
keine israelischen Bodentruppen
im Einsatz. Rafahs Bürgermeis-
ter Sufi warnte vor einem Vor-
stoss der Armee in den Ort. «Je-
der Militäreinsatz in der Stadt, in
der mehr als 1,4 Millionen Paläs-
tinenser leben, wird zu einem
Massaker und einem Blutbad
führen.»
Netanyahu will
die Stadt evakuieren
Israels Ministerpräsident Benja-
min Netanyahu hatte zuvor der
Armee den Befehl erteilt, eine Of-
fensive auf Rafah vorzubereiten.
In der Stadt gebe es noch immer
vier verbleibende Hamas-Batail-
lone. Demnach soll die Militär-
führung die Evakuierung der Zi-
vilisten in dem Ort planen.
Eine Militäroffensive in Rafah
gilt als hoch problematisch. In
dem Ort, der vor dem Krieg rund
300’000 Einwohner hatte, sollen
sich inzwischen weit mehr als
eine Million Menschen aufhal-
ten. Die meisten von ihnen flo-
hen vor dem Krieg aus anderen
Teilen des Gazastreifens dorthin,
zum Teil auf Anordnung des is-
raelischen Militärs.
UNO-Generalsekretär Antó-
nio Guterres hatte bereits zuvor
vor einer humanitären Katastro-
phe gewarnt. Die Hälfte der Be-
mit Bundeskanzler Helmut Kohl er- völkerung des Gazastreifens sei
wähnt und den Namen der Terroror- in Rafah zusammengepfercht
ganisation Hamas vergessen. und könne nirgendwo anders
Mehrere republikanische Politiker hin. Auch die US-Regierung und
erklärten, dass die Stunde des die deutsche Aussenministerin
25. Verfassungszusatzes gekommen Annalena Baerbock hatten sich
sei, der die Absetzung eines Präsi- in den vergangenen Tagen deut-
denten aus Gesundheitsgründen er- lich gegen ein militärisches Vor-
laubt. Dass Biden aus dem Amt ent- gehen in Rafah ausgesprochen.
fernt werden könnte, ist jedoch prak- Netanyahu geht einem israe-
tisch unvorstellbar. Eher könnte ihn lischen Medienbericht zufolge
die Partei im Verlauf des Wahljahrs davon aus, dass Israel aufgrund
aufs Altenteil verbannen und eine des internationalen Drucks nur
jüngere Person für die Präsident- rund einen Monat Zeit für eine
schaftswahlen aufstellen. Damit das Offensive in Rafah hätte. Der Ein-
gelingen kann, müssen führende De- satz muss demnach spätestens
mokraten nicht nur den als störrisch bis zum 10. März abgeschlossen
bekannten Joe Biden umstimmen. sein. An dem Tag beginnt für
Das letzte Wort könnte seine Be- Muslime weltweit der Fastenmo-
schützerin Jill haben. nat Ramadan. (SDA)

Vom Nebelwald zu den Galapagos-Inseln
Der Andenstaat Ecuador begeistert mit mystischem Nebelwald, schneebedeckten Vulkanen und einem einzigartigen
Naturparadies, den Galapagos-Inseln. Erleben Sie eindrückliche Tage in der Mashpi Lodge, einem ökologischen Luxushotel im
Naturschutzgebiet. Eine Katamaran-Kreuzfahrt durch den Galapagos-Archipel rundet diese faszinierende Reise ab.
Ihre Expertin auf dieser Reise
Aracelly Mayorga freut
sich, Ihnen ihre Heimat zu
zeigen. Ihre Leidenschaft
gehört der Natur und der
Umwelt. Nach ihrem
Studium mit Schwerpunkt
Umweltschutz hat sie ihr Hobby zum
Beruf gemacht und führt seit über 15
Jahren mit viel Herz und Begeisterung
Delegationen aus dem ganzen deutsch-
sprachigen Raum durch Ecuador.
Programmänderungen vorbehalten.
Mehr Informationen unter:
sonntagszeitung.ch/leserreisen
Diese Reise kann
CO2-kompensiert werden.
Anmeldung
Buchung, Informationen und
Detailprogramm:
Atlas Reisen, Birmensdorferstr. 55,
Postfach, 8036 Zürich,
Tel. 044 259 80 08,
gruppen@atlas-reisen.ch
atlas-reisen.ch
In Zusammenarbeit mit dem Bund
1. Tag: Ankommen in Ecuador
Am frühen Morgen Abflug ab Zürich
nach Amsterdam und Weiterflug nach
Quito*. Ankunft am Nachmittag und
Transfer ins komfortable Hotel im Stadt-
teil Mariscal Sucre.
2. Tag: Erkundung von Quito
Morgens Besichtigung der restaurierten
Altstadt, die seit 1978 zum Unesco-Welt-
kulturerbe gehört. Zum Abschluss fahren
Sie hinauf auf den «Panecillo», um den
grandiosen Rundblick auf die Stadt zu ge-
niessen. Am Nachmittag stehen Sie auf
beiden Erdhalbkugeln beim berühmten
Äquatormonument «Mitad del Mundo».
3. Tag: Im Nebelwald
Mit leichtem Gepäck geht es mit dem Bus
der westlichen Flanke der Anden entlang.
Inmitten von tiefgrünen, dicht bewach-
senen und mit mystischen Nebelwolken
verhangenen Berghängen liegt die Mash-
pi Lodge, ein privates Reservat und ein
Luxushotel im Naturschutzgebiet.
4. + 5. Tag: Masphi Lodge
Während Ihres Aufenthaltes haben Sie
die Möglichkeit, mit verschiedenen Ak-
tivitäten Ihren Tag je nach Wetter und
Lust selbst zu gestalten. Zum Beispiel
können Sie mit einer Gondel über die
Baumwipfel schweben, eine Nachtwan-
derung erleben, den Brüllaffen nach-
wandern, das Naturzentrum erkunden,
spannenden Vorträgen über Flora und
Fauna der «Chocó-Region» lauschen,
beim nahen Wasserfall die Naturkräfte
bestaunen, die Vogelwelt direkt von der
Terrasse aus mit einem Fernglas verfol-
gen oder den Kolibris beim Nektarsau-
gen zuschauen. Der perfekte Service des
Hotels, die ausgezeichnete Küche und ein
ausgewähltes Wellnessangebot runden
diese ereignisreichen Tage ab.
6. Tag: Bilderbuchvulkan
Via Quito geht es über die Strasse der
Vulkane in Richtung Cotopaxi-National-
park. Der Blick auf den schneebedeck-
ten, höchsten noch aktiven Vulkan der
Welt (5897 m ü.M.) begleitet Sie zur lan-
destypischen Hacienda, dem Übernach-
tungsort der nächsten zwei Nächte.
7. Tag: Nationalpark Cotopaxi
Erleben Sie das farbenfrohe Spektakel
des traditionellen Marktes in Pujili mit
allerlei Gütern. Auch das smaragdgrüne
Wasser des Vulkankratersees Quilotoa
ist ein hervorragendes Fotomotiv.
8. Tag: Zurück nach Quito
Spaziergang rund um die Limpiopungo-
Lagune, wo sich bei gutem Wetter die
umliegenden Vulkane spiegeln. Rück-
fahrt nach Quito.
9. Tag: Start der Galapagos-Kreuzfahrt
Vormittags Flug nach Baltra und Ein-
schiffung auf die renovierte und exklu-
siv für die Gruppe gecharterte Katama-
ran-Yacht Anahí.
SonntagsZeitung Leserreise
10. - 15. Tag: Inselwelt Galapagos
In den folgenden Tagen erkunden Sie den
weltberühmten Nationalpark vom Was-
ser aus. Das Schiff fährt in den Westen
der Insel Isabela, einer der abgelegens-
ten Orte des Archipels. Schalten Sie von
der Aussenwelt ab und geniessen Sie die
unglaubliche Natur, immer geführt und
begleitet von einem ausgebildeten,
deutschsprechenden Ranger. Erleben Sie
Flora und Fauna dieses einzigartigen
Naturparadieses und bestaunen Sie Rie-
senschildkröten, Pinguine, mächtige
Echsen, Blaufusstölpel und viele ende-
mische Tierarten mehr. Ein einmaliges
Erlebnis!
16. + 17. Tag: Heimreise
Transfer zum Flughafen Baltra. Flug
nach Guayaquil und Weiterflug via Ams-
terdam nach Zürich*. Ankunft am nächs-
ten Tag. Individuelle Heimreise.
*Flugpläne und -preise noch nicht be-
kannt.
Reiseinformationen
Datum
7. bis 23. November 2024
Preis pro Person*
Fr. 14 990.– Doppelzimmer/-kabine
Fr. 990.– Zuschlag Suite (Kreuzfahrt)
Einzelzimmer/-kabine auf Anfrage
Annullations-/SOS-Jahresversicherung
auf Anfrage
Begrenzte Teilnehmerzahl
Mind. 14, max. 16 Personen
Leistungen
— Flug mit KLM Zürich–Quito / Guayaquil–
Zürich in Economy Klasse inkl. Taxen*
— Inlandflüge Quito–Baltra–Guayaquil in
Economy Klasse inkl. Taxen
— 5 Übernachtungen in komfortablen
Hotels inkl. Frühstück in Quito und
Cotopaxi-Nationalpark
— 3 Übernachtungen in der Mashpi Lodge
inkl. Vollpension
— 7 Übernachtungen an Bord der MC
Yacht Anahi in der gebuchten Kabine
inkl. Vollpension
— Zusätzlich 2x Mittagessen, 4x Abendessen
— Alle erwähnten Ausflüge, Transfers,
Besichtigungen und Eintritte gemäss
Programm
— Eintritt Nationalpark Galapagos
— Lokale, deutschsprechende Reiseleitung
durch Expertin Aracelly Mayorga
(Tag 1 bis 9)
— Lokaler, deutschsprechender Naturfüh-
rer während Galapagos-Kreuzfahrt
(Tag 9 bis 16)
— Teilweise zusätzliche örtliche Führer
in Englisch oder Spanisch
Nicht inbegriffen
— Nicht erwähnte Mahlzeiten und Getränke
— Persönliche Auslagen und Trinkgelder
— Versicherung
Organisation und Buchung
Die Teilnehmenden schliessen ihren
Vertrag direkt mit Atlas Reisen. Es gelten
die AGB der Atlas Reisen/Media Touristik
AG. Mitglied des Reisegarantiefonds.

«Ich staune, wo jene stehen,
die sich für links halten»
Frank A. Meyer zum 80. Geburtstag Er war Ringiers erster Journalist und beriet den Bundesrat. Heute ist er einer der schärfsten Kritiker
der Linken. Ein Gespräch über seine Feinde, seine Freunde und darüber, was Deutschland von der Schweiz lernen könnte.
Michèle Binswanger (Interview)
und Mayk Wendt (Foto)
Frank A. Meyer war jahrzehnte-
lang der einflussreichste Polit-
Journalist der Schweiz. Der Sohn
eines Bieler Uhrmachers wurde
zu einer der bekanntesten
Medienpersönlichkeiten des Lan-
des und machte ab 1980 eine
steile Karriere beim Medienhaus
Ringier.
Als Bundeshauskorrespondent
war er bekannt für scharfe Kom-
mentare und seine grosse Nähe
zu hochrangigen Politikern. Als
Freund und Berater von Michael
Ringier stieg er 1985 in die Kon-
zernleitung der Ringier AG auf. Er
galt als Strippenzieher, der nicht
nur den Kurs des «Blicks», son-
dern auch die Auswahl des Perso-
nals entscheidend beeinflusste.
Wer bei Ringier Karriere machen
wollte, musste sich mit FAM, wie
er genannt wird, arrangieren.
Frank A. Meyer politisierte zeit
seines Lebens links. Mit seinem
Wechsel nach Berlin vor 15 Jahren
hat sich diese Positionierung vor
allem in Fragen der Migration und
dem Umgang mit dem Islam aus-
einanderdividiert. Im Januar wur-
de Frank A. Meyer 80 Jahre alt.
Herr Meyer, Europa rutscht
nach rechts – für viele
Beobachter ein Horrorszenario.
Was erwarten Sie
für Europas Zukunft?
Darf ich auf Polen verweisen: ein
Hoffnungsschimmer – vom Kle-
rikalfaschismus zurück zu Demo-
kratie und Rechtsstaat. Aber es
trifft zu: Rechtspopulisten haben
Auftrieb, und ich glaube, wir
beschäftigen uns zu wenig mit
jenen, die diese Entwicklung
letztlich verantworten.
Wen meinen Sie?
An einer Bauerndemonstration in
Berlin wandte sich jüngst ein
Landwirt gegen Leute, «die noch
nie gearbeitet und noch nie ge-
schwitzt haben». Er meinte damit
jene linksgrüne, elitäre Akademi-
kerschicht, die sich der Sozialde-
mokratie bemächtigt hat. In der
Schweiz geben Cédric Wermuth
und Mattea Meyer den Ton an, so-
zial beflissene Funktionäre, aber
eben keine Genossen aus der
Arbeiterschaft, weder Pfleger,
Maurer noch Schreiner. Das ist
das Problem: Erst wenn die Ar-
beiterbewegung wieder die Be-
wegung der Arbeiter ist, ver-
schwindet der Rechtspopulismus,
der von der Vortäuschung lebt,
den Willen des einfachen Volkes
zu vertreten.
Die Sozialdemokratie hat sich
in den letzten Jahren mit ihrer
Umarmung der Woke-Ideologie
Fokus
Rette sie, wer kann
Wie muslimische Helden am
7. Oktober Juden zu Hilfe eilten Extrem-Seilläufers Freddy Nock
Die Reportage — 14
«Demokratie ist ein Prozess, nicht ein Anlass»: Frank A. Meyer Mitte Januar im Hotel Waldhaus Sils.
11
Familie Nock
Zum Tod des Schweizer
Die Geschichte — 21
genau in die andere Richtung
entwickelt.
In Deutschland stecken die Sozi-
aldemokraten in einem dramati-
schen Tief; in Frankreich haben
sie mit dem linkspopulistischen
Mélenchon keine Zukunft; in Ita-
lien mussten sie die Regierung der
Rechtspopulistin Meloni überlas-
sen. Nur in der Schweiz konnten
sie sich einigermassen halten. Das
Problem ist überall dasselbe:
Die linksgrüne Akademikerkaste
schafft einflussreiche und einträg-
liche Positionen für sich und ihre
Klientel. In Deutschland gibt es
zum Beispiel über 170 Gender-Pro-
fessuren, überall wimmelt es von
NGOs, die heute ja weitgehend
subventionierte Regierungsorga-
nisationen sind. Der Aufstieg des
Rechtspopulismus ist eine Reak-
tion auf diese veränderten Herr-
schaftsverhältnisse bei der Linken.
Dann könnte man sagen,
die Ampel ist schuld?
Das ist die Meinung allzu vieler,
als dass ich sie auch noch teilen
möchte. Vor der Regierung von
SPD, Grünen und FDP gab es
16 Jahre Nichtstun: Angela Merkel
hat das Licht des Politischen wie
bei einer Stehlampe herunterge-
dimmt. Am Schluss war es dunkel.
Sie hat nie begriffen, dass Demo-
kratie mehr ist, als alle vier Jahre
zu wählen. Wie hätte sie das auch
verstehen sollen? Sie wurde in der
DDR sozialisiert. Diskussion fand
dort nicht statt. Dabei setzt die de-
mokratische Auseinandersetzung
ja nach den Wahlen erst richtig
ein: Verlierer gegen Sieger, Oppo-
sition gegen Regierung. Demokra-
tie ist ein Prozess, nicht ein Anlass.
Immerhin ging es Deutschland
unter Merkel wirtschaftlich gut.
Die Probleme, die der Ampel ver-
erbt wurden, sind gewaltig: Digi-
talisierung, Energie, Migration,
Schulen, Umwelt – Merkel hat
nichts angepackt. Sie tänzelte mit
dem schönsten Lächeln Deutsch-
lands über die roten Teppiche der
Welt, was ja bisweilen zur Besänf-
tigung internationaler Konflikte
beigetragen haben mag. Aber
sonst: 16 Jahre Gemütlichkeit. Als
die Ampel antrat, musste sie zu-
nächst Covid bewältigen, dann
überfiel Russland die Ukraine,
und jetzt geht es um Israel. All
diese Probleme hat eine Regie-
rung zu lösen, die es in Deutsch-
land so noch nie gab: drei völlig
unterschiedliche Parteien.
Da könnten sie ja
von der Schweiz lernen.
Das sage ich bei Gesprächen
mit deutschen Politikern immer
wieder: Geht in die Schweiz und
studiert, wie wir das machen. Das
Siebnerkollegium unserer Lan-
Fortsetzung — 13
 Investment
Leadership.
Eine Frage
von Talent,
nicht Grösse.
Asset Management
Wealth Management
Asset Services
Alternative Investments

Genf 058 323 23 23

Zürich 058 323 77 77
Lausanne 058 323 76 76
Basel 058 323 65 65
pictet.com
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Frank A. Meyer mit Adolf Ogi und Helmut Kohl (o.l.), im Gespräch mit Helmut Hubacher (o.r.) und WIlli Ritschard (u.l) und an einer Pressekonferenz 1988.
Fortsetzung
Frank A. Meyer
zum 80. Geburtstag
desregierung redet in der Regel
so lange, bis sich eine Art Konsens
ergibt. Die Bundesratsparteien
sind nachher trotzdem frei, von
den Regierungsbeschlüssen ab-
zuweichen, sie sogar infrage zu
stellen. Auf diese Weise wird auch
die SVP domestiziert. Ihre Bun-
desräte passen sich in das Kolle-
gium ein. Nur Blocher war anders.
Er wollte Regent sein, nicht Re-
gierender gemeinsam mit sechs
gleichberechtigten Kollegen. Des-
halb wurde er auch abgewählt.
Sie galten früher als Kritiker
von links – Sie haben gegen die
SVP angeschrieben. Wie kam es
dazu, dass Sie heute bezüglich
Migration oder Islamismus
Positionen vertreten, die als
rechts gelten?
Ich staune, wo mittlerweile dieje-
nigen stehen, die sich für links
halten.Wir sollten endlich die Be-
griffe wieder richtig gebrauchen.
Die Wokenessbewegung ist aus
meiner Sicht zutiefst autoritär.
Mit links hat das nichts zu tun.
Können Sie das näher erläutern?
Das aktuelle Beispiel ist der Anti-
kolonialismus der Wokeness-
Ideologen: Sie gliedern den Holo-
caust ein in die Verbrechen des Ko-
lonialismus – und bestreiten
damit die Einzigartigkeit des mil-
lionenfachen Judenmordes durch
die Nazis. Die Gaskammern wer-
den zu einem Ereignis der Koloni-
algeschichte – zu einer Untat un-
tervielen. Gleichzeitig wird die An-
schuldigung erhoben, auch Israel
sei eine weisse, westliche Koloni-
almacht und begehe Genozid an
den Palästinensern. Der antisemi-
tische Reflex gehört zur Woke-
nessbewegung wie die reaktionä-
re Cancel-Culture, die heute durch
die Universitäten geistert, von
Basel über Berlin bis Princeton
und Harvard. Es ist der Versuch
der kulturellen Machtergreifung
durch ein Akademikermilieu, das
sich links nennt, aber rechtsauto-
ritären Aktivismus betreibt.
Warum finden die bürgerlichen
Parteien darauf keine Antwort?
Die Schweizer Staatsgründungs-
partei, der Freisinn, war noch vor
wenigen Jahrzehnten eine Partei
von Wissenden und Nachdenkli-
chen wie beispielsweise den Par-
lamentariern Salvioni, Petitpier-
re, Steinegger und vielen mehr.
Heute ist die FDP eine kulturarme
Wirtschaftspartei. Die freisinnige
Partei braucht eine kulturelle
Renaissance. Interessanterweise
findet sich eine solche in Ansät-
zen bei der CVP, die sich ja jetzt
Mitte nennt.
Die Linken unterstützen seit
dem 7. Oktober die Pro-Palästi-
nenser-Bewegung und damit
indirekt eine islamistische,
frauenfeindliche Ideologie –
hat Sie das überrascht?
Das ist ja nicht neu. Linke vertei-
digen auch die Burka. Der Über-
fall der Hamas auf Israel hat die
sogenannte Linke tief gespalten:
Ein Teil hat endlich begriffen,
worum es sich bei den palästi-
nensischen Bewegungen wie
Hamas und Hizbollah handelt –
um systematischen Terror, nicht
nur gegen Israel und die Juden,
sondern auch gegen die eigene
Bevölkerung. Endlich hat nun in
Europa eine Gegenbewegung ein-
gesetzt, die auch auf der Strasse
mit ihrem Protest sichtbar wird.
Und endlich findet Debatte statt.
Damit sind wir thematisch bei
uns angelangt – bei den Medien,
bei den Journalisten. Der Streit
ist doch unser Lebenselement –
das müsste man meinen. Wenn
das zutrifft, dann ist das auch
unsere historische Stunde: die
Stunde der Streitfreude – das
Gegenteil von Anpassung und
Korrektheit.
Die Medien als regierungstreue
Institution – ist das nicht ein
rechter Verschwörungsmythos?
Tatsache ist, dass Medien über ge-
waltige Macht verfügen. Sie be-
nennen die Probleme – oder ver-
schweigen sie. In Deutschland hat
sich die mediale Willkür zu einer
Sonntagsgespräch
Bewegung gegen die Demokratie
gesteigert: Die journalistische
Szene wird beherrscht von einer
gleichförmig-akademisierten
Szene. Gegenseitige Kontrolle
durch Kritik – und eben Streit –
gibt es kaum. Man fühlt sich nicht
den Bürgerinnen und Bürgern
verpflichtet, sondern einer Kaste
zugehörig.
Was schätzen Sie an
der Schweiz, was Sie früher
kritisiert haben?
In Deutschland wird man wirk-
lich zum Schweizer. Und was ich
an meinem Land mittlerweile am
meisten schätze, ist die direkte
Demokratie, also auch der direk-
te Zugang zur Politik, wie ich ihn
jahrelang in Bern pflegte. Ich habe
Helmut Schmidt nach Bern ein-
«Die Schweiz muss
der Ukraine Waffen
liefern. Diese muss
die Russen so lange
bekämpfen,
bis sie aufgeben.»
geladen, ebenso Hans-Dietrich
Genscher, Joschka Fischer und
viele andere. Es war mein Enga-
gement für politische Kultur im
Bundeshaus. Heute hat mein
sommerliches Dîner Républicain
in Ascona eine ähnliche Funkti-
on: Politiker, Künstler, Philoso-
phen, Schriftsteller zwei Tage und
Nächte im Park des Castello del
Sole zum ungezwungenen Ge-
spräch – verbunden mit der Ver-
leihung des «Europapreises für
politische Kultur» durch die Stif-
tung Hans Ringier.
Was war der grösste politische
Irrtum Ihrer Karriere?
Lassen Sie mich nachdenken…
Mein Ja zum EWR, also zu Europa,
war es jedenfalls nicht.
Sie glauben immer noch,
die Schweiz wäre besser dran
in der EU?
Selbstverständlich! Wir sind ja oh-
nehin in der Europäischen Union.
Wer seine Augen nicht davor ver-
schliesst, sieht rund ums Schwei-
zerland EU-Land – das eine geht
gar nicht ohne das andere. Leider
sind wir Passivmitglied – unwür-
dig für eine stolze Nation.
Vorher haben Sie gesagt,
Sie schätzten an der Schweiz
die direkte Demokratie – wären
wir Mitglied in der EU, würde
unser Entscheidungsspielraum
geschmälert.
Es gäbe ohne Zweifel eine Dele-
gation von Kompetenzen an die
Europäische Union – im Aus-
tausch mit einer Mitbestimmung
der Schweiz in ebendieser EU. Für
mich ein Zuwachs an Souveräni-
tät: die Schweiz mitbestimmend
in internationalen, ja sogar glo-
bal bedeutenden Entscheidun-
gen. Über Volksabstimmungen
könnten dem Bundesrat sogar
Richtlinien für seine Regierungs-
politik in Brüssel verordnet wer-
den. Aber das ist nun doch Zu-
kunftsmusik.
Nochmals zurück zu meiner
Frage: Wo haben Sie sich
verschätzt?
In Bezug auf Russland: Geschich-
te und Schicksal der Ukraine wur-
den mir erst spät bewusst – viel
zu spät.
Was meinen Sie damit?
Es begann mit der Abhängigkeit
vom russischen Gas und der
Besetzung der Krim 2014. Natür-
lich habe ich verfolgt, wie Putin
agierte. Aber wie das Ganze zu-
sammenhing mit Russlands
Machtanspruch, das habe ich nicht
reflektiert. Ich habe mich einfach
auf die damals geltende allgemei-
ne Sichtweise in Deutschland ver-
lassen. Das werfe ich mir vor – ei-
nen ganz schlimmen Irrtum. Pu-
tin ist ein Krimineller, der Städte
vernichtet, Menschen tötet, eine
ganze Nation auszulöschen ver-
sucht.
Sollte Europa auf Friedens-
verhandlungen pochen –
oder muss Europa der Ukraine
helfen, sich zu verteidigen?
In dieser Situation können wir
Fotos: Keystone, RDB
nur eines tun: der Ukraine Waffen
liefern. Sie muss die Russen so
lange bekämpfen, bis sie aufge-
ben. Dieses Land kämpft um sei-
ne Freiheit – und diese Freiheit
ist auch unsere Freiheit, denn sie
ist unteilbar. Die Ukrainer haben
den Westen besser begriffen als
der Westen sich selbst.
Ihr Freund Gerhard Schröder
arbeitet ja aber auch für Putin
und war nach seinem Abgang
als Kanzler auch Berater für
Ringier: Wie stehen Sie dazu?
Ich blicke wehmütig zurück auf
eine grosse Freundschaft – tief in
mir bewahre ich dieses Gefühl.
Ist es nicht auch möglich, mit
jemandem befreundet zu sein,
der andere politische Meinungen
vertritt?
Ich bitte Sie um Verständnis,wenn
ich mich hier der weiteren
Erörterung verweigere: Freund-
schaft ist für mich nicht öffentlich
verhandelbar – oder es ist keine.
Christoph Blocher war ja Ihr
Lieblingsfeind. Wäre es nicht
mal an der Zeit, einzugestehen,
dass er in manchen Dingen
vielleicht doch recht hatte?
Durchaus. In der Migrationsfrage
hat er einiges antizipiert, was sich
als richtig erwies. Seinen autori-
tären Gestus lehne ich aber bis
heute kategorisch ab.
Reden wir über Ihre Karriere.
Sie galten als oberster Journalist
bei Ringier. Was war denn
eigentlich Ihre Funktion?
Ich habe nie auf irgendeinem
Titel oder einer Funktion beharrt.
Also konnte man nur Zuschrei-
bungen machen, zum Beispiel
«oberster Journalist».
Die Legende war: FAM
bestimmt alles – das sagten
die einfachen Journalisten,
und die Chefetage streitet es ab.
Was trifft denn nun zu?
Natürlich hatte ich Einfluss. Nicht
Macht. Macht hat ein Pflichten-
heft. Einfluss ist fliessend, wie es
das Wort ja schon zum Ausdruck
bringt. Sobald man über Einfluss
spricht, schwindet er. Deshalb
habe ich nie darüber gesprochen.
Und natürlich bestimmte ich
13
nichts, was mir nicht zukam. Ich
mischte mich auch nicht unge-
bührlich ein. Ich war einfach da.
Haben Sie nicht dafür gesorgt,
dass der erfolgreiche «Blick»-
Chefredaktor Peter Übersax
gehen musste?
Dazu fehlte mir die Zuständigkeit.
Aber diese Unterstellung gehört
zu den Geschichten, die mich
umranken. Was soll ich dazu
sagen? Ich habe nie auf Polemik
gegen mich reagiert. Mir ist vor
allem wichtig, dass die Kritiker
meinen Namen richtig schreiben.
Es hiess auch, dass Sie für
die Borer-Affäre verantwortlich
waren.
Auch das ist Unsinn.Aber ich habe
gelernt, mit solchen Unterstellun-
gen zu leben, und ich äussere
mich auch nicht mehr dazu.
Welches war die grösste Zäsur
in Ihrem Leben?
Beruflich mein Wechsel nach
Deutschland, persönlich meine
Heirat mit Lilith Frey.
Warum die Heirat?
Glück ist immer eine Zäsur.
Weshalb sind Sie
nach Deutschland gegangen?
Ich brauchte einen Wechsel. Ich
wollte nicht landen, ich wollte
starten. Und ich stellte fest: Mein
Handwerk, das der journalisti-
schen Einmischung, funktioniert
auch in Deutschland.Als ich mich
in Berlin installierte, verfügte ich
über keine besonderen Bezie-
hungen.An meinem 60. Geburts-
tag, der in der «Bar jeder Ver-
nunft» gefeiert wurde, ehrten
mich viele prominente Gäste: von
Martin Walser über Otto Schily,
Günter Gaus bis Bundeskanzler
Schröder. Ich war völlig durchei-
nander. Schliesslich verlieh mir
der Bundespräsident vor fünf
Jahren das Bundesverdienst-
kreuz am Band – für «unbeque-
me Einmischung in die deutsche
Politik». Darauf bin ich ganz be-
sonders stolz.
Was macht Ihnen
am meisten Angst?
Das, was allen Angst macht: ster-
ben. Aber ich habe es in nächster
Zeit nicht vor.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
«Es gab
keinen Platz
für Angst»
Helden des Hamas-Angriffs Nach dem
7. Oktober gab es aus Israel einen
Strom düsterer Nachrichten. Aber es gibt
auch die Geschichte des muslimischen
Beduinen Ismail Alkrenawi und seiner
Cousins, die in den Raketenhagel
hineinfuhren und Juden retteten.
Thorsten Schmitz (Text)
und Ofir Berman (Fotos)
Ismail Alkrenawi liegt auf seiner
Couch im Wohnzimmer, er
raucht, hat die Socken ausgezo-
gen, im Fernseher läuft eine Bi-
belshow. Hauptsache, es läuft ir-
gendwas, nur keine Nachrichten.
Ein Nachmittag in Rahat, Israels
grösster Beduinenstadt im Sü-
den des Landes, 80’000 Einwoh-
ner, alle muslimischen Glaubens,
die Alkrenawis gehören zu einer
der grössten Familien hier, mit
Tausenden Angehörigen. Draus-
sen wird es jetzt dunkel, Wind
fegt Mülltüten durch die Stras-
sen, die keine Namen tragen, nur
Nummern.
Um das Haus von Ismail Al-
krenawi zu finden, muss man
Männer auf der Strasse um Hil-
fe bitten. Ismail Alkrenawi? Das
ist unser Held, sagt einer,
schnippt seine Zigarette weg,
setzt sich ins Auto und lotst ei-
nen über staubige Strassen in
eine spärlich beleuchtete Ge-
gend. Der Held drückt einem fest
die Hand, klopft aufs Sofa neben
sich. Setz dich, sagt er.
Seine Frau tischt Schalen mit
Bananen, Clementinen, Äpfeln,
Datteln und Feigen auf, bringt
Tee und Limonade, dann ver-
schwindet sie in der Küche. In
zwei Stunden beginnt Ismail Al-
krenawis Schicht, nachts, wenn
wenig los ist auf den Strassen,
transportiert er mit seinem LKW
Asphalt zu Baustellen. «Eyn
baya», kein Problem, hatte er am
Telefon gesagt, komm vorbei,
Thomas Friedman hat mich auch
schon besucht, Friedman von der
«New York Times». Ich werde dir
vom 7. Oktober erzählen, hatte er
gesagt, «reden hilft».
In den ersten Tagen nach dem
Massaker der Hamas-Terroristen
an 1200 Israelis hatte es Ismail
Alkrenawi (45) die Sprache ver-
schlagen. Mit niemandem konn-
te er über das reden, was er er-
lebt hatte, nicht mit seiner Frau,
nicht mit seinen Kindern, nur mit
Aya Maydan, einer jüdischen Is-
raelin. Wenn er die Augen
schloss, sah er Leichen, Blutla-
chen, Menschen auf einer Party,
die in Todesangst auf ihn zu-
rannten, brennende Autos. Bil-
der von israelischen Soldaten mit
ihren Waffen, alle auf ihn und
seine drei Cousins gerichtet.
Es gibt eine Tonaufnahme von
diesem Moment. Man hört, wie
Ismail Alkrenawi und seine Cou-
sins auf Hebräisch brüllen:
«Nein! Nein! Nein! Nein! Nicht
schiessen! Wir sind Israelis! Wir
sind Zivilisten!» Alkrenawi spielt
die Aufnahme auf seinem Han-
dy vor, immer wieder. Die vielen
Soldaten, die Waffen. Woran er
da gedacht hat? «An meine Mut-
ter», sagt er und weint. Draussen
beginnt ein Muezzin zu singen.
«Sie wollten uns erschiessen»,
sagt er, nippt am Tee, zieht an der
Zigarette. Obwohl er und seine
Cousins doch gerade Juden das
Leben gerettet hatten.
Eine von denen, die Ismail
Alkrenawi und seine drei Cou-
sins aus der Hölle befreit haben,
ist Aya Maydan. An einem lau-
warmen Mittag sitzt sie auf der
Terrasse des Hotels David in En
Bokek am Toten Meer. Winter-
sonne taucht die bizarre Wüsten-
landschaft in milchiges Licht, in
dem Touristenort ist gerade kein
einziger Tourist. 12’000 Überle-
bende des Hamas-Massakers
sind in den Hotelkästen unter-
gebracht, Flüchtlinge im eigenen
Land. Seit drei Monaten leben
Hunderte Familien aus dem Kib-
buz Be’eri im Hotel, mit Vollpen-
sion, Therapiestunden, improvi-
sierter Schule. Weiter weg, sagt
Aya Maydan, 39, könne man nicht
entfernt sein vom Kibbuzalltag.
Es gibt auch
schöne Geschichten
Das Hotel ziehe sie runter: «Alle
sind traurig hier.» Ständig gin-
gen die Hotelgäste auf Beerdi-
gungen oder kämen von welchen
zurück. Viele hätten geschwolle-
ne Augen vom vielen Weinen.
«Wir sind um zwanzig Jahre ge-
altert seit dem 7. Oktober.» Sie
läuft barfuss durchs Hotel, weil
sie den Boden spüren müsse.
Auch ihre Stimme kann man
hören auf der Tonaufnahme, die
Ismail Alkrenawi gespeichert hat.
«Wann hört das endlich auf?»,
hört man sie sagen. Dann weint
sie. Ein Soldat, sagt sie später auf
der Terrasse, die Beine überein-
andergeschlagen, habe sie da-
mals beiseitegenommen. Warum
weinst du, habe er gefragt, sind
das Hamas-Terroristen, haben
sie dich entführt? Nein, hat sie
gesagt, das sind Beduinen, die
mich gerettet haben.
Viele Geschichten sind nach
dem 7. Oktober geschrieben wor-
den, dem «schwarzen Samstag».
Geschichten über Gräueltaten,
Morde, über Kinder, die ohne El-
tern aufwachsen werden. Es war
ein Strom düsterer Nachrichten
über Vergewaltigungen, Folter,
Tote. Aber es gibt auch diese Ge-
schichte von Ismail Alkrenawi,
dem muslimischen Beduinen,
der zusammen mit drei Cousins
am schwarzen Samstag das Le-
ben von etwa 30 bis 40 jüdischen
Israelis gerettet hat.
Wenn man ihn fragt, warum
er sein eigenes Leben in Gefahr
gebracht hat an diesem Tag, um
das anderer zu retten, schaut er
einen an mit seinen warmen
braunen Augen, als verstünde er
die Frage nicht. Muslime, Juden,
Christen, sagt er, «sind alle
gleich. Wir sind Menschen. Wir
haben eine Seele.»
Aya Maydan schält sich an je-
nem Samstag, dem 7. Oktober,
früh aus dem Bett, es ist kurz vor
sechs Uhr, ihre drei Kinder und
ihr Mann schlafen noch. Sams-
tag früh fährt sie immer mit ih-
rem besten Freund Lior Weizman
Ismail (links) und Dahesh Alkrenawi in dem Jeep, mit dem sie die Menschen am 7. Oktober gerettet haben.
mit dem Rad durch die Wüsten-
landschaft Südisraels, sie üben
für den Israman, das israelische
Äquivalent des Ironman. Angst
hat sie nie, obwohl der Gazastrei-
fen nur ein paar Kilometer ent-
fernt liegt und es ständig Rake-
tenalarm gibt. «Ich wusste ja, es
gibt die Armee, es gibt den
Grenzzaun, es gibt Bunker, es
gibt das Raketenabwehrsystem
Iron Dome.»
Als sie an diesem 7. Oktober
auf ihrem Rad das Kibbuztor
passiert, fliegen plötzlich Hun-
derte Raketen im rosaroten Mor-
genhimmel über sie hinweg.
Maydan wirft sich in einen Be-
wässerungsgraben, ruft ihren
Freund an, sagt, lass uns nicht
heute radeln. Sie sagen «bye»
und «nedaber», wir reden. Es ist
ihre letzte Unterhaltung.
Ihr Mann ruft an, sagt, geh in
eine Migunit, in eines dieser Be-
tonhäuschen, die vor Raketen
schützen. Aya Maydan radelt zu
einer Migunit, der Raum ist vol-
Von Ismail Alkrenawi und seinen drei Cousins aus der Hölle befreit: Aya Maydan in En Bokek.
ler verängstigter Menschen, es
stinkt nach Urin, einige überge-
ben sich, sie rennt wieder raus,
will in den Kibbuz zurückfahren,
als sie drei schwarz gekleidete
Männer auf sich zurennen sieht.
Als sie an diesem
7. Oktober das
Kibbuztor passiert,
fliegen Hunderte
Raketen
im rosaroten
Morgenhimmel
über sie hinweg.
Es sind drei Beduinen, die im
Speisesaal arbeiten, Menschen,
zu denen man höchstens mal
«Shalom» sagt, «hallo». Atemlos
warnen die drei Männer, du
kannst nicht zurück in den Kib-
buz, Hamas-Terroristen töten
dort jeden, der ihnen über den
Weg läuft, sagen sie.
Die vier rennen auf die Haupt-
strasse, warnen Autofahrer, die
in den Kibbuz fahren wollen. Aya
Maydan rennt mit einem von ih-
nen, Hisham Alkrenawi, über die
Felder, die sie so gut kennt, die
beiden anderen verlieren sie aus
den Augen. Schüsse peitschen
durch die Luft, Raketen fliegen
über sie hinweg, sie hören die
Terroristen «Allahu akbar»
schreien. Der zwanzigjährige
Hisham Alkrenawi sagt, vertraue
niemandem, hörst du, nieman-
dem. Warum sagt er das, fragt sie
sich. Sie weiss, dass die Terroris-
ten auch ihn angehalten haben,
dass sie ihm sein Handy und das
Auto abgenommen, ihn aber
nicht getötet haben. Warum ha-
ben sie ihn laufen lassen, denkt
sie, will er mich töten?
Nach ein paar Hundert Metern
lassen sie sich in ein Erdnussfeld
fallen, verstecken sich zwischen
Büschen. Hisham Alkrenawi bit-
tet sie um ihr Handy, lädt eine
arabische Tastatur runter, schickt
seinem Vater ihren Standort.
Gleich, sagt er, kommt jemand
und rettet uns. Es ist kurz vor
halb acht. Die beiden wissen
noch nicht, dass sie fast sieben
Stunden in den Büschen liegen
werden.
Ungefähr zur selben Zeit wird
Ismail Alkrenawi (45) vom Klin-
geln eingehender Whatsapp-
Nachrichten geweckt. Er hört
entferntes Donnern, der Himmel
ist blau, Gewitter klingen anders.
Ein Cousin ruft ihn an, komm,
Ismail, du musst mir helfen,
mein Sohn Hisham ist in Lebens-
gefahr. Ismail Alkrenawi wäscht
sich das Gesicht, springt in sei-
nen weissen Jeep, fragt sich:
«Kann das wahr sein?»
Für die Hamas
sind sie Verräter
Im Wohnzimmer von Hishams
Vater versammeln sich viele an-
dere Beduinen aus Rahat, sie
wissen: Für die Hamas sind sie
Verräter, weil sie in Kibbuzim ar-
beiten, für Juden. Sie rufen die
Polizei und beim Militär an, aber
keiner hebt ab. Sie wissen, dass
niemand Hisham retten wird,
dass sie ihn da selber rausholen
müssen. Sie sehen, dass er sich
nicht im Gazastreifen aufhält, er
ist also nicht entführt worden
wie sieben andere Beduinen. Er
ist in der Nähe des Kibbuz Be’eri.
Erst vor ein paar Wochen hatte
er dort im Speisesaal angefan-
gen, Gemüse waschen, Salate zu-
bereiten, Rührei machen.
Sie steigen in den Jeep, Ismail,
Rafi, Chamad und Dahesh, vier
Cousins der Grossfamilie Alkre-
nawi aus Rahat. Zwei Handfeu-
erwaffen nehmen sie mit. Viele
Beduinen haben in der israeli-

schen Armee gedient, oft als
Fährtenleser, sie können Spuren
lesen, kennen jeden Flusslauf,
auch im Dunklen finden sie
sich zurecht. Rund 300’000 Be-
duinen leben in Südisrael in
sieben staatlich anerkannten
Siedlungen, rund 120’000 in
provisorischen, illegalen Zelt-
vierteln, in denen es keine Schu-
len, keine Ärzte, keine Raketen-
schutzbunker gibt – und die auch
nicht vom Raketenabwehrsystem
Iron Dome geschützt werden.
Für leere Felder, zu denen auch
die illegalen Beduinensiedlun-
gen gehören, verbraucht Iron
Dome keine seiner teuren Ab-
wehrraketen.
Die Kriminalitätsrate in die-
sen illegalen Siedlungen ist hoch.
Clans liefern sich Schiesserei-
en, immer wieder gibt es Razzi-
en wegen Drogenhandel und il-
legalen Waffenbesitzes.
Ismail Alkrenawi sagt, dass
die meisten seiner Familie aus
Rahat stammten und in der
Landwirtschaft arbeiteten oder
in den Kibbuzim, dass manche
aber auch akademische Karrie-
ren geschafft hätten, als Ärzte ar-
beiteten. Beduinen gehören zur
arabischen Minderheit in Israel,
zu denen, die zwischen allen
Stühlen sitzen. Manche jüdische
Israelis misstrauen ihnen, in der
arabischen Welt werden sie als
Kollaborateure verunglimpft.
Nach dem 7. Oktober, sagt Ismail
Alkrenawi, habe ein Bekannter
von ihm einen Anruf aus dem
Gazastreifen erhalten. Hast du
Juden gerettet, habe der Anrufer
gefragt? Wir werden dich töten.
Sie rasen also los an diesem 7.
Oktober, kommen aber nicht
schnell genug voran, weil viele
Strassen gesperrt sind. Sie be-
schliessen, ein steiles Tal zu
kreuzen, auch auf die Gefahr hin,
dass sich der Jeep überschlägt.
Fokus
Auf der anderen Seite sehen sie
einen Beduinen, der Menschen
hilft, in sein Auto zu steigen. Was
machst du hier, fragen sie. Ich
rette Menschen, sagt der Mann,
Menschen, die gerade eben noch
getanzt haben, auf dem Festival
ganz in der Nähe des Kibbuz
Be’eri. Die Cousins beschliessen,
dem Mann zu helfen. All das sei
gefährlich gewesen, sagt Ismail
Alkrenawi, «aber es gab keinen
Platz für Angst».
Die Menschen von der Frei-
luftparty, die in ihr Auto sprin-
gen, sind auf LSD oder Ecstasy,
sie bluten, weinen, wimmern. Ihr
braucht keine Angst mehr zu ha-
ben, sagen sie ihnen, sie geben
ihnen ihre Handys, damit sie El-
tern und Freundinnen anrufen
können, sie geben ihnen Wasser,
spülen ihre Wunden aus. Zwi-
schen 30 und 40 Menschen, sagt
Ismail Alkrenawi, fahren sie in
die Kleinstadt Ofakim, über
Stunden hinweg. Währenddes-
sen schickt Ismail Alkrenawi
ständig beruhigende Nachrich-
ten auf Aya Maydans Handy.
Aya Maydan und Hisham Al-
krenawi liegen nebeneinander in
den Büschen auf einem Erdnuss-
feld, wenn sie pinkeln müssen,
drehen sie sich mit dem Rücken
zueinander. Überall Raketen,
Terroristen, Kugeln. Aya Maydan
wundert sich, wo die vier Cou-
sins bleiben. Haben sie nicht ge-
schrieben, sie kommen gleich?
Ismail Alkrenawi schickt
Nachrichten: Wir sind auf dem
Weg. Nur noch fünf Minuten. Nur
noch zwanzig Minuten. Hab kei-
ne Angst, sagt Hisham Alkrena-
wi, ich weiss, dass sie uns retten.
Was Aya Maydan nicht weiss:
dass er jede Minute der insge-
samt sieben Stunden, in denen
er mit ihr um sein Leben bangt,
aufnimmt, weil er sich denkt:
Falls sie getötet wird, soll jeder
wissen, dass nicht ich es war.
Gegen Mittag besprechen sich
die vier Cousins in Ofakim, ge-
rade haben sie dort in der Poli-
zeistation die letzten vier Party-
besucher abgesetzt. Sie rauchen,
streiten sich. Einer sagt, wir kön-
nen sterben, wenn wir Hisham
und die Israelin retten. Auf kei-
nen Fall kehren wir ohne Hisham
zurück nach Rahat, sagt Ismail
Alkrenawi. Also fahren sie los,
mitten hinein in den Raketen-
und Kugelhagel. Auf der Fahrt
über die Felder textet Ismail Al-
krenawi, fragt, wo genau seid
ihr? Hisham Alkrenawi fotogra-
fiert ein Erdnusssilo, daneben
liegen wir, schreibt er zurück.
Jedes Smiley heisst:
Ich lebe
Aya Maydan stellt ihr Handy auf
lautlos, die Terroristen sollen
kein Klingeln hören. In der What-
sapp-Gruppe der Mütter des Kib-
buz liest sie, wer erschossen, wer
entführt, welches Haus zerstört
wurde. Die Nachrichten lähmen
sie. Ihrem Mann schickt sie Smi-
leys. Jedes Smiley heisst: Ich lebe.
Sie zieht ihre Fahrradschuhe aus,
die Socken behält sie an. Sie
macht Atemübungen, um sich zu
beruhigen. Sie nickt kurz ein,
denkt sich später, was fällt dir
ein, mitten im Krieg einzuschla-
fen? Mit ihrer Psychologin, die
im Hotel Überlebende therapiert,
redet sie über diese Wut auf sich
selbst. Die Psychologin habe sie
beruhigt, es sei normal, dass ihr
Körper auf den Stress mit dem
Herunterfahren von Körperfunk-
tionen reagiert habe.
Kurz nachdem sie wieder auf-
gewacht ist, nähert sich der weis-
se Jeep, die Türen fliegen auf, Is-
mail Alkrenawi und Dahesh Al-
krenawi rufen, steigt ins Auto.
Aya Maydan hockt sich in den
Fussbereich vor dem Beifahrer-
sitz. Wenn die Hamas-Leute den
Fahrer erschiessen, denkt sie,
kann ich das Lenkrad fassen,
Die Kriminalitätsrate in diesen illegalen Siedlungen ist hoch. aufs Gas drücken, abhauen. Doch
Clans liefern sich Schiessereien, immer wieder gibt es plötzlich stoppt das Auto, Ismail
Razzien wegen Drogenhandel und illegalen Waffenbesitzes. Alkrenawi brüllt: «Nein! Nein!
Ein Held aus Rahat
Mittelmeer
Aschdod Jerusalem
GAZA-
Aschkelon WEST-
STREIFEN
JORDAN-
Gaza-Stadt LAND
Rahat
Be'eri
Hebron
Ofakim Be’er
Scheva
ÄGYPTEN
ISRAEL
30 km
Grafik: vif
Nein! Nicht schiessen! Wir sind
Israelis! Wir sind Zivilisten!» Is-
raelische Soldaten zielen mit ih-
ren Waffen auf die vier Männer
aus Rahat. Aya Maydan krabbelt
aus dem Auto, wirft sich aufs
Erdnussfeld, sie brüllt, «wann
hört das endlich auf, nicht
schiessen, die vier haben mich
gerettet». Einer der Soldaten
fragt, sind das Terroristen? Als
sich das Missverständnis klärt,
fragt der Soldat noch: Wie habt
ihr das geschafft? In seiner Stim-
me, sagt Ismail Alkrenawi heute,
lag Anerkennung.
Viele Beduinen
haben in der
israelischen Armee
gedient, oft als
Fährtenleser, sie
können Spuren
lesen, kennen jeden
Flusslauf.
Dann rasen sie davon, zusam-
men mit zwei weiteren Überle-
benden, die sich in der Nähe in
Büschen versteckt hatten. Sie ra-
sen nach Osten, nach Ofakim, auf
den Feldern liegen Leichen. Die
Polizeistation in Ofakim kommt
Aya Maydan vor «wie der sichers-
te Ort dieser Welt». Als sie end-
lich dort sind, setzt sie sich auf
den Boden, zieht ihre Socken aus,
weil sie den Boden spüren muss,
schickt ihrem Mann ein Smiley,
er schickt eines zurück.
Ismail und Dahesh Alkrenawi
versuchen, sie zu überreden, mit
nach Rahat zu kommen, wir ha-
ben einen Schutzraum dort, sa-
gen sie, wir passen auf dich auf.
Aber Aya Maydan beschliesst, in
den Bus zu steigen, der sie und
die anderen nach Beer Sheva fah-
ren soll, weg vom Kriegsgebiet.
Ihr habt mir doch schon das Le-
ben gerettet, sagt sie und verab-
schiedet sich. Die fünf Männer
fahren nach Rahat und setzen
Hisham Alkrenawi bei seinem
Vater ab.
Kurz darauf klingelt das Han-
dy von Aya Maydan. Sie sitzt im
Bus, kurz vor der Abfahrt. Schau
aus dem Fenster, sagt Ismail Al-
krenawi, wir begleiten dich bis
nach Beer Sheva, wir lassen dich
nicht allein. Sie weint, «wie ich
noch nie geweint habe, es schüt-
telt mich». In Beer Sheva steigt
sie aus dem Bus, setzt sich dann
doch in das Auto der vier Män-
ner aus Rahat.
Sie fahren nach Kirjat Gat, wo
Maydans Schwiegervater auf sie
wartet. Unterwegs halten sie an
einem Supermarkt, kaufen Pita-
brote, Chips, Schokoriegel, ob-
wohl nur dreissig Kilometer zwi-
schen ihr und dem Schwiegerva-
ter liegen.
In Kirjat Gat umarmen sie sich
alle, sagen, «ihije be seder», al-
les wird gut. Es ist nach 20 Uhr,
als sie bei ihren Schwiegereltern
ankommt. Wenn sie versucht zu
schlafen, hört sie Schüsse,
Schreie. Wenn sie duscht, hört
sie Terroristen hinter dem Bade-
zimmerfenster, dabei ist es nur
15
der Wind, der die Büsche bewegt.
Erst am frühen Morgen, gegen
sieben Uhr, kann sie ihren Mann
und ihre drei Kinder in die Arme
schliessen. Schlafen kann sie
nicht.
In den ersten Tagen nach ih-
rer Rettung, wenn sie nachts
wach liegt, schreibt sie, manch-
mal um ein Uhr, manchmal um
drei: Ismail, wie geht es dir? Er
textet zurück, dass er nicht schla-
fen könne, dass er Angst habe vor
den Bildern, wenn er die Augen
schliesse. Sie erzählt von ihren
Albträumen, lädt ihn zu sich ein,
ans Tote Meer. Hast du einen
Psychologen, fragt sie ihn. Nein,
sagt er, niemand hat uns so et-
was angeboten. Sie schlägt ihm
vor, ihre Psychologin zu treffen.
Lass, sagt Ismail Alkrenawi, ich
brauche das nicht.
Ein paar Tage später kommt
er, um sie zu besuchen, es gibt
ein Foto von dieser Begegnung,
sie umarmen sich, der Retter und
die Gerettete, zwei Stunden lang
sitzen sie auf der Terrasse. Aya
Maydan erzählt ihm, dass ihr das
Laufen schwerfalle, sie fühle sich
schlecht, obwohl sie sich doch
gut fühlen müsste. Wenn sie los-
laufe auf der menschenleeren
Promenade, habe sie Angst. Und
immer der Gedanke: Was wäre
gewesen, wenn ich Hisham nicht
getroffen hätte?
Seit ein paar Tagen nimmt Aya
Maydan Lior in Gedanken ein-
fach mit zum Laufen am Meeres-
ufer, ihren Freund, der getötet
wurde, als er am 7. Oktober um-
gekehrt ist auf seinem Rad. Und
wenn sie gewinnen sollte beim
Israman, im Februar, wird sie
Lior Weizman ihren Sieg wid-
men.
Ismail Alkrenawi öffnet eine
neue Zigarettenpackung, reicht
seinem Cousin das Feuer. Sie
rauchen, reden auf Arabisch,
wechseln ins Hebräische. Als Be-
duine, sagt Dahesh Alkrenawi,
habe man es in Israel nicht leicht.
Aber er habe nicht eine Sekunde
gezögert, seinen Cousin und die
anderen zu retten. «Ich habe
mein Herz zu Hause gelassen,
wir sind einfach losgefahren.» Er
holt sein Handy raus, zeigt ein
Foto, auf dem die vier Cousins zu
sehen sind, Aya Maydan und der
jüdische Polizeichef von Rahat.
Stolz sei er, sagt Dahesh Alkre-
nawi, dass der Polizeichef vor ein
Die Menschen von
der Freiluftparty,
die in ihr Auto
springen, sind auf
LSD oder Ecstasy,
sie bluten, weinen,
wimmern.
paar Wochen gekommen ist, um
sich bei ihnen zu bedanken. «Be-
duinen sind unsere Brüder», hat
der Polizeichef gesagt.
Manchmal rufen jetzt Eltern
der Geretteten an und laden ihn
zu sich ein, sie wollen sich be-
danken. Das sei ein gutes Gefühl,
sagt Ismail Alkrenawi. Passiert
einem auch nicht dauernd, sagt
er und lacht. Er und seine drei
Cousins haben letztens der Ar-
mee einen Brief geschrieben, sie
würden gerne wieder helfen, als
LKW-Fahrer Ausrüstungen oder
Proviant transportieren. Aber die
Armee hat abgelehnt. Ismail Al-
krenawi verzieht das Gesicht:
dann eben nicht.
Er zieht Socken und Schuhe
an, gleich beginnt seine Nacht-
schicht. Gleich wird er sich ins
Führerhaus seines LKW setzen,
Asphalt aufladen und ihn dort
abladen, wo er gebraucht wird.
Der Asphalt von Ismail Alkrena-
wi repariert die Strassen, die von
Hamas-Raketen beschädigt wur-
den. Er hilft, wo er kann.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024 Standpunkte 17

Schnappschuss Somm

apchat
Massaker

Screnshot: Sn
Die Kardashianisierung der Amal Clooney an der direkten
Schaut man nur rasch hin, meint man, eines der Demokratie
zahlreichen Mitglieder des Kardashian-Clans vor sich
zu haben, da ist ja stets rätselhaft, welche jetzt welche In einem Interview mit dem «Nebelspalter» hat
ist. Und während man also überlegt, ob das die eine Christoph Blocher, der Altmeister der schweizerischen
sei oder die andere, dämmert es einem: Das ist über- Europapolitik, auch über die neuen Verträge mit der EU
haupt keine von denen! Diese Frau ist nur typähnlich
gesprochen, deren Namen noch etwas unklar sind: «Da
mit den hingemalten Augenbrauen, den büschel-
artigen Kunstwimpern und dem blassen Lippenstift auf oben sind jetzt Gauner am Werk», sagte er, womit der
den pneumatischen Lippen. Kardashian-Clan-Klone ehemalige Bundesrat Chefbeamten und Diplomaten meinte,
gibts zuhauf unter den jungen Frauen auf der Strasse. die Dinge erzählen, die so nicht stimmen, was Blocher
Das hier aber ist eine Frau, die eben ihren 46. Geburts- allerdings kaum überrascht: «Das kann man nur durchbrin-
tag feierte und einen richtigen Beruf hat, in dem sie gen, indem man es beschönigt, abstreitet oder verleumdet.»
zudem erfolgreich ist. Zumindest war das so, bis sie Wenn ein Chefbeamter vor den Nationalräten hinter ge-
unbegreiflicherweise einen Hollywoodschauspieler
schlossenen Türen behaupte, es handle sich nur um einen
heiratete. Denn ab da gings bergab. Danach war sie
nicht mehr Ms Amal Alamuddin, die Menschenrechts- «nebensächlichen Eingriff ins Stimmrecht» der Schweizer
anwältin, sondern Mrs Amal Clooney, Gattin von. Nun Bürger, dann ist es das, was Blocher als so eine Unehrlich-
hat sie nicht nur einen anderen Namen. Sie sieht auch keit empfindet – und ehrlich gesagt: Hat er nicht recht?
anders aus. Wie eine von vielen.
Bettina Weber Dynamisierung heisst das Stichwort – und man kann es
noch so oft semantisch verniedlichen oder überzuckern,
in der Sache geht es stets um dasselbe. Die EU will, dass
wir diverse Abkommen unterzeichnen, bei denen wir der EU
das Recht geben, einseitig alle Regeln und Gesetze, die den
Binnenmarkt betreffen, zu ändern, so oft sie will, aus wel-
chem Grund auch immer, während wir nichts dazu zu sagen
haben. «Dynamische Rechtsübernahme». Früher nannte
man es «automatisch», morgen sagt man «vernünftig». Der
Gülsha Adilji
Fantasie unserer Beamten sind erfahrungsgemäss keine
Grenzen gesetzt, wenn es sich darum dreht, den Stimm-
Kampfzone Veloweg kein Tagebuch führe. Würde ich aber Tagebuch Ich fasse zusammen und übersetzte es noch
bürger, also ihren Arbeitgeber, nicht unnötig aufzuscheu-
führen, könnte ein Eintrag ungefähr so ausse- mal mit meinen Worten:
chen. Nie soll der Stimmbürger merken, dass er am Ende
Passive Aggressivität bekommt auf den hen «Liebes Tagebuch, wie geht es dir, ja, ja,
keine Stimme mehr hat, noch ein Bürger ist.
ich weiss, du kannst nicht antworten… wie auch Damit Frauen nicht zu selbstbestimmt
Velowegen der Welt eine komplett neue
immer, ich war heute wieder mit Gabi unter- beziehungsweise zu mobil werden, erfand
Dimension. Es ist quasi ein physikalisches Das ist das eine. Wenn wir aber einmal eine neue Regel
wegs, wie du weisst, liebe ich es, mit dem man irgendwelche Scheisse wie das «Fahrrad-
Gesetz, dass man sich auf dem Fahrradstreifen der EU nicht wollen, weil wir etwa finden, auf unseren
Fahrrad unterwegs zu sein, ausser halt das mit Gesicht», um sie am Herd zu behalten. Natürlich
gegenseitig überholen und hassen muss. Bahngeleisen dürften keine deutschen Lokführer zu
den anderen Verkehrsteilnehmer:innen, denen darf auch Sex-Zeug nicht fehlen, so behauptete
Spätestens bei der Ampel keucht man links an deutschen Löhnen deutsche Züge herumfahren, dann
könnte ich pausenlos mit der äusseren Hand- man(n), ich zitiere, «Radfahren macht anständi-
seinem Todfeind vorbei, nur weil dieser die können wir das Brüssel zwar melden, wir dürfen gar darüber
kante in die Kniekehle schlagen. Okay, das ge Frauen zu Prostituierten». Frauen wurden
audacity hatte, einen kurz vorher zu ü-ber-ho- abstimmen und es verwerfen, aber Brüssel darf uns dann
wars, tschüss Tagebuch.» vom Fahrrad geschubst, angepöbelt oder mit
len. Man hat es eigentlich gar nicht eilig, aber so bestrafen. Wie, ist offen, womit wir noch schlechter
Steinen beworfen. Man(n) schreckte wirklich
was lässt man verdammt noch mal nicht auf behandelt werden als ein Dieb, der immerhin das Strafmass
Da ich aber, wie bereits erwähnt, kein vor nichts zurück, um Frauen in ihrer Selbst-
sich sitzen. Es weht ein rauer Wind in der kennt, bevor er eine Bank ausräumt. Unser Stimmrecht
Tagebuch führe, share ich heute hier meine bestimmung und Freiheit zu beschneiden.
Fahrrad-Community. Vom Hass gegenüber gleicht dann dem Mitspracherecht der Kinder: «Wer möchte
Autofahrerinnen und Autofahrern fange ich erst Velove, und da wir grad dabei sind: spannende jetzt ins Bett?» «Ich nicht!», ruft Hansli, um danach zwei
Geschichtsfakten über ein abgefucktes System Schnitt, 150 Jahre später werden Frauen
gar nicht an, dafür reicht die Zeit nicht. Stunden früher ins Bett geschickt zu werden. Demokratie
namens Patriarchat incoming. nicht mehr beleidigt, wenn sie irgendwo
der Infantilisierung.
entlangradeln. Die Sättel in der Schweiz sind
Velofahren ist mein Ding, in Berlin wie in
Ein Artikel, der mir letzte Woche beim fifty-fifty verteilt. Klar, ist halt nervig, dass wir
Zürich fetze ich mit meinen knauffeligen Fahr- Nebensächlich? Der Binnenmarkt ist eines der grössten
Scrollen entgegenflatterte, renkte mir fast Frauen uns alles, wirklich alles, sogar Gleichbe- und ehrgeizigsten Projekte der EU. Indem sie hier Gesetze
rädern die Spree oder die Limmat entlang.
mein Unterkinn aus, jaw drop level 100. Es ging rechtigung im Fahrradfahren, erkämpfen muss- harmonisiert und neue Regulierungen schafft, hofft sie, die
Meine Laune ist definitiv besser, wenn ich nicht
um das Fahrrad-Gesicht. «Wie bitte?», denkst ten. Aber irgendwie ist es auch massiv em- eigene Wirtschaft zu fördern, wogegen wir nichts haben,
die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen muss,
du dir jetzt bestimmt, liebe Kolumne. Ja, ja, ich powernd, zu wissen, dass wir krasse bad gleichzeitig verfolgt sie damit aber auch politische Ziele, die wir
sondern Gabi oder Betty (so heissen meine
weiss schon, du bist eine Kolumne, du kannst bitches sind und früher oder später die Weltf- nicht teilen: Aus dem Staatenbund soll ein Staat werden – ein
Fahrräder) satteln und losradeln kann. Es geht
genau wie Tagebücher auch nicht denken, rauschaft übernehmen werden. Und egal wo Unterfangen, zu dem wir den EU-Ländern alles Glück dieser
mir aber nicht nur darum, U-Bahn oder Tram
noch keine Gleichberechtigung herrscht, wir Welt wünschen, womit wir aber nichts zu tun haben, solange
zu umgehen, ich liebe es wirklich sehr-sehr- geschweige denn antworten. Als Fahrrad-
kriegen das hin. Wäre einfach echt schön, wenn wir der EU nicht beigetreten sind, was vor dem Jahr 2224 eher
sehr, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Gesicht bezeichneten Ärzte Anfang des
wir das ab jetzt und für immer zusammen unwahrscheinlich bleibt. Dass man mich nicht falsch versteht:
19. Jahrhundert ein Syndrom beziehungsweise
machen. ALLE ZUSAMMEN. Die EU darf mit ihrem Binnenmarkt tun und lassen, was sie
Also ich schreibe es nicht zwingend jeden ein Symptom, welches das Gesicht von Frauen
Abend in mein Tagebuch, einerseits, weil ich verändert, weil sie Fahrrad fahren. WTF?! Gülsha Adilji ist Moderatorin und Journalistin. will. Dass sie es dabei ungern sieht, dass ein Dritter wie die
kein Tagebuch führe, und andererseits, weil ich Radfahren mache sie hart und fies und hässlich. Sie lebt in Berlin und Zürich. reiche, glückliche Schweiz sich querlegt und ein Gesetz nicht
übernehmen möchte, ist ebenfalls nachvollziehbar.

Schlagzeiten Wir, die Stimmbürger dieses Landes, haben indessen

eine andere, genauso legitime Sicht. Wenn die Erleichte-

«Urs trägt das Handy «Er hat sich «Rund 11 Prozent rung unserer Geschäfte mit der EU bedeutet, dass wir dafür
so gut wie alle Gesetze, die unsere Wirtschafts-, Sozial- und
immer an sich, für den Fall, zurückbesinnt.» der Schweizer Bevölkerung Einwanderungspolitik bestimmen, aus Brüssel abschreiben
dass er mit seinem Gewähr Verben sollten korrekt gebogen werden, lebt im Ausland.» müssen, dann stellt sich schon die Frage: Ist der Preis nicht
liebe «Basler Zeitung». zu hoch? Denn, was uns diese Chefbeamten wie durchtrie-
ausrücken muss.» Ist Ihnen auch so schwindlig? © «SRF Online»
bene Kurpfuscher als «nebensächlichen Eingriff» (warum
Angaben in unserer Lieblingsskriptüre nicht «chirurgisch»?) verkaufen, ist in Tat und Wahrheit ein
SonntagsZeitung wie immer ohne Gewehr. «Shuttleser- «Sekundarschuhllehrer» Massaker an der direkten Demokratie. Faktisch schaffen wir
vice» Du Schuhllöffel! Nochmals «SRF Online». Stimmbürger für wesentliche Bereiche der schweizerischen

«Alliance F knapp Stv. Trashkonsument? Nö. (Duden-konforme)

Gesetzgebung unser Stimmrecht ab. Oder Hand aufs Herz,
wer geht noch abstimmen, wenn er weiss, dass sein Nein
Au-Tomatent-Rennung in der «Berner Zeitung».
für 1. AHV-Rente» «Er berichtet von einem entweder keine Folgen hat oder er mit Strafen rechnen muss,
Wer die 1. nicht ehrt, ist der 13. nicht wert. kürzlichen Abendessen die er nicht einmal kennt? Demokratie für Masochisten.
«Die Prozesse gleichen
Titel in den CH-Media-Zeitungen vom Montag.
mit Freunden.»
jenen beim Brauen von Bier Warum werden wir von unseren Angestellten so
Wir haben die länglichen Dîners ja beraten? Weil für manche dieser Vertreter der politischen
«80 Prozent der alten und Wein.» auch langsam satt, lieber «Tages-Anzeiger». und administrativen Eliten die direkte Demokratie ohnehin
Zähler müsen bis 2037 Wird Wein nicht gebrannt? Ungelöstes eine lästige Hinterlassenschaft unserer Geschichte ist. Um

erstzt sein» in den Tamedia-Zeitungen vom Freitag.

«Wale drohen, als Folge wie viel angenehmer lässt sich regieren, wenn nicht jeder
Coiffeur und Lagerist noch seinen Senf dazugibt? Blocher
Zwichentitl im «Landbotn» vom Mittwch. des Klimawandels spricht vom «Umkrempeln unserer ganzen Staatsordnung»,
«Damit die Ergebnisse schon bald auszusterben» die bevorstehe, indem der Bürger, der jetzt oben thront,

«Auto erfasst Alte nachträglich aufgebessert Grenzt an Erpressung.

nach unten versetzt werden soll. Oder um es in der Sprache

auf Zebrastreifen»
Wenigstens nicht noch «Hexe».
«Blick»-Titel zum Unfall einer 85-Jährigen.
wurden, zahlte sie Zugelaufenes Satzzeichen nicht unlängst der infantilen Demokratie zu sagen: Er muss ins Bett – ob er
im «Liechtensteiner Vaterland». dann noch schlafen kann, entscheidet Brüssel.
15 000 Schmiergeld.»
Noch Wechselkurs angeben, lieber «Blick». schlagzeiten@sonntagszeitung.ch Markus Somm, Chefredaktor des «Nebelspalters»
18
Wer von einer 13. AHV-Rente
profitiert – und wer nicht
SonntagsZeitung vom 4.2.2024
Über 90 Prozent der Bevölke-
rung würden kurz- bis langfris-
tig zu den Gewinnern gehören,
wenn die Zusatzrente u.a. über
Lohnprozente finanziert würde.
Dabei sollten Einkommen unter
100’000 Franken allerdings von
der Lohnprozenterhöhung aus-
genommen sein. Erst ab Ein-
kommen von über einer halben
Million pro Jahr werden Spitzen-
verdiener zu Nettozahler. Die
AHV ist gewollt ein Umvertei-
lungsinstrument von reich zu
arm, und das darf durchaus der
Zeit angepasst und ausgebaut
werden. Anstelle der unsozialen
Mehrwertsteuererhöhung könn-
te zusätzlich die Bundessteuer-
progression angehoben werden.
So tragen auch die vermögenden
Pensionäre einen Teil zur Finan-
zierung bei.
Beat Kübler, Thundorf TG
Einmal mehr wird die Giesskan-
ne als teuflisches Bild an die
Wand gemalt. Mit diesem unbe-
darften Klischee soll die 13. AHV-
Rente gebodigt werden. Dabei
gehört genau dieses Prinzip zu
einer einigermassen gerechten
Rente: Alle bezahlen ein. Alle ha-
ben im Alter Anrecht darauf. Die
Maximalrente ist für alle gleich.
Top-Verdiener bezahlen viel ein
und bekommen nicht mehr als
alle andern. Das ist der Grund,
warum ihnen die «Sprützchänn-
li» nicht gefallen. Ausgerechnet
die Finanz und die Parlaments-
Elite stellt in Frage, dass der Mit-
telstand diese 13. AHV benötige.
Sie wollen definieren, was wir
brauchen (dürfen) und was nicht.
Gegenfrage: Wozu brauchen
denn die Grossverdiener drei-
zehnfache Maximallöhne, dazu
Boni, goldene Fallschirme, gross-
zügige Spesen, lukrative Manda-
te und Honorare? Ihnen wäre
wohl lieber, wenn die jährlich fäl-
ligen 4 Milliarden in ihre Insti-
tute oder Firmen fliessen wür-
den. Und wenn diese dann ge-
plündert sind, können wir
Steuerzahler sie mit Dutzenden
von Milliarden vor dem Unter-
gang retten.
Xaver Dahinden, Kreuzlingen TG
65. Geburtstag, pensioniert - und
tschüss. Was dann? Ausschlafen,
spazieren, Garten, Kreuzfahrten,
Safaris, Stammtische. Ist alles
gut und recht, darf sein. Aber
sonst? Verdonnert zu 25 Jahren
Nichtstun? Alternativlos? Das
kanns doch nicht sein. Pensions-
alter 65 wurde vor 76 Jahren ein-
geführt. Seither hat sich die Le-
benserwartung durchschnittlich
um fast 10 Jahre verlängert – und
die «Alten» sind vifer, gesünder,
vitaler, leistungsfähiger. Warum
soll man mit 65 Jahren nicht
mehr das tun, was alle eigentlich
gerne machen: arbeiten? Es ist
höchste Zeit zum Umdenken in
Richtung «Für ein Alter, das noch
was vorhat», wie der Titel des tol-
len Buchs von Ludwig Hasler
heisst. Die Renteninitiative mit
der sehr moderaten Anhebung
des Pensionsalters ist ein genia-
ler Wurf. Erstens: Etwas länger
zu arbeiten, gibt dem Einzelnen
Sinn und Erfüllung. Zweitens:
Die Wirtschaft behält gute Fach-
leute. Drittens: Die Finanzierung
kostet nichts. Ja zur Renteniniti-
ative – Pensionsalter 65 ist tem-
pi passati.
Kurt Bischof Geschäftsleiter AWG
Luzern, Arbeitsgemeinschaft
Wirtschaft und Gesellschaft
Es ist eine Tatsache, über die
man nicht gerne spricht : Alters-
armut ist eine traurige Realität,
auch in der Schweiz. Nicht weni-
ge Rentner sehen sich am Mo-
natsende aufgrund der unabläs-
sig steigenden Lebenshaltungs-
kosten am finanziellen Limit,
besonders jene, die in ihrem Be-
rufsleben zu Tieflöhnen beschäf-
tigt waren, oft auch über keine
Pensionskasse verfügten oder –
aus familiären Gründen – nur
zeitweise als Lohnbezüger gear-
beitet haben und deshalb im Al-
ter unter schmerzlich spürbaren
AHV-Beitragslücken leiden. Das
Problem betrifft für einmal Stadt
und Land gleichermassen. Es ist
deshalb schwer nachvollziehbar,
dass die wählerstärkste Partei,
welche sich nach eigenem Be-
kunden für die hart arbeitende
Landbevölkerung einsetzt, die
13. AHV-Rente bekämpft und
gleichzeitig für die Renteniniti-
ative der Jungfreisinnigen, wel-
che eine Heraufsetzung des Ren-
tenalters auf 66plus vorsieht, die
Ja-Parole ausgibt.
René Edward Knupfer, Linden BE
Sehr viele Frauen sind auf die
AHV angewiesen, weil sie keine
oder nur eine kleine Pensions-
kassenrente erhalten. Diese Ren-
tenlücke entsteht, weil Frauen
unsere Kinder aufziehen, den
Haushalt managen und oft An-
gehörige pflegen. Fakt ist, dass
jede fünfte Frau von Altersarmut
betroffen ist. Das Argument, dass
Millionäre resp. Milliardäre auch
von einer 13. AHV-Rente profitie-
ren, zieht nicht. Wenn man be-
denkt, dass auch diese wegen ih-
ren hohen Einkommen entspre-
chende AHV-Beiträge geleistet
haben. Die Maximalrente aber
gedeckelt ist. Urteilen Sie bitte
selbst.
Remo Bianchetti, Aesch BL
Die Kosten für Krankenkasse,
Mieten und den weiteren Lebens-
unterhalt sind in den letzten Jah-
ren so gestiegen, dass auch Rent-
ner bis in den Mittelstand Mühe
haben, ihren Lebensstandard zu
halten. Durch den Kaufkraftver-
lust kann ein Grossteil der Rent-
ner sich entsprechend weniger
leisten, was auch für die Wirt-
schaft schlecht ist. Es ist müssig
diskutieren zu müssen, ob sich
die Schweiz als eines der reichs-
ten Länder auf der Welt eine Ver-
besserung der Situation mit ei-
ner 13. AHV-Rente leisten kann.
Die Finanzierung kann über
Lohnprozente geregelt werden,
wenn der politische Wille vor-
handen ist. Für ein mittleres Ein-
kommen sind dazu 80 Rappen
pro Tag nötig. Im Fürstentum
Liechtenstein wird eine 13. AHV-
Rente seit 1998 ausbezahlt – und
funktioniert bestens.
Jörg Rickenbacher, Pratteln BL
«Natürlich handelte es sich
bei Corona um eine Hysterie!»
SonntagsZeitung vom 4.2.2024
Mit seinem Verhalten in der Co-
rona-Zeit hat Ueli Maurer den
Bundesrat komplett desavouiert
sowie auch das Volk gespalten.
Und das in einer Notzeit, wo wir
eigentlich zusammenstehen soll-
ten. Ob diese Wunden (Spaltung)
jemals wieder heilen, ist fraglich.
Für die Aufarbeitung seiner Rol-
le im Fall CS allerdings genügt
eine interne Aufarbeitung oder
PUK längst nicht mehr.
Ronald Stricker, Zürich
Nicht überraschend antwortet
Alt- Bundesrat Ueli Maurer offen
und ehrlich auf alle Interview-
fragen, auch auf nachbohrende
von Fragesteller Rico Bandle. Be-
eindruckend, wie er an seiner
Einschätzung festhält, dass es
sich bei der Corona-Politik um
eine Hysterie und eine Massen-
hypnose gehandelt habe, obwohl
er für diese offenen Worte zuvor
schon in den Medien viel Kritik
einstecken musste. Maurer hat
immer eine Politik betrieben, von
der er aus tiefstem Herzen über-
zeugt war, dass sie richtig und
SVP-konform ist. Dabei scheute
er nicht zurück, auch unpopulä-
re Positionen konsequent zu ver-
treten, auch wenn das seiner Po-
pularität in der Öffentlichkeit
manchmal abträglich war. Gerne
wurde er von seinen politischen
Gegnern und den Medien unter-
schätzt. Ich selbst schätzte an
Bundesrat Maurer seine Ehrlich-
keit, seinen Humor und seine
Selbstironie. Er verstellte sich
nicht. Er liess es zu, dass man
ihm Freude oder Ärger auch an-
merkte. Dem alten Zopf, dass Alt-
Bundesräte sich zu der aktuellen
Politik gefälligst zurückhaltend
äussern sollten, erteilt eine kla-
re und unmissverständliche Ab-
sage. Es ist beruhigend zu wis-
sen, dass er gegen einen schlech-
ten Rahmenvertrag an vorderster
Front kämpfen wird.
Claudio Bachmann, Basel
Ich verstehe nicht, wie Sie alt
Bundesrat Ueli Maurer einen
solch breiten Raum geben (über
zweieinhalb Seiten plus Riesen-
aufmacher auf der Front), um
seine verschwurbelten Theorien
zu verbreiten. Es ist doch nach-
gerade bekannt, dass er seit sei-
nem Rücktritt auf den populis-
tischen Zug wieder aufgesprun-
Impressum
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Herausgeberin: Tamedia
Publikationen Deutschschweiz AG,
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Gesellschaft:
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Kultur: Philippe Zweifel (Leitung)
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Layout: Tobias Gaberthuel
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Infografik: Jürg Candrian
Korrektorat:
Rita Frommenwiler (Leitung)
Telefon Redaktion:
044 248 40 40
Leserbriefe 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
Sündenbock Armeechef Süssli.
Foto: Christian Beutler (Keystone)
Amherd hat Erfahrung im Ent-
sorgen von Chefbeamten und ge-
wähltem Staatssekretär. Es stel-
len sich zahlreiche grundlegen-
de Fragen zur Zukunft unserer
Sicherheitspolitik, Bedrohungs-
lage und Armee und die Alloka-
tion der Bundesmittel im Beson-
deren. Dies ohne die unsorgfäl-
tigen politischen populistischen
Schnellschüsse mit Blick auf den
Ukrainekrieg.
Roger E. Schärer, Oberst a.D.
Direktion Sicherheitspolitik VBS,
Herrliberg ZH
Grosse Binsen-Falschheiten
um die AHV
SonntagsZeitung vom 4.2.2024
«Viele Frauen
sind auf die AHV Auch hier werden AHV und Pen-
sionskasse munter gemischt. Die
angewiesen, AHV ist eine Versicherung, wel-
che von Beitragszahlern finan-
weil sie keine ziert wird. Die Pensionskasse ist
Pensionskasse persönliches Sparen, wenn auch
nicht freiwillig und die Auszah-
haben.» lung erfolgt über eine Rente (pri-
mär Lebensunterhalt) oder Ka-
Remo Bianchetti, Aesch BL pitalzahlung (Vermögen). Also
müsste das Vermögen für den
Lebensunterhalt aufgebraucht
werden. Gemäss Frau Badran
dient das Vermögen aber nicht
dafür, sondern sollte den Nach-
kommen vererbt werden. Also
wofür spare ich heute? Oder
winkt am Horizont eine neue
Steuer (Erbschaftssteuer)? Pen-
sionskassenrenten sind im Sink-
flug. Der Umwandlungssatz liegt
aber weiterhin um die 5 Prozent
gen ist, denn er schon vor seiner sind zu Beginn der Pandemie und eine entsprechende Rendi-
Bundesratszeit pflegte und wäh- viele vulnerable Personen an te müsste der Sparer/Anleger auf
rend seiner Amtszeit nur dem Virus verstorben, aber nicht dem Vermögen erst erwirtschaf-
schwerlich zu zügeln vermoch- weil das Covid-19 Virus viel ag- ten, über Jahre und mit allen Un-
te. Dass er sich zum CS-Debakel gressiver war als die normalen wägbarkeiten. Also alles nur Bin-
äussern kann oder sogar soll, Grippeviren, sondern weil man sen-Falschheiten? Auch die Bin-
kann ich zwar noch verstehen. oft falsch behandelte und noch sen-Richtigkeiten haben es in
Auch wenn er, wohl im Wissen, keine geeigneten Medikamente sich. Darüber hinaus lese ich
was da kommen wird, die Flucht zur Verfügung standen oder Frau Badran immer, Sie regt zum
aus dem Bundesrat ergriffen falsch eingesetzt wurden. Es gab Nachdenken an (und manchmal
hat, wo Karin Keller-Suter den übrigens auch schon in frühe- auf).
Laden aufräumen musste, um ren Jahren bei der saisonalen Walo Meyer, Wohlen AG
die Bank zu retten. Aber seine Grippe Übersterblichkeiten,
Auffassung zur «Corona-Hyste- etwa 2015 bei besonders gefähr-
rie» ist sattsam bekannt. Dass er deten Personen. Wenn während Die Pop-Ikone stiehlt den starken
seine wissenschaftsfeindlichen der Pandemie jemand nicht mit Männern die Show – und erzürnt
Thesen nun auch in der Sonn- den «Wölfen heulte», so wurde Trump & Co.
tagsZeitung von sich geben darf, er wie Ueli Maurer als Verschwö- SonntagsZeitung vom 4.2.2024
ist Wasser auf die Mühlen von rer hingestellt und verunglimpft.
Verschwörungstheoretikern und Ronald Wild, Zollikon ZH Bei den vielen Sportarten, die
anderen seltsamen politischen tagtäglich über die Bildschirme
Gruppierungen. Mehr als konsterniert habe ich flimmern, muss man sich die
Thomas Immoos, Laufen BL den Artikel mit dem Interview Frage stellen: Braucht es dazu
von Ueli Maurer gelesen; düm- auch noch die NFL mit ihrer
Ueli Maurer als Verschwörungs- mer geht’s wirklich nimmer. Un- Galionsfigur Taylor Swift, deren
theoretiker darzustellen, ist geheuerlich seine Aussagen und Geldgier bereits die Milliarden-
wirklich abstrus. Er hat lediglich an Einfältigkeit nicht zu überbie- grenze erreicht hat? Reicht es
früh erkannt, dass die ganze ten. Von Kollegialität keine Spur, denn nicht aus, wenn wir scho-
Hysterie, die nach Ausbruch der und von Format – wen wundert’s nungslos mit der Übertragung
Corona Pandemie entstanden – auch nicht. Wie kann die Sonn- aller Ligen konfrontiert werden?
ist, übertrieben war. Natürlich tagsZeitung diesem überhebli- Bei den finanziellen Beträgen,
chen alt BR, der sich nicht ein- die unaufhaltsam ins Exorbitan-
mal mit einem Sätzli in einer an- te entgleisen (Jahresgehalt For-
deren Sprache als Züridütsch mel 1 = 99 Millionen), hat der ei-
ausdrücken kann, aber Viktor Or- gentliche Urgedanke dieser Ein-
Verlag Neben den klassischen Formen von ban huldigt und stets die direk- richtung «Sport» aber gar nichts
SonntagsZeitung, Verlag, Werbung erscheinen in den Medien te Demokratie zu verteidigen mehr damit zu tun.
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Nicht kombinierbar oder kumulierbar. Keine Barauszahlung möglich. Gutscheincode: M3860224
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Rico Bandle
Er gehörte zu den waghalsigsten
Artisten der Welt, lief auf den
Tragseilen von Bergbahnen,
überquerte tiefe Schluchten, teils
150 Meter über dem Boden. Im-
mer ungesichert. Ein falscher
Tritt – und er wäre tot gewesen.
Doch bis auf ein Armbruch mit
23 Jahren stiess Freddy Nock in
seiner rund 40-jährigen Karrie-
re nie etwas zu.
Am Mittwoch fand die Polizei
seinen leblosen Körper in seinem
Wohnhaus in Uerkheim AG. Der
weltbekannte Seilläufer wurde
nur 59 Jahre alt. Die Todesursa-
che ist noch unbekannt, ein
Fremdeinwirken wird ausge-
schlossen.
Freddy Nock sagte gern, un-
gesichert aufzutreten sei für ihn
sicherer, da er dann besser auf-
passe. Zudem könne er sich auf
seine Auffangtechnik verlassen,
die er Tausende Male geübt und
perfektioniert habe. Diese nutz-
te er auch als Showeffekt: Nock
liebte es, in seinen Zirkusshows
auf zehn Meter einen Sturz vor-
zutäuschen und sich vor krei-
schendem Publikum im letzten
Moment noch mit einer Hand am
Seil festzuhalten.
So spielerisch und sicher sich
Nock in schwindelerregender
Höhe bewegte, so absturzgefähr-
det war er im Privatleben. Im De-
zember 2019 stand er wegen ver-
suchter vorsätzlicher Tötung sei-
ner Ex-Frau vor Gericht. Der Fall
beschäftigte wochenlang die
Boulevardmedien – kein Wun-
der, war er doch mindestens so
spektakulär wie ein Hochseilakt.
Am Abend nach der Swiss-Award-
Gala vom 1. März 2013 soll er bei
einem Streit im Hotelzimmer ver-
sucht haben, seine damalige Part-
nerin umzubringen. Das Speziel-
le daran: Vier Monate nach dem
angeblichen Tötungsversuch hei-
ratete das Paar in Anwesenheit der
nationalen Klatschpresse.
Erst bei der Trennung 2015,
als es um das Sorgerecht für den
gemeinsamen Sohn ging, brach-
te Ximena Nock diesen und meh-
rere andere Fälle von häuslicher
Gewalt zur Sprache. Im Gegen-
zug beschuldigte auch er sie, ge-
walttätig gewesen zu sein.
Einige Wochen nach der Anzei-
ge versöhnten sich die beiden
wieder und wollten ihre Aussa-
gen zurückziehen. Da es sich teil-
weise um Offizialdelikte handel-
te, war dies aber nicht mehr mög-
lich. In erster Instanz wurde
Nock dann verurteilt, in zweiter
freigesprochen.
Freddy Nock entstammt der
Artistendynastie, deren gleich-
namiger Zirkus 2019 in Konkurs
ging – eine Saison vor dem
160-Jahr-Jubiläum. Das Ende des
Circus Nock war nur ein weite-
res Kapitel einer von Tragödien
und Triumphen geprägten Fami-
liengeschichte.
159 Jahre Zirkus –
bis zum Konkurs
Die Selbstbezeichnung «der äl-
teste Zirkus der Schweiz» war bei
genauerem Hinsehen nur halb
korrekt. Zwar gründete tatsäch-
lich 1860 der erst 18-jährige Jo-
seph Nock das erste Zirkusun-
ternehmen; es besteht aber nur
eine indirekte Linie zu jenem
Circus Nock, der in den letzten
Jahrzehnten in der Schweiz un-
terwegs war. Dazwischen gab es
verschiedene Nock-Betriebe, die
durch Wirtschaftskrisen, Strei-
tereien und Wetterkapriolen (bei
denen das Zelt zerstört wurde)
immer mal wieder in existenzi-
elle Not gerieten, aufgeteilt, ge-
schlossen und neu gegründet
wurden – zuweilen aber auch
goldene Zeiten erlebten.
Der Nock-Clan, einst als Gauk-
ler aus Süddeutschland einge-
wandert, wuchs von Generation
zu Generation. Einzelne Mitglie-
der wanderten aus, wurden in
Amerika berühmt, andere wand-
ten sich vom Zirkusleben ab oder
machten sich als Artisten oder
mit neuen Unternehmen selbst-
ständig. Zwei Nock-Brüder, die
während des Zweiten Weltkriegs
noch nicht eingebürgert waren,
wurden 1945 für die letzten paar
Kriegswochen in die deutsche
Wehrmacht eingezogen, einer
überlebte nicht.
Wohin sich die Familie über
die Generationen hinweg über-
all verzweigte, ist kaum mehr zu
überblicken. Zumal sich die gros-
sen Zirkusfamilien in Europa alle
vermischten.
Mensch
Magie der Gefahr:
Die Tragik der
Freddy Nock auf dem Tragseil
der Corvatsch-Bahn
im August 2011.
Foto: Laurent Gilliéron (Keystone)
Familie Nock Selbst beim grössten Konkurren-
Zum Tod des Ausnahmeartisten Extrem- ten, dem Circus Knie, spielten die
Nocks eine wichtige Rolle. Clown
Seilläufer Freddy Nock starb früh Arthur Nock war unter dem Na-
und nach einem turbulenten Leben, men «Knieli» ab den 1970er-Jah-
ren gar Aushängeschild und
der gleichnamige Zirkus ging grösster Sympathieträger des
vor wenigen Jahren in Konkurs. Nationalcircus, seine Frau Lotti
Über eine Familiengeschichte voller ein legendäres Nummerngirl
und die gute Seele des Betriebs.
Triumphe und Abstürze. Unter den zahlreichen Fami-
liensträngen der Nocks sind drei
Geschwister besonders hervor-
zuheben: jene, die im Winter
1953/54 für ein Engagement nach
Ständiges Spektakel: London reisten und dort vor der
Freddy Nock jungen Queen Elizabeth II ihre
in Berlin, 2016. waghalsige Nummer am schwan-
Foto: Britta Pedersen (AFP) kenden Mast zeigten. In der Fol-
ge wurde die Schweizer Truppe
fünf Jahre lang vom grössten Zir-
kus der Welt angestellt, dem US-
Unternehmen Ringling Bros. and
Barnum & Bailey.
Die Nocks traten in den wich-
tigsten US-Fernsehshows auf,
unter anderem zusammen mit
Marilyn Monroe und den Beatles.
Präsident Richard Nixon war so
beeindruckt von den Nocks, dass
er sie nach einer Show in der Gar-
derobe besuchte. Die Geschwis-
ter blieben in den USA, ihre Kin-
der führten die Tradition weiter.
Bis heute sind The Nerveless
Nocks mit ihrer «Thrill & Stunt
Show» eine US-Institution.
Pio Nock fiel vom Seil
direkt in den Löwenkäfig
Auch ein anderes Familienmit-
glied schaffte es zu Ringling
Bros.: Clown Pio Nock. Dabei er-
langte er ungewollten Ruhm.
1973 stürzte Pio während einer
Vorstellung im Madison Square
Garden in New York vor 17’000
Abstürze nur Zuschauern vom Seil, direkt in
im Privatleben: den Löwenkäfig mit 17 Tieren.
Freddy Nock, 2019 Dank eines aufmerksamen
Foto: Keystone Dompteurs überlebte er. Pio Nock
brachte es damit auf die Titelsei-
te der «New York Times» – er ge-
hört zu den wenigen Schweizern,
denen diese Ehre zuteilwurde.
Bezeichnenderweise brachten
es fast ausschliesslich jene
Sprösslinge zu Berühmtheit, die
nicht oder nicht mehr an einen
elterlichen Betrieb gebunden wa-
ren. So auch Freddy Nock. Er ver-
brachte bloss die ersten zwölf Le-
bensjahre im Circus Nock, bis
21
sich sein Vater Alfredo mit sei-
nem Bruder verkrachte.
Der Vater verliess 1976 mit der
Familie den Betrieb und gründe-
te den Circus Alfredo Nock. Drei
Jahre später war das grössen-
wahnsinnige Unternehmen mit
3000 Sitzplätzen – mehr als der
heutige Circus Knie – bereits
wieder Konkurs. In der Folge
trennten sich die Eltern, Freddy
war fortan auf sich selbst gestellt.
Der junge Artist schloss sich
seiner Tante an, die in die deut-
sche Akrobatenfamilie Bauer
eingeheiratet hatte. Die Bauers
sind ähnlich wie der US-Zweig
der Nocks auf waghalsige Spek-
takel spezialisiert. Rasch zeigte
sich das ausserordentliche Ta-
lent Freddys, der sogar gestan-
dene Artisten übertrumpfte. Un-
gesichert turnte er auf 30 Meter
hohen, schwankenden Masten.
Der Grundstein für die Karrie-
re des später weltbesten Seilläu-
fers war gelegt. Ein Mann, der jede
noch so lebensgefährliche Situa-
tion souverän meistern sollte –
um dann am alltäglichen Famili-
enleben zu scheitern. Der den be-
rufsbedingten Adrenalinrausch
privat mit regelmässigem Koka-
inkonsum zu kompensieren ver-
suchte, bis alles zusammenbrach.
Der Prozess 2019 legte die
triste Lebensrealität des Ausnah-
metalents und seiner Ehefrau of-
fen: Immer wieder gab es Geld-
und Gewaltprobleme, Drogen-
und Alkoholexzesse – und
trotzdem konnten die beiden
nicht voneinander lassen.
Im Gerichtssaal sass Freddy
Nock in sich gesunken da, wirkte
niedergeschlagen. Seine zwei
Töchter aus erster Ehe waren di-
rekt hinter ihm, spendeten Trost
und reichten ihm jeweils ein Ta-
schentuch,wenn er in Tränen aus-
brach – der grösstmögliche Kon-
trast zum sonst so stolzen und
furchtlosen Weltrekordhalter.
Der Artist hinterlässt vier
Töchter aus erster Ehe. Seine
zweite Frau brachte zwei Kinder
in die Familie ein, 2011 wurde der
gemeinsame Sohn geboren.
Dieser Beitrag ist die aktualisierte
Version eines Artikels, der 2019
anlässlich des Prozesses
gegen Freddy Nock erschien.
 Sport 23

Carven und Cruisen Tessiner Skikönigin

Unser Experte gibt 9 Tipps Nun kann Lara Gut-Behrami
fürs grosse Skivergnügen vier Kristallkugeln gewinnen
Freizeitsport — 31 Ski alpin — 28

Ekstase in der Leverkusener Bayarena: Granit Xhaka (links) bejubelt mit seinen Kollegen das 2:0 von Alejandro Grimaldo. Foto: Imago

Das Ende von Vizekusen?

Bayer dominiert auch die Bayern
Leverkusener Demonstration Granit Xhaka und seine Kollegen legen mit dem 3:0 fünf Punkte zwischen sich
und den Serienmeister – es ist ihr 31. Spiel ohne Niederlage.

Thomas Schifferle
Lukas Hradecky, Leverkusens
Goalie und Captain, setzt sich vor
der Kurve der Fans auf den Zaun
und stimmt mit ihnen ein
«Humba Humba Täterä» an. Xabi
Alonso schaut derweil, dass kei-
ner vergessen geht. Mit energi-
scher Geste winkt der Trainer
seine Mitarbeiter herbei, damit
auch sie mit der Mannschaft
feiern. Geschlossen ziehen sie
dann auf die Ehrenrunde.
Leverkusen ist, zumindest für
einen Abend, im Ausnahme-
zustand. Das 3:0 muss gefeiert
werden, weil es ein 3:0 gegen
Bayern München ist – und weil
es für den weiteren Verlauf der
Bundesliga so viel bedeuten
kann. Fünf Punkte liegen nun
zwischen Bayer und Bayern. Ja,
noch immer sind dreizehn Spiele
zu bestreiten. Aber es ist die Bot-
schaft an alle: Diese Saison sind
wir dran.
Viele Jahre schleppten die
Leverkusener einen Beinamen
mit, der so etwas wie Programm
war: Vizekusen hiessen sie, weil
sie trotz hochtalentierter Mann-
schaften wiederholt an Titeln
vorbei schrammten. Dass jetzt
alles anders enden kann, hat viel
mit Xabi Alonso zu tun.
Wie Granit Xhaka von der
Harmonie profitiert
Im Oktober 2022 übernahm der
Spanier eine verunsicherte
Mannschaft in Abstiegsgefahr
und führte sie noch in die Europa
League. Im Sommer hat er die
Spieler bekommen, die er
braucht, um selbst den Serien-
meister aus München heraus-
zufordern. Granit Xhaka ist einer
von ihnen und vielleicht der
wichtigste von allen. Seine Wich-
tigkeit lässt sich einfach um-
schreiben: Er weiss immer, was
er machen muss. Besser ist er nie
gewesen. Und das liegt auch da-
ran, dass er sich in einem har-
monischen Umfeld bewegen
kann – anders als in jüngster Zeit
im Nationalteam.
Niemand spielt besseren
Fussball als diese von Alonso fein
geschliffenen Leverkusener. Sie
beherrschen alles, das Verteidi-
gen und das Stürmen sowieso.
Gegen Bayern verlieren sie nie
die Ruhe und Disziplin. Ausdruck
ihrer Qualität ist, dass Hradecky
im Tor nicht einen einzigen
schwierigen Ball halten muss.
Andererseits gönnen sie sich
den Spass, in der Offensive so
unbeschwert wie zielgerichtet
ans Werk zu gehen. Dass seit
Wochen ein Victor Boniface fehlt,
fällt nicht einmal ins Gewicht,
weil Alonso im Sturmzentrum
immer die richtigen Lösungen
findet. So tut er das auch an die-
sem Samstag, als er auf einen
«klassischen Neuner» verzich-
tet. Sein Plan geht so gut auf,
dass er Thomas Tuchel einfach
auscoacht.
Das beginnt schon auf der
rechten defensiven Seite. Da
schenkt Alonso weiterhin Josip
Stanisic das Vertrauen, genau
jenem Stanisic, bei dem Bayern
vor der Saison das Gefühl hatte,
auf ihn verzichten und ihn an
Leverkusen ausleihen zu können.
In der 18. Minute ist er es, der von
einem miserablen Münchner
Abwehrverhalten profitiert und
das 1:0 erzielt. Das Spiel ist in ent-
scheidende Bahnen gelenkt.
Gleich nach der Pause legt Ale-
jandro Grimaldo nach. Ablöse-
frei ist er auf diese Saison von
Benfica Lissabon gekommen und
zu einem wichtigen Teil in Alon-
sos Puzzle geworden. Eigentlich
ein Defensivspieler, ist der Spa-
nier fähig, gleich die ganze linke
Fortsetzung — 24
24
Fortsetzung
Das Ende von
Vizekusen?
Seite abzudecken. Das 2:0 ist
schon sein achtes Tor, garniert
von zehn Assists.
«Zieht den Bayern die Leder-
hosen aus!», rufen die Bayer-
Fans kurz vor Schluss. Das müs-
sen die Spieler nicht mehr, das
haben sie schon gemacht. Und
Jeremie Frimpong setzt den
Schlusspunkt in der 95. Minute.
Nach einem Konter trifft er aus
knapp 30 Metern ins leere Tor –
Manuel Neuer ist nicht mehr da
gewesen, weil er in der Verzweif-
lung bei einem Corner nach
vorne gestürmt ist.
Dann ist das Spiel aus. Und die
Luft bei den Bayern ziemlich dick.
Der letzte Trainer, der mit ihnen
in Leverkusen verlor, war Julian
Nagelsmann. Wenige Tage nach
dem 1:2 im vergangenen März
wurde er trotz eines Vertrages bis
2026 abgesetzt. Tuchel schien ein
guter Nachfolger zu sein.
«Angefressen»: Thomas
Müller lässt Dampf ab
Gut elf Monate später sieht es
nicht mehr so strahlend aus.
Unter Tuchel hat es immer wie-
der schwere Niederlagen gege-
ben, auch diese Saison, und vor
allem sind die Zweifel an seiner
Arbeit gereift, weil die Bayern
kaum einmal meisterlich auf-
treten, wie eben eine Mann-
schaft, die elfmal in Folge den
Titel gewann. Dass sie sieben
Punkte mehr geholt haben als
vor einem Jahr zum gleichen
Zeitpunkt, spielt dabei keine
Rolle. Sie haben andere
Ansprüche zu erfüllen.
Tuchel nimmt dieses 0:3 mit
eigenwilliger Wahrnehmung hin.
Unter anderem gibt er zum Bes-
ten, dieses Spiel fühle sich nicht
wie ein 0:3 an. Vielleicht hört er
sich einmal das Interview an, das
Thomas Müller gleich nach dem
Schlusspfiff bei Sky gibt. Müller
ist «angefressen», das sagt er so
und zeigt auch seine Mimik.
«In der Analyse können wir
uns kurz halten», sagt er und
zieht es vor, mit seiner Tirade auf
die Teamkollegen zu zielen. Ihm
fehlt im Spiel das, was sie im Trai-
ning zeigen: Lockerheit, Ent-
schlossenheit, die Bereitschaft,
selbst Entscheide zu treffen. Er
vermisst all das, was die Leverku-
sener im Übermass haben. Und
darum zitiert er seinen alten Weg-
gefährten Oliver Kahn: «Da feh-
len mir teilweise die Eier.» Ele-
gant ist die Wortwahl nicht, aber
bester Ausdruck seines Ärgers.
Was an diesem Abend noch
bleibt nach dem 31. Spiel ohne
Niederlage in dieser Saison in
Bundesliga (21), Europa League
(6) und Pokal (4), ist die Frage an
Xabi Alonso: Kann Leverkusen
jetzt Meister werden? «Wir spre-
chen im Mai», sagt der 42-Jähri-
ge. Lieber konzentriert er sich auf
das nächste Spiel bei Aufsteiger
Heidenheim.
Bundesliga
21. Runde:
Dortmund - Freiburg
Augsburg - Leipzig
Bremen - Heidenheim
Mönchengladbach - Darmstadt
Union Berlin - Wolfsburg
Frankfurt - Bochum
Leverkusen - Bayern München
Stuttgart - Mainz
Hoffenheim - Köln
1. Leverkusen 21 55 10. Bremen
2. Bayern 21 50 11. Augsburg
3. Stuttgart 20 40 12. Wolfsburg
4. Dortmund 21 40 13. Gladbach
5. Leipzig 21 37 14. Bochum
6. Frankfurt 21 32 15. Union
7. Freiburg 21 28 16. Köln
8. Heidenheim 21 27 17. Mainz
9. Hoffenheim 20 26 18. Darmstadt
Zweimal Rot und ein Penalty – wie
ein schwacher FCZ im Derby siegt
1:0 gegen GC Antonio Marchesano entscheidet das 285. Duell der Stadtzürcher Rivalen.
Am Ende muss sogar Siegertrainer Bo Henriksen zugeben: «Es war ein wirklich schlechtes Spiel.»
Ueli Kägi
Und dann ist er da. Der Pfiff, der
zumindest für den Moment einen
ganzen Club erlöst. Und einen gros-
sen Teil der 18’523 Zuschauerinnen
und Zuschauer im Letzigrund. 1:0
gegen GC. Ein Sieg im Derby für den
FC Zürich – erstens. Und zweitens:
erster Erfolg nach zuletzt sieben Spie-
len mit nur drei Unentschieden und
vier Niederlagen. Am Platzrand drü-
cken sich Präsident Ancillo Canepa
und sein Noch-Trainer Bo Henriksen.
Vor dreizehn Tagen hat der FCZ
das Auswärtsderby gegen GC nach
einem Last-Minute-Gegentor 1:2
verloren. An diesem Samstag nun
taumelt er ins Ziel. Er zieht sich weit
zurück und lässt die Grasshoppers
fast ständig anrennen. Er gewinnt vor
dem eigenen Strafraum zwar immer
wieder den Ball, aber er verspielt
seine Kontermöglichkeiten fast jedes
Der einsame Höhepunkt in einem langweiligen Spiel: Antonio Marchesano jubelt nach seinem Tor.
Glänzen und patzen nach Berner Art
Wildes Remis Lugano und die Young Boys trennen sich 3:3.
Gerade einmal 2824 Zuschauer ver-
irren sich ins Cornaredo. Der Dauer-
3:0 regen im Tessin hat seine Wirkung
2:2 nicht verfehlt. Jene, die erschienen
1:2 sind, werden allerdings vorzüglich
0:0 unterhalten. 3:3 trennen sich Lugano
1:0 und die Young Boys. Es ist ein Remis,
1:1 mit dem die Tessiner zweifellos bes-
3:0 ser leben können. Weil sie zu Beginn
15.30 komplett von der Rolle sind – und am
18.30
Ende auch eine Portion Glück haben:
In der 87. Minute trifft Itten erst den
21 26 Pfosten und schiesst Mvuka an-
21 23
schliessend den zurückgeprallten Ball
21 23
am leeren Tor vorbei.
21 22
21 22
Aber: Lugano hat diesen Punkt
21 21 nicht gestohlen. Viel mehr hat die
20 15 wacklige Berner Defensive den
20 12 Tessinern immer wieder eine Antwort
21 12 ermöglicht. Etwas salopp formuliert
Fussball
Mal schon im Ansatz mit teilweise
irritierenden Schwächen. Dieses
Team ist in den vergangenen Wochen
nicht nur von Rang 1 bis auf Rang 5
gefallen, es hat auch massiv Selbst-
vertrauen verloren.
Zwei bemerkenswerte Wechsel
von Henriksen
Dass der FC Zürich für seinen Auf-
tritt trotzdem drei Punkte erhält, hat
auch mit dem Gegner zu tun. Die
Grasshoppers haben nach einer mut-
losen ersten Hälfte zwar nach der
Pause oft den Ball. Doch sie sind er-
schreckend harmlos und nicht in der
Lage, nur schon einen halbwegs ge-
fährlichen Schuss aufs gegnerische
Tor zu bringen. Sie bleiben zum drit-
ten Mal in Folge ohne Treffer. GC-
Goalie Justin Hammel sagt: «Wir hat-
ten oft den Ball, aber wir hatten
nichts Konkretes. So ist es schwierig,
ein Tor zu erzielen.»
lässt sich die Leistung des Meisters
folgendermassen zusammenfassen:
Vorne hui, hinten pfui.
Schon nach zehn Minuten könnte
YB 3:0 führen, doch es steht nach dem
Treffer Colleys (8.) nur 1:0. Die Young
Verpasst den Siegtreffer für YB:
Joel Mvuka. Foto: Freshfocus
11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
Henriksen wechselt in der zweiten
Super League Halbzeit Innenverteidiger Mirlind
Kryeziu und Stürmer Fabian Rohner
Gestern Zürich - GC 1:0 (1:0) ein. Es sind bemerkenswerte
Stade LS - Lausanne 1:1 (1:1)
Momente mit zwei Spielern, die
Lugano - YB 3:3 (1:1)
praktisch (Kryeziu) oder gar faktisch
Heute Winterthur - Luzern 14.15
Yverdon - Servette 16.30 (Rohner) ausgemustert waren. Und
während Rohner wie der gesamte
Basel - St. Gallen 16.30
FCZ in der zweiten Halbzeit gar nicht
1. YB 23 48 7. Winterthur 22 29 mehr in Schwung kommt, steht
2. Servette 22 41 8. Yverdon 22 27 Kryeziu mit zwei, drei guten Abwehr-
3. Zürich 23 36 9. GC 23 25 aktionen für das solide defensive
4. St. Gallen 22 36 10. Basel 22 25 Werk seines Teams.
5. Lugano 23 34 11. Lausanne 23 22 Die bleibenden Momente auf dem
6. Luzern 22 34 12. Stade LS 23 15 Rasen spielen sich aber alle in der ers-
ten Halbzeit ab. Henriksen hatte sich
Zürich - GC 1:0 (1:0)
ein Derby gewünscht, das gleich in die
18’523 Zuschauer. – Tor: 38. Marchesano (Pen.) 1:0.
– Bemerkungen: 12. Rote Karte gegen Abubakar (GC/ Vollen geht. Er bekommt sein Spiel.
Tätlichkeit). 26. Rote Karte gegen Katic (FCZ/Foul). Nicht, was die fussballerische Quali-
tät angeht, die bleibt fast ausnahms-
Stade LS - Lausanne 1:1 (1:1)
los auf tiefem Niveau, was vielleicht
3154 Z. – Tore: 32. Gharbi 1:0. 45. Rrudhani 1:1.
Lugano - YB 3:3 (1:1) auch daran liegt, dass Henriksen bis
2824 Z. – Tore: 8. Colley 0:1. 45. Bislimi 1:1. 52. Mvuka zur 86. Minute freiwillig auf seinen
1:2. 56. Hajrizi 2:2. 62. Ugrinic 2:3. 80. Celar (Pen.) 3:3. Topskorer Jonathan Okita verzichtet.
Aber dafür ist sonst einiges los.
Es vergeht keine halbe Stunde, bis
beide Teams nur noch zehn Spieler
auf dem Rasen haben. Zuerst sieht
Asumah Abubakar Rot für eine
dümmliche Tätlichkeit gegen Bledian
Krasniqi. Der GC-Stürmer, erst im
Winter gekommen, greift seinem
Gegenspieler nach einem Gerangel
im Mittelfeld an den Hals, Schieds-
richter Stefan Horisberger steht
direkt daneben. Und Horisberger ist
auch eine Viertelstunde später bes-
tens postiert, um das harte Foul von
Nikola Katic gegen Tim Meyer im
Mittelfeld zu beurteilen. Er stellt den
FCZ-Verteidiger ebenfalls mit Rot
vom Platz. Ein Stadtzürcher Derby
mit zwei Platzverweisen gab es
zuletzt 2006.
Ein Spiel geprägt von Fehlern
und Unzulänglichkeiten
Es sind die Fehler und Unzulänglich-
keiten, die diesen Match prägen und
auch entscheiden. Für das einzige Tor
der Partie braucht es einen Penalty,
ohne Not verursacht von GC-Youngs-
ter Meyer an der Strafraumgrenze
gegen Krasniqi. Antonio Marchesano
verwandelt in der 38. Minute mit
einem zwar harten, aber auch schlecht
platzierten Schuss.
Der Penalty ist einer von zwei
Schüssen aufs Tor an diesem Abend.
Der zweite ist ein völlig harmloser
GC-Abschluss. «Es war ein wirklich
schlechtes Spiel», sagt Henriksen bei
der Verarbeitung des Derbys. Das
wird ihm allerdings ziemlich egal
Foto: Ennio Leanza (Keystone) sein.
Kein neuer Rekord,
aber auch bei den
Frauen ein FCZ-Sieg
Boys haben lange alles im Griff, ge-
stehen Lugano wenig zu – und müs- Women’s Super League Für die erhoffte
sen doch mit einem 1:1 in die Pause. Rekordkulisse beim Zürcher Frauen-
Weil Valenzuela unmittelbar vor dem Derby reichte es nicht ganz. Beim 2:1
Halbzeitpfiff mit seiner Hereingabe die im Spiel des FC Zürich gegen GC, das
Berner Defensive entblösst und Bis- nach dem Männer-Derby stattfand,
limi unbedrängt einschiessen kann. waren 7’465 Zuschauerinnen und
Nach dem Seitenwechsel ist es Zuschauer im Letzigrund. Das best-
dann ein wildes Auf und Ab. Zweimal besuchte Spiel in der Women’s Super
geht YB in Führung, erst durch den League bleibt somit ein YB-Heimspiel
eingewechselten Mvuka (52.), dann gegen GC im vergangenen Oktober
durch Ugrinic (63.). Doch die Luga- mit 8’923 Fans.
nesi können jeweils rasch reagieren. Im Frauen-Derby erzielte die FCZ-
Hajrizi köpfelt nach einem Corner Topskorerin Fabienne Humm in der
unbedrängt zum 2:2 ein, Celar trifft 18. Minute per Elfmeter das 1:0, kurz
nach einem Handspiel Ittens vom vor der Halbzeit gelang GC durch
Penaltypunkt zum 3:3 (80.). Dies, Emoke Papai der Ausgleich. Zum Sieg
nachdem ein Treffer des Lugano- für den FCZ traf Monika Ibishaj in der
Stürmers zuvor durch den VAR zu 68. Minute. Damit bleibt der FCZ
Recht aberkannt wurde. (mob) Leader, punktgleich mit Servette. (lob)
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Sogar ihren Hund hat sie Sotschi getauft, doch Kaitlyn McGregor verpasste 2014 ihr grosses Ziel Olympia. Jetzt, da sie sich besser kennt, nimmt die Zürcherin den nächsten Anlauf.
Monica Schneider
«Es ist unglaublich.»
Niemand sollte sich wundern,
dass Kaitlyn McGregor dies
selber sagt. Denn das ist die Ge-
schichte der Zürcher Eisschnell-
läuferin, die mit 19 Jahren bereits
eine Auszeit genommen hat und
ein Jahr später zurückgetreten
ist. Als Hochtalentierte. Die ein
Jahr vorher drei Medaillen an der
Junioren-WM gewonnen hatte
und zuvor noch vieles mehr.
Jetzt, zehn Jahre später, ist
Kaitlyn McGregor auf dem Weg
an die Olympischen Spiele 2026
in Mailand/Cortina,nächsteWoche
bestreitet sie die WM in Calgary.
Dazwischen liegt eine fünf-
jährige Pause vom Sport, ver-
ursacht durch eine Depression,
später bereichert durch die Aus-
bildung zur Yogalehrerin und Er-
nährungsberaterin. Dazwischen
liegt auch der eher zufällige
Besuch der Eisschnelllauf-Bahn
im oberbayerischen Inzell im
Februar 2019, der, wie sie mit
einem Lachen sagt, «mich rich-
tig schockiert hat». Und zum
zweiten Karriereanlauf führte.
Kaitlyn McGregor ist Eis-
schnellläuferin geworden, weil
sie als elfjährige Eishockey-
Backhand
Alina Müller ist nun ganz offiziell eine der weltbesten Eishockeyspielerinnen
Diskussionen um die derzeit
Besten in Teamsportarten gibt es
schon fast so lange, wie es
Teamsport gibt. Auf «Messi oder
Ronaldo?» wird es noch in 100
Jahren keine definitive Antwort
geben. Im Eishockey kann man es
sich seit ein paar Jahren einfach
machen und mit dem Verweis auf
Skorerpunkte mit «McDavid!» die
Diskussion im Keim ersticken –
dennoch erdreisten sich selbst
unter Profis immer häufiger Leute,
diese wieder zu eröffnen mit dem
Gegenargument «McKinnon!».
Noch schwieriger war diese
Debatte bis vor kurzem im
spielerin in der U-13 der Jungs
spielen musste. «Bei den Frauen
gab es nur eine U-18. Und in eine
Sportschule konnte ich damals
mit Eishockey auch nicht.»
Also befolgt sie den Rat ihres
Grossmamis. «Sie verfolgte 2006
die Winterspiele in Turin und
war Fan einer kanadischen Eis-
schnellläuferin, die fünf Medail-
len gewann – und es im Eis-
hockey auch nicht geschafft
hatte. Sie sagte zu mir einfach:
Das kannst du auch.»
Die ersten Runden auf dem
Dolder machten keinen Spass
Das hiess: Runden drehen auf
dem Zürcher Dolder. «Das hat zu
Beginn null Spass gemacht, und
die Schuhe waren viel zu eng»,
sagt sie und lacht. Der Wechsel
war nicht einfach, denn Kaitlyn
McGregor ist in eine Eishockey-
familie geboren worden. Vater
Mark führte einst den SC Herisau
in die Nationalliga A, Bruder
Ryan spielte als Junior bei den
Lakers, den GCK Lions und dem
ZSC, bevor er ans College in die
USA wechselte.
Doch schnell wird klar, wie
talentiert der Teenager ist, Kait-
lyn McGregor gewinnt gleich den
ersten internationalen Wett-
Eishockey der Frauen. Es gab
keine Profiliga, die wenigstens
einen guten Teil der Besten vereint
hätte und damit auch keinen fairen
Vergleich. WM und Olympia
eigneten sich auch nicht wirklich,
da mit Kanada und den USA zwei
Nationen zu dominant waren.
So musste man den Vorwurf
des Chauvinismus befürchten,
wenn man aus der Schweiz auf der
Suche nach der Besten auch Alina
Müller ins Rennen schickte. Die
Stürmerin aus Winterthur domi-
nierte zwar jahrelang im US-Uni-
versitäts-Hockey. Bloss spielten
viele der besten Kanadierinnen
S
Sport
kampf, hat an den nationalen
Meisterschaften mit 13 keine
Gegnerinnen mehr und bezwingt
bei den 16-Jährigen auch die bes-
ten Niederländerinnen. Weil die
Schweiz aber kaum Eisschnell-
lauf-Infrastruktur hat, zieht es
sie in die Niederlande, ins Mekka
dieses Sports. «Das war eine
schwierige Zeit, da stellte ich mir
erstmals die Sinnfrage», sagt sie.
Ihre Gastfamilie interessiert
sich nicht für den Sport, «und sie
verstand nicht, wieso ich das
machte, da ich immer zu den
Letzten in der Rangliste gehörte».
Nach zwei Jahren kommt ihr die
Eröffnung der Bahn in Inzell sehr
gelegen, sie wechselt dorthin –
und brilliert an der Junioren-WM.
Im ersten Karriereteil stets allein,
im zweiten endlich im Team:
Kaitlyn McGregor. Foto: Picture alliance
und Amerikanerinnen dort nicht
(mehr) mit. Doch seit dem
1. Januar 2024 ist alles anders.
An jenem Tag startete die PWHL,
und der Name ist Programm:
Professional Women’s Hockey
League. Die sechs Teams sind an
Orten beheimatet, die man auch
aus der NHL kennt: Montreal,
Ottawa, Toronto, Boston, Minnesota
und New York. Die Saläre halten
mit 35’000 bis 80’000 US-Dollar
(pro Saison) keinem Vergleich
mit den Männern stand, aber
immerhin werden ein richtiger
Lohn bezahlt und professionelle
Strukturen geboten.
Eisschnellläuferin Kaitlyn McGregor Depress
s
ne Au und l r
Das Ziel in ihrer ersten Saison bei
der Elite ist äusserst ehrgeizig:
die Olympischen Spiele in Sotschi
2014, sie tauft sogar ihren Hund
Sotschi. «Ich war jung, ambitio-
niert, ich hatte dieses Ziel so fest
in mir drin, dass es enorm weh-
tat, als ich es nicht schaffte», sagt
sie heute. 36 Läuferinnen konn-
ten damals starten, sie war die
Nummer 37. Sie sagt aber: «Wenn
ich ehrlich bin, war ich da schon
nicht mehr mit ganzer
Leidenschaft dabei.»
Plötzlich die Notbremse und
ein quälender Countdown
Das viele Alleinsein, das fehlende
Teamfeeling, all das hatte über
die Jahre an ihr genagt, allein
reisen, allein wohnen, allein
starten, allein zurückreisen.
Die Erkenntnis kommt plötz-
lich, nach den verpassten Win-
terspielen, auf der Zugfahrt vom
Zuhause in Ebmatingen ZH nach
Inzell. Kaitlyn McGregor merkt,
dass sie die Kraft fürs Training
nicht mehr aufbringen kann. Es
ist Winter 2014, sie hört auf als
Eisschnellläuferin. Ihr Umfeld
hat Verständnis, sie selber will
nur noch «möglichst weit weg».
Es ist eine glückliche Fügung,
dass ihr damaliger Freund, der
Gespielt wird häufig in Stadien
der AHL, der zweithöchsten
Männerliga. Die Zuschauerzahlen
sind mit rund 5000 pro Partie
vergleichbar und erstaunlich gut.
Und dann gibt es noch das sich
unbescheiden «Hockey State»
nennende Minnesota, das seinem
Ruf vom hockeyverrücktesten
Bundesstaat alle Ehre macht und
die Frauen stets in der NHL-Arena
der Wild spielen lässt – bis zu
13’000 strömten schon in die Halle.
Das Niveau ist hoch, die Spiele
sind ausgeglichen: Zehn der
bislang 25 Partien gingen in die
Verlängerung. Und den grössten
Foto: Naoki Morita (Imago)
Eishockeyspieler Ronalds Kenins,
von den Vancouver Canucks
verpflichtet wird. Sie schliesst
sich ihm an, sie gibt sich ein Jahr
Pause.
Wenn Kaitlyn McGregor von
dieser Zeit erzählt, schaudert es
sie noch immer. Denn das Jahr
wird für sie zum quälenden
Countdown, sie fühlt sich total
gefangen. «Noch elf Monate, bis
ich wieder ins Training muss,
noch zehn, heute sollte ich ein
wenig Velo fahren, morgen ins
Gym, noch neun, noch acht
Monate ...», so sei es die ganze
Zeit gegangen. «Ich war nicht
frei, ich hätte so viele Dinge tun
sollen, obwohl ich keine Lust
hatte.» Ihr Freund sei damals ihr
«rettender Engel» gewesen, «er
hat sich um mich gekümmert.
Mit der Zeit konnte ich mich auf
ihn konzentrieren, auf das, was
er macht.»
Doch die Rückkehr naht – und
plötzlich rebelliert der Körper. Es
sind Bauchschmerzen, ständiges
Kopfweh und Hautausschläge,
die sie vor dem Wiedereinstieg
die Notbremse ziehen lassen.
Kaitlyn McGregor tritt zurück.
«Erst nach diesem Entscheid
fühlte ich mich erstmals frei. Und
heute, nach meinen Ausbildun-
Muffeln unter den Kritikern des
Frauenhockeys wurde ein Haupt-
argument genommen: Body-
checks, sonst verboten, sind in der
PWHL entlang der Banden im
Zweikampf um den Puck erlaubt.
Open-Ice-Checks und das «Ja-
gen» der Gegnerin für die Charge,
dieses bei Männern übliche
«finishing the check», sind tabu.
Damit zurück zur Frage nach der
Besten. Nach gut einem Monat
lässt sie sich noch nicht beantwor-
ten. Aber Müller findet sich mit
neun Skorerpunkten in sieben
Spielen auf Platz 4. Und weil ihr
Team Boston zwei Partien weniger
25
gen, weiss ich, wer ich bin und
was ich will. Ich kenne meinen
Wert als Mensch», sagt die
29-Jährige.
Und im Februar 2019 entdeckte
sie, was sie nicht für möglich
gehalten hätte. Bei einem Besuch
ihrer Eltern, die ein paar Wochen
im Jahr in Inzell leben und arbei-
ten, nimmt sie die Schlittschuhe
mit. «Als ich erstmals wieder auf
diese Bahn kam, sah ich ein
zehnköpfiges Schweizer Team
mit drei Trainern.» Es war das,
was sie «schockierte». Weil es
das war, «was ich mir immer
gewünscht hatte: ein Team!
Kolleginnen! Trainer!»
Seit mehr als vier Jahren ist sie
wieder Eisschnellläuferin, eine
stärkere denn je. Lange hat sie
nicht überredet werden müssen.
Livio Wenger, dem besten Schwei-
zer, sowie einem Trainer ist dies
gelungen. Kaitlyn McGregor star-
tet in einzelnen Disziplinen in der
A-Gruppe der besten 20 der Welt,
das Team mit Ramona Härdi, Jas-
min Güntert und ihr – das emp-
findet sie ebenfalls als unglaub-
lich – gewann jüngst EM-Bronze.
Sie ist zurück im Flow und sagt:
«Weil es mir jetzt so gut geht,
kann ich die Leistung bringen
und das Level halten.»
bestritten hat, ist sie nach Punkten
pro Spiel gar top. Sie war am
All-Star-Weekend der NHL eine
der 24 Frauen und einzige Europä-
erin, die in einem 3-gegen-3 die
PWHL promoten durften. Sie darf
nun also ganz offiziell als eine der
Weltbesten bezeichnet werden.
Kristian Kapp
ist Sport-
journalist
der Sonntags-
Zeitung.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
In den Momenten
im Wasser lässt sich
der Krieg weglächeln
WM in Doha Trotz Nahost-Konflikt reisten
Israels Synchronschwimmerinnen nach
Katar – mit Gedanken an München 1972.
Lächeln ist im Synchronschwim-
men fester Bestandteil des
Sports. Bei ihren Wettkampf
lächeln die Athletinnen. Wenn sie
aus dem Becken steigen, lächeln
sie. Und wenn sie auf die Punkte
für ihre Darbietungen warten,
lächeln sie ebenfalls. Auch die
israelischen Synchronschwim-
merinnen lächelten diese Woche
an der WM in Doha. Sie taten das
allerdings nicht so unbeschwert
wie die meisten ihrer Konkurren-
tinnen. Der Nahost-Krieg und die
Sorge um Landsleute ist allge-
genwärtig. Nach dem Angriff von
Hamas-Terroristen auf Israel
hatte das Synchron-Team auf
Instagram offen über seine Angst
berichtet, nach Katar zu fliegen.
«Wir beschäftigen uns jetzt
nicht mit Politik»
«Bis am Schluss wussten wir
nicht, ob wir hierherkommen
können», sagt die israelische
Synchronschwimmerin Ariel
Nassee. «Am Ende hat unsere
Regierung entschieden, dass es
für uns sicher ist – auch mit der
Regierung von Katar.» Katar ist
einer der wichtigsten Vermittler
im Krieg zwischen Israel und der
islamistischen Hamas im Gaza-
streifen. Das Emirat hat Berich-
ten zufolge vor Kriegsausbruch
über lange Jahre mit Kenntnis
und Billigung Israels die Hamas
finanziell unterstützt.
Die Situation in der Heimat
sei «natürlich eine Belastung für
Schweizer Schwimmer starten
heute in die WM
Nur ein halbes Jahr nach Fukuoka
findet für die Schwimmer schon
wieder eine WM statt – noch
immer ächzt der Kalender unter
Verschiebungen während der
Pandemie. Im Aspire Dome von
Doha trifft die Elite auf kaum
gesehene Bedingungen mit sechs
50-m-Pools – mehr als die ganze
Schweiz besitzt. Für Olympia-
bronzegewinner Jérémy Desplan-
ches (200 m Lagen) und Europa-
meisterin Lisa Mamié (200 m
Brust) geht es um viel: Sie wollen
sich für die Spiele in Paris qualifi-
zieren, während dies Antonio
Djakovic (400 m Crawl) und
Roman Mityukov (200 m Rücken)
bereits im Sommer schafften. Noè
Ponti, ebenfalls Olympiabronze-
gewinner, verzichtet auf die Titel-
kämpfe. Nach der Kurzbahn-EM
im Dezember ist er nun im Höhen-
training in St. Moritz. (mos)
Israels Shelly Bobritsky und Ariel Nassee im Duett-Final.
uns», sagt Nassee. Kämpferisch
hält die 20-Jährige aber auch
fest: «Wir sind hierhergekom-
men und wollten alles zeigen,
was wir können. Wir beschäfti-
gen uns jetzt nicht mit Politik.»
Wie schwierig das ist, zeigt allein
ein Blick auf ihr Engagement und
das ihrer Teamkolleginnen in
den vergangenen Monaten.
Immer wieder machten die
Athletinnen deutlich, wie sehr sie
die Lage in Israel und in Gaza
beschäftigt. Mit ihren sportlichen
Fähigkeiten setzten sie sich für
die von der Hamas entführten
Menschen ein. Im Schwimm-
becken formten sie mit ihren
Körpern den Satz «Bring them
home now!» («Bringt sie jetzt
nach Hause!») 100 Tage nach
dem Angriff der Hamas zeigten
die Synchronschwimmerinnen
im Wasser eine grosse 100. «100
Tage in der Hölle», steht neben
dem Bild, mit dem die Schwim-
merinnen die Freilassung aller
Geiseln forderten.
Und immer die Gedanken
an München 1972
Am 7. Oktober hatten Hamas-
Terroristen das schlimmste
Massaker in der Geschichte Israels
begangen. Dabei wurden mehr
als 1200 Menschen getötet. Etwa
240 Geiseln wurden nach Gaza
verschleppt. Noch immer sind
mehr als 100 von ihnen in der
Gewalt der Hamas. Auch die
Synchronschwimmerinnen hat-
ten Angst, an der WM Opfer eines
Attentats oder einer Entführung
zu werden. «Wir haben Angst,
dass sich München 1972 wieder-
holt», schrieben sie im Novem-
ber. Damals kamen während der
Olympischen Spiele elf israeli-
sche Sportler und Trainer bei
einem Terrorakt ums Leben.
Palästinensische Terroristen
waren in München in die Unter-
kunft der israelischen Sportler
im Olympischen Dorf eingedrun-
gen. Sie erschossen zwei Männer
und nahmen neun Geiseln, die
später auf dem Flugplatz in Fürs-
tenfeldbruck ums Leben kamen.
Wie stark genau die Gedan-
ken an die eigene Sicherheit die
Sportlerinnen bei ihren Wett-
kämpfen im Aspire Dome, die
gestern zu Ende gingen, beschäf-
tigten, weiss jede von ihnen nur
selbst. Nassee sagt: «Wir fühlen
uns sicher – so wie es eben geht.»
Klar ist: Eine normale Wett-
kampfreise war der Trip nach
Doha für sie nicht – trotz allen
Lächelns. (DPA)
Foto: AFP
11
Minuten – ja, genau –
11 Minuten rund wird in einem
Footballspiel, das etwa 3 Stunden
dauert, wirklich gespielt
Die Spielerstadt
wandelt sich rasant
zur Sportstadt
Las Vegas im Wandel Einst bekannt als Stadt der Sünde,
entwickelt sich die Unterhaltungsmetropole immer mehr
zum sportlichen Zentrum der USA. Die Superbowl in der Nacht
auf morgen ist dabei nur ein weiterer Meilenstein.
Benjamin Schmidt
Wetten, Würfeln, Pokern – das
sind die Begriffe, die üblicher-
weise mit Las Vegas assoziiert
werden, das sich selbst als
Unterhaltungshauptstadt der
Welt bezeichnet. Dieses Prädikat
hat sich die Metropole mit
650’000 Einwohnern und rund
40 Millionen Besuchern pro Jahr
hart erarbeitet.
Wer sich hier vergnügen,
bereichern oder verzocken will,
klappert die Spielhallen des Las
Vegas Strip ab. Dieser ist das
Epizentrum und Markenzeichen
des US-Bundesstaats Nevada.
Der Abschnitt des Las Vegas Bou-
levard ist gesäumt von Hotelkom-
plexen, gross wie Wolkenkratzer,
jeder von ihnen natürlich aus-
gestattet mit eigenem Casino.
Doch nun erweitert sich Las
Vegas um ein weitere Dimension.
Denn zur Unterhaltung gehört
auch der Sport – jenes gesell-
schaftliche Phänomen, das noch
vor einem Jahrzehnt in Vegas
höchstens in Form von Box- oder
Wrestlingkämpfen eine Rolle
spielte. Das ändert sich nun. Und
zwar im grossen Stil.
Wenn man das Erscheinungs-
bild von ebenjenem Strip vor
zehn Jahren mit dem von heute
vergleicht, wird klar, was damit
gemeint ist. Schnell fallen einem
zwei Konstruktionen auf, die
nicht so ganz ins Gefüge passen.
Die anmuten, als ob zwei Ufos
mitten in der Wüste gelandet
wären. Das eine Raumschiff
nennt sich T-Mobile-Arena,wurde
2016 eröffnet und dient seit 2017
als Heimstätte für die Vegas
Golden Knights, immerhin
aktueller Champion der National
Hockey League. Das andere
Objekt heisst Allegiant Stadium
und beherbergt seit 2020 das
American-Football-Team der Las
Vegas Raiders, die vor ihrem Um-
zug nach Nevada im kaliforni-
schen Oakland zu Hause waren.
Der Sport als Höhepunkt
einer Entwicklung
In diesem 1,9 Milliarden Dollar
teuren Sporttempel wird in der
Nacht von heute auf morgen
(00.30) die Superbowl, das Final-
spiel der Football-Liga NFL, zwi-
schen den Kansas City Chiefs und
den San Francisco 49ers ausge-
tragen. Dass die 58. Ausgabe des
bedeutendsten und grössten
Sportevents des Landes zum ers-
ten Mal in Las Vegas stattfindet,
ist kein Zufall, sondern lediglich
ein Meilenstein in einer sorg-
fältig ausgearbeiteten Strategie,
die nicht nur auf astronomische
finanzielle Erträge für die Stadt
12’000
Dollar rund beträgt laut cbsnews.com
der durchschnittliche Ticketpreis
auf dem Zweitmarkt – 36 Prozent
mehr als 2023
abzielt, sondern auch auf eine
Veränderung ihrer Reputation.
Noch immer trägt die Stadt
den negativ konnotierten Über-
namen «Sin City»,Stadt derSünde.
Dieser wurde bereits in den
1950er-Jahren verwendet, als die
Glücksspielmetropole unter dem
Einfluss der amerikanischen
Cosa Nostra stand. Doch auch
nachdem die Mafia mehrheitlich
aus Las Vegas verschwunden
war, verbesserte sich das Image
der Stadt nicht wirklich, da
Casinos, Nacktbars und illegale
Prostitution weiterhin verbreitet
waren. So erfolgten um die Jahr-
tausendwende Bestrebungen
von städtischer Seite, die Stadt
auch für Familien und Kinder
attraktiv zu machen.
Für den Bau von Themen-
hotels, Einkaufszentren und Un-
terhaltungskomplexen wurden
Einbussen bei den Glücksspiel-
einnahmen in Kauf genommen
und mit der Erweiterung der
neuen Freizeitaktivitäten aufge-
fangen: Die «Entertainment City»
war geboren. Heute gehört Las
Vegas zu den meistbesuchten
Städten und zu einer der am
schnellsten wachsenden der USA.
Dennoch wäre Las Vegas nicht
das, was es heute ist, wenn es
sich mit dem erreichten wirt-
schaftlichen Erfolg zufrieden-
gegeben hätte. Die Gewinne aus
diesem Aufschwung ermöglich-
ten der Stadt, nach neuen Inves-
titionsmöglichkeiten zu suchen.
Und sie fand diese im Bereich des
Spitzensports.
Die Gründung der Golden
Knights und der Umzug der Rai-
ders sind nur zwei Beispiele von
diversen Projekten, die in den
letzten Jahren lanciert wurden.
Das Hauptquartier des milliar-
denschweren Kampfsport-Impe-
riums UFC befindet sich hier.
2018 folgten die Basketballerin-
nen der Las Vegas Aces, die in den
vergangenen beiden Jahren die
Meisterschaft gewannen. Im
vergangenen Jahr holte man die
Formel 1 an den Strip, zum Gros-
sen Preis von Las Vegas. Ein Ver-
trag bis 2025 wurde abgeschlos-
sen, die Stadt strebt jedoch eine
«lebenslange Partnerschaft» an.
Die letzten Superbowl-Duelle
2023 Kansas City - Philadelphia
2022 L.A. Rams - Cincinnati
2021 Tampa Bay - Kansas City
2020 Kansas City - San Francisco
2019 New England - L.A. Rams
2018 Philadelphia - New England
2017 New England - Atalanta
2016 Denver - Carolina
2015 New England - Seattle
2014 Seattle - Denver
16
der letzten 19 Superbowls
wurden vom Team in Weiss
gewonnen. Die Chiefs laufen
in Rot auf, die 49ers in Weiss
Doch auch an der Zukunft wird
fleissig gebastelt: Ab 2028 wer-
den die Oakland Athletics in Las
Vegas Baseball spielen. Weiter
kursieren derzeit Gerüchte, dass
die Dallas Mavericks nach Nevada
umsiedeln werden, da sie kürz-
lich von einer Familie aufgekauft
wurden, der unter anderem das
Palazzo in Las Vegas gehört.
NBA-Superstar LeBron James
wirbt seit Monaten für ein neues
Team in der Stadt – mit ihm als
Besitzer. Doch selbst wenn diese
Versuche scheitern sollten, darf
man sicher sein: Ein Basketball-
team wird früher oder später
folgen. Womit alle vier grossen
Sportarten des Landes in Las
Vegas vertreten wären.
Eine Kombination,
die Sinn macht
Die Unterhaltungshauptstadt der
Welt hat nun den Anspruch, zum
globalen Sportnabel zu werden.
Die Kombination aus Glücks-
spiel, Showcharakter und Sport
macht Sinn und funktioniert
bereits prächtig. Dies macht sich
auch im Vorfeld der Superbowl
bemerkbar. «Mehr Partys, mehr
Events, mehr Hotels. Die ganze
Show wird eine andere sein»,
prophezeite der deutsche Foot-
ball-Profi Jakob Johnson, der bei
den Raiders unter Vertrag steht,
gegenüber der Deutschen
Presse-Agentur. Und er sollte
recht behalten.
Vergleicht man das Geschehen
in der Woche vor dem Spiel mit
jenem aus vergangenen Jahren,
stellen das Unterhaltungspro-
gramm und die Menschenmas-
sen in Las Vegas die Superbowls
vergangener Jahre um Längen in
den Schatten. Rund 330’000
Besucher sollen schon während
der Woche in die Stadt geströmt
sein, in Los Angeles waren es
2022 nicht einmal halb so viele.
Fachleute prognostizieren für das
Finalwochenende einen Zulauf,
der sogar für Vegas einen Aus-
nahmezustand bedeuten wird.
«Die Superbowl sollte jedes
Jahr in Las Vegas stattfinden»,
findet Raiders-Besitzer Mark
Davis. Auch Steve Hill, der
Geschäftsführer der Messe- und
Besucherbehörde, sagt: «Unser
Ziel ist, dass die NFL jedes Jahr
hier sein will.» Zumindest vor-
erst ist davon auszugehen, dass
38:35
es nicht dazu kommt, auch an-
23:20
31:9
dere Städte wollen vom Endspiel
31:20 profitieren – und die Superbowls
13:3 sind bis 2027 bereits vergeben.
41:33 Doch die Ambitionen von Las
n.V. 34:28 Vegas sind unmissverständlich
24:10 – und sicher ist, dass bald noch
28:24 das eine oder andere Raumschiff
43:8 auf dem Strip landen wird.

7
Millionen US-Dollar kostet
ein 30-Sekunden-Werbespot bei
der Superbowl heuer. 2021 waren
es noch 5,6 Millionen gewesen
Sport
150
Siegerringe zahlt die Liga dem
Gewinner – das Stück für bis zu
5000 US-Dollar. Weitere Ringe
muss der Club zahlen.
27
4
Milliarden US-Dollar
Abpfiff
Wenn die Faszination
werden allein in den einen Namen hat –
USA in etwa auf die
Super Bowl gewettet Patrick Mahomes
Fussball ist immer mein Spiel gewesen. American
Football ist nie mein Spiel gewesen. Ich habe mich
auch nie bemüht, es wirklich zu durchschauen.
Der Grund dafür ist nicht sonderlich fundiert, ich
weiss. Aber die dauernden Unterbrüche stören mich.
Doch dann hat mir Netflix die Augen geöffnet –
zumindest wenn es um diesen einen Spieler geht.
Patrick Mahomes muss einfach faszinieren.
Als Laie las ich 2022 von seinem neuen Vertrag
bei den Kansas City Chiefs. 450 Millionen Dollar hat
er über die Laufzeit von zehn Jahren garantiert,
mit Boni können es gar 503 Millionen sein –
amerikanische Verhältnisse in Amerikas grösstem
Sport. Vor einem Jahr gewann er die Superbowl, den
Final der National Football League, zum zweiten Mal.
Auf Netflix sagt Peyton Manning, einer der Produ-
zenten der 8-teiligen Dokumentation «Quarterback»:
«Im Sport gibt es nichts Härteres, als in der NFL
Quarterback zu sein. Du bist immer im Fokus. Du
hörst nichts. Es regnet. 150-Kilo-Kerle wollen dich
töten. Und immer will jemand deinen Job.» Manning
gewann als Quarterback selbst 2-mal die Superbowl.
Patrick Mahomes wollte eigentlich Baseballer
werden wie sein Vater. Er spielte auch Basketball.
Diese beiden Sportarten beeinflussen bis heute
die Art, wie er Football spielt und die Bälle wirft, mit
Alles dreht sich welcher Eleganz und Technik. Als Quarterback
in diesen Tagen orchestriert er das Spiel, ist der Chef, gar mehr, «er ist
um das Allegiant das Team», sagt Manning. Im Sport der Schwarzen ist
Stadium – die Mahomes einer der wenigen Schwarzen in dieser Rolle.
Superbowl ist
nach Formel 1 Er ist 1,88 m gross und 104 Kilo schwer, das macht
und Stanley-
auch ihn zum Brocken. Aber neben den Kolossen,
Cup-Sieg
das nächste die sich auf ihn stürzen, um ihn
Grossereignis zu Boden zu reissen, wirkt
in Las Vegas. er fast schon filigran.
Foto: Laif, AFP, Key (2) Netflix ist ein Jahr lang
nahe an ihm dran, in
der Saison 2022/23,
und zeigt eindrücklich,
was er einstecken
muss, welche Kräfte auf
ihn wirken. In einem Spiel
wird Mahomes immer wieder
unfair angegangen. «Entspann dich mal!», ruft er
seinem Gegner zu, «prügele nicht sinnlos herum!»
Was solche Angriffe mit ihm machen, zeigt sich
ein paar Minuten später. Da wirft er einen Pass zum
Touchdown, dem Mass aller Dinge im Football, und
rennt schreiend auf dem Platz herum: «I’m here all
day!», fünfmal: Ich bin den ganzen Tag hier. Als wolle
er allen sagen: Mich macht ihr nicht fertig.
«Durchzuhalten ist die grösste Herausforderung»,
sagt Mahomes. Und er sagt es mit der ihm eigenen
Eindringlichkeit. Seine Stimme ist leicht heiser und
verstärkt den Eindruck seiner Aufgeregtheit,
die er selbst dann hat, wenn er seine kleine Tochter
vor Stolz platzend auf dem Arm herumträgt und
«Papas Mädchen» nennt. Die krausen Haare
hat er auf der Seite rasiert. Die Jugend macht
seinen Schnitt nach.
Was durchhalten heisst, beweist er vor einem Jahr.
Auf dem Weg zur Superbowl wird er schwer am
rechten Knöchel getroffen, er schreit vor Schmerzen,
er humpelt nur noch, aber er will nicht raus. Er weigert
sich, den Knöchel nur schon röntgen zu lassen.
Irgendwann gibt er nach, und als die Bilder zeigen,
dass es bloss eine Verstauchung ist, hält ihn erst
recht nichts mehr. Ein Mahomes geht nicht vom Feld,
nur weil er auf einem Bein spielen muss. Er führt die
Chiefs handicapiert zum Sieg. Dass er in der Super-
bowl selbst nochmals schwer an der verletzten Stelle
getroffen wird, steckt er weg. Das Adrenalin treibt ihn
an. Die Chiefs wenden ein 14:24 zur Pause zum 38:35.
Was bleibt einem wie ihm, wird er am Tag nach
dem Sieg gefragt. «Es geht weiter. Das Ziel ist die
Superbowl – jedes Jahr!» In der Nacht auf morgen
bestreitet Mahomes sein viertes Endspiel in fünf
Jahren. Er ist erst 28. Auch ein Laie verneigt sich.
Thomas Schifferle
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024

René Hauri und mal grösseren, einmal kleineren Hand-

Philipp Rindlisbacher
Plötzlich bewegt sich Marco Odermatt
wie ein Roboter. Schnellen die Hand-
schuhe, die er in seinen Händen hält,
ruckartig nach links und rechts, nach
oben und unten. Seine Augen folgen
dabei hektisch mal dem einen, mal dem
anderen Handschuh, zwischendurch
flackern sie hin und her.
Die Szene, aufgenommen vor dem
Start zum 2. Lauf des Riesenslaloms in
Schladming Ende Januar, wirft bei
manch einem Zuschauer Fragen auf.
Was macht der Nidwaldner da nur? Was
bewegungen mehrere Male durchgehen.
Kurz vor seinen Einsätzen rieb sich Pla-
schy zudem Creme auf die Lippen, je-
nes Ritual hat er letztlich beibehalten.
«Doch meistens spielte ich am Start den
Clown und machte gern Witze, so lenkte
ich mich ab.»
Nicht beeinflussen lassen
von den Tricks der Österreicher
Sogar Trash Talk, diese verbal geführten
Psychospielchen, gebe es dann und
wann am Start, glaubt der Walliser. «Das
sind manchmal ein paar banale Gesten,
zwei, drei Wörter, die beim Konkurren-

bringt das? Und tut er das nur deshalb,
weil es sein allererstes Rennen bei Nacht
und unter Flutlicht ist? Odermatt sagt:
«Ich mache dieses Augen-Aktivieren
schon seit ein paar Jahren und eigent-
Darum
ten etwas auslösen können.» Plaschy
erinnert sich an den Slalom in Kranjska
Gora 1999, als er als Führender des
ersten Laufs noch allein oben stand.
«Mit Benjamin Raich und Thomas Stan-

lich vor jedem Skitraining und Rennen.
Es hilft mir effektiv, die Augen aufzu-
wärmen, damit ich klar und scharf sehe.»
Der Dominator des Skizirkus ist bei
verdreht Marco
gassinger lagen zwei Österreicher vorne,
deren Betreuer machten oben Terror,
jubelten wie verrückt, damit ich nervös
werde. Da dachte ich mir: Lasst mich

weitem nicht der Einzige, der das macht.
Das tut auch Slalomspezialist Marc
Rochat regelmässig. Eine Zeit lang folgt
er dem Daumen des Physiotherapeuten,
Odermatt
jetzt den Hang hinunterfahren, dann
schauen wir weiter. Und ja, ich habe
gewonnen.»
Es sei eine Herausforderung, auf

vor dem Start

um später zwischen den Slalomstangen
den Durchblick zu haben. Überhaupt
gibt es allerhand spezielle Übungen zu
sehen im Startbereich eines Weltcup-
rennens. Jeder Athlet und jede Athletin
Knopfdruck in den Bereitschaftszustand
zu kommen, sagt Plaschy. «Einige müs-
sen sich anstacheln, andere bremsen.»
Luca De Aliprandini, Riesenslalom-
Spezialist und Lebenspartner von

verfolgt dabei einen ganz individuellen
Plan.
Slalomfahrer Luca Aerni etwa wärmt
sich derart intensiv auf, dass er «klitsch-
nass» ist. Im Startbereich taucht der
Berner in seine eigene Welt ein, «manch-
mal fragen mich die Betreuer nach dem
Rennen, ob ich sie überhaupt wahrge-
nommen habe», sagt der Kombinations-
weltmeister von 2017. Reden will Aerni
während der Vorbereitung mit nieman-
dem. Wobei es Konkurrenten gibt, die
das ganz anders handhaben. Der Spanier
Joaquim Salarich etwa gilt als Dauer-
quassler, «er spricht jeden an vor den
Läufen, der braucht das offenbar. Ich
ignoriere ihn einfach», sagt Aerni.
Aus einem Protokoll wird eine
Routine, daraus ein Ritual und Tick
Was vor dem Start passiere, werde
immer wichtiger – davon überzeugt ist
SRF-Experte Didier Plaschy. Er war
selbst Rennfahrer und studierte Psycho-
logie. Er sagt: «Der Athlet hat ein Pro-
tokoll, daraus wird eine Routine – und
falls diese erfolgreich ist, wird sie zum
Ritual und sehr schnell auch zu einem
Tick. Rituale müssen angepasst werden,
bis sie funktionieren.» Plaschy sagt, der
Fantasie seien keine Grenzen gesetzt,
«es sollte schon in der Jugend möglichst
vieles ausprobiert werden, um in den
perfekten Rennzustand zu kommen.
Einmal probieren reicht aber nicht aus.»
Plaschy selbst, bekannt als Freigeist,
trieb es einst auf die Spitze. Er fuhr gar
einige Rennen, ohne den Lauf vorab zu
besichtigen, einfach der Nase nach –
während die meisten Athleten den Kurs
mit geschlossenen Augen und mit ein-
die Augen
Michelle Gisin, sei vor den Rennen der-
art geladen, dass um ihn herum quasi
ganze Häuser einstürzen könnten, «der
muss schauen, dass er vor dem Lauf
irgendwie runterkommt», sagt Plaschy.
Bei Ramon Zenhäusern wiederum sei
das ganz anders, «darum gab er Laute Hier spielt die Skiwelt verrückt Sie schnüffeln,
von sich, die wie ein brünstiger Elch brüllen und übergeben sich: Im Startbereich
klangen, um sich voll zu aktivieren».
Besonders intensiv und für alle eines Skirennens tut sich so manches. Ein
Öffentlichkeit seh- und hörbar tat das Fahrer sagt: «Man könnte glauben, dass wir
der gross gewachsene Walliser vor dem
zweiten Slalomlauf in Schladming 2019. alle komplett spinnen.»
Immer wieder brüllte er lautstark, ein-
gefangen von der Kamera im Starthaus,
ehe er sich abstiess. «Ich brauchte das,
um meinen Kopf freizubekommen»,
sagt Zenhäusern. «Ich war Vierter – und
hatte doch so viele Zweifel und Ängste.
Die Piste war eisig und steil, am
Streckenrand hatte es 50’000 Fans: Ich
musste mir die Anspannung aus dem
Leib schreien.»
So intensiv tut das der 31-Jährige
selten, meist brummt oder knurrt er vor
sich hin, «ich will so die Gedanken
vertreiben wie ein Tier, das gerade auf
dem Sprung ist. Ohne Gedanken bin ich
schneller, denn sobald ich während der
Fahrt denke, fehlt mir die Intuition.»
Um diese zu aktivieren, geht Zen-
häusern immer gleich vor: «Erst fauste
ich mit den Betreuern im Starthaus ab,
aber ohne sie anzuschauen, damit ich
in meinem Tunnel bleibe, dann schlage
ich mir mit der Faust kräftig auf die
Brust.» Und das alles – ganz wichtig –
mit der linken Hand, «weil das die rechte
Hirnhälfte beansprucht. Und dort sitzt
die Intuition, während die linke eher für
das Rationale zuständig ist», sagt Marco Odermatt aktiviert seine Augen mithilfe seiner Hände, Travis Ganong visualisiert den Kurs ähnlich. Michelle Gisin versucht die Ner

Verblüffende Aufholjagd – nun kann Lara Gut-Behrami fast alles gewinnen

Riesenslalom in Soldeu Die Tessinerin triumphiert trotz Schreckmomenten – und liegt im Gesamtweltcup nun vor Mikaela Shiffrin.

Langsam, aber sicher wird sie
unheimlich, Lara Gut-Behrami.
Im Gesamtweltcup liegt sie in
Führung, die letzten drei Rennen
hat sie gewonnen, mittlerweile
ist sie bei 43 Erfolgen im Welt-
cup angelangt. Der jüngste
Triumph in Soldeu ist dabei her-
vorzuheben, weil an und für sich
vieles nicht wie geschmiert läuft.
Nur Neunte ist die Tessinerin
nach dem ersten Lauf, sie hadert
mit dem fehlenden Speed, wirkt
ratlos. Mit sechs Zehnteln Rück-
stand hält sie den Schaden aber
in Grenzen, und so sagt sie: «Es
gibt nur noch die volle Attacke.»
Dementsprechend fährt Gut-
Behrami in der Entscheidung.
Der direkte Kurs, den ihr Trainer
Alejo Hervas gesetzt hat, kommt
ihr entgegen. Die 32-Jährige
greift an, verschenkt kaum einen
Meter Weg. Bis zu jener Passage
kurz vor dem Ziel, als sie wie
viele einen Schlag erwischt und
abgehoben wird, dabei vermeint-
lich empfindlich viel Zeit verliert.
Und doch: Sie lässt Konkur-
rentin um Konkurrentin hinter
sich. Alice Robinson kommt ihr
am nächsten, büsst eine Hun-
dertstelsekunde ein, die Ameri-
kanerin AJ Hurt wird mit 11 Hun-
dertsteln Rückstand Dritte. Der
Rest? Kann nichts ausrichten.
Und so zeigt Gut-Behrami eine
Aufholjagd, die an Marco Oder-
matts Coup in Schladming erin-
nert, als ervon Rang 11 noch siegte.
«Verpennt» habe sie den ers-
ten Lauf, resümiert sie, «deshalb
bin ich einfach mega glücklich,
hat es noch zum Sieg gereicht».
Nach dem schweren Fehler in der
Entscheidung hätte sie solch ein
Ergebnis nicht für möglich
gehalten, «ich nervte mich im
Ziel zunächst, weil ich dachte, ich
hätte gerade vieles verspielt».
Offensichtlich ist Gut-Behrami
dieser Tage aber derart gut in
Form, dass sie auch reüssiert,
wenn einiges nicht nach Plan
läuft. Und so könnte ihr Frühling
Aussicht auf vier Kristallkugeln: Lara Gut-Behrami (32).
ganz besonders werden: Im
Riesenslalomweltcup liegt sie bei
zwei ausstehenden Rennen 135
Punkte vor Federica Brignone, es
sieht ganz nach dem ersten
Gewinn dieser Wertung aus. Viel
wichtiger aber: Im Kampf um die
Foto: Keystone
grosse Kugel hat sie sich in eine
glänzende Position manövriert,
Mikaela Shiffrin hinter sich
gelassen, sie hat 5 Punkte Vor-
sprung. Vieles spricht zudem für
die Schweizer Ausnahmeathletin:
das Programm, das nun drei
Speedwochenenden vorsieht mit
7 Rennen; aber auch der Gesund-
heitszustand von Shiffrin – sie
fehlt in Andorra, das Knie berei-
tet nach wie vor Probleme.
Auf die gute Ausgangslage im
Gesamtweltcup angesprochen,
sagt Gut-Behrami nur: «Dieses
Thema kommt einen Monat zu
früh. Reden wir später darüber.»
Überdies führt sie auch in der
Super-G-Wertung und könnte
gar jene in der Abfahrt gewinnen,
weil Sofia Goggia verletzt die
Saison abbrechen musste.
Philipp Rindlisbacher
Frauen in Soldeu (AND)
Riesenslalom Gestern
1. Lara Gut-Behrami 1:59,27
2. Alice Robinson (NZL) + 0,01
3. A.J. Hurt (USA) + 0,15
4. Federica Brignone (ITA) 0,22. 5. Thea Louise
Stjernesund (NOR) 0,29. 6. Marta Bassino (ITA)
0,32. 7. Mina Fuerst Holtmann (NOR) 0,41.
8. Ricarda Haaser (AUT) 0,51. 9. Sara Hector
(SWE) 0,76. 10. Zrinka Ljutic (CRO) 0,99.
Die weiteren Schweizerinnen: 15. Camille
Rast 1,40. 26. Simone Wild 2,32.
Weltcup. Gesamt (27/41): 1. Gut-Behrami
1214. 2. Shiffrin (USA) 1209. 3. Brignone (ITA)
928. 4. Vlhova (SVK) 802.
Riesenslalom (9/11): 1. Gut-Behrami 685.
2. Brignone (ITA) 550. 3. Hector (SWE) 481.
4. Shiffrin (USA) 429.
Die nächsten Rennen
Heute Slalom 10.30/13.30
Freitag Abfahrt in Crans Montana 10.30
Samstag Abfahrt in Crans Montana 10.30
Sonntag Super-G in Crans Montana 10.30

vosität wegzulächeln, während Joaquim Salarich vor dem Start alle vollquasselt (v. l.).
Die Gegner lächeln nur: Jetzt jagt Odermatt eine Legende
Riesenslalom in Bansko Der Schweizer setzt eine eindrückliche Serie fort. Auch Teamkollegen glänzen.
Die Mimik von Alexander Steen Olsen
und Manuel Feller im Ziel von Bansko
sagt alles. Der 22-jährige Norweger,
als Zweiter gerade zum ersten Mal in
seiner Karriere auf einem Riesen-
slalom-Podest, atmet mit hochge-
zogenen Augenbrauen tief aus. Der
Österreicher, in der Form des Lebens
und Dritter, lächelt nur vor sich hin.
Marco Odermatt ist soeben ange-
kommen im Ziel. Als Schnellster,
natürlich, die Konkurrenz nimmt es
ausatmend und lächelnd hin. Steen
Olsen verliert 91 Hundertstel und ist
der Einzige, der unter einer Sekunde
bleibt. Dabei macht Odermatt nie den
Anschein, als würde er an sein Limit
gehen. In seiner bestechenden Form
reicht es auch so zum nächsten über-
ragenden Triumph. Er beweist damit
auch, dass ihn die ungewohnt lange
Wettkampfpause von knapp zwei
Wochen, entstanden durch die Absage
der Speedrennen in Chamonix, nicht
Fotos: Screenshot SRF, Getty, Keystone (2)
aus dem Rhythmus gebracht hat. Im
Gegenteil, er macht dort weiter, wo er
im Super-G von Garmisch-Parten-
kirchen aufgehört hat: mit Siegen.
Es ist im sechsten Riesenslalom
des Winters der sechste Triumph.
Saisonübergreifend ist es sein neun-
ter Riesenslalomsieg in Serie. Er jagt
weiter den Fabelrekord von Ingemar
Stenmark. Der Schwede gewann zwi-
schen 1977 und 1980 14-mal in Folge
in dieser Disziplin.
Auch in der ewigen Bestenliste der
Riesenslalomfahrer rückt Odermatt
einigen Legenden näher. Mit seinem
20. Sieg liegt er noch drei Triumphe
hinter Michael von Grünigen. Einzig
Ted Ligety (24), Marcel Hirscher (31)
und Stenmark (46) liegen noch vor
den beiden Schweizern. Und: In den
letzten 26 Riesenslaloms, zu denen er
inklusive WM und Olympia ange-
treten ist, landete er immer auf dem
Podest.
Sport
Was sieht Marco
Odermatt vor seinem
geistigen Auge?
Den nächsten Sieg?
Foto: J.-C. Bott (Keystone)
Nun also hat Odermatt auch erstmals
in Bansko gewonnen, wo er vor drei
Jahren noch Fünfter und Zweiter
geworden ist. «Es ist cool, wieder ein
Land abhäkeln zu können», sagt er in
die Fernsehkamera. «Und über die
Zahlen darf ich gar nicht zu viel nach-
denken, auch wenn sie genial sind.»
Und: «Mit diesem Teamresultat macht
ein Sieg noch mehr Spass.»
Odermatt führt eine Mannschaft
an, die mit sieben Fahrern dabei ist
im 2. Lauf – und alle holen die Punkte.
Hinter dem Leader klassieren sich
auch Loïc Meillard (7.) und Thomas
Tumler (8.) in den Top 10. Im 2. Durch-
gang auf Wiedergutmachung aus ist
Gino Caviezel, der zur Halbzeit nur
auf Rang 21 lag. Entsprechend viel
riskiert er, ist schnell unterwegs, ehe
es ihn kurz vor dem Ziel überdreht –
er wird dennoch 13.
René Hauri
Zenhäusern. «Auf die Brust schlage ich
mir, weil das Wut-Hormone auslöst.»
Im letzten Moment hält er sich auch
noch einen Stift unter die Nase, einen
sogenannten Energy-Stick, der mit sei-
nem Geruch dazu führen soll, dass die
roten Blutkörperchen mit mehr Sauer-
stoff versorgt werden. «Wer uns da oben
am Start so zusieht, könnte schon glau-
ben, dass wir alle komplett spinnen»,
sagt Zenhäusern. Er macht seit letzter
Saison auch auf Zirkusartist, jongliert
jeweils mit drei Schneebällen, um die
Augen wach zu kriegen.
Zu den gängigsten Übungen – gerade
im Slalom – gehört das: Eine Betreue-
rin hält zwei Bälle in der Hand, einer
blau, einer rot, wie die Torstangen. Sie
lässt einmal den einen, dann den
anderen, manchmal auch beide gleich-
zeitig fallen, die Athletin oder der Athlet
muss sie auffangen.
Zenhäusern wärmt auch den Rumpf
auf und macht zwei bis drei Sprints den
Hügel hinauf. In jungen Jahren habe er
es oft übertrieben, sagt er, bachnass
stand er dann jeweils am Start, die
Kräfte praktisch aufgebraucht. Mittler-
weile nimmt er es gelassener.
Kristoffersen spuckt in den Schnee,
Gisin lächelt vor dem Start
Es gibt aber immer noch einige Athle-
ten, die sich auspowern vor dem Start,
Dutzende Liegestützen machen. Beson-
ders auffällig verhält sich der Norweger
Henrik Kristoffersen. Er räuspert sich
pausenlos, spuckt in den Schnee, vor
dem Start übergibt er sich regelmässig.
«Gerade in seinen grössten Erfolgs-
jahren war er da oben extrem unlustig»,
so sagt es Zenhäusern. Mittlerweile habe
aber auch er sich beruhigt. Regelmässig
übergeben muss sich vor dem Start auch
der Kroate Filip Zubcic.
Ganz anders als Kristoffersen geht
Michelle Gisin mit der Nervosität vor
dem Start um. Neben den üblichen Auf-
wärmübungen macht sie neurozent-
riertes Training, konzentriert sich also
bewusst auf ihre Bewegungsabläufe, um
auch das Gehirn zu fordern. Die Locker-
heit sucht sie, indem sie Musik hört,
auch einmal ein Lied singt oder vor dem
Start bewusst lächelt. «Ihr ist es beson-
ders wichtig, nicht zu verbissen zu sein,
sondern Freude am Skifahren zu
haben», sagt Julia Winkler, nun schon
die vierte Saison die Physiotherapeutin
der Allrounderin.
Winkler kümmert sich aber auch um
die anderen Schweizerinnen, erst drei
Jahre lang um die Technikerinnen, mitt-
lerweile um die Speedfahrerinnen. Und
sie hat Unterschiede festgestellt. «Bei
den Slalomfahrerinnen ist es natur-
gemäss hektischer. Die Aufwärmübun-
gen sind explosiver, es geht ja zwischen
den Stangen schnell hin und her. Bei
den Abfahrerinnen ist es viel ruhiger am
Start, die meisten sind in ihrem Tunnel.
Auch ist der Respekt untereinander
spürbar, niemand wird gestört», sagt
sie. «Schliesslich fahren sie danach mit
über 100 km/h den Berg hinunter.»
Männer in Bansko (BUL)
Riesenslalom
1. Marco Odermatt
2. Alexander Steen Olsen (NOR)
3. Manuel Feller (AUT)
4. Stefan Brennsteiner (AUT) 1,29. 5. Žan Kranjec
(SLO) 1,47. 6. Henrik Kristoffersen (NOR) 1,49.
7. Loïc Meillard 1,51. 8. Thomas Tumler 1,59.
9. Filip Zubcic (CRO) 1,75. 10. Filippo Della Vite (ITA)
2,01. – Die weiteren Schweizer: 13. Gino Caviezel
2,21. 18. Fadri Janutin 2,58. 22. Justin Murisier 2,88.
25. Livio Simonet 3,16.
Weltcup. Gesamt (25/39): 1. Odermatt 1506.
2. Sarrazin (FRA) 684. 3. Feller (AUT) 669.
4. Meillard 514. 5. Kriechmayr (AUT) 487.
Riesenslalom (6/11): 1. Odermatt 600. 2. Zubcic
(CRO) 314. 3. Kranjec (SLO) 271. 4. Steen Olsen (NOR)
218. 5. Kristoffersen (NOR) 218.
Die nächsten Rennen
Heute Slalom 10.30/13.30
Samstag Abfahrt in Kvitfjell (NOR)
Sonntag Super-G in Kvitfjell (NOR)
29
Die Schweizer
enttäuschen an der
Biathlon-WM
Biathlon Wie die Frauen kamen
auch die Schweizer Männer im
WM-Sprint von Nove Mesto nicht
auf Touren. Bei milden Tempe-
raturen und mit nicht konkur-
renzfähigem Material schaffte es
nur Niklas Hartweg in die Top 30.
Der 23-Jährige lief auf Rang 22.
Jeremy Finello (46.), Sebastian
Stalder (50.) und Joscha Burkhal-
ter (57.) verloren allesamt noch
mehr Zeit. Gegenüber SRF äus-
serten sich die geschlagenen
Schweizer danach kritisch über
das Material. Hartweg sagte, die
Ski hätten im Verlauf des Ren-
nens «enorm nachgelassen»,
Stalder meinte, das Material sei
«nicht das allerbeste» gewesen.
An der Spitze des Rennens
waren die Norweger nicht zu
schlagen: Sturla Holm Laegreid
siegte vor Johannes Thingnes Bö
und Vetle Sjaastad Christiansen
und holte sich somit seinen
sechsten WM-Titel. (tmü)
Deschwanden in
Lake Placid erneut
in den Top Ten
Ski nordisch Im ersten von zwei
Weltcupspringen des Wochen-
endes in Lake Placid springt
Gregor Deschwanden zum sieb-
ten Mal in diesem Winter in die
Top 10. Mit Sprüngen auf 129,5
sowie 120,5 Meter landet der
32-jährige Luzerner auf dem
neunten Platz. Mit Killian Peier
(27.) schaffte es ein weiterer
Swiss-Ski-Athlet in den zweiten
Durchgang, Remo Imhof (35.)
und Routinier Simon Ammann
(38.) verpassten diesen. Den Sieg
sicherte sich der Slowene Lovro
Kos (123,5/125,0) vor Ryoyu
Kobayashi aus Japan und dem
Norweger Marius Lindvik. Viel
Pech hatte der Gesamtweltcup-
führende Stefan Kraft. Nachdem
der Österreicher bei Halbzeit
noch in Führung lag, wurde er
beim zweiten Sprung von einer
Böe erwischt, landete nach 104
Metern und wurde so auf Platz
24 durchgereicht. (tzi)
Holloway mit
Exploit, Lobalu
mit Bestzeit
Leichtathletik Der für den LC Brühl
startende Dominic Lobalu hat
seine Topform von der Strasse in
die Halle retten können: Am pro-
minent besetzten Meeting in Lié-
vin (FRA) lief der 25-Jährige über
Gestern 3000 m in 7:39,32 Minuten eine
2:15,75
persönliche Bestleistung und
+ 0,91
+ 1,08
wurde Vierter. Das Rennen ge-
wann 10’000-m-Olympiasieger
Selemon Barega (ETH) in 7:31,38.
Angelica Moser, die WM-Fünf-
te mit dem Stab, steigerte sich
auf 4,65 m und wurde Fünfte.
Erneut ein gutes Rennen liefen
die beiden Schweizer 800-m-
Läuferinnen Audrey Werro und
Lore Hoffmann. Werro lief in
2:01,43 als Dritte ins Ziel, Hoff-
mann wurde in 2:01,88 Fünfte.
Die Leistung des Abends
gelang mit einem Exploit dem
dreifachen Hürden-Weltmeister
Grant Holloway: In 7,32 Sekun-
den verpasste der Amerikaner
12.00 über 60 m seinen Weltrekord um
12.00 nur drei Hundertstel. (mos)
30 Sport 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch

Eine logische Lehrstunde für die Schweiz

2:5 gegen Schweden Das Nationalteam verliert am Turnier in Schweden weiter – 8. Niederlage im 8. Spiel der Euro Hockey Tour.

Kristian Kapp
Zum gefühlt 1000. Mal gegen
slowakische Auswahlen testen
oder Teil der Euro Hockey Tour
mit Schweden, Finnland und
Tschechien sein und häufig Lehr-
geld zahlen? Was im grossen Bild
für die Schweiz keine Frage sein
kann und dass sie nach dem Aus-
schluss Russlands darum noch
so gerne nachrückte, sorgt nun
für Resultatfrust. Aus drei Tur-
nieren mit je drei Spielen besteht
die Tour, und vor der abschlies-
senden Partie gegen Tschechien
ist die Schweizer Bilanz bitter:
acht Spiele, null Siege.
Dieses 2:5 gegen Schweden
reiht sich aber dennoch nicht
nahtlos in die vorangegangenen
Spiele ein. Stets spielte Patrick
Fischers Team auf Augenhöhe
mit den prominenten Gegnern,
hatte mehrfach auch ein Chan-
cenplus und verlor mit einer Aus-
nahme immer knapp. Bei der
achten Niederlage hingegen gilt
all dies nicht.
Die Schweizer kassieren eine
Lehrstunde, zu einem richtigen
Debakel kommt es nur darum
nicht, weil die Schweden nach
dem 5:0 bei Spielhälfte in den Die Schweiz hingegen tritt in
Kontrollmodus schalten – sie Schweden mit ihrem bislang
überzeugten bereits beim 4:1 schwächsten, jüngsten und inter-
gegen Tschechien am Donners- national unerfahrensten Aufge-
tag und spielen nun heute gegen bot an. Mehrere Absagen nutzt Fi-
Finnland um den Turniersieg. scher dazu, Neulinge oder selten
Für Fischers Team prallen an Berücksichtigte zu testen – nicht
diesem Samstag zu viele Extreme alle sind der Aufgabe gewachsen.
aufeinander. Wie Finnland und
die Schweiz bei den ersten beiden Shift für Shift überfordert
Turnieren geht auch Schweden Das Resultat bei diesem unglei-
beim Heimanlass mit der best- chen Aufeinandertreffen sind 30
möglichen Mannschaft an den ernüchternde Minuten für die
Start. Sieben Leistungsträger aus Schweiz. Solange die Schweden
der Schweizer Meisterschaft sind den 7000 Zuschauern etwas bie-
dabei, mit Tömmernes und Lind- ten wollen und ihre spielerische,
berg zudem zwei einstige Top- läuferische, physische, aber auch
Spieler aus der National League. einzeltaktische Überlegenheit
zur Schau stellen, ist Fischers
Team Shift für Shift überfordert.
Euro Hockey Tour Gegenwehr mit hartem Spiel
bleibt lange aus, auch, weil die
Donnerstag
Finnland - Schweiz 4:2 (0:1, 1:0, 3:1)
Schweden häufig schlicht zu
Tschechien - Schweden 1:4 (1:2, 0:0, 0:2) schnell spielen. Und im Mittel-
drittel zeigen sich auch die
Gestern
Finnland - Tschechien 4:2 (1:0, 2:1, 1:1)
negativen Folgen, wenn man mit
Schweden - Schweiz 5:2 (3:0, 2:0, 0:2) Physis zu viel will: Zum einen
Heute
kassiert Marchon einen Restaus-
Schweiz - Tschechien 12.00 schluss wegen eines Checks
Schweden - Finnland 16.00 gegen den Kopf, zum anderen
werden dem Gegner wegen ver-
1. Schweden 2 6 3. Schweiz 2 0 lassener Positionen Torchancen
2. Finnland 2 6 4. Tschechien 2 0 Ungleiches Duell: Der Schwede Henrik Tömmernes im Zweikampf mit Sandro Schmid. Foto: Freshfocus offeriert.

Nachrichten Ausland-Fussball

Werner verpasst Katar mit drei Akanji-Comeback mit Sieg Nach gut Inter zieht davon Inter Mailand hat Reals Machtdemonstration Real Adi Hütter unter Druck Nach einer
Topresultat Penaltytoren zum Titel einem Monat Verletzungspause den Vorsprung auf Verfolger Madrid hat einen grossen Schritt gelungenen ersten Saisonhälfte
kehrte Manuel Akanji auf das Juventus zumindest vorläufig auf Richtung Meistertitel gemacht. ist die AS Monaco aus der Spur
Aerials Beim Aerials-Weltcup in Fussball Gastgeber Katar hat
Feld zurück. Der Schweizer sieben Punkte ausgebaut. Der Die «Königlichen» setzten sich geraten. Das Team des ehemali-
Lac-Beauport (CAN) war Pirmin beim Asien-Cup seinen Titel er-
Nationalverteidiger stand beim Leader siegte bei der AS Roma 4:2 im Spitzenspiel gegen das Über- gen YB-Trainers Adi Hütter ist
Werner der einzige Swiss-Ski- folgreich verteidigt. Die Auswahl
2:0-Heimsieg von Manchester und beendete die Siegesserie der raschungsteam Girona 4:0 durch nach zuletzt drei Spielen ohne
Athlet in den Finals. Der Qualifi- des Emirats siegte im Final
City gegen Everton in der Start- Römer, die unter Trainer Daniele und bauten den Vorsprung auf Sieg auf Rang 5 zurückgefallen.
kationsvierte (109,74 Punkte) gegen Aussenseiter Jordanien 3:1
formation. Nach 57 Minuten war De Rossi dreimal gewonnen hat- fünf Punkte aus. Torschützen Das blamable Aus im Cup gegen
konnte seine Leistung im Final und triumphierte damit wie vor
sein Arbeitstag beendet. Erling ten. Zur Pause lag das Team von waren zweimal Bellingham, den Drittligisten Rouen hat die
nicht bestätigen und wurde mit vier Jahren bei der Kontinental-
Haaland erzielte beide Tore. Yann Sommer noch 1:2 zurück. Vinícius und Rodrygo. Situation zusätzlich verschärft.
83,19 Punkten Zehnter, mit der Meisterschaft. Der überragende
Wertung aus der Qualifikation Angreifer Akram Afif erzielte alle
wäre der Gesamtweltcupzweite drei Treffer – alle per Penalty England Premier League, 24. Runde Italien Serie A, 24. Runde Spanien La Liga, 24. Runde Frankreich Ligue 1, 21. Runde
Manchester City - Everton 2:0 Salernitana - Empoli 1:3 Cádiz - Betis 0:2 Marseille - Metz 1:1
als Dritter auf dem Podest gelan- (22./73./95.). Jordanien, das im
Wolverhampton - Brentford 0:2 Cagliari - Lazio 1:3 Alaves - Villarreal 1:1 Lens - Strasbourg 3:1
det. Der Sieg ging an den Chine- Halbfinal überraschend Süd-
Fulham - Bournemouth 3:1 Roma - Inter 2:4 San Sebastian - Osasuna 0:1 PSG - Lille 3:1
sen Qi Guangpu (127,78) vor korea mit Trainer Jürgen Klins- Tottenham - Brighton 2:1 Sassuolo - Torino 1:1 Real Madrid - Girona 4:0 Le Havre - Rennes 13.00
Landsmann Wang Xindi (119,47). mann bezwungen hatte, hielt Luton - Sheffield Utd 1:3 Fiorentina - Frosinone 12.30 Las Palmas - Valencia 2:0 Lorient - Reims 15.00
Der Schweizer Noé Roth hatte gut mit, kam durch Yazan Al-Nai- Liverpool - Burnley 3:1 Monza - Verona 15.00 Getafe - Celta Vigo 14.00 Clermont - Brest 15.00
den Final der besten Zwölf als 16. mat (67.) aber nur zum zwischen- Nottingham - Newcastle 2:3 Bologna - Lecce 15.00 Mallorca - Rayo Vallecano 16.15 Toulouse - Nantes 15.00
der Qualifikation verpasst. (tzi) zeitlichen Ausgleich. (DPA) West Ham - Arsenal 15.00 Genoa - Atalanta 18.00 Sevilla - Atlético 18.30 Montpellier - Lyon 17.05
Aston Villa - Manchester Utd 17.30 Milan - Napoli 20.45 Barcelona - Granada 21.00 Nice - Monaco 20.45
Crystal Palace - Chelsea Mo, 21.00 Juventus - Udinese Mo, 20.45 Almería - Atheltic Bilbao Mo, 21.00
Aarau und Genf sind Riebli sprintet
wieder Meister in den Final 1. Liverpool 24 54 11. Chelsea 23 31 1. Inter 23 60 11. Genoa 23 29 1. Real 24 61 11. Osasuna 24 29
2. Man City 23 52 12. Fulham 24 29 2. Juventus 23 53 12. Monza 23 29 2. Girona 24 56 12. Alaves 24 27 1. PSG 21 50 10. Strasbourg 21 25
Curling An der Schweizer Meister- Langlauf Der Schweizer Janik 3. Arsenal 23 49 13. Bournem. 23 27 3. Milan 23 49 13. Lecce 23 24 3. Barcelona 23 50 13. Villarreal 24 25 2. Nice 20 39 11. Le Havre 20 24
schaft setzten sich die favorisier- Riebli wurde im Weltcupsprint 4. Tottenham 24 47 14. Brentford 23 25 4. Atalanta 22 39 14. Frosinone 23 23 4. Atlético 23 48 14. Vallecano 23 24 3. Brestois 20 36 12. Toulouse 20 20
ten Titelverteidiger durch. Die im kanadischen Canmore für sei- 5. Aston Villa 23 46 15. Palace 23 24 5. Roma 24 38 15. Empoli 24 21 5. Bilbao 23 45 15. Sevilla 23 20 4. Lille 21 35 13. Montpellier 20 19
Frauen vom CC Aarau um Skip nen Mut mit Rang 6 belohnt. Der 6. Man Utd. 23 38 16. Nottingham 24 21 6. Lazio 23 37 16. Sassuolo 23 20 6. Betis 24 38 16. Celta 23 20 5. Monaco 20 35 14. Nantes 20 19
Silvana Tirinzoni gingen im Final 25-Jährige zog im Halbfinal früh 7. Newcastle 24 36 17. Luton 23 20 7. Bologna 22 36 17. Udinese 23 19 7. San Seb. 24 37 17. Mallorca 23 20 6. Lens 21 35 15. Lyon 20 19
8. West Ham 23 36 18. Everton 24 19 8. Napoli 22 35 18. Verona 23 18 8. Las Palmas 24 35 18. Cádiz 24 17 7. Marseille 21 30 16. Metz 21 17
gegen GC mit Skip Xenia Schwal- davon und sicherte sich mit einer
9. Brighton 24 35 19. Burnley 24 13 9. Fiorentina 22 34 19. Cagliari 24 18 9. Valencia 24 35 19. Granada 23 12 8. Reims 20 30 17. Lorient 20 16
ler im achten End 5:4 in Führung überragenden Leistung einen 10. Wolverham. 24 32 20. Sheffield 24 13 10. Torino 23 33 20. Salernitana 24 13 10. Getafe 23 30 20. Almería 23 6 9. Rennes 20 28 18. Clermont 20 15
und verteidigten diese bis zum Platz im Final. Dort fehlte ihm
Schluss. In der Round Robin hat- dann die Kraft für einen weite-
ten die Zürcherinnen das Aarauer ren Exploit. Einmal mehr kein
Quartett noch überraschend Vorbeikommen gab es an Johan- Challenge League Sport am TV Lotto Schweiz
besiegen können. Einseitiger ver- nes Kläbo (NOR), der nach dem
lief der Final der Männer. Titel- enttäuschenden 15. Rang im 21. Runde 7.50 Skicross live Eurosport 16.15 Rugby live ITV1 17 20 32 35 36 42 Glückszahl 2
verteidiger Genf um Skip Yannick Massenstart nun triumphierte. Freitag Xamax - Bellinzona 0:1 (0:1) Weltcup in Bakuriani (GEO): Six Nations: Irland - Italien
Sion - Baden 4:1 (2:0) Frauen und Männer 17.00 Schwimmen live SRF Info 6 + GZ – –
Schwaller gelang im ersten End Bei den Frauen gewann Kristine
Schaffhausen - Thun 1:1 (1:1) 9.15 Ski alpin live SRF 2 WM in Doha 6 – –
gegen Limmattal ein Dreierhaus, Skistad (NOR). Nadine Fähndrich 5 + GZ 26 x 8084.10
Gestern Wil - Vaduz 1:0 (1:0) Weltcup in Bansko (BUL): 17.00 Biathlon live Eurosport
am Ende hiess es 7:2. (tzi) scheiterte im Halbfinal. (tmü) Aarau - Nyon 5:2 (3:0) 5 96 x 1000.–
Slalom Männer, 1. Lauf WM in Nove Mesto (CZE):
10.30 Ski alpin live SRF 2 Verfolgung Männer 4 + GZ 1125 x 131.15
Zweimal Ausgleich, Fiva wird Dritter, 1. Sion 21 46 6. Xamax 21 24
Weltcup in Soldeu (AND): 18.00 Sportpanorama SRF 2 4 5294 x 72.35
2. Thun 21 42 7. Nyon 21 24
3:4 in der Verlängerung Gantenbein stürzt 3. Aarau 21 29 8. Vaduz 21 21
Slalom Frauen, 1. Lauf 18.00 Langlauf live Eurosport 3 + GZ
3
16'367 x
78'663 x
22.65
10.05
11.00 Doppelpass – Fussballtalk Sport1 Weltcup in Canmore (CAN):
Eishockey Zweimal holten die Skicross Alex Fiva wurde beim 4. Wil 21 29 9. Schaffh 21 21
11.45 Skicross SRF 2 20 km Massenstart Frauen
5. Bellinzona 21 27 10. Baden 21 20 Jackpot: 48 Mio Fr. Replay 7
Schweizerinnen auf, doch nach Weltcup in Bakuriani (GEO) Drit- Weltcup in Bakuriani (GEO): 19.00 Fussball live SRF 2
4:09 Minuten Verlängerung hat- ter. Es ist der vierte Podestplatz Frauen und Männer (Teilaufz.) Super League: Highlights
Joker 5 0 5 3 8 7
ten sie beim Fünfländer-Turnier für den 38-jährigen Bündner in 11.50 Eishockey live SRF 2 20.00 Basketball live Pro7Maxx
in Liberec gegen Tschechien 3:4 dieser Saison. Den Sieg sicherte
Women’s Super League Euro-Hockey-Tour in Karlstad (SWE): NBA: Miami - Boston Jackpot: 1,9 Mio. Fr. – /Angaben ohne Gewähr
verloren. 0:2 hiess es nach 28 sich David Mobärg (SWE). Jonas 12. Runde Tschechien - Schweiz 20.10 Langlauf live SRF 2
Minuten, doch zwei Minuten Lenherr wurde Sechster, Ryan Samstag Rapperswil-J. - Servette 0:1 (0:0) 12.20 Ski alpin live SRF 2 Weltcup in Canmore (CAN):
Weltcup in Bansko (BUL): 20 km Massenstart Männer
später hatten Janine Hauser und Regez Achter. Bei den Frauen Luzern - Basel 1:8 (1:6)
Slalom Männer, 2. Lauf 20.30 Fussball live Blue Zoom
Euromillions
Lara Stalder ausgeglichen. Das stand mit Talina Gantenbein eine Aarau - YB 0:5 (0:1)
Thun - St. Gallen 0:1 (0:1) 13.30 Ski alpin live SRF 2 Ligue 1: Nice - Monaco
ebenfalls schnell folgende 3:2 der Schweizerin im Final. Sie stürzte Weltcup in Soldeu (AND): 21.45 Fussball WDR
23 24 35 37 45 9 12
Zürich - GC 2:1 (1:1)
Tschechinnen egalisierte Alina jedoch nach einem Sprung und Slalom Frauen, 2. Lauf Bundesliga: Highlights Jackpot: 46 Mio. Fr.
Marti nach 43 Minuten. Die musste von der Strecke beglei- 1. Zürich 12 28 6. GC 12 20 14.30 Biathlon live SRF 2 23.15 American Football live RTL
Schweiz beendet das Turnier tet werden. Gewonnen wurde das 2. Servette 12 28 7. Luzern 12 11 WM in Nove Mesto (CZE): NFL, Superbowl LVIII in Las Vegas: 5 – –
damit wohl auf Platz 2, nächster Rennen von Marielle Thompson 3. Basel 12 27 8. Rapperswil 12 7 Verfolgung Frauen Kansas City - San Francisco 5 1x 651’482.60
Termin ist die WM ab 4. April in (CAN). Sixtine Cousin wurde 4. YB 12 23 9. Thun 12 4 15.15 Skispringen live Eurosport 23.30 Fussball BBC1 5 4x 38’065.55
den USA. (tzi) Sechste, Saskja Lack Siebte. (heg) 5. St. Gallen 12 20 10. Aarau 12 2 Weltcup in Lake Placid (USA): Männer Premier League: Highlights 2. Chance: 4, 6, 24, 37, 44
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Er war in 166 Schweizer Skigebieten:
Das sind seine Tipps
Leere Pisten, spektakuläre Abfahrten Der Pistensammler Roger Gfrörer nimmt uns mit in Ski-Gegenden,
Christian Brüngger
Roger Gfrörer (52) ist wohl DER
Schweizer Ski-Enthusiast. Denn
er verbringt seine Freizeit damit,
Skigebiete zu entdecken. 719 sind
es mittlerweile in 24 Ländern,
davon 166 in der Schweiz. Der
Zürcher will dabei nicht einfach
nur Ski fahren, sondern jeden
Lift und jede Bahn nutzen. Alles
zusammen macht den Vielfahrer
zum idealen Experten. Für diese
Redaktion hat der Doktor der
Ökonomie, der an der Uni Zürich
den Bereich Career Services leitet,
neun Tipps zusammengestellt.
Die ersten fünf Gebiete wählte
Gfrörer unter dem Gesichtspunkt
«kleinere Gebiete zum Perfektio-
nieren der Skitechnik» aus. Er sagt
dazu: «Kleinere Gebiete sind
ausserhalb der Hauptsaison
unter der Woche oft ziemlich leer.
Eine perfekte Gelegenheit, Ski-
technik und Kondition zu üben
und zu testen. Aber Achtung:
immer zuerst Schneelage und
Öffnungszeiten checken!»
Wiriehorn im Berner Oberland
– Bruno Kernens Heimgebiet
Das sagt Gfrörer: «Das kleine Ski-
gebiet am Wiriehorn im Diemtig-
tal bietet Abfahrten mit maximal
900 Höhenmetern. Der Skilift
Homad erschliesst ideales Ter-
rain fürs Kurzschwingen: oben
etwas flacher, unten schön steil
– und in der Mitte ein kleines
Plateau zum Durchschnaufen.
Das coupierte Gelände beim
Skilift Tubelfärrich lädt wiederum
zu etwas weiteren Schwüngen ein.
Wer mag, kann diese gleich bis zur
Talstation durchziehen.AberAch-
tung, das sind 800 Höhenmeter!
Wenn die Beine dann schwer sind,
kann man am Röschteschwend-
Lift noch ein paar gemütlichere
Abfahrten machen, bevor man
sich den Einkehrschwung in
einem der beiden Bergrestaurants
gönnt. Das Wiriehorn ist das
Heimgebiet der früheren Abfah-
rergrösse Bruno Kernen.»
die mit Besonderheiten glänzen – neun hat er für uns herausgesucht.
Airolo-Pesciüm – wo Figini und
Gut-Behrami Skifahren lernten
Das sagt Gfrörer: «Das Skigebiet
gleich beim Gotthard-Südportal
eignet sich nicht nur als Aus-
weichvariante bei Schlechtwet-
ter auf der Alpennordseite. Es
bietet an der Sasso della Boggia
auch wunderbar coupierte Steil-
hänge für sportliche Skifahrten.
Die Abfahrten auf Pesciüm
sind generell etwas flacher. Wenn
die Talabfahrt geöffnet ist, lockt
das Gebiet mit 1075 Höhenme-
tern. Auf den Pisten oberhalb von
Airolo haben Michela Figini,
Doris De Agostini und Lara Gut-
Behrami das Skifahren erlernt.»
Grüsch-Danusa im Prättigau
mit stolzen 1200 Höhenmetern
Das sagt Gfrörer: «Das Gebiet
nahe von Landquart bietet bei
geöffneter Talabfahrt stolze 1200
Höhenmeter Abfahrt. Und selbst
wenn es nur bis zur Mittelstation
Cavadura geht, sind die 600
Höhenmeter über den FIS-Hang
etwas vom Feinsten, was kleinere
Skigebiete zu bieten haben.
Die weiteren Abfahrten von der
Schwänzelegg hinunter nach
Cavadura oderVacca ermöglichen
ebenfalls abwechslungsreiches
Skifahren. Wer es gemütlicher
mag, wählt die Danusa-Sessel-
bahn, die zuoberst im Skigebiet
sonnige Südosthänge erschliesst.»
Mörlialp im Kanton Obwalden
– überraschend vielseitig
Das sagt Gfrörer: «Die Mörlialp
ist ein kleines Skigebiet in der
Zentralschweiz und erscheint mit
den knapp 500 Höhenmetern
kaum in einer Liste weit vorne.
Doch obwohl klein, ist das Ski-
gebiet überraschend vielseitig.
Vom höchsten Punkt, dem
Alpoglerberg, lädt eine coupierte
Abfahrt zu Riesenslalomschwün-
gen ein, auf der ‹Wand› ab der Mit-
telstation sind die Schwünge dann
eher kurz. Flachere Abfahrten für
entspannteres Gleiten gibt es
unten beim Einstieg ins Gebiet.»
Freizeitsport
Rosswald mit lich (Bergrestaurants) oder
Walliser Panoramablick sportlich (Höhenmeter) sind.
Das sagt Gfrörer: «Ausserhalb Das schweizerisch-österreichi-
von Brig den Simplon hinauf sche Skigebiet Samnaun-Ischgl
führt eine Gondel nach Ross- bietet verschiedene Cruising-
wald. Der Ort thront auf 1819 Touren via App an – sogenannte
Metern auf einer Terrasse über Schmugglerrunden in diversen
dem Rhonetal. Eine Liftkette Längen: Gold (61,8 km), Silber
erschliesst das Skigebiet. Der (41,4 km) und Bronze (40,2 km).
erste Eindruck: ein einfacher Auch andere Gebiete sind Crui-
Doppellift mit einfachen Abfahr- sing-Paradiese. Cruising macht
ten. Der zweite Eindruck: Am natürlich besonders Spass, wenn
zweiten Skilift wird es etwas stei- niemand an den Liften wartet.
ler. Der dritte Eindruck ergibt Diese Tipps sind von mir zusam-
sich dann beim Anblick auf die mengestellte Routen.»
Piste beim dritten,
obersten Lift: Doch, die Les 4 Vallées – der
können auch schön steil Riese im Wallis
hier! Dieser Südhang Das sagt Gfrörer: «Das
bietet Steilheit, Sonne Skigebiet von Verbier, La
und eine tolle Aussicht Tzoumaz, Nendaz,
ins Simplongebiet.» Veysonnaz und Thyon
bietet die perfekten
Weitere vier Gebiete Vielfahrer Cruising-Bedingungen:
wählte Gfrörer unter dem Roger Gfrörer. Es ist riesig und verbin-
Aspekt «Cruisen bzw. Foto: Ela Çelik det verschiedene Teilski-
Skisafari» aus. Er sagt: gebiete. Ein mögliches
«Grosse Skigebiete erlauben das Cruising-Ziel besteht darin, alle
Reisen auf Pisten über weite Talstationen (ohne Châble) zu
Distanzen. Dieses Cruisen kann befahren. Neben den sportlichen
nach Lust und Laune erfolgen Aspekten beinhaltet eine solche
mit Spontanentscheidungen, Safari in Les 4 Vallées auch einen
wohin der Weg führen soll. Oder besonderen Thrillfaktor: Man
nach Kriterien, die eher gemüt- sollte den Liftschluss im Auge
Die 9 Skigebiete – die einen klein, die anderen riesig
DEUTSCHLAND
FRANKREICH
SCHWEIZ
Grüsch-Danusa
Mörlialp
Wiriehorn Arosa-Lenzerheide
Airolo Pesciüm
Portes du Soleil
Rosswald
Les 4 Vallées
25 km
Zermatt
50 km
behalten, damit man den Weg
zurückschafft. Sonst heisst es ab
Siviez mit dem Taxi (ab 150 Fran-
ken) oder dem Bus (ca. 2,5 Stun-
den) zurück zum Ausgangsort.
Wer nach Verbier oder La Tzou-
maz zurückmuss, sollte rechtzei-
tig in Tortin sein, damit man dort
noch die Gondelbahn auf die
Chassoure erreicht. Um auf der
Piste nach Verbier zurückzuge-
langen, muss man anschliessend
noch den Sessellift Lac des Vaux
hoch zum Attelas nehmen.
Wenn der Lift bereits nicht
mehr fährt, rettet einen vielleicht
noch die gesicherte, aber nicht
präparierte Skiroute Col des
Mines. Wer diesen Extrathrill
nicht braucht, klärt vorher die
Betriebszeiten der Bahnen ab
und prüft auch die Öffnungs-
zeiten der Skirouten.»
Portes du Soleil (SUI/FRA)
und die legendäre Wand
Das sagt Gfrörer: «Das schwei-
zerisch-französische Gebiet bie-
tet Cruising par excellence. Auch
hier gilt: die Rückreise rechtzei-
tig planen! Zwei schöne Routen
bieten sich an. Die erste führt von
Champéry im Wallis über die
französischen Stationen Avoriaz
und Morzine nach Les Gets und
denselben Weg zurück. Eine
andere Route führt von
Champéry über Morgins nach
Torgon (alles Schweiz), nach
Frankreich und über Châtel und
Avoriaz zurück in die Schweiz.
Stil hat eine solche Runde,
wenn der Rückweg in die
Schweiz über die Mur Suisse
führt, über eine der beeindru-
ckendsten Buckelpisten im Land.
Wem die Abfahrt zu steil ist, die
Buckel zu hoch oder die Beine zu
schwer sind, kann statt der
Abfahrt den Sessellift Chavanette
nehmen und den anderen
zuschauen, wie sie sich über die
Buckel kämpfen. Oder man fährt
gleich über die roten Pisten bei
der Pointe de Mossettes. Solche
Reisen werden dadurch unter-
31
Eine Buckel-
piste, die die
Oberschenkel
zum Glühen
bringt: Die
«Mur Suisse»
im Gebiet
Portes du
Soleil.
Foto: Ruedi Flück
stützt, dass die Lifte hier in der
Regel etwas länger und oft bis
17 Uhr laufen.»
Zermatt – welche Safari
darf es sein?
Das sagt Gfrörer: «Zermatt bietet
viele Cruising-Optionen: Es kön-
nen alle höchsten Lifte befahren
werden, etwa Rothorn, Hohtälli,
Gornergrat, Hirli, Furggsattel,
Kleines Matterhorn, Plateau Rosa
– fast alle befinden sich über
3’000 m ü. M. Eine andere Option
ist: alle Talstationen einsammeln,
was die besonders schöne Abfahrt
nach Valtournenche in Italien
einschliesst, die man sonst eher
auslässt. Das Entspannte dabei:
Sobald man die schweizerisch-
italienische Grenze erreicht hat,
ist man sicher, wieder zum Aus-
gangspunkt zu gelangen. Aber
Achtung: Auch wenn das auf dem
Pistenplan so aussieht, führt die
Abfahrt vom Sessellift Bontadini
nicht direkt auf die Schweizer
Seite. Zumindest war das bei
unserem letzten Besuch nicht so.»
Arosa-Lenzerheide – Achtung,
Seilbahn!
Das sagt Gfrörer: «Auch das Ski-
gebiet Arosa-Lenzerheide bietet
Cruising-Möglichkeiten. Eine
Option: Start beim Piz Scalottas,
übers Stätzerhorn nach Churwal-
den und Pradaschier, zurück über
Parpan auf die andere Seite hin-
auf zum Urdenfürggli, hinüber
nach Arosa, Weisshorn, Brügger-
horn und zurück nach Lenzer-
heide – und zum Abschluss auf
das Rothorn. Die Runde ist auch
im Gegenuhrzeigersinn machbar.
Der Zeitdruck ist hier ebenfalls
mässig gross, die kritische Stelle
ist die Verbindung mit der Urden-
bahn. Wer es bis zu dieser Seil-
bahn geschafft hat, ist sicher.
Übrigens: Natürlich bieten die
Gebiete auch Gelegenheiten für
Skisafaris mit Freerideabfahrten.
Diese sollten immer gut geplant
und den Schnee- und Lawinen-
verhältnissen angepasst sein.»
32 Wetter 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch

Aussichten Schweiz heute, 11.02.2024 Nord-/Mittelamerika Asien

Schaffhausen
Montag
Basel Zürich 6°/9° New York Bangkok
Porrentruy
6° 9° 90% 5° 8° 90%
Heute teils bewölkt 6° 9° Heute hohe Wolken 24° 33°
5°/9° St. Gallen

Basel
Winterthur 5°/7° Montag hohe Wolken 1° 8° Montag recht sonnig 23° 33°

6°/10° 5°/9° Dienstag Schneeschauer 1° 3° Dienstag schön 23° 34°

Aarau Zürich
Mittwoch schön –4° 1° Mittwoch sonnig 23° 35°
Säntis
5°/9° 5°/9° –8°/–7° Chicago Singapur
Solothurn

Lausanne Locarno
5°/9° Heute teils bewölkt –2° 5° Heute hohe Wolken 25° 29°
4° 8° 90% 1° 12° 90% Glarus Montag schön –3° 6° Montag Schauer 24° 28°
Chur
Luzern 5°/8° Dienstag teils bewölkt –2° 6° Dienstag kaum Regen 24° 28°
Dienstag Neuenburg Bern
5°/9° 5°/9°
5°/8° Mittwoch freundlich –1° 5° Mittwoch Schauer 25° 28°
Basel Zürich 5°/9° Altdorf Davos
1° 10° 85% 0° 9° 85% Freiburg
4°/8° 5°/9° –1°/1° Los Angeles Tokio
Lausanne St. Moritz Heute schön 6° 18° Heute teils bewölkt 4° 11°
6°/9° –1°/1° Montag sonnig 6° 18° Montag schön 2° 13°
Gstaad
Dienstag schön 7° 18° Dienstag sonnig 0° 15°

1°/4° Mittwoch sonnig 8° 18° Mittwoch schön 5° 18°

Bellinzona

Lausanne Locarno 6°/11° Miami Hongkong

Sion
1° 8° 85% –1° 11° 85% Heute freundlich 20° 26° Heute schön 13° 21°
Genf 4°/10° Zermatt
Montag 21° 28°
Mittwoch –3°/2° schön Montag sonnig 14° 21°
Basel Zürich 5°/9° Dienstag freundlich 22° 27° Dienstag schön 16° 23°
Lugano MeteoNews AG
7° 14° 80% 5° 13° 80% Mittwoch schön 13° 25° Mittwoch sonnig 18° 24°
7°/11°
Das Schweizer Wetterportal: meteonews.ch
Persönliche Wetterberatung: 0900 575 775
(CHF 3.20/Min. vom Schweizer Festnetz)

Calgary

Vor allem am Vormittag teilweise noch nass Vancouver

Der heutige Sonntag beginnt im Norden mit vielen gegen Westen zu gibt es auch gelegentlich etwas Montreal Tokio
Wolken und entlang der Alpen sowie im Osten nass Sonne. Dazu erreichen die Temperaturen etwa 8 bis
New York
Lausanne Locarno mit Flocken ab rund 1000 bis 1100 Metern. Tagsüber 10 Grad. Im Süden trocknet es nach einer teilweise Shanghai
Kathmandu
6° 13° 80% 1° 13° 80% Los Angeles
erwarten wir nur noch einzelne Schauer, vor allem nassen ersten Tageshälfte ab bei rund 11 Grad.
Houston Hongkong
Rangun
Donnerstag
Basel Zürich Miami Manila
Bangkok
6° 15° 75% 4° 14° 75% SKIPISTEN-BERICHT
Mexiko City Singapur

SKIPISTEN GRAUBÜNDEN Panama City

LAAX 22/26 + GUT 15/370 Jakarta
AROSA LENZERHEIDE 37/43 + GUT 100/120
DAVOS 46/46 H GUT 70/187
DISENTIS 12/12 + GUT 5/94
KLOSTERS 46/46 H GUT 43/187
Lausanne Locarno AROSA LENZERHEIDE 37/43 + GUT 40/170 Europa
4° 14° 75% 3° 13° 75% PONTRESINA/ENGADIN 3/7 + GUT 25/90
SAMNAUN/ISCHGL 43/46 P GUT 60/150
SEDRUN-OBERALP-ANDERMATT 16/20 + GUT 57/155 Berlin London
Freitag
Basel Zürich SAVOGNIN 10/12 P GUT 5/165 Heute trüb und nass 6° 9° Heute freundlich 5° 10°
9° 13° 70% 8° 11° 70% ENGADIN SCUOL ZERNEZ 12/12 + GUT 30/90
SILVAPLANA CORVATSCH 11/13 + GUT 45/126 Montag kaum Regen 6° 9° Montag schön 3° 10°
ST. MORITZ 24/24 + GUT 39/110 Dienstag etwas Regen 3° 8° Dienstag kaum Regen 5° 10°

SKIPISTEN BERNER OBERLAND Mittwoch wenig Regen 2° 9° Mittwoch wenig Regen 11° 14°
ADELBODEN 28/38 + GUT 0/115
GRINDELWALD JUNGFRAU SKI REGION 51/62 + GUT 10/150
Paris Rom
DESTINATION GSTAAD 25/43 + GUT 0/75 Heute Schauer 8° 10° Heute kaum Regen 12° 15°
LENK IM SIMMENTAL 34/39 + GUT 1/86 Montag 7° 15°
Montag teilw. Regen 4° 10° freundlich
Lausanne Locarno MEIRINGEN - HASLIBERG 0/13 + GUT 0/179
MÜRREN JUNGFRAU SKI REGION 61/62 P GUT 43/256 Dienstag kaum Regen 2° 10° Dienstag schön 7° 16°
7° 12° 70% 3° 12° 70%
WENGEN JUNGFRAU SKI REGION -/62 - - 0/90 Mittwoch wenig Regen 10° 13° Mittwoch sonnig 4° 16°
Samstag Winterlink:
Basel Zürich SKIPISTEN OSTSCHWEIZ / LIECHTENSTEIN
www.myswitzerland.com/schnee
5° 10° 60% 4° 9° 60% BRAUNWALD 11/11 N GUT 10/80 unter –10° bis 0° bis 10°
ELM 6/6 + GUT 0/210
FLUMSERBERG 17/17 + GUT 25/75 SKIPISTEN bis –5° bis 5° bis 15° mehr als 15°
TOGGENBURG 21/21 + GUT 20/200 Stand: Samstagvormittag
PIZOL - BAD RAGAZ - WANGS 7/12 + GUT 70/125 Quelle: Schweiz Tourismus
12/29: Anlagen in Betrieb/Total Anlagen Reykjavik
1000
995
H
SKIPISTEN GENFERSEEGEBIET P: Pulverschnee 990
GLACIER 3000 0/12 P GUT 5/276
N: Nassschnee
Lausanne Locarno
VILLARS-GRYON 25/30 + FAHRBAR 5/126
S: Sulzschnee T Oslo Stockholm
10
101
5 H
1005 10
5° 10° 60% 2° 13° 60% SKIPISTEN ZENTRALSCHWEIZ H: Hartschnee 1000
ANDERMATT-OBERALP-SEDRUN 16/20 + GUT 57/155 +: Teilweise Kunstschnee 995 Moskau
ENGELBERG - TITLIS 16/29 + GUT 0/277 20/100: Schneehöhe, Tal- und Bergstation 99
Sonntag 0
Basel Zürich HOCH-YBRIG
MYTHENREGION
11/13
14/17
+
P
GUT
GUT
60/90
5/45
T 990
Amsterdam
4° 9° 60% 3° 8° 60% Berlin
TPrag
995Dublin London
KLEWENALP-STOCKHÜTTE 10/15 H FAHRBAR 20/30 Brüssel
Warschau
MARBACH - MARBACHEGG -/4 - - - 990
MELCHSEE-FRUTT 13/16 + GUT 110/270 Kiew
Paris 995 Wien
RIGI -/10 G GESCHL - 100
0 Bern Budapest
SATTEL - HOCHSTUCKLI -/4 - - -
1005
SÖRENBERG
STOOS
-/14
6/8
-
N
-
GUT
-
20/90
Nizza
T Belgrad
Bukarest

Lausanne Locarno SKIPISTEN WALLIS 10

Madrid
10 Rom
ALETSCH ARENA 34/35 + GUT 97/156
10

4° 9° 60% 1° 12° 60% Istanbul

5

00
10
100

CRANS - MONTANA 22/24 + FAHRBAR 20/180 Lissabon 10

LEUKERBAD 6/13 + GUT 20/280 Malaga
5° Frühtemperatur
SAAS-FEE 10/23 H GUT 66/295 1010 Athen
20° Nachmittagstemperatur Tunis 0
1015 Algier 102
VERBIER 63/72 + GUT 20/114
80% Wahrscheinlichkeit
ZERMATT - MATTERHORN 14/54 + GUT 10/105 H H

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Innovation aus www.zeitungsdruck.ch

Tradition
 Wirtschaft
f 33

Abbau bei der Migros CS-PUK zielt auf Finma

90’000 Quadratmeter KKS kritisiert die Chefs,
Ladenfläche werden verkauft aber keiner will schuld sein
Neuausrichtung — 34 Untergang der Credit Suisse — 35

SMI 11092 -1,3% SPI 14516 -1,1% STOXX 50 4716 1,3% DAX 16926 0,0% Dow Jones 38655 0,00% EUR/CHF 0.94 0,9% USD/CHF 0.88 0,9% Eidgenosse 10 J. 0,9% 10,5% Brentöl 81.96 USD 5,6% Gold Fr./kg 56936 0,2% (im Wochenvergleich)

Hinter den Kulissen wird beim mächtigen Wirteverband nicht nur schön angerichtet: Bei Gastro Suisse tut sich ein Stadt-Land-Graben auf, einiges liegt im Argen. Foto: Alamy Stock Photo

Geheime Abstimmungen, politische

Bevorzugung, fehlende Innovationen
Chaos bei Gastro Suisse Die Verbandsführung unter Casimir Platzer wollte sich die Amtszeit verlängern. Die Basis sagte Nein.

Edith Hollenstein und
Christopher Gilb
Im Juni endet die dritte und letz-
te Amtszeit von Gastro-Suisse-
Präsident Casimir Platzer. Auch
drei weitere Vorstandsmitglieder
müssen aufgrund der Amtszeit-
beschränkung abtreten. Platzer
hatte sich vor allem während der
Pandemie den Ruf eines Laut-
sprechers erworben, der auch
gerne mal zum Rundumschlag
gegen die Politik ausholt.
Auch zu den Gewerkschaften
hat er kein gutes Verhältnis, die
Verhandlung für den neuen Ge-
samtarbeitsvertrag liegt seit Jah-
ren brach. Wie sich zeigt, ist un-
ter den Wirtinnen und Wirten die
Unzufriedenheit mit der Füh-
rungsspitze gross. Eine Gastro-
Suisse-Recherche in vier Akten.
— Zensur – und die
verheimlichte Abstimmung
Die Überraschung war gross bei
den Delegierten von Gastro
Suisse, als sie für den 29. Novem-
ber 2023 zu einer ausserordent-
lichen Delegiertenversammlung
in die Bernexpo eingeladen wur-
den. Weil die Corona-Pandemie
viele Wirte viel Geld gekostet
hatte, erschien manchen eine
ausserplanmässige und aufwen-
dige Veranstaltung fragwürdig.
Wie gut informierte Kreise be-
richten, fielen alleine für die
Übernahme der Anfahrtskosten
der über 200 Delegierten wohl ge-
gen 20’000 Franken an. Dazu
kommt die Miete für den Stand-
ort, das Mittagessen, die Bühnen-
technik und mehr.
Die Überraschung wurde noch
grösser, als die Delegierten sahen,
dass es um drei Statutenänderun-
gen gehen sollte: Die Zusammen-
setzung des Vorstands nach Bran-
chen, die Möglichkeit der Fusion
von kantonalen Verbänden und
die Amtszeitverlängerung von
Vorstandsmitgliedern. Die ersten
beiden Punkte waren schon
länger verbandsintern im Ge-
spräch. Man hätte sie gemäss Teil-
nehmern auch an der ordentli-
chen Delegiertenversammlung in
Arosa wenige Monate zuvor be-
sprechen können, die sogar leicht
früher als geplant geendet habe.
Gastro Suisse sagt dazu: «Es
war uns nicht möglich, die Ge-
schäfte bereits auf die Delegier-
tenversammlung vom Juni 2023
aufzubereiten.» Die Präsidial-
konferenz habe deshalb be-
schlossen, über die Ge-
schäfte an einer ausseror-
dentlichen DV zu befinden.
Zu den Kosten für den An-
lass äussert sich Gastro
Suisse nicht.
Doch bei Delegierten
entstand der Eindruck,
dass der eigentliche
Grund für die Ver-
sammlung die Amts-
zeitverlängerung war.
Bei Gastro Suisse ist
die Amtsdauer der
Vorstandsmitglieder
auf drei Amtsperio-
den à drei Jahre
beschränkt. Dies ist
der Grund, wieso es
im Juni zu mehreren Wechseln im
Präsidium kommt. Auch Präsi-
dent Platzer tritt dann ab. Der
Vorstand wollte sich selbst eine
vierte Amtsperiode ermöglichen.
Doch das Vorhaben kam nicht
gut an. «Vorstandsmitglieder
werden in der Regel aus Respekt
nicht abgewählt, wie man in der
Schweiz auch Regierungsräte
eher nicht abwählt. Aber wenn
ihre Amtsdauer fertig ist, sol-
len sie Platz machen», sagt ein
Delegierter gegenüber
dieser Redaktion. Auf
die kritischen Vo-
ten soll Präsident
Platzer an der Ver-
sammlung teils
persönlich re-
Poltern, wann
immer möglich:
Casimir Platzer,
Präsident von
Gastro Suisse.
Foto: Keystone
agiert haben, es sei hitzig zu- und
hergegangen. Schlussendlich
wurde die Amtszeitverlängerung
deutlich abgelehnt, mit 113 zu
95 Stimmen.
In der Berichterstattung des
«Gastrojournals» findet sich
nichts dazu. Thematisiert werden
nur die beiden anderen Traktan-
den, als hätte es keine weiteren
gegeben. Gezeichnet ist der Arti-
kel vom Mediensprecher von Gas-
tro Suisse, Patrik Hasler-Olbrych.
Doch wie Delegierte bestäti-
gen, war ein Redaktionsmitglied
des «Gastrojournals» vor Ort mit
der Berichterstattung beauftragt.
Nach Intervention des Vorstands
soll stattdessen der Artikel des
Mediensprechers publiziert wor-
den sein. «Leider ein symptoma-
tischer Vorgang für den hier-
archischen Führungsstil der
Platzer-Ära», sagt der Delegierte.
«Dass ich diesen Bericht ver-
fasst habe, ist nicht unüblich»,
sagt Mediensprecher Hasler-
Olbrych, denn er sei Verlagsleiter
des «Gastrojournals». Die Frage,
warum über die Amtszeitverlän-
gerung nicht berichtet wurde,
beantwortet er nicht.
— Wahlkampfspenden
fliessen oft nach rechts
Gastro Suisse unterstützte bei den
eidgenössischen Wahlen letztes
Jahr die rekordverdächtige Anzahl
von 160 Kandidatinnen und Kan-
didaten und gab dafür rund
300’000 Franken aus. Der Ver-
band rühmte sich nach der Wahl,
der eigentliche Wahlsieger zu
sein. Doch wie und nach welchen
Kriterien die Auswahl zustande
kam, ist nicht jedem Mitglied klar.
Auffällig ist: Bei den Unterstütz-
ten handelt sich fast ausschliess-
lich um bürgerliche Politiker, nur
knapp eine Handvoll gehört dem
linken Lager an.
Immer wieder wird Casimir
Platzer inhaltlich eine gewisse
Nähe zur SVP nachgesagt. Mit
Esther Friedli sitzt zudem eine
der bekanntesten Politikerinnen
Fortsetzung — 34
34 Wirtschaft 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch

Migros will 13 Fussballfelder Fläche verkaufen

SportX und Melectronics Das Detailhandelsunternehmen bestätigt, dass Verhandlungen mit potentiellen Käufern
für die Ladenfläche bereits laufen. Fachleute sagen, gewisse Marken würden voraussichtlich sterben.

Edith Hollenstein stärker als bei den Sportartikeln

und Christopher Gilb
Unter den Angestellten bei
SportX gibt es aktuell nur ein Ge-
sprächsthema: der Anfang Feb-
ruar angekündigte Verkauf ihres
Arbeitgebers. «Ich habe am Wo-
chenende aus den Medien davon
erfahren», sagt eine Frau, die seit
zehn Jahren als Verkäuferin bei
SportX arbeitet.
Zwar hat die Migros noch vor
den Journalistinnen und Journa-
listen ihre 98’000 Angestellten
über ihre weitreichenden Abbau-
pläne informiert. Doch offen-
sichtlich haben nicht alle die in-
ternen Nachrichten gelesen, weil
sie Teilzeit oder nicht am Com-
puter arbeiten. «Ich war total
überrascht», sagt die Verkäuferin.
Tatsächlich hat SportX erst vor
etwas mehr als einem Jahr eine
aufwendige Neulancierung durch-
geführt. Ende 2022 wurde viel
Geld in ein neues Logo und eine
Imageoffensive investiert – we-
gen angeblicher Verwechslungs-
gefahr des früheren Namens
SportXX mit der Erotikbranche.
«Strong Body. Strong Mind.
Strong Me.», hiess der Werbe-
spruch. Während SportX nichts
ahnend an seiner Zukunft baute,
wurde im Hintergrund respektive
ganz oben entschieden, das Ge-
schäft zum Verkauf anzubieten.
Investieren, nicht «schon
alles auf halbmast» setzen
«Fortlaufende Investitionen auch
während ungewisser betriebli-
cher Zukunft sind häufig zu be-
obachten», sagt David Morant,
Handelsexperte bei der Bera-
tungsfirma Carpathia. Denn bei
einem möglichen Verkauf wolle
die Firma «nicht aussehen, wie
wenn sie schon alles auf halbmast
gesetzt hat».
Für ihn kommt der Schritt
der Migros nicht überraschend.
SportX habe schon länger nicht
mehr richtig funktioniert. Am
Ende gehöre die Migros den
Genossenschaftern, sprich den
Bürgerinnen und Bürgern der
Schweiz, und der Zweck solle
sein, Produkte mit bestem Preis-
Leistungs-Verhältnis anzubieten.
«Sowohl bei Sportartikeln als
auch bei Haushaltselektronik ist
dies nicht mehr nötig, denn da
gibt es andere starke Anbieter»,
sagt Morant.
Wer will die freien Flächen
kaufen? «Ochsner Sport sehe ich
eher weniger als Interessenten,
bei Decathlon könnte ich mir hin-
gegen vorstellen, dass sie sich die
attraktivsten Standorte durchaus
anschauen», sagt Morant.
Der französische Sportartikel-
hersteller und -händler erzielte
2022 weltweit einen Umsatz von
über 15 Milliarden Euro. In der
Schweiz ist das Unternehmen mit
27 Filialen präsent und vor allem
Ein Standort, verschiedene Marken: Die grosse Supermarktfiliale der Migros am Limmatplatz in Zürich.
15 neue Migros-Supermärkte
Neben dem Abbau bei den Fach-
märkten will die Migros im Super-
marktgeschäft ausbauen und die
Anzahl Filialen erhöhen, um näher
bei den Kunden zu sein. Dies hatte
bereits der frühere Chef Fabrice
Zumbrunnen angekündigt. Es gelte
weiterhin, doch die Strategie werde
– im Zuge der Gründung der Super-
markt AG – überarbeitet, sagt
Migros-Sprecher Marcel Schlatter.
Im laufenden Jahr würden gut
15 neue Filialen der Marken Migros,
Voi, Alnatura und weiterer Partner
ihren Betrieb aufnehmen. (eh)
bei den Preisen der Eigenmarken
schwer zu unterbieten.
Die Marke SportX
dürfte wohl untergehen
Decathlon will in der Schweiz wei-
ter wachsen. Zudem hat er eine
ähnliche Zielgruppe wie SportX
und das bessere Preis-Leistungs-
Verhältnis. Morant sagt: «Für die
Marke SportX sehe ich nur wenig
Zukunftspotenzial. Ich kann mir
nur schwer vorstellen, dass je-
mand die Marke langfristig wei-
terführen wird.»
Tatsächlich machen in der
Branche bereits Gerüchte die Run-
de, wonach sich die Franzosen
schon in Vorverhandlungen mit
der Migros befinden. Decathlon
hat sich selbst zum Ziel gesetzt,
dass alle in der Schweiz innerhalb
einer halben Stunde eine der
Filialen erreichen können.
Ausserdem befindet sich De-
cathlon bereits an ersten Stand-
orten der Migros, so im Länder-
park in Stans. Die als eher ver-
schwiegen bekannten Franzosen
sagen, sie hätten vom geplanten
Verkauf von SportX erst aus den
Medien erfahren. Angesprochen
auf mögliche Vorverhandlungen,
heisst es: «Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt hat Decathlon keine
weiteren Kommentare.»
Foto: Jonathan Labusch
Die Migros gibt an, sich nicht zu
«laufenden Verhandlungen äus-
sern zu wollen». Das bestätigt:
Der orange Riese macht vorwärts
und steht demnach nicht einmal
eine Woche nach der Ankündi-
gung der Verkaufsabsichten be-
reits in Verhandlungen.
Digitec Galaxus könnte
Servicecenter installieren
Ob dies auch bei Melectronics gilt,
ist fraglich. Denn dass diese Fir-
ma überhaupt einen Käufer fin-
det, wird von Branchenkennern
bezweifelt. Im Unterhaltungs-
elektronikbereich ist der Umsatz
in den letzten Jahren noch viel
ins Internet abgewandert. Meh-
rere Melectronics-Filialen hat die
Migros bereits im vergangenen
Jahr schliessen müssen.
Laut der Migros kommt grund-
sätzlich auch eine Übernahme
durch die Hauptkonkurrentin
Coop infrage. Doch Coop konsoli-
diert gerade seine entsprechende
Sparte. Microspot.ch und Inter-
discount wurden zusammenge-
legt, Fust überprüft derzeit sein
Filialnetz. Entsprechend dürfte
hier wenig Expansionsinteresse
bestehen.
Als mögliche Variante wird von
Fachleuten Digitec Galaxus ge-
nannt. Der umsatzstärkste On-
linehändler der Schweiz gehört
zur Migros und könnte an Melec-
tronics-Standorten kleinere Ser-
vicecenter aufbauen, um so auch
stationäre Präsenz zu erhalten.
Als externer Käufer käme
höchstens Media-Markt für eine
Übernahme einzelner Standorte
infrage. Der Elektronikhändler
hat ebenfalls Probleme und will
statt der bisherigen grossen Lä-
den, die häufig am Stadtrand an-
gesiedelt sind, kleinere und spe-
zifischere Filialen an zentralen
Lagen. Da könnte manch eine
Melectronics-Filiale passen. Auf
Anfrage schreibt Media-Markt,
man überprüfe kontinuierlich das
Marktportfolio und mögliche Ge-
schäftspotenziale, das sei die un-
ternehmerische Pflicht. Das ist
zumindest kein Dementi.
Werden MM- oder MMM-
Standorte sogar attraktiver?
Insgesamt belegen die zusammen
118 Standorte von SportX und Me-
lectronics derzeit eine Fläche von
rund 90’000 Quadratmetern,
häufig in Migros-eigenen Shop-
pingcentern. Das entspricht etwa
13 Fussballfeldern oder 1,5-mal
der Fläche des Louvre in Paris.
«Eine grosse Fläche in Zeiten, wo
der Detailhandel insgesamt eher
schwächelt», sagt Konsum- und
Handelsexperte Marcel Stoffel.
Wie David Morant von Carpathia
vermutet auch er, dass der künf-
tige Käufer nicht alle Standorte
übernehmen wird, sondern eher
nur die «Filetstücke».
Gut möglich, dass die grossen
MM- oder MMM-Standorte ohne
SportX und Melectronics attrak-
tiver werden, um dort einzukau-
fen. Denn Interesse an den frei
werdenden Flächen dürfte es
durchaus geben. Firmen mit ganz
anderen Produkten könnten sie
übernehmen.
Bislang hatte die Migros durch
die Besetzung der Flächen mit
Formaten aus ihrem eigenen Uni-
versum eher dafür gesorgt, kon-
kurrenzierende Anbieter aus den
Centern herauszuhalten. Künftig
könnten sie mit einem ausgewo-
generen Angebotsmix sogar be-
lebt werden.

Fortsetzung
Chaos
bei Gastro Suisse
der Partei im Vorstand des Ver-
bands. Eine der Unterstützten
war die Bündner SVP-National-
rätin Magdalena Martullo-Blo-
cher. Der genaue Betrag, den sie
erhielt, ist nicht bekannt. Sie habe
aber in der Zeit des Wahlkampfs
bei der Verbandsspitze eine auf-
fällig grosse Aufmerksamkeit ge-
nossen, sagt ein Delegierter. Das
habe einen faden Beigeschmack,
da sie sich bisher nicht als Gast-
ronomiekennerin hervorgetan
habe.
Gerade junge Gastronomen
aus den Städten stossen sich zu-
dem daran, dass nicht ein breite-
res Politspektrum unterstützt
wurde. Denn in den Städten ist
beispielsweise die SVP nicht
unbedingt erste Wahl.
So ging zum Beispiel der Ver-
band Gastro Stadt Zürich bei
seiner Wahlempfehlung einen
anderen Weg: Der städtische
Verband verschickte allen Kandi-
datinnen und Kandidaten einen
Fragebogen, um herauszufinden,
wie offen diese für die Anliegen
der Gastronomie sind. Mit dem
Ergebnis, dass diese Anliegen
auch bei Kandidatinnen und
Kandidaten von links Unterstüt-
zung erfuhren.
Gastro Suisse verweist auf
eine eigene Analyse von «über
200 Abstimmungen im National-
und Ständerat» zwischen 2019
und 2022. Diese wird als eine von
mehreren Entscheidungsgrund-
lagen für die Auswahl der Kandi-
datinnen und Kandidaten ge-
nannt, die gemeinsam mit den
Kantonalverbänden erfolgt sei.
— Die Spuren der Corona-Zeit
Regelmässige lautstarke Kritik an
den Entscheiden des Bundesrats
und trotzdem immer neue Forde-
rungen nach Hilfsgeldern: Casi-
mir Platzers Verhalten während
der Pandemie kam selbst bei vie-
len Mitgliedern von Gastro Suisse
nicht gut an. Anders machte es
damals Hotelleriesuisse, der die
Interessen seiner Mitglieder eher
leise, aber nicht minder effizient
vertrat.
Statt zu jammern wäre es besser
gewesen, selbst konstruktive Lö-
sungen anzubieten, etwa sich für
eine gemeinsame Take-away-
Plattform einzusetzen, heisst es
von den Mitgliedern. Dann wur-
de auch bekannt, dass Platzer
selbst nicht gegen das Virus ge-
impft war. Die Unzufriedenheit
mit dem Verband war gross.
— Der Stadt-Land-Graben
Die Gastronomie wandelt sich
mit der Gesellschaft. Konsumen-
tinnen und Konsumenten wün-
schen eine regionale und nach-
haltige Küche und ein gutes An-
gebot an vegetarischen oder
veganen Gerichten, vor allem in
den Städten. Bei Gastro Suisse tut
sich ein Stadt-Land-Graben auf.
Das sei aber gar nicht nötig,
findet ein Delegierter gegenüber
dieser Redaktion. Es gehe nicht
mehr um vegetarisch gegen
Fleisch und modern gegen tradi-
tionell. «Alle Stile sollten Hand in
Hand gehen und im Verband bes-
ser abgebildet sein», sagt er.
Sonst werde dieser für junge Gas-
tronomen aus den urbanen Ge-
bieten zunehmend unattraktiv.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Die Ausreden der Chefs
vor der CS-PUK
Ist die Finma schuld? Jahrelanges Versagen und übertriebener Formalismus der Aufsicht, aber keiner
ist schuld. Das ist das Zwischenfazit der parlamentarischen Untersuchungskommission.
Arthur Rutishauser
Endlich hat die parlamentarische Un-
tersuchung zum Ende der Credit
Suisse Fahrt erhalten. Isabelle Chas-
sot, Freiburger Ständerätin (Mitte)
und Präsidentin der parlamentari-
schen Untersuchungskommission
(PUK) mit dem Titel «Geschäftsfüh-
rung der Behörden – CS-Notfusion»,
versucht zwar mit allen Mitteln, die
Sitzungen geheim zu halten. Doch
nun werden einige Details dazu
bekannt. Gemäss mehreren überein-
stimmenden Quellen hatten kürzlich
die letzten beiden Chefs der unab-
hängigen CS, Axel Lehmann und
Ulrich Körner, einen Auftritt vor den
PUK-Mitgliedern.
Dabei versuchten sie darzustellen,
wie sie in der zweiten Hälfte des Jah-
res 2022 und bis zum 19. März 2023
eigentlich alles versuchten, um den
Untergang der CS zu verhindern. Da-
bei kam auf Nachfrage auch ein De-
tail zur Sprache, das entscheidend
zum Untergang beitrug und über das
die SonntagsZeitung am 2. April 2023
erstmals berichtete.
Blenden wir zurück: Als die Credit
Suisse im Juli 2022 den Abgang von
CEO Thomas Gottstein besiegelte,
stellte die neue Führung um Verwal-
tungsratspräsident Axel Lehmann
und Ulrich Körner einen Plan vor, der
die schlingernde Bank stabilisieren
sollte: Sie versprachen eine «umfas-
sende strategische Überprüfung».
Unter anderem sollte das ewig ver-
lustschreibende Investmentbanking
massiv heruntergefahren werden.
Drei Monate gaben sich die neuen
Herren Zeit, um die Details vorzustel-
len. Dann herrschte gegenüber der
Öffentlichkeit eine gespenstische
Ruhe. Der Aktienkurs stürzte ab, die
Kundinnen und Kunden zogen im
Oktober 80 Milliarden Franken ab,
und erst Ende Oktober 2022 verkün-
deten Lehmann und Körner einen
wirren Sanierungsplan, den niemand
verstand.
Wie Körner und Lehmann gegenüber
der PUK sagten, hatte dies einen
Grund. Im September 2022 kam es zu
einem fatalen Meeting zwischen der
Finanzmarktaufsicht Finma und der
CS-Führung. Damals legte die CS-
Führung einen Plan vor, der zeigte,
dass sie einen grossen Teil des US-
Geschäfts für über 5 Milliarden Fran-
ken an den Investmentfonds Apollo
hätte verkaufen können. Das hätte die
CS vielleicht gerettet. Doch die Fin-
ma gab ihre Bewilligung nicht. Das
Problem waren die Bewertung der
US-Tochter, die notorische Unterka-
pitalisierung der CS-AG sowie buch-
halterische Vorschriften.
Ein verheerender
Swiss Finish?
Für den Schweizer Regulator, die Fin-
ma, errechnete sich das notwendige
Eigenkapital nicht wie international
üblich gemäss der konsolidierten Bi-
lanz, sondern anhand der Bewertung
der Tochtergesellschaften der Credit
Suisse AG, abzüglich der Schulden.
Wie viel eine Tochtergesellschaft wert
ist, das ist wiederum abhängig von
den zukünftigen Gewinnen, genauer
gesagt von den künftigen Cashflows.
Wenn nun ein Geschäft herunterge-
fahren wird, macht es logischerwei-
se auch keinen Gewinn mehr und
muss auf null abgeschrieben werden.
Das war zwar nicht ganz so krass,
denn ein kleiner Teil der Investment-
bank wäre weitergeführt worden,
aber der Effekt war enorm.
Dummerweise war also die Invest-
mentbank, obwohl seit Jahren defi-
zitär, in der so erstellten Bilanz viel
höher bewertet als die gut 5 Milliar-
den Franken, welche Apollo für das
von ihr übernommene Geschäft zah-
len wollte. Aber die CS-Buchhalter sa-
hen eine Lösung: Wenn ihnen nur die
Finma bewilligt hätte, statt nach der
Schweizer Methode nach internatio-
nalen Standards zu bilanzieren, hät-
ten sie mit einem Schlag genügend
Eigenkapital. Und tatsächlich, es ging
Wirtschaft
Untersuchungskommission antraben:
Axel P. Lehmann (links) und CEO Ulrich
Übt harte Kritik: Bundesrätin
Karin Keller-Sutter. Foto: Keystone
um viel: Laut Geschäftsbericht hätte
das massgebende Eigenkapital nach
internationalen Regeln 48 Milliarden
Franken betragen, laut dem Swiss Fi-
nish aber nur 16 Milliarden Franken.
Doch die Finma machte der CS
einen Strich durch die Rechnung und
liess den Bilanztrick nicht zu – zu
viele Ausnahmen hatte die CS in den
letzten 30 Jahren wegen ihrer noto-
rischen Unterkapitalisierung zuge-
standen erhalten. «Nicht jede Strate-
gie ist finanzierbar», sagte der dama-
lige Finma-Chef Urban Angehrn vor
Jahresfrist zur SonntagsZeitung. Und
weiter: «Klar ist, die Finma unter-
stützte ausdrücklich und auch öffent-
lich die Strategie des Risikoabbaus
in der Investmentbank. Aber es gibt
bei der Finanzierung regulatorische
Grenzen.»
In der parlamentarischen Unter-
suchungskommission wollten Leh-
mann und Körner auch nicht explizit
auf die Finma losgehen. Dass ihr Plan
scheiterte, bedauerten sie allerdings
schon. Und letztlich führte das Veto
der Finma dazu, dass die CS im No-
vember eine umstrittene Kapitaler-
höhung durchführen musste, die zu
einem Kurssturz führte, von dem sich
die Bank nicht mehr erholte. Aber
schlussendlich, so das Fazit der bei-
den CS-Chefs, sei es zu spät gewesen,
zu gross das Missmanagement durch
Mussten vor der parlamentarischen
Der frühere Credit-Suisse-Präsident
Körner. Foto: Michael Buholzer (Keystone)
ihre Vorgänger. Gemeint waren, auch
wenn das nicht ausgesprochen wur-
de: ihre Vorgänger Urs Rohner, Tho-
mas Gottstein und Tidjane Thiam.
Die PUK-Mitglieder haben Leh-
mann und Körner ihre Darstellung
weitgehend abgenommen. Kritische
Fragen gab es danach nicht mehr. Ins-
besondere stellt sich ja die Frage, wa-
rum denn die CS damals nicht um
staatliche Hilfe ersucht hat. Denn im-
merhin war jedem klar, dass der un-
kontrollierte Kollaps der Bank in der
Schweiz zu massiven wirtschaftli-
chen Probleme geführt hätte. Eben-
so wenig war ein Thema, warum die
CS-Führung zugelassen hat, dass
zwei Verwaltungsratsmitglieder vom
später vorgestellten Sanierungsplan
persönlich massiv profitiert hatten.
Stattgefunden hat die Sitzung al-
lerdings, bevor Ueli Maurer in der
SonntagsZeitung ausführte, dass die
beiden Anfang November 2022 eine
staatliche Rettung abgelehnt hätten.
Letzten Sonntag legte auch Karin Kel-
ler-Sutter im Gespräch mit dem NZZ-
TV nach.
Karin Keller-Sutter: Die Politik
musste die Suppe auslöffeln
Sie sagte auf Nachfrage des Intervie-
wers: «Wo Sie sicher recht haben, ist,
dass, wenn es zu einem früheren Zeit-
punkt und unter normalen Bedin-
gungen zu einer Fusion gekommen
wäre, uns die Notfallübung (vom
19. März 2023) vielleicht erspart ge-
blieben wäre.» Und weiter: «Wir (die
Politik) haben am Schluss die Suppe
ausgelöffelt für unternehmerisches
Versagen einer Grossbank, das heisst
ihre Leitung, der Verwaltungsrat und
die Geschäftsleitung. Vielleicht hät-
ten diese Leute auch früher sehen sol-
len, dass es so nicht weitergeht», und
entsprechend handeln sollen.
Wenn die PUK mehr bringen soll
als nur die Rechtfertigung des Versa-
gens der CS-Führung, dann sollten
ihre Mitglieder diese Fragen dringend
den Verantwortlichen stellen.
35
UBS verlangt
Schwärzung des
Weko-Berichts
Monopolstellung Die UBS
will, dass das Verdikt über
die Übernahme der CS
teilweise geschwärzt wird.
Jeder Honeymoon geht einmal zu
Ende. Das musste diese Woche
UBS-Chef Sergio Ermotti erfah-
ren. Letzten Dienstag war es so
weit. Über 7 Prozent brachen die
Aktien der neuen Megabank ein,
nachdem sie die Jahresergebnis-
se präsentiert hatte. Unter den
grössten Aktien der Schweiz hat
sie seit Anfang Jahr den schlech-
testen Verlauf, nachdem sie noch
letztes Jahr der Börsenstar war.
Grund für den Einbruch ist,
dass das Geschäft nicht läuft. Zwar
wies die UBS mit 29 Milliarden
Franken einen Rekordgewinn aus,
doch der entstand praktisch nur,
weil sie die CS für den Schnäpp-
chenpreis von 3 Milliarden Fran-
ken kaufen konnte und einen
Buchgewinn einfuhr. Die Schwei-
zer Einheit brillierte zwar vor al-
lem darum, weil die Zinsen für
Hypotheken hochgingen, aber die
Sparzinsen praktisch nicht. Das
übrige Geschäft erlitt einen Ge-
winneinbruch. Damit sich das än-
dert, sollen die Kosten gesenkt
und an möglichst vielen Orten die
Preise erhöht werden.
Finma prüft alles nochmals
Dort, wo es Konkurrenz gibt, ist
das wohl nicht so einfach. Bei der
Übernahme gab es aber gewich-
tige Stimmen, wie etwa den Prä-
sidenten der FDP, der befürchte-
te, dass die UBS ihre Marktmacht
ausnützen könnte. Mehr oder we-
niger unbestritten ist, dass die
UBS dank der CS-Übernahme
zum Beispiel bei grossen Firmen-
krediten (syndizierte Kredite) oder
im grenzüberschreitenden Ge-
schäft mit Firmenkunden eine
monopolähnliche Stellung hat.
Für die exportabhängige Schwei-
zer Wirtschaft ist es aber enorm
wichtig, dass da die Unternehmen
gute Konditionen haben. Darum
hat die Wettbewerbskommission
(Weko) den Deal untersucht.
Normalerweise wäre längst
publik, was das Fazit derWeko ist,
ebenso die Konsequenzen, die sie
verfügt. Doch die Übernahme der
CS durch die UBS war kein nor-
maler Deal. Die Behörden nutzten
eine Ausnahmeregelung im
Schweizer Kartellrecht, die nur bei
Zusammenschlüssen von Banken
gilt. In so einem Fall kann die Fi-
nanzmarktaufsicht (Finma) die
Zuständigkeit für die Prüfung der
Transaktion an sich ziehen und
dabei den Gläubigerschutz höher
gewichten als den Wettbewerb.
Laut Angaben von Frank Stüs-
si, stellvertretender Direktor, hat
die Weko ihren Bericht Ende Ok-
tober auch bei der Finma einge-
reicht. Wenn diese entschieden
hat, welche der Massnahmen sie
umsetzt, muss er veröffentlicht
werden. Seither passierte nichts.
Offenbar prüft die Finma alles
nochmals, wie ihr Sprecher sagt.
Wann endlich das Resultat der
Finma und damit zwingend auch
der Weko-Bericht veröffentlicht
wird, will er nicht sagen.
Es gibt noch einen Neben-
schauplatz, der laut Insidern alles
verzögert: die zwingend vorge-
schriebene Publikation des Weko-
Berichts. «Die UBS hat beantragt,
dass Geschäftsgeheimnisse und
Kundeninformationen im Bericht
geschwärzt werden», bestätigt
UBS-Sprecher Tobias Plangg. Je-
doch bestreitet er, dass es sich
dabei um eine Blockade handelt.
Doch im Resultat führt das dazu,
dass die UBS bald ein Jahr nach
der Fusion ihre Marktmacht aus-
spielen und Fakten schaffen kann.
Arthur Rutishauser
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Edith Hollenstein
Die KI-Revolution verändert
nicht nur den Arbeitsmarkt. Sie
wird auch zum Problem für die
Umwelt. Denn im Hintergrund
basiert die Technologie auf Tau-
senden spezialisierter Compu-
terchips. Sie werden in den kom-
menden Jahren immense Men-
gen an Strom verbrauchen.
Das betrifft auch die Schweiz.
Denn hier werden KI-Anwendun-
gen von Privatpersonen häufig
genutzt. Jede einzelne Abfrage
bei Chat-GPT verbraucht viel
mehr Strom als eine herkömm-
liche Google-Suche. Fachleuten
zufolge erhöht sich der Energie-
verbrauch um mehr als das
Zehnfache, wenn zunehmend
generative KI in Suchmaschinen
etwa von Google und Microsoft
eingebaut wird. Bei Anwendun-
gen, die Fotos und Videos gene-
rieren, ist der Stromverbrauch
nochmals höher.
Schweizer Supercomputer
bald in Vollbetrieb
Viel Strom wird nötig, weil auch
grosse Firmen wie ABB, Mobili-
ar und Vontobel vermehrt künst-
liche Intelligenz einsetzen. Sie
trainieren Sprachmodelle mit
ihren eigenen Daten und nutzen
diese, um in verschiedenen Be-
reichen effizienter zu werden.
Dieses Training ist besonders
rechenintensiv.
Das zeigt sich bei den grossen
Stromkonzernen. «Die immer
stärkere Nutzung von KI wird den
Strombedarf zusätzlich ansteigen
lassen, davon sind wir über-
zeugt», sagt Alpiq-Sprecherin Va-
lérie Gerl. Auch die Axpo geht da-
von aus, dass KI «sicherlich einen
Beitrag zu den Steigerungen der
Energiemengen» leisten wird, wie
Sprecherin Jeanette Schranz sagt.
Konkrete Zahlen zu Szenari-
en nennen die Stromversorger
nicht. Es sei schwierig zu eruie-
ren, welchen Anteil KI am stei-
genden Strombedarf habe, so
Schranz.
Darüber hinaus nutzen die
Schweizer Hochschulen künstli-
che Intelligenz im grossen Stil.
«KI ist ein massiver Stromfres-
ser», sagt Michael Hengartner,
Präsident des ETH-Rats. Die ETH
Zürich habe «Millionenbeträge
an erhöhten Stromkosten, die
durch KI-Anwendungen nötig
werden». Hengartner ist über-
zeugt: «Wenn viele Menschen auf
der Welt KI nutzen, ist der Strom-
bedarf gigantisch.»
Im Frühling nimmt die ETH
den neuen Alps-Supercomputer
am Swiss National Supercompu-
ting Centre (CSCS) in Lugano voll-
ständig in Betrieb. Sie hat dafür
schon vor mehreren Jahren über
10’000 hochleistungsfähige Gra-
fikprozessoren bei der Firma Nvi-
dia kaufen können. «Zum Glück»,
sagt Hengartner. Solche Prozes-
soren kosten aufgrund der im-
mensen Nachfrage weltweit der-
zeit bis zu hunderttausend Fran-
ken und haben lange Lieferfristen.
KI-Revolution erhöht Stromverbrauch massiv
Weltweiter Strombedarf von Rechenzentren, KI, Kryptowährungen, in TWh
Minimal-Szenario Basis-Szenario
1200
1000
800
600
400
200
2019 2020 2021 2022
Drei Szenarien, denn der Bedarf variiert je nach Tempo der Effizienz-
verbesserungen der Rechenzentren sowie der Entwicklung von KI
Grafik: eh, vif / Quelle: IEA
KI kann
Emissionen auch
reduzieren, indem
sie Systeme
effizienter macht.
Wenn die Alps-Anlage fertig ist,
wird sie zu den weltweit leis-
tungsstärksten Computern für
KI-Anwendungen gehören – und
das braucht viel Energie. Alps
werde schätzungsweise dreimal
mehr Stromleistung verbrauchen
als Piz Daint, das Vorgängermo-
dell, sagt Thomas Schulthess,
Chef des CSCS. Er weist darauf
hin, dass gleichzeitig die Rechen-
leistung «um mindestens das
Zehnfache» zunehmen werde.
Der Stromverbrauch von Alps
sei zwar gross, doch man müsse
die Verhältnisse sehen. Bei voller
Leistung, wenn eine Computer-
rechnung alle 10’000 Grace Hop-
Maximal-Szenario
2023 2024 2025 2026
per Superchips maximal bean-
sprucht, benötige Alps gleich viel
Strom wie zwei Lokomotiven, die
den Gotthard rauffahren.
KI braucht 2026 so viel
Strom wie Deutschland
Die Internationale Energieagen-
tur (IEA) prognostiziert in ihrem
neusten Bericht vom Januar, dass
die KI-Industrie im Jahr 2026
zehnmal so viel Strom verbrau-
chen könnte wie im vergangenen
Jahr. Weil auch der Verbrauch von
Krypto steigt, könnten die welt-
weiten Rechenzentren dann mehr
als 1000 Terawattstunden Strom
benötigen, so die IEA. Im Mini-
malszenario entspräche der
Mehrbedarf dem jährlichen
Stromverbrauch von Schweden,
im Maximalszenario demjenigen
von Deutschland.
Die rund 90 Rechenzentren in
der Schweiz beanspruchen schät-
zungsweise 5 bis 6 Prozent des
gesamten Strombedarfs. Adrian
Altenburger, Professor an der
Hochschule Luzern hat im Jahr
2021 den künftigen Strombedarf
von Schweizer Rechenzentren
Strombedarf der Schweiz
ist leicht rückläufig
Endverbrauch in Terawattstunden
60
59
58
57
56
2014 2017 2020* 2023**
* Pandemie; ** provisorische
Schätzung
Grafik: vif / Quelle: BFE, Energiestatistik
Chat-GPT
erhöhe
den Energie
massiv
Stromfresser KI Die Schweizer Rechenzen
Strom als bisher angenommen. Der G
der künstlichen Intell
berechnet, dabei jedoch den sich
nun abzeichnenden zusätzlichen
Strombedarf durch KI-Anwen-
dungen noch nicht adäquat
berücksichtigt.
Eine genaue Prognose sei ak-
tuell schwierig, sagt Altenburger.
Er schätzt, dass der Strombedarf
der Schweizer Rechenzentren
durch KI-Anwendungen im Jahr
2030 rund 8 Terawattstunden
ausmachen werde – vorausge-
setzt, die Stromverteilungs-
infrastruktur kann überhaupt
entsprechend aufgebaut werden.
Das wäre knapp viermal so viel
wie im Jahr 2019. Damals mach-
ten Rechenzentren 3,6 Prozent an
den rund 57 Terawattstunden
Gesamtstromverbrauch aus. In
sechs Jahren wären es gemäss Al-
tenburgers Prognose 15 Prozent.
Insgesamt ist der Stromver-
brauch der Schweiz in den ver-
gangenen Jahren leicht zurück-
gegangen. Weil gleichzeitig die
Bevölkerung gewachsen ist, ver-
ringerte sich der Pro-Kopf-
Stromverbrauch. Die Richtung
stimmt also, denn das Energie-
gesetz des Bundes strebt eine
deutliche Senkung an.
Ob es so weitergeht, ist offen.
Auch der Bund rechnet damit,
dass aufgrund der Dekarbonisie-
rung, mit der das Netto-null-
Treibhausgasziel bis 2050 er-
reicht werden soll, in den nächs-
ten Jahren die Stromnachfrage
deutlich zunehmen wird.
Was bedeutet dieser Mehrbe-
darf für die Umweltbemühungen?
Erhöht sich dadurch der CO2-Aus-
stoss? Hierbei ist entscheidend,
wie der Strom erzeugt wird.
Die IEA geht davon aus, dass
nie mehr so viel CO2 für die
Stromerzeugung ausgestossen
wird wie letztes Jahr. Der Höhe-
punkt sei erreicht. Doch in abseh-
barer Zukunft würden die Emis-
sionen im Stromsektor nur lang-
sam sinken. Die Organisation
rechnet mit einem jährlichen Mi-
nus von rund 1 Prozent bis 2026.
Immerhin werde der Zuwachs der
Stromnachfrage in den kommen-
den drei Jahren komplett durch
erneuerbare Energie und Atom-
strom gedeckt, so die IEA.
Dabei kann KI allerdings auch
Emissionen reduzieren, indem sie
Systeme effizienter macht – bei-
spielsweise den Flugverkehr.
Oder sie kann den Wirkungsgrad
von Rechenzentren erhöhen. Das
CSCS von Professor Schulthess in
Lugano will damit Dürren und
Überschwemmungen früher vor-
hersagen, sodass weniger Schä-
den entstehen.
KI-Star setzt sich
für Kernenergie ein
Das Streben nach weniger CO2-
Emissionen könnte der Atom-
kraft neuen Schub verleihen.
IEA-Direktor Fatih Birol hält die
Nuklearenergie für unverzicht-
bar, um das Klimaziel von netto
null zu erreichen. Atomkraft leis-
te einen wichtigen Beitrag, sag-
te er jüngst am Weltwirtschafts-
forum WEF.
In Davos machte sich auch KI-
Star Sam Altman für Kernener-
gie stark. Er ist Gründer und Chef
von Open AI, der Firma hinter
Chat-GPT. Dass Open AI inzwi-
schen fast zur Hälfte Microsoft
gehört, hat damit zu tun, dass
das Unternehmen einen finanz-
kräftigen Partner brauchte, der
die nötige Rechenleistung bereit-
stellt. Wird die Stromproduktion
zum limitierenden Faktor für
Chat-GPT & Co.?
Ohne Kernfusion werde es
nicht möglich sein, die stromin-
tensive KI weltweit massenhaft
anzuwenden, sagte Altman an ei-
ner Diskussionsveranstaltung
am Rande des WEF. «Ich sehe
keinen anderen Weg, wie wir die
massive Stromnachfrage befrie-
digen können.»

& Co
en
ebedarf
v
ntren brauchen viel mehr
Grund: das Wachstum
ligenz.
«Wir müssen realistisch sein»
Thomas Schulthess Die Schweiz sollte Rechenkapazitäten ins Ausland verlegen,
fordert der Chef des Nationalen Hochleistungsrechenzentrums.
Herr Schulthess, wenn KI viel
Energie braucht: Warum lohnt
sich ihr Einsatz überhaupt?
Man muss sich bewusst sein: Ein
Mensch wächst von Kind an über
mehrere Jahrzehnte auf und lernt
mit einem Gehirn, das rund
30 Watt verbraucht. Der ganze
Körper, ohne den das Gehirn gar
nicht funktionieren würde,
braucht etwa 100 Watt. Um aber
leben zu können, verbrauchen wir
in der Schweiz durchschnittlich
etwa 5000 Watt pro Person. Über
30 Jahre verbrauchen wir Schwei-
zerinnen und Schweizer also etwa
1,3 Gigawattstunden. Das ent-
spricht etwa der Energie, um ein
grosses Modell wie Chat-GPT für
KI zu trainieren.
Wo aber liegen die Vorteile?
Ein fertig trainiertes Modell nützt
vielen Menschen oder Firmen, ist
also viel wert. Selbstverständlich
lässt sich die Art, wie und was ein
Mensch lernt, nicht direkt mit der-
jenigen des Computers verglei-
chen. Doch es ist klar: Die ganze
elektronische Informationsverar-
beitung kostet momentan sehr
viel Geld. Sie wird den Ressour-
cenbedarf massiv ansteigen las-
sen in den kommenden Jahren.
Gleichzeitig soll die
Dekarbonisierung möglichst
schnell vorangehen. Müssen wir
für Fortschritte durch KI
Schäden beim Umweltschutz
hinnehmen?
Es ist so: Nicht nur KI und Hoch-
leistungsrechner brauchen gros-
se Mengen an Strom, sondern
auch die Mobilität, die zuneh-
mend von Verbrenner- auf Elek-
tromotoren umstellen soll. Das
heisst für uns als Gesellschaft: Wir
müssen uns überlegen, wie wir
die Probleme mit dem steigenden
Strombedarf lösen können.
Wo sehen Sie die Lösung?
Wir sollten Rechenkapazitäten
ins Ausland verlegen – dorthin,
wo Strom nicht so umkämpft ist
wie bei uns in Mitteleuropa. Vor
einigen Jahren haben wir eine In-
itiative ins Leben gerufen, die eine
Kooperation mit den Ländern in
Nordeuropa vorsah. Finnland,
Norwegen und Schweden haben
fernab der Städte grosse Wasser-
kraftvorkommen, die bereits in-
stalliert sind und früher etwa
Minen oder Papierfabriken mit
Strom versorgten. Die Schweiz
sollte helfen, die Strominfra-
struktur im Norden Europas für
wissenschaftliches Rechnen bes-
ser nutzbar zu machen.
Wo steht diese Initiative heute?
Das Konsortium, das wir mit den
Finnen ins Leben gerufen ha-
ben, heisst «Lumi» («Large
Unified Modern Infras-
tructure») und umfasst
derzeit zehn Länder. Unter
der Führung von Lumi
wurde in Finnland in ei-
ner ehemaligen Papier-
fabrik ein Rechencen-
ter errichtet.
Warum in
einer früheren
Papierfabrik?
Der Standort passt
perfekt und er ist
kostengünstig. Die
Fabrikhalle und die
zugehörige Strom-
produktions- und
Kühlinfrastruktur
Wirtschaft
standen bereits. Anstatt Papier-
maschinen stehen dort jetzt rei-
henweise Serverschränke mit
Tausenden Rechnern. Solche
Projekte sollte es mehr geben.
Doch seit die Schweiz aus den
Verhandlungen über das Rah-
menabkommen mit der EU aus-
gestiegen ist, piesackt uns die von
der EU kontrollierte Dachorgani-
sation von Lumi, und wir können
uns nicht mehr voll einbringen.
Das ist schade.
In der Schweiz stehen an
die 90 Rechencenter. Sollen
sie Ihrer Ansicht nach alle ins
Ausland verlegt werden?
Nein, aber wir müssen realistisch
sein: Wir werden in der Schweiz
niemals Rechencenter mit einer
Leistung von mehreren 100 Me-
gawatt betreiben wie die führen-
den Techfirmen wie Microsoft
oder Google. Wir müssen unsere
lokalen Ressourcen auf innova-
tive Pilotprojekte konzentrie-
ren und sie in ein grösseres
Netzwerk mit unseren nor-
dischen Partnern für die
Produktion integrieren.
Am CSCS werden Sie
bald einen neuen
Supercomputer in
Betrieb nehmen.
Wozu dient er?
«Alps» ist kein
einzelner Rech-
ner im klassi-
Thomas C.
Schulthess ist
überzeigt vom
Mehrwert von KI
Foto: PD
schen Sinn, sondern eine ganze
Infrastruktur, in Partitionen auf-
geteilt, die unabhängig vonein-
ander mittels Software auf Ein-
zelbedürfnisse der Benutzer ein-
gestellt werden können – von der
Architektur her wie eine Cloud.
Die Hauptanlage steht in Lugano.
Wir können laufend Anlagen an
anderen Standorten hinzufügen,
derzeit an der EPFL in Lausanne.
Auf «Alps» laufen bereits Dienst-
leistungen für Meteo Schweiz
oder die Uni Zürich. Gleichzeitig
sind wir daran, die Kapazität sig-
nifikant zu erweitern – etwa mit
mehr als 10’000 KI-fähigen Nvi-
dia-Prozessoren.
Wofür braucht es diese
Hochleistungsprozessoren?
Wir werden Simulationen etwa
in Astronomie, Physik, Chemie,
Biologie, Seismologie oder in den
Umweltwissenschaften wie Wet-
ter und Klima mit massiv mehr
Leistung durchführen können.
Gleichzeitig können wir diese
Prozessoren für KI-Anwendun-
gen nutzen, also etwa für das
Trainieren neuronaler Netze.
Diese werden für Sprachmodel-
le wie Chat-GPT gebraucht und
in den Naturwissenschaften für
die Verbesserung der Qualität der
Ergebnisse. Das ist ein grossar-
tiger Nebeneffekt dieser Ent-
wicklung. Ich bin begeistert über
die Möglichkeiten, die wir mit
«Alps» haben. Die Erkenntnisse
werden Start-ups voranbringen
und helfen den Schweizer Fir-
men, effizienter zu werden und
ihre Produkte zu verbessern.
Edith Hollenstein
37
Bürohr
«Der Druck ist
schon gross,
oder?», fragt der
SRF-Mann den
UBS-Chef im
«Gredig direkt»
mit verständnis-
vollem Blick.
Um gleich therapeutisch fortzufahren: «Den Druck
machen Sie sich ja auch selber.» Urs Gredig (links)
schmeichelt Sergio Ermotti: «Das tönt nach Mission
Impossible.» Und gipfelt im erhöhten Vergleich: «Der
Tom Cruise der Schweizer Finanzindustrie.» Die
folgenden Steilpässe könnten von Ciriaco Sforza sein:
«Es ist schon schwierig, oder?», «wie zufrieden sind
Sie?», «wie zuversichtlich sind Sie?» Der Tessiner
nimmt dankend an: «Wir sind sehr zufrieden … wir
wollen das Beste machen aus zwei Banken.» Die
ersten zehn Minuten sind nicht «Gredig direkt»,
sondern «Gredigs Kuscheltherapie».
Die beiden passen auf den ersten Blick nicht zusam-
men: auf der einen Seite der grüne Wirtschaftsminister
Robert Habeck, auf der anderen der Schweizer
Rohstoffkonzern Glencore, für
viele von Habecks Wählerinnen
und Wählern ein Feindbild. Und
doch wurde Habeck im Glencore-
Werk im norddeutschen Norden-
ham empfangen wie ein Held, und
er genoss den Empfang sichtlich.
Dutzende Mitarbeitende klatsch-
ten, als der Minister mit seiner
Entourage ankam. «Danke, Robert Habeck!» stand
auf einem Transparent, gezeichnet von Glencore,
«Wir stehen wieder unter Strom». Das Werk, in dem
750 Mitarbeitende Blei und Zink produzieren, stand
eine Weile still und konnte die Produktion im Herbst
wieder hochfahren, nachdem die Regierung den
Strompreis für die Industrie gedeckelt hatte. Damit
sicherte sie auch die Arbeitsplätze im Glencore-Werk.
Die SBB unter Chef Vincent Ducrot «empfehlen den
Reisenden für alle Verbindungen eine Sitzplatzreser-
vation». Besonders «zu den Hauptreisezeiten am
Gründonnerstagabend, am Karfreitagmorgen und am
Ostermontagnachmittag» gehen
sie von einer grossen Nachfrage
bei den Zügen durch den Gott-
hard-Basistunnel aus. Wer seine
Buchung inklusive Sitzplatzreser-
vation für die Ostertage abschlies-
sen will, wird allerdings ent-
täuscht: Fahrten lassen sich zwar
buchen, Sitzplätze hingegen nicht
auf allen Strecken. Die Kommunikation war schneller
als deren technische Umsetzung: «Gewisse Daten
sind leider noch nicht korrekt im Online-Fahrplan
hinterlegt. Dafür entschuldigen wir uns und beheben
dies so bald wie möglich», heisst es bei den SBB. So
kommt es bereits vor Reiseantritt zu Verzögerungen.
Zum Beginn der Wintersportferien steht es mit den
Schneebedingungen in den Alpen nicht überall zum
Besten. Sowieso ist die Zukunft des Wintersports im
Zuge der Klimaerwärmung ungewiss. Im Schweizer
Teil der sogenannten Silvretta-Arena in Samnaun wird
deshalb gleich mit der Zukunft
geworben. Wieso seine Füsse in
enge Skischuhe zwängen, einen
unförmigen Helm über die schöne
Frisur ziehen und die untrainierten
Beinmuskeln strapazieren, wenn
man doch auch in der Sonne
Dubais liegen könnte? Im Skige-
biet von Viktor Prinz, dem Direk-
tor der Bergbahnen Samnaun, wird direkt am Sessel-
lift auf über 2000 Metern grossflächig für Ferien in
Dubai geworben: «Next Station: Dubai – Go off-Piste
– Family Fun in the Sun». Schafft man sich hier selbst
ab, oder nimmt man bloss die Zukunft vorweg?
Wie die «Kronen Zeitung» berich-
tet, hat René Benko über seine
Privatstiftung letzten Juli ein
Springpferd für 2,38 Millionen
Euro gekauft – genau an dem Tag,
als der Gläubigerausschuss im
Konkursfall Kika/Leiner tagte. Dort
versprach Benkos Signa-Holding
dem österreichischen Staat 20 Millionen Euro, zahlte
aber nur 4, bevor sie selber zahlungsunfähig wurde.
Benko weiss Prioritäten zu setzen.
Die besten Abos der Schweiz
Leon Borer für Marianne Binder
In der Familie der SVP-Sekretärin gibt
es einen politischen Abweichler. Region
Mittwoch, 8. November 2023
AZ 5001 Aarau | Nr. 260 | 28. Jahrgang | Fr. 4.–
Aufnahmezentren in Albanien:
Italien rüttelt an einem Tabu
Die Nachbarländer der Schweiz verschärfen ihre Asylgesetze, besonders weit geht die Regierung in Rom.
Dominik Straub, Rom; Stefan Brändle,
Paris und Birgit Baumann, Berlin
Rund um die Schweiz geben immer
mehr Regierungen dem wachsenden
Druck im Asylwesen nach. Bei der Er-
schwerung der Einreise für Migrantin-
nen und Migranten geht die italienische
Regierung von Ministerpräsidentin Gi-
orgia Meloni sogar in bisher unbekann-
te Gewässer vor: Als erstes EU-Mitglied
lagert es seine Aufnahmezentren in
einen Drittstaat aus und sieht sich da-
mit in einer europäischen Vorreiterrol-
le. Gestern unterzeichneten Meloni
und Albaniens Regierungschef Edi
Rama in Rom eine entsprechende Ab-
Fussball-Boss hält an
Yakin und Grings fest
Nationalteams Erst die Kritik von Cap-
tain Granit Xhaka an der Trainingsge-
staltung, danach der irritierende Auf-
tritt beim 3:3 gegen Belarus: National-
trainer Murat Yakin steht ziemlich im
Gegenwind. Aber nicht nur er, sondern
auch sein Pendant im Nationalteam der
Frauen. Dieses hat unter der Leitung
von Inka Grings von den letzten 14 Spie-
len nur eines gewonnen. Der sportliche
Absturz ist besorgniserregend, weil in
eineinhalb Jahren die Heim-EM statt-
finden wird, wo man mit leidenschaft-
lichen Auftritten Goodwill für den
Frauenfussball schaffen will. Es kriselt
also im Schweizer Fussball. Und nun
nimmt Verbandspräsident Dominique
Blanc erstmals Stellung. (fsc) Sport
Asylzentren: Politik
will mehr Sicherheit
Migration Gegen den Willen des Regie-
rungsrats sowie von SP, Grünen, EVP
und GLP hat das Aargauer Parlament
einen Vorstoss überwiesen, der Mass-
nahmen für mehr Sicherheit bei kanto-
nalen Asylzentren verlangt. Auslöser
waren mehrere Delikte von Geflüchte-
ten im Raum Brugg, die insbesondere
bei Frauen und älteren Menschen dazu
Aargauer Zeitung
6 Wo. 30.– statt 168.–
LANGENTHALER TAGBLATT
AZ Bern, Nr. 180 | Preis: CHF 4.90 (inkl. 2,5% MwSt.)
Im Kanton Bern wohnen
Heute 12°/ 21°
Im Mittelland ist es zum Teil
recht sonnig, im Oberland
regnet es zuerst noch.
immer mehr Multimillionäre
Morgen 12°/ 15°
Das Wetter zeigt sich
verbreitet kühl, trüb und
wiederholt regnerisch.
Seite 33
Vermögensverteilung Die Schere zwischen Reich und Arm öffnet sich. Die Ungleichheit führe letztlich
Heute zum Aufstieg autoritärer Kräfte, warnt Soziologe Ueli Mäder.
Swiss Marketplace
Andres Marti / bw
Group zieht um
Stadt Bern Die Swiss Marketplace Über die Vermögen der Super-
Group, die Betreiberin von reichen im Kanton Bern ist we-
Scout24 und weiteren Internet- nig bekannt. Die Steuerverwal-
plattformen, ist in der Stadt Bern tung gibt keine Auskunft darü-
auf Bürosuche: Sie will mit ihrer ber, wie viele Milliardäre hier
Zweigstelle den heutigen Stand- leben. Auf die «Bilanz»-Liste der
ort Flamatt verlassen. Seite 5 300 Reichsten in der Schweiz
Der Ursprung eines
Naturparadieses Grosses Fest fürs kleine Dorf
Lauenensee Vor 75 Jahren ver-
hinderte die Lauener Bevölke-
rung den Bau eines Kraftwerks
im Geltental. Das war der Anfang
des Naturschutzgebietes rund
um den Lauenensee. Seite 7
Zwei Schweizer
im Visier der USA
Ruag-Affäre Zwei Schweizer sol-
len Kriegstechnologie an Russ-
land geliefert und Sanktionen
umgangen haben. Im Februar
wurden sie von den USA auf die
Sanktionsliste gesetzt. Seite 9
Die E-Mobil-Muffel
im Bundesrat
Autoflotte 2021 entschied Viola
Amherd, dass der Bund nur noch
reine Elektroautos für seinen
Fuhrpark anschafft. Doch im
Gremium gibt es einige hartnä-
ckige Verbrenner-Fans Seite 11
Trump zum dritten Mal
vor Gericht
Anklage Mit einer Mischung aus
Schadenfreude und Galgenhu-
mor wurde Donald Trump in
Washington empfangen, wo der
frühere US-Präsident auf un-
schuldig plädierte. Seite 17
Ditaji Kambundji
schnellste Europäerin
Hürdenlauf Zwölf Jahre hielt der
Schweizer Rekord von Lisa Urech
über 100 Meter Hürden Ditaji
BZ Langent a er Tag att
10 Wo. 44.– statt 140.–
Lara Skripitsky
Die neue Schweiz-Chefin von
McDonald’s verrät ihre Pläne.
Dienstag, 14. November 2023
AZ 6002 Luzern | Nr. 263 | Fr. 4.– luzernerzeitung.ch
Stadtrat will nicht in
CO2-Handel einsteigen
Luzern Soll die Stadt Luzern ihre jähr-
lichen Millionenüberschüsse für den
Kauf von CO2-Zertifikaten verwenden?
Nein, sagt der Stadtrat in seiner Ant-
wort auf eine Motion im Stadtparla-
ment. Dies wäre schon aus finanzpoli-
tischer Sicht problematisch: Ertrags-
überschüsse in der Jahresrechnung
sollten grundsätzlich ins Eigenkapital
fliessen. Auch umweltpolitisch setzt der
Stadtrat Fragezeichen: Wenn die Stadt
ihr CO2 kompensiert, indem sie anders-
wo Klimaprojekte finanziert, «wird sich
die einzelne Person vermutlich weniger
verantwortlich fühlen, ihre Emissionen
zu reduzieren, da sie davon ausgehen
kann, dass die Stadt die Kosten für ihr
Verhalten trägt», so der Stadtrat. (rk)
Kommentar 5. Spalte 19
Beteiligte beschuldigen
sich gegenseitig
Geuensee Was ist vor rund zwei Jah-
ren an einer Tankstelle in Geuensee tat-
sächlich passiert? Klar ist, dass bei
einem Streit zwischen zwei Personen-
gruppen ein 20-jähriger Kosovare ge-
tötet worden ist. Klar ist seit gestern
auch, dass sich die beiden Personen-
gruppen gegenseitig beschuldigen, die
Auseinandersetzung provoziert zu ha-
ben, während für sie selbst die Selbst-
verteidigung im Vordergrund gestan-
den habe. Das lässt sich aus den Aussa-
gen schliessen, welche die Beteiligten
vor dem Luzerner Kriminalgericht ge-
macht haben.
Licht ins Dunkel könnten die weite-
ren drei Prozesstage bringen. Der
nächste ist auf den kommenden Don-
nerstag angesetzt. (rgr/avd) 23
Bundesratswahl:
Aline Trede warnt SP
Grüne Am Sonntag verloren die Grü-
nen gleich zwei Ständeratssitze. Trotz
der schweren Niederlage halten sie an
ihrer Bundesratskandidatur fest. «Der
Kampfeswille der Fraktion ist riesen-
gross», sagt Aline Trede, Fraktionsche-
fin der Grünen. «Diese Legislatur ist
sehr entscheidend für das Klima und
die soziale Gerechtigkeit.»
Die Grünen erwarten aber von der
SP Unterstützung bei ihrer Kandidatur.
«Die SP sagte immer, man müsse die
absolute Mehrheit von SVP und FDP im
Bundesrat knacken», hält Trede fest.
«Und sie ging auch immer davon aus,
dass wir sie nicht angreifen.» Das wür-
Luzerner Zeitung
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Telefonbetrüger geschnappt
Kantonspolizei Aargau nimmt einen
Geldkurier aus Zürich fest. Region
aargauerzeitung.ch
sichtserklärung, welche die Einrichtung
zweier Aufnahmezentren auf albani-
schem Boden vorsieht. Dort sollen die
Asylanträge von über das Mittelmeer
Geflüchteten überprüft werden. Jedoch
sorgt sowohl in Italien als auch in Alba-
nien die Vereinbarung für Kritik.
Deutsche Regierung feiert
Einigung mit Bundesländern
Gleichzeitig drehen Deutschland und
Frankreich ebenfalls an der Asylschrau-
be: In Deutschland feierte die Ampel-
Regierung des Sozialdemokraten Olaf
Scholz am Dienstagvormittag den ge-
troffenen Asylkompromiss mit den
Bundesländern als grossen Wurf. In
E-Auto-Brand in Aarauer Tiefgarage
Samstag, 5. August 2023 Heute mit Stellenmarkt
LANGENTHALERTAGBLATT.CH
Der erste Fanclub
für Wälti und Co.?
Zwei Arsenal-Fans
schwärmen für Lia
Wälti. Sie wollen einen
Fanclub fürs Schweizer
Team gründen. 21
ZEITUNG FÜR DEN OBERAARGAU
schafften es im vergangenen Jahr
21 Berner. Ihr Gesamtvermögen
beläuft sich auf über 50 Milliar-
den Franken – rund vier Prozent
mehr als im Vorjahr.
Eine der wenigen Informati-
onen, welche die Finanzdirekti-
on offenlegen kann: Im Kanton
Bern wohnen immer mehr Mul-
Präzisionstechnik
Wie es Maku aus Buochs an die
7 Weltspitze geschafft hat. 9
Krankheitsfälle häufen
sich – oft ist es Covid-19
Die Spitaleinlieferungen steigen. Der Corona-Anstieg zeigt sich auch im Abwasser.
Bruno Knellwolf
An den Arbeitsplätzen, in den Schulen
und in der Freizeit in den Vereinen mel-
den sich immer mehr Menschen wegen
Krankheit ab. Im ganzen Land wird ge-
hustet, geschnäuzt und gefiebert. Die
Arztkonsultationen wegen akuter
Atemwegsinfektionen haben deutlich
zugenommen. Der Hauptgrund dafür
sind Coronainfektionen, gefolgt von In-
fektionen mit Rhinoviren.
Die Grippewelle ist dagegen noch
nicht gestartet. Die Influenzaviren kur-
sieren vergleichsweise wenig, einzig in
der Zentralschweiz lässt sich ein leich-
Eine Familie, eine Leidenschaft
Zoran Popovic (links) wird für seine Verdienste im Basketball mit dem Sportpreis
einer Nachtsitzung einigten sich Bund
und Länder nach monatelangem Streit
auf eine Systemumstellung bei der
Finanzierung der Flüchtlingskosten.
Vom kommenden Jahr an zahlt der
Bund für jeden Asylerstantragssteller
eine jährliche Pauschale von rund 7220
Franken und nicht mehr wie bisher eine
jährliche Gesamtsumme von derzeit
rund 3,56 Milliarden Franken.
Diese Regelung geht mit verschie-
denen Leistungskürzungen für Asylbe-
werber und schnelleren Abschiebungen
einher, welche die Absicht verfolgen,
die Anzahl der Aufgenommenen in
Deutschland drastisch zu reduzieren.
Und gemäss dem aktuellen italieni-
Wenn einem Kinder
den Rücken kehren
«Mama, ich will dich
nicht mehr sehen»:
Wie können Eltern mit
dem Kontaktabbruch
umgehen? 25
timillionäre mit steuerbaren Ver-
mögen von über 10 Millionen.
Ihre Anzahl verdoppelte sich in
den letzten zehn Jahren auf 1600.
Gleichzeitig ist die Armut in
der Schweiz, definiert über das
Einkommen, von 6,7 Prozent im
Jahr 2014 auf 8,5 Prozent im Jahr
2020 gestiegen.
Stadt Luzern
Die Palästina-Demo
hat ein Nachspiel. 19
Selina Witschonke
Die Luzerner Curlerin
spielt auf höchstem
Niveau. 31
ter Anstieg beobachten. Auch die RS-
Viren zirkulieren zurzeit noch kaum; im
vergangenen Winter hatte die Schweiz
eine ungewöhnlich frühe und starke
RS-Viren-Saison. Deswegen hatten die
Kinderspitäler Rekordzahlen an Hospi-
talisationen verzeichnet.
Fast so viele Viren im Abwasser
wie in früheren Wellen
Daraus lässt sich ableiten: Die aktuell
vielen Erkrankungen sind zu einem
grossen Teil auf eine ansteigende Co-
vid-19-Welle zurückzuführen. Gemäss
dem Bundesamt für Gesundheit (BAG)
zeigt sich das nicht in erster Linie an
DAS DEALE HE M
3 Au g 25 – a 30 –
cholehof.ch
Aarau
Feine Mittagsmenüs!
Elisabeth Bronfen
Die Professorin
veröffentlicht ihren
ersten Roman. Kultur
schen Vorbild will nun auch die Bun-
desregierung prüfen, ob Asylverfahren
ausserhalb Europas möglich sind.
In Frankreich schliesslich ringt
Staatspräsident Emmanuel Macron in
der Nationalversammlung um sein
neues Einwanderungsgesetz. Dadurch
soll das Recht auf Familienzusammen-
führung und auf unentgeltliche Arzthil-
fe drastisch eingeschränkt werden. Zu-
dem wird ein Minimum an Franzö-
sisch- und Staatskunde-Kenntnissen
für alle Zuwanderer obligatorisch. Zu-
gleich sollen aber Asylbewerber er-
leichterte Arbeitsbewilligungen für
Branchen erhalten, die unter Fachkräf-
temangel leiden. (bos) Schwerpunkt
Was bedeutet es, wenn die Sche-
re zwischen Arm und Reich auf-
geht? Verlegten ein paar Milliar-
däre ihren Wohnsitz in die
Schweiz, merke man im Alltag
nicht viel davon, sagt Isabel Mar-
tínez. Problematisch wird es aus
Sicht der ETH-Ökonomin aber,
wenn sich die Superreichen in
Cybersicherheit
Der Kanton Luzern hält sich
beim Thema bedeckt. 22
positiven Covid-Tests. Diese sind zu
wenig zahlreich, um aussagekräftig zu
sein. Seit Anfang Jahr sind die Tests
nicht mehr gratis. Klar zu erkennen ist
der Trend aber am Anstieg der Hospi-
talisationen von Patientinnen und Pa-
tienten mit oder wegen Sars-CoV-2.
Dass die Coronazahlen steigen,
sieht man auch im Abwasser. In 14 Klär-
anlagen analysiert das Wasserfor-
schungsinstitut Eawag Virenfragmente
in den Ausscheidungen der Schweizer
Bevölkerung. Nach dem aktuellsten
Update sind die Coronaviren-Mengen
nun fast überall so hoch wie in jeder frü-
heren Welle.
5
AUCH G NU
GESUND»
mit bis zu
70%
Mittwoch, 30. August 2023
Dienstag, 300000Zivilistenin Junge Kater
Gaza-Stadteingekesselt
3. Oktober 2023
Dulce aus
Katholiken
Nummer 229, 181. Jahrgang, AZ 4002 Basel
Fr. 4.50
Eine Flucht ist kaum mehr möglich – und jetzt
BERNEROBERLAENDER.CH
beginnt der gefürchtete Häuserkampf  Seite 6 machen eiskaltem
«Der Job ist meine So verändert sich Mit Secret Nature Bischöfen Fluss BERNERZEITUNG.CH
Mitten im Leben
Der Bündner Kandidat
«Guide Michelin»
Die Liste der
Ritterschlag
Frankreich würdigt
Ed Sheeran
Der Sänger versucht
Leidenschaft»
Beat Gerber ist der
Berndeutsch
Woher kommt der
verwachsen
Joachim Bühler ist der Dampf gerettet «Kann sein, dass da Von den Kindern Kabisfest trotz
Jon Pult (SP) will eine Sternerestaurants die Arbeit von Ines auf seinem neusten erfolgreichste SCB- grosse Stolz auf unsere Mann hinter dem Thu- noch mehr kommt» ausgetrickst Kabiskrise
Jungwacht Blauring
«entscheidend andere in den beiden Basel Goldbach, Direktorin Album, die schwachen Spieler überhaupt. Mundart, und was ner Laden Secret Na-
kritisiert die Korruptionsverdacht, Eltern stellen Regeln für Warum Thomas
Perspektive» in den wird länger – und birgt des Kunsthauses Lieder mit Tricks Nun ist der 41-Jährige droht von der Sprache ture. Dort dreht sich fast Kirchen-Obrigkeit: doppelt verkaufte iPad, Netflix und Co. Bühlmann das
Bundesrat einbringen. eine Überraschung. Baselland. zu verbessern. Materialwart. 17 verloren zu gehen? 7 alles um Pflanzen. 5 «Sie übernimmt Panzer: Jetzt äussert auf. Doch die Jung- Kabisfest in
2 16, 21 22 25 keine Verantwortung» sich VBS-Chefin Viola mannschaft greift tief Thurnen
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 Seiten 2-3 Amherd. 10/11 in die Trickkiste. 19 organisiert. 5
Kommentar
Heute 13° / 13° Schwergewichte in schwindelerregender Höhe
Ein Gerangel Stress im Beruf
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Arbeitnehmer
Geschäftsführerin
Es geht um das
Bei ganztags vielen Wolken Andrea Pfäffli.
Solarpark am
gibt es teils grosse Nieder-
YB erreicht Königsklasse
Wahlumfrage schlagsmengen.
übergeordnete Ziel
um Software
Heute 9°/ 20°
dürfte SVP freuen Morgen 8° / 11° Im Tagesverlauf wird es im
Jetzt sucht sein
Es herrscht ein Mix aus
Flachland recht sonnig bei
Berninapass
Der Volkspartei Sonne, Wolken und vorerst
rund 20 Grad.
Europa schlägt eine härtere Gangart
glückliches Frauchen die
für die E-ID
letzten Schauern.
in der Asylpolitik ein: Deutschland, winkt das drittbeste Morgen 10°/ 21°
bis vor kurzem noch Land der «Will-
Wahlresultat,
Seite 26
unbekannten Helden  Seite 8 Es stellt sich ein trockener
sind psychisch
droht das Aus
Mix aus Sonne und Wolken
kommenskultur», will neu im grossen
das sie je erzielt hat. ein.
geht los
Stil abschieben. Frankreich ist daran, Heute
Lennons Stimme
sein Einwanderungsgesetz markant Seite 4 Seite 26
zu verschärfen. Einen eigenen Weg Wie ein Budget gegen
geht Italien unter Premierministerin
Schulden helfen kann
aus demJenseits
Giorgia Meloni: Bereits im Frühling
Gemeinderat Graubünden Umweltverbände bekämpfen Heute
sollen in Albanien zwei italienische das Projekt – und in der Folge wenden sich Hotline Wie hat man sein Geld im Digitalisierung Die Passherstellerin Orell
Asylzentren eröffnet werden. Tausen- im Visier Griff? An der Hotline geben heu- Füssli möchte die Software entwickeln. Noch fehlt Geld fürs
sorgt fürWehmut
de Verfahren von auf dem Mittelmeer Energieversorger davon ab. te von 16 bis 19 Uhr zwei Exper-
Beachvolley-Center
In Bottmingen wird Doch der Bund hat andere Pläne.
erschöpft
geretteten Asylbewerbern sollen auf tinnen Ratschläge. (red)
der Vorwurf laut, Stadt Bern Im Weyermannshaus
den Balkan ausgelagert werden.
Stefan Häne auch das Elektrizitätswerk der 031 330 38 38 sollen neun neue Sandfelder für
Rechtlich ist die Sache heikel: Ein
der Umbau des Bus- Stadt Zürich definitiv ab. Aus- Iwan Städler / mhg druckt seit über hundert Jahren
Neuer Beatles-Song begeistert Beachvolleyball entstehen. Noch
und Trambahnhofs Am Berninapass im Kanton löser ist die «starke Opposition» Im Parkside wird bald die Banknoten. Und es hat be- MARTIN SCHMIDT UND den hat die psychische muss der Verein Beachvolley
ähnlicher Deal zwischen Grossbri-
tannien und Ruanda wurde von den
Graubünden soll ein grosses So- der Umweltverbände. Ein Rekurs Asiatisches aufgetischt Den Schweizer Pass und die reits Millionen für die Entwick- SARAH FRATTAROLI Erschöpfung sogar einen Schweizer Musikexperten  Letzte Seite Bern aber 1,5 Millionen Franken
werde vertuscht. larkraftwerk in Zukunft Strom von ihnen würde das Vorhaben Identitätskarte gibt es aus- lung der E-ID investiert. Doch der neuen Höchststand er- auftreiben, damit gebaut werden
Gerichten gestoppt. Auch moralisch für 20’000 Haushalte liefern – verzögern. Doch die Zeit drängt: Thun Tom Bleiker vom Eurasia schliesslich analog. Dies soll sich Bund möchte die Software weit- Zwei von fünf Angestell- reicht. Damit hat auch kann. Seite 4
kommen Zweifel auf: Entledigt sich Seite 19 das ist etwas mehr als die Hälfte Bis Ende 2025 müssen alpine wird neuer Pächter des Restau- nun ändern. Der Bundesrat will gehend selbst entwickeln, wie ten fühlen sich an ihrem die Burnout-Gefahr zu-
Europa hier seiner humanitären von dem, was nun beim Walliser Solaranlagen wie Berninasolar rants Parkside beim Grabengut. in den nächsten Wochen den Ge- Rolf Rauschenbach vom Bundes- Arbeitsplatz regelmässig genommen. Bäckerei führt Ende
Verantwortung, indem es Schutz- Solarpark Grengiols geplant ist. Spätestens ab August soll dort setzesentwurf für die Schweizer amt für Justiz sagt. Rauschen-
ersten Strom liefern, sonst erhal- gestresst. Zu diesem Während der Stress in selber herbei
suchende auf Distanz hält? «Hütchenspieler Doch das Projekt Berninasolar ist
gefährdet – obschon die Stimm-
ten sie vom Bund keine Förder-
gelder. Ohne diese Subvention
Asiatisches serviert werden. Un-
klar ist, was mit der Beiz am
E-ID ans Parlament verab-
schieden. Mit ihr soll man sich
bach erinnert an die Volksab-
stimmung von 2021. Damals
Ergebnis kommt das der öffentlichen Verwal-
Konkurs Bei Chrigu Beck in Burg-
«Barometer Gute Ar- tung als überschaubar er-
im Bundesrat»
Neue Studie zeigt,wie viele
Mühleplatz geschieht. Seite 5 künftig auch digital ausweisen hat eine deutliche Mehrheit von dorf, Lyssach und Ittigen gehen
Anstatt den Ansatz vorschnell zu
verteufeln, sollte man ihm aber eine
bevölkerung von Poschiavo es aber würde kaum jemand solche
können – unkompliziert, sicher 64 Prozent abgelehnt, dass pri- beit», mit dem Travail- achtet wird, setzt er den
die Lichter aus. Inhaber Christi-
Der Strafrechtler gutgeheissen hat. Anlagen bauen. suisse jedes Jahr die Zu- Angestellten im Gesund-
Mehr Testen im Kampf und schnell. Die Identifikation vate Unternehmen die E-ID aus-
Angestellte im Beruf leiden. Und in
Dem Initianten Michael Joerg Joerg kritisiert die Umweltver- an Friedli bestätigt, dass er die
Chance geben. Unter dem Eindruck friedenheit der Arbeit- heits- und Sozialwesen
des steigenden Asyldrucks sind in der Mark Pieth nimmt aus Zürich fehlt ein Elektrizitäts- bände: «Es reicht eine Rekurs- gegen Gonorrhö und Co. kann dann auch über das Smart- stellen. Entsprechend wird der
nehmer mit ihren Ar- sowie im Gastgewerbe
Bilanz der Bäckerei von sich aus
Rabatt!
phone erfolgen. Bund nun die E-ID herausgeben. deponiert hat. Seite 7
unternehmen, das Berninasolar androhung, und schon springen
EU in den vergangenen Jahren schon im Sissacher beitsbedingungen misst. und im Bereich Erzie-
welchen Branchen es besonders hart ist
Geschlechtskrankheiten Chlamy- Klar ist, dass der Bund die Der Bund möchte einen Gross-
baut und betreibt. Der Bündner Investoren ab.» Um Berninasolar Laut dem Dachver- hung besonders stark zu.
viele vermeintliche Tabus gefallen, dien und Gonorrhö sind auf dem E-ID herausgeben und betreiben teil der vorgesehenen Projekt-
ohne dass die Barbarei ausgebrochen Cheesmeyer kein Energieversorger Repower ist zu retten, zeigt er sich bereit, die
Vormarsch. Eine Zunahme regis- wird. Doch wer programmiert die kosten von 25 bis 30 Millionen band der Arbeitnehmen- u Seiten 4-5 Lukaschenkos Scherge
ausgestiegen, und nun winkt Anlage zu verkleinern. Seite 3 vor Gericht
wäre. Und: Albanien ist nicht Ruanda. Blatt vor den Mund. trieren auch die Berner Spitäler Software? Orell Füssli sieht sich Franken für die Software intern
Kann Italien eine ordentliche Umset- und Testcenter. Die Gründe sind als Pass- und Banknotenher- ausgeben. In Appenzell Ausser- Schweiz 1999 verschwanden in
Seite 21 Seite 8
Einfach
unterschiedlich. stellerin dafür prädestiniert. Das rhoden wird bald ein Pilotpro-
zung der Verfahren garantieren, muss Belarus Oppositionelle, ermor-
es einen Versuch wert sein. Das Enormer Widerstand gegen Heiko Vogel Unternehmen stellt das Sicher- jekt starten – ein elektronischer
det im Auftrag von Präsident Lu-
Die Gefahr eines heitspapier für den Pass her und Lernfahrausweis. Seite 11
oberste Ziel dabei lautet, die irregu- kaschenko. Ein Mitglied des
Nobelpreis Zweifrontenkriegs
gewaltig!
läre Migration in geordnete Bahnen FC Basel Der FCB befindet sich in gegen Lausanne-Ouchy im eige- Mordkommandos steht nun in
Zidane
zu lenken. Gerne auch mit kreativen der Schweiz vor Gericht. Seite 11
Ansätzen. Gelingt das nicht, ist näm-
für Medizin der schlimmsten sportlichen Kri-
se dieses Jahrtausends. Und ei-
nen Stadion 0:3 unterging, pfiff
ein Grossteil der Zuschauer laut-
Nahost Der Beschuss aus Liba-
non nimmt zu. In Israel mehren
Verdingt, Millionär, Kann Amtszwang
lich die Gefahr gross, dass der gesell- Katalin Karikó und ner steht bei aller Kritik von Fans stark: gegen die Spieler, gegen die (fast) pleite – und die Demokratie Söder stellt Aiwanger
schwärmt
sich Stimmen, die einen Schlag
schaftliche Konsens wegbricht und und Experten mit im Mittelpunkt: Club-Führung – aber auch gegen Fragenkatalog
das Asylrecht grundsätzlich infrage
Drew Weissman Sportchef und Bis-auf-weiteres- Vogel. Und der Druck wird so
gegen die Hizbollah fordern. Sie
soll über bis zu 150’000 Raketen wieder Millionär beleben? Orkantief Ciaran
wütet in England
München In der Affäre um ein
ermöglichten die Trainer Heiko Vogel, der nach der schnell nicht abnehmen. Bevor
von Celestini
gestellt wird. verfügen. Seite 14
Entlassung von Timo Schultz es in die Nationalmannschafts- antisemitisches Flugblatt erhöht
Thun Wer sich mit Fitness be- St. Stephan Die Obersimmenta- Fussball Die Young Boys schlagen Maccabi Haifa mit 3:0 und ziehen in die Champions League ein. Das Tor zur Königsklasse stiess
mRNA-Impfung wieder an der Seitenlinie steht. pause geht, trifft der FCB am
Einmal ein Elf fasst, kommt um den Namen ler Gemeinde muss wie andere und Frankreich der bayerische Ministerpräsident
Markus Söder den Druck auf Cedric Itten in der 23. Minute mit einem wuchtigen Kopfball auf, danach schossen die Israelis ein Eigentor, später erhöhte Filip Ugrinić.
gegen Covid-19. Nachdem Rotblau am Sonntag Sonntag auf YB. (tmü) Seite 32
oder ein Satyr sein Werner Kieser nicht herum. Sei- Kommunen auch dafür kämpfen,
seinen Stellvertreter Hubert Ai- Nun steht Bern vor glanzvollen Fussball-Nächten und YB vor Einnahmen von über 30 Millionen. (red) Seite 15 Foto: Urs Lindt/Freshfocus
ne «Kieser Training»-Kette ist in- genug Kandidierende für den Ge-
Seite 26 ANZEIGE Rollenspiele Absurde Gespräche ternational präsent und gilt vie- meinderat zu finden. Nun haben DerWeltmeister über wanger. Seite 13
EU-Aussenminister und skurrile Szenen: Fantasy- lerorts als Vorbild für die ganze sich die Behördenmitglieder in
den FCB-Trainer: «Fabio
Remo Hess Region trafen sich in Kiew Schweizer
Rollenspiele werden immer be-
liebter. In Bern fand ein solches
Branche. Der breiten Masse weit
weniger bekannt ist ein anderer
Lauenen umgehört. Diese Ge-
meinde verfügt schon seit 2001 macht Wunderwahr»  Sport
Weshalb Frankreich in
Afrika verhasst ist 34’000 Personen mehr als bisher erhalten Verbilligungen Neue Lehrberufe
remo.hess@chmedia.ch Event vor Livepublikum statt. Werner, der die Branche mindes- über ein Wahlsystem mit einem in Boombranchen
Unternehmen. Niger Mit ihrem harten Diskurs Krankenkassenprämien im Kanton Bern Die Kantonsregierung will, dass künftig mehr
«Ich habe zu spät Ukraine-Krieg Die Aussenminis-
terinnen und Aussenminister der Gründlich
Was fasziniert daran? Seite 19 tens ebenso intensiv geprägt hat
wie Kieser: der Thuner Werner
Vor- und Auswahlverfahren, das
es ermöglicht, an der Gemeinde- gegen die alte Kolonialmacht kit-
Personen aus dem Mittelstand Prämienverbilligungen erhalten.
Berufsbildung Wie die Berufswelt,
erkannt, dass EU-Staaten kamen gestern in
Kiew überraschend zu einem analysiert. Hilft der Wald Krebs. Sein Franchiseunterneh-
men war einst die grösste Fit-
versammlung jeweils drei Kan-
didierende pro Sitz vorzustellen. ZAHL DES TAGES
zeln die neuen Machthaber in Ni-
ger die ohnehin schon weitver-
muss sich auch die Berufsbil-
dung wandeln. So reagierten die
Sozialhilfe-Deckel das Klima retten?
277,6Mio
man viel mehr informellen, symbolträchtigen ness-Kette Europas. In einer Bio- St. Stephans Gemeindepräsident breiteten Ressentiments im jun-
gen Volk. Seite 14 Die Kostensteigerung im Ge- Mit dem Ausbau der Verbilligun- gen) Vergünstigungen bekommt. geht davon aus, dass zusätzlich
Branche und die Bildungsbehör-
den rasch auf den Solarboom.
muss geprüft werden Treffen zusammen. Das Timing Klimaerwärmung Steckt im Wald grafie blickt er nun zurück auf Albin Buchs, für den am 8. De-
machen muss, hätte angesichts der neuen Fra-
gezeichen um die Hilfe für die
ein viel grösseres Potenzial, den
Klimawandel zu entschärfen, als
Mürren Die neue Schilthornbahn nimmt Gestalt an: An den drei Zwischenstützen ein Leben als Verdingbub, der es
zum Millionär brachte, fast plei-
zember eine Nachfolge gewählt
werden muss, sieht viele Vortei- Netflix und Co. verlieren
sundheitswesen geht unge-
bremst weiter. Im ersten Halb-
gen will die Berner Regierung
«die Kaufkraft von vielen Fami-
In der teuersten Prämienregion,
also etwa der Stadt Bern, wären
34’300 Personen aus 8200 Haus-
halten die Kriterien erfüllen. Bei
Vor wenigen Wochen ist der
Lehrgang Solarinstallateur/So-
werden die je 14 Tonnen schweren Überfahrsättel montiert. Bei einem öffentli-
Existenzsicherung Wer im Aargau
Sozialhilfe bezieht, soll finanziell nicht
um Frauen Ukraine nicht besser sein kön-
nen. Es gibt Zweifel, wie lange
bisher angenommen? Forschen-
de der ETH Zürich kommen chen Besuchstag konnten die Gäste unter anderem das zur Hälfte in der Luft
teging, in den USA neu anfing –
und erst dann so richtig durch-
le im System – auch wenn je-
mand zur Wahl gezwungen wer-
erstmals Publikum jahr stiegen die Gesundheitskos-
ten im Kanton Bern um 10,5
lien bis in den unteren Mittel-
stand stärken», wie es Regie-
es 268 Franken pro Monat für die
gesamte Familie.
rund 10’000 Personen wird die
Prämienverbilligung zudem er-
larinstallateurin EFZ lanciert
worden. Die Auszubildenden ler-
besser fahren als jemand, der für sein
Geld arbeitet, findet FDP-Grossrat
zu fördern.» Wetterlage Obwohl bereits Herbstzeit ist, frönen die Bebbis weiterhin dem die USA ihre Militärhilfe fortset-
zen, und in der Slowakei hat der
zu diesem Schluss. Seite 21 hängende Gipfel-Drehrestaurant bestaunen. (bpm) Seite 6 Foto: Bruno Petroni startete. (maz) Seite 2 den kann. (sp) Seite 3 Fischer bringen sich vor
der englischen Stadt
Streamingdienste Nach Jahren des
Wachstums scheint in der
Prozent. Vor diesem Hintergrund
hat der Regierungsrat des Kan-
rungsrätin Evi Allemann (SP) for-
mulierte.
Die Bezugsberechtigten müs-
sen nichts unternehmen. Der
höht. Insgesamt werden 293’500
Personen Prämienverbilligun-
nen, Solarpanels auf die Dächer
zu montieren. Im Vergleich zu
schönen Wetter am Rhein und an den Buvetten Die aussergewöhnlichen F lk t i Si h h it Schweiz eine Streamingmüdig tons Bern entschieden dass er Konkret ist es nun möglich Anspruch wird von der Kantons gen erhalten Das entspricht früher reagieren die Berufsbil
Basler Zeitung Berner Oberländer Blick BZ Berner Zeitung
8 Wo. 33.– statt 108.– 10 Wo. 44.– statt 140.– 6 Wo. 35.– statt 108.– 10 Wo. 44.– statt 140.–
Samstag, 4. März 2023 | AZ 8021 Zürich | 187. Jahrgang, Nr. 53 | Fr. 4.30 | www.landbote.ch
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Dienstag, 14. November 2023 Wirtschaftsnews Politveteran Skandalautor Nicole Loeb
«Financial Times» Thomas Hanke, Michel Houellebecq Die Warenhaus-
und Bloomberg Muris abtretender sorgte oft für Chefin erklärt,
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tickten beim CS-Deal Präsident, blickt auf Provokation – nun wie sie ihr Business Mittwoch, 31. Mai 2023
am schnellsten. drei Jahrzehnte in der fühlt er sich selber trotz Krise profitabel Nr. 42 / 96. Jahrgang
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Warum? 11 Politik zurück. 19 verletzt. 29 halten will. 18 Fr. 6.90 | € 6.40 (im Ausland)
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den 80. Geburtstag. will das Handwerk Schweiz-Chefin Der CEO des Grossbäckers sieht Aryzta In Norwegen ist die erste mit grünem Der Anlagechef des Vermögensverwalters
Sein Thema ist das mit Greifvögeln in von MyDonald’s auf halber Strecke des Turnaround. Wasserstoff betriebene Fähre der Welt in Fisch Asset Management stellt sich auf
Happy End im Selbstverständnis der Region wie- verrät ihre
Fürs Gesamtjahr ist er positiv gestimmt. 7 Dienst gestellt worden. 8 einen markanten Abschwung ein. 19
Storchennest Duell mit dem Heimsieg über Alt-Stadtrat
der Schweiz. Kultur derbeleben. Region Pläne. Wirtschaft Co
ousin den Aufsteiger verstorben
Bald dürfte der Nestlé-CFO geht
Langenthaler Saamuel Ballet trifft Obschon der Der Winterthurer Der Schweiz droht
Das Comeback von Tech
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Der Finanz-
Jungstorch
191. Jahrgang | Fr. 4.–
mit dem FCW auf YB Abwehrchef fehlt, Albert Eggli hat sich Nestlé N
chef von
bzbasel.ch
nd seinen Cousin
un bezwingt Pfadi für sozial Schwache
ein Mietschock Kurs: 108.52 Fr.
FuW Swiss 50 Index ang.
Nestlé, Fran-
sein Nest çois-Xavier
verlassen. 2 Auurèle Amenda. Kreuzlingen sicher. eingesetzt. Viele Schweizer müssen sich erstmals seit
Jahren auf steigende Mietkosten für ihre Dank des Booms der künstlichen Intelligenz zieht US-Big-Tech dem Gesamtmarkt davon.
120
100
Roger, verlässt
den Nah-
311 30 3 Wohnungen einstellen. Bereits am Don- 80
rungsmittel-
In der Schweiz häufen sich die
Freitag, 31. März 2023 — 174. Jahrgang, Nr. 76 — Fr. 4.90 (inkl. 2,5% MwSt) nerstag erwarten Ökonomen, dass das konzern. Die
60
Das letzte Basler Kino Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) 20 21 22 23 geregelt, den-
Nachfolge ist
den Hypo-Referenzzins anhebt: von 1,25
seiner Art macht dicht
Quelle: Refinitiv / FuW
auf 1,5% – in den meisten Fällen mit Wir- noch wirft der
Krankheitsfälle: Oft ist es Corona Russische Hacker zielten auf Stadtwerk Winterthur will am
kung zum 1. Oktober. Der Satz ist ent- Abgang Fragen auf. Anleger haben
Kinosterben Eines der ersten wird das Immer mehr Vier Gemeinden, scheidend für die Entwicklung der Mieten am Dienstag mit Verkäufen auf die
Nachricht reagiert. SEITE 8
letzte sein. Das «Ciné Mascotte» beim
Bahnhof SBB schliesst – und damit das
Kinder gelten ein Werkbetrieb?
in laufenden Mietverträgen.
Der Referenzzins wird damit zum ers-
letzte Pornokino in Basel. Das Gebäude als lernschwach ten Mal seit seiner Einführung im Herbst
Starrag und Tornos
AKW Mühleberg und das EDA tiefen Gaspreis nicht rütteln
Abstimmung Am 16. April stimmen 2008 steigen (vgl Grafik). Zuvor war er im-
wird saniert, das Mietverhältnis wird be-
Die Spitaleinlieferungen steigen. Die aktuelle Coronawelle lässt sich auch im Abwasser erkennen. endet. Das «Mascotte» existiert seit Berner Schulen In Gesprächen mit
Altikon, Dinhard, Ellikon an der
Thur und Rickenbach über ei-
mer nur gesunken oder konstant geblie- prüfen Fusion
ben, wenn das BWO alle drei Monate den
1959. Ab Mitte der 1970er-Jahre wurden Lehrkräften ist eine Vermutung nen gemeinsamen Werkbetrieb aktuellen Satz bekanntgab. Mieter konn-
Die Maschinenbauer haben sich er-
im ursprünglich als Studiokino betriebe- oft zu hören: Der 2019 einge- ab. Dazu würde eine sogenann- folgreich restrukturiert. Der Zustand
ten deshalb oft eine Reduktion ihrer lau-
Bruno Knellwolf ter Anstieg beobachten. Auch die RS- nicht mehr gratis. Klar zu erkennen ist bis und mit 7. November sind die Coro- nen Lichtspielhaus auch erotische Strei- führte Lehrplan 21 habe dazu ge- te Interkommunale Anstalt, eine von Starrag, Tornos und Mikron
fenden Mieten verlangen. Die Ökonomen
Viren zirkulieren zurzeit noch kaum; im der Trend aber am Anstieg der Hospi- naviren-Mengen nun fast überall so fen gezeigt. 1978 kaufte der Schweizer ist gut. Nun erwägen Starrag und
An den Arbeitsplätzen, in den Schulen vergangenen Winter hatte die Schweiz talisationen von Patientinnen und Pa- hoch wie in jeder früheren Welle, wie Pornokönig Edouard Stöckli die Mas-
«Vulkan Files» Das AKW Mühleberg dient als Übungsziel in einer russischen Hacking-Anleitung von 2016. Viele führt, dass mehr Kinder Spezial-
unterricht erhalten, beispiels- Energieversorgung Wegen eines Rekurses konnte Stadtwerk die Gaspreise erst per 1. Januar erhöhen. Andere Art öffentliche AG, gegründet.
Kantonsweit wäre das einzigar-
der Credit Suisse erwarten, dass am 1. De-
Tornos eine Fusion. SEITE 11
zember eine weitere Erhöhung auf 1,75%
und in der Freizeit in den Vereinen mel- eine ungewöhnlich frühe und starke tienten mit oder wegen Sars-CoV-2. Eawag-Forscher Christoph Ort erklärt. cotte AG, zwei Jahre danach gab es im Angaben zu den Zielen sind zwar falsch und zusammenkopiert, doch Experten warnen. weise durch eine Logopädin oder Anbieter im Kanton senken sie nun bereits wieder, da sich der Markt erholt. In Winterthur will man zuwarten. tig. Mit der Zusammenlegung sol- ansteht. Damit rechnet auch Raiffeisen-
den sich immer mehr Menschen wegen RS-Viren-Saison. Deswegen hatten die Dass die Spitäler aber an ihre Belas- Er spricht von einem markanten An- Kino an der Küchengasse nur noch nicht einen Heilpädagogen. Neben le mittelfristig «professioneller, Ökonom Alexander Koch. AT1-Anleihen: FAQ
Kindern mit Lernschwierigkei-
Krankheit ab. Im ganzen Land wird ge- Kinderspitäler Rekordzahlen an Hospi- tungsgrenze kommen könnten, davon stieg von Sars-CoV-2 in den letzten jugendfreie Filme zu sehen. Die von nachhaltiger und kostengünsti- «Damit dürfen die Vermieter einen gu-
BILDER: GET TY IMAGES, ZVG NORLED
Oliver Zihlmann und dem innersten der russischen genannt – mit einer Ausnahme: Viele Angaben zu den Zielen sind Dreamlab Technologies aus ten gehören auch hyperaktive Valérie Jost stark haben erhöhen müssen. Stadtrat Stefan Fritschi erklärt, 2021 belassen werden mussten, «schweizweit immer noch äus- ger» gearbeitet werden, heisst Die AT1-Anleihen der Credit Suisse
hustet, geschnäuzt und gefiebert. Die talisationen verzeichnet. gehen Fachleute nicht aus. zwei, drei Wochen. Nur in der zweiten Stöckli gegründete East Cinemas AG in ten Teil der Bestandsmieten jeweils um 3%
Bernhard Odehnal Cyberkriegsindustrie. Ein inter- In einer Anleitung für ein Ha- falsch und zusammenkopiert. Sie Bern. Die Mühleberg-Betreiberin Kinder mit Konzentrationsstö- Nun hat sich die Lage entspannt: konnten die Preise wegen eines haben die anderen Energiever- serst günstig», so Fritschi. Dies es von den Kommunalbehörden. anheben», sagt Koch. Zudem können die sorgten weltweit für Schlagzeilen.
Arztkonsultationen wegen akuter Daraus lässt sich ableiten: Die aktu- Omikronwelle waren die Werte höher. Zürich betreibt das «Mascotte». Das
Atemwegsinfektionen haben deutlich ell vielen Erkrankungen sind zu einem Covid-19-Anstieg zeigt sich im Dominierend sind Untervarianten von Unternehmen teilt mit, man suche kei-
nationales Konsortium von Jour- cking-Programm taucht eine dienen offensichtlich nur als Bei- BKW betont, dass es bis heute rungen wie ADHS oder mit einer Zahlreiche Schweizer Haushalte Im Kanton Zürich haben etwa Rekurses erst per Anfang Jahr sorger die Gaspreise massiv er- bestätigt eine Stichprobe bei an- Stellvertretungen, die momen- Vermieter die Inflation zu 40% auf die Mie- Der Markt für diese Papiere ist aber
die Politik einmischen. Gemäss
dem Basler Soziologen Ueli Mä- zugenommen. Der Hauptgrund dafür grossen Teil auf eine ansteigende Co- Schweizer Abwasser Omikron XBB. Davon steckt Eris nen Ersatzstandort in Basel. Das Ge-
Kurz nach Beginn des Ukraine- nalistInnen hat die «Vulkan Karte mit der Umgebung von spiele. Doch Experten warnen. noch keinen Nachweis erfolgrei- Entwicklungsstörung aus dem freuen sich momentan über Wädenswil, Thalwil, Küsnacht überhaupt erhöht werden. Sie höht», so Fritschi. «Diese Versor- deren Gemeinden sowie ein tan teilweise fehlen, wären durch ter überwälzen, üblicherweise machen sie intakt. Anleger sollten sich über
Kriegs übergab ein Whistleblo- Files» entschlüsselt. Für die Bern auf. Darauf sind zwei Ziele «Das AKW Mühleberg war fast cher Cyberangriffe auf das AKW Autismusspektrum dazu. Preissenkungen ihrer Gasanbie- und Zollikon sowie die Stadt Zü- stiegen um 33 Prozent, was für ger können nun ihre hohen Prei- Check beim Preisüberwacher: die Zusammenlegung ebenfalls zusätzlich noch 0,5% allgemeine Kosten- die Risiken der Papiere informieren,
der schadet die wachsende Un- sind Coronainfektionen, gefolgt von vid-19-Welle zurückzuführen. Gemäss Dass die Coronazahlen steigen, sieht (EG.5.1) die meisten Menschen an und schäft sei rückläufig. (bwi) Region
wer über 1000 Dokumente der Schweiz an Bord war der Recher- eingetragen: das Aussendepar- garantiert auf einem uns nicht gibt. Schweizer Regierungsstel- Der Kanton erhebt seit 2014, bevor sie einsteigen. SEITE 6
ter. Dies, nachdem der Krieg in rich ihre Gaspreise gesenkt. einen Durchschnittshaushalt se, dem Markt entsprechend, Mit 12 Rappen pro Kilowattstun- möglich. Eine dervier Rechnungs- steigerungen pro Jahr geltend. Nach Schät-
gleichheit dem Zusammenhalt Infektionen mit Rhinoviren. dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) man auch im Abwasser. In 14 Kläranla- entwickelt sich laufend weiter. Die russischen Firma Vulkan an ein chedesk von Tamedia mit seinem tement und das AKW Mühleberg. opportunen Radar», sagt Nico- len sowie das Labor Spiez wur- wie viele Kinder Spezialunter- zungen von Fabian Waltert, Ökonom bei
der Ukraine letztes Jahr zu einer In Winterthur dagegen ist eine jährlich 630 Franken mehr sind. teilweise wieder etwas senken.» de liegt Winterthur im kantona- prüfungskommissionen emp-
der Gesellschaft. Sie unterlaufe Die Grippewelle ist dagegen noch zeigt sich das nicht in erster Linie an gen analysiert das Wasserforschungs- Symptome haben sich kaum verändert. Journalistenkonsortium. Die Da- Partner Paper Trail Media. Ge- Das Dokument stammt von 2016, las Mayencourt, Geschäftsführer den von russischen Hackern be- richt erhalten. Die Zahlen deuten Hochpreiswelle geführt hat und Preissenkung momentan kein «Während die Winterthurer Gas- Zudem seien die Gaspreise in len und nationalen Vergleich im fiehlt die Vorlage aber nicht zur Credit Suisse (CS), könnten bis April 2024
das viel gepriesene Leistungs- nicht gestartet. Die Influenzaviren kur- positiven Covid-Tests. Diese sind zu institut Eawag Virenfragmente in den Im Laufe des Winters könnte Pirola do- ten verraten erstmals Details aus naue Ziele der Russen sind kaum als das AKW noch am Netz war. des IT-Sicherheitsunternehmens reits attackiert. Seite 2 auf einen möglichen Zusammen- viele Anbieter ihre Tarife zum Teil Thema. Wie der zuständige preise 2022 auf dem Niveau von Winterthur trotz der Erhöhung Tiefpreisbereich. Seite 3 Annahme. (gab) Seite 7 die Mieten sogar in der Spitze um 10% stei- China erholt sich
prinzip und sei demotivierend. sieren vergleichsweise wenig, einzig in wenig zahlreich, um aussagekräftig zu Ausscheidungen der Schweizer Bevöl- minant werden, obwohl diese Variante
Stadtrat und Komitee hang von Lernschwächen und gen – allerdings im Vergleich zu heutigen nur langsam
D
Letztlich führe sie zum Aufstieg der Zentralschweiz lässt sich ein leich- sein. Seit Anfang Jahr sind die Tests kerung. Nach dem aktuellsten Update momentan noch selten ist. Schweiz dem neuen Lehrplan hin: In den Mieten beim Referenzsatz von 1,25%. as Jahr 2023 war für die US-Börsen Tech-Unternehmen nicht nur Kosten-
autoritärer Kräfte. Seite 4 liegen im Clinch Viele Schweizer Unternehmen, die in
Hashim Thaçi – Vom Postkartensujet zum Protzobjekt Jahren 2014 bis 2017 erhielten je
rund 4000 Schulkinder des Kan- Mit A-Post mehr Jede Firma will die «coolste» sein Saisonnier-Kinder Seit 2008 gilt der hypothekarische Refe-
renzzinssatz. Das BWO berechnet ihn alle
bisher alles andere als schlecht.
Seit Jahresbeginn hat der S&P 500
Die Tech-Giganten einsparungen ermöglichen, sondern auch
für massives Wachstum sorgen, während
China tätig sind, haben auf eine ra-
sche Erholung nach den Lockdowns
Laufen Am 17. Dezember entscheiden Freiheitsheld oder tons Bern zusätzlichen Spezial-
Demokratie? erzählen drei Monate neu auf der Basis des Durch- knapp 10% zugelegt. Der Grossteil der haben ihre Dominanz KI-Technologien quer durch alle Bran- gesetzt. Doch der Aufschwung lässt
Video-Fahndung Eine der ersten Vater-Sohn-Episoden beim FC Basel die Stimmberechtigten an der Urne
über die Rückgabe des Areals Loch-
Kriegsverbrecher? unterricht. In den Jahren nach
2019 stieg dieser Wert auf über Ab Juni trifft das Winterthur Der Film «Im Land der
schnittzinssatzes der ausstehenden Hypo-
theken.Verändert er sich um 0,25 Prozent-
Kursavance ist allerdings den grosskapita-
lisierten US-Tech-Werten zu verdanken – am US-Aktienmarkt chen ihren Siegeszug antreten.
Der grösste Profiteur der Rally ist der
auf sich warten, wie sich am Swiss
wird ausgebaut brugg an die Stadt Laufen. Auf dem Ge- 5000. Bei gut 100’000 Schul-
Stimmcouvert verbotenen Kinder» beleuchtet punkte, sind Mietanpassungen möglich. allen voran Apple, Microsoft, Nvidia und ausgebaut. Chipkonzern Nvidia, dessen Hardware
Equities Forum gezeigt hat. SEITE 8
biet befindet sich das ehemalige Spital Prozess Vor einem Sondertri- kindern im Kanton ist der An- das Schicksal der Kinder von Sai- Da aber Mietsenkungen aktiv eingefordert Alphabet, die sich massiv überproportio- nahezu exklusiv in den KI-Modellen zur
Kantonspolizei Die Kapo Bern will
Laufen. Das Gesundheitszentrum, das bunal in Den Haag beginnt am stieg nicht riesig, aber doch si- der Dättliker sonniers. Die Gastarbeiter durf- werden müssen, dürfte rund die Hälfte al- nal zum Gesamtmarkt entwickelt haben. Anwendung kommt und der mittlerweile Gesund im Büro
eine intelligente Software zur Vi- kommenden Montag der Prozess gnifikant. (jo/sny) Seite 17 ler Mietverträge auf einem höheren als Dahinter steht eine Berichtssaison, die et- an der Börse eine Billionenbewertung er-
deoanalyse beschaffen. Das Tool
in den Räumlichkeiten untergebracht
gegen Kosovos früheren Präsi- schneller auf der ten ihre Familie offiziell nicht mit
ins Land nehmen, ihre Kinder dem bisher geltenden Referenzsatz von was besser als erwartet ausgefallen ist und reicht. Danach folgt der Softwaregigant 39% der Unternehmen fehlt es an
ist, wird bald ausziehen. An der Ge- Ressourcen zur Implementierung
sucht nach übereinstimmenden
meindeversammlung im September
denten Hashim Thaçi und drei Verwaltung ein. mussten deshalb oft ein Leben 1,25% basieren, sagt CS-Ökonomen Fa-
bian Waltert. «Im Mittel dürfte der Miet-
die Gefahr einer Abschwächung im wich-
tigen Cloud-Geschäft vorerst gebannt hat.
Microsoft, für den die Aufrüstung von Pro-
duktivitätssoftware mit KI potenziell die eines umfangreichen betrieblichen
Elementen wie etwa Kleidung, so
genehmigten die Laufnerinnen und
seiner Kampfgenossen. Den ko-
Scientology Seite 7 im Versteckten führen. Die Auf-
preisanstieg folglich geringer ausfallen Der wohl entscheidendere Kurstreiber grösste Chance seit der Cloud darstellt. Für Gesundheitsmanagements. Zu die-
dass vermummte Straftäter dank
Laufner die Rückgabe des Lands deut-
sovarischen Kriegsveteranen arbeitung davon stehe erst am
Abgleich mit anderen Aufnah-
lich. Da das Referendum ergriffen wur-
werden schwere Verbrechen zur nimmt an BEA teil Anfang, so Filmemacher Beat und bis zu 7% betragen.»
Wichtigster Grund für den steigenden
der jüngsten Tech-Rally ist jedoch ein an-
derer: Der Boom hinter der künstlichen
Alphabet dagegen steht einiges auf dem
Spiel, denn mit KI könnte das Geschäfts-
sem Ergebnis kommt eine Studie von
Groupe Mutuel in Zusammenarbeit
men überführt werden könnten. Last gelegt, darunter Mord, Ver- Bieri. Am Sonntag werden Bieri mit «Bilan» und FuW. SEITE 12
de, kommt das Geschäft an die Urne.
Die umstrittene Gesichtserken-
Im Vorfeld der Abstimmung verschärft
folgung und Folter. Zu ihren Op- Frühlingsmesse Die umstrittene Roger Köppel tritt und Co-Regisseur Jörg Huwyler Hypo-Referenzsatz ist die Entwicklung
des Leitzinses der Schweizerischen Natio-
Intelligenz (KI) nährt die Hoffnung, dass
KI-Plattformen wie etwa ChatGPT bei den
modell der textbasierten Suchmaschine
gefährdet sein. SEITEN 3, 9 UND 13
nung soll dabei keine Rolle spie- fern sollen Angehörige von Min- Sekte Scientology versucht an nach einer Vorführung des Films
len. Trotzdem will der kantona- sich der Ton: Der Stadtrat wirft dem Re- derheiten wie Serben und Roma der BEA Nachwuchs zu rekrutie- nicht mehr an im Kino Cameo über ihr Werk
nalbank. Die Währungshüter hatten ihn
Schuldendeal in
ferendumskomitee vor, den Urnengang von Juni 2022 bis März 2023 in vier Schrit-
le Datenschutzbeauftragte Ueli
Buri, der durch einen Medienbe- zu desavouieren. Grund dafür ist eine
sowie angebliche kosovo-alba-
nische Kollaborateure gehören.
ren und wird mit zwei Ständen
präsent sein. Den einen betreibt
Der SVP-Politiker sprechen. (red) Seite 4
ten von –0,75% auf zuletzt 1,5% angeho- Washington
richt auf das Thema aufmerksam gemäss Stadt zu spät eingereichte Stel- Die Gräueltaten hätten Thaçi und der Verein «Der Weg zum Glück- zieht sich im Herbst ben. Und damit dürfte noch nicht Schluss Republikaner und Demokraten
wurde, dieses bei einem Treffen
mit der Polizei aufs Tapet brin-
lungnahme . (hof) Region die Mitbeschuldigten zwischen
März 1998 und September 1999
lichsein». Den anderen Stand hat
die Scientology-Kirche Bern ge- aus dem Nationalrat Ruag hortet
sein. «Im Hauptszenario rechnen wir mit
zwei weiteren Zinsschritten auf einen Einkaufsliste Steuersätze im Der kranke haben sich auf die Anhebung der
Schuldenobergrenze geeinigt.
zurück. Ist es ein hundert Leopard 1 Höhepunkt von 2,25%, gefolgt von einem
gen. Eine fundierte rechtliche
Einschätzung könne er erst da-
in Kosovo und in illegalen Ge-
fängnissen in Nordalbanien be-
gangen, heisst es in der Anklage-
bucht. Es handle sich um einen
normalen Infostand, betont Sci-
entology-Sprecher Jürg Stettler. freiwilliger Schritt?
graduellen Rückgang auf 1,5% ab Ende
2024», sagt CS-Ökonom Waltert. KUE
für US-Aktien Vergleich Mann Europas Doch noch muss das Ganze durch
den US-Kongress. SEITE 16
Seite 7 Ukraine-Krieg Der deutsche Rüs-
nach abgeben. (red)
Bundesratswahl: Aline schrift. Die Frage ist, ob man ih- Die Sektenexpertin findet es pro- Seite 19 tungskonzern Rheinmetall will Referenzzinssatz dürfte 2023 zweimal steigen
Trede warnt die SP nen Gewalttaten nachweisen blematisch. (wal/sny) Seite 18 beim Schweizer Rüstungsbetrieb WALMART Amerikas Verbrau-
cher schnallen den
Die Grundsätze sind bekannt:Wer wenig
verdient, zahlt niedrigere Steuern. Wer
Inflationsraten sinken Auch die pompö-
sen Feierlichkeiten
Starkes Quartal
kann. (enr/red) Seite 4 Prognostizierte Verläufe des Referenzzinssatzes für drei Szenarien Kurs: 147.63 $ Konsumentenpreisindex, in % Anders als in Deutschland ist das
Kantonsangestellte Grüne Am Sonntag verloren die Grü-
ANZEIGE Ruag knapp hundert Leopard-
1-Panzer kaufen, die sich zurzeit
Referenzzins
in %
Prognose: Mittel Hoch Tief S&P 500 angeglichen Gürtel enger. Der
Konsumrausch der
mehr verdient, zahlt mehr. Und wer
richtig viel verdient, zahlt einen noch
UK Eurozone rund um die Krö-
nung von König
Schweizer Bruttoinlandprodukt im
nicht attraktiv nen gleich zwei Ständeratssitze. Trotz
Meinung & Analyse Die Folgen für die in Italien befinden. Rheinmetall
3,5
160
140
vergangenen Jahre höheren Anteil. Die Umsetzung in der 9
6
Charles III können
ersten Quartal überraschend deut-
lich gewachsen. Hauptursache sind
habe transparent gemacht, dass
der schweren Niederlage halten sie an gestützt von Er- Praxis bringt allerdings manche Über- nicht über die Mi-
Natur sind unklar
TREUHANDBÜRO WERNER EICHER
VERWALTUNGS- UND TREUHAND AG die Panzer in die Ukraine gelie- 3,0 120 3 rege Konsumausgaben. SEITE 16
Taggeldversicherer Vergebens hat ihrer Bundesratskandidatur fest. «Der sparnissen und raschung hervor. Das zeigt ein Vergleich sere des Landes
der Kanton Bern eine neue Kran-
kentaggeldversicherung für sein
Kampfeswille der Fraktion ist riesen- «Tatsache ist, Bergbau in der Tiefsee Derzeit ist
fert werden sollen, sagt eine Ru-
ag-Sprecherin. Das Staatssekre-
2,5
100
80
Covid-Hilfsgeldern
scheint vorbei zu
der Steuersätze in siebzehn europäi-
schen Staaten. Die Unterschiede sind
0
–3
hinwegtäuschen:
Drei Jahre nach
gross», sagt Aline Trede, Fraktionsche-
Personal gesucht. Eine einzige
Offerte traf ein, und die ist offen-
fin der Grünen. «Diese Legislatur ist dass die meisten jegliche Art von Tiefseebergbau
verboten. Doch die Technologie
Wülflingerstrasse 271
8408 Winterthur
tariat für Wirtschaft (Seco) legte
aus Rechtsgründen aber sein Veto
2,0 20 21 22 23
Quelle: Refinitiv / FuW
sein. Das bekom-
men vor allem die-
beachtlich. In der Einkommensteuer
geht es nicht nur um die Höhe des Spit-
19 20 21 22 23
Quelle: Refinitiv / Grafik: FuW, ip
dem Austritt aus
der Europäischen
Unternehmen
1,5
bar so unattraktiv, dass der Kan-
sehr entscheidend für das Klima und
die soziale Gerechtigkeit.» Die Grünen
Spitäler in Bern dazu ist so gut wie fertig, die
Claims abgesteckt, die Firmen
Tel. 052 222 2111
www.eicher.ch
ein. Recherchen zeigen, dass
dieses Geschäft damit aber nicht 1,0
jenigen US-Detailhändler zu spüren, die
sich in ihrem Angebot auf Waren spezia-
zensteuersatzes. Wichtiger ist das Ein-
kommensniveau, ab dem der höchste
Union kommt die britische Wirtschaft
noch immer nicht vom Fleck. Anders als
Abercrombie & F. . . . . 5 Microsoft . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Alphabet . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Mikron . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
ton nicht darauf eingeht und die Aryzta . . . . . . . . . . . . . . . 7, 27 Nestlé . . . . . . . . . 6, 13, 27
Ausschreibung abgebrochen hat. erwarten aber von der SP Unterstüt-
zung bei ihrer Kandidatur. «Die SP sag-
am Anschlag machen Druck auf die Inter-
nationale Meeresbodenbehörde,
UNSERE DIENSTLEISTUNGEN vom Tisch ist. (beg/ese) Seite 20 0,5 lisieren, die über das Sortiment des täg-
lichen notwendigen Bedarfs hinaus-
Grenzsteuersatz in Kraft tritt. Hier wen-
den die Staaten völlig unterschiedliche
in anderen Ländern bleibt auf der Insel
die Initialerholung nach der Pandemie
Ballard Power S.. . . . . . 8 Novartis . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Credit Suisse . . . . . . . . . . . 6 Nvidia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Ab 2024 verzichtet er auf eine
Krankentaggeldversicherung. te immer, man müsse die absolute arbeiten.» bei der auch die Schweiz Mitglied § Finanz- und Rechnungswesen
§ Steuern
0
08 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 gehen. Die Mehrheit der Ökonomen Konzepte an. In Österreich ist dazu ein aus. Im vergangenen Jahr machte das Dick’s Sporting G. . . . 5 Ralph Lauren . . . . . . . . . . 5
Dollar Tree . . . . . . . . . . . . . . 5 Roche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Mehrheit von SVP und FDP im Bundes- ist. Sie tagt bis Ende der Woche Wetter sehen in der zunehmenden Konsum- steuerpflichtiges Jahreseinkommen von politische Chaos das Bild eines zer-
Auch der Bund und die Stadt
rat knacken», hält Trede fest. «Und sie in Jamaika, um einen «Mining § Unternehmungsberatung
Quelle: BWO, CS / Grafik: FuW, ip
zurückhaltung einen Grund für eine 1 Mio.€ erforderlich, in Griechenland rissenen, notleidenden Landes kom-
Forbo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Schindler . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Geberit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Spexis . . . . . . . . . . . . . . . 6, 27
Bern haben keine: Sie tragen das
ging auch immer davon aus, dass wir Kulturredaktor Ane Hebeisen
Ausstellung Einst urtümliche Hirtenhütte, heute Schutzbunker für Reiche: Das Chalet hat viele Umdeutungen
Code» auszuarbeiten: Regeln, § Finanzplanung –1° 7° kommende Rezession in diesem Jahr. rutscht man bereits ab 40 000€ in die plett. In Nordirland brechen derweil Helvetia . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Starrag . . . . . . . . . . . . 11, 27
Risiko für Krankheitsfälle selber.
Das Personal hat trotzdem meist Der FC Basel feiert am Mittwoch seinen 130. Geburts- Benthaus begründet wurde. Einer der Protagonisten sie nicht angreifen.» Das würden die in seinem Essay zu denSpital- unter welchen Bedingungen der
§ Personaladministration Winterthur An der ZHAW-Berufsmesse «Conecto» stellen über 200 Unternehmen aus. Um aus der Masse Hochnebel und ab und Doch der Abgesang auf den US- oberste Steuerklasse. wieder alte Wunden auf. Interroll. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Swiss Life . . . . . . . . . . 6, 27
erlebt. Im Schweizer Holzhaus spiegelt sich auch das Aufkommen des Tourismus und der Swissness. § Erbrecht
herauszustechen, locken die Unternehmen mit vermeintlicher Lockerheit, guter Kantine und Pingpongtisch
tglied
mindestens so gute Bedingun- tag. Einer der Meilensteine seiner Geschichte ist der damals war Torjäger Helmut Hauser, dessen Sohn Grünen nicht tun. Aber sie erwarteten schliessungen. Seite 32 Bergbau in der Tiefsee statt-
E h h t ht
zu etwas Sonne. Praktikus Verbraucher scheint verfrüht Denn Bei den Umsatzsteuern profitiert der Der Staatsfeind Nummer eins, die In- Lem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Tornos. . . . . . . . . . . . . 11, 27
nun den Support der SP «Unterstützt
gen wie in Firmen Für kleine Un
C i 1967 L S i W kd f Th d 20 J h ä h fü d FCB f
z Zeitung ür ie Region Base Der Bund Der Landbote Finanz und Wirtschaft Freiburger Nachrichten
6 Wo. 30.– statt 168.– 10 Wo. 44.– statt 145.– 8 Wo. 33.– statt 102.– 8 Wo. 44.– statt 112.– 8 Wo. 29.– statt 82.–
Samstag, 16. September 2023
60
Das Tessin ist in «Nicht einmal ihre
die Ferne gerückt. Ämter lassen sie
ruhen»: Theologin
Millionen Franken Wir vermissen den
könnten mit der Reform Jacqueline Straub
Kommentar Basistunnel durch kritisiert ihre Kirche
der Medikamentenpreise
Lieber in Luzern den Gotthard. scharf.
eingespart werden.
investieren Wirtschaft Bund «Wochenende» Interview, Meinung
AZ 5001 Aarau | Nr. 215 | 7. Jahrgang | Fr. 4.50 schweizamwochenende.ch
Die Stadt Luzern soll ihre Klimabilanz
aufbessern, indem sie CO2-Zertifikate
Lukaschenkos
kauft. So lautet die Forderung einer
Motion im Stadtparlament. Es geht Wofür liess Mahsa Amini ihr Leben?
dabei vor allem um die versteckten
Emissionen – etwa von Importgütern
Scherge vor
– bei denen das CO2 nicht in Luzern
anfällt, sondern im Produktionsland.
Das Prinzip tönt verlockend: Dort, wo
Gericht: Jetzt
man das CO2 nicht direkt beeinflussen
kann, kompensiert man es, indem
man irgendwo auf der Welt Wälder
aufforstet oder in erneuerbare Ener-
erklärt er sich
gien investiert. Doch dieser Emis-
sionshandel hat mitunter ein Glaub-
würdigkeitsproblem. So gibt es Berich-
te von Klimaschutzprojekten, bei
denen die tatsächlich eingesparte
Menge CO2 massiv tiefer lag als in den
Zertifikaten angegeben. Für Schlagzei-
Am Dienstag beginnt in St.Gallen der Prozess gegen
len sorgte auch die Post, die – angeb- ein Ex-Mitglied einer weissrussischen Spezialeinheit.
lich um die eigenen CO2-Emissionen
zu kompensieren – einen bestehenden
Wald in Deutschland kaufte. Olga Kuck und Andreas Maurer mationen beliefert werden, fühlt sich
Garawski ungerecht behandelt. Des-
Die von Grünen eingereichte Motion Juri Garawski floh in die Schweiz, weil halb hat er sich zu einem Treffen mit
fordert, den Kauf der CO2-Zertifikate er dachte, hier seinen Frieden zu fin- der «Schweiz am Wochenende» bereit
durch jährliche Millionenüberschüsse den. Doch seine Vergangenheit liess erklärt. Im Interview will er erläutern,
der Stadt Luzern zu finanzieren. Doch ihn nicht los. Der 45-Jährige diente vor was er getan hat und was nicht.
es gibt Zweifel, ob die Steuergelder so 24 Jahren in einer weissrussischen Son- Er erzählt, wie er mitgeholfen hat,
verantwortungsvoll angelegt wären. dereinheit mit der Abkürzung SOBR. die Oppositionellen zu entführen und
Viel besser investiert man in der Es war eine schnelle Eingreiftruppe, die für die Hinrichtungen festzuhalten.
eigenen Stadt: Luzern hat eine ambi- eigentlich gegen das organisierte Ver- Den Abzug habe aber immer sein Kom-
tionierte Klimastrategie und will bis brechen vorgehen sollte. Tatsächlich mandant gedrückt. «Bin ich jetzt ein
2040 vom Erdgas wegkommen und aber schaltete sie die Opposition aus Mörder?», fragt er. Das sehe er nicht so.
die Produktion von Sonnenstrom und sicherte so die Macht von Diktator Er sei nur ein Teil des Systems gewesen.
vervielfachen. Es ist fraglich, ob dieser Alexander Lukaschenko, der bis heute Natürlich trage er trotzdem eine Mit-
Fahrplan eingehalten werden kann. im Amt ist. verantwortung: «Und dafür entschul-
Deshalb verwendet man die über- Garawski wurde von einem Privat- dige ich mich.»
schüssigen Millionen lieber für die detektiv der Menschenrechtsorganisa- Garawski findet es aber nicht fair,
Beschleunigung der Energiewende, tion Trial International im Kanton wie er jetzt in den Schlagzeilen stehe.
denn es gibt in Luzern genug zu tun. St.Gallen aufgespürt. Deshalb kommt «Ich bin der Erste, der darüber spricht,
es nun hier zu einem Strafprozess gegen und deshalb macht man mich zum ein-
ihn. Er ist angeklagt wegen Verschwin-
denlassens. Das ist ein Straftatbestand,
zigen Schuldigen», klagt er. Dabei wol-
le er den Weg für andere Insider ebnen,
Vor genau einem Jahr starb Mahsa Amini. Ihr gewaltsamer Tod brachte im Iran
der nach dem Weltrechtsprinzip hier ebenfalls auszupacken. Am liebsten eine Welle der Proteste ins Rollen. Drei Frauen erzählen, wie sie das Jahr erlebt
verfolgt werden kann, obwohl die Tat- würde er als Whistleblower in die Ge- haben und warum sie ihr Leben riskieren, um heute, am Todestag von Amini, auf
orte 1600 Kilometer entfernt liegen. schichte eingehen. Dank seines Ge-
Robert Knobel
Von den Medien, die von Men- ständnisses gerät Lukaschenkos Re- der Strasse zu protestieren. Ihre Hoffnung auf einen Regimewechsel ist allerdings
robert.knobel@
luzernerzeitung.ch schenrechtsorganisationen mit Infor- gime in Erklärungsnot. Schwerpunkt geschwunden. Bund «Wochenende» Bild: Kenzo Tribouillard/AFP
Im Libanon breitet sich Die ersten Bootsmigranten können
Kriegsangst aus Lampedusa verlassen
Nahost Israels Militär hat nach Angrif-
Das Elend auf der Mittelmeerinsel bleibt aber weiterhin gross.
fen aus dem Libanon erneut Ziele in
seinem nördlichen Nachbarland be-
schossen. Seit Beginn des Krieges zwi- Nach der Ankunft Tausender Boots
schen Israel und der Hamas vor mehr
als einem Monat kommt es entlang der
Schweiz am Wochenende Schweizer Bauer Solothurner Zeitung Sonn ag B ck Sonn ag Ze ung
10 Wo. 25.– statt 55.– 6 Mte 168.– statt 225.– 6 Wo. 30.– statt 168.– 10 Wo 29 – s a 52 – 8 Wo 22 – s a 52 –
age nze ge une ag a u gaue e ung ü c e n e än e ü c ee e ung
8 Wo 44 – s a 128 – 10 Wo 44 – s a 140 – 6 Wo 30 – s a 168 – 8 Wo 33 – s a 102 – 8 Wo 33 – s a 102 –
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D E WELTWOCHE G ück Po HÄUSER MODERN S EREN Kochen na ü ch PC pp RAUM UND WOHNEN
3 M e 49 – a 108 – 26 Au g 79 – a 119 – 3 Au g 20 – a 27 – 3 Au g 20 – a 36 – 4 Au g 35 – a 47 20 6 Au g 29 – a 36 – 3 Au g 25 – a 30 –
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26 Au g 99 – a 139 – 7 Au g 59 – a 69 – 5 Au g 59 – a 79 – 3 Au g 20 – a 25 50 3 Au g 20 – a 25 50 4 Au g 30 – a 56 –
Zeitschriften Meine Adresse
Schweiz am Wochenende DAS EINFAMILIENHAUS Schweizer Bauer Magazin Name:
Schweizer Bauer DAS IDEALE HEIM Schweizer Familie
Solothurner Zeitung DIE WELTWOCHE Schweizer Illustrierte Vorname:
SonntagsBlick GlücksPost Schweizer LandLiebe
SonntagsZeitung HÄUSER MODERNISIEREN SPICK Strasse/Nr.:
St. Galler Tagblatt Kochen Umbauen + Renovieren
Tages-Anzeiger natürlich WOHNMOBIL & CARAVAN PLZ/Ort:
Thuner Tagblatt PCtipp Wohnrevue
Thurgauer Zeitung RAUM UND WOHNEN
Telefon:
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Zürichsee-Zeitung Ich nehme nur an der Verlosung teil.
E-Mail:
Unterschrift:
Bestelltalon retournieren an:
SCHWEIZER MEDIEN, Presseabo, Postfach, 8099 Zürich
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024 Wirtschaft 39

Milliardenverlust der Schweizer Börse SIX

Schlimmer als bei Benko Romeo Lacher, Präsident der Bank Bär, ist auch verantwortlich für einen Rekordverlust
der Schweizer Börse. Der ist doppelt so hoch wie der Abschreiber auf die Signa-Kredite bei Bär.

Arthur Rutishauser
Die Reaktion der Börse war un-
gnädig. Als scheibchenweise
bekannt wurde, dass die Bank
Bär bei René Benkos Signa mit
606 Millionen Franken praktisch
ungesicherten Krediten enga-
giert ist, haben die Aktien 20 Pro-
zent des Werts und Bär-CEO
Philipp Rickenbacher seinen Job
verloren. Geblieben ist Romeo
Lacher, Verwaltungsratspräsi-
dent, obwohl die Kredite durch
das Risk Committee des Verwal-
tungsrats (VR) gingen, in dem
auch der VR-Präsident sitzt.
Doch der teure Lapsus mit den
Benko-Krediten war nicht der
einzige Verlust, der auf eine Fehl-
einschätzung Lachers zurück-
ging. Bei seinem früheren Arbeit-
geber, dem Börsenbetreiber SIX,
verursachte Lacher einen Ab-
schreiber, der mehr als doppelt
so gross ist.
Tragen müssen ihn die Besit-
zer der Börse, und das sind die
Banken, allen voran die UBS. Die
hält nach der Fusion mit der CS
einen Anteil von 34,5 Prozent. Al-
lein bei der UBS fiel darum im
dritten Quartal ein Verlust von
442 Millionen Franken an. Hoch-
gerechnet ergäbe das einen Ver-
lust bei der SIX von 1,281 Milliar-
den Franken. In einer Gewinn-
warnung kurz vor Weihnachten
sprach die SIX noch von 1,2 Mil-
liarden Franken Verlust.
Die Ursache für den Riesen-
verlust ist im Jahr 2018 zu su-
chen. Damals hiess der Verwal-
tungsratspräsident Romeo La-
cher. Er verantwortete zwei
Grundsatzentscheide. Einerseits
wurde das Kreditkartengeschäft
an die französische Worldline
verkauft. Dazu schrieb ein stol-
zer Lacher im Geschäftsbericht
2018: «In Zukunft wird sich SIX
auf Infrastrukturdienste im
Wertpapiergeschäft, Bankdienst-
leistungen und Finanzinforma-
tionen konzentrieren.»
Nur ein Buchgewinn
Zudem feierte die SIX den Ver-
kauf als grosses Geschäft, ein
Buchgewinn von 2,7 Milliarden
Franken wurde ausgewiesen.
Jetzt wurde der SIX schmerzlich
bewusst, dass sie 2018 eben
grösstenteils nicht Cash, sondern
Aktien von Worldline erhielt –
und diese verloren im letzten
Jahr 70 Prozent ihres Werts.
Der grösste Teil des Kursver-
lusts geht auf einen einzigen Tag
zurück, den 25. Oktober. An die-
sem Mittwochvormittag brach
der Kurs um mehr als die Hälfte
ein. Grund für den Crash waren
einerseits schwache Quartals-
zahlen und vor allem eine Prog-
nosekorrektur: Das organische
Thomas Wellauer, Präsident
der SIX. Foto: Patrick Gutenberg
Umsatzwachstum soll nur noch
bei 6 bis 7 Prozent liegen.
Vorher hatte Worldline hier
8 bis 10 Prozent Plus in Aussicht
gestellt. Das tönt nach nicht viel,
aber es war die Begründung, die
erschreckte: die Veränderungen
im Konsumverhalten der Kun-
den, insbesondere in Deutsch-
land, wo sich eine Rezession an-
kündigte. Zudem seien wegen
der zunehmenden Internetkri-
minalität die Beziehungen zu ei-
nigen Händlern beendet worden.
Mit diesen Neuigkeiten er-
wischte Worldline ihre Investo-
ren auf dem linken Fuss. Die Re-
aktion der Analysten war ent-
sprechend scharf: Die Zahlen
und der Ausblick seien schwä-
cher ausgefallen, als von vielen
erwartet, schrieb Pavan Daswa-
ni von der Citigroup. Die Analys-
Romeo Lacher, Präsident
der Bank Julius Bär. Foto: PD
ten von Jefferies befürchteten,
dass die aktuelle Flaute länger
anhalten könnte. J. P. Morgan be-
mängelte den Zufluss an freien
Mitteln, der 38 Prozent unter den
Der Aktienkurs von Worldline
ist abgestürzt
in Euro
50
40
30
20
10
2023
Jan. April Juli Okt. Jan.
Grafik: arm, vif / Quelle: Google Finance
Schätzungen lag. Zeitweilig fie-
len die Aktien von Worldline so-
gar auf ein Rekordtief von weni-
ger als 10 Euro.
Damit hat sich Lachers Ent-
scheidung, das Kreditkartenge-
schäft zu verkaufen, nicht als Be-
freiungsschlag erwiesen. Im Ge-
genteil, das Ergebnis der
Schweizer Börse ist heute abhän-
gig davon, wie sich die Konjunk-
tur in Deutschland entwickelt.
Ein zweiter Fehlentscheid war
der Einstieg der Schweizer Bör-
se bei der spanischen Börse
(BME). Offenbar wurde zu viel
bezahlt. Im letzten Jahr entstand
wegen eines Goodwill-Abschrei-
bers ein Verlust von 340 Millio-
nen Franken. Die SIX schreibt
dazu trotzdem: Die BME leiste
einen wesentlichen Beitrag zum
operativen und finanziellen Er-
folg von SIX und bleibe für deren
Wachstumsstrategie und Wett-
bewerbsposition von entschei-
dender Bedeutung.
Allerdings zeigt ein Blick in
die publizierten Daten ein ande-
res Bild. Der Umsatz der BME
sank im Durchschnitt um 26 Pro-
zent, bei den Derivaten kam es
sogar zu einem regelrechten Ein-
bruch von 67 Prozent.
Konfrontiert mit den schlech-
2024
ten Zahlen, versucht Pressespre-
cher Jürg Schneider den Verlust
mit dem Hinweis zu relativieren,
dass das operative Geschäft gut
laufe. «Mit dem Verkauf des Kre-
ditkartengeschäfts (Payment
Services) an Worldline konnte
die SIX ihr Eigenkapital deutlich
stärken. Dies ermöglichte unter
anderem auch den Kauf der
spanischen Börse BME», sagt
Schneider.
Strategie wird wohl überprüft
Man könnte allerdings auch sa-
gen, dass der eine Fehler zum
nächsten führte. Hinter vorge-
haltener Hand sagen das auch
die Bankenvertreter. Es ist zu er-
warten, dass die Strategie der SIX
überprüft wird. Auf die Frage
der Verantwortlichkeiten weist
Schneider darauf hin, dass «der
Verkauf von Payment Services
2018 stattfand, der Entscheid, für
BME zu bieten, 2019 getroffen
wurde», also in der Amtszeit von
Lacher. Er war von 2016 bis 2020
Präsident der SIX.
Ausbaden muss die geschei-
terte Strategie nun sein Nachfol-
ger Thomas Wellauer. Er hat sei-
ne Funktionen bei SIX im Früh-
jahr 2020 angetreten. Wellauer
ist ein ehemaliger McKinsey-
Mann und CS-Manager. Er ver-
suchte um die Jahrtausendwen-
de die Winterthur-Versicherung
mit der Vermögensverwaltung
der CS zusammenzubringen. Da-
mals scheiterte er.

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Zur Auflösung
40 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024 41
42 Geld 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch

Trübe Aussichten bremsen

Erholung bei Bayer-Aktien Es spricht einiges dafür,
dass der Franken stark bleibt
Im Jahr 2020 habe ich 150 Aktien von Bayer zu
53,40 Euro erworben. Die Aktie ist in den letzten
Monaten massiv eingebrochen. Würden Sie
die Bayer-Aktien abstossen? R.B.

Währungen Kurzfristig kann es beim Euro und Dollar zu Gegenbewegungen kommen –

JA Der deutsche Agrarchemie- und Pharma-
konzern Bayer leidet noch unter Altlasten
aus der Übernahme des damaligen US-Konkur-
Höhere Teuerung und Schuldenberge sprechen aber gegen die beiden Währungen.
renten Monsanto, die sich sowohl juristisch als
auch wirtschaftlich wegen der Risiken eines gly-
phosathaltigen Unkrautvernichters als veritabler Erachten Sie es als guten Mo-
Fehlgriff erwiesen hatte. Um die Gunst der Inves- ment, in Euro zu investieren und
toren zurückzugewinnen, setzt der neue CEO Bill Euroaktien zu kaufen? Wie kann
Anderson auf umfangreiche Sparmassnahmen man dabei das Währungsrisiko
und einen Stellenabbau. absichern? L.B.
Während die Börse auf solche Ankündigungen
meist positiv reagiert, weil tiefere Kosten oft hö- Der Euro hat in den vergangenen
here Gewinne bringen, fielen die Reaktionen im Monaten zum Franken viel verlo-
Fall von Bayer verhalten aus. Den Investoren fehlt ren und ist phasenweise auf ein
bislang der Glaube, dass der ersehnte Turnaround Mehrjahrestief auf 0,927 Franken
beim deutschen DAX-Konzern gelingt. Für Zwei- gefallen. Noch tiefer notierte er
fel sorgen auch Spekulationen, dass sich der Ag- nur am 15. Januar 2015, als die Na-
rarchemie- und Pharmakonzern allenfalls doch tionalbank die Untergrenze auf-
nicht aufspaltet, was von vielen als Befreiungs- hob und der Euro auf 85 Rappen
schlag eingestuft wird. zurückging, sich aber erholte.
Belastet wird die Aktie nicht nur vom Agrar- Derzeit bewegt sich der Euro
bereich als Folge der Monsanto-Akquisition, son- wieder unter 94 Rappen. Klar
dern auch von den trüben Aussichten im Pharma- stellt man sich die Frage, ob man
bereich: Weil bei wichtigen Wirkstoffen Patente eine Europosition und Euroak-
ablaufen, droht Konkurrenz von Nachahmer- tien kaufen sollte. Die gleiche Fra-
produkten, und gleichzeitig fehlen genügend Neu- ge müsste man sich allerdings
produkte, die den Einnahmenausfall voll kompen- auch beim Dollar stellen.
sieren könnten. Ihren Einstandspreis wird die Dass in letzter Zeit viel Kapital
Aktie kaum schnell wieder erreichen. in den Franken floss, hat mehre-
re Gründe. Einer ist, dass der Viele Anlegerinnen und Anleger schätzen den Franken als sicheren Hafen. Foto: Getty Images
Franken für Anlegerinnen und
Anleger ein sicherer Hafen ist.
Swisscom und Swiss Life sind Dies ist nicht nur wegen der
geopolitischen Risiken als Folge
Der Zustand einer Währung ist oft
auch Ausdruck für das Vertrauen
der Langzeittrend. Hier bin ich für
den Euro und Dollar skeptisch
rungsentwicklung die Entwick-
lung jener Unternehmen, in
sehr solide Dividendenzahler der Kriege im Nahen Osten und von Investoren in die Wirtschaft und rechne damit, dass der Fran- die Sie investieren, als Unsicher-
in der Ukraine der Fall. Anleger eines Landes oder Währungsrau- ken langfristig zu beiden Wäh- heitsfaktor dazu. Immerhin
Ich habe in Stadler Rail investiert. Zurzeit bin ich suchen im Franken Sicherheit vor mes. Sorgen macht den Anlegern rungen an Stärke gewinnen wird. könnten Sie einen Euro-Aktien-
deutlich im Minus und frage mich, ob ich nicht der Teuerung. Denn diese ist in besonders Deutschland, das in Dafür sprechen aus meiner fonds erwerben oder einen
besser verkaufe. Soll ich das Kapital lieber in der Schweiz tiefer als im Ausland. eine Rezession gefallen ist und Sicht auch die riesigen Schulden- Exchange Traded Fund, der an
Werte mit solider Dividendenrendite investieren Zwar wächst die Teuerung so- sich kaum schnell erholt. Ange- berge, die in den vergangenen den Euro-Stoxx-50-Index ge-
wie Swiss Life, Swisscom oder BCV? M.B. wohl in Europa als auch in den sichts der Schwäche Deutsch- Jahren in Europa und den USA an- koppelt ist.
USA nicht mehr so stark wie noch lands kommt auch Europa nicht gestiegen sind sowie die stärke-
Währungsrisiko mit Fonds
JA Stadler Rail gehört zu den spannendsten In-
dustrieunternehmen der Schweiz mit dem
Unternehmer Peter Spuhler als Ankeraktionär. Der
vor einem Jahr. Unter dem Strich
ist das Risiko der Geldentwertung
im Frankenraum weiter geringer.
richtig auf Touren.
Es mag sein, dass sich sowohl
Euro als auch Dollar zum Fran-
re politische Polarisierung. Zur
Erinnerung: Vor zwanzig Jahren
kostete der Euro rund 1.60 Fran-
absichern
Hier gebe ich zu bedenken, dass
Zughersteller schafft es regelmässig, trotz harter ken erholen. Wichtiger ist indes ken. Dennoch sind bei Währun- viele europäische Aktien keines-
Konkurrenz Grossaufträge aus dem In- und Aus- Schweiz bietet gen vorübergehende Gegenbewe- wegs günstig bewertet sind, zu-
land an Land zu ziehen. Diese sowie Kostensen- stabilere Zinsen gungen jederzeit möglich. mal etwa der Deutsche Aktienin-
kungsmassnahmen dürften dem Unternehmen Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass Der Geldberater Falls sich der Franken kurz- dex DAX mehrfach Rekordstände
helfen, die Profitabilität zu verbessern. der Zinsvorteil im Euro- und Dol- zeitig abschwächt und der Euro erreichte, während der Schweizer
Dass die Aktie nicht auf Touren kommt, hat mit larraum abnimmt. Zwar be- über die Grenze von ein Franken Blue-Chips-Index SMI zuletzt
dem starken Franken und dem schwachen Euro kommt man auf Sparkonten und steigen würde, hätten Sie mit ei- kaum vorwärtskam.
zu tun, welche auf den Zahlen von Stadler Rail las- Obligationen in Euro oder Dollar nem Euroinvestment ein gutes Angesichts der schwachen
ten. Alles andere als kursförderlich sind zudem ne- mehr Zins, als wenn man sein Geschäft gemacht. Allerdings Konjunkturaussichten in Europa
gative Nachrichten der französischen Konkurren- Geld hierzulande parkiert. warne ich Sie vor Währungspro- würde es mich erstaunen, wenn
tin Alstom. Die Anleger rechnen aber damit, gnosen – von wem auch immer die europäischen Aktien noch-
Bei den von Ihnen erwähnten Aktien von Swiss dass die US-Notenbank im Früh- diese stammen. Diese sind ext- mals viel Schub gäben. Die Aus-
Life, Swisscom und BCV dürften Sie weniger ling und die Europäische Zentral- rem komplex und waren in der sicht auf sinkende Zinsen ist kein
Schwankungen ausgesetzt sein. Wenn Sie in ers- bank ab dem Sommer die Leitzin- Vergangenheit meist falsch. lang anhaltender Treiber.
ter Linie an hohen Dividenden interessiert sind, sen senken. Die Schweizerische Wenn Sie aufgrund der tiefen Immerhin könnten Sie mit ei-
werden Sie mit diesen drei Titeln wohl besser fah- Nationalbank könnte die Zinsen Als unabhängiger Wirtschafts-, Euronotierungen eine Europo- nem Fonds das Währungsrisiko
ren. Zwar erreicht Stadler Rail eine Dividenden- vorderhand stabil behalten. Finanzexperte und Journalist sition erwerben, wäre dies ein absichern, indem Sie einen
rendite von 3 Prozent, was nur leicht unter jener Während der Zinsvorteil in beantwortet Martin Spieler Ihre rein spekulatives Investment. Sie Fonds mit Währungsabsicherung
der BCV liegt. Die Swisscom hingegen bringt es auf Fremdwährungen sinkt, bleibt Fragen rund ums Geld. müssten es genau im Auge be- zum Franken erwerben. Ein Bei-
eine Dividendenrendite von 4,3 Prozent und die der Schutz vor der höheren In- halten und rechtzeitig wieder spiel dafür ist der Amundi EURO
Swiss Life auf eine solche von 5 Prozent, wobei ich flation im Ausland ein bedeuten- SonntagsZeitung, Geldberater, aussteigen. STOXX 50 UCITS ETF CHF Hed-
bei der Swiss Life erneut mit einer Dividendener- der Anreiz, Gelder im Franken zu Postfach, 8021 Zürich, Bei einem Kauf von Euroak- ged Acc mit ISIN-Nummer
höhung rechne. halten. geldberater@sonntagszeitung.ch tien kommt neben der Wäh- FR0 012 399 731.

Freiwillige Pensionskassen-Zahlungen lohnen sich auch für Junge

Altersvorsorge Am meisten profitieren Menschen ab 50. Doch auch für Jüngere gibt es Gründe,
warum man mehr als das Minimum in die Pensionskasse einzahlen soll.

Ich bin 31-jährig und zahle
in den 3a-Fonds bereits das
Maximum ein, zudem habe ich
einen Sparplan von 500 Franken
pro Monat für ETFs. Meine
Pensionskasse bietet die Mög-
lichkeit, den eigenen Beitrag
freiwillig um 1,5 Prozent zu
erhöhen. Da ich bisher wenig in
die Pensionskasse eingezahlt
habe, frage ich mich, ob dies
sinnvoll wäre. Ich meine gelesen
zu haben, dass für Junge frei-
willige Einkäufe unattraktiv sind
und eine selbstständige Anlage
zu bevorzugen wäre. Was sind
Ihre Gedanken? F.G.
Bei einem freiwilligen Einkauf in
die Pensionskasse hat man im
Grundsatz zwei wichtige Plus-
punkte: Man verbessert seine
Altersvorsorge und kann Steu-
ern sparen. Allerdings ist es in
der Regel so, dass man in jünge-
ren Jahren im Vergleich zu den
Jahren vor der Pensionierung
weniger verdient. Oft macht man
später Karriere und ist eher in
der Lage, mehr Lohneinkommen
zu erwirtschaften.
Darum ist die Steuerersparnis
von freiwilligen Einkäufen meis-
tens in späteren Jahren wirksa-
mer – erst recht, wenn man die
Einkäufe über mehrere Jahre
hinweg staffelt.
Zu beachten ist auch, dass das
Geld, das man freiwillig in die
Pensionskasse einschiesst, meist
im überobligatorischen Teil lan-
det. Hier profitiert man anders als
im obligatorischen Teil nicht vom
gesetzlichen Mindestzins.
Grundfrage: Wie solid ist
die Kasse aufgestellt?
Wenn die Pensionskasse das Vor-
sorgevermögen erfolgreich anlegt
und eine hohe Rendite erwirt-
schaftet, kann man davon ausge-
hen, dass sie das Vorsorgegutha-
ben attraktiv verzinst. Doch dies
ist nicht garantiert. Es kann sein,
dass Sie im überobligatorischen
Bereich eine schwacheVerzinsung
haben. Hier müssten Sie die Kas-
se prüfen und nachschauen, wie
diese in den vergangenen fünf
Jahren die Guthaben verzinst hat.
Ausserdem sollten Sie abklären,
ob die Kasse solid aufgestellt ist.
Wie hoch ist ihr Deckungsgrad?
Dieser sollte klar über 100 Pro-
zent liegen. Wenn der Deckungs-
grad unter 100 Prozent ist,
bewegt sich die Kasse in einer
Unterdeckung.
Hält dieser Zustand an, kann
es sein, dass sie Sanierungsmass-
nahmen durchführen muss. Dies
besteht oft auch darin, dass Gut-
haben im überobligatorischen
Bereich nicht verzinst werden.
Anstelle der freiwilligen Zu-
satzzahlung in die Pensionskas-
se könnten Sie diesen Betrag
zusätzlich in aktienbasierte Ex-
change Traded Funds investieren.
Damit haben Sie auf eine lange
Frist von zwanzig Jahren eine
gute Wahrscheinlichkeit, eine
höhere Performance zu erzielen,
als dies in der Pensionskasse
möglich ist.
Höhere Lohnabzüge haben
disziplinierende Wirkung
Allerdings gibt es auch Gründe,
die dafür sprechen, dass Sie frei-
willig zusätzliche Leistungen in
die Pensionskassen zahlen oder
in Ihrem Fall vom Lohn abziehen
lassen. Bei dieser Variante
kommt es nicht selten vor, dass
der Arbeitgeber im Sinne eines
Anreizes auch zusätzliche frei-
willige Beiträge leistet. Dies wäre
zu prüfen. Wenn dies der Fall
wäre, würden Sie profitieren.
Auch hat der Entscheid für frei-
willig höhere Pensionskassen-
Lohnabzüge eine disziplinieren-
de Wirkung: Das Geld wird au-
tomatisch gespart, und es besteht
keine Versuchung, dass Sie es für
den Konsum ausgeben und doch
nicht in ETFs investieren.
Zudem bieten Pensionskassen,
vorausgesetzt, dass sie finanziell
solide sind, eine hohe Kapitalsi-
cherheit. Ihr Geld bringt zwar
nicht eine Toprendite, ist aber
sicher versorgt. Vor allem verbes-
sern Sie mit diesem Schritt Ihre
Altersvorsorge systematisch über
lange Zeit und sind sicher, dass
Sie das Geld nicht anderweitig
ausgeben, weil es in der Pensions-
kasse für Ihr Alter blockiert ist.
 Leben&K
Kull ur 43

Grüne Gastronomie Lyrik über Liebeslleid

Simon Rogan betreibt Taylor Swift setzt in ih
hrem
nachhaltige Haute Cuisine neuen Album auf Poessie
Der Sternekoch — 48 Der Popstar — 46

Liebe
Boomer,
unsere Zeit
ist vorbei
Die Babyboomer gehen in den Ruhestand.
Was für eine Welt hinterlassen sie und
wofür müssen sie sich rechtfertigen?
Unser Autor Martin Ebel zieht eine
persönliche Bilanz – und wendet sich
an die Generationen X, Y und Z.

Eine Generation tritt ab: Nun liegt es an den Jungen, alles besser zu machen. Foto: Getty

«Abschied von den Boomern»
heisst das neue Buch des deut-
schen Soziologen Heinz Bude. Er
ist selbst einer, Jahrgang 1954. Ich
bin auch ein Boomer, geboren
1955. Das weiss ich allerdings erst,
seit dieses Wort berüchtigt, ja
zum Schimpfwort geworden ist.
«Okay, Boomer», warf 2019 eine
neuseeländische Abgeordnete ei-
nem älteren Kollegen hin und
wollte ihn damit als einen Vertre-
ter eines Typus blossstellen, der
keine Ahnung hat, aber den Jün-
geren die Redezeit, ja überhaupt
die Plätze wegnimmt.
«Okay, Boomer», schallte es in
der Folge überall den Älteren ent-
gegen, in der Schweiz avancierte
es zu einem der Wörter des Jah-
res. Es wurde zum Kampfruf in
einem neuen Generationenkon-
flikt um Positionen und Ansehen.
«Okay, Boomer» hiess im Klar-
text: Abtreten, Boomer, eure Zeit
ist vorbei. Das war und ist nicht
angenehm zu hören.
Wer sind wir überhaupt? Boo-
mer – das ist die Kurzform für
Babyboomer. Gemeint sind die
geburtenstarken Jahrgänge. In
Westeuropa, auch in der Schweiz,
sind das grosso modo die zwi-
schen 1946 und 1964 Geborenen.
Wir sind die Generation, die jetzt
aus dem Arbeitsprozess ausschei-
det oder schon ausgeschieden ist.
Die also genau das tut oder getan
hat, was die Nachrückenden, die
Generation X (Geburtsjahrgänge
1965 bis 1980) und Y (Geburtsjahr-
gänge 1981 bis 1996, die Millenni-
als) beziehungsweise ihre mili-
tanten Vertreter, von ihnen for-
dern: abtreten.
Nur löst das zwar ein Problem
(Platz machen für die Nächsten),
schafft aber ein neues: Da wir
Boomer so viele sind, strapazie-
ren wir das Rentensystem mit
AHV und Pensionskasse, in das
dann die zahlenmässig geringe-
ren Generationen einzahlen müs-
sen, aufs Äusserste. Zu der finan-
ziellen Belastung kommt die öko-
logische, aus der manche uns
Boomern gern einen moralischen
Strick drehen.
Sind wir es nicht, die den Pla-
neten ruiniert haben, durch un-
seren verschwenderischen Le-
bensstil, unseren Ressourcenver-
brauch, unsere Gier nach immer
mehr? Fällt der massive Anstieg
der CO2-Konzentration in den
letzten Jahrzehnten nicht genau
in die aktive Zeit unserer Genera-
tion? Hinterlassen wir den XY-
und Zlern nicht eine ausgeplün-
derte, überhitzte, bald lebens-
feindliche Erde? Ist «Okay,
Boomer» nicht viel zu mild als
Slogan, muss man uns nicht ge-
radewegs den Prozess machen?
Nun, das ist ein allzu simpler
Gedanke. Schuld kann immer nur
eine individuelle Kategorie sein,
und «Generation» umfasst viele
Millionen Einzelne mit unter-
schiedlichem Bildungshinter-
grund, Sozialisation, Lebenslauf,
Charakter, Verhalten.
Natürlich verbindet uns gebur-
tenstarke Jahrgänge aber vieles,
was uns von den vorangehenden
(der «stillen Generation», die
noch vom Krieg geprägt war) und
den nachkommenden deutlich
unterscheidet. Wir sind in einer
Zeit zunehmenden Wohlstands
aufgewachsen, haben erlebt, dass
Bildung für breite Schichten zu-
gänglich wurde. Die Gesellschaft
wurde offener, vielfältiger, tole-
ranter; Frauen verlangten und be-
kamen mehr Rechte und Chan-
cen als je zuvor; Medien, vor al-
lem das Fernsehen, und Reisen
erweiterten den Horizont. Wahr-
scheinlich hatte keine Generati-
on zuvor so viele Wahlmöglich-
keiten, ist es keiner Generation im
Ganzen betrachtet so gut gegan-
gen wie uns Boomern.
Was wir Boomer
für die XYZer-
Generationen sind,
das waren für uns
die 68er. Sie sassen
uns vor der Nase.
Aber genau das zu wissen, gehört
auch zum Boomer-Bewusstsein –
bis hin zum schlechten Gewissen.
In meinem protestantischen El-
ternhaus hiess es, wenn uns das
Essen nicht schmeckte: «Iss auf,
denk an die armen Kinder in In-
dien, die wären froh!» Die Eltern-
generation in Deutschland hatte
Diktatur, Krieg, Zusammenbruch
und Hunger erlebt, in der Schweiz
immerhin Kriegsgefahr und Man-
gel. Für uns ging es immer nur
aufwärts, dafür mussten wir doch
dankbar sein.
Allerdings: Die Bedrohung war
da, der Kalte Krieg in Kindheit
und Jugend sehr präsent. Meine
erste politische Erinnerung war
die Kubakrise 1963. So nah am
Rande eines Weltkriegs fühlten
wir uns 20 Jahre später wieder,
bei der Nachrüstungsdebatte, als
die gegenseitige Vernichtung in-
nert weniger Minuten plötzlich
ein realistisches Szenario war.
Endzeit-Gefühle kennen wir nicht
erst, seit wir von der drohenden
Klimakatastrophe wissen. Nur
mit den Konsequenzen ist das so
eine Sache.
Was wir Boomer für die XYZer-
Generationen sind, das waren für
uns die 68er. Sie sassen uns vor
der Nase. Sie hatten einiges auf-
gebrochen an Verkrustungen in
der Gesellschaft, in Familien, Uni-
versitäten und Betrieben. Wir
wuchsen in liberalere Schulen, lo-
ckere Umgangsformen hinein
und durften den Rasen betreten.
Aber sie nervten auch an den Unis
mit ihren doktrinären Partei-
kämpfen, und sie sassen, als sie
die Revolution aufgegeben und
den Marsch in die Institutionen
angetreten hatten, bald überall
dort, wo wir einmal hinwollten.
Und da sie jung waren, würden
sie noch sehr lang dort sitzen. An-
ders als sie wollten wir die Welt
nicht verändern, wir wollten erst
mal einen Platz in ihr finden.
Unser Problem als geburten-
starke Jahrgänge: Wir waren vie-
le. Immer und überall. Als ich ins
Gymnasium kam, sassen wir zu
45 in einer Klasse. An der Univer-
sität gab es oft zu wenig Stühle
für zu viele Studenten. Zu weni-
ge Professoren für Sprechstun-
den und Prüfungstermine. Und
im Beruf: die Eingänge verstopft.
Wer eine Chance bekam, gab al-
les. Arbeit war zentral in unserem
Leben. Das Gespenst der Arbeits-
losigkeit hat viele begleitet, bis
zur Pensionierung.
Die Konkurrenz war gross, und
sie ging weiter. Sie war auch des-
halb gross, weil zum ersten Mal
auch die Frauen dazu gehörten.
Sie machten dieselben Ausbil-
Fortsetzung — 44
44 Leben & Kultur 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch

Fortsetzung nem Vortrag gehört habe – be-

Unsere Zeit
ist vorbei
dungen, studierten dieselben Fä-
cher, waren ebenso gut, oft bes-
ser. Und sie forderten uns heraus:
Wer nicht die gerade angesagten
feministischen Texte gelesen, die
entsprechenden Diskurse drauf-
hatte, war abgemeldet.
Die 68er waren Paschas, trotz
ihrer emanzipatorischen Rheto-
rik. Wir Boomer-Männer lernten
Gleichberechtigung, auch das als
erste Generation – und dass star-
ke Frauen zwar manchmal an-
strengend sein konnten, aber
auch manches leichter machten.
Wir mussten nicht mehr allein
stark sein (oder so tun). Dafür als
Paar, als Familie vieles immer neu
erfinden und aushandeln.
Wir waren eine unideologische
Generation, wir sind es immer
noch, deshalb reagieren wir auch
gereizt auf die neuen Zumutun-
gen aus der identitätspolitischen
oder der sprachpolitischen Ecke,
in denen wir die alten doktrinä-
ren Geister wieder auferstehen
sehen. Denn in Sachen Sensibili-
tät für die Benachteiligten, die
Unterdrückten, für die Dritte Welt,
fühlen wir uns nicht belehrungs-
bedürftig. Waren wir doch gut in-
formiert darüber, wie es jenseits
von unserem Wohlstandskonti-
nent Europa zugeht, durch Zei-
tungslektüre, Fernsehen, in Drit-
te-Welt-Gruppen oder vor Ort –
viele von uns sind, als wir jung
waren, mit dem VW-Bus nach In-
dien gefahren oder durch Süd-
amerika getrampt.
Auch wer zu Hause blieb,
wusste: Kaum jemandem geht es
so gut wie uns Boomern hier in
der Schweiz, in Westeuropa. Und
es war uns klar, dass das nicht
unser Verdienst ist, weder unser
persönliches, noch weil die
Schweiz so ein fantastisches Sys-
tem sei, das doch jedes Land ein-
fach kopieren müsse, damit es
ihm ebenso gut gehe. Es sind
glückliche, auch historische Um-
stände dafür verantwortlich, auf
Kosten anderer, auch Zukünfti-
ger. Auch dass wir über unsere
Verhältnisse leben, ökologisch
betrachtet, war uns klar, seit 1970
der Bericht des Club of Rome
über die «Grenzen des Wachs-
tums» herauskam. In der Schü-
lerzeitung meines Gymnasiums
wurde dieser Bericht seinerzeit
vorgestellt, da kam auch der
Treibhauseffekt schon vor.
Man kann jedenfalls nicht sa-
gen, wir Boomer hätten nicht ge-
wusst, dass unser ökologischer
Fussabdruck zu gross ist – auch
wenn wir den Begriff erst später
kennen gelernt haben.Auch wenn
es eine Erkenntnis ist, die sich
erst schleichend Raum in unse-
rem Bewusstsein geschaffen hat.
Das «unglückliche Bewusst-
sein» – ein Begriff, den ich erst-
mals von Adolf Muschg 1981 in ei-
gleitet viele von uns seit langem.
Wir Boomer sind ja keine un-
politische Generation, wir haben
gegen die Atomkraft, gegen die
Nachrüstung protestiert, jetzt ge-
rade gehen wir mit den Jüngeren
gegen den Rechtsextremismus
auf die Strasse. Aber müssten wir
nicht gegen uns selbst protestie-
ren? Und klingt das nicht absurd?
Unseren Lebensstil haben wir
bei aller Einsicht nicht konsequent
geändert, sondern – höchstens et-
was abmoderiert – weiter gepflegt.
Weniger fliegen, kein Fleisch es-
sen, das Auto abschaffen,Wärme-
pumpen und Solarmodule instal-
lieren: Das sind individuelle Lö-
sungen, die eine Generation der
Individualisten wählen kann.
Aber sie bewirken wenig gegen
das, was in grossem Massstab
global getan werden müsste, um
die Erwärmung der Atmosphäre
vielleicht noch aufzuhalten, und
das Wissen darum verstärkt das
Gefühl der Hilflosigkeit.
Wir treten ab.
Ihr seid jetzt dran,
Generation X und
Ypsilon und Zett –
ihr seid ja schon
längst am Ruder.
Und ist nicht unser Lebensstil,
so schädlich er ist, gewissermas-
sen systemimmanent? Radikalen
Konsumverzicht in grossem Stil
hielte unser Wirtschaftssystem
nicht aus. Und die zu erwarten-
den Verteilungskämpfe die poli-
tischen Systeme nicht. Allerdings
wird das gegenwärtige Nichts-
oder Wenigtun letztlich noch teu-
rer … «Es gibt kein richtiges Le-
ben im falschen», sagte Adorno.
Ein zu Tode zitierter Satz, der
auch nicht weiterhilft.
Eine übrigens sehr wirkungs-
volle Art der Boomer, unseren
Fussabdruck zu verringern, näm-
lich weniger Kinder in die Welt
zu setzen als unsere Eltern,
schafft ja, wie gesehen, neue Pro-
bleme. Dies nur als kleine Poin-
te im grossen Dilemma.
Wir treten ab. Ihr seid jetzt
dran, Generation X und Ypsilon
und Zett – ihr seid ja schon längst
am Ruder. Wir hinterlassen euch
eine Welt voller Krisen und Pro-
bleme, unser Lebensstil ist mit-
verantwortlich dafür. In diesen
Lebensstil seid ihr hineinge-
wachsen, ihr praktiziert ihn
ebenfalls ganz gern – seid ehr-
lich. Hinterlassen haben wir euch
aber auch die bestmögliche Aus-
bildung, die umfassendsten In-
formationsmedien, nützliche Er-
findungen, ein kritisches Be-
wusstsein – und einsichtige
Vorgänger. Meistens jedenfalls.
Vielleicht macht ihr es besser.
Zeigt es uns! Wir wünschen
Boomer damals beim Beatles-Konzert und vor dem Zürcher Odeon, geprägt von Kennedy und Atom-Protesten. Fotos: Keystone euch viel Glück dabei.

Fast verliebt
Wahre Liebe
endet nie
Mein liebstes Restaurant auf der
ganzen Welt liegt auf einer kleinen
Thai-Insel voller Hippies. Als ich
nach Jahren wieder dort bin, fehlt
etwas: Frau und Kind. «Wo sind
sie?», frage ich mich und trinke
eiskalten Wassermelonen-Saft
unter der Knallsonne. Das hier
schien immer die Geschichte einer
grossen Liebe zu sein (und der
Traum vieler Aussteiger und
Influencerinnen): Vor über zehn
Jahren eröffnete eine junge blonde
Britin zusammen mit ihrem lang-
haarigen, rockglamourösen
Thai-Mann das erste vegetarisch-
vegane Restaurant auf dieser
Insel – und alles daran war
ungewöhnlich.
Die superblasse Europäerin auf
der stromlosen Insel voller Kiffer
und Bob-Marley-Poster. Ein
fleischloses Restaurant in einer
Fleischkultur. Man kann sich
vorstellen, was die Eltern der
jungen Frau damals dachten,
irgendwo in ihrem Reihenhaus
in England. «Impossible? = I’m
possible!», schrieb die Tochter
in einer trotzigen Mischung aus
Naivität und Entschlossenheit auf
ein Schild. Dann rammte es ihr
Mann in den Garten des Restau-
rants – und sie legten los: Servier-
ten Tofu-Currys mit Vollkornreis
und Superfood-Shakes, gaben
Yoga-Stunden, spielten Gitarre,
und der gemeinsame Sohn zierte
die Speisekarte und rannte durch
den Garten. Der Laden wurde
ein Riesenerfolg.
Und jetzt? Ist er immer noch
hier. Und wo ist sie? «In der
Stadt», erzählt der verbliebene
Mann. Wie ich erfahre, sind sie
nicht mehr zusammen. Wie scha-
de! Ich werde traurig. War wohl
doch nicht so rosig, wie es wirkte,
denke ich. War er nur eine Phase
für sie, hat er es in den Sand
gesetzt?
Aber dann höre ich dem Mann
eine Weile lang zu und merke,
dass meine voreiligen Schlüsse
ins Leere laufen. Denn er spricht
mit so viel Liebe und Respekt von
ihr, dass mir klar wird: Die Ge-
schichte der beiden ist grösser als
ihre Trennung. Wie sie sich verlieb-
ten, dieses unwahrscheinliche
Paar, wie sie dann gemeinsam
die Welt bereisten, sich durch
Asien futterten, über die Zutaten
fachsimpelten und schliesslich ihre
eigene Speisekarte zusammen-
schrieben, die der Grundstein
ihres Erfolgs wurde. Sie lernte
von ihm Thai, er lernte die nassen
englischen Sommer kennen.
Noch heute sind sie befreundet,
zusammen für den gemeinsamen
Sohn da, und er mag ihren neuen
Freund. «Ich habe so viel von
ihr gelernt», resümiert er lächelnd:
«und sie von mir.»
So oft reden wir eine Liebe
im Rückspiegel schlecht, nur
weil wir nicht zusammenbleiben
konnten. Dabei heisst eine
Trennung nicht, dass man alles
neu bewerten muss – warum
auch? Es kann wunderbar ge-
wesen sein. Was man gemeinsam
erlebt und aufgebaut hat, kann
grösser sein als die Tatsache,
dass es vorbei ist. Vielleicht ist
es die höchste Kunst der Liebe,
für immer zusammenzubleiben.
Aber eine liebevolle Trennung,
das ist die zweithöchste Kunst.
Mindestens.
Claudia
Schumacherr
Die Autorin erzählt Beziehungs-
geschichten aus ihrem Umfeld.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Liebes-Nasensprays
und andere Placebos
Neuer Roman Wie wichtig ist die Wahrheit? Im Gesellschaftsroman «Wellness»
des Bestseller-Autors Nathan Hill entscheidet sich ein Paar lieber für die bessere Geschichte.
Christiane Lutz
Was ist klüger: Jetzt eine Apfel-
tasche zu essen, oder fünfzehn
Minuten abzuwarten und dann
zwei Apfeltaschen zu bekom-
men? Toby, acht Jahre und Ne-
benfigur in Nathan Hills Roman
«Wellness», stopft sich sofort die
Apfeltasche in den Mund. Seine
Mutter Elizabeth bekümmert
das. Mangelnde Impulskontrol-
le. Zudem kam dieses als «Marsh-
mallow-Test» bekannt geworde-
ne psychologische Experiment
einst zu dem Schluss, dass Kin-
der, die sich nicht beherrschen
konnten, später weniger erfolg-
reich in Schule und Beruf waren.
Das ursprüngliche Experi-
ment aber war fehlerhaft, es hat-
te die Herkunft der Kinder nicht
genug berücksichtigt. Die Kin-
der, die sich beherrschen konn-
ten, kamen vorrangig aus reichen
Familien, die sofort Zugreifen-
den stammten eher aus ärmeren,
sie kannten also den Zustand des
Mangels. Und der spätere beruf-
liche Erfolg war weniger der Im-
pulskontrolle als vielmehr dem
Elternhaus zuzuschreiben.
Ein Liebeswunder
Die Toby-Episode, im 730-seiti-
gen Roman «Wellness» von Na-
than Hill früh angerissen und
erst am Ende aufgelöst, resü-
miert, worum es in der Geschich-
te geht: um Wahrheiten, die wir
glauben oder glauben wollen,
auch wenn sich die Dinge viel-
leicht ganz anders verhalten.
Im Mittelpunkt von «Well-
ness» steht das Paar Jack und Eli-
zabeth. Sie treffen sich 1993 in
Chicago, er ein junger Fotograf,
sie eine wissbegierige Studentin.
Schon vor ihrem Kennenlernen
beobachten sie sich gegenseitig
wochenlang, ihre Wohnungen im
dritten Stock zweier gegenüber-
liegender Häuser sind nur durch
eine schmale Gasse getrennt. Eli-
zabeth stammt aus einer reichen
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Leben & Kultur 45
Das grosse Abc: Unser Sprachquiz
Winterwörter?
Ziehen Sie sich warm an!
In Zürich stehen die Skiferien vor der Tür, aber der
Schnee ist, im Unterland, zurzeit bloss eine blasse
Erinnerung. Doch die nötigen Vokabeln für die weisse
Zeit sind ja für immer ins Gehirn eingebrannt – von
A wie «Altschnee» über B wie «Beschneiung» oder
C wie «Carving» bis zu Z wie «Zauberteppich»,
diesem Hügeltransport für die ganz Kleinen.
Vielmehr als um nachweisliche Die bringen uns mental schon mal auf Trab. Oder wie
Wirksamkeit geht es hier um die ist das bei Ihnen? Sind Sie gewappnet? Wir haben
Geschichte: «Es war der einzige Ihnen einen saisonalen Sprachparcours mit 13 Online-
Wirkstoff: Glaube. Elizabeths Pa- aufgaben zusammengestellt, von denen hier eine
tienten wurden geheilt, weil sie Auswahl abgedruckt ist. Viel Spass!
Ist Grant Woods an Heilung glaubten.» Ethische Alexandra Kedves
«American Gothic» Bedenken wischt sie weg.
von 1930 ein Meister- Für Jack ist «die Wahrheit» Fünf Beispiele aus unserem Onlinequiz:
werk oder ein auch eine Frage der Distinktion.
kommerzialisierter Als kleiner Junge in der Abge- 1. Wir haben ein paar schöne alte – teils veraltete
Touristenmagnet? schiedenheit von Kansas zeigt – Bezeichnungen für fünf Monate versammelt.
Das fragt sich Jack, ihm seine künstlerisch begabte Welches ist der Februar?
Protagonist in Schwester das Gemälde «Ameri- a) Gilbhard.
«Wellness». can Gothic» von Grant Wood. Auf b) Hornung.
Foto: Gemeinfrei/Art dem steht ein Paar, der Mann hält c) Hartung.
Institute of Chicago eine Heugabel und starrt ernst d) Scheiding.
den Betrachter an, die Frau e) Lenzing.
schaut knapp vorbei. Jack be-
wundert das Bild. An der Univer- 2. Mütze: Schon das Wort an sich klingt kuschlig
sität aber fällt es bei den ver- warm. Woher kommts?
snobten Kommilitonen durch: a) Wohl vom mittellateinischen «almucium»,
Touristenfutter sei das, komplett ursprünglich eine geistliche Kopfbedeckung.
Familie, die durch fragwürdige sie glaubt. Als Elizabeth in der kommerzialisiert. b) Wohl vom indogermanischen «moutzin»,
Geschäfte an Geld kam, Jack Küche sass, fragte sie sich, ob ursprünglich «wärmen».
wuchs in der Prärie von Kansas ihre gemeinsame Geschichte Eine Frage der Einstellung c) Wohl vom arabischen «al-motz», ursprünglich
auf einer Farm auf. Beide leiden auch nur eine Art herausgeputz- Wie auch bei der Betrachtung in der Bedeutung «hinzugefügt zu Gewand».
unter lieblosen Eltern, der Um- tes Placebo war. Eine Geschich- von «American Gothic» nicht
zug in die Stadt ist eine Flucht, te, die sie beide glaubten, weil sie ganz klar ist, ob es sich um eine 3. Viele gehen nach dem Skifahren etwas trinken
ihre Begegnung gleicht dement- sich dabei als etwas Besonderes Parodie oder eine Glorifizierung und tragen dazu ...
sprechend einem Wunder. Zu- fühlten.» des ländlichen Lebens handelt, a) Aprèsski-Kleidung.
mindest ist das die Geschichte, Hill variiert dieses Motiv der das Bild also mehrere Wahrhei- b) Après-Ski-Kleidung.
die sie fortan erzählen werden. gefühlten Wahrheit in «Well- ten anbietet, lernt Jack, dass er c) Aprèsskikleidung.
Es sind die Jahre des digitalen ness» lässig rauf und runter: Ist sich für die bessere Geschichte d) Après-Skikleidung.
Aufbruchs: Jack und Eli- nicht letztlich alles wahr, entscheiden kann. Wie schon im
zabeth dürfen sich als was uns wahr erscheint? Debüt «Geister» von 2016 ver- 4. Das Gerät mit den langen Brettern heisst laut
Vertreter der Generation Hat Jack Angst vor ge- bindet Hill dabei alles geradezu Duden im Nominativ Plural wie?
X einer Zukunft sicher trennten Schlafzim- streberhaft makellos und baut a) NUR: die Ski.
sein, die von techni- mern, weil das tatsäch- den nächsten saftigen Gesell- b) NUR: die Skier.
schem Fortschritt und lich ein Symbol für die schaftsroman. Das Jonglieren c) NUR: die Schi.
Wohlstand geprägt ist. sich entfernende Eliza- mit der gefühlten Wahrheit ist d) NUR: die Ski / Schi.
Getrieben vom Streben beth ist, oder erkennt er dabei auch Mittel, eine individu- e) Die Ski / Skier / Schi / Schier.
nach individueller Ver- Bestseller- darin lediglich seine ge- alistische Gesellschaft zu illust-
wirklichung lässt sich das Autor Nathan trennt schlafenden El- rieren, in der die gute Erzählung 5. Was ist Firn?
Paar in einer Künstler- Hill. Foto: PD tern? Und vor allem: Ist zu einem glücklichen Leben a) Die in der Sonne glänzende Schneeschicht.
WG nieder. «die Wahrheit» immer führen kann, wo andererseits b) Das Abendrot am Berg.
Jetzt, 20 Jahre später, wollen das unbedingt Anzustrebende, Zweifel zutiefst verunsichern. c) Körnig gewordener Altschnee.
sie eine Wohnung in einem noch wenn die gute Geschichte mög- Am Ende ist «Wahrheit» auch
nicht komplett gentrifizierten licherweise viel besser wirkt? eine Frage der richtigen Einstel- Lösungen:
Viertel Chicagos kaufen und Eli- Letzteres gilt auf jeden Fall für lung. «Wellness» ist kein Feel- 1=b, 2=a, 3=b, 4=e, 5=c
zabeth plant getrennte Schlaf- das erfolgreiche Institut «Well- good-Plädoyer dafür, seine Hal-
zimmer. Beziehungskrise. Oder ness», das Elizabeth leitet. Im tung positiv zurechtzubiegen, Nathan Hill:
die Frage: Welche Version des Rahmen psychologischer Expe- aber er insinuiert: In der Loslö- Wellness. «Das grosse Abc» erscheint wöchentlich.
anderen und von sich selbst ist rimente verschreibt sie ahnungs- sung von einer unbedingten Piper, 2024. Weitere Quizfragen, die Lösungen samt Benotung
eigentlich wahr? «Geschichten losen Patienten Placebos: Liebes- Wahrheit liegen Möglichkeiten 736 S. und Erklärungen zu den Antworten finden Sie
haben nur Kraft, solange man an Nasensprays, Abnehmröcke. – auch zur Entlastung. ca. 38 Fr. auf unserer Website.
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46
Taylor Swift Das Marketing-Genie kündigt ein neues Album an, mit dem Titel «The Tortured Poets Department».
Jakob Biazza und
Kathleen Hildebrandt
Wäre Taylor Swift nicht ohnehin
der unbestritten grösste Popstar
des Planeten, würde man sagen:
was für ein PR-Coup. Da nahm
sie am Sonntagabend ihren
Grammy für das beste Album des
Jahres («Midnights») entgegen
und verlor keine Zeit, sondern
kündigte auf der Bühne direkt
ihr kommendes Album an. «The
Tortured Poets Department» soll
es heissen. Swift verschwand
hinter der Bühne und schwupps
war diese Neuigkeit in allen
sozialen Medien nachzulesen,
das schwarzweisse Albumcover
gepostet, ein Textchen in Taylors
Handschrift dazu, wahrschein-
lich ein Fragment aus einem der
kommenden Songs.
Nicht überraschend ist, dass
Cover und Text am Morgen da-
nach bereits 11,5 Millionen Likes
auf Instagram bekommen haben.
Überraschend hingegen mag
man den Albumtitel selbst fin-
den: «The Tortured Poets De-
partment» – was sollen Taylor
Swifts tendenziell weibliche, tra-
ditionell jugendliche, also 13- bis
19-jährige Fans damit anfangen?
Was soll das überhaupt sein, die-
se «Abteilung der gequälten
Dichter»?
Eine Weiterführung des Eng-
lischunterricht-Filmklassikers
«Dead Poets Society» (auf
Deutsch: «Der Club der toten
Dichter») von 1989, in dem Ro-
bin Williams als überengagierter
Literaturlehrer verwöhnten, aber
auch irgendwie gequälten Prep-
School-Boys Shakespeare nahe-
bringt? Immerhin ist 1989, das
Jahr, in dem der Film in die Ki-
nos kam, Taylor Swifts Geburts-
jahr. Ihre Fans sind in der Deu-
tung von Swifts Entscheidungen
solcher Zahlenmystik traditio-
nell nicht abgeneigt.
In der Liebe und der Poesie
ist alles erlaubt
Oder versucht Taylor Swift, ihr
eigenes Schaffen im akademi-
schen Kontext zu verorten? Das
«department» ist an US-ameri-
kanischen Universitäten der
«Fachbereich» für Biologie, In-
formatik oder, hier vielleicht
relevanter: für Germanistik,
Romanistik, Anglistik. Begleitet
sie ihre Fans jetzt ans College?
Oder schwelgt sie, etwas verspä-
tet, im Social-Media-Trend der
«Dark Academia», einer Ästhetik
der Tweedjacketts, Rüschenblu-
sen und verträumter Blicke aus
den Fenstern alter, zumindest
englisch aussehender Gebäude
hinaus in den melancholisch in-
spirierenden Regen?
Ihr Songtext-Fragment wür-
de dazu jedenfalls passen. Sie
schreibt da in ordentlicher, leicht
nach links geneigter Handschrift
von «Musen», die sie sich wie
Verletzungen zugezogen habe,
und davon, dass in ihren Adern
tiefschwarze Tinte fliesse. «All’s
fair in love and poetry», schliesst
sie, eine Anspielung auf den Aus-
spruch, in Liebe und Krieg sei
alles erlaubt, der dem englischen
Dichter John Lyly, 16. Jahrhun-
dert, zugeschrieben wird.
All das ist sehr, sehr gut mög-
lich. Denn auch wenn dieser
Albumtitel erst mal nach klassi-
scheren und deshalb von vielen
als höher empfundenen künst-
lerischen Weihen klingen mag,
ist der Gestus des an der Welt,
Leben & Kultur 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
In ihren Adern und Lyrics
fliesst tiefschwarze Tinte
Sie weiss wieder mal ganz genau, was sie ihren Fans anbieten muss.
dem Leben oder einfach nur sich hältnisse über Gebühr traurig tationen, die beiden wollkratzi-
selbst leidenden Künstlers na- (eine sehr konkrete Herzens- gen Lagerfeuerknisterer «Folk-
türlich durchaus einer, mit dem angelegenheit, aber wohl auch lore» und «Evermore».
Teenagermädchen viel anfangen eine allgemeine Veranlagung). Was nun die Dunkelheit und
können. Also nahm er sich ein Aufnah- das etwas Weltabgewandte
Vielleicht kann man sogar megerät und coverte «1989» betrifft: Auf dem gerade mit
sagen, dass gerade sie die Ziel- Song für Song, wobei er die gan- dem Grammy dekorierten «Mid-
gruppe sind für die ästhetischen ze im Folk so fundamentale nights» erkundet Swift die
Insignien, die Taylor Swift mit «Drei Akkorde und die Wahr- verschiedenen menschlichen
den «Tortured Poets» bedient: heit»-H
Haftigkeit von Swifts Mu- Zustände jenseits der 0-Uhr-
für die Posterdrucke d der Paris- sik final aus deem Ausgangs- Marke. Ein paar analoge Vinta-
Schwarzweiss-Fotogra afien von material herausmmeisselte. ge-Drum-Machines, ein paar
Robert Doisneau; in Sch hönschrift sehr stilsichere, dunkelbritzeli-
an den Rand von Mattheheften Das vierte Mal den Grammy ge Synthesizer und voilà: eine der
gemalte Lyrik über Liiebesleid; für das beste Alb
bum besten Nachterkundungen der
das Sichverlieren in kla assischen Das war noch, bevor es Miss- vergangenen Jahre.
Geschichten, wenn nicht n von brauchsvorwürrfe gegen den Die, klar, dabei aber nie den
Jane Austen, so doch in ddenen der Sänger gab, un nd die – damals Swift-Pop-Appeal, dieses irgend-
derzeit viel gelesenen Romanzen
R vielleicht noch
h mehr als heu- wie doch immer Glaubwürdige,
von «New Adult»-Roman- te – hypermän nnliche Feuille- Authentische, ganz unbedingt
autorinnen wie Colleen n Hoover, ton-Zunft (die Hälfte der bei- unheimlich Echte verlor. Es war
Rebecca Yarros oder An na Huang. den Autoren zä ählt sich da ex- übrigens das vierte Mal, dass sie
Wahrscheinlich ist es näämlich so: plizit dazu) konnnte Swift nun den Grammy fürs beste Album
Taylor Swift mutet ih hren Fans plötzlich als diee Songwriterin bekommen hat. Das ist bislang
hier nichts Neues zu, sondern akzeptieren, diee sie schon im- niemandem gelungen – nicht
weiss wieder mal gan nz genau, mer war. Es folg gten unter an- Frank Sinatra, nicht Stevie Won-
was sie ihnen anbieten n muss. derem die grand diose, LGBTQ- der und erst recht nicht Beyon-
Im Gesamtschaffen der bunte Popklebriigkeit «Lover» cé, die in dieser Kategorie noch
Künstlerin Taylor Swifft und, womöglich tatsächlich an- nie gewonnen hat, was eine
sind Leid und Poesie knüpfend an Ad dams Interpre- schrecklich peinliche Geschich-
schliesslich in etwa te über diesen elenden Preis
so überraschend wie erzählt. Jedenfalls: Als Leitfaden,
eine (R’n’B-)Ballade oder vielleicht auch Leidfaden,
im Werk von Beyon- durchzog alle Swift-Werke im-
cé oder Gitarren im mer eine mindestens mal als
frühen Altherren- Pose ausgestellte Poesie.
Rock-Œuvre Harry Doch, doch. Shakespeare-
Styles’. Will sagen: Referenzen, ein Happy End für
Der vermeintliche «Romeo und Julia» und stets die-
Bruch ist nicht vor- se sich sehr ambitioniert selbst
handen. Es gibt an zerfieselnde Grübelei, verpackt
dieser Pop-Irrsinnsfi- in Lyrik. Mal gelungen. Mal wie
gur keine Brüche, kei- in «Dear John»: «You paint me a
ne radikalen zumin- blue sky / And go back and turn
dest. Es gibt bei Swift it to rain / And I lived in your
genau genommen fastt chess game / But you changed
nichts, was nicht vorheer the rules every day.»
zumindest in winzigstten
Anklängen schon da war. Auf keinen Fall
Was bleibt, sind einigermas- so richtig erreichbar sein
sen sanfte Verrückungeen – zur Im «Sunday Times Magazine»
Seite, nach vorne, seh hr scheu sprach Sir Jonathan Bate, ein
auch mal zurück und dabei,
d bis- ehemaliger Shakespeare-Profes-
lang, immer nach oben n. sor an der Warwick University,
Ihre durchaus glaubw würdigen ihr im vergangenen Jahr eine
Countryanfänge in N Nashville «literary sensibility» zu und be-
liess sie 2010 noncha alant mit zeichnete sie als «wahre Poetin».
dem weithin gefeierteen Popal- Das etwas verspieltere Portal
bum «Speak Now» zu urück, auf «Buzzfeed» erfreute seine Leser
dem sich, auch damalls bereits mit dem Quiz «Who wrote it:
brillantes Marketing, nooch genau Taylor Swift or a famous poet?»
ein Countrysong fand – oder so Swift geriert sich jetzt ganz
etwas in der Art zu umindest: plötzlich als schwarzweiss aus-
«Mean» ist ein hyper-generi- geleuchtete Lyrikerin mit exis-
sches Stück Musik, da as immer tenzialistischem Rollkragen-
hart an der Genre-Parodie ent- Flair? Unfug. Taylor Swift hat nur
langschrammt und darrin einer- die Farbe etwas aus dem Bild
seits Anker für die früh hen Fans gedreht. Zeigen tut es weiterhin,
ist. Und andererseits, daas nur am was mindestens im Hintergrund
Rande, ein famos b brachialer immer schon zu sehen war.
Angriff auf Bob Lefssetz. Den Auf dem jüngst ebenfalls im
Musikblogger Lefsetz, der – frei Social Web geposteten Cover also
erfunden – behaupteet hatte, auch noch eine flauschige Bett-
Swift würde bei ihren Liveauf- szene à la «In Bed with Taylor».
tritten Auto-Tune verrwenden, Swift räkelt sich da in tendenzi-
also eine Software, d die schief ell züchtiger, aber auch entschie-
gesungene Töne geradebiegt. den durchsichtiger Lingerie auf
«Red» sollte dann a als erwei- wolkigen Daunenkissen. Der
terter, frech-eklektischer Befrei- rechte Arm umschlingt den
ungsschlag gelesen weerden. In Oberkörper. Ihr Gesicht ist nur
Swifts Worten: «Ich seh he dieses von der Nasenspitze abwärts
Album als mein Splattter-Paint- zu sehen.
Album, bei dem ich allle Farben Wie einem Instagram-Posting
verwende und an die W Wand klat- der Fotografin Beth Garrabrant
sche, um zu sehen, wa as hängen zu entnehmen ist, handelt es sich
bleibt.» Ganz so aufreg gend Gen- bei der Unterwäsche um Ware des
re-klecksend war es d dann aber Labels The Row, 2006 von den
gar nicht. Aus dem erssten Pop- Schauspielerinnen Ashley und
Shift entstand sch hliesslich Mary-Kate Olsen gegründet. Kos-
«1989», schon bei Ersch heinen ein tenpunkt: sehr sicher nicht unter
Ereignis, und hier wirrd es nun 1000 Euro. Um jungen Fans als
besonders interessant. Idol zu taugen, muss man ihnen
Ungefähr ein Jahr naach Veröf- Taylor Swift bricht Anfang zwar emotional nahekommen,
fentlichung des Albu ums war Februar an den Grammy ihre Leiden in Poesie kleiden, aber
nämlich der Indie-Folk k-Musiker Awards in L.A. alle so richtig erreichbar sein, das darf
Ryan Adams selbst für sseine Ver- Rekorde. Foto: Getty/AFP man auf keinen Fall.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
« Für meine Gäste bin
ich Butler Heiko. Wir
stellen uns mit Vor-
namen vor, das ist persönlicher.
Am Telefon antworte ich mit:
Allegra Butler Heiko. Wir verste-
hen uns nicht als stumme Die-
ner, die in der Ecke stehen und
warten, bis sie aufgerufen wer-
den. Heutzutage sind wir Butler
eher persönliche Assistenten.
Ich bin Chef-Butler im Fünf-
sternhotel Badrutt’s Palace in
St. Moritz. Anspruch auf unser
fünfköpfiges Butlerteam haben
die Herrschaften in den 25 Sui-
ten, gegen Aufpreis auch die Gäs-
te der Juniorsuiten.
Manche unserer Stammgäste
kenne ich seit Jahren. Vor ihrer
Ankunft bereiten wir die Suite
nach ihren Vorlieben her. Viel-
leicht wünschen sich die Herr-
schaften ein Blumenbouquet
ohne Lilien. Oder sie haben eine
Abneigung gegen Blautöne, also
wählt man eine Suite aus, in der
kein Blau vorkommt. Arabische
Gäste mögen keinen Alkohol, bei
ihnen stellt man statt der Spiri-
tuosen Datteln oder Baklava
bereit. Oder wenn ich mitkriege,
die Dame oder der Herr isst ger-
ne Schokolade, aber nur dunkle,
dann bereiten wir eine Etagere
mit dunkler Schokolade vor.
Es geht immer darum, heraus-
zufinden, was der Gast mag und
bevorzugt. Damit meine ich nicht,
dass ich eine Liste schicke, auf der
angekreuzt wird: Zeitung, Scho-
kolade, Getränke, Blumen. Der
Butler sollte vielmehr registrieren,
wenn die Gäste entsprechende
Bemerkungen machen. Es kommt
auch vor, dass sie klare Wünsche
äussern: ‹Heiko, ich möchte ger-
ne ein Tempura-Kissen haben.›
Dann wird das für die Zukunft im
Computer gespeichert.
Schon bei der Anreise finde
ich Kleinigkeiten heraus. Wir
offerieren ein Glas Champagner
und fragen die Gäste, wie die
Anreise war. Da kann man sie
bereits abholen. Vielleicht eine
Massage anbieten, sollte die
«Ein Nein gibt es nicht»
Heiko Haist (57) ist Chef-Butler im Fünfsternhotel Badrutt’s Palace in St. Moritz.
Er tut alles, um die Wünsche seiner Gäste zu erfüllen.
Dame oder der Herr etwas ge-
stresst ankommen. Sodass die
Herrschaften gleich herunter-
kommen und merken: Ich bin im
Urlaub, alles ist arrangiert. Das
ist das Wichtigste. Die Gäste
könnten sich auch selbst eine
Massage buchen oder einen
Tisch im Restaurant reservieren.
Aber sie wünschen sich in erster
Linie das Gefühl, sich um nichts
kümmern zu müssen.
«Einst hat man
Zeitungen
aufgebügelt, heute
gibt es nur noch
zwei, drei Gäste,
die das wünschen.»
Ich bin gelernter Restaurant-
fachmann und habe in diversen
Erstklasshotels in Deutschland
gearbeitet. Im Bankett, an der
Bar, im Gourmetrestaurant, spä-
ter war ich auf der Europa, dem
weltbesten Kreuzfahrtschiff. Ein
Nein gibt es da nicht. Egal, in
welchem Land du bist, der Gast
kann immer alles bekommen.
Wird zum Beispiel ein bestimm-
ter Wein gewünscht, kann es
sein, dass dieser in die Karibik
eingeflogen wird.
2006 kam ich dann für meine
erste Saison nach St. Moritz ins
Badrutt’s Palace und bin geblie-
ben. Mir gefällt, wie vielseitig un-
sere Arbeit ist. Ein Butler muss
Réception, Concierge, Housekee-
ping und Service beherrschen.
Sehr oft geht es darum, Dinge zu
organisieren. Vielleicht haben die
Herrschaften Freunde zu Besuch
und möchten einen kleinen Cock-
tail-Empfang auf der Suite, oder
sie wünschen einen Tipp für
einen Skitag.
Wir tragen zwar die traditio-
nelle Kleidung mit Frack und
weissen Handschuhen. Aber un-
sere Aufgaben haben sich verän-
Wie wir leben
Kunstvoll arrangiert: Silberbesteck und Etagere in der Suite
des Badrutt’s Palace. Butler sind heutzutage persönliche Assistenten.
dert. Einst hat man zum Beispiel
Zeitungen aufgebügelt, heute gibt
es nur noch zwei, drei Gäste, die
das wünschen. Früher wollten die
Gäste gern dabei sein beim Aus-
packen. Heutzutage werden die
Koffer manchmal schon vorge-
schickt, wir bereiten alles vor:
Kleider aufhängen, Schuhe aus-
packen, Kostüm aufbügeln lassen.
Das ist eine sehr intime Aufgabe.
Ich habe auch den Eindruck,
die Gäste bedanken sich eher als
früher, sie sprechen mich direk-
ter an. Häufiger als Trinkgeld
sind persönliche Geschenke aus
der Heimat. Arabische Gäste
bringen gern diese besonderen
Wie will ich leben?
Noch nie waren wir so frei,
unseren Alltag zu gestalten – und
trotzdem sehnen wir uns manch-
mal danach, auszubrechen.
Manchmal sind es auch Schick-
salsschläge, die alles verändern.
In der monatlichen Rubrik
«Wie wir leben» stellen wir
Menschen vor, die ein wenig
anders leben als der Durchschnitt.
Sie haben selbst einen unkon-
ventionellen Lebensentwurf und
möchten davon erzählen?
Melden Sie sich unter:
wiewirleben@tamedia.ch
Datteln mit, gefüllt mit Marzipan
oder Pistazien.
Wenn ein Gast mal ein wenig
ungehalten ist, nehme ich das
nicht persönlich. Für Sie und
mich ist es normal, wenn man
nicht Ski fahren gehen kann, weil
das Wetter umschlägt oder der
Berg gesperrt ist. Für manche
Gäste ist das aussergewöhnlich.
Sie sind es nicht gewohnt, zu war-
ten oder ihre Pläne ändern zu
müssen. Solche Situationen sind
für mich eine Gelegenheit mehr,
den Gast abzuholen und ihm mit
Verständnis zu begegnen. Trotz
allem ist es mir wichtig, stets eine
gewisse Distanz und Zurückhal-
tung zu wahren. Nicht dass ich zu
persönlich werde.
Wer Geld hat, möchte nicht
aufs Geld angesprochen werden,
das habe ich gelernt. Eine Suite
im Badrutt’s Palace kostet ab rund
3600 Franken pro Nacht. In die-
ser Preisklasse möchten Gäste
nicht über Geld reden. Unsere Kli-
entel weiss genau, was sie besitzt.
Wenn sie einen Wunsch äussert,
möchte sie nicht als Erstes hören,
was es kostet. Angenommen,
ein Gast wünscht eine grössere
Suite als gebucht. Niemals wür-
de ich sagen: «Aber das kostet
1000 Franken extra.» Das war
nicht die Frage. Der Gast will wis-
sen, ob es eine grössere Suite gibt
und ob sie verfügbar ist. Über den
Preis lässt sich später reden.
Wir versuchen alles, um un-
seren Gästen ihre Wünsche zu
erfüllen. Was mich manchmal
ärgert, sind Menschen, die sofort
abwehren. Wenn ich zum Bei-
spiel einen Tisch in einem Res-
taurant ausserhalb des Hotels
buchen möchte und es heisst:
Wir sind ausgebucht. Dabei gibt
es immer diese kleine Chance,
dass man etwas arrangieren
kann. Vielleicht müssen wir un-
sere Gäste mal vertrösten: ‹Im
Moment können wir Ihnen kei-
nen Helikopterflug anbieten,
aber später ist einer verfügbar.›
Doch ein definitives Nein gibt es
nicht. Nur mit Drogen oder Pros-
47
Er weiss, was
sich die Gäste
am meisten
wünschen –
das Gefühl,
sich um nichts
kümmern
zu müssen:
Chef-Butler
Heiko vom
Badrutt’s
Palace Hotel
in St. Moritz.
Fotos: Mayk Wendt
tituierten können wir nicht die-
nen. In den ganzen 18 Jahren hier
ist es mir erst ein einziges Mal
passiert, dass ein junger Mann
nach Escortdamen verlangt hat.
Ich habe gesagt: Tut mir leid, das
ist nicht in unserem Repertoire.
Derzeit haben wir keine weib-
lichen Butler in unserem Team.
Ich bedaure das, denn manche
Damen schätzen es, wenn ihre
Koffer von einer Frau ausgepackt
werden. Leider ist es gar nicht so
einfach, gute Butler zu finden.
Viele denken: Das ist mir zu steif,
da muss ich den ganzen Tag still-
stehen. Dabei hat sich das kom-
plett geändert.
«Reichtum
macht einen
Menschen
nicht glücklicher,
das habe ich
festgestellt.»
Ideal für den Einstieg als Butler
ist eine Berufsbildung in der Gas-
tronomie oder Hotellerie. Vor al-
lem aber muss man eine gewisse
Aura versprühen. Sodass der Gast
spürt: Der hört mir zu, der ist
kompetent. Gute Umgangsfor-
men sind ein Muss, Fremdspra-
chen von Vorteil, ebenso Referen-
zen von Tophotels. Alles andere
kann man lernen. Butler zu wer-
den, ist einfacher, als man denkt!
Vier Monate im Jahr ist das Ba-
drutt’s geschlossen.Während die-
ser Zeit verlasse ich meine Perso-
nalwohnung und mache Urlaub
in meiner Heimat Deutschland.
Oder ich verreise an einen ruhi-
gen Ort in die Ferien. Luxus brau-
»
che ich nicht. Reichtum macht ei-
nen Menschen nicht glücklicher,
das habe ich festge-
stellt. Es ist oftmals
eine Bürde.
Aufgezeichnet von Tina Huber
48 Kulinarik 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch

Baden Sie
Ihr Fleisch!
Saftigkeit Es gibt wenig

«Kohl ist das Produkt

Freudloseres als trockenes
Poulet und farbloses
Fleisch. Dagegen hilft ein
Geheimnis: Die Salzlake.

Zwei Dinge ärgern mich bei der

Zubereitung von Fleisch: Beim
Anbraten tritt oft viel Wasser
aus, und gerade Pouletbrüst-
der Zukunft»
chen werden staubtrocken. Klar,
das liegt am tiefen Fettgehalt,
weshalb sie bei Fussballern und
Fitness-Aficionadas hoch im
Kurs sind. Ich persönlich finde,
es gibt wenig Langweiligeres als
Hühnerbrust.
Jetzt habe ich die Lösung für
das Problem: Brining! Brining
ist eine Zubereitungsmethode,
die man auch beim Fermentie-
ren von Gemüse braucht. Die Nachhaltige
Lake beinhaltet 6 Prozent Salz, Gourmet-
sprich einen Liter Wasser mit 60 Exzellenz
Gramm Salz. Legt man Fleisch von Simon
darin ein, bleibt es zart. Rogan.
Zumindest hat das bei mei- Foto: Cris Barnett
nem Pouletbrüstchen geklappt
(siehe Box). Bei grösserem Ge-
flügel wie einem ganzen Hühn-
chen oder einem Truthahn wird
es dann schnell kompliziert, weil
man grosse Gefässe braucht.
Hier ist umstritten, wie ich in
Foodblogs gelesen habe, ob das
Salz dem Geschmack zuträglich
ist oder den Geflügelgeschmack
zu sehr überdeckt.
So wird im Restaurant
getrickst
In regem Gebrauch ist Brining
auch bei Janic Mühlemann, Kü-
chenchef im Restaurant Giardi-
no im Kursaal Bern. «Das Rind-
fleisch bleibt rot, Kalbfleisch ro-
sarot», sagt Mühlemann.
Bei Geflügel, aber auch Ra-
Grüner Dreisternekoch Die Haute Cuisine tut sich oft schwer mit Nachhaltigkeit.
gout hingegen rät er eher vom Simon Rogan ist eine Ausnahme: Der weltweit erfolgreiche Brite serviert unter anderem
Gebrauch ab. Letzteres wird lan-
ge gekocht, weshalb die Sauce
Gemüse von seiner Farm in Nordengland.
das Fleisch gut durchdringt.
«Oft wird Brining als Vorberei-
tung fürs Räuchern eingesetzt»,
sagt er. Und nennt als Bei-
spiele Schinken, Rippli
oder Speck, die vor der
Rauchkammer nass- Nina Kobelt sen und wunderschön aussehen – bis Pickles, viel Fermentiertes, Getrock- sen. Mein Vater war Obst- und Ge-
gepökelt werden. sie von der Karottenfliege befallen netes. Wurzelgemüse legen wir in müseverkäufer in einem Gross-
Bei Schweine- Herr Rogan, Ihr Restaurant in werden! Dann landet alles in der Kom- feuchten Sand und bedecken sie mit markt. Jeden Freitag brachte er ei-
brustspitz gibt er der Hongkong heisst Roganic. Das kann posthitze. Aber man kanns ja positiv Heu, so bleiben sie haltbar. Ich finde nen Kartoffelsack voller Produkte
Salzlake Gewürze wie kein Zufall sein, oder? sehen: Das Gemüse endet zwar nicht sogar, Karotten, Randen oder Selle- nach Hause, mit damals exotischen
Wachholder, Nelke, Natürlich nicht. Es ist ein Anagramm. auf dem Teller, ergibt aber schönen rie werden so süsser, der Geschmack Früchten wie zum Beispiel Papaya.
Lorbeere bei, um den Organic – bio – ist für uns oberste Pri- Kompost. ist fast besser, und wir können noch Niemand wusste, was man damit
Charakter zu betonen. orität. Die Presse hat uns für diesen Kochen Sie kompliziert? einmal Sprossen ernten. Im Sommer machen sollte, ich aber wollte schon
Gern setzt Mühlemann Gag übrigens verrissen, er sei billig, Nein. Je besser unsere Produkte wer- müssen wir auf Hochtouren arbeiten damals nichts kaputtgehen lassen
Salzlaken beim Klassiker Vi- Vitello tonnato: hiess es. den, also je mehr unser Betrieb mei- – die englischen Sommer sind kurz und begann zu experimentieren.
tello tonnato ein, das Kalbfleisch Mit einem Bad Das ist es ja auch ein wenig. «Bio» nem ursprünglichen Traum nahe- und die Winter kalt und dunkel. Gehen Sie heute noch – wie in Ihren
legt er zwölf Stunden ein. Nach in Salzlake schreiben sich mittlerweile viele auf kommt, desto simpler werden meine Sie haben einmal gesagt, Sie seien Anfängen – Pilze und Wildkräuter
dem Anbraten behält das Fleisch bleibt das die Fahne. Was machen Sie anders? Gerichte. Ich glaube, damit ist auch kurz davor, mit «zero waste» zu sammeln?
die zartrosa Farbe. Achten Sie Fleisch In Cumbria, wo unser Hauptrestau- der Erfolg der letzten Jahre zu erklä- arbeiten, also ohne jeglichen Abfall. Ja. Wir leben, um nur ein Beispiel zu
sich bei der nächsten Bestellung schön rosa. rant steht, betreiben wir eine Farm, ren – wir spielen weniger herum, ver- Wie steht es damit? nennen, im «Süssdoldenland». Es
im Restaurant, ob das Fleisch mit Foto: Getty Images die nur fünf Minuten von der Küche suchen nicht mehr, Produkte künst- Bestens. In den englischen Restau- gibt massenhaft von diesem Kraut,
der Thunfischsauce ganz bedeckt entfernt ist. Unser ganzes Arbeits- lich zur Geltung zu bringen. Ge- rants haben wir so gut wie keinen und man kann alles brauchen, Stän-
wird. Wir wissen jetzt, warum: leben dreht sich um diesen Bauern- schmack ist das oberste Gebot – es Abfall mehr. Das Problem waren lan- gel, Blätter, Blüten. Es schmeckt in-
um die Farbe zu kaschieren. hof mit biodynamischem Obst, Ge- ist erstaunlich, wie viele Köche das ge die Fischlieferungen aus Cornwall tensiv nach Anis.
müse, Kräutern und Blumen. Es ist vergessen. – die kamen oft in Styroporverpa- Was ist das Produkt der Zukunft?
Claudia Salzmann ein riesiges Kreislaufsystem. Wir Wir treffen Sie hier in St. Moritz – ckungen. Nun fährt ein Lieferwagen Für uns in England ist es sicher unter
verschwenden nichts. fernab von Ihrem Garten. Wie passt mit Frischware hoch zu uns – und zu anderem Kohl, das Terroir ist perfekt
Wie ist das möglich? das mit Ihren Idealen zusammen? anderen Hotels und Restaurants in dafür. Ich liebe Broccoli, Kohlrabi,
Pouletbrust mit Speed-Brining Unter anderem dank unseren Heiss- Wir haben fast alles mitgebracht, aus- unserer Gegend, wir haben uns zu- Grünkohl oder Wirsing, und ich
komposten. Das ist eine Art des Kom- ser die frischen Sachen wie Jakobs- sammengeschlossen. Wir sind dran, liebe es, damit zu kochen.
Auch wenn Brining bei Geflügel postierens für Fleischreste, Fisch, muscheln, die kommen aus Frank- die Lieferanten davon zu überzeu- Kochen Sie Fleisch?
weniger empfohlen wird, so hat der Gräte, Rüstabfälle. So geben wir dem reich. Obst, Gemüse, Kräuter und Blu- gen, endlich ein elektrisches Fahr- Ja, bei uns gibt es, glaube ich, mehr
Test gezeigt, dass die Hühnerbrust Boden alles zurück. men stammen hundertprozentig von zeug zu kaufen. Schafe als Menschen. Die einheimi-
schön saftig wird. Das Salz in Das klingt schon fast ein bisschen unserem Hof. Woher kommt dieses Bewusstsein sche Rasse heisst Herdwick. Das
wenig heissem Wasser auflösen, esoterisch – und nach Im Februar? für Verschwendung? Fleissch schmeckt grandios.
dann mit einem Liter kaltem Bilderbuchbetrieb. Wir bereiten jeweils vieles in den war- Vielleicht aus meiner Jugend? Ich Was tun Sie, wenn Sie
Wasser auffüllen. Das Fleisch Tatsächlich geht es mir bei der Nach- men Monaten vor. So haben wir jetzt bin in Southampton aufgewach- freiha aben?
unbedingt in kaltem Wasser haltigkeit nicht nur um die Natur und Ich gehe im Meer schwim-
einlegen, deshalb nicht die ganze unseren Umgang mit den Ressour- men. Das ganze Jahr über.
Menge Wasser erhitzen. cen. Es geht auch darum, wie wir bei Ein Imperium mit grünen «Michelin»-Sternen Oder auf einen Spazier-
Das Verhältnis von Salz und der Arbeit miteinander umgehen. Auf gang mit meiner Frau.
Wasser muss beachtet werden: der Farm läuft nicht immer alles nach Simon Rogan startete seine Kochkar- Lokale, die sich durch nachhaltiges Jetzt, da ich all den
60 Gramm Salz in einem Liter Plan: Wir leben im äussersten Nord- riere in einem einfachen griechischen Engagement in der Gastronomie Schnee hier sehe, wür-
Wasser ansetzen. Das Poulet westen Englands. Das Klima kann Restaurant in Southampton in Süd- auszeichnen. Rogans Vision: eine de ich gern wieder ein-
trocken tupfen und maximal eine sehr unberechenbar sein – an einem england. Heute betreibt er Restaurants Zukunft mit nachhaltiger Gastronomie mal Ski fahren, es ist
Stunde im Wasser marinieren. Wer Tag ist es sehr heiss, dann wieder sehr in England, auf Malta, in Hongkong und – auch auf hohem Niveau. Wie das 35 Jahre her. Aber der Ge-
möchte, kann zusätzlich Knob- kalt. Die Sommer können wochen- Phuket. Das Dreisternrestaurant gehen soll, zeigt er mit seiner Farm schäftsführer meiner
lauchpulver hinzufügen, getrock- lang nass und dann plötzlich wieder L’Enclume in Cumbria ist das Herz- geradezu exemplarisch auf: Er baut das Restaurants hat es mir
nete Kräuter sind so flüchtig, dass sehr trocken sein. stück von Rogans gastronomischem meiste selber an und produziert nahezu verboten – er hat Angst,
sie nicht spürbar mit auf dem Teller Ein konkretes Beispiel für einen Imperium. Zwei seiner Restaurants, keinen Abfall. dass ich verunfalle. Ich
landen. Beim Anbraten aufpassen, Misserfolg? darunter das Roganic in Hongkong, Wir haben Rogan in St. Moritz muss zu viele Termine
weil es wegen des Wassers etwas Na ja, wenn der Küchenchef ein Menü sind mit einem grünen «Michelin»-Stern im Rahmen des Gourmetfestivals wahrnehmen in den
spritzt. (cla) auf Karotten aufbaut, die super wach- dekoriert – diese Auszeichnung erhalten getroffen. (nk) nächsten Monaten.
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7.30 Wetterkanal – Talk _ Frauen – 1. Lauf. Live. Conni 8.40 Hallo okidoki _ Das ORF Musikjahr 7.00 menschen & Zukunft
8.50 Puls in Gebärden- Künstler überwindet 11.00 Nordische 6.55 Pettersson und 8.45 Schmatzo _ 2023 momente – 10.05 Literaturclub
sprache _ Depressionen. Kombination _ Findus _ 9.00 Hallo okidoki _ 10.40 Die Kulturwoche Närrisch _ 11.20 Erbe Österreich _
9.30 Gesundheitheute _ 9.15 Ski alpin _ Slalom Kombinationssprin- 7.20 Bibi Blocksberg _ 9.05 Shaun, das Schaf 11.00 ZIB _ 7.30 Die Fallers _ 12.05 Sisis berühmte
10.00 Evangelikale – Männer, 1. Lauf. Live. gen Männer. 7.45 Bibi und Tina _ 9.15 Ski alpin _ E û 11.05 Pressestunde _ Feuertaufe. Geschwister _
Mit Gottes Hilfe 10.30 Ski alpin _ Slalom 11.30 Ski alpin _ Skicross 8.10 Löwenzahn _ Der 1. Durchgang. 12.00 Hohes Haus _ 8.00 Fastnacht im 12.50 Erlebnisreisen
an die Macht _ Frauen, 1. Lauf. Live. Frauen und Männer. 8.35 1, 2 oder 3 _ Pfui! Slalom der Herren. 12.30 Orientierung _ Südwesten E 13.00 ZIB _
11.00 Sternstunde 11.45 Skiakrobatik _ 12.00 Schlitten _ 9.00 heute Xpress _ Live. 13.00 ZIB _ 9.30 Sehen statt Hören _ 13.20 Die magische Welt
Philosophie _ Skicross Frauen/ 2. Lauf Männer. Live. 9.03 37°Leben _ 10.20 Ski alpin _ E û 13.20 Seitenblicke 10.00 Drillinge! Eine Familie der Bäume –
12.00 Charkiw – Mit Musik Männer. 12.35 Nordische Wir sind der Boss. Der 1. Durchgang. Weekend im Ausnahmezu- Die Linde
gegen den Krieg _ 12.20 Ski alpin _ Kombination _ 9.30 Orthodoxer Slalom der Damen. 13.35 Heimat Fremde stand _ 13.40 Spektakuläre
13.00 Tagesschau _ Slalom Männer, 5 km Kombinations- Gottesdienst _ Live. Heimat _ 10.30 Margit Sponheimer _ Bergbahnen der
13.10 SonntagsZeitung 2. Lauf. Live. langlauf Frauen. 10.15 Das Traumschiff _ 11.45 Sport-Bild E û 14.05 Kochroulette _ 11.00 Faszination Schweiz: «Brienzer
Standpunkte 13.30 Ski alpin _ 12.50 Ski alpin _ Slalom San Francisco. 12.15 Ski alpin _ E û 14.35 Rosamunde Pilcher: Fasnacht E Rothorn» – Die
Die 13. AHV-Rente. Slalom Frauen, Männer – 2. Lauf. Live. 11.45 heute Xpress _ Der 2. Durchgang. Paradies der 12.30 Das Beste aus Mainz Charmante _
14.10 Fabelhafte 2. Lauf. Live. 13.30 Nordische 11.50 Bares für Rares – Slalom der Herren. Träume _ bleibt Mainz, wie es 14.30 Spektakuläre
Farbenpracht 14.30 Biathlon _ Kombination _ Lieblingsstücke _ Live. TV-Melodrama (D 03). singt und lacht Bergbahnen der
14.40 Auf und davon _ WM Verfolgung 10 km Kombinations- 14.10 Bares für Rares – 13.25 Ski alpin _ E û 15.55 Auf Entdeckungs- 2001–2020 _ Schweiz: «Pilatus» –
Florida, Island, Frauen. Live. langlauf Männer. Live. Händlerstücke _ Der 2. Durchgang. reise mit Karl 14.50 Meenzer Konfetti _ Die Mythische _
Mallorca. 15.20 Turbo – Kleine 14.00 Ski alpin _ Slalom 14.55 Duell der Slalom der Damen. Ploberger _ 15.20 Das Abenteuer 15.20 Spektakuläre
15.30 SRF bi de Lüt – Schnecke, grosser Frauen – 2. Lauf. Live. Gartenprofis _ Live. 16.20 Erlebnis Österreich _ unseres Lebens – Bergbahnen der
Winterhütten- Traum _ E û 14.25 Biathlon _ 15.40 heute Xpress _ 14.30 Biathlon _ E û 16.55 Was ich glaube _ Bikepacking mit Schweiz: «Gorner-
geschichten _ Trickfilm (USA 13). 10 km Verfolgung 15.45 planet e _ Genera- Damen Verfolgung. 17.00 ZIB _ Kleinkind von gratbahn» – Die
16.20 Tierische Momente – 16.55 Biathlon _ WM Frauen. WM. Live. tion Klimaangst. WM. Live. 17.05 Aktuell nach fünf _ Offenbach nach Imposante _
Grosse Emotionen _ Verfolgung Männer. 15.15 Skispringen _ 16.15 Die Rosenheim-Cops 15.10 Skispringen E û 17.30 Silvia unterwegs in Istanbul _ 16.10 Spektakuläre
17.10 Minisguard _ Live. Kommentar: 1. Durchgang Ritters letzte Fahrt. Weltcup Herren. Live. Italien _ 15.50 Ein seltsames Paar _ Bergbahnen der
17.25 Cuntrasts Manuel Köng, Männer. Live. 17.00 heute _ 16.00 Nordische 17.55 Zurück zur Natur _ Komödie (USA 68). Schweiz: «Rigi» –
18.00 Tagesschau _ Matthias Simmen 16.10 Schlitten _ 17.15 besseresser _ Kombinationû Garstnertal. 17.30 SWR Kultur _ Die Königliche _
18.15 L’ultim Rumantsch _ 18.00 Sportpanorama _ Teamstaffel. 18.00 Usedom im Winter _ Das Springen und 18.25 Österreich-Bild aus 18.00 SWR Aktuell mit 17.00 Suche Mann für
18.45 G&G Weekend _ 19.00 Fussball _ Super 16.20 Skispringen 18.30 Nutze deine Langlauf 10km dem Landesstudio Sport _ meine Frau _
19.15 mitenand _ League – Highlights. 2. Durchgang Gedanken! _ Highlights. Niederösterreich _ 18.15 Handwerkskunst! _ TV-Komödie (D 05).
Unterstützung bei der 19.55 Langlauf _ Männer. Live. 18.55 Aktion Mensch _ 17.05 Biathlon _ E û 18.57 Bundesland heute 18.45 Treffpunkt _ 18.30 Schweizweit:
Trauerarbeit. Langlauf Frauen, 17.00 Biathlon _ 19.00 heute _ Herren Verfolgung. Service 19.15 Die Fallers – Die SWR Melanies Herausfor-
19.25 Bundesrätin Karin 20 km klassische 12,5 km Verfolgung 19.10 Berlin direkt _ Live. 19.00 Bundesland heute Schwarzwaldserie _ derung
Keller-Sutter spricht Technik Massenstart. Männer. WM. Live. 19.30 Unsere Erde III _ E 17.50 ZIB Flash 19.17 Lotto 6 aus 45 mit Der grösste 19.00 heute _
zur Initiative für eine Kommentar: 18.00 Bericht aus Berlin _ Von Fröschen im 18.00 Sport am Sonntag _ Joker Schwachsinn. 19.10 NZZ Format
13. AHV-Rente Mathias Winterberg, 18.30 Weltspiegel _ Eis und Sittichen 19.15 Fussball _ E û 19.30 Zeit im Bild _ 19.45 SWR Aktuell mit 19.40 Schätze der Welt –
19.30 Tagesschau _ Adriano Iseppi 19.15 Fussball _ 2. Liga. im Feuer. 19.56 ZIB Flash 19.56 Sport Aktuell _ Sport _ Erbe der Menschheit

20.05 Tatort _ E
Geisterfahrt.
Kriminaldirektor Liebig feiert
im Göttinger Polizeipräsidium
seinen 60. Geburtstag, als
das Fest jäh gestört wird: In
der angrenzenden Altstadt
gab es einen schweren Unfall.
Ein Transporter ist in eine
Menschenmenge gerast.
Charlotte Lindholm und
Liebigs Ehefrau Tereza, Ärztin
am örtlichen Spital, sind als
Erste am Unfallort. Ilie, der
Fahrer des Wagens, wird auf
die Intensivstation der Klinik
gebracht. Parallel beginnen
die Ermittlungen: War es ein
Unfall – oder war es eine
Amokfahrt?
21.45 Late Night
Switzerland Die
erste Ausgabe der
Unterhaltungs-Show
mit Stefan Büsser.
22.30 Tagesschau
22.40 Meteo
22.50 Roger Cox: Ein
Anwalt kämpft für
das Klima _
23.55 Queer glauben _
0.55 GoodFellas – Drei
Jahrzehnte in der
Mafia _ û
Kriminalfilm (USA 90).
Mit Robert De Niro,
Ray Liotta, Joe Pesci.
3.10 Sternstunde
Philosophie _
Josef Hader – Die
Macht der Idiotie.
4.10 Roger Cox:
Ein Anwalt kämpft
für das Klima _
20.10 Langlauf _ 20.00 Tagesschau _ 20.15 Frühling – Die 20.02 ZIB Magazin Kino _ 20.05 Seitenblicke _ 20.00 Tagesschau 20.00 Tagesschau _
Ski nordisch – Langlauf 20.15 Tatort _ verschwundenen 20.15 Monika Gruber – 20.15 Tatort _ 20.15 Badisch-Pfälzische 20.15 Till Reiners’
Männer, 20 km klassische Geisterfahrt. Eltern _ Zu wahr um schön Geisterfahrt. Fasnacht aus Happy Hour
Technik Massenstart. Live. Es kommt zu einer Unfallkata- Ein Ehepaar ist verschwunden zu sein _ Frankenthal _ «Happy Hour» – das ist
Kommentar: Mathias strophe mit vielen Toten und – nicht zurückgekehrt von Gerade die kleinen Dinge im 21.50 ZIB 2 _ Moderation: Andreas Knecht, Primetime-Comedy mit Herz,
Winterberg und Adriano Verletzten, als ein Transporter einem romantischen Ausflug. Leben können es einem 22.10 Im Zentrum _ Peter Karl. 200 Minuten Hirn und Humor. Till Reiners
Iseppi. in eine Menschenmenge rast. Katja muss sich um die Kinder schwer machen. Monika 23.05 Ikonen Österreichs _ Stimmung, Spass und Tänze. und seine Gäste servieren
kümmern, während die Polizei Gruber weiss das und legt Es lebe der Sport. Die Fernsehsitzung der einen satirischen Cocktail
21.25 James Bond 007 – 21.45 Brokenwood – Mord gnadenlos den Finger in die Gemessen an seiner zweitgrössten deutschen vom Feinsten. Ob Stars oder
nach den Eltern sucht. Am
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Dort werden das Auto, eine
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leere Sektflasche und die
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Kleidung der Eheleute
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gefunden, aber von den
Bond jagt den Aufregung. Als der sich bedient. Da kann es nur wieder die Nummer Céline Bouvier. Live im SWR Fuchs sowie Tino Bomelino.
beiden fehlt jede Spur. Alles
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der Pause nicht in das beim Skifahren
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aus, wobei dieser
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Raum zurückkehrt, 22.15 Annika – Mord an Sport nur in
Carrie-Anne Moss, Fasching! _ Sonntag. Mit Christoph Maria
macht ausgerechnet Schottlands geschätzt fünf bis
Joe Pantoliano. 22.35 Die unabsichtliche 23.55 SWR Sport _ Herbst, Ulrike C.
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Regie: Christopher Entführung der Frau 0.40 Konstanzer Fasnacht Tscharre. Der biedere
Ex-Frau Petra auf der Väter und Söhne / wirklich eine Rolle
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Treppe einen Enthüllungen. spielt, dem Rest der
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schrecklichen Fund: 23.50 Mord und Totschlag. Welt ist Skifahren
Gedächtnis verloren. Elfriede Ott, Michael darf Konstanz nicht bessere Zeiten
Dort liegt der Kriminalität unterm herzlich egal. Beim
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hinterrücks Hakenkreuz _ Fussball sind die
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erstochene Starautor! 0.35 heute Xpress _ Österreicher weniger
seine nach einer Andreas Prochaska. Niederburg und Matthias’ unbekann-
Vergewaltigung 23.15 Tagesthemen _ 0.40 Tiefe Wunden _ E 0.20 Der Metzger und der erfolgsverwöhnt. ter, etwas schräger
Kamelia Paradies
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einziges Ziel: den temperamente _ 15). Mit Tim becken _ E û 1.20 Fasching in Wien _ Fasnachts-Programm in sein Leben.
Mörder seiner Frau zu 0.05 Offenes Bergmann, Felicitas Krimikomödie (D 15). 1.45 Tintoretto und das am Bodensee live aus 23.15 Tod im Strand-
finden und zu töten. Geheimnis _ E Woll, Nicole Heesters. Mit Robert Palfrader, neue Venedig _ dem Konstanzer haus _ E û
1.45 Sportpanorama _ Kriminalfilm (E/F/I 18). 2.10 Mordsfreunde _ Dorka Gryllus, 2.40 Visions of Music – Konzil – traditionsbe- Horrorfilm (USA 19).
2.40 Fussball _ Super 2.13 Tagesschau TV-Kriminalfilm (D Christoph Luser. Das Musikjahr 2023 wusst, handgemacht 0.40 Besser als Du _ E
League – Highlights. 2.15 Brokenwood _ 14). Mit Felicitas Woll. 1.50 Monika Gruber – 2.55 Die Kulturwoche und mit bekannten TV-Komödie (D 15).
3.30 James Bond 007 – Mörderische Seiten. 3.40 Der gute Bulle – Zu wahr um schön 3.15 Das Traumhotel _ und beliebten 2.05 Spektakuläre
Casino Royale _ E û 3.45 Verrückt nach Meer _ Friss oder stirb _ zu sein _ Malaysia. Gesichtern. Bergbahnen der
Spionagefilm (USA/D/ Das grüne Herz von TV-Kriminalfilm (D 3.20 Freud _ E 4.45 Dober dan, Koro ka 4.25 Unsere Schweiz _
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Craig, Eva Green, 4.35 Deutschlandbilder Edin Hasanovic. Katharsis / 5.45 Heimat Fremde Hillu’s Herzdropfa aus Bahnstrecken
Mads Mikkelsen. 4.45 Weltspiegel _ 5.10 Berlin direkt _ Verdrängung. Heimat _ Donzdorf. der Schweiz

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12.45 BR retro cosmiques riscossa! 12.05 SamSam – TOGGO Touchdown. 9.00 CBN und plötzlich Männer – 2. Lauf. Live.
13.15 Bayern erleben _ 7.30 Le refuge d’Audrey 9.00 Le avventure di Tom Der Kleine Superheld 10.15 Pokémon Horizonte: 9.30 Fokus Jerusalem ist alles anders 13.30 Ski alpin Slalom der
14.00 Querbeet _ 8.05 La vallée des Sawyer Trickfilm (F 19) Die Serie 10.00 Gunst der Stunde 6.50 Genial daneben – Frauen – 2. Lauf. Live.
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15.15 Der Schmidt Max 8.25 Il était une fois ... 9.40 Portrait tierisch verrückter 11.45 Grizzy & die 11.00 Bayless Conley 8.35 Die dreisten Drei – der Frauen. WM. Live.
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16.45 Alpen-Donau-Adria _ invisible 12.55 Il tempo di una vita 17.55 RoboCop Fahrt E 18.00 Star TV Highlights 12.30 How I Met Your der Männer. WM. Live.
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sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024 Fernsehen am Sonntag 51

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9.00 MediaShop 6.20 Der Blaulicht Report Das Unfassbare (K)Ein Ticket für zwei. Ein Psychotherapeut Manhattan Queens. Abschied für immer. 6.15 Die Ursprünge der
11.00 premiumshopping.tv Brennende 6.00 Infomercial 5.15 Auf Streife – Berlin verliert die Nerven. 6.15 MacGyver _ E 6.30 Criminal Intent – Fantasy-Romane
12.20 Bauer, ledig, sucht Babyflasche 9.00 X-Factor: Dieb lässt Kind 5.00 Grey’s Anatomy – Wahrheit oder Pflicht Verbrechen im Visier 6.45 Von Wurzeln
14.15 Bumann, der offenbart Bezie- Das Unfassbare zurück. Die jungen Ärzte _ / Tickende Bombe / Eiskalt. und Stämmen
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schlucht / Bahnhöfli. Brandstifter hindert 9.20 X-Factor: verkuppelt 6.25 Galileo Der Architekt. Die Krieger. 8.45 42 – Die Antwort auf
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16.10 Achtung, Zoll! stürzt von Brücke. / Der Schutzengel / fernsehen Plastik. Lokal – Der Profi 9.05 Criminal Intent – 9.45 Twist _
Willkommen in 8.20 Der Blaulicht Report Das verborgene am Sonntag 10.10 Die beste Show kommt Verbrechen im Visier 10.20 Gran Canaria &
Australien Frau wird von Geschenk. Moderation: Karen der Welt «GarPunkt», Essen / Die Botox-Tote. Fuerteventura _
16.40 Border Patrol USA – blutverschmierter 10.20 X-Factor: Heinrichs, Simone Moderation: Jeannine «Arabul», Krefeld / 10.00 Criminal Intent – Von Wäldern, Wasser
Einsatz an der Autofahrerin angefah- Das Unfassbare Panteleit. Michaelsen. Zu Gast: «Rosmarin», Krefeld. Verbrechen im Visier und Wüsten.
Grenze ren / Kleiner Fahrgast Die Frau im Spiegel / 11.10 The Biggest Loser – Frank Rosin, Fahri 16.00 Kabel Eins:newstime Ohne Skrupel. 11.10 Teneriffa _
Und Geld stinkt doch sorgt für Ärger. Der elektrische Stuhl Leben leicht Yardim, Patrick 16.15 Mein Lokal, Dein 10.55 Criminal Intent –
12.05 Wilder Grenzgänger
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13.35 Wie angelt man sich
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Rausch und Absturz. Paartherapeuten. Sei nicht so ein Fantasyfilm (GB/USA Geschwister Show Ingo überrascht seine Mord auf Bestellung.
18.35 Border Control – Spa- 10.20 Der Blaulicht Report 15.10 Galapagos _
Feigling / Weihnach- 16). Mit Eddie Carolin und David Gäste. Der 12.35 Criminal Intent –
niens Grenzschützer Reglose Gestalten ten in Farbe. Redmayne, Katherine Kebekus treten Verbrechen im Visier Neubeginn /
Gastronom will
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seinen Gästen
Barcelona-El Prat ist drama. ewig Regie: David Yates. prominentes zeigen, dass Omas 13.30 Criminal Intent – 16.40 Die Meister von Rom
eine Maschine aus 11.15 Das Supertalent _ Der Untergang der 16.20 Mein Mann kann – Geschwisterpaar an. alte Rezepte und Verbrechen im Visier Michelangelo, Raffael
der kolumbianischen Moderation: Victoria Männer / Der Eltern-Kind Spezial 16.25 taff weekend moderne Gerichte Die Krieger. & Leonardo Da Vinci
Hauptstadt Bogotá Swarovski, Jens Glücksbringer. Moderation: Daniel 17.45 Schudel’s Food gut zusammen- 14.20 Deutschland im 1513.
gelandet. Knossalla. 13.15 Hartz und herzlich – Boschmann. Stories – passen. Football Fieber – 17.35 Igor Levit spielt
19.40 Border Patrol USA – 14.20 Die Unvermittelbaren Tag für Tag 18.55 Julia Leischik sucht: Best of Schudel 18.10 Roadtrip Amerika 2 Der Wahnsinn hinter Beethoven
Einsatz an der – Mit Martin Rütter: Benz-Baracken Bitte melde dich _ 17.54 Schweiz Wetter – Drei Spitzenköche dem Mega-Event 18.25 Karambolage
Grenze Jede Menge Das grosse Dagmar. Moderation: 17.55 Galileo Stories auf vier Rädern _ 17.00 auto mobil – Das Vox Die Nubbelverbren-
Munition. Ein Wiedersehen 15.15 Hartz und herzlich Julia Leischik. 19.05 Galileo X-Plorer: Die alte und die neue Automagazin nung / Karneval /
Reisender, der 16.45 Dein perfekter Hund – Tag für Tag Frederic kommt als Die Suche – Welt – Pennsylvania 18.10 Die Urlauber – Auf die La Bérézina.
gerade aus Kanada 17.45 Exclusiv – Weekend Benz-Baracken dunkelhäutiges Kind extreme Orte _ bis North Carolina. Koffer, fertig, los! 18.40 Zu Tisch _ San
ankommt, löst einen Mod.: Frauke Ludowig. Im Umbruch. einer sonst weissen Eine Insel, auf der die Frank, Alexander und Frankreich – Paris. Sebastián – Spanien.
Alarm wegen 18.45 RTL Aktuell 17.15 Mein neuer Alter Familie in der Bewohner immer mit Ali machen einen kuli- Das Schicksal für die 19.10 ARTE Journal
überhöhter Strahlung 19.03 Das Wetter Alleinerziehende ehemaligen DDR zur einem Vulkanaus- narischen Buddy-Trip. Urlaubswoche von 19.30 Australiens
aus. In Blaine, 19.05 Martin Rütter – Mutter sucht kleinen Welt. Die Sehnsucht bruch rechnen In Charlotte Ingo, Marion, Chris, unbekanntes
Washington, werden Die Welpen kommen 5-Türer. nach dem Vater, den müssen, stellt die besuchen sie einen Alexandra, Leonie Paradies _
jede Menge Patronen Keine Leckerli für 18.15 Grip – er nie kannte, ist stark. Menschen vor Ort vor Wettbewerb im und Tim besiegeln Die Inseln der
sichergestellt. Hilde! Das Motormagazin 19.55 Sat.1:newstime Herausforderungen. Masskrug-Stemmen. drei rote Koffer. Torres-Strasse.

20.15 Notruf – Bergretter
im Einsatz
Dokumentation. Das Berner
Oberland verwandelt sich im
Winter zu einem der
beliebtesten Wintersport-
gebiete der Schweiz.
Tausende Schneesportler
zieht es jährlich in die Region
rund um Eiger, Mönch und
Jungfrau. Bei all dem Spass
im Schnee kann es jedoch
immer wieder zu Unfällen
kommen. Dann ist der Einsatz
der Bergretter gefragt. Die
Notärzte und Rettungssanitä-
ter sind rund um die Uhr im
Einsatz, um nach einem Unfall
oder bei gesundheitlichen
Beschwerden Erste Hilfe zu
leisten. Damit es gar nicht erst
so weit kommen muss,
sorgen Patrouilleure dafür,
dass die Pisten stets in
einwandfreiem Zustand sind.
21.35 Lastwagen Ladys
Lastwagen Lady
Michèle verlädt mit
Präzision Neuwagen
auf ihren Autotrans-
porter. Plötzlich
entdeckt sie an
einem teuren Gefährt
einen kleinen Kratzer
– war sie etwa bei der
Millimeterarbeit
unachtsam?
0.35 Last Action Hero
Fantasyfilm (USA 93).
Mit Ian McKellen.
3.20 Susi.live
5.00 Superstar
Der Workshop /
Backstage.
20.15 American Ice
Football
Moderation: Elton.
Vier Mannschaften mit
insgesamt rund 30
Prominenten aus ganz
Deutschland wagen sich auf
das härteste Spielfeld der
Welt und spielen American
Football on Ice. Mit profillosen
Bowlingschuhen und
Footballschutzbekleidung
bekämpfen sie sich für das
eine Ziel: den Touchdown.
Diese Stars wagen sich aufs
Eis: Timur Ülker, René
Casselly, Sharon Battiste,
Pascal Hens, Philipp Boy,
Kevin Kuske, Christopher
Posch, Fabian Hambüchen,
Thorsten Legat und viele
mehr.
23.15 American Football:
San Francisco 49ers
vs. Kansas City
Chiefs
Super Bowl LVIII:
Final. Live. Moderati-
on: Jana Wosnitza.
Der Super Bowl: ein
Millionenpublikum,
spektakuläre
Halbzeitshows und
das ultimative Duell
um die wohl
begehrteste Trophäe
im Sport.
4.30 Alone –
Überlebe die Wildnis
10 Kandidaten lassen
sich auf das härteste
Abenteuer ihres
Lebens ein.
5.30 Der Blaulicht Report
20.15 Wer ist Hanna? E
Actionfilm (D/GB/USA 11). Mit
Saoirse Ronan, Eric Bana,
Kate Blanchett. Regie: Joe
Wright.
Jahre sind vergangen,
seitdem der ehemalige
CIA-Agent Erik Heller
abgetaucht ist. Die Zeit hat er
genutzt, um in der skandinavi-
schen Wildnis seine nunmehr
15-jährige Tochter Hanna zu
einer schier unbesiegbaren
Kämpferin auszubilden. Ihr
Ziel ist es, die CIA-Agentin
Marissa Wiegler auszuschal-
ten, die für den Tod von
Hannas Mutter verantwortlich
ist. Doch vorerst erwischt sie
nur eine Doppelgängerin und
wird daraufhin von Wieglers
Handlangern quer durch
Europa gejagt.
22.25 Das Bourne
Vermächtnis E
Actionfilm (USA 12).
Mit Jeremy Renner,
Edward Norton. Nach
dem Bourne-Fiasko
zieht die CIA
sämtliche hochge-
züchteten Super-
agenten aus dem
Verkehr. Einer von
ihnen verspricht sich
Rettung von einem
Virus, das Gene
ändert.
1.00 Wer ist Hanna? E
Actionfilm (D/GB/USA
11). Mit Eric Bana.
2.50 Das Bourne
Vermächtnis E
Actionfilm (USA 12).
20.15 Independence
Day _ E
Sci-Fi-Film (USA 96). Mit Will
Smith, Jeff Goldblum, Bill
Pullman. Regie: Roland
Emmerich.
Ein gigantisches UFO kommt
der Erde immer näher.
US-Präsident Whitmore und
das Pentagon stehen der
Situation ziemlich ratlos
gegenüber – man will erst
einmal abwarten. Da lösen
sich plötzlich kleine
Flugkörper vom Mutterschiff
und nehmen Kurs auf die
Metropolen der Welt. Bald ist
allen klar: Die Aliens planen
eine Invasion. Als sie mit
massiven Feuersalven
angreifen, scheint das Schick-
sal der Erde besiegelt. Am
Independence Day rüsten
sich die Überlebenden zum
Gegenschlag.
23.25 Alien: Covenant _ E
Sci-Fi-Film (USA 17).
Mit Michael
Fassbender,
Katherine Waterston,
Billy Crudup. Die Crew
der Covenant trifft
auf das Wrack der
Prometheus.
1.40 Independence
Day _ E
Sci-Fi-Film (USA 96).
Mit Will Smith, Jeff
Goldblum.
4.15 Auf Streife
Der Baader-Ponyhof-
Komplex.
4.45 Auf Streife
Danke für Nichts.
20.15 Wer stiehlt mir die 20.15 Trucker Babes – 400
Show? _ PS in Frauenhand _
Moderation: Joko Winter- Der grosse Umzug von
scheidt. Heute wollen Lena Trucker Babe Jessy steht
Meyer-Landrut, Sarah Connor, bevor! Die Frohnatur gibt ihre
Klaas Heufer-Umlauf und Pferdepension auf und zieht
Wildcard-Gewinnerin Freya in ein neues Zuhause. Ihre
Joko Winterscheidt die Show beiden eigenen Pferde Lotti
stehlen. und Amadeo kommen
selbstverständlich mit. Zum
23.35 Das Duell um die Welt Glück darf Jessy dafür den
– Team Joko gegen speditionseigenen Lkw
Team Klaas _ nutzen – man hält eben fest
Moderation: zusammen. Ein anstrengen-
Jeannine Michaelsen. der und emotionsreicher Tag
Wird sich Schauspie- für das Trucker Babe.
ler Wayne Carpen-
dale für Klaas 22.15 Abenteuer Leben am
Heufer-Umlauf in Sonntag Tutorial-
Rumänien eine Tester Cornel und die
blutige Mahlzeit XXL-Renovierung.
servieren lassen? Wie Das wird die bislang
witzig kann eine grösste Herausforde-
Wanderung in Italien rung für Cornel Bunz.
für Kabarettistin Hazel Er will eine komplette
Brugger werden? Wohnung renovieren:
Taucht die ehemalige ein Apartment aus
Profi-Tennisspielerin den 1960ern soll
Andrea Petkovic für aussehen wie ein
das Team von Joko Neubau.
Winterscheidt in 0.20 Roadtrip Amerika 2
Wales ab? Und – Drei Spitzenköche
vergeht Comedian auf vier Rädern _
Michael Mittermeier Die alte und die neue
in Griechenland inmit- Welt – Pennsylvania
ten eines besonderen bis North Carolina.
Feuerwerkbrauchs 2.15 Abenteuer Leben am
das Lachen? Sonntag Tutorial-
3.40 Galileo X-Plorer: Tester Cornel und die
Die Suche – XXL-Renovierung.
extreme Orte _ 4.00 Abenteuer Leben
Extreme Orte stellen täglich Partyfood für
die Menschen vor 10 Euro?
unterschiedliche 4.45 Abenteuer Leben
Herausforderungen. täglich
20.15 Hot oder Schrott –
Die Allestester
Promi Spezial.
Heute testen die Promis! Es
wird geschleudert, ge-
schrubbt und geschmiert.
Während Eko Fresh sich von
seiner Frau Sarah mit einem
innovativen Beautyset die
Fingernägel modellieren lässt,
testet Martin Klempnow eine
aussergewöhnliche
Eincremehilfe. Diana
Diademlori und Jenny
Jeyisbaee kreieren mit einem
ungewöhnlichen Küchengerät
ihre eigenen Würstchen, und
Fernsehkoch Sebastian Lege
rückt seinem Grillrost mit
einem neuartigen Schrubber
zu Leibe.
23.30 Prominent!
Moderation: Laura
Dahm, Amira Pocher.
0.15 Medical Detectives –
Geheimnisse der
Gerichtsmedizin
Verdeckt.
1.15 Medical Detectives –
Geheimnisse der
Gerichtsmedizin _
Sternzeichen Mord.
2.05 Medical Detectives –
Geheimnisse der
Gerichtsmedizin _
Nachricht aus dem
Jenseits.
2.55 Medical Detectives –
Geheimnisse der
Gerichtsmedizin _
Kalte Herzen.
3.45 Medical Detectives –
Geheimnisse der
Gerichtsmedizin _
20.15 Ein süsser Fratz _
Musikkomödie (USA 57). Mit
Audrey Hepburn, Fred Astaire,
Kay Thompson. Regie:
Stanley Donen.
Maggie Prescott, die so
exzentrische wie erfolgreiche
Herausgeberin des
US-Modemagazins «Quality»,
entwickelt die Idee, eine
eigene «Quality»-Frau zu
erschaffen, die die Ideale der
modernen amerikanischen
Frau verkörpern soll: eine
nicht nur gut, sondern auch
intelligent aussehende Frau.
Bei einer Fotosession in
einem Buchladen entdeckt
der Modefotograf Dick Avery
die junge Buchhändlerin Jo
Stockton – sie soll die
«Quality»-Frau werden. Doch
der äusserst ernsthaften
jungen Frau scheint nichts
fremder zu sein als die
schillernde Welt der Mode.
Nur mit einem Trick gelingt es
Dick, Jo zu überzeugen.
21.55 The Wolf of Wall
Street
Biografie (USA 13).
Mit Leonardo
DiCaprio, Jonah Hill,
Margot Robbie.
0.50 Martin Scorsese –
Von Little Italy nach
Hollywood
1.45 Les Indes Galantes:
Barock und
Streetdance an der
Pariser Oper _
3.30 Dance!
4.20 Die Ursprünge der
Fantasy-Romane

_ Untertitel für Hörgeschädigte ü Schwarz-Weiss û Zweikanalton E Dolby Surround

Fernsehtipps
Die Meister von Rom
Der gleichzeitige Aufenthalt von
Leonardo da Vinci, Michelangelo
und Raffael in Rom markiert den
Glanzpunkt der italienischen
Hochrenaissance. Am Hofe der
Päpste Julius II. und Leo X.
schufen diese drei Genies
Meisterwerke, die noch heute
von der ganzen Welt bestaunt
werden. Aber was weiss man
über ihre Beziehungen zueinan-
der? 1513 ist der junge Raffael
Shootingstar am päpstlichen
Hof. Michelangelo, zu jener Zeit
bereits im stolzen Mannesalter,
ist ein bewunderter Bildhauer.
Jeder der beiden ist des anderen
grösster Konkurrent.
Die Meister von Rom –
Michelangelo, Raffael &
Leonardo Da Vinci 1513
Arte 16.40
Terra Xplore
Freitag, der 13. gilt als der
absolute Unglückstag. Ein
zerbrochener Spiegel bringt
Pech, ein vierblättriges Kleeblatt
hingegen Glück, und Prüfungen
gehen ohne Talisman garantiert
schief. Abergläubische Rituale
begleiten uns auch heute noch.
Tatsächlich bezeichnet sich ein
Drittel der Deutschen als
abergläubisch. Was steckt
dahinter, und kann Aberglaube
hilfreich sein? Warum glauben
wir heute noch an Übersinnli-
ches? Auf TikTok gibt es etwa
den Witch-Tok, moderne Hexen
verbreiten dort ihr Wissen. In
Berlin trifft Jasmina Neudecker
Shisha Rainbow, die sich als
moderne Hexe bezeichnet.
Nutze deine Gedanken!
ZDF 18.30
NZZ Format
Kathryn Huff vom amerikani-
schen Energieministerium
erzählt, dass die Welt die
Klimaziele nur erreichen wird,
wenn die Kernkraft verdoppelt,
vielleicht sogar verdreifacht
wird. Deshalb forschen die USA
jetzt an neuen Arten von
Kernkraftwerken: Sie sind
kleiner, effizienter und schneller
zu bauen. Die Türkei und Polen
sind beide Kernkraft-Newcomer.
An der türkischen Mittelmeer-
küste entsteht gerade ein
gigantisches Atomkraftwerk mit
vier Reaktoren, in Polen hinge-
gen sollen im ganzen Land kleine
Reaktoren gebaut werden.
NZZ Format – Atomkraft, Klima
und Russland – Brauchen wir
doch Kernenergie?
3sat 19.10
Australiens unbekanntes
Paradies
274 Inseln mit weissen Korallen-
sandstränden erheben sich aus
der Torres-Strasse, der seichten
warmen Meerenge zwischen
Australien und Papua-Neugui-
nea. Doch die rund 20 bewohn-
ten Inseln liegen oft viele Kilome-
ter voneinander entfernt.
Isolation und Ressourcenknapp-
heit begegnen die Insulaner seit
jeher mit grossem Einfallsreich-
tum. Der Ranger Barry Pau
betreut etwa jahrhundertealte
Fischfallen, und Wally Kris bringt
den Kindern die überlieferten
Tänze bei, mit denen man neben
Geschichten auch Wissen
weitergibt.
Australiens unbekanntes
Paradies
Arte 19.30
Terra X
Sengende Wüsten, arktische
Inseln, Berggipfel in schwindeln-
den Höhen und tief unter der
Erde liegende Höhlen – an solch
extremen Orten können
Menschen nicht leben. Doch
zahlreiche aussergewöhnliche
Tiere haben einen Weg gefun-
den, lebensfeindliche Bedingun-
gen in extremen Landschaften
zu ihren Gunsten zu nutzen.
Grasfrösche besiedeln etwa eine
breite Palette von Lebensräu-
men, darunter auch für ihre Art
ungewöhnliche in bis zu 2 000
Metern Höhe. So streckt in den
Alpen ein Grasfrosch nach
mehreren Monaten Winterstarre
seinen Kopf aus dem Schnee.
Unsere Erde III – Von Fröschen
im Eis und Sittichen im Feuer
ZDF 19.30
SRF DOK
Wenn über Roger Cox’ Arbeit
berichtet wird, sind Superlative
nicht weit. Cox stammt aus den
Niederlanden, ist Anwalt und gilt
als weltweiter Pionier im Bereich
der Klimaklagen. So ist es ihm
gelungen, nicht nur den nieder-
ländischen und den belgischen
Staat, sondern auch den
Energiekonzern Shell vor Gericht
zu bringen – und zu gewinnen.
Die niederländische Regierung
wurde beispielsweise im
weltberühmten «Urgenda-Fall»
letztinstanzlich dazu verurteilt,
ihre Treibhausgasemissionen bis
Ende 2020 um mindestens
25 Prozent im Vergleich zu 1990
zu reduzieren.
Roger Cox:
Ein Anwalt kämpft für das Klima
SRF 1 22.50
52 Stil 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch

Barometer

Achtung, fertig, Herd!

Die Schweizer Armee ist die beste der Welt – im
Kochen! Das Team der Armeeköche holte sich diese
Woche an der Olympiade der Köche in Stuttgart in
der Kategorie Community Catering den Sieg.

Februar ist der neue Januar

Laut Psychologinnen ist jetzt der ideale
Zeitpunkt, Vorsätze umzusetzen. Ganz
ohne Druck eines veganen, trockenen
Umfelds – und in sich wieder leerenden
Fitnesszentren.

Stylisch, stylischer, Styles

Sänger Harry Styles wurde 30. In diesem
zarten Alter als «King of Style des 21. Jahr-
hunderts» (das ja noch ziemlich jung ist)
bezeichnet zu werden: Wow!

Das Sofa «Develius» von &Tradition, das Holzregal «Elevate» von Woud, Möbel und Assecoires von House Doctor und Frama (v.l.). Fotos: PD
Vegi-Hüttenzauber
in den Alpen
Silvia Beyer tischt in ihrer

Hündeleskopfhütte im Allgäu
seit Jahren ausschliesslich
vegetarische Gerichte auf.
Als fast Einzige in den
Der Charme
Dunkel ist elegant sen wird, tut der verhaltene Zau-
Wir leben in einer Zeit, in der vie- ber, den dunkle Töne in der Ein-
len das gefällt, was allen gefällt. richtung mit sich bringen, gut.
So ist es nicht überraschend,

der dunklen
Alpen. Warum nur? dass sich im Wohnbereich neut- Dunkel schafft Geborgenheit
rale «Nichtfarben» wie Beige, Zuerst wohnten wir in Höhlen,
klassische Designmöbel und dann in Hütten und nun nicht
weisse Wände durchgesetzt ha- selten in Glaspalästen. Dunklere

Glückliche Aargauer
Die Liste der bedrohten
Tiere wird immer länger.
Lichtblicke gibts: Etwa beim
Bestand der Laubfrösche
im Aargauer Reusstal, dort
wächst die Population laut
WWF wieder.
g
den Frühlin
Björk spürt ng letzthin eine
gi
Bärin Björk verzog
ieren – und
Stunde spaz ieder in den
gleich w
sich dann so rmal,
f. Das sei no
Winterschla w o sie
rpark Bern,
liess der Tie uten . Puh!
lebt, verla
Fleecejacken: naja
Bei aller Wärme: Wenn
selbst jemand wie Schau-
spielerin Florence Pugh
(«Oppenheimer») irgend-
wie komisch darin aus-
sieht, dann lassen wir das
mit dem Fleece als Mode-
accessoire lieber bleiben.
OMG statt Ooom
Emirates-Mitarbeitende aus 144 Ländern haben an
der Yogastunde in der Wüste von Dubai teilgenom-
men: Das ist Weltrekord. Trotz abfallfreiem Event und
Refillfläschli für alle irgendwie fragwürdig. (nk)
ben. Es gilt: Bloss keine dunklen
Farben! Man hat regelrecht Angst
vor ihnen und verbindet sie mit
Einengung, Schwere und gar
Traurigkeit. Dabei tun sie jeder
Wohnung gut.
Da ist zuerst einmal die Ele-
ganz, die Schwarz und andere
dunkle Töne mit sich bringen. In
der Mode hat dies Coco Chanel
schon vor über hundert Jahren
entdeckt. In einer Zeit, in der
man Schwarz als Trauerfarbe
trug, setzte sie auf das «Kleine
Schwarze» und machte es zum
Klassiker der Eleganz. Das funk-
tioniert auch in der Wohnung.
Grosse, modulare Sofas wirken
in Beige viel schwerer und ein-
töniger. Entscheidet man sich
hingegen für ein dunkles Grau,
Anthrazit oder Schwarz, werden
diese gemütlichen Weichlinge
auf einmal elegant.
Dunkel lässt leuchten
In «echten» Fotoalben erglänzen
oft auf dunklen, matten Seiten
die Schnappschüsse des Lebens:
Schwarz lässt alles besser ausse-
hen und auch kleine, unscharfe
Bilder leuchten. Das funktioniert
auch im Grossen: Vor weissen
Wänden sieht das meiste unauf-
geregt aus, sogar knallfarbene
Möbel. Nicht so vor dunklen
Wänden. Hier erstrahlt alles in
seiner ganzen Besonderheit.
Dunkel bringt Tiefe
Dunkle Wände haben noch mehr
magische Kräfte. Sie schaffen
Tiefe, vergrössern Räume optisch.
Tipp: Je kleiner der Raum, umso
dunkler sollte die Wandfarbe sein.
Dunkle Töne ziehen magisch an
und schaffen den Eindruck von
Unendlichkeit. Sie können auch
einzelne Wände dunkel streichen
und damit eine langweilige Archi-
tektur austricksen. Sehr gut eig-
net sich Schwarz als Wandfarbe
Töne
Sweet Home Schwarz, braun, grau –
Solche Farben tun der Wohnung gut.
Sie sorgen für Eleganz, bringen Tiefe
und vergrössern Räume.
Marianne Kohler Nizamuddin
zudem für Nischen: Durch einen
«Trompe-l’oeil»-Effekt werden
sie als Raum wahrgenommen.
Dunkel ist sinnlich
Denken Sie an Schokolade, Lak-
ritze, Brombeeren, Kirschen oder
Kaffee – Sinnlichkeit pur! Eine
ähnliche Wirkung haben dunkle
Wohnfarben. Am allerschönsten
wirken sie im Mix und mit un-
terschiedlichen Materialien und
Texturen. Das gilt übrigens für
alle monochromen und neut-
rale Einrichtungskonzepte. Feh-
len Farben und Muster, sind Be-
schaffenheit, Oberflächen, die
Haptik und die geschickte Kom-
bination von allem wichtig.
Dunkel sorgt für Stimmung
Klar ist es wunderschön, wenn
die Sonne scheint und wärmt.
Doch Räume in grellem Sonnen-
licht wirken alles andere als
wohnlich. Jedes Stäubchen, jede
Imperfektion und überhaupt al-
les wird entblösst und steht er-
barmungslos im Scheinwerfer-
licht. Dringt aber das Sonnen-
licht gefiltert, durch Jalousien
oder Sonnenstoren nur partiell
hinein, wirkt es beinahe magisch.
Dunkel ist sexy
Einer, der perfekt mit der Dun-
kelheit kokettiert, ist der Schwei-
zer Interiordesigner Dominique
Brunner, den wir für eine Home-
story besucht haben. Auch tags-
über wird sein mit dunklen Tö-
nen eingerichtetes Zuhause mit
schmucken, raffinierten Lam-
pen und vielen Kerzen beleuch-
tet. Dieses Licht macht alles in-
tim und besonders. Einzigartig
sind nicht nur die Leuchten und
das Licht, sondern auch die Mö-
bel, die Kunst, die vielen Wohn-
accessoires. Zur sinnlichen
Üppigkeit gehören auch elegan-
te Blumensträusse. Die dunkle
Wohnung und der sonnen-
durchflutete Garten verstehen
sich prächtig. Im Sommer sind
die Schiebetüren offen und la-
den dazu ein, nach draussen zu
gehen, oder von der Sonne zu-
rückzukehren in das elegante,
dunkle Refugium.
Dunkel wirkt geheimnisvoll
In einem Zuhause, das Dunkel-
heit zulässt, gibt es mehr zu ent-
decken und zu erahnen. Denn
dunkle Farben kreieren eine ge-
wisse Magie. So ist nicht einfach
alles bloss da und ausgestellt, es
werden vielmehr Geschichten er-
zählt. Gerade in unserem digita-
len Zeitalter, in dem wir jederzeit
erreichbar sind und in dem Wis-
sen sekundenschnell gegoogelt
und meist ebenso schnell verges-
Räume befinden sich gefühls-
mässig irgendwo in der Mitte. So
richtig gemütlich sind vor allem
Wohnungen und Häuser in nörd-
lichen Ländern. Dort zieht man
sich öfter zurück und wohnt in-
tensiver. Doch auch im Süden
sind die Räume dunkel, denn
man braucht das Daheim als
Rückzug vor der Hitze und Son-
ne. So oder so vermitteln dunk-
le Räume mehr Geborgenheit.
Dunkel wärmt
Trotz der ersten sonnigen Früh-
lingsmomente: Es ist noch Win-
ter und die Sportferien in vollem
Gang. Die gemütlichsten Mo-
mente sind die, in denen man
von der Kälte rein ins Warme
kommt und es sich nach einem
Sporttag im Schnee mit einem
heissen Getränk vor dem Chemi-
née gemütlich macht. Die typi-
schen gemütlichen «Stüblis» in
den Bergen sind mit Holz ausge-
kleidet, klein, warm und partiell
beleuchtet. Sie vermitteln war-
men Hüttenzauber.
Dunkel beruhigt
Schlafen ist immer mit Dunkel-
heit verbunden, und Schlafzim-
mer in dunklen Farben sind eine
gute Idee. Darin verbinden sich
alle guten Dinge, die dunkle
Wohnfarben mit sich bringen,
zum ruhigen Refugium: Eleganz,
Tiefe, Wärme, Privatsphäre und
Sinnlichkeit. Dunkle Töne sind
mehr als bloss Schwarz. Denken
Sie auch an dunkle Honigfarben,
an Mitternachtsblau oder Tan-
nengrün – alle sind eine gute
Wahl für diesen privaten Rück-
zugsort. Und vergessen Sie nicht,
dass helle Akzente dunklen Räu-
men guttun.
Noch mehr Sweet Home
finden Sie online unter
tagesanzeiger.ch/sweethome.
 Wissen 53

Hoffnung bei Alzheimer Die Killer im Wasserr

Ein Labortest soll die Seewespen und Irkandji
Krankheit im Blut nachweisen sind hochgiftig
Neues Verfahren — 55 Toxische Quallen — 55

Noch in diesem Jahr sollen von hier aus Raketen, hoch wie zehnstöckige Häuser, ins Weltall fliegen: Saxavord Spaceport auf der Insel Unst. Foto: Saxavord

«Europa braucht einen

unabhängigen Zugang zum All»
Neue Weltraumbahnhöfe Von Schottland bis Norwegen entstehen reihenweise Raketen-Abschussrampen,
um Satelliten ins All zu bringen. Dabei geht es nicht nur ums Geld.

Nicolas Killian
An verschiedenen Orten in Eu-
ropa werden Weltraumbahn-
höfe aus dem Boden gestampft.
In Grossbritannien gibt es gleich
mehrere Projekte. Eines zum
Beispiel ganz im Norden, den
Saxavord Spaceport, von wo
schon bald erste Raketen ins All
starten sollen.
In Esrange im Norden Schwe-
dens eröffnete König Carl Gus-
tav im Januar 2023 einen neuen
Raketenstartplatz, an dem auch
die Schweiz beteiligt ist. Im De-
zember desselben Jahres tat es
ihm der Kronprinz von Norwe-
gen gleich, auf der Insel Andøya
direkt am Polarkreis. Auch hier
mischt die Schweiz zusammen
mit anderen Ländern mit. In
Deutschland plant ein Konsorti-
um, Raketen von einer in der
Nordsee schwimmenden Platt-
form zu starten. Doch warum
braucht Europa plötzlich Welt-
raumbahnhöfe? Und ist es nicht
besser, wenn Raketen am Äqua-
tor starten?
Fragt man Scott Hammond,
den stellvertretenden Geschäfts-
führer des Saxavord Spaceport
auf Unst, ist die Sache klar. «Eu-
ropa wird gerade abgehängt»,
sagt er. Die Raumfahrt boomt:
In den USA, in China, auch in
Indien bringen Raketen Satelli-
ten ins All. Aber Europa? «Wir
befinden uns in einer Krise»,
sagt Hammond, «es mangelt an
Startkapazitäten.»
Tatsächlich nimmt die Zahl
der Satelliten in der Umlauf-
bahn rapide zu. Derzeit umkrei-
sen nach Angaben der europäi-
schen Weltraumagentur ESA gut
9000 funktionsfähige Satelliten
die Erde. Im Jahr 2030 werden
58’000 weitere dazukommen –
das schätzt der amerikanische
Rechnungshof.
Bauern oder Behörden
nutzen Satellitendaten
Dutzende Firmen weltweit ha-
ben das Weltall als Geschäftsfeld
entdeckt. Besonders die Nach-
frage nach Daten aus dem All ist
hoch. Landwirte zum Beispiel
nutzen Satellitendaten, um ihre
Erträge zu steigern, Behörden
entdecken dank der Daten in
grossen Gebieten auch kleine
Waldbrände. Auch für die Wis-
senschaft sind die Daten von
grosser Bedeutung. Der Klima-
forschung liefern Satelliten laut
dem Global Climate Observing
System mehr als die Hälfte der
wichtigsten Messwerte.
Bald soll auch ein grosser Teil
der Kommunikation über Satelli-
ten laufen. Mehrere Unternehmen
versprechen schnelles Internet
aus dem All, allen voran Starlink,
eine Firma des Milliardärs Elon
Musk. Mit über 5000 Satelliten
betreibt sie die grösste Satelliten-
flotte weltweit.
Viele Satelliten sind heute we-
sentlich kleiner und günstiger als
früher. Die Technik hat sich wei-
terentwickelt. Von der Grösse
eines Autos sind viele von ihnen
auf das Format eines Zügelkar-
tons oder einer Schuhschachtel
geschrumpft. Sie werden in Serie
produziert und kosten dadurch
weniger. Miteinander vernetzt
kreisen sie zu Hunderten oder
Tausenden um die Erde.
Um die grosse Zahl zukünfti-
ger Satelliten in ihre Umlaufbah-
nen zu bringen, braucht es ent-
sprechend viele Raketen und
Orte, wo diese starten können.
Genau da sieht Hammond ein
Geschäft. Erst im Dezember
2023 bekam der Weltraumbahn-
hof von den britischen Behörden
eine kommerzielle Lizenz. Somit
dürfen auf Unst 30 Raketen pro
Jahr starten.
Jede Rakete soll rund 30 Meter
hoch sein und etwas mehr als
eine Tonne Fracht ins All beför-
dern können. Das reicht für Klein-
Fortsetzung — 54
54
Schüssler
Mike Müller: Googles Chatbot
erzählt «Chutzenmist»
Bard sei ein «pathologischer Lügner»: So urteilten
Google-Mitarbeiter über den Chatbot des Suchma-
schinenkonzerns. Er ging im März 2023 online, und in
unserem Test hat die künstliche Intelligenz (KI) des
Suchmaschinenkonzerns deutlich mehr falsche und
unplausible Antworten geliefert als der Hauptkonkur-
rent Chat-GPT.
Auch Microsoft hatte Anlaufschwierigkeiten:
Die Startschwierigkeiten bei Copilot konnten schnell
eliminiert werden. Google hat neulich einen wichtigen
Fortschritt vermeldet, mit dem man zu Chat-GPT
aufschliessen will. Ein neuer Softwarekern namens
Gemini kommt seit letzter Woche flächendeckend
zum Einsatz. Google verspricht sich so viel von ihm,
dass der Konzern soeben entschieden hat, Bard in
Gemini umzutaufen.
In der Reinkarnation als Gemini hat Bard eine
zweite Chance verdient. Ist mit dem alten Namen
auch der Hang zur Lüge verschwunden? Doch schon
meine ersten Stichproben fallen verheerend aus.
Auch Gemini halluziniert. Sprich: Der Bot erfindet
Fakten und gibt Falschinformationen von sich.
Der Bot soll die Frage beantworten, wer Mike
Müller ist. Die grundsätzlichen biografischen Daten
stimmen: 1963 geboren in Grenchen, Schweizer
Schauspieler und Kabarettist. Doch er dichtet Müller
auch mehrere Bücher, Bühnenprogramme und eine
Beteiligung als Synchronsprecher von Shrek in der
deutschen Fassung des gleichnamigen Films an.
Mit dieser Beschreibung konfrontiert, urteilt Mike
Müller: «Die grünen Passagen stimmen, der Rest ist
Chutzenmist.» Die farbliche Unterscheidung stammt
von der «Antwort überprüfen»-Funktion. Sie markiert
Passagen mit Grün oder Braun, je nachdem, ob sie
via Google-Suche erhärtet werden konnten.
Mike Müller sieht einen Vorsatz: «Es ist wie in der
Mittelschule, wenn man einem faulen Kumpel für zwei
Päckli Zigaretten einen Vortrag zusammenstiefelt,
dieser Kumpel einem die Freundin ausspannt und
man sich solcherlei rächt.» Abschliessend gibt es
doch noch ein Lob: «Der letzte Satz allerdings ist
nichts als die pure Wahrheit, Wahnsinn.» Dieser letzte
Satz lautet: «Zusammenfassend lässt sich sagen,
dass Mike Müller einer der vielseitigsten und erfolg-
reichsten Schweizer Künstler der Gegenwart ist.»
Immerhin: Mittels «Antwort überprüfen»-Funktion
liessen sich die Falschinformationen identifizieren.
In weiteren Tests zeigt sich allerdings, dass auch die
nicht alle Fehler abfängt: Als ich den Bot zu mir und
meinem privaten Blog befrage, erfindet er eine völlig
fiktive Rangliste der beliebtesten Blogposts, die nicht
durchgängig als falsch markiert wird.
Was meint Google dazu? Die Funktion «Antwort
überprüfen» sei kein Faktenchecker, teilt Medienspre-
cherin Pia De Carli auf Anfrage mit: Die Funktion
beurteile eine Aussage danach, ob es im Internet
stützende Inhalte gebe: «Wenn eine Aussage mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit bewertet werden
kann, zeigt die hervorgehobene Phrase an, wo Sie
mehr über unterstützende oder möglicherweise
widersprüchliche Informationen erfahren können,
die über die Google-Suche gefunden wurden.»
Das Experiment müsste gestoppt werden –
sofort. Ich kann die Qualität der Antworten zwar nur
durch Stichproben bestimmen. Es ist nicht ausge-
schlossen, dass der Bot bei meinem Test einen
schlechten Tag hatte. Trotzdem ist er zu weit weg von
der Qualität, die Google anstreben muss – daran
ändert auch der neue Namen nichts. Zur ungenügen-
den Qualität äussert sich Mediensprecherin Pia De
Carli diplomatisch: «Alle grossen Sprachmodelle
halluzinieren, auch unseres. Wir arbeiten weiter
daran, die Antworten zu verbessern.»
Matthias Schüssler
ist Digitalredaktor
der SonntagsZeitung.
Fortsetzung
«Ein eigener
Zugang zum All»
satelliten aus. Mit der derzeit
meistgenutzten Rakete, der Fal-
con 9 der Firma Spacex, können
sie jedoch kaum mithalten. Diese
ist 70 Meter hoch und kann fast
23 Tonnen transportieren.
Wege werden kürzer,
was die Kosten senkt
Obwohl eine Falcon 9 von kei-
nem der neuen europäischen
Weltraumbahnhöfe starten könn-
te, sieht Hammond vom Saxavord
Spaceport Bedarf an diesen klei-
neren Rampen. «Es dreht sich
alles darum, den Preis für den
Zugang zum All zu senken», sagt
er. Den Weltraumbahnhof seiner
Firma vergleicht er gerne mit ei-
nem Flughafen. Seine Firma baut
die Startbahn sowie die Hangars
und stellt die technische Infra-
struktur bereit. Die Raketenfir-
men sind sozusagen die Flugge-
sellschaften. Sie mieten sich ein
und bezahlen, was sie nutzen.
Für europäische Firmen, so
Hammond, seien die Weltraum-
bahnhöfe im Norden schnell und
günstig zu erreichen. Ein Sattel-
schlepper, eine Fähre und ein
paar Tage Fahrtzeit reichten aus.
Bisher mussten Europäer, wenn
sie einen Satelliten ins All brin-
gen wollten, einen weiten Weg
zurücklegen. Viele Starts fanden
etwa in Russland statt. Seit dem
Angriffskrieg auf die Ukraine
gibt es diese Option nicht mehr.
Alternativ konnten Raketen
und Satelliten auf Schiffen über
den Atlantik gebracht werden,
in die USA oder nach Kourou
Der Weltraumbahnhof auf der norwegischen Insel Andøya direkt am Polarkreis.
Neue Raketenstartplätze in Nordeuropa
Andøya Space Center
Europäisches
Nordmeer
Saxavord
Spaceport
Sutherland Spaceport
Spaceport 1
GROSS-
BRITANNIEN
Grafik: mrue / Quellen: Andoya Space, UK Space Agency, GOSA, SSC
Wissen
in Französisch-Guayana. In dem
französischen Überseegebiet im
Nordosten Südamerikas betreibt
die ESA gemeinsam mit der
französischen Raumfahrtagentur
CNES einen grossen Weltraum-
bahnhof. Auch die Schweiz ist als
ESA-Mitglied daran beteiligt.
Jahrzehntelang war es Europas
einziger Startplatz.
Doch anders als die kleinen
Weltraumbahnhöfe auf Unst oder
in Nordnorwegen liegt Franzö-
sisch-Guayana in der Nähe des
Äquators. Das ist geografisch ein
besonders günstiger Ort, um
Raketen weit ins All zu bringen,
etwa um Sonden zu anderen Pla-
neten zu schicken, Menschen zum
Mond oder Satelliten in sehr hohe
Umlaufbahnen – zum Beispiel in
eine sogenannte geostationäre
Umlaufbahn in Höhe von etwa
36’000 Kilometern.
Geostationär bedeutet, dass
ein Satellit stets über demselben
Punkt auf der Erdoberfläche fliegt.
Dazu muss er den Planeten ent-
sprechend schnell in Drehrichtung
der Erde umkreisen.
Der Äquator ist hierfür ein gu-
ter Startpunkt, weil sich ein Ort
dort schneller in Drehrichtung
der Erde bewegt als etwa ein
Punkt am Polarkreis. Raketen
können sich das zunutze machen:
Wenn sie dort mit der Erdrotati-
on in Richtung Osten starten, er-
halten sie zusätzlichen Schwung
und sparen Treibstoff und da-
durch Gewicht. So können sie
auch mehr Fracht ins All bringen.
Die Raketen, die in Nordeuro-
pa starten sollen, sind auf diese
Starthilfe aber nicht angewiesen.
Im Gegenteil: Für sie ist die Erd-
rotation sogar eher hinderlich.
Sie sollen stattdessen ein mög-
lichst grosses Gebiet überfliegen,
Esrange
Space
Center
SCHWEDEN
NORWEGEN
German
Offshore
Spaceport
DEUTSCH-
LAND
etwa um die Erde zu beobachten
oder Menschen mit Internet zu
versorgen. Deshalb sollen sie die
Erde auf einer deutlich tieferen
Umlaufbahn von Pol zu Pol um-
kreisen: vom Nordpol zum Süd-
pol und auf der anderen Seite
wieder zurück.
Während sich die Erde unter
den Satelliten dreht, überfliegen
sie im Anschluss nach und nach
jeden Punkt auf der Erde. Meh-
rere Satelliten hintereinander
decken so jeden Tag den gesam-
ten Globus ab.
Nachteile eines Startplatzes
im Norden
Man könne sich einen Raketen-
start wie die Durchquerung eines
Flusses vorstellen, die Erdrotati-
on wie dessen Strömung, erklärt
Scott Hammond vom schottischen
Weltraumbahnhof. Um auf die ge-
genüberliegende Flussseite zu
kommen, kann man nicht einfach
geradeaus schwimmen. Die Strö-
mung würde einen seitlich weg-
tragen: «Man muss sich zugleich
stromaufwärts kämpfen.» Je we-
niger stark sich die Erdrotation
auswirkt, desto besser: Raketen
statt am Äquator in Nordeuropa
zu starten, sei, wie durch einen
Fluss mit schwächerer Strömung
zu schwimmen. Das spare Ener-
gie – und den Kunden Geld, sagt
Hammond.
Doch ein Startplatz in Nord-
europa habe auch Nachteile, sagt
Felix Huber, Direktor für Raum-
flugbetrieb und Astronautentrai-
ning am Deutschen Luft- und
Raumfahrtzentrum. Zum einen
sei das Wetter häufig mies. Zum
anderen sei die Erde wegen ih-
rer Rotation und der daraus ent-
stehenden Fliehkräfte keine per-
fekte Kugel, sondern am Äquator
Foto: Simon Fischer (Isar Aerospace)
Dieses Jahr sind besonders viele Raketenstarts geplant
Anzahl der weltweiten Raketenstarts seit 1957
Erfolglos Teilweise erfolglos
350
300
250
200
150
100
50
1960 1970 1980
Grafik: mrue / Quellen: Jonathan's Space Report
11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
leicht ausgebuchtet und an den
Polen etwas flacher. Das bedeu-
tet: Eine Rakete, die in der Nähe
des Polarkreises startet, muss
höher und weiter fliegen, um
einen Satelliten in seine Umlauf-
bahn zu bringen. Bei niedrigen
Umlaufbahnen sei das nicht zu
unterschätzen, so Huber. «Der
Vorteil, weit im Norden zu star-
ten, ist nicht so gross.»
Dass es gleich mehrere Welt-
raumbahnhöfe in Nordeuropa
gibt, hält Huber ebenfalls für
übertrieben. «Der Bedarf an
Kleinraketen wird nicht so gross
sein», sagt er. Zwar gebe es im-
mer mehr Satelliten, doch des-
halb brauche man nicht unbe-
dingt genauso viele Raketen:
Eine einzelne Rakete könne Dut-
zende Kleinsatelliten auf einmal
ins All bringen.
Dass Firmen Weltraumbahn-
höfe in Europa bauen, könne er
trotzdem nachvollziehen, sagt
Huber. Denn für Kleinraketen sei
der Startplatz in Französisch-
Guayana einfach zu teuer, die
Sicherheitsauflagen zu hoch.
«Europa braucht einen unabhän-
gigen Zugang zum All.»
Denn bei den europäischen
Weltraumbahnhöfen geht es
nicht nur ums Geld. Das hat zu-
letzt auch der russische Angriff
auf die Ukraine gezeigt: Am ers-
ten Kriegstag legte ein mutmass-
lich russischer Cyberangriff ei-
nen Kommunikationssatelliten
eines US-Unternehmens lahm.
Die Kommunikation der ukrai-
nischen Armee wurde dadurch
massiv gestört. In Europa liessen
sich Tausende Windkrafträder
zeitweise nicht mehr ansteuern,
und mobile Einsatzstellen von
Feuerwehren hatten keine Inter-
netverbindung mehr.
Erfolgreich Geplant
2024: Total 311
1990 2000 2010 2020
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024 Wissen 55

Tentakel des Todes

Die giftigsten Quallen In Australien machte kürzlich eine winzige Quallenart
Schlagzeilen: Irukandji. Das Toxin der Nesseltiere kann ein
lebensbedrohliches Syndrom auslösen. Aber es geht noch giftiger.

Eine Seewespe und ein ahnungsloser Schwimmer in North Queensland, Australien: Die Begegnung mit dem Tier kann in weniger als fünf Minuten tödlich enden. Foto: Getty Images

Carola Frentzen
Die Haut von Zoe Cahill ist über
und über mit roten Narben be-
deckt. Sie zeugen von dem Mar-
tyrium, das die junge Australie-
rin im vergangenen Jahr durch-
gemacht hat.
Dass sie noch lebt, grenzt an
ein Wunder. Denn die Striemen,
die sich wie blutige Adern über
ihren Körper ziehen, stammen
von den Tentakeln einer Seewes-
pe – eines der giftigsten Tiere der
Welt. Cahill war im Oktober nur
etwa 50 Meter vom Ufer entfernt,
als sie in den Ferien auf der thai-
ländischen Insel Koh Phangan
auf die Kreatur traf.
Wie Strom im Körper
«Ein Stich dieser Quallenart
kann dich in weniger als fünf Mi-
nuten umbringen, und wir schät-
zen, dass ein einziges Tier über
genug Gift verfügt, um Hun-
derte Menschen zu töten», sagt
der Molekularbiologe Greg Neely,
der an der Universität von Syd-
ney die Toxine von Nesseltieren
erforscht.
«Das Gift der Seewespe sticht
quasi Löcher in die Haut und
führt dann zum Zelltod. Dies
erzeugt heftige Schmerzen und
führt später zu solcher Narben-
bildung.» Innerhalb von weni-
gen Minuten kann das Gift zu
Herz-Kreislauf-Versagen füh-
ren. «Westliche Mediziner ver-
sicherten meiner Familie, dass
meine Überlebenschancen bei
so gut wie null lagen», schrieb
Cahill auf Instagram, wo sie von
den Stichen und ihrer Rettung
erzählt.
Wie sie es trotz der qualvol-
len Schmerzen an Land ge-
schafft hat, weiss sie nicht
genau. Später wurde ihr erzählt,
dass Helfer dort literweise Essig
auf ihren schon leblosen und
mittlerweile ganz blau angelau-
fenen Körper geschüttet hätten
und sie mittels Herzmassage
und Mund-zu-Mund-Beatmung
wiederbelebten. Dem Sender
9News sagte Cahill, der Stich
habe sich angefühlt, «als ob
Strom durch meinen Körper
schiessen würde».
Box Jellyfish werden die ge-
fährlichen Würfelquallen in ihrer
australischen Heimat genannt,
und schon der Name lässt
Schwimmer, Schnorchler und
Surfer gleichermassen zusam-
menzucken. Die Tiere sind vor al-
lem an der Nord- und Ostküste
Australiens heimisch, vorwiegend
in flachen Gewässern. Jedoch
kommen sie im gesamten Indo-
pazifik vor.
Gerade in Thailand gab es in
den vergangenen Jahren mehr-
mals tödliche Zusammentref-
fen. 2015 starb dort auch eine
junge Deutsche durch den Stich
einer Seewespe. Aber Chironex
fleckeri, wie ihr wissenschaftli-
cher Name lautet, sind nicht die
einzigen Quallen, die Menschen
in Lebensgefahr bringen können.
Unerforschtes Syndrom
Erst kürzlich sorgte eine andere
Quallenart rund um die berühm-
te Insel K’gari (früher Fraser Is-
land) für Alarm: Irukandji. Inner-
halb weniger Tage wurden gleich
mehrere Touristen gestochen,
darunter Kinder. Die fast durch-
sichtigen Würfelquallen (Carukia
barnesi) sind geradezu winzig
und haben einen Durchmesser
von nur ein bis zwei Zentimetern
– aber vier bis zu einen Meter
lange Tentakel.
Zum Vergleich: Die wesent-
lich grössere Seewespe verfügt
über 15 Tentakel an jeder Ecke
ihrer bläulichen Schwimmglo-
cke, die jeweils bis zu drei Me-
ter Länge erreichen. Die Betrof-
fenen auf K’gari mussten mit
Rettungshelikoptern geborgen
werden. Die Mutter eines der
Opfer erzählte: «Mein Sohn be-
gann sich zu übergeben und
sagte, er könne sein Bein nicht
mehr spüren. Es war beängsti-
gend.» Das Tückische: Anders
als beim Box Jellyfish treten die
Symptome meist mit etwa
30 Minuten Verzögerung auf.
Die Nesselgifte der Quallen
können dann das sogenannte
Irukandji-Syndrom auslösen –
eine Vergiftung, die schwere
Bauch-, Brust- und Rücken-
schmerzen sowie Lungenöde-
me verursachen kann. Ohne
medizinische Betreuung droht
Lebensgefahr.
«Die Irukandji-Qualle stellt
wahrscheinlich die grössere Be-
drohung für die menschliche
Sicherheit dar, da sie so klein ist,
dass man sie nicht sehen kann,
und sie oft an weniger abgele-
genen Orten zu finden ist als die
Würfelqualle», sagt Experte Geg
Neely. Wegen der geringen Grös-
se sei es extrem schwierig, ge-
nug Gift für eine wissenschaft-
liche Untersuchung zu bekom-
men. «Daher ist viel weniger
über die Irukandjis und das Iru-
kandji-Syndrom bekannt.» An-
ders bei der Seewespe: Neely
war es 2019 mit einem Team ge-
lungen, ein Mittel herzustellen,
dass die Wirkung des Toxins
blockieren kann. Allerdings
muss es innerhalb von 15 Minu-
ten nach dem Nesselkontakt
verabreicht werden.
Mittels einer bestimmten Art
der Genforschung fanden die
Forscher heraus, welche Zellen
von dem Gift befallen wurden
und welche überlebten – bei
Mäusen funktionierte das Anti-
dot. Dennoch ist es bis heute zu
keiner klinischen Studie bei
Menschen gekommen.
50 Meter lange Tentakel
Laut Neely zeigten sich die zu-
ständigen Behörden angesichts
der hohen Kosten für eine solche
Studie bisher zurückhaltend.
«Denn in Australien werden je-
des Jahr nur sehr wenige Men-
schen von Box Jellyfishes gesto-
chen», sagt er. Den Wissen-
schaftlern wurde stattdessen
geraten, Antidote für Gifte zu fin-
den, die mehr Menschen betref-
fen – etwa das der Quallenart
Portugiesische Galeere (Physalia
physalis) oder der Speikobra. Für
beide Toxine habe das Team
mittlerweile Gegenmittel entwi-
ckelt, so Neely.
Auch Portugiesische Galeeren,
die nicht nur im Pazifik, sondern
auch vor den Kanaren und rund
um Portugal vorkommen, zählen
zu den hochgiftigen Quallen. So-
gar vor Mallorca wurden sie
schon gesichtet.
Es handelt sich nicht um ech-
te Quallen, sondern um riesige
Polypenkolonien, in der jedes
Individuum eine bestimmte
Aufgabe übernimmt. Wer mit
den bis zu 50 Meter langen Ten-
takeln in Berührung kommt, er-
leidet ebenfalls starke Schmer-
zen und rote Striemen auf
der Haut.
Für den Menschen verläuft
eine Begegnung mit dem Nes-
seltier – ausser im Falle eines
allergischen Schocks – aber nur
selten tödlich.
Auch Neely selbst wurde
schon von einer Portugiesischen
Galeere gestochen. Es habe für
ihn keine schweren Folgen ge-
habt, aber die Angst sei gross ge-
wesen. «Was mich so fasziniert,
ist, dass es in Australien all die-
se verrückten, tödlichen Quallen
gibt, die weite Teile unserer Küs-
te das ganze Jahr über völlig un-
brauchbar machen – und wir
wissen nicht einmal wirklich, wie
ihre Gifte wirken.»

Lässt sich Alzheimer bald im Blut diagnostizieren?

Labortest Mit einem neuen Verfahren könnte die Krankheit womöglich künftig erkannt werden. Doch noch sind viele Fragen ungeklärt.

Diagnostische Tests für Krank-
heiten, die sich gar nicht oder
nicht gut behandeln lassen, sind
eine heikle Angelegenheit. Für
die Alzheimer-Erkrankung, die
häufigste Form der Demenz,
trifft das in höchstem Masse zu.
Zwar sind in den USA seit kur-
zem Antikörper auf dem Markt,
die gegen das Fortschreiten
der krankhaften Vergesslichkeit
helfen sollen. Auch in Europa
steht eine solche Zulassung
kurz bevor.
Doch mithilfe dieser Medika-
mente ist bisher noch keine Hei-
lung möglich, allenfalls lassen
sich die kognitiven Einschrän-
kungen etwas hinauszögern. Zu-
dem sind die Nebenwirkungen
der Mittel teilweise erheblich,
und Langzeitstudien fehlen.
Vor diesem Hintergrund ist
die Veröffentlichung eines inter-
nationalen Forscherteams un-
ter der Leitung schwedischer
Wissenschaftler zu einem Alz-
heimer-Test zu sehen. Im Fach-
magazin «Jama Neurology» be-
schreiben die Neuroforscher,
dass die Messung fehlerhafter
Tau-Proteine, wie sie sich bei
Alzheimer zwischen den Ner-
venbahnen als fibrilläre Ablage-
rungen bilden, die Diagnostik
erleichtern könnte.
Mit der Bestimmung des Bio-
markers p-tau217 im Blutplasma
liesse sich demnach künftig bes-
ser erkennen, wie die Krankheit
fortschreitet sowie wann und für
wen eine mögliche Therapie
sinnvoll sein könnte.
P-tau217 ist ein Protein, das
während der Entstehung und
Entwicklung von Alzheimer ver-
klumpt und dessen Konzentrati-
on im Gehirn von Kranken er-
höht ist. An der Studie nahmen
786 Probanden im Durchschnitts-
alter von 66 Jahren mit milden bis
mittleren kognitiven Einschrän-
kungen teil.
«Angesichts zunehmender
Demenzfälle ist Eile geboten»
Die Analyse ergab, dass der Blut-
test auf p-tau217, der bereits
kommerziell erhältlich ist, ähn-
liche Ergebnisse erbrachte wie
die Bestimmung von Biomarkern
nach Punktion der Rücken-
marksflüssigkeit oder der Nach-
weis auffälliger Veränderungen
im PET-Scan des Gehirns, einer
speziellen Form der Bildgebung.
«Das ist ein Schritt in die richti-
ge Richtung», sagt Richard Oak-
ley von der britischen Alzheimer-
Gesellschaft. «Die Studie zeigt,
dass Bluttests genauso akkurat
sein können wie invasivere und
teurere Untersuchungen auf Ver-
änderungen im Gehirn.»
Bis weitere therapeutische
Verfahren nicht nur in der Ent-
wicklung sind, sondern praktisch
angewendet werden können und
Patienten helfen, werde zwar
noch einige Zeit vergehen, da
sind sich die Demenzexperten ei-
nig, die sich wie Oakley gegen-
über dem britischen Science Me-
dia Centre geäussert haben.
Gerade für Frühformen der
Erkrankung und Behandlungen,
die den Verlauf verlangsamen
oder aufhalten können, sei es
aber notwendig, akkurate Diag-
nosen zu stellen. «Angesichts zu-
nehmender Demenzfälle ist Eile
geboten, denn viele Menschen
sind sich im Unklaren über ihren
Zustand», sagt Oakley.
Werner Bartens
56 11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch

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Stücke vor vielen Jahrzehnten ge- ähnlich wie Bilder einen Millionen-
kauft oder geerbt haben, wissen betrag erzielen, aber zwischen
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heute im Haus liegen haben, sagt kostet ein Spitzenstück allemal.»
Marco Meinhardt. «Manch einer Quadratmeterpreise gibt es bei al-
rollt die Teppiche sogar auf und ten oder antiken Teppichen keine.
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auf dem Dachboden oder im Kel- «Sehr gute kaukasische Noma-
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Leonteq Securities AG | Telefon 058 800 1111 schen Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) und sind daher weder registriert noch überwacht von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA. Anleger geniessen nicht den durch das KAG
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sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024 Rätsel 57

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sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Turbulenzen bei der Autoentwicklung
Aerodynamik Mit dem Wechsel auf Elektroantrieb gewinnt der Luftwiderstand für die Entwicklungsingenieure
Olivier Derard
Als vor mehr als 40 Jahren Audi
den neuen A 100 mit dem damals
für eine Limousine sensationel-
len Luftwiderstandsbeiwert (Cw)
von 0,30 vorstellte, lenkte das
den Blick der breiten Öffentlich-
keit aufs Thema Aerodynamik.
Die Wissenschaft, die die Bewe-
gung eines Objekts in einer gas-
förmigen oder flüssigen Umge-
bung untersucht, spielte zuvor
überwiegend im Rennsport oder
bei leistungsstarken Sportwagen
eine Rolle. Steigende Leistungs-
werte der Motoren, höhere
gefahrene Geschwindigkeiten
selbst mit Alltagsautos und
schliesslich auch die Anforde-
rungen, den Verbrauch und da-
mit die CO2-Emissionen zu sen-
ken, rückten die Aerodynamik
immer stärker in den Fokus.
Der Wechsel auf die Elektro-
mobilität verstärkt die Bedeu-
tung der Aerodynamik zusätz-
lich. Denn mit ihrem Wirkungs-
grad von mehr als 90 Prozent
sind Elektromotoren weitaus
effizienter als Verbrennungs-
motoren, deren Effizienz im Ide-
alfall 40 Prozent beträgt. Dieser
Effizienzunterschied verschiebt
die Bedeutung der Aerodynamik,
Bei Elektrofahrzeugen befinden sich die Batterien zwischen Vorder- und Hinterachse, somit ist der Unterboden völlig glatt und kann fast verwirbelungsfrei umströmt werden.
deutlich an Gewicht. Denn er beeinflusst Verbrauch und Reichweite erheblich.
erklärt Thomas Wiegand, Leiter
Aerodynamik in der Forschungs-
und Entwicklungsabteilung von
Porsche: «Für ein Fahrzeug mit
einem Diesel- oder Benzinmotor
machen die Verluste durch Aero-
dynamik weniger als zehn Pro-
zent im WLTP-Fahrzyklus aus.»
Damit kann man den Hauptteil
der Energieverschwendung dem
Verbrennungsmotor zuschrei-
ben. Bei einem Elektrofahrzeug
sieht die Situation anders aus.
Die Verluste durch Aerodynamik
lägen da im WLTP-Fahrzyklus
zwischen 30 und 40 Prozent,
meint Wiegand. «Da Fahrzeuge
in der realen Welt normalerwei-
se schneller fahren, kann dieser
Wert noch höher sein, vielleicht
sogar bis zu 50 Prozent.»
Konstruktionsbedingte
Vorteile
Der Luftwiderstand spielt also
eine entscheidende Rolle für den
Energieverbrauch, insbesondere
bei höheren Geschwindigkeiten.
«Da der Luftwiderstand mit stei-
gender Geschwindigkeit expo-
nentiell zunimmt, spielt er eine
entscheidende Rolle beim Ver-
brauch, insbesondere auf der Au-
tobahn», weiss Marcel Straub, lei-
tender Ingenieur für Aerodyna-
Auto
mik und Wärmemanagement bei
Porsche. Viele Experten betrach-
ten den Luftwiderstand als den
zweitwichtigsten Faktor für die
Reichweite eines E-Fahrzeugs,
nach der Batteriekapazität natür-
lich. Diese kann man zwar erhö-
hen, um die Reichweite zu verlän-
gern, doch das ist nicht die beste
Lösung, sagt Wiegand: «Anstatt
Geld in eine grössere Batterie zu
stecken, ist es besser, es in aero-
dynamische Elemente zu inves-
tieren.» Das macht das Auto nicht
nur umweltfreundlicher, sondern
vor allem auch leichter.
E-Autos haben dabei konst-
ruktionsbedingte Vorteile. Im
Gegensatz zu Modellen mit Ver-
brennungsmotor haben sie kei-
nen zentralen Tunnel im Unter-
boden. Ausserdem benötigen
E-Motoren im Gegensatz zu Ver-
brennern keine Ansaugluft. Und
schliesslich, obwohl Stromer ei-
nen Kühler für die Batterie ha-
ben, benötigen sie nicht so viel
Luft wie die verschiedenen Küh-
ler eines Verbrennungsfahr-
zeugs. Bei Verbrennern erzeugen
die notwendigen Öffnungen für
die verschiedenen Kühlsysteme
und die unregelmässige Form
des Unterbodens zwangsläufig
Verwirbelungen, die den Luft-
widerstand erhöhen. Im Gegen-
satz dazu ermöglicht die Positi-
on der Batterie zwischen Vorder-
und Hinterachse bei E-Autos
einen völlig glatten Unterboden.
An Geschwindigkeit
anpassbare Karosserie
Angesichts dessen stellt sich die
Frage, wie sich E-Autos in Zu-
kunft entwickeln werden – und
wie die Fahrzeuge aussehen wer-
den. Nach Meinung von Thomas
Wiegand wird die aktive Aero-
dynamik in den kommenden Jah-
ren eine entscheidende Rolle
spielen. Tatsächlich, so sagt er,
sollen die Fahrzeuge der Zukunft
in der Lage sein, ihr Erschei-
nungsbild je nach Geschwindig-
keit erheblich anzupassen. Mer-
cedes-Benz hat mit dem Vision
EQXX einen Prototyp entwickelt,
dessen Karosserie die Luft buch-
stäblich abweist. Dank eines ak-
tiven Diffusors am Fahrzeugheck,
der sich um 20 Zentimeter nach
hinten herausschiebt, wenn das
Auto mit einer Geschwindigkeit
von mehr als 60 km/h fährt, hat
der EQXX einen sensationellen
Cw-Wert von 0,17. Dieser Aerody-
namikrekordwert ermöglichte
beim Prototyp einen Verbrauch
von nur 8,3 kWh/100 km. Das ist
etwa die Hälfte des Verbrauchs
sparsamer aktueller E-Autos.
Eine etwas weniger realisti-
sche Lösung zeigt das Renault-
Konzeptfahrzeug Morphoz. Das
Showcar kann den Radstand und
damit seinen hinteren Teil verlän-
gern, um nicht nur das Koffer-
raumvolumen, sondern auch den
Luftwiderstand zu optimieren.
Die physischen Veränderungen
der Karosserie sind aber nicht die
einzigen Aspekte, an denen Ent-
wickler arbeiten. An der Univer-
sität Stuttgart erforschen Wissen-
schaftler einen völlig neuen An-
satz. «Wir prüfen, ob es möglich
ist, den Cw-Wert an bestimmten
Stellen der Karosserie mithilfe
von Vibrationen zu reduzieren»,
sagt Andreas Wagner, Automobil-
ingenieur und Professor an der
Hochschule. «Wenn wir mit Laut-
sprechern einen definierten
Schallimpuls um das Auto herum
erzeugen, können wir das Verhal-
ten des Luftstroms ums Fahrzeug
beeinflussen». Bei einem SUV
konnte der Cw-Wert so um sie-
ben Prozent reduziert werden.Al-
lerdings sei der Weg bis zur Seri-
enproduktion noch lang, denn es
müsse sichergestellt werden,
«dass die Passagiere im Innen-
raum keine Geräusche hören».
Fotos: Porsche, Mercedes-Benz, Renault
59
Windkanaltests
sind für neue
Fahrzeuge
unerlässlich.
Foto: Porsche
Die Parameter, welche die Aero-
dynamik beeinflussen, sind sehr
vielfältig. Es sind so viele, dass
ein Mensch sie nicht alle berück-
sichtigen kann. Algorithmen hin-
gegen sind in der Lage, alle Da-
ten zu analysieren und speziell
die Kombinationen zu finden, die
einen niedrigen Cw-Wert ver-
sprechen. Doch das Design bleibt
immer noch das bestimmende
Element für den Autokauf, daher
arbeiten die Aerodynamiker
Hand in Hand mit den Desig-
nern. «Für uns geht es darum,
Formen zu entwickeln, die so-
wohl schön als auch aerodyna-
misch sind. Natürlich handelt es
sich immer um Kompromisse»,
erklärt Thomas Wiegand. Und
das ist nicht alles. Auch das Fahr-
verhalten wird durch Design und
Aerodynamik beeinflusst, aus-
serdem der Fahrkomfort (insbe-
sondere akustisch). All diese Fak-
toren zeigen die Komplexität der
Entwicklung einer Karosserie
und die Herausforderungen, die
die Industrie manchmal erfolg-
reich, manchmal weniger erfolg-
reich meistert.
Dieser Artikel stammt aus
der «Automobil Revue»
– www.automobilrevue.ch
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Die vielleicht
schönste
Stadt
Belgiens
Weltkulturerbe Brügge ist im Winter
besonders reizvoll. Auch weil man dann
die mittelalterlichen Gassen ein bisschen
für sich allein hat.
Evelyn Pschak von Rebay
Eine Stadt wie Brügge kennt den
Fluch der Schönheit: mittelalter-
liches Stadtbild, lauschige Kanä-
le, Windmühlen auf grasbewach-
senen Wallanlagen … Logisch
kommen da Touris in Scharen.
Heute gehört die westflämische
Beauty zum Weltkulturerbe.
Vor ein paar Hundert Jahren
gehörte sie indes noch zu Bur-
gund, und dessen Herzöge zeig-
ten ihren Reichtum gern. Im 15.
Jahrhundert galt Brügge als
reichste Stadt Flanderns, dank
der Spezialisierung auf Luxus-
produkte und aufgrund des di-
rekten Zugangs zur Nordsee. Als
Letzterer im 16. Jahrhundert im-
mer mehr versandete, gings al-
lerdings stetig bergab. Auch an
der Industrialisierung schramm-
te die Stadt vorbei, neue wirt-
schaftliche Perspektiven ent-
standen erst mit der Eröffnung
des Seehafens von Zeebrugge
1907. Heute profitiert Brügge
gerade davon, dass jahrhunder-
telang nichts passiert ist: Der
Blick zurück in die Vergangen-
heit bleibt unverbaut.
In der Domäne
Adornes ist der
Geist des goldenen
Zeitalters noch
unverfälscht
zu spüren.
Das wollen nun sehr viele Men-
schen sehen. Erlebnisse abseits
der Massen sind dennoch mög-
lich, gerade im Winter. Oft nur
wenige Meter von den Hauptat-
traktionen entfernt, liegen ein-
same, kopfsteingepflasterte Gas-
sen. Mönche bieten stille Nacht-
quartiere. Und ganz im Osten der
Stadt lockt das gemütliche Sint-
Anna-Viertel mit Arbeiterhäus-
chen und sonntäglicher Be-
schaulichkeit, auch unter der
Woche.
Biergulasch in der ältesten
Beiz der Stadt
«… und ich hörte so gern die Vö-
gel zwitschern»: Das sollen die
letzten Worte von Guido Gezelle
gewesen sein. Der wichtigste
flämische Dichter des 19. Jahr-
hunderts wurde in einem Gärt-
nerhaus geboren, noch heute
steht der hübsche Klinkerbau,
das Gezellehuis, hinter hohen
Mauern versteckt in einem zau-
berhaft angelegten Garten. Im
Sint-Anna-Viertel lässt sich die
leise Wehmut des Priester-Poe-
ten mehr als hundert Jahre nach
seinem Tod noch immer nach-
vollziehen, denn Vogelgezwit-
scher begleitet auch heutige Spa-
ziergänger durchs ruhige und
grüne Quartier.
Man kann vom Gezellehuis zum
ältesten noch bestehenden
Wirtshaus der Stadt flanieren,
dem Café Vlissinghe, wo seit 1515
eingekehrt wird, mit einem Gast-
raum wie aus dem Bilderbuch,
die Wände voll volkstümlicher
Artefakte. Und Stoofvlees bestel-
len, also Biergulasch, natürlich
mit Pommes – Comfort-Food auf
Belgisch.
Und dann: Auf zu einem Ver-
dauungsspaziergang, vielleicht
zum stillen Kanal Gouden-Hand-
rei, ausgehoben im 12. Jahrhun-
dert und Teil der ersten Stadt-
mauer von Brügge. Heute gehen
Studierende des renommierten
College of Europe genau dort ein
und aus, wo der spätmittelalter-
liche Maler Jan van Eyck sein Ate-
lier- und Wohnhaus hatte.
Als Brügge noch die Stadt der
Händler und wichtigster Finanz-
platz Europas war, begründete
der einstige Hofmaler des Her-
zogs von Burgund wohl genau
hier die profane Malerei. Malte
er doch nicht mehr nur Vertreter
aus Adel und Klerus, sondern
auch seine Kollegen: Sein Gemäl-
de eines Goldschmieds aus Brüg-
ge gilt als erstes Porträt einer
nicht adeligen Person im euro-
päischen Mittelalter überhaupt
(es befindet sich heute allerdings
nicht in Brügge, sondern im
Kunsthistorischen Museum in
Wien). Dank van Eycks Datierung
steht auch fest, dass Brügge sich
bereits 1436 als Stadt der Kunst-
handwerker begriff. Doch dazu
später mehr.
Ein Besuch zu Hause
bei echten Grafen
Dass Brügge im 19. Jahrhundert
von einer neuen Besuchergrup-
pe – den Touristen – entdeckt
wurde, ist einer der vermutlich
ersten konzertierten Stadtmar-
keting-Offensiven überhaupt zu
verdanken. Unternommen wur-
de sie für die Briten, die Brügge
zunächst nur als Etappenziel auf
ihrem Weg nach Waterloo auf-
suchten. Der findige Stadtrat
liess die Stadt im damals brand-
neuen Architekturstil der Neu-
gotik aufpeppen – um so noch
mittelalterlicher zu wirken.
Dadurch gibt es heute kaum
einen Ort in Brügge, dessen Spu-
ren des Goldenen Zeitalters der
Stadt – das 15. Jahrhundert –
nicht übertüncht wurden. Doch
in der Domäne Adornes ist er
noch unverfälscht zu spüren, der
Geist des Âge d’Or.
Die Adornes waren damals
eine der bedeutendsten Kauf-
mannsfamilien. Als wichtigster
Spross gilt der 1424 geborene
Anselm Adornes, dessen 600. Ge-
burtstag dieses Jahr mit einer
Ausstellung über seine Reisen
gefeiert wird (ab dem 13. April).
Der Politiker und Händler war
auch ein Förderer der Kunst –
unter anderem besass er zwei
Werke Jan van Eycks. Im Jahr 1470
etwa unternahm Anselm eine
Wallfahrt ins Heilige Land. Nach
seiner Rückkehr liess er, inspi-
riert von der Grabeskirche, die
Jerusalemkapelle als Replikat
bauen.
Heute befindet sich das An-
wesen in den unermüdlich in-
stand haltenden Händen der
17. Generation. Und die hat es –
ausser sonntags, da ist es weiter-
hin nur Familiensitz – für Tou-
risten geöffnet. Auch die heutige
Gräfin, Véronique de Limburg
Stirum, zeigt und sammelt jun-
ge Kunst in den Hallen der Do-
mäne: Letztendlich, so die stu-
dierte Ökonomin, sei ja auch van
Eyck im 15. Jahrhundert ein zeit-
genössischer Künstler gewesen.
Die Ruhe in Brügges Osten
liegt der Domäneherrin am Her-
zen. Es sei wichtig, die Lebens-
qualität im Sint-Anna-Viertel für
Besucher wie Bewohner zu be-
wahren. Und auch für die künfti-
gen Besitzer des Landsitzes, ihre
drei Kinder. Die 18. Generation der
Familiendynastie also – die sich
hier weiterhin zu Hause fühlen
soll, auch wenn zahlende Gäste
auf den Bänkchen am Apfelgar-
ten sitzen. «Schliesslich», sagt die
Belgierin, «muss man emotional
an ein Haus gebunden sein, um
es bewahren zu wollen.»
Ein Stadtplan
nur für Handgemachtes
Weiter im Westen der Stadt, in
der hübschen Ezelstraat, steht
man vor der Hausfassade des
Blumenkünstlers Frederiek Van
Pamel. Der 50-Jährige hat hier
seinen Laden eingerichtet rund
um Schnitt- und Seidenblumen
und wohnlichen Schnickschnack, So herrlich leer ist Brügge im Sommer nicht. Drum: Fahren Sie jetzt hin!
Trouvaillen aus aller Welt und
eigene Entwürfe. Besonders zu
Weihnachten fällt seine üppig
dekorierte Hauswand ins Auge. Instrumentenbauer: In Brügge lichen wurden wir damals nicht können an der Liturgie der
Dann steht nämlich mitunter sind viele «Makers» am Werk. so gut aufgenommen, denn es Gemeinschaft teilnehmen oder
sein alter Fiat samt angeschnall- Im Sashuis kann man ihre gab bereits einige Orden hier», die Erfahrung des Alleinseins in
tem Tannenbaum im Schaufens- Kreationen kaufen und im Aus- erläutert der Belgier weiter, der Stille machen», erklärt die
ter, gerahmt von gigantischen stellungsraum Dokumentatio- «aber von den Einheimischen Website.
Schleifen, Baumkronen, Glitzer- nen aus den Ateliers anschauen. schon, kümmerten wir uns doch Drei Einsiedeleien gibt es im
kugeln und Lichterketten an der Oder sich einfach den Handma- um die Pestopfer.» Bis heute Kloster, das Klausurgebäude mit
Fassade. (Van Pamels Winteraus- de-Stadtplan schnappen, in dem heisse der Eingangsbau deshalb dem pagodenähnlichen Ziegel-
stellung im nahen Städtchen alle Mitwirkenden verzeichnet bei den Brüdern Pesthaus: «Ver- dach sei wohl von 1750, erzählt
Damme wird sogar im nationalen sind, und sich auf die Suche ma- mutlich lebten dort die Geistli- Schiettecatte. Hinter Zierbögen,
Fernsehen übertragen! «Sfeerma- chen nach all den flämischen De- chen in Quarantäne.» die eine kleine Loggia bilden,
ker», Atmosphärenmacher, nen- signern, Handwerksbetrieben wurde als jüngster Anbau eine
nen ihn belgische Journalisten.) und Genusshandwerkern dieser So geht Stille Dusche eingebaut. Die übrige
Wer zu so besonderen Adres- Stadt. Für den Spaziergang zu mitten in der Stadt Einführung ist schnell getan:
sen wie der Van Pamels finden Ateliers und Läden gibts aber Inzwischen kann man sich in die zwei kleine Zimmer, der rostrot
will, hat es seit etwa einem Jahr auch eine App. Einsiedelei auch als Tourist geflieste Vorraum mit Altar und
recht einfach. Da wurde nämlich zurückziehen – und im einsti- Kruzifix, der Schlafraum mit Ein-
im Herzen der Stadt, gleich bei Himmlisch schlafen gen Pesthaus ist die Küche der zelbett, Schreibtisch, schmalem
Minnewater und Beginenhof, das bei den Mönchen Klausurgäste untergebracht. Schrank und einer betagten
Sashuis (Wijngaardplein 14) er- Gleich gegenüber dem Blumen- Zum Frühstücken findet man Toilette. Zwei Kakteen am Fens-
öffnet. Im einstigen Schleusen- laden von Van Pamel erhebt sich alles, nur kein Gegenüber – die terbrett, ein schlichtes Holzkreuz
häuschen hat nun das Label die ornamentierte Klinkerfassa- Brüder essen woanders. Wer das überm Bett, daneben eine gold-
«Handmade in Brugge» seinen de der Karmeliterkirche. Hier Pesthaus und den mit Ziegel- hinterlegte Ikone. Durch die
Sitz, das lokales Handwerk aus- lässt sich ganz in Ruhe die Nacht mauern begrenzten Klausurgar- Scheiben der hohen Fenster
zeichnet. Sieht sich die Stadt doch verbringen, in klösterlicher Ein- ten verlässt und im Klostergar- dringt Vogelgezwitscher. Sonst
bis heute, nach all den Jahrhun- fachheit. Seit dem 17. Jahrhun- ten spazieren geht, begegnet nichts. So geht Stille, mitten in
derten als Umschlagplatz von Lu- dert seien die Karmeliter in den Männern in braunen Kutten der Stadt.
xusgütern, als kunsthandwerkli- Brügge, erzählt Johannes Schiet- doch, aber gesprochen wird
ches Zentrum. Das Klöppeln von tecatte, während er den Über- selten. Leben und arbeiten in Die Recherchereise wurde zum
Spitze, die Ateliers für Kalligrafie, nachtungsgast durch die Anlage der Stille ist eine der Ordens- Teil unterstützt von Hotels, Veran-
das handgeschöpfte Papier, die führt: «Von den anderen Geist- gründungsregeln: «Suchende staltern und Tourismusagenturen.

Noch Fragen?
Wie hinkommen?
Mit dem Zug ist man bei mehreren
Umstiegen (z.B. in Köln) in ca. 7 bis
8 Std. in Brügge. Mit dem Flugzeug
ab Zürich nach Brüssel (ca. 1,5 Std.)
und weiter mit dem Zug (ca. 1 Std.).
Wie herumkommen?
Für Ruhe suchende Fussgänger
hat die Stadt den Spaziergang
«Stille Nostalgie» zu versteckten
Denkmälern, Gassen und Gärten
im Osten entworfen. Infos über
visitbruges.be
Um sich ein Velo auszuleihen, ist
das Hotel Koffieboontje in der
Altstadt praktisch, für fünf Stunden
zahlt man pro Velo 10 Euro. Die
Zeit reicht aus für einen Ausflug ins
nahe Damme, ein ausgewiesenes
Bücherstädtchen mit vielen Anti-
quariaten. Doch so verträumt wie
heute war der Ort im Goldenen
Zeitalter vermutlich nicht: Bis zur
Versandung des Zwin befand sich
hier nämlich der Umschlaghafen
von Brügge. Eben und schnurge-
rade ist die Velostrecke: immer
den Kanal am Damse Vaart
entlang, unter prächtigen Pappeln.
Wo übernachten?
Eine Klause bei den Karmelitern
(siehe Haupttext, letzter Abschnitt)
gibt es ab ca. 50 Euro pro Nacht
mit Frühstück, nur Einzelzimmer.
karmelsarephta.com
Wer schwelgerischer nächtigen
will: Unlängst wurde das Hotel
The Notary eröffnet, ein schmu-
ckes Backsteinpalais mit individu-
ell gestalteten Zimmern sowie
Jacuzzi, Schwimmteich und einer
Terrasse am ältesten Kanal von
Brügge. Neben 19 Cheminées ist
im Hotel viel Antikes zu finden: in
der Ayn-Rand-Suite etwa Bassins
aus dem 17. Jahrhundert. DZ ab
ca. 400 Euro, 45 Euro p. P. extra
fürs sechsgängige Frühstück.
thenotary.be
Unter dem Dach des Blumenladens
von Frederiek Van Pamel befinden
Reisen
sich zwei Fred’s Suites mit Kitche-
nette und Sauna, die der Atmo-
sphärenmacher mit Fundstücken
aus aller Welt eingerichtet hat:
Bastlampen aus Vietnam, Tapisse-
rien mit schwingenden Äffchen,
Holzskulpturen aus Afrika. Der
Garten ist selbstredend ein Floris-
tentraum mit Pool und angrenzen-
dem Fitnessraum für die Übernach-
tungsgäste, DZ ab ca. 300 Euro.
frederiekvanpamel.be
Was anschauen?
Sakralbauten laden ein zur Stille –
doch in der Magdalenenkirche
geht es gar nicht so leise zu. Hier
locken ein Café und zeitgenössi-
sche Kunstinstallationen. Beson-
ders beliebt ist «schommelen in
een kerk», also Schaukeln in einer
Kirche: An Seilen hängt die rustikal
gezimmerte Holzschaukel von
der Kuppel und wird gern genutzt,
natürlich auch für Instagram.
In der Liebfrauenkirche befindet
sich die einzige Skulptur Michel-
angelos, die bereits zu seinen
Lebzeiten Italien verlassen hat
(es heisst, er sei versessen auf
belgisches Tuch gewesen). Sie
wurde bereits zweimal entwendet,
einmal von Napoleon, dann
von deutschen Besatzern. Der
Film «Monuments Men» (2014,
mit George Clooney und Matt
Damon) handelt davon, wie die
Zerstörung der Brügger Madonna
1945 in letzter Sekunde verhindert
wurde.
Nordsee
NIEDERLANDE
Antwerpen
Brügge FLANDERN
Brüssel
BELGIEN
FRANKREICH 50 km
Grafik: vif
Mitten ins touristische Herz der
Stadt, den Burgplatz, muss man
für die Heilig-Blut-Basilika.
Die Doppelkirche ist Aufbewah-
rungsort einer bedeutenden
Reliquie, hier befindet sich
nämlich eine Ampulle aus Kons-
tantinopel mit, so heisst es seit
Kreuzritterzeiten, Tropfen vom
Blut Christi. Ein Vertreter der
Gemeinschaft «Die edle Bruder-
schaft des Heiligen Bluts» sitzt
im Ornat dahinter und wacht,
Besucher staunen – seit dem
13. Jahrhundert geht das so.
Wo Souvenirs shoppen?
Brügge ist eine Schoggimetropole,
das müssen sogar wir Schweizer
zugeben. Unter anderem wartet
die Stadt mit einem der wenigen
Schokoladengeschäfte auf, die es
in den «Guide Michelin» geschafft
haben. Inzwischen bespielt der
selbst ernannte «Shock-o-latier»
Dominique Persoone, der einst für
die Rolling Stones ein Gerät zum
Schnupfen von Kakaopulver
61
erfand, sein The Chocolate Line
mit Sohn Julius. Dieser hat bereits
vegane Pralinés kreiert, mit fer-
mentierter Tomate etwa. Und gibt
so Gegensteuer zur Kreation
«Miss Piggy» des Vaters,
die Schoggi mit Speck vereint.
thechocolateline.be
Vater und Sohn Persoone sind
genauso bei Handmade in Brugge
verzeichnet wie knapp 100 weitere
Adressen rund um Genusshand-
werk, Glaskunst, Keramik oder
Spitzenklöppelei: Oud Huis
Deman ist darunter, die älteste
handwerkliche Guetslibäckerei
Brügges mit Geheimrezepten seit
1880; das Lebensmittelgeschäft
und Restaurant Atelier Tête
Pressée oder die Bar Ran mit
Cocktails mit Aufgüssen aus
eigens angepflanzten Kräutern.
handmadeinbrugge.be,
oudhuisdeman.be
Mehr erfahren?
visitbruges.be
62
Reisen
Luftwiderstand nutzen Trip nach Brügge
Wie Aerodynamik Wo Sie die besten
E-Autos beeinflusst Pommes finden
Mobilität — 59 Städtereise — 60

Paulina Szczesniak
Da hat man sich mal so richtig
was geleistet, hat das Upgrade
Netter
So blöd ist das gar nicht – und wetten, dass Sie den Kellner zum 7 Seien Sie grosszügig
jetzt sogar wissenschaftlich un- Lächeln bringen, wenn Sie Ihre Nichts ist unsexier als Knause-
terfüttert: Eine Studie der Uni- Pfannkuchen mit «Bláberjum» rei. Kultivieren Sie eine gewisse
versity of Chicago hat unlängst bestellen? Das Basisrepertoire Grosszügigkeit, und zwar nicht

für eine bessere Sitzkategorie
im Flieger gebucht und ordent-
lich was fürs Hotel springen las-
sen. Und was ist passiert? Die
Flight-Attendant war bodenlos
unmotiviert, der Réceptionist
schnippisch. Und der Taxifah-
rer hätte für die fünf Stutz
unterwegs
gezeigt, dass wir massiv unter- in der jeweiligen Landessprache nur in finanzieller Hinsicht, son-
schätzen, welche Wirkung eine sollte umfassen: «bitte», «dan- dern auch, was freundliche
freundliche Geste auf unsere ke» und «guten Tag». Für alles Worte anbelangt. Reisen Sie
Mitmenschen hat. Nur schon, darüber hinaus gibt es Plus- nicht einfach ab. Hinterlegen Sie
wer jemandem ein Kompliment punkte. einen Batzen für das Putzperso-
macht oder die Tür aufhält, Kleine Gesten, grosse Wirkung nal – mit einer kurzen handge-
macht sein Visavis nachhaltig
happy. Kostet nix, ist gut fürs
Höflichkeit bringt einen weiter. 5 Bedanken Sie sich
Die Leute werden schon bezahlt,
schriebenen Notiz.

Trinkgeld auch ruhig mal Dan-
ke sagen dürfen.
Kennen Sie? Kennt jeder. Aber
wissen Sie was? Vielleicht hatte
der Taxifahrer vor Ihnen einen
richtigen Stinkstiefel befördert,
der Réceptionist wurde grad sit-
zen gelassen, und die Flight-
Attendant macht sich Sorgen
um ihren rheumatischen Hund.
Wäre ja möglich.
Was indes sicher ist: Sie hät-
ten sich weniger geärgert, wenn
Sie der Flight-Attendant etwas
Nettes gesagt, dem Réceptionis-
ten zugelächelt, ein paar Worte
mit dem Taxifahrer gewechselt
hätten. Wir Menschen – ganz
besonders wir reisende Men-
schen – neigen ja dazu, uns als
Sonne eines Universums zu füh-
len, in dem sich bitte alle und
alles um einen drehen sollen.
Dafür können wir nix; wir sind
ganz tief im Rückenmark so pro-
grammiert. Zum Glück haben
wir aber Hirn und vor allem
Herz, um dem gegenzusteuern.
Sprich: um freundlich, höflich,
charmant zu sein.
Denn, wie war das noch mal
mit dem Karma? Wer Gutes aus-
sendet, dem wird Gutes zuteil?
Gemüt und ja: resultiert nicht
zuletzt in einer positiven Reak-
tion. Anders ausgedrückt: Wer
lieb ist mit anderen, ist nicht zu-
letzt lieb mit sich selbst. Ist das
jetzt wieder egoistisch? Ach,
egal. Seien Sie einfach nett un-
terwegs. Es lohnt sich – für alle.
Hier unsere Toptipps für lie-
benswürdige Reisende.
1 Kommen Sie vorbereitet
Bevor Sie verreisen: Lesen Sie!
Reiseführer; Romane, die vor
Ort spielen; warum nicht ein
Kochbuch. Gucken Sie Filme und
Serien, hören Sie Podcasts, das
ganze Programm. Man hat ein-
fach mehr von der Reise, wenn
man weiss, womit und mit wem
genau man es zu tun hat, wie
man sich verhalten, kleiden,
sprechen soll – und die Einhei-
mischen haben mehr von Ihnen.
(Mir hat ein Tourist mal verra-
ten, dass in der Aussenmauer
der höchstgelegenen Kirche Zü-
richs zwei Kanonenkugeln aus
der Zeit Napoleons stecken. Ein
anderer hat sich bei Sprüngli die
Fingernägel am Tisch geknipst.
Welcher, denken Sie, war mir
sympathischer?) Item. Nichts
Das gilt erst recht auf Reisen. Ein kleiner
Ferien-Knigge in acht Punkten.
gegen die Reiseart, bei der man
sich einfach treiben und auch
mal überraschen lässt. Aber
nichts ist nerviger beziehungs-
weise peinlicher, als wenn man
nach der Rückkehr eine Doku
über den soeben bereisten Ort
schaut – und feststellt, dass man
ein absolutes Highlight verpasst
beziehungsweise einen dicken,
fetten Fauxpas begangen hat.
2 Seien Sie neugierig
Stellen Sie Fragen, hören Sie zu,
und essen Sie um Himmels Wil-
len nicht in internationalen Res-
taurantketten. Das alles hat un-
term Strich mit Respekt zu tun.
Stellen Sie sich vor, Sie wären
bei Freunden zum Znacht ein-
geladen – und würden den gan-
zen Abend lang nur von sich er-
zählen und dann auch noch ein
Sandwich vom Grossverteiler
auspacken, das Sie mitgebracht
haben. Eine Reise ist wie ein län-
geres Dinner. Mit mehr Gastge-
bern. Also: Suchen Sie sich eine
Beiz etwas ausserhalb vom Zen-
trum – sie darf ruhig etwas ver-
lebt sein – und fragen Sie den
Wirt, was er Ihnen empfehlen
würde. Sie werden ihm den Tag
versüssen. Und ziemlich sicher
verflixt gut essen.
3 Werden Sie persönlich
Menschen im Tourismussektor
tragen Namensschilder nicht,
damit man sich bei ihren Vorge-
setzten über sie beschweren
kann. Lesen Sie, was dort drauf-
steht, versuchen Sie es sich zu
merken – und sprechen Sie die
Leute mit Namen an. Das mag
sich anfangs etwas seltsam an-
fühlen, aber es ist schlicht: höf-
lich. Der Mensch, der Ihnen ge-
genübersteht, ist mehr als nur
eine Funktion.
4 Sagen Sie’s
in der Landessprache
Niemand erwartet, dass Sie für
einen Citytrip nach Reykjavík
fliessend Isländisch lernen. Aber
die müssen nicht auch noch ge-
lobt werden? Gegenfrage: Was,
wenn Ihr Chef das auch so se-
hen würde? Eben. Sprechen Sie
es ruhig aus, wenn der Koch, das
Reinigungspersonal, die Reise-
leiterin einen guten Job macht.
Und wenn Sie wieder zu Hause
sind, schreiben Sie ein kurzes
Dankes-E-Mail. Kleiner Auf-
wand für Sie, Riesenfreude am
anderen Ende.
6 Nehmen Sie Rücksicht
Klar, im Urlaub will man auch
mal loslassen. Aber dort, wo sich
die Ferienzeit des einen mit dem
Alltag des anderen überschnei-
det, gilt für Ersteren: Bitte nicht
zu schrill, nicht zu blutt, nicht
zu breitbeinig. Aber Moment, sa-
gen Sie, der Kunde ist doch Kö-
nig? Dann müssen wir kurz über
die Definition von königlichem
Verhalten sprechen. Können Sie
sich die Queen selig vorstellen,
wie sie – leicht beschwipst und
im Unterliibli – vom Dessertbuf-
fet durch den ganzen Speisesaal
zu ihrem Tisch rüberbrüllt:
«Philiiipp, willst du auch noch
Profiteroles?» Nein? Denken Sie
mal drüber nach.
8 Die Sache mit
dem zerwühlten Bett
Es ist eine der grossen Streitfra-
ge unter Reisenden: Hotelbett
machen oder nicht? Stimmt, das
Personal muss eh nochmals ran.
Aber: Ein zerwühltes Bett zu-
rückzulassen, ist A) etwas recht
Intimes und B), nun ja, auch et-
was unfein. Das heisst nicht, dass
Sie das Bett in einen Möbelkata-
log-Shooting-bereiten Zustand
bringen müssen; es reicht, wenn
es nicht so aussieht, als hätte eine
Studentenverbindung die Nacht
darauf durchgefeiert. Die Decke
rasch ein bisschen büscheln, das
Pyjama vielleicht in den Schrank
hängen – das ist nicht zu viel ver-
langt. In dieselbe Kategorie fal-
len übrigens: die abgestandene
Luft am Morgen, Haare und
Zahnpastareste im Lavabo; mit
Bremsspuren im Klo wollen wir
gar nicht erst anfangen. Generell
gilt: Alles, was allzu deutlich da-
von zeugt, dass da ein lebendes
Wesen gehaust hat, gehört auf
ein dezentes Mass herunterge-
dämmt. Also: Fenster kurz auf,
Bettdecke richten, Kontrollblick
in alle Keramikbecken – und Sie
sind «good to go».
 Reisen KREUZFAHRTEN
63

Alternative Antriebe Traumhafte Routen

Was die Reedereien für Welche Seereisen
Klima und Umwelt tun besonders faszinieren
Nachhaltige Treibstoffe — 75 Einzigartige Erlebnisse — 78

Mit dem Schiff in

den Norden
Kreuzfahrten in die Eismeere werden immer beliebter.
Warum eine Reise zu den Gletscherriesen ein spezielles Vergnügen ist.
Und was die neusten fürs Polareis gebauten Dampfer alles bieten.
Eine Reportage aus Alaska.

Ewiges Eis. Die Holland

America Line ist führend
bei Kreuzfahrten in
nördliche Gewässer.
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Rundgang(1) durch Maastricht oder alternativ Untergrundführung(3) in • Vegane Mahlzeiten auf Voranmeldung LINZ–WIEN–BUDAPEST–LINZ
Maastricht. Weiterfahrt durch den Albert-Kanal bis nach Antwerpen. • Thurgau Travel Kreuzfahrtleitung MS THURGAU PRESTIGEbbbbb
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8. TAG AMSTERDAM Suite Oberdeck (ca. 32 m²), franz. Balkon(5) 7790 02.08.–09.08. 13.09.–20.09.
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rei. Am Nachmittag freie Zeit in Amsterdam. Abends Grachtenfahrt(2). Zuschlag Alleinbenutzung Mitteldeck(6) 0
9. TAG KAMPEN–LEMMER Zuschlag Alleinbenutzung Oberdeck 1890
Rundgang(1) in Kampen mit Besuch einer Tabakfabrik. Alternativ Ausflug(3) Ausflugspaket (9 Ausflüge) 430
nach Giethoorn. Weiterfahrt nach Lemmer und Zeit zur freien Verfügung. Getränkepaket (Details online) 448
Abends musikalische Unterhaltung an Bord mit dem Seemannschor. (5) Nicht zur Alleinbenutzung möglich

10. TAG OUDESCHILD–ENKHUIZEN (6) Limitierte Kabinenanzahl ohne Zuschlag,

Fahrt übers IJsselmeer nach Oudeschild auf der Insel Texel. Rundfahrt(1) regulärer Preis auf Anfrage
und Besuch der ältesten Seehundeauffangstation. Weiterfahrt nach Enk-
huizen. Spazieren Sie nach dem Abendessen durch das Hafenstädtchen. Nicht inbegriffen: An-/Rückreise zum/vom Schiff,
11. TAG FLUSSTAG Versicherungen, Ausflüge, Getränke, Passagiergebühr
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sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Das Comeback der Kreuzfahrten –
und des Overtourismus
Schiffsreisen Sie sind so gefragt wie vor Corona. Für manche Destinationen hat das
jedoch Folgen. Bereits werden erste Restriktionen verhängt.
Beat Eichenberger
Mehr als dreissig Millionen Menschen
tummelten sich 2023 weltweit auf ei-
nem Kreuzfahrtschiff. Damit hat die
Cruise-Industrie nach zwei desaströ-
sen Pandemie-Jahren 2020 und 2021
und dem Comeback-Jahr 2022 wie-
der Fahrt aufgenommen. Fast alle
grossen Reedereien melden Zahlen,
die über dem bisherigen Rekordjahr
2019 liegen. Das Aufatmen in den
Chefetagen der an der Börse kotier-
ten globalen Marktführern ist gross.
Die während des Covid-Einbruchs
aufgelaufenen Schulden in zweistel-
liger Milliarden-Dollar-Höhe drü-
cken, können nun aber allmählich ab-
getragen werden. Aber auch in vielen
Hafenstädten und Destinationen sind
Dienstleister, Betreiber von Restau-
rants und Shops froh, dass Kreuz-
fahrtpassagiere wieder für Umsatz
sorgen.
Doch damit rückt erneut die Kehr-
seite der Medaille ins Blickfeld.
Cruiseliner tragen da und dort in
Hafenstädten zum Overtourismus
bei. Meist nicht hauptsächlich, aber
mindestens punktuell. Die Auswir-
kungen können zwiespältig sein. So
ist das authentische Leben weitge-
hend aus der prächtigen Altstadt von
Dubrovnik verschwunden. Das kroa-
tische Unesco-Welterbe dient noch
als Kulisse mit Souvenirshops und
Bistros für die Besuchermassen. Dem
malerischen Städtchen Kotor in Mon-
tenegro droht ein ähnliches Schick-
sal. Und das abgelegene norwegische
2300-Seelen-Fischerdorf Honnings-
vag wird saisonal von gegen 300 000
Kreuzfahrtgästen überrollt, die auf
dem Weg zum Nordkap sind. An wei-
teren Beispielen mangelt es nicht.
Venedig oder Palma reagieren
Die Reedereien verfolgen das legiti-
me Ziel, ihren Gästen möglichst at-
traktive Routen mit gefragten und se-
henswerten Landzielen anzubieten.
Eine Verpflichtung für Häfen, Anläu-
fe von Kreuzfahrtschiffen zu bewilli-
gen, gibt es jedoch nicht. Der Ball liegt
bei den Behörden in den Destinatio-
nen, bei Überbordung restriktive
Massnahmen festzulegen und durch-
zusetzen. Dies wird inzwischen auch
praktiziert. So hat zum Beispiel
Venedig, das seit Jahren unter mas-
sivem Besucheransturm leidet, das
Anlaufen von Kreuzfahrtschiffen
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Finnisch-Lappland, Norwegische Fjorde und ein wahres Winterwunderland
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Hoffnungslos überlaufen: Die griechische Insel Santorini reagiert mit Restriktionen auf den Overtourismus.
weitgehend verboten. Die spektaku-
läre Durchfahrt durch den Giudecca-
Kanal bleibt nur noch kleineren Schif-
fen erlaubt.
Auch andere Häfen haben die
Reissleine gezogen: So dürfen in Pal-
ma de Mallorca seit letztem Jahr nur
noch drei grosse Kreuzfahrtschiffe
gleichzeitig anlegen. Und in Barcelo-
na wurden die Anlegestellen in Stadt-
nähe aufgehoben und die Zahl der
zugelassenen Kreuzfahrtschiffe im
entfernteren Cruise-Hafen von zehn
auf sieben reduziert. In Bergen, dem
Ausgangspunkt für die norwegischen
Fjorde, sind täglich nur noch vier
Schiffe zugelassen, und auch Dub-
rovnik erlaubt nur noch zwei grosse
Cruiseliner. Die hoffnungslos über-
laufene Insel Santorini versucht, mit
Restriktionen den ursprünglichen,
griechischen Charme zu schützen.
Hier also das Bemühen, die
Authentizität eines Zielgebietes und
damit dessen Attraktivität zu wahren,
dort der Alltag der Einheimischen
und schliesslich die diversen wirt-
schaftlichen Interessen. Der Aus-
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Reisen
gleich ist eine Herausforderung, nicht
nur für die Kreuzfahrtbranche, son-
dern für den gesamten modernen
Tourismus.
In der Kritik stehen vor allem die
grossen und sehr grossen Kreuz-
fahrtschiffe für einige Tausend Pas-
sagiere, die Overtourismus bewirken.
Auf Grund ihrer Kapazität sind sie
auf Hafeninfrastrukturen angewie-
sen, denn die Gäste in Tenderbooten
an Land zu bringen, ist angesichts
der schieren Masse nicht realistisch.
Deshalb besuchen solche Cruiseliner
auf ähnlichen Routen stets dieselben
Hafenstädte. Kleine und kleinere
Schiffe dagegen können eine Rou-
tenvielfalt ausspielen und Ziele
abseits des maritimen Mainstreams
ansteuern.
Doch Reisen auf solchen Schiffen
sind meist teuer, nur eine betuchte
Minderheit kann sich Cruises im Pre-
mium- und Luxussegment leisten.
Grosse Cruiseliner hingegen garan-
tieren ein attraktives Preis-Leistungs-
Verhältnis; so werden Seereisen für
breite Bevölkerungsschichten er-
schwinglich. Der Demokratisierung
einer Reiseformel steht die Exklusi-
vität für wenige gegenüber.
Cruiseliner als Destination
Zumindest für europäische Gäste
sind die angelaufenen Ziele der
Hauptgrund für eine Kreuzfahrt.
Doch in der Karibik, wo vor allem US-
Amerikaner unterwegs sind, hat
längst ein anderer Trend eingesetzt:
Hier gelten grosse, moderne Cruise-
liner, die mit ihrer spektakulären In-
frastruktur viele Resorts an Land
übertrumpfen, als die wahre Desti-
nation. Führende Reedereien betrei-
ben in der Karibik zudem eigene,
exklusive Strand- und Inseldestina-
tionen – normale Häfen sind auf
Kurzkreuzfahrten ab Florida oft
zweitrangig. Solche in sich geschlos-
sene Cruise-Konzepte mögen nach
Ghetto-Tourismus klingen, doch da-
für gibt es ebenso eine Nachfrage wie
für Resort- oder Fun-Park-Ferien an
Land. Und sie provozieren immerhin
weniger Overtourismus in authen-
tischen Destinationen.
REISELEITUNG
AB/BIS ZÜRICH
ab 15 Personen
65
Editorial
Gigantismus
auf hoher See
Vor kurzem startete das grösste
Kreuzfahrtschiff der Welt seine
Jungfernfahrt: Die Icon of the Seas ist
365 Meter lang und trägt bei Vollaus-
lastung fast 10000 Passagiere und
Crewmitglieder. Mit immer gewaltigeren
schwimmenden Resorts gewinnen die
Foto: Prisma by Dukas/Alamy Stock Photo
Reedereien zwar kurzfristig die
Aufmerksamkeit der Medien, aber sie
erweisen weder der zahlenden Kund-
schaft, noch den überlaufenen
Destinationen und schon gar nicht
der Umwelt einen Gefallen.
Wir wollen uns nicht weiter über
massentaugliche Seereisen aufhalten,
sondern eine Lanze brechen für die
etwas andere Art von Kreuzfahrten.
Für kleinere Schiffe, die einen Hauch
von Seefahrerromantik bewahren und
abseits der maritimen Autobahnen
weniger wichtige Häfen anlaufen.
Das globale Portfolio der Branche
hält solche Schiffe bereit, man muss
sie nur finden und dem Rat der
Experten in den Reisebüros vertrauen.
Mit Sicherheit ist man selten mit Tausen-
den von Gleichgesinnten unterwegs,
wenn man eine Flusskreuzfahrt bucht.
Allein die Kapazität der Schleusen und
die Profile von Spurrinnen und Brücken
verhindern in diesem Genre jeglichen
Gigantismus und Grössenwahn.
In diesem Sinn: Leinen los und viel
Spass beim Lesen unserer Beilage.
Christoph
Ammann
Leiter Reisebeilage
en
SonntagsZeitung
christoph.ammann@tamedia.ch
Impressum
REISEN ist eine redaktionelle
Sonderbeilage der SonntagsZeitung.
Redaktionsleitung: Christoph Ammann
Produktion: Dominic Geisseler
Redaktion: Christoph Ammann, Beat
Eichenberger, Markus Fässler, Brigitte
Jurczyk, Gabriele Spiller
Art Direction: Tobias Gaberthuel
Layout: Natalie Seitz
Fotoredaktion:
Lisa Schneider, Photo13
Leitung Verlag: Marcel Tappeiner
Goldbach Publishing:
Philipp Mankowski (Managing Director),
Adriano Valeri (Director Client Sales)
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- Stadtrundfahrt und Übernachtung in Helsinki
- Übernachtung im Wilderness Hotel Inari in
Lappland
- Abendausflug Aurora Borealis
- Busfahrt durch die Tundra in Finnisch-Lappland
bis nach Kirkenes
- Küstenreise auf dem neuen Havila-Postschiff
- Stadtrundfahrt und Übernachtung in Bergen
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Doppelzimmer/Kabine 3290.-
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auf dieser Land- und Seereise! Vancouvers bezau
Lage zwischen Meer und Bergen lädt zum Verweilen ein. Die gewaltigen Gebirgsketten und u
Tierwelt des Denali Nationalparks, die Fjorde der Glacier Bay und der Seeweg durch
die Inside Passage garantieren Wow-Erlebnisse.
1. TAG: ZÜRICH – VANCOUVER
Am Mittag Flug mit Swiss nach Vancouver mit An-
kunft am Nachmittag. Transfer zum Erstklasshotel.
Abendessen und Übernachtung.
2. TAG: VANCOUVER/KANADA
Mit einem Frühstück gestärkt begeben Sie sich
auf die geführte Stadtbesichtigung. Vancouver ist
eine der attraktivsten Städte der Welt und gibt sich
als selbstbewusste Perle am Pazifik. Sie sehen die
glitzernden Glastürme im Süden, das saftige Grün
des Stanley Parks und seine Kollektion der Totem-
Pfähle sowie die historische Altstadt «Gastown».
Letztere verzaubert mit nostalgischem Flair, liebevoll
restaurierten Backsteinbauten, kleinen Restaurants
und Läden. Chinatown ist nicht nur eine Oase wegen
des chinesischen Gartens – auch Seidenwaren und
Kuriositäten stechen hier ins Auge. Der Nachmittag
und Abend stehen zur freien Verfügung.
3. TAG: VANCOUVER – ANCHORAGE/ALASKA
Flug mit Air Canada nach Anchorage. Transfer zum
Erstklasshotel und Übernachtung.
4. TAG: ANCHORAGE – DENALI-NATIONALPARK
Nach dem Frühstück Fahrt mit dem Luxus-Reisebus
zur Denali Princess Wilderness Lodge, mit Ankunft
am frühen Nachmittag. Abendessen und Übernach-
tung in der Lodge.
5. TAG: DENALI-NATIONALPARK
Geniessen Sie ein kräftiges Frühstück in der Lodge.
An Bord eines alten Schulbusses fahren Sie auf der
einzigen Strasse in die weite Wildnis des Denali
Nationalparks; ein Englisch sprechender Park Ranger
wird die Reise zusätzlich begleiten. Mit etwas Glück
erspähen Sie aus dem Bus Elche, Bären und Karibus
vor den stolz aufragenden Gebirgszügen und farben-
SAVE THE DATE!
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prächtigen Tundra-Landschaft. Auch Bergschafe historische Alaskan Hotel.
könnten Ihren Weg kreuzen. Den Höhepunkt bilden Das Alaska State Mu useum
die schneebedeckten Gipfel des Mount Denali, der gewährt einen umfasssend
höchste Berg Nordamerikas mit 6‘194 m Höhe. Überblick über die Kuulture
Abendessen und Übernachtung in der Lodge. Alaskas. Das 3’800 kkm²
6. TAG: DENALI-NATIONALPARK Juneau Eisfeld östlich
h der
Gestalten Sie den Tag nach Ihren Wünschen. Die Stadt Juneau speist u.. a.
Lodge hält verschiedene Aktivitäten und Ausflüge den Mendenhall Glaciier,
für Sie bereit. Frühstück, Abendessen und Übernach- der blau schimmernd 20 m
tung in der Lodge. vor den Toren der Stad dt
7. TAG: DENALI-NATIONALPARK – WHITTIER schlummert.
Frühstück in der Lodge. In den komfortablen 12. TAG: KETCHIKAN N
Waggons der Alaska Railroad fahren Sie durch die Spazieren Sie über die auf Stelzen getragene Creek
ursprüngliche Naturszenerie nach Whittier und Street. Die beeindruckenden
enden Totempfähle
T t im Totem
geniessen ein Mittagessen. Einschiffung auf die
Royal Princess. Leinen los um 20.30h.
Bight State Historical Park zeugen von der frühen
Präsenz der indigenen Völker.
Ihr Schiff:
8. TAG: HUBBARD GLETSCHER – GOLF V. ALASKA 13. TAG: INSIDE PASSAGE Royal Princess s s s s d
Der erste Tag auf See führt Sie zum Hubbard Gletscher. Geniessen Sie an Deck der Royal Princess einen
Im Gegensatz zu anderen Gletschern wächst er weiter gemütlichen Tag auf dem Weg durch die idyllische Ein grosszügiges Schiff mit zeitloser
und misst 11 km an der Stirnseite. Inselwelt der Inside Passage. Eleganz und mit mehr Freiraum pro Gast.
9. TAG: GLACIER BAY-NATIONALPARK 14. TAG: VANCOUVER/KANADA Bester Komfort in den Kabinen, ein
Die genestelte Fjordlandschaft zählt zum UNESCO Nach der Ausschiffung Ausflug in Vancouvers Norden. Freiluftkino, innovative Bars und die
Welterbe. Gerahmt von imposanten Bergen und tie- Der Capilano Suspension Park öffnet atemberauben- abwechslungsreiche Kulinarik sind das
fen Fjorden münden gewaltige Gletscher ins tiefblaue de Ausblicke ins Tal und den Regenwald. Mittagessen gewisse Etwas, das Sie an Bord der
Wasser. Die Stille dieser spektakulären Naturkulisse im Küstenrestaurant. Royal Princess erwartet. Ein umfassendes
wird nur durch abbrechende Eisschollen durch- 15.-16. TAG: VANCOUVER – ZÜRICH Unterhaltungsprogramm ist genauso
brochen. Ihr Schiff wird vor den Gletschern stehen Rückflug mit Edelweiss Air nach Zürich, wo Sie am selbstverständlich wie ein moderner
bleiben; es bleibt genügend Zeit, die zauberhafte Vormittag des nächsten Tages landen. Wellnessbereich mit vielfältigen Program-
Landschaft in Ruhe zu bewundern. men und Anwendungen. Viel frische Luft
10. TAG: ICY STRAIT POINT und freie Sicht geniessen Sie auf der
Icy Strait Point befindet sich im Besitz und unter der ALASKA DENALI
gläsernen Promenade, die auch einen
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Leitung von Einheimischen aus Alaska. Alle Gewinne PARK CANADA Ausblick aus fast 40 m Höhe auf das Meer
kommen direkt der Gemeinde Hoonah zugute, dem gewährt.
grössten Tlingit-Dorf in Alaska. Nutzen Sie den Auf- Mt. Denali
enthalt für einen individuellen Ausflug in die Natur TECHNISCHE DATEN: Länge: 330 m,
HUBBARD GLACIER Breite: 38,4 m, Passagiere: 3600;
für Tiersichtungen wie Bären und Wale, aber auch um Anchorage
die Kultur der Tlingits kennen zu lernen. Decks: 19, Bordsprache: Englisch,
Ic Strait Point
11. TAG: JUNEAU Bordwährung: US-Dollar,
1880 im ursprünglichen Siedlungsgebiet der Auke- r Baujahr: 2013/Renovierung: 2021.
au
und Taku-Indigenen gegründet, entwickelte sich
C ER BAY
das ehemalige Harrisburg nach Goldfunden schnell ATI NAL PARK
zu einer Goldgräbersiedlung. Die Häuser drängen Ke i
sich auf dem schmalen Landstreifen zwischen dem
Wasser und den steil aufragenden Bergmassiven. INSIDE PA S
Die Stadt hat sich ihren Charme und das Geschichts-
bewusstsein bewahrt. Erinnerungen an die Pionier- GULF OF ALASKA an o ver
zeit wecken der urige Red Dog Saloon und das
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sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Vom schwimmenden Resort bis zum
Luxusdampfer für Abenteuerlustige
Trendsetter auf hoher See Kreuzfahrt ist nicht gleich Kreuzfahrt. Die stetig wachsende Branche kreiert Schiffe für ganz
unterschiedliche Ansprüche und Passagiertypen. Vier Neubauten, die seit kurzem auf den Weltmeeren unterwegs sind.
1
MSC Euribia: Flanieren in der
maritimen Shoppingmeile
Grosse und sehr grosse Kreuzfahrtschiffe
mögen nicht nach jedermanns Geschmack
sein, beeindrucken aber durch ihr spekta-
kuläres Angebot. Selbst Hoteliers räumen
ein, dass wegweisende Resort- und Gast-
ro-Ideen heute oft auf neuen Kreuzfahrt-
schiffen entwickelt werden. Geschickte
Raumkonzepte und eine durchdachte Len-
kung der Publikumsströme lassen kaum je
das Gefühl aufkommen, sich mit einigen
Tausend Menschen an Bord zu tummeln.
Das gilt auch für die MSC Euribia, das
neuste und 21. Schiff in der Flotte der in
Genf beheimateten Reederei MSC Cruises.
Der Neubau ist ein ähnlicher Typ wie die
Vorgängerinnen MSC Meraviglia, Bellissi-
ma, Grandiosa und Virtuosa. Wer eines die-
ser Schiffe kennt, findet sich auch auf der
MSC Euribia rasch zurecht. Herzstück ist
die eindrucksvolle Indoor-Galleria, eine
mehr als hundert Meter lange und drei
Decks hohe Shopping- und Flaniermeile,
über der sich ein LED-Himmel wölbt. Fünf
verschiedene Pools und der Ocean Cay
Aquapark mit drei Wasserrutschen sorgen
für Outdoor-Spass. Zehn Restaurants bie-
ten kulinarische Abwechslung, dazu locken
21 Bars und Lounges sowie eine enorme
Show- und Unterhaltungsvielfalt. Eine wei-
tere Besonderheit: der «Schiff-im-Schiff»-
Suitenbereich des MSC Yacht Club.
Der Cruiseliner punktet aber nicht nur als
schwimmendes Ferienresort, sondern auch
mit seiner modernen, umweltgerechten
Technologie. Die MSC Euribia wird mit Flüs-
sigerdgas (LNG) betrieben, dem zurzeit nach-
haltigsten Treibstoff, und auch die Energie-
effizienz ist zentral. Das Resort-Schiff ist im
nächsten Sommer in Nordeuropa unterwegs.
MSC Euribia: Reederei MSC Cruises,
Bauwerft Chantiers de l’Atlantique (F), seit
Juni 2023 in Dienst, Grösse 184011 BRZ
(Bruttoregisterzahl), Länge 331 Meter, Breite
43 Meter, maximale Passagierzahl 6327.
www.msccruises.ch
Reisen
1 2
3 4
2
Explora I: Nobelschiff im
XXL-Format
Luxus auf See wird in der Regel auf kleine-
ren Schiffen für einige Hundert Gäste ze-
lebriert, die ein Fünfstern-Erlebnis suchen.
Grosszügige Platzverhältnisse, eine elegan-
te, mit hochwertigen Materialien veredel-
te Ausstattung, luxuriöse Kabinen und Sui-
ten, eine exzellente Gourmetküche und ein
hochstehender Service zeichnen dieses
Genre aus. Aber das kostet. Der Tagesan-
satz pro Person von mindestens 600 oder
700 Franken beinhaltet meist ein umfas-
sendes All-inklusive-Angebot.
Die Zahl echter Luxusliner ist über die
letzten Jahre stark gestiegen, und mit
Explora Journeys ist gar ein neuer, von der
MSC-Gruppe lancierter Anbieter auf dem
Markt aufgetaucht. Explora Journeys will
bis 2028 sechs weitgehend identische Lu-
xusschiffe bauen lassen. Im letzten Som-
mer nahm mit der Explora I das erste Fahrt
auf. Das Schiff gefällt mit modernem euro-
päischen Design. Die Lobby-Halle wirkt wie
ein exklusives urbanes Boutique-Hotel in
Mailand und das Restaurant Fil Rouge, eine
von sechs vorzüglichen Gaststätten, wie
eine luxuriöse Gourmet-Adresse in Paris.
Die Grosszügigkeit an Bord beeindruckt,
an ruhigen Rückzugsorten mangelt es
nicht. Toll gelegen sind die Aussenpools am
Heck, darunter ein Infinity-Pool. Ein gros-
ses Showtheater an Bord fehlt zwar, dafür
gibt es dezente Live-Musik, Vorträge oder
Präsentationen. Die kleinsten Suiten mes-
sen 35 Quadratmeter und verfügen über ei-
nen begehbaren Kleiderschrank. Einzige
Frage: Ist bei ausgebuchten Fahrten mit
über 900 Gästen tatsächlich noch ein per-
fekter Luxus-Service möglich? Die Explo-
ra I kreuzt im Sommer im Mittelmeer.
Explora I: Reederei Explora Journeys,
Bauwerft Fincantieri (I), seit August 2023
im Dienst, Grösse 64000 BRZ, Länge
248 Meter, Breite 32 Meter, maximale
Passagierzahl 922.
www.explorajourneys.com
3
Seabourn Venture: Expeditionsschiff
der neusten Generation
Reisen zu den entlegensten Gefilden der
Erde sind oft nur auf dem Wasser möglich.
Das gilt insbesondere für die polaren
Regionen der Arktis und Antarktis, aber
auch für exotische Warmwasser-Destina-
tionen oder abgelegene Inseln. In diesen
Revieren kommen speziell erbaute, eisver-
stärkte Schiffe zum Einsatz, die oft auch
über einen abgeflachten Rumpf für Anlan-
dungen in seichten Gewässern verfügen.
Sie können meist wochenlang autark un-
terwegs sein.
Die Zahl neuer, luxuriöser Expeditions-
schiffe für eine gutbetuchte Kundschaft ist
in den letzten Jahren stark gewachsen. So
expandierte etwa die Luxusreederei
Seabourn mit inzwischen zwei hochkarä-
tigen Neubauten in dieses Segment. Im
Sommer 2022 stach die Seabourn Venture
in See, im vergangenen Sommer folgte die
Seabourn Pursuit.
Auf den ersten Blick unterscheidet sich
die Seabourn Venture mit ihren zahlrei-
chen Restaurants, Bars und Lounges,
einer eleganten, raffinierten und zugleich
wohnlichen Einrichtung und den grosszü-
gigen Suiten ab 33 Quadratmetern kaum
von anderen Luxuslinern. Doch die spezi-
elle Bow-Lounge mit informativen Bild-
schirmen, die Zodiacs an Deck, der eisver-
stärkte Rumpf und das Expertenteam an
Bord zeigen: Die Venture ist ein waschech-
tes Expeditionsschiff für sehr anspruchs-
volle Reisende. Zwei mitgeführte kleine
U-Boote steigern zudem die Abenteuerlust
der Passagiere. Die Seabourn Venture
kreuzt im Winter in der Antarktis und fährt
im Sommer verschiedene Warmwasser-
ziele an.
Seabourn Venture: Reederei Seabourn,
Bauwerft T. Mariotti (I), seit Juli 2022 im
Dienst, Grösse 23000 BRZ, Länge
172 Meter, Breite 24 Meter, maximale
Passagierzahl 264.
www.seabourn.com
67
Fotos: Beat Eichenberger (2)
4
Emerald Azzurra: Megayacht
ohne Tamtam
Mit der eigenen Yacht über die Weltmeere
schippern – dieses Privileg können sich in
der Regel nur Reiche leisten. Doch es gibt
Reedereien, die eine Schiffsreise im inti-
men Rahmen mit gehobenem Kreuzfahrt-
Komfort kombinieren. Man spricht bei die-
ser Sparte von Megayachten. Die Emerald
Azzurra nimmt gerade mal hundert Gäste
auf. Sie ist das erste Hochsee-Schiff der bis-
her für Flussreisen bekannten Emerald
Cruises, eine Marke der in Zug domizilier-
ten Scenic-Gruppe. Der im Frühling 2022
in Betrieb genommene Neubau greift mit
seinem schnittigen Profil über sechs Decks
den Yacht-Look auf. Er bietet zugleich alle
Annehmlichkeiten eines schwimmenden
Boutique-Hotels: Ein hübsches Restaurant
mit Aussenterrasse, stimmungsvolle
Lounges und Bars, ein Infinity-Pool und
ein kleiner Spa- und Fitness-Bereich ste-
hen zur Verfügung. Die Balkonkabinen sind
ab 36 Quadratmeter gross, es gibt aber auch
etwas kleinere Fenster-Kabinen. Eine Platt-
form am Heck erlaubt Wasserspass, und je-
derzeit ist die Brücke offen für einen
Schwatz mit dem Kapitän.
Die unmittelbare Nähe zum Meer und
die Routen abseits der maritimen Trampel-
pfade sorgen für ein ganz besonderes See-
reisen-Erlebnis. Dass die Aussendecks nicht
mit Teakholz belegt sind, ist verkraftbar –
die Emerald Azzurra versteht sich nicht als
exaltiertes Luxusprodukt, sondern als ele-
gante, intime Yacht ohne grosses Tamtam.
Die Atmosphäre an Bord bleibt ungezwun-
gen, freundlich und familiär. Die Emerald
Azzurra kreuzt im Winter in der Karibik
und im Sommer im Mittelmeer.
Beat Eichenberger
Emerald Azzurra: Reederei Emerald
Cruises, Bauwerft Halong Shipbuilding
(Vietnam), seit Frühling 2022 im Dienst,
Länge 110 Meter, Breite 16 Meter,
maximale Passagierzahl 100.
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TUI Cruises GmbH · Heidenkampsweg 58 · 20097 Hamburg · Deutschland
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
So macht das
Alleinsein an
Bord Spass
Revival der Innenkabine Wer solo eine
Kreuzfahrt bucht, zieht oft den Kürzeren.
Die Reederei Norwegian Cruise Line geht
neue Wege – mit Studio-Kabinen und
einer Lounge für Singlereisende.
Markus Fässler
«Ich kenne euch noch nicht, aber ich
hoffe, ihr habt fantastische Ferien»,
steht auf Englisch auf dem White-
board in der Studio-Lounge auf dem
Kreuzfahrtschiff Norwegian Break-
away der amerikanischen Reederei
Norwegian Cruise Line (NCL). Roy
aus Norwegen hat die Botschaft hin-
terlassen. Er ist einer von vielen wei-
teren Alleinreisenden auf der zehn-
tägigen Kreuzfahrt von Civitavecchia
bei Rom nach Santorini, Piräus,
Mykonos und Olympia in Griechen-
land, Valletta auf Malta sowie Messi-
na, Neapel und Livorno in Italien.
Gerade auf Kreuzfahrten müssen
Solo-Traveller besonders tief in die
Tasche greifen. Wer allein auf hoher
See unterwegs ist, zahlt in der Regel
einen beträchtlichen Aufpreis für die
Einzelbelegung einer Doppelkabine.
So berappt man zum Beispiel als
Alleinreisender für die zehntägige
NCL-Kreuzfahrt «Griechische Inseln»
vom 19. bis 29. Mai 2024 für eine re-
guläre Innenkabine 3269 Euro. Bucht
man die Kabine zu zweit, kostet sie
1710 Euro pro Person.
Die Einrichtung ist schlicht,
aber stilvoll und modern
Bei NCL haben Singlereisende eine
weitere Option: Das Kreuzfahrt-
unternehmen führte schon 2010 auf
der Norwegian Epic mit den Studio-
Kabinen ein speziell auf Alleinreisen-
de ausgerichtetes Konzept ein. Die
Studio-Kabinen, die nur Alleinreisen-
de buchen können, sind auf der Nor-
wegian Breakaway rund neun Quad-
ratmeter gross. Die Einrichtung ist
zwar schlicht, aber stilvoll und mo-
dern. Die Nasszelle ist getrennt vom
Rest der Kabine, und für das Gepäck
gibt es Stauraum. Das Doppelbett bie-
tet genügend Platz, um sich auszu-
strecken. Kommt dazu: Im Vergleich
zu den herkömmlichen Innenkabi-
nen vermittelt das Fenster in der
Form eines Bullauges zum Gang
hinaus ein wenig dass Gefühl von
Freiheit. Die Storen lassen sich ver-
stellen und garantieren Privatsphä-
re. Die Kosten einer Studiokabine für
die erwähnte Reise: 1760 Euro.
Wer eine Studio-Kabine bucht, ge-
niesst exklusiven Zutritt zur Studio-
Lounge. Sie erstreckt sich über zwei
mit einer Wendeltreppe verbundene
Decks. Hier warten Sitzgelegenhei-
ten, TV-Bildschirme, eine Bar und
eine Kaffeemaschine. Die Lounge
dient quasi als Wohnzimmer für die
Solo-Traveller, in der man sich tref-
fen, austauschen oder auch einfach
gemütlich einen Kaffee zusammen
trinken kann.
In den vergangenen
Jahren führte NCL das
Konzept der Studio-
Kabinen auf weiteren
sechs Schiffen ein, etwa
der Norwegian Encore,
Breakaway oder der
Pride of America. Die
Grösse und Anzahl der Ka-
binen variieren je nach
Schiff. So gibt es auf der
Breakaway fünfzig, auf der
Pride of America hingegen
nur vier Kabinen.
Trotz aller positiver As-
pekte einer Studio-Kabine:
Es bleiben Innenkabinen.
Für viele Reisende ein No-Go. Insbe-
sondere Passagiere aus der Schweiz
leisten sich in der Regel die besseren
Kabinenkategorien. NCL schreibt
dazu: «Vor der Pandemie reisten
15 Prozent unserer Schweizer Gäste
allein. Der Grossteil der gebuchten
Kabinen entspricht einer höheren Ka-
tegorie, zum Beispiel Balkonkabine,
Suite oder The Haven by Norwegian.»
Andererseits: Wer allein reist, ist
meistens ohnehin nur zum Schlafen
in der Kabine. Das hält auch Paul
Mamolou so. Der 67-Jährige aus Phi-
ladelphia hat sich bewusst für eine
Studio-Kabine entschieden: «Ich bin
wegen der Destinationen hier. Also
spielt die Kabine für mich keine gros-
se Rolle», sagt der Amerikaner. «Sie
bietet aber alles, was ich brauche, und
das Bett ist sehr bequem.»
Solo-Reisen machen 18 Prozent
der weltweiten Buchungen aus
Allein eine Reise respektive eine
Kreuzfahrt zu buchen, ist nichts Un-
gewöhnliches mehr. Der Anteil Solo-
Traveller steigt. Das zeigen die Zah-
len einer Studie von Travelport. Dem-
nach machen Solo-Reisen derzeit
knapp 18 Prozent der weltweiten Bu-
chungen aus. Zum ersten Mal ganz
Reisen
Gemeinsam etwas erleben:
Bei Landausflügen kommt
man schnell mit anderen
Solo-Traveller in Kontakt.
allein auf Reisen ist auch Louise
Daley. Dafür hat sie sich die Norwe-
gian Breakaway ausgesucht: «Ich war
bisher auf drei Kreuzfahrten und bin
jeweils mit meinem Sohn in einer
Balkonkabine gereist, jetzt ist er zu
alt dafür», sagt die 60-jährige Kana-
Neue Kabinenkategorien
für Alleinreisende
Seit kurzem ist NCL dabei, flottenweit
drei neue Kabinenkategorien einzufüh-
ren: Solo Inside, Solo Oceanview und
Solo Balcony. Dabei können Alleinrei-
sende auch Solo-Innenkabinen, Solo-
Aussenkabinen sowie Solo-Balkon-
kabinen buchen. Die Preise und die
Verfügbarkeit hängen vom Reiseziel
und der Nachfrage ab. Gemäss NCL
kann man aber davon ausgehen,
dass man weniger bezahlt als für eine
herkömmliche Innen-, Aussen- oder
Balkonkabine zur Alleinnutzung.
Norwegian Breakaway:
3963 Passagiere, 2014 Kabinen,
14 Passagierdecks, 14 Restaurants,
Baujahr 2013. Im laufenden Jahr ist die
Breakaway auf Kreuzfahrten in Nord-
amerika und in der Karibik unterwegs.
www.ncl.com
Message auf dem White-
board (links). Die Studio-
Kabinen der Breakaway
umfassen neun Quadrat-
meter. Quasi als Wohn-
zimmer dient die Lounge.
dierin aus Neufundland. Das
Studiokabinen-Konzept von
NCL erschien ihr eine gute
Möglichkeit, Kontakte mit
anderen Alleinreisenden zu
knüpfen. «Ich finde die Grösse nicht
beengend und fühle mich sehr wohl.»
Als zusätzlichen Pluspunkt nennt
sie die freiwilligen Treffen mit ande-
ren Solo-Reisenden. Diese sind fester
Bestandteil des Programms und wer-
den täglich von NCL organisiert. «Da-
durch lernte ich gleich in den ersten
Tagen mehrere Mitreisende kennen.»
Die Gruppe hat ausserhalb der Tref-
fen die Möglichkeit, miteinander es-
sen zu gehen, gemeinsam Landaus-
flüge zu besuchen oder andere Akti-
vitäten zu unternehmen – natürlich
für alle freiwillig. Um während der
Kreuzfahrt untereinander in Kontakt
zu bleiben, haben die Alleinreisenden
sogar einen Whatsapp-Gruppenchat
ins Leben gerufen.
Fazit: Eine Kreuzfahrt allein zu ge-
niessen, sollte zumindest bei NCL
nicht mehr am Einzelbelegungs-
Zuschlag scheitern – sofern man kei-
ne Probleme mit einer Innenkabine
hat. Auf der Mittelmeer-Kreuzfahrt
mit der Norwegian Breakaway
scheint dies nicht der Fall zu sein. Alle
Studio-Kabinen sind ausgebucht. Üb-
rigens: Roy hat eine Antwort auf sei-
ne Nachricht bekommen: «Ich hoffe,
du auch», schrieb Neil aus Kanada.
Die Reise wurde unterstützt
von Norwegian Cruise Line.
69
Der jüngste
Reise-Experte
der Schweiz
Blogger Dario Cremona, 23,
schwärmt für Kreuzfahrten.
Seine Mission: Mehr junge
Leute an Bord holen.
Das Reiseportal travelnews.ch
zitiert seinen Expertenrat, die
Entscheidungsträger auf den
Schiffen begegnen ihm mit Wert-
schätzung: Dario Cremona hat
sich einen Namen gemacht in der
Kreuzfahrtszene. Auf Instagram
folgen ihm 40 000 Follower, die
Website cruise-experience.com
verzeichnet über 100 000 Zugrif-
fe pro Jahr. Dabei war Dario Cre-
mona noch nicht einmal auf der
Welt, als die Kreuzfahrt zur mas-
sentauglichen Ferienformel mu-
tierte und die Reedereien began-
nen, ihre Flotten deutlich aus-
zubauen. 23 Jahre zählt der
Aargauer heute, der soviel weiss
über Kreuzfahrten und das Busi-
ness hinter den Kulissen. «Mit
zehn Jahren war ich mit der Fa-
milie auf der MSC Fantasia un-
terwegs», erinnert sich Cremo-
na, «dort infizierte ich mich hoff-
nungslos mit dem Cruise-Virus.»
Nach der Sekundarschule ab-
solvierte Dario eine Reisebü-
rolehre. Mit 18 heuerte er in
der Kreuzfahrtenabteilung von
Knecht Reisen an, gefolgt von ei-
nem Abstecher zum Online-An-
bieter E-Hoi. Seit 2022 ist er wie-
der zurück bei Knecht, wo er im
April vom Product Manager zum
Leiter der Kreuzfahrtenabteilung
aufsteigt. In den
letzten andert-
halb Jahren
machte er trotz
10 0 -P ro z e n t-
Job nebenbei
die Berufsma-
tur. In den Som-
merferien vor
Blogger und dem Start in die
Reisefan: Dario Lehre hatte er
Cremona. seinen Blog auf-
gegleist. Seither
kümmert er sich am Abend und
am Wochenende um seine Kanä-
le. Auf Instagram lädt er Bilder
und Videos hoch, auf seiner Web-
site finden sich Testberichte von
Kreuzfahrten, News und die Ru-
brik «Auf einen Kaffee mit…».
Neun Kreuzfahrten pro Jahr
2019 war für Dario Cremona ein
Rekordjahr mit neun Kreuzfahr-
ten und Schiffsbesuchen mit
mindestens einer Übernachtung.
«Momentan bin ich vier oder
fünfmal pro Jahr auf hoher See.»
Der Arbeitgeber profitiert vom
Know-how des jungen Kader-
manns. «Ich bin völlig neutral»,
betont Cremona, «ich verdiene
nichts mit Instagram und Web-
site, werde aber oft eingeladen,
neue Schiffe kennenzulernen.»
Cremona hat eine Mission:
«Ich möchte auch junge Leute
aufs Schiff bringen und die Vor-
urteile gegenüber Kreuzfahrten
abbauen.» Ihn persönlich faszi-
nieren Technik und Nautik, aber
auch die Ambiance an Bord. Und
auf welchen Dampfern fühlt er
sich am wohlsten? «Dort, wo
Passagiere wie Gäste und Freun-
de und nicht wie Nummern be-
handelt werden», sagt der Blog-
ger. Sein Tipp an seine Follower
und Kunden: «Kreuzfahrten sind
derzeit gefragt. Ich würde nicht
zu lange mit dem Buchen war-
ten», so Cremona. «Die guten Ka-
binen sind schnell weg, und in
der Regel steigen die Preise, je
näher die Abfahrt rückt.»
Nach stressigen Monaten freut
er sich jetzt auf Ferien, natürlich
auf einem Schiff: «Ende Februar
geht es in die Karibik. Diese
Kreuzfahrt schenke ich mir zur
Matura.» Christoph Ammann
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sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
«Oberstes Gebot ist immer die Sicherheit»
Christoph Ammann
Schwärmten Sie schon als
Kind für Schiffe?
Ich bin zwar auf Helgoland, weit
draussen in der Nordsee, aufge-
wachsen, aber das Schiff war in
meiner Jugend nie das Lieblings-
fortbewegungsmittel. Denn auf
der Überfahrt mit der Fähre nach
Cuxhaven wurde mir regelmäs-
sig schlecht.
Sie arbeiteten zuvor in der Welt
der Reiseveranstalter. War es
schwierig, sich in der Kreuz-
fahrtbranche zurechtzufinden?
In meinem ersten halben Jahr bei
TUI Cruises und Mein Schiff kam
es mir oft vor, als müsste ich eine
neue Sprache lernen. Bei einem
Kreuzfahrtunternehmen stossen
diverse Fachbereiche zusammen,
arbeiten viele Expertinnen und
Experten. Aber auch dank tat-
kräftiger Unterstützung meiner
Mitarbeitenden bekam ich
schnell grossen Spass am Job.
Sie leiten als einzige und erste
Frau eine grosse europäische
Reederei. Mussten Sie sich in
von Männern dominierten
Chefetagen Gehör verschaffen?
Das habe ich nie so empfunden.
In den USA lernte ich Frauen
kennen, die höchste Positionen
in der Branche bekleiden. Aber
auch in den Werften in Finnland
und selbst in Italien traf ich Frau-
en in wichtigen Führungsfunk-
tionen.
Machen die verschiedenen
Konflikte auf der Welt dem
Kreuzfahrtgeschäft gerade
einen Strich durch die
Rechnung?
Unsere Branche ist es gewohnt,
auf unerwartete Situationen zu
reagieren. Das betrifft nicht nur
politische Konflikte, sondern
auch extreme Wettersituationen,
die etwa Routenänderungen not-
wendig machen.
Wie reagieren Sie auf die
kriegerischen Auseinander-
setzungen im Nahen und
Mittleren Osten?
«Im Gegensatz zu
Hotels sind wir
nicht ortsgebunden
und können
Krisengebieten
ausweichen.»
Wir hatten im Herbst Anläufe in
Haifa und Aschdod in Israel ge-
plant. Diese mussten nach Aus-
bruch des Gazakrieges aber kurz-
fristig umgeroutet werden.
Nun ist die Situation im Roten
Meer wegen der Angriffe
der Huthi-Rebellen auf
Frachtschiffe unsicher – was
hat das für Folgen?
Bis die Mein Schiff 2 aus Dubai
und die Mein Schiff 5 aus Asien
nach Europa zurückkehren, dau-
ert es noch einige Wochen. Falls
es die Sicherheitslage dann not-
wendig macht, werden wir die
Route selbstverständlich ändern.
Oberstes Gebot bei allem, was wir
tun, ist immer die Sicherheit von
den Gästen und der Crew.
Solch schwierige Zeiten wie
momentan hat die Kreuzfahrt
noch nie erlebt?
Das Anspruchsvollste, was wir je
durchmachten, war die Pande-
mie. Wir mussten bei Ausbruch
von Corona das gesamte Ge-
schäft stoppen und dann stufen-
weise wieder hochfahren. Ein-
mal abgesehen von Corona sind
Wybcke Meier Die Chefin von TUI Cruises über eine neue Art von Kreuzfahrtschiffen,
Schweizer Passagiere und eine Fass-Sauna mit Meerblick.
Drei neue
Schiffe im Bau:
Wybcke Meier,
CEO von
TUI Cruises.
Intuitives Erlebnis: Bio-Sauna mit Meerblick auf dem Oberdeck der Mein Schiff 1.
Kreuzfahrtschiffe bei Krisen je-
doch im Vorteil.
Wie meinen Sie das?
Im Gegensatz zu Hotels an Land
sind wir nicht ortsgebunden und
können Krisengebieten und un-
günstigen Wetterlagen auswei-
chen. Das ermöglicht grosse Fle-
xibilität. Wenn zum Beispiel ein
Mittelmeerhafen ausfällt, suchen
wir einen anderen; die Route
bleibt mehr oder weniger gleich.
Was ist nach dem guten letzten
Jahr 2024 zu erwarten?
Unsere Schiffe sind schon her-
vorragend gebucht, der Trend
geht zu langfristigen Reservati-
onen. Die Gäste wünschen Pla-
nungssicherheit und fühlen sich
eher von Frühbucherangeboten
angezogen als von Last-Minute-
Schnäppchen. Ich freue mich
Reisen
deshalb, dass wir in den nächs-
ten zwei Jahren unsere Kapazi-
tät erhöhen und drei weitere
Schiffe in Dienst stellen werden.
Ist das die Gelegenheit,
Kreuzfahrtschiffe neu zu
konzipieren?
Bald kommt die Mein Schiff 7 aus
der Werft. Im Winter 2024/25
sticht die Mein Schiff Relax,
das erste Schiff unserer neuen
InTUItion-Klasse, in See. 2026
folgt ein Schwesterschiff der
Mein Schiff Relax. Wir erfinden
die Kreuzfahrt nicht neu, aber
wir weiten das Wohlfühlkonzept
an Bord der Mein Schiff Relax
aus. Der Gast soll ein intuitives
Erlebnis haben, zwischen ruhi-
gen Zonen und Bereichen mit
Unterhaltung und Sport wählen,
sich gut orientieren können und
Joint Venture von TUI
und Royal Caribbean
Seit 2014 leitet Wybcke Meier, 55,
als CEO TUI Cruises, ein Joint
Venture des Reisekonzerns TUI
AG und des Kreuzfahrtunterneh-
mens Royal Caribbean Ltd.. Die
gelernte Reiseverkehrskauffrau
hatte zuvor bei diversen Reise-
veranstaltern gearbeitet, etwa bei
Öger Tours und als Geschäftsfüh-
rerin von Windrose Finest Reisen.
TUI Cruises startete 2009 mit der
Mein Schiff 1; bis 2026 wird die
Mein-Schiff-Flotte neun mittelgros-
se Kreuzfahrtdampfer umfassen.
Die Marke Mein Schiff bietet
Kreuzfahrten im Premium-Seg-
ment an, mit vielen All-inclusive-
Leistungen, vornehmlich für ein
deutschsprachiges Publikum. Seit
2020 gehört auch Hapag-Lloyd
Cruises zur in Hamburg ansässi-
gen TUI Cruises. Die Traditions-
reederei mit fünf kleinen Schiffen
steht für Luxus und Expeditions-
kreuzfahrten. www.meinschiff.ch
noch mehr Raum, etwa für den und auf eine neuartige Dach-
persönlichen Rückzug, finden. konstruktion, die das Pooldeck
Verunsichern Sie mit zur Hälfte überspannt. Neu ist
diesem Konzept nicht auch ein Infinity-Pool.
Ihre Stammkunden? Wie entwickelt man eigentlich
Ich denke nicht. Siebzig Prozent Schiffskonzepte?
ist Bewährtes, das die Gäste Wir begannen 2018 auf einem
schätzen, dreissig Prozent Wei- weissen Blatt Papier, arbeiteten
terentwicklung. Auf den neuen mit Trendforschern und inter-
Schiffen sind 85 Prozent der Un- nen und externen Fachleuten aus
terkünfte Balkonkabinen. Die Bereichen wie Gastronomie, Un-
Suiten sind neu am Heck grup- terhaltung oder Sport. Die wich-
piert, deren Gäste bekommen tigsten Fragen lauteten: Was
nun zwei Restaurants mit unter- schätzen die Gäste auf unseren
schiedlichen Konzepten. Schiffen, was wünschen sie sich?
Und worauf dürfen sich die Wie wichtig sind Schweizer
Gäste der übrigen Kabinen- Passagiere für Mein Schiff?
Kategorien freuen? Die Anzahl Ihrer Landsleute an
Zum Beispiel auf eine Fass-Sau- Bord ist ausbaufähig. Wir waren
na mit Meerblick auf dem im deutschen Markt so gefragt,
höchstgelegenen Deck, auf zu- dass uns schlicht die Kapazitä-
sätzliche Liege- und Sitzflächen ten fehlten für die ausländischen
71
Märkte. Dank der drei neuen
Schiffe ändert sich das, der An-
teil an Schweizer Gästen wird
steigen. Wir sehen, dass Schwei-
zerinnen und Schweizer gerne
früh und den grösstmöglichen
Komfort buchen.
Stört es Sie, dass Kreuzfahrt-
schiffe als Umweltsünder
gelten?
Die Branche hat sich schon vor
langem auf den Weg gemacht,
Kreuzfahrten so emissionsarm
wie möglich zu gestalten. Sie hat
die gesamte Schifffahrt beein-
flusst, etwa mit Abgasnachbe-
handlungen oder der Förderung
von Landstrom. Wichtig ist auch
der Treibstoff. Bei der Mein Schiff
Relax setzen wir erst mal auf
LNG, also Flüssigerdgas. Sie
kann aber, sobald verfügbar, jede
Form von synthetischem Treib-
stoff, sogenannten E-Fuels, nut-
zen. Die Mein Schiff 7, die in ein
paar Monaten auf Jungfernfahrt
geht, ist ausgerüstet für den voll-
ständigen Antrieb mit Methanol
und später mit E-Methanol. Me-
thanol hat um 95 Prozent weni-
ger CO2-Emissionen als fossile
Kraftstoffe.
«Schweizerinnen
und Schweizer
buchen gerne
früh und den
grösstmöglichen
Komfort.»
Hat die Kreuzfahrtbranche zu
lange um die Umweltthemen
herum navigiert?
Wir müssen uns tatsächlich an
die eigene Nase fassen. In der
Expansionsphase haben wir es
verpasst, unsere Bemühungen
um Nachhaltigkeit und Umwelt-
schutz wirkungsvoll zu kommu-
nizieren. Bei TUI Cruises zum
Beispiel verfolgen wir ambitio-
nierte Ziele.
Welche?
Wir wollen bis 2030, Wachstum
eingerechnet, 27,5 Prozent CO2-
Emissionen einsparen. Neben
technologischen Massnahmen,
etwa mit optimierter Routenpla-
nung und gemächlicherem Tem-
po. Wir müssen ja keine Schiffs-
rennen gewinnen. Landstrom,
der die Emissionen der Schiffe in
den Häfen enorm senken würde,
ist leider noch nicht überall ver-
fügbar. Natürlich geht es beim
Thema Nachhaltigkeit auch um
den Betrieb an Bord, um Wasser-
aufbereitung, Abfallentsorgung
oder Food Waste. Da sind wir gut
aufgestellt.
Kreuzfahrt-Reedereien
geniessen nicht den besten
Ruf als Arbeitgeber...
Wir kooperieren mit externen
Dienstleistern. Ein Grossteil der
Crew ist nicht direkt bei uns an-
gestellt. Aber wir bemühen uns
um gute Arbeitsplätze, möglichst
viel Freiraum für die Crew, bie-
ten Schulungen und Aufstiegs-
chancen. Die Löhne sind mit den
Gewerkschaften ausgehandelt.
Die Menschen arbeiten gern auf
unseren Schiffen, sonst läge die
Wiederholerquote der Crew nicht
bei 79 Prozent.
Zum Schluss: Wie schalten
Sie in der Freizeit ab?
Ich lese gern. Da ich bei der
Arbeit meistens sitze, treibe ich
zum Ausgleich Sport. Am liebs-
ten bei freiem Horizont. Da
schlägt mein norddeutsches Na-
turell durch.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024

Kreuzfahrt
zu den Ewiges Eis:
Der John-
Hopkins-

Eisriesen
Gletscher ist
19 Kilometer
lang und ragt
75 Meter hoch
über die
Holland America Line Im Sommer ist Alaska Wasserlinie.
ein äusserst populäres Cruiserevier. Selten
kommt man Naturphänomenen so nah.
Mit der Eurodam zu kalbenden Gletschern.

Brigitte Jurczyk rade mal 27 000 wurden von der

(Text und Fotos)
Es knistert leise, als würde fei-
nes Pergamentpapier in der
Hand zerdrückt. Aber es ist nur
die Schicht von losem Eis, die auf
dem milchig-grünen Wasser des
Johns Hopkins Inlet treibt und
aneinanderreibt. Die Vormittags-
sonne tanzt auf den Kristallen,
die das Licht wie ein Teppich aus
funkelnden Diamanten reflek-
tiert und auf die Gesichter der
Passagiere wirft. Sie sind mit der
Eurodam, einem 285 Meter lan-
gen Kreuzfahrtschiff der Holland
America Line, gerade in die west-
liche Seitenbucht der Glacier Bay
im Süden Alaskas eingebogen.
Der Spot ist das Highlight der
einwöchigen Kreuzfahrt von
Seattle hinauf in den nördlichs-
ten Bundesstaat der USA.
Wie auf Bestellung haben sich
die tiefhängenden Wolken der
letzten Tage aufgelöst. Ein hell-
blauer Himmel strahlt mit
schneebedeckten Gipfeln um die
Wette. Der 19 Kilometer lange
John-Hopkins-Gletscher funkelt
dazu in Blau- und Türkistönen
und lässt massige Eisbrocken mit
Getöse ins Wasser stürzen. «It’s
showtime!», ruft der Mann mit
der gelben Wind- und Wetter-
jacke, der vorne am Bug des
Kreuzfahrtschiffes steht und im-
mer wieder mit dem Handy auf
einen der beeindruckendsten
Gletscher Nordamerikas hält.
Viele der Gletscher tragen
einen eigenen Namen
Mit etwa 100 000 Eisgiganten ge-
hört Alaska zu den gletscher-
reichsten Regionen der Welt. Ge-
USGS (United States Geological
Survey) erfasst. Viele sind nur
vom Wasser aus zu bestaunen,
650 tragen einen eigenen Na-
men. Aber sie schmelzen durch
den Klimawandel hundertmal
schneller als gedacht. Seit Anfang
der 1980er-Jahre nimmt der Glet-
scherschwund mit steigender
Geschwindigkeit zu.
Im richtigen Augenblick
tauchen die Buckelwale auf
«Gletscher sind ein dynamisches
Ökosystem und ein lebendiges
Labor. Sie verändern sich stän-
dig», sagt Jane. Die Glacier-Bay-
Park-Rangerin, die an Bord der
Eurodam gestiegen ist, füllt mit
dem Vortrag am Nachmittag
locker die Worldstage Arena, die
sich über drei Decks im Schiff er-
streckt und abends für grosse
Unterhaltungsshows reserviert
ist. Fast einen ganzen Tag wird
sie den Kreuzfahrtgästen an un-
terschiedlichen Spots des Schiffs
die eiskalte Welt erklären. Über
600 Tierarten sind hier heimisch,
dazu kommen 200 Vogelarten.
Auf dem Deck beim Wildlife-
spotting erweisen Jane sogar die
Buckelwale den Gefallen, im Faszinierende Landausflüge im hohen Norden: Warnung vor bissigen Bären; Kreuzfahrer im Hafen von Alaskas Hauptstadt Juneau; im Kanu zu
richtigen Moment aufzutauchen.
«Gletscher kennen wir ja auch in
der Schweiz», sagt Maya aus
dem Val Müstair, «aber dass sie wieder dunkle Schatten ent- grössere Cruiser dürfen sich hier Bach in der Nähe Gold gefunden. versprach dagegen Aufschwung
ins Meerwasser kalben, ist schon decken: Die Region ist bekannt pro Tag nicht aufhalten. Damit Das lockte viele Abenteurer in und eine florierende Zukunft.
etwas Besonderes». Genauso wie als Spielplatz von Buckelwalen soll das empfindliche Ökosystem das Gebiet, das zwanzig Jahre
die Robben, die sich zwischen und Orkas. Dick in Wolldecken geschützt werden. später zur Hauptstadt von Alas- Statt zu schneien regnet
den Eisschollen tummeln. eingemummelt sitzen die Passa- Am Tag zuvor lernten die Pas- ka aufstieg. Die vorherige Kapi- es im Winter viel zu viel
In der Einfahrt zur Glacier Bay giere der Eurodam auf den Stüh- sagiere auf einem Busausflug tale Sitka war noch unter russi- Heute ist die 32 000 Einwohner
hat die Natur kreisrunde Mini- len im Aussenbereich und halten von Juneau aus die Eiswelten scher Verwaltung bestimmt wor- zählende Stadt Sitz der Staats-
Felsinseln wie kleine, grüne Ausschau. Der Nationalpark Gla- Alaskas kennen. Am 3. Oktober den. Als der Walfang hier verwaltung und Ausgangspunkt
Pünktchen ins Wasser gesetzt. cier Bay lässt sich nur vom Schiff 1880 hatten Joseph Juneau und zusammenbrach, ging es mit der zum meistbesuchten Gletscher
Dazwischen lassen sich immer aus entdecken. Mehr als zwei sein Partner Dick Harris in einem Wirtschaft rasch bergab. Juneau Alaskas, dem Mendenhall Gla-

Zuerst Auswanderer, jetzt Kreuzfahrtpassagiere Fliegende

Schifffahrt Vor 150 Jahren wurde die Holland America Line gegründet.
Sie beförderte neben Passagieren auch Blumenzwiebeln und Gin. Seattle Wer auf eine Alaska-Kreuzfahrt

Als sich am 18. April 1873 die Neder-
landsch-Amerikaansche Stoomvaart
Maatschappij in Rotterdam formierte,
ahnte niemand, dass der Grundstein zu
150 Jahren Schifffahrtsgeschichte und zu
einer der wichtigsten Kreuzfahrt-Reede-
reien gelegt wurde. Gleich das erste Schiff,
die SS Rotterdam, nahm Kurs auf New
York. 23 Jahre später lief die Rotterdam II
zur ersten Ferien-Kreuzfahrt aus: eine
Reise von Rotterdam nach Kopenhagen.
Blumenzwiebeln, Heringe und Gin la-
gerten in den Frachträumen der sechs
Fracht- und Passagierschiffe, die zum
25. Firmenjubiläum zur Holland America
Line gehörten. Sie verbanden die Nieder-
lande und die Dutch East Indies, das heu-
tige Indonesien. Eine grosse Rolle spiel-
te die Holland America Line vor allem bei
der Auswanderungswelle aus Europa.
Rund 850 000 Passagiere setzten in die
Vereinigten Staaten über. Aber das Kreuz-
fahrtgeschäft schien langfristig profitab-
ler. 1938 hatte die Holland America Line
schon 36 Kreuzfahrten im Angebot.
In den 50er- und 60er-Jahren über-
raschte die Reederei die Welt: Als erste
überhaupt führte sie auf allen Schiffen ein «Das könnte gefährlich werden», an. In der Sommersaison auch
Hotel-Management-System ein. Feste warnt Chantelle Lusebrink. «Hier viele Kreuzfahrerinnen und
Tischzeiten wurden nun durch das offe- kommt Ihr nicht so schnell wie- Kreuzfahrer, die von hier aus
ne Lido Dining ersetzt. Den ganzen Tag der raus», droht die 40-Jährige nach Alaska starten.
über konnten die Gäste vom Buffet na- scherzhaft. Dabei sieht dieser Ort Wie jeder Markt verrät auch
schen. Und die Passagiere der Economy- kein bisschen düster aus, son- der Pike Place, in welcher Regi-
Klasse durften sich zudem frei auf dem dern eher einladend. Aber das ist on er liegt. Die Fischstände voll
Schiff bewegen. vielleicht das Gefährliche am mit Lachs, Kabeljau, Heilbutt und
1971 beendete die Nieuw Amsterdam II Pike Place Market in Seattle. Der den verschiedensten Krabben
schliesslich die fast 100-jährige Geschich- älteste Bauernmarkt der Verei- präsentieren sich wie eine Visi-
te der transatlantischen Liniendienste, nigten Staaten hat seit 1907 ge- tenkarte des Nordpazifiks, an
und das Unternehmen stellte ganz auf öffnet, sitzt immer noch an der den der US-Bundesstaat Wa-
Kreuzfahrten um. Schon 1975 startete die gleichen Ecke in Downtown shington grenzt. Nur der Olym-
erste Kreuzfahrt nach Alaska. Bis heute Seattle, ist eine Institution – und pic Nation Park trennt den Oze-
ist die Holland America Line mit ihrer lan- eine Touristenattraktion. an von der 733 000-Einwohner-
gen Erfahrung die Nummer eins unter Auf mehreren Etagen breiten Metropole Seattle.
den internationalen Kreuzfahrtanbietern sich Lebensmittel- und Blumen-
in diesen Gewässern. Ende der 80er-Jah- stände aus, dazwischen Traditi- Eigenartige Tradition
re übernahm der US-Riese Carnival Cor- onskneipen und Restaurants, am Fischstand
poration (Aida, Costa, Cunard) die Hol- Fischbuden, Bäckereien und An einem der Stände hat sich
land America Line. Heute besteht die Flot- Souvenirläden. Mit 200 Geschäf- eine Menschentraube gebildet.
te aus elf Schiffen, die 400 Häfen ten, 120 Marktständen und einer Einige halten Mobiltelefone und de des Fischstands haben sich
ansteuern. 700 000 Gäste fahren jährlich riesigen Auswahl an Imbissen ist Kameras gezückt. Bald weiss dazu in Position gebracht. Eine
mit ihnen. Damit gehört die Holland Ame- dieser Spot einer der grössten man, warum: Kiloschwere Fische Show, die sich niemand entge-
rika Line zu den zehn grössten Kreuz- Märkte weltweit und zieht mit fliegen über den Tresen und wer- hen lassen will. Chantelle Lusen-
fahrtunternehmen der Welt – und zu den seiner quirligen Atmosphäre den auf der anderen Seite routi- brink von der Hafenverwaltung
traditionsreichsten. Brigitte Jurczyk jährlich zehn Millionen Besucher niert aufgefangen. Mitarbeiten- Seattle: «Die fliegenden Fische

m Kalten Regenwald; Tauchlehrer Keet erklärt das Anziehen der Trockenanzüge; Fischverarbeitung vor hundert Jahren im Museumsdorf Icy Strait Point.
cier. Dem 3800 Quadratkilome-
ter grossen Juneau-Eisfeld ent-
springen 140 Gletscher. Der
zwanzig Kilometer lange Men-
denhall Glacier lockt seit über
hundert Jahren Wissenschaftler
und Reisende aus aller Welt an.
Megan zieht die olivfarbene
Wollmütze tiefer über die Ohren;
es hat zu regnen begonnen. «Das
Fische in der Geburtsstadt von Jimi Hendrix
geht, startet meist an der Grenze zu Kanada. Ein Bummel durch die innovative Nordwestküsten-Metropole.
haben hier Tradition. Sie begann,
als die Händler zu müde wurden,
jedes Exemplar von der gekühl-
ten Auslage an den Verpackungs-
tisch zu bringen. Sie haben die
Fische einfach geworfen.»
genau ist das Problem», sagt die
junge Frau vom Besucherzent-
rum, das 1962 auf einer Anhöhe
über dem Eisgiganten gebaut
wurde. «Damit der Gletscher
nicht noch mehr schmilzt, müss-
te es schneien. Aber stattdessen
regnet es hier im Winter viel und
die Temperaturen steigen.»
Klimaveränderung hin oder her:
Lockt jährlich
Millionen von
Besuchern an:
Der Pike Place
Market mit
120 Ständen
und den
fliegenden
Fischen.
Foto: Wolfgang
Kaehler / Alamy Stock
Photo
Mit mehr als 200 Abfahrten jähr-
lich ist Seattle am Puget Sound,
einer Meeresbucht im Nordwes-
ten Amerikas unweit der Grenze
zu Britisch Kolumbien und Ka-
nada, ein beliebter Startpunkt für
Reisen
Viele Amerikaner zieht es hinauf
nach Alaska. Seit über 75 Jahren
steuern die Schiffe der Holland
America Line den 49. US-Bun-
desstaat an. 2024 gehen sechs
der elf Schiffe umfassenden Flot-
te hier auf Expedition.
Bella trägt ihr langes Haar zu
Zöpfen gebunden unter einer
orangefarbenen Mütze, die einen
Kreuzfahrten. Die meisten füh-
ren hinauf in Richtung Norden,
nach Alaska, vorbei an Victoria
und Vancouver Island. Zwei
Kreuzfahrterminals – Bell Street
Pier 66 direkt an Seattles Water-
front und Smith Cove Pier 91,
etwa 15 Taximinuten von der
Haupteinkaufsmeile entfernt –
liegen nahe bei den Sehenswür-
digkeiten der Stadt. Viele der
Kreuzfahrt-Touristen nutzen
denn auch die kurze Distanz und
statten vor oder nach dem Törn
der grössten Metropole des US-
Bundesstaates Washington einen
Besuch ab.
Seattle kann sich mit Hoch-
karätigem schmücken. Unter-
nehmen von Weltrang wurden
hier gegründet oder haben hier
ihren Sitz, etwa der gerade in die
Schlagzeilen geratene Flugzeug-
bauer Boing, die IT-Giganten
Microsoft und Amazon. Auch das
erste Lokal des Kaffeeimperiums
Starbucks eröffnete hier.
schönen Kontrast bietet zum üp-
pigen Grün der Umgebung. Vor-
hin ist die Naturführerin mit ih-
rer Passagiergruppe in einem
Boot über einen See in der Nähe
von Sitka gepaddelt, wo die
Eurodam angelegt hat. Nun
bückt sie sich am Rande eines
Pfades zu einem seltsamen brau-
nen Etwas, das an einem umge-
Wer nur ein bisschen in die Stadt
eintaucht, spürt schnell den ju-
gendlichen Spirit. Musik war
schon immer der treibende Beat
der Westküstenmetropole, in der
Schlafen in Seattle
Übernachten: Palihotel, kleines,
gemütliches Hotel in der Nähe
des Pike Place Market, DZ ab
135 Fr.; www.palisociety.com/
hotels/seattle
Citizen M, Pioneer Square, Mini-
Zimmer mit viel Kunst und Design,
DZ ab 160 Fr.; www.citizenm.com
Essen: Wild Ginger, pazifische
Nordwestküsten-Küche mit
asiatischen Einfluss;
www.wildginger.net
Athenian Seafood Restaurant and
Bar, Fischspezialitäten in urigem
Ambiente im Pike Place Market,
www.athenianseattle.com
Allg. Infos: www.visitseattle.org;
www.stateofwatourism.com
fallenen Baumstamm klebt. Es
ist ein Pilz, der schon Jahrzehn-
te alt ist. Eine seltsame Spielart
der Natur, die im «Kalten Regen-
wald» ein besonders fruchtbares
Terrain gefunden hat.
In den Kronen der riesigen
Bäume haben sich derweil die
Wolken verfangen, Flechten hän-
gen von den Ästen wie wabern-
auch Jimi Hendrix das Licht der
Welt erblickt hatte. Von hier aus
startete die Band Nirvana ihre
Weltkarriere. Und in den vielen
kleinen Clubs treten noch unbe-
kannte Bands auf. «Die Musikin-
dustrie spielt eine grosse Rolle
in der Stadt», sagt Chantelle
Lusebrink.
Das erste Drehrestaurant
Nordamerikas
Seattle scheint mit einem Inno-
vativ-Gen ausgestattet zu sein.
Als 1962 die Weltausstellung er-
öffnete, fuhr der Lift zum ersten
Mal hoch zum Turmkorb der
Space Needle. Der damals mit
184 Meter extrem hohe Aus-
sichtsturm erwartet noch heute
Gäste mit einem sensationellen
Rundumblick und dem ersten
Drehrestaurant Nordamerikas.
Wenn die Kreuzfahrtschiffe
den Hafen der Stadt verlassen,
ragt die Nadel immer noch aus
der Stadtsilhouette – ein Selfie-
73
Glacier Bay 500 km
National
KANADA
Park
Icy Strait Point
Juneau
Stephens
Sitka Passage
Ketchikan
Golf
von Puget
Alaska Sound
ALASKA Victoria
Seattle
USA
Pazifik
Ab April nach Alaska
Anreise: Von Zürich über
Frankfurt nach Seattle mit
Swiss/Lufthansa.
Abfahrthafen: Seattle
oder Vancouver (Kanada)
MS Eurodam: Länge 285 Meter,
2044 Passagiere, 929 Crew-
mitglieder, Baujahr 2007, elf
Decks, acht Restaurants, elf Bars
und Lounges, drei Swimming-
pools, sieben Whirlpools.
Kreuzfahrten: Zum Beispiel
Seattle‒Juneau‒Glacier Bay‒
Icy Strait Point‒Sitka‒Ketchikan
‒Victoria‒Seattle, acht Tage ab
1260 Fr. pro Person in der Doppel-
kabine. Grosse Auswahl an
Landausflügen und Aktivitäten.
Die nächsten HAL-Kreuzfahrten
nach Alaska starten im April 2024.
Buchen:
www.hollandamerica.com/de
www.cruisetour.ch
www.kuoni-cruises.ch
www.hotelplan.ch/Kreuzfahrten
Buchtipp: «Alaska»,
umfangreicher, aktueller
Reiseführer; Trescher, 30.90 Fr.
de Haarbüschel. «Vieles, was ihr
seht, gibt es nur hier», bringt
Bella die Einzigartigkeit dieser
im feucht-kühlen Klima wu-
chernde Vegetation auf den
Punkt. «Ich hatte mit mehr Eis
gerechnet», sagt John aus Con-
necticut, der sich für diesen Aus-
flug entschieden hat. «Aber das
macht nichts. Mich stört der Re-
gen nicht, solange es so etwas
Faszinierendes zu sehen gibt.»
Die Reise wurde unterstützt
von Holland America Line.
www.hollandamerica.com/de
favorit par excellence. Gleich ne-
benan treibt eine Ausstellung er-
staunliche Blüten. Der Multi-
künstler Dale Chihuly zaubert
mit Glas und Farbe surreale,
raumfüllende Wunderwelten, die
Erwachsene genauso wie Kinder
faszinieren. Auch im angrenzen-
den Park geht es mit farben-
frohen Glasinstallationen weiter,
die sich wie selbstverständlich
unters Grün mischen.
Viel Zeit bleibt den meisten
Kreuzfahrern nicht, um auch
noch das Umland von Seattle zu
entdecken. Eingebettet zwischen
dem über 4000 Meter hohen,
schneebedeckten Mount Rainier
und dem Olympic National Park
mit seinem Kalten Regenwald
würden sie hier einen ersten
Vorgeschmack auf Alaskas faszi-
nierende Natur erhalten.
Brigitte Jurczyk
Die Reise wurde unterstützt
von Port of Seattle.
74
Von Miami nach Barcelona Die MSC Magnifica überquert im November den weiten Ozean. Auf der Kreuzfahrt erleben die
Passagiere Karibikfeeling und entdecken neue Inseln und Städte. Es bleibt viel Zeit, das Leben an Bord zu geniessen.
Gabriele Spiller
Es ist schon dunkel, als die MSC
Magnifica den Miami Cruise Port
verlässt. Den Sonnenuntergang
konnte man bereits an Bord bei
einem Strawberry Daiquiri ge-
niessen – voller Vorfreude auf
eine zwanzigtägige Seereise.
Jetzt gehts endlich los. Die Lich-
ter der Wolkenkratzer ent-
schwinden langsam, das knapp
300 Meter lange Schiff gleitet an
Miami Beach vorbei, und die
Stimmung an Deck steigt. Der
Tag in dieser aufregenden Stadt
klingt noch nach. Der Miami
Cruise Port liegt zentral in Down-
town Miami – und Little Havana
lässt grüssen.
Aber das Schiff steuert an
Kuba vorbei. Jetzt sind erst ein-
mal zwei Tage Erholung auf See
angesagt. Die ersten Bilder mit
blauem Himmel und noch blau-
erem Meer werden nach Hause
geschickt: Posing an einem der
drei Swimmingpools, ein kari-
bisches Buffet oder ein Schnapp-
schuss im T-Shirt von der Fit-
ness-Lektion. Im November,
wenn es in der Schweiz trüb ist,
hat das alles Neid-Potenzial.
Pastellfarbene Häuser und
Delfin-Abenteuertouren
Road Town in Tortola heisst der
erste Anlaufhafen dieser organi-
sierten Reise, wir befinden uns
in der Hauptstadt der British Vir-
gin Islands. Beliebtes Fotomotiv
sind die pastellfarbenen Häuser,
ebenso die üppige Vegetation
und vor allem die Sandstrände.
Die MSC Magnifica bietet Delfin-
Abenteuertouren und Inselrund-
fahrten an zum Teil in Gelände-
fahrzeugen.
Segeln und Schnorcheln kann
man auch am nächsten Tag auf
Antigua. Aber diese Insel hat zu-
sätzlich Geschichtliches zu bie-
ten: Nelson‘s Dockyard ist eine
alte Werft aus georgianischer
Zeit. Was heute ein lauschiges
Yacht-Paradies ist, war vor drei-
hundert Jahren der wichtigste
Marinestützpunkt der Briten in
der Karibik. Und ja, auch Piraten
gab es damals, deshalb musste
man die Handelsschiffe mit
Kanonen vor Angriffen schützen.
Die liebevoll restaurierte Werft
wurde in Antigua zum National-
park erklärt.
Die niederländische Insel Sint
Maarten, das französische
Département Martinique sowie
Barbados laden die Passagiere
ebenfalls dazu ein, sich mit der
europäischen Kolonialzeit zu be-
schäftigen – oder ganz einfach
goldene Strände zu besuchen.
Für alle angelaufenen Häfen gilt,
dass sie einzigartige landschaft-
liche Schönheiten sind, mit grün-
bewachsenen Hügeln, davon
einige Vulkane.
Unbeschwertes Kreuzfahrtvergnügen auf der MSC Magnifica
— Die beschriebene und vom Kreuzfahrt-
spezialisten Cruisetour organisierte Reise
mit der MSC Magnifica findet vom
Donnerstag, 7. November, bis Donnerstag,
28. November 2024, ab Zürich statt. Die
Anreise erfolgt mit Swiss-Direktflügen
nach Miami inkl. Übernachtung im Vier-
stern-Flughafenhotel Sheraton und zurück
mit Swiss ab Barcelona am 28. November.
In beiden Städten sind die Transfers und
eine Stadtrundfahrt inbegriffen. Ein
Die grosse Faszination einer
Transatlantik-Passage
Zwischenstopp
auf der Insel
Madeira mit
ihrem milden
Klima.
Vorprogramm in Miami (Abflug 5. Novem-
ber, Zusatzkosten 299 Fr. pro Person in
Doppelbelegung) ermöglicht es, die
Metropole in Eigenregie zu erkunden
oder an einem fakultativen Ausflug in den
Everglades-Nationalpark (110 Fr. pro
Person) teilzunehmen.
— Die MSC Magnifica ist ein mittelgros-
ses Schiff für 3223 Passagiere und 987
Crewmitglieder. Sie wurde 2010 gebaut
und besitzt 16 Decks. Zu ihrem Unterhal-
Reisen
Zwanzig Tage
auf hoher See: Die
MSC Magnifica
bei den Kleinen
Antillen in der
Karibik.
Langeweile kommt keine auf: Die MSC Magnifica
verfügt über zahlreiche Bars und Lounges,
einen grosszügigen Spa-Bereich mit Innenpool
und das Royal Theatre mit 1200 Plätzen.
tungsangebot gehören das glamouröse — Die Transatlantik-Passage der MSC
Royal Theatre mit 1200 Plätzen, ein Magnifica führt von den USA zu den
4-D-Kino, eine Bowlinganlage, eine Disco Kleinen Antillen und in sechs Tagen über
und ein Kinderclub. In vier Spezialitäten- den Ozean. Nach einem Stopp auf
lokalen, dem Selbstbedienungsrestaurant Madeira läuft das Schiff Lissabon und
sowie in den elf Themenbars und -lounges drei spanische Städte an. Insgesamt
werden fast rund um die Uhr erlesene werden zwölf Häfen besucht.
Speisen und Getränke angeboten. Natür- — Beim Cruisetour-Aktionsangebot
lich kann man auch einen ruhigen Abend starten die Preise pro Person bei 2999 Fr.
bei einem romantischen Drink unter den (Doppelbelegung Innenkabine) und
Sternen verbringen. reichen bis 4699 Fr. für die Deluxe-
11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
Nun folgen sechs Tage, bis man
wieder Land unter den Füssen
hat. Wem dabei langweilig wird,
der ist selber schuld. Schliesslich
lässt sich die Crew der MSC Mag-
nifica immer wieder Neues ein-
fallen, um für eine kurzweilige
Atlantikpassage zu sorgen. Na-
türlich lassen sich die ausge-
dehnten Seetage auch im Well-
ness- und Spa-Bereich oder im
bordeigenen Casino verbringen.
Die vielen Bars und Lounges
sind ideal, um neue Bekannt-
schaften zu knüpfen und mit an-
deren Passagieren Reisetipps
auszutauschen. Selbstverständ-
lich richtet sich die Küche der
MSC Magnifica kulinarisch auf
diese Route aus: Die Gourmet-
restaurants und das zwanzig
Stunden am Tag geöffnete Buf-
fet orientieren sich in ihrer Aus-
wahl an den besuchten Regio-
nen, insbesondere mit Mittel-
meer-Spezialitäten und Weinen.
Alte Seefahrertradition
auf der Insel Madeira
Die weitere Fahrt ist ganz nach
dem Geschmack von Portugal-
und Spanienfans. Wie schon die
grossen Eroberer läuft die MSC
Magnifica Funchal an, die Haupt-
stadt der Insel Madeira. Vielleicht
möchte man nach Seefahrertra-
dition in der Kathedrale Sé ein
Dankesgebet für die sichere Lan-
dung sprechen. Zur Zeit ihrer
Weihung, 1514, war Funchal die
grösste Diözese der Welt, die für
alle kolonialisierten Gebiete der
Portugiesen zuständig war.
Der alte Bischofspalast ist
dementsprechend reich verziert,
und das Museu de Arte Sacra
punktet mit seinen religiösen
Schätzen. Funchal ist malerisch
gelegen an einem steilen Berg.
Fast das ganze Jahr über blüht es
in Gärten und Parks. Der Zucker-
rohranbau hatte die Insel einst
reich gemacht, in den Souvenir-
shops wird immer noch Rum aus
lokalen Destillerien angeboten.
Über Lissabon, Alicante und
Valencia ist viel bekannt. Auch
den Zielhafen Barcelona muss
man kaum vorstellen. Eine letz-
te Rundfahrt in der Hauptstadt
der Katalanen ist inklusive, bevor
es mit der Swiss zurück nach Zü-
rich geht. Was bleibt, sind die Er-
innerungen an eine Reise zu ei-
nigen der schönsten Orte der
Erde. Dazu Souvenirs – wie fri-
sche Gewürze von den Kleinen
Antillen, eine Azulejo-Kachel aus
Portugal oder vielleicht sogar ein
Schmuckstück aus der zollfreien
Einkaufszone Sint Maarten. Mit
der Dauer von rund drei Wochen
ist diese Kreuzfahrt übrigens
auch als Hochzeitsreise mit viel
Zeit für Verliebte geeignet.
Eine Zusammenarbeit
mit Cruisetour.
Balkonkabine. Eine Einzelbelegung gegen
Aufpreis ist möglich. Die Economy-Flüge
können upgegradet werden. In diesem
besonderen Tarif sind neben der Voll-
pension das Getränkepaket Easy, die
Trinkgelder und Hafentaxen inbegriffen.
Weitere Kosten können für zusätzliche
Dienstleistungen, Visa, Versicherungen
und Auftragspauschale anfallen.
— Buchen: Cruisetour, Tel. 044 289 81 81
oder www.cruisetour.ch
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Northern
Xplorer: Setzt
auf Brennstoff-
zellen, Segel
und Batterien.
Beat Eichenberger
Es klingt visionär: Bis im Jahr
2030 sollen die ersten vollstän-
dig emissionsfreien Kreuzfahrt-
schiffe in See stechen. Die nor-
wegische Postschifflinie Hurtig-
ruten hat ein solches «Sea
Zero»-Projekt in der Pipeline.
Das geplante Schiff für 500 Pas-
sagiere soll eine 60-Megawatt-
Batterie beherbergen, die in den
Häfen mit Strom aus erneuerba-
ren Energiequellen aufgeladen
wird. Eine moderne Windtech-
nologie mit einfahrbaren Segeln
und Solarpaneelen sorgt für wei-
teren Power.
Auch die französische Reede-
rei Ponant verfolgt unter dem Be-
griff «Swap2Zero» ein Projekt für
den kohlenstoffneutralen Betrieb
eines Schiffes. Ein Segelsystem
soll dabei die Hälfte der Antriebs-
energie durch Windkraft erzeu-
gen. Zusätzlich sind Photovol-
taik-Paneele sowie eine Brenn-
stoffzelle vorgesehen. Auf
Brennstoffzellen und Batterien
will auch das norwegische Start-
up Northern Xplorer setzen, das
in wenigen Jahren ein emissions-
freies Küstenschiff für 250 Gäs-
te in Dienst nehmen möchte.
Das Problem sind die
grossen Schiffe
Konkrete Ansätze auf dem Weg
zur geforderten Dekarbonisie-
rung der Schifffahrt liegen auf
dem Tisch. Wind und Sonne, Bat-
terien und Brennstoffzellen,
Landstrom und die Beigabe von
Bio-Kraftstoffen sollen es rich-
ten. Nur: Dies wird nicht reichen.
Eine optimale Kombination sol-
cher Elemente könnte zu den an-
gestrebten Zielen führen, aber
nur bei kleinen Schiffen wie den
angekündigten Projekten. Der
benötigte Energiebedarf grosser
Fachkräftemangel Reedereien rekrutieren ihr Service-Personal vermehrt an der Seidenstrasse.
«Darf ich Ihnen noch eine Tasse
Kaffee bringen?» Aiana Omur-
kulova strahlt den Gast aus ihren
dunklen, mandelförmigen Augen
an. Ihr Mund ist rot geschminkt,
und nicht einmal ein kleiner
fremdartiger Hauch in der Stim-
me verrät, dass Deutsch nicht
ihre Muttersprache ist. Wie fünf
weitere Service-Mitarbeitende
aus Kirgistan fährt die 22-Jähri-
ge seit mehreren Wochen auf
dem Kreuzfahrtschiff MS Euro-
pa der deutschen Reederei
Hapag-Lloyd mit.
Fachkräftemangel treibt die
Branche um, man sucht qualifi-
ziertes Personal. Nachdem viele
Jahre lang Filipinos auf dem
und sehr grosser Schiffe, die
einige Tausend Passagiere auf-
nehmen, kann mit diesen be-
schränkten Massnahmen un-
möglich gedeckt werden.
Nur ein Beispiel: «Batterien
sind noch viel zu voluminös und
zu schwer, um eine wesentliche
Rolle zu spielen», sagt Dirk Berg-
mann, Chief Technology Officer
von Accelleron. Das in Baden AG
beheimatete, weltweit tätige Un-
ternehmen ist ein führender Her-
steller von Aufladesystemen für
Diesel- und Gasmotoren und ar-
beitet eng mit Reedereien und
Werften zusammen. Stichwort
Bio-Kraftstoff: «Es gibt dazu
längst nicht genügend Rohstof-
fe. Ob sich dies einmal ändert,
wenn man in Afrika grosse Ele-
fantengras-Farmen aufzieht, ist
höchst unwahrscheinlich», ur-
teilt der Experte. Dass man bio-
gene Kraftstoffe als Beigabe
(«Drop-in») zu anderen Treib-
stoffen nutzt oder Batterien ein-
setzt, um Lastspitzen abzude-
cken, liege aber im Bereich des
Möglichen. «Man muss in alle
Entwicklungen investieren, die
heute eine Perspektive auf dem
Weg zur Dekarbonisierung bie-
ten», so Dirk Bergmann.
Das gilt auch für die Nutzung
von Flüssigerdgas (LNG), das vor
allem auf grossen, neuen Kreuz-
fahrtschiffen immer häufiger
zum Einsatz kommt. LNG redu-
ziert im Vergleich zu Schweröl
und Marinediesel die Luftver-
schmutzung massiv und hat
rund zwanzig Prozent weniger
CO2-Emissionen zur Folge – ein
erster Schritt. Doch LNG gilt als
Übergangslösung, denn dabei
handelt es sich um einen weite-
ren fossilen Treibstoff. Zudem
führen Gewinnung, Transport
und Verbrennung zu Methanver-
lust. Gefordert sind deshalb syn-
Kreuzfahrtschiffen dieser Welt
für das Reinigen der Kabinen, die
Arbeit in der Küche und im Ser-
vice angeheuert wurden, hat man
nun auch junge Menschen in Kir-
gistan in den Fokus genommen,
neben Indonesiern oder Kenya-
nerinnen. Zwei Jahre Arbeitser-
fahrung ist die Mindestvoraus-
setzung für einen Vertrag, die
Ansprüche sind hoch.
Eigentlich hat Aiana Omurku-
lova Tiermedizin studiert: «Ich
hatte schon in der Schule Deutsch
gelernt», sagt sie, «das ist in mei-
ner Heimat gar nicht ungewöhn-
lich.» Und das, obwohl das Land
in Zentralasien zwischen Usbe-
kistan und China viele Tausend
Reisen
Komplizierte
thetische Treibstoffe, E-Fuels,
die klimaneutral sind und keine
CO2-Emissionen zeitigen.
«Unter E-Fuels versteht man
Reise in eine
Treibstoffe auf Basis von Was-
serstoff. Dieser wird über eine
Elektrolyse mit erneuerbaren
Energien aus Wasser und Koh-
bessere
lenstoffdioxid hergestellt», er-
klärt Bergmann die technische
Seite eines Prozesses, der auch
unter dem Begriff «Power-to-X»
Zukunft
bekannt ist. «Klimaneutrale
E-Fuels setzen voraus, dass bei
der Produktion ausschliesslich
Ökostrom zum Einsatz kommt,
das ist der Kernpunkt», unter-
Kreuzfahrten im Umwelt-Dilemma Eine streicht Bergmann.
klimaneutrale Schifffahrt wäre technisch Methanol könnte die
machbar, sagt Experte Dirk Bergmann. Lösung sein
Aber noch ist fossiler Treibstoff zu billig, Die Herstellung von Wasserstoff,
etwa auf Basis von Erdgas, ist ein
und grüne Energie nur spärlich verfügbar. alltäglicher Prozess. Doch für die
Produktion von «grünem» Was-
serstoff wird «grüner» Strom be-
nötigt – und an diesem mangelt
es weltweit. Zudem ist die Ver-
wendung von Wasserstoff als
Schiffstreibstoff problematisch:
Gasförmig ist die Energiedichte
viel zu gering, um in grossen
Mengen in Tanks gebunkert zu
werden, und zur Verflüssigung
muss er auf minus 253 Grad
Celsius gekühlt werden. Dies
wiederum erfordert komplexe,
kaum umsetzbare technische
Massnahmen auf einem Kreuz-
fahrtschiff.
Das Potenzial von «grünem»
Wasserstoff liegt deshalb in der
Möglichkeit, diesen als Basis für
die Herstellung von CO2-neutra-
len E-Fuels zu verwenden. So
rückt Methanol immer stärker
in den Fokus der Forschung.
«Methanol kann relativ einfach
erzeugt werden, wird bei gerin-
«Batterien sind noch viel zu schwer, um eine gem Druck flüssig, ist gut tank-
wesentliche Rolle zu spielen»: Dirk Bergmann. und lagerbar sowie biologisch
Kirgisen an Bord
Kilometer entfernt vom deutsch- Gastronomiebereich gejobbt. Der
Foto: Brigitte Jurczyk
sprachigen Raum liegt. Die erste Arbeitstag an Bord der MS
sprachlichen Fähigkeiten ermög- Europa war gleichzeitig auch ihr
lichen der jungen Kirgisin, einen erster Tag überhaupt auf einem
Traum zu leben: «Ich bin noch Schiff. «Zum Start ging es mir
jung, ich möchte die Welt sehen. nicht so gut», gesteht die junge
Es bleibt ja noch Zeit, bevor ich Frau. Die MS Europa überquerte
mich festlege, wo ich mich ein- den Atlantik; die Wellen bauten
mal als Tierärztin niederlasse.» sich acht bis zehn Meter vor dem
Schiff auf. Glücklicherweise ge-
Erstmals auf einem Schiff wöhnte sie sich schnell an
Aiana Omurkulova hatte von der den schwankenden Untergrund
Möglichkeit, auf einem Kreuz- – und an die Fragen der Gäste:
fahrtschiff zu arbeiten, in den «Wo kommen Sie her? Wo haben
Sozialen Medien gelesen. Für die Sie so gut Deutsch gelernt?»
Bewerbung brachte sie gute Vo- Mit ihr umsorgen zur Zeit
raussetzungen mit: Sie hatte be- dreissig verschiedene Nationali-
reits in ihrer Heimat, der kirgisi- «Ich möchte die Welt sehen»: täten die Kreuzfahrtgäste. Aiana
schen Hauptstadt Bischkek, im Aiana Omurkulova aus Kirgistan. Omurkulova verrät einen Trick:
75
Sea Zero:
Fährt mit
Strom aus
erneuerbaren
Energiequellen.
abbaubar», erklärt Bergmann.
Erste Frachtschiffe sind bereits
mit Methanol unterwegs, und
neue Kreuzfahrtschiffe werden
mit methanolfähigen Motoren
ausgestattet.
Doch auch hier gilt: Die Kli-
maneutralität fordert, dass
Methanol synthetisch aus erneu-
erbaren Energiequellen gene-
riert wird. Bergmann hält fest:
«E-Methanol, obwohl problem-
los herstellbar, steht noch längst
nicht in genügender Menge und
zu kompetitiven Preisen zur Ver-
fügung.» Der Aufbau leistungs-
fähiger Produktionswerke steckt
noch in den Kinderschuhen, und
auch die Ölmultis zeigen sich am
Thema wenig interessiert, solan-
ge ihr Gold noch sprudelt. Gefor-
dert ist zudem der Aufbau einer
globalen Verteilungsinfrastruk-
tur, denn, so Bergmann: «Auch
der beste neue Kraftstoff wird
den Durchbruch nicht schaffen,
wenn die Verteilung fehlt.»
Kurz: Es geht um kostspieli-
ge Investitionen in Werke und
Infrastrukturen, und diese An-
forderung unterliegt letztlich
wirtschaftlichen und gesell-
schaftspolitischen Mechanis-
men. «Die Erzeugung von fossi-
lem CO2 muss kosten, damit
nachhaltige Treibstoffe preislich
mithalten können», erklärt Berg-
mann. Denn solange der Preis
für schmutziges Schweröl
markant tiefer ist als für neue
E-Fuels, hebelt der Wettbewerb
die angestrebte klimaneutrale
Wirkung aus.
Den Weg in eine klimaneut-
rale Kreuzfahrt-Zukunft werden
wohl nur globale, zielgerichtete
Regelungen wie etwa die seit
dem 1. Januar 2024 geltende
Integration der Schifffahrt in
den Emissionshandel der EU
(ETS) ebnen.
«Ich habe mir vorgenommen, je-
den Tag zwei neue Namen mei-
ner Kollegen auswendig zu ler-
nen. Ausserdem schreibe ich mir
die Kabinennummer und Vorlie-
ben der Gäste auf einen Zettel.
Das hilft, den Überblick zu be-
halten.» Geschult werden die
neuen Mitarbeitenden heute vor-
ab im Online-Training sowie
später an Bord.
Jetzt sitzt bei der 22-Jährigen
jeder Handgriff, und auch einige
neue deutsche Redewendungen
sind im Repertoire. Die Herzlich-
keit haben Aiana Omurkulova
und die Kollegen und Kollegin-
nen aber schon aus der Heimat
mitgebracht. Brigitte Jurczyk
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Christoph Ammann
«Entschuldigung», sagt Miguel
Muñir, «diesen Anruf muss ich
annehmen. Der Kapitän braucht
die Freigabe zum Auslaufen.»
Das Gespräch zwischen den bei-
den wichtigsten Männern an
Bord der Costa Toscana dauert
zehn Sekunden. Kaum hat der
Hotel General Manager grünes
Licht gegeben, manövriert Kapi-
tän Giulio Valestra den Koloss
aus dem Hafen von Savona an
der ligurischen Küste. «Alle Pas-
sagiere sind eingetroffen, wir ha-
ben genug Essen und Trinken
gebunkert», sagt Muñir. Das
klingt simpel, ist aber angesichts
der Dimension dieses im März
2022 in Dienst gestellten Kreuz-
fahrtschiffes eine logistische
Herkulesaufgabe.
«Die Costa Toscana gleicht ei-
ner kleinen Stadt», sagt der Ho-
telchef, «und ich bin hier der
Stadtpräsident.» Bei Vollauslas-
tung können rund 6000 Passa-
giere und über 1600 Crew-Mit-
glieder mitreisen. Die Toscana
gehört zu den Superschwerge-
wichten der Kreuzfahrtbranche.
Muñir schafft es dank jahrzehn-
telanger Erfahrung, den Laden
am Laufen und Passagiere und
Crew bei Laune zu halten.
Während die Gäste, die im
westlichen Mittelmeer zwischen
Savona, Civitavecchia, Neapel,
Palermo, Palma de Mallorca, Bar-
celona und Marseille unterwegs
sind, zur Hauptsache aus dem
mediterranen und deutschspra-
chigen Raum stammen, rekru-
tiert sich die Crew aus mehr als
70 Ländern. «Zahlreiche Natio-
nen, unterschiedliche Religionen
und Kulturen», sagt Muñir. Da ist
manchmal Fingerspitzengefühl
ANZEIGE
Eine
gefragt angesichts unterschied-
licher Befindlichkeiten.» Das Fa-
zit des Hotel General Managers:
«Glückliche Mitarbeitende gleich
Kleinstadt
glückliche Passagiere.» Der Spa-
nier verabschiedet sich mit
einem Witzchen: «Von Costa
komme ich auch privat nicht los.
auf hoher See
Ich wohne in Marbella an der
Costa del Sol.»
Der grösste Costa-Fan
in der Schweiz
Einer der von Costa auch nicht Megaliner An Bord der Costa Toscana
mehr los kommt, ist Steven
Tirrito. Vor zehn Jahren gründe-
reisen über 6000 Passagiere mit.
te er den Costa Fan Club. Von sei- Die Logistik auf dem italienischen
ner Wahlheimat Basel aus leitet
der 45-jährige Präsident die Ge-
Vorzeige-Schiff ist generalstabsmässig
schicke des Vereins und organi- organisiert.
siert für die mehr als achtzig Mit-
glieder Gruppenreisen auf hoher
See. Seit ihn seine Schwester
Maria Angela als 15-Jährigen zu
einer Kreuzfahrt mit der Costa
einlud, liebt er Cruises und die
italienische Reederei. 65 Kreuz-
fahrten hat Steven schon absol-
viert, sein Lieblingsrevier ist das
Mittelmeer. «Aber meine schöns-
te Reise führte von Rio de Janei-
ro nach Buenos Aires», erinnert
sich Tirrito, der beruflich als
Event Manager bei der Baloise
amtet. Als Tessiner schätzt der
grösste Costa-Fan der Schweiz ist, begrüssen sich freundschaft- zienkuchen mit Zitronenquark, Diese Kreation entstammte wohl
das südländische Flair an Bord, lich. Bellaera ist ein preisgekrön- Mascarpone-Creme und Pista- kaum seiner Ideenwerkstatt,
das Design, die Reisen von Stadt ter Dessert-Grossmeister. Seit elf zienmousse unter einer Zucker- sondern einem Deal mit Nutel-
zu Stadt, die vielen kulinarischen Jahren hüpft der Sizilianer von haube. «Wir stellen alles frisch la-Hersteller Ferrero.
Alternativen und besonders die Schiff zu Schiff und trimmt sei- her», sagt Bellaera, «der Betrieb Costa holt über Franchisen
kunstvollen Desserts. ne Leute auf Höchstleistungen läuft 24 Stunden.» unzählige bekannte Marken an
Als wenn ein Regisseur seine in den Backstuben und Patisse- Als Costa den Hunderten von Bord. So verlustiert man sich in
Finger im Spiel hätte, taucht un- rien. Sein Verdienst: Die Desserts Reisebüroleuten, die zu Work- den Bars von Campari und Ape-
vermittelt Riccardo Bellaera auf. bei Costa sind zwar standardi- shops und einer Branchenparty rol Spritz, belegt einen Kurs für
Der begnadete Netzwerker Tir- siert gefertigt, was bei der Anzahl an Bord weilen, zahllose mit Nu- Negroni-Drinks, diniert im
rito und der Mann, der für die Bä- Lieben die Costa Toscana: Passagieren unumgänglich ist, tella bestrichene Törtchen als Heineken-Starclub oder bucht
ckereien, Konditoreien, Pizzeri- General Manager Miguel Muñir kommen aber als Kunstwerke spezielle Süssspeise austeilt, be- Ausflüge mit dem Label Natio-
en und Gelaterien auf allen zehn (o.), Kapitän Giulio Valestra (M.), daher und schmecken himmlisch hält der Sterne-Patissier seine nal Geographic. Die Nutella-
Costa-Schiffen verantwortlich Fanclub-Präsident Steven Tirrito. – etwa die Weltkugel, ein Pista- Meinung dazu lieber für sich. Bömbchen bleiben der einzige

kulinarische Tiefflieger. Man
speist auf der Costa Toscana vor-
züglich in 21 Gaststätten, selbst
in den Selfservice-Restaurants.
Es geht dort erstaunlich gesittet
zu und her. Seit Corona dürfen
sich die Passagiere nicht mehr
eigenhändig am Buffet bedienen,
die Küchenmannschaft füllt die
Teller. Das hat positive Auswir-
kungen auf die Ästhetik der prä-
sentierten Gerichte, auf die Por-
tionengrösse, die Hygiene und
die Abfallmenge. «Unser Ziel ist
ANZEIGE
Jetzt buchen in Ihrem Reisebüro oder auf flyedelweiss.com
es, Food Waste zu minimieren»,
sagt Marco Refrigeri, der Food &
Beverage Director der Costa Tos-
cana. «Manche Gäste überschät-
zen ihren Appetit.»
Perlhuhn und Plankton
Im mit Strandgut dekorierten
Feinschmeckerlokal Archipelago
auf Deck 8 wird gegen einen Auf-
preis von 59 Euro ein hochkarä-
tiger Fünfgänger serviert. Die in-
ternational gehypten Sterne-
köche Bruno Barbieri, Hélène
Leave online.
Love skyline.
Reisen
19 Bars und 21 Restaurants unter italienischer Flagge
Costa Toscana: 337 Meter lang,
42 Meter breit, 65 Meter hoch,
16 Decks, 2663 Passagier-
kabinen, über 6000 Passagiere,
1640 Besatzungsmitglieder; fährt
unter italienischer Flagge.
Umwelt: Auf der Toscana werden
Kreislaufwirtschaft und Recycling
gross geschrieben. Vorbildliche
Energieeffizienz: Dank Entsal-
zungsanlagen wird der Wasser-
Eines der grössten Kreuzfahrtschiffe der Welt:
Die Costa Toscana im Hafen von Savona. Auf
hoher See gibts Tiramisu aus der Gourmet-Küche.
bedarf aus dem Meer gedeckt.
Antrieb mehrheitlich mit Flüssig-
erdgas (LNG), das allerdings
wegen des massiven Methan-
ausstosses in die Kritik gerät.
Gastronomie: 21 Restaurants und
gastronomische Bereiche, vom
Fine-Dining-Tempel über Kinder-
restaurant bis Teppanyaki oder
Streetfood. 19 Bars.
Unterhaltung und Sport:
Shows im Colosseo, Disco,
Fitnessclub, Wellnesszone,
Aqua-Park, vier Schwimmbäder,
Kinderbespassung.
Routen: Aktuell kreuzt die Costa
Toscana ab Dubai bis Muscat
(Oman), um ab Ende März auf
die Standardsommerroute im
westlichen Mittelmeer zu
wechseln (ab Savona).
Infos: www.costakreuzfahrten.ch
ach
Ab n uver
Vanc
o
77
Darroze und Ángel León haben
die Menus kreiert; sie werden
von der Toscana-Brigade in ei-
ner speziellen Küche zubereitet.
Auf den Tisch kommen etwa
Perlhuhnbrust im Speckmantel,
gefüllt mit Bries in Butter-
schmalz, mit Senfglasur, Scho-
koladen-Rosmarin-Sauce und in
brauner Butter geröstetem Ro-
senkohl. Oder zum Dessert
Mousse aus gebratener Süss-
kartoffel und Orange, dazu Ko-
kosglacé und Planktonbaiser.
Costa lässt sich die Koopera-
tion mit den mitunter experi-
mentierfreudigen Kochstars viel
Geld kosten. Denn die Reederei
will auch ein gehobenes Publi-
kum auf den massentauglichen
Cruiseliner locken. Das spielt
Ulrike Soukop in die Karten. Die
Linzerin ist bei Costa zuständig
für die Märkte Schweiz und
Österreich. «Zu den Gästen, die
sich auf unseren neun Schiffen
gerne etwas gönnen, gehören
viele Schweizerinnen und
Schweizer», sagt sie.
Costa Kreuzfahrten duelliert
sich mit dem aus Neapel stam-
menden Mitbewerber MSC um
die Marktführerschaft in der
Schweiz. MSC bewegt mehr als
die doppelte Anzahl Cruiseliner
und hat vermutlich die Nase
vorn. Da ist es doch ein friedvol-
les Bild, das sich beim Untergang
der Sonne im Hafen von Mar-
seille zeigt: Längsseitig liegen die
Costa Toscana, das Schwester-
schiff Costa Smeralda und die
MSC Meraviglia vor Anker. Nur
die MSC Divina stört die Idylle
und läuft aus dem französischen
Hafen aus.
Die Reise wurde unterstützt
von Costa Kreuzfahrten.
78
Aussergewöhnliche Kreuzfahrten Wer einmalige Erlebnisse sucht, kommt auf diesen Routen bestimmt nicht zu kurz.
Brigitte Jurczyk
1 Ganz Südamerika
umrunden
Fort Lauderdale in Florida ist der
Startpunkt dieser Kreuzfahrt –
und gleichzeitig auch das End-
ziel. Dazwischen liegen 71 Tage,
in denen die Silver Ray ganz Süd-
amerika umrundet. Das neue
Schiff der Silversea-Flotte bringt
maximal 728 Gäste in die östli-
che Karibik und fährt auf dem
Amazonas bis nach Manaus. Es
läuft Städte wie Rio de Janeiro
oder Buenos Aires an, umrundet
Kap Horn, fährt an den Glet-
schern Patagoniens entlang bis
hinauf nach Valparaiso und
Lima. Dann durch den Panama-
kanal und zurück nach Florida.
www.silversea.com
2 Vom IJsselmeer zu
den Tulpenfeldern
Wenn Ende März die Tulpen blü-
hen, ist das ein ganz besonderes
Erlebnis. In Holland stehen nicht
nur Beete, sondern gleich riesi-
ge Felder im Farbenrausch. Dort-
hin segelt die Leafde fan Frysiân
und bringt eine Handvoll Passa-
giere via IJsselmeer in die Nähe
der berühmten Gartenanlage des
Keukenhofs mit 4,5 Millionen
Tulpenblüten. Der Viermast-
Schoner ist durch ein 14 Meter
langes Mittelstück ergänzt wor-
den. Jetzt hat er 20 komfortable
Kabinen für maximal 38 Passa-
giere. Bei der achttägigen Schiff-
und Veloreise steht auch ein
Sie ähnelt mehr einer grossen
Yacht denn einem Kreuzfahrt-
schiff. Nur maximal 228 Passa-
giere finden auf der Scenic
Eclipse Platz. Das macht das
168 Meter lange Schiff bestens ge-
eignet, um auch aussergewöhn-
liche Spots zu entdecken – etwa
auf der Reise in die Arktis. Dort
bringen Zodiacs, Kajaks oder
Paddle Boards die Passagiere
ganz nah an Gletscher, Eisberge
und Wale. Aber manchmal ver-
steckt sich das kleine oder gros-
se Wunder an Orten, die man nur
per Helikopter erreichen kann.
Gleich zwei dieser Fluggeräte
für maximal sechs Passagiere
führt die Luxusyacht mit und
lässt sie vom Deck 8 aus starten.
Es geht darum, die Gäste so nah
wie möglich an die Natur heran-
zubringen. Zu spektakulären
Fjorden, Vulkanlandschaften,
Vogelklippen und Eisbären. Ver-
borgenen Geheimnissen kom-
men die Abenteurer auch im
U-Boot auf die Spur, das eben-
falls auf der Discovery Yacht un-
tergebracht ist.
Der Umweltschutz spielt
eine grosse Rolle
Dank den Helikoptern und dem
U-Boot sind Scenic Eclipse und
Scenic Eclipse II weltweit die ein-
zigen Kreuzfahrtschiffe, die
solch besondere Naturerlebnis-
se ermöglichen. Gleichzeitig
spielt auch der Schutz der Um-
welt eine grosse Rolle. Glen
Moroney, Gründer und CEO von
Scenic Luxury Cruises & Tours:
«Klimaschutz und die Vermei-
dung von CO2-Ausstoss sind uns
ein grosses Anliegen. Wir haben
das Schiff deshalb mit moderns-
ter Technologie ausgestattet und
kompensieren bei den Helikop-
terflügen den CO2-Ausstoss. Das
Tauchboot wird elektrisch be-
trieben.» Moroney ist davon
überzeugt, dass die Schiffe von
Scenic Luxury Cruises & Tours in
Für Geniesser und Entdecker
1 2
4 5
Abstecher auf die Nordseeinsel
Texel auf dem Programm.
www.boatbiketours.de
3 Auf den Spuren von
Christoph Kolumbus
Ganze fünfzehn Tage kein Land
weit und breit. Dafür umgibt die
unendliche Weite des Atlantiks
die Sea Cloud Spirit und ihre Gäs-
te: Wie Christoph Kolumbus zum
Ende des 15. Jahrhunderts star-
nur gerade 228 Passagiere, dafür verfügt es über Helikopter
und U-Boot – ein Kreuzfahrt-Erlebnis der Extraklasse.se.
Die Natur hautnah erleben: Die Luxusyacht Scenic Eclipse ist gebaut für Fahrten durchs Polareis.
den nächsten Jahren mit einem
gewichtigen Anteil an Bio-Diesel
betankt werden können.
Übrigens begleitet ein bis
zu zwanzigköpfiges Discovery-
Reisen
ten auch sie in Gran Canaria und
segeln mit dem Windjammer auf
der historischen Route gen
St. Maarten in der Karibik. Ein-
mal quer über den Atlantik. Ein
Rendez-vous mit dem Wind. Über
3400 Seemeilen unter Segeln. Für
viele ein Once-in-a-lifetime-
Traum. Der luxuriöse, 138 Meter
lange Grosssegler bietet bis zu
136 Passagieren Platz. Weltweit
gib es nur gerade zwei Reederei-
Mit der Luxusyacht
von Norwegen nach Island
Scenic Eclipse Das Schiff bietet Platz für
Team die Gäste zu den Ausflü-
gen an Land. Spezialisten wie
Geologen und Ozeanologen er-
öffnen auch während der infor-
mativen Vorträge an Bord ganz
3 gel wandern und Inseldörfer
6
en, die Transatlantik-Törns mit
Drei- oder Viermastern anbieten.
www.seacloud.com
4 Wo Muskatnuss und
Gewürznelken wachsen
Exotisches Indonesien: Das In-
selreich galt im 16. und 17. Jahr-
hundert als Epizentrum des
weltweiten Gewürzhandels. Ge-
würznelken und Muskatnuss
wuchsen nur hier. Auf der 14-tä-
neue Welten. Die 18-tägige Ark-
tis-Reise an Bord der Scenic
Eclipse, die auch auf neun oder
zehn Tage verkürzt werden kann,
startet im norwegischen Trom-
gigen Reise vom australischen
Darwin durch die Inselwelt der
heutigen Molukken und des
Raja-Ampat-Archipels entdecken
die Gäste der Discovery Yacht
Scenic Eclipse eine faszinieren-
de Unterwasserwelt mit bunten
Korallengärten bei Tauch- oder
Schnorchelgängen oder im mit-
geführten U-Boot. Die Passagie-
re können über den Äquator
schwimmen, durch den Dschun-
sø. Das erste Ziel ist das Nordkap
an der nördlichen Spitze Norwe-
gens. Dann geht es nach Harstad
auf Norwegens grösster Insel
Hinnøya. Der Ort gilt als Tor zu
11. Februar 2024 | sonntagszeitung.ch
an weissen Stränden entdecken.
www.scenic.eu
5 Schwimmender
Konzertsaal
Hier sind nicht Route und Häfen
die Stars – sondern die hoch-
karätigen Sänger und Musiker.
Sie verwandeln die MS Europa
auf der achttägigen Reise von
Stockholm nach Hamburg in ei-
nen Konzertsaal. Anlass ist das
15. Ocean Sun – ein Kammer-
musik-Festival mit täglichen
Konzerten an Bord. Höhepunkt
ist ein Konzert an Land in einem
ganz besonderen Ambiente. Und:
Die Gäste des Luxusdampfers
können sich auch auf den per-
sönlichen Austausch mit den
Künstlern an Bord freuen.
www.hl-cruises.de
6 Drei Kontinente,
zwei Schiffe
Oceania Cruises schickt die Gäs-
te auf eine «ultimative Odyssee».
Sie beginnt mit einer 50-tägigen
Umrundung von Australien, In-
donesien und Neuseeland. Da-
nach fliegen die Passagiere nach
Südamerika, um Patagonien, die
Antarktis und die chilenischen
Fjorde zu entdecken. Diese bei-
den aussergewöhnlichen Kreuz-
fahrten mit zwei Schiffen sind
mit Überlandtouren verbunden.
Es gibt zwei Varianten: sechs
Tage in den Blue Mountains von
Australien oder in Patagonien.
de.oceaniacruises.com
den Lofoten und den Vesterålen.
Von hier aus steuert die Luxus-
yacht Island an, das sie in den
nächsten Tagen umrunden wird.
Zunächst läuft Scenic Eclipse
die Insel Grímsey an, ein kleines
Eiland nördlich von Island, das
von nur etwa hundert Menschen
und einer Million Seevögel be-
wohnt wird.
Weiter führt die Route nach
Húsavik, der Hauptstadt der Wale
in Nordisland. Mit Glück ent-
decken die Gäste hier bis zu
23 Arten dieser Säugetiere. High-
lights der Tour sind auch die be-
rühmten Brautschleierfälle und
die nördlichste Hauptstadt der
Welt – Reykjavík – mit der in der
Nähe liegenden Blauen Lagune.
Auf der Reise zurück ins norwe-
gische Tromsø warten der be-
rühmte Geiranger Fjord, der zum
Unesco-Weltnaturerbe gehört,
die Hafenstand Kristiansund und
die Fischerdörfer der Lofoten.
An den Seetagen freut man
sich darüber, das Schiff und den
Service an Bord zu geniessen: Die
Suiten mit Veranda (ab 32 Qua-
dratmetern) und persönlichem
Butler, den 550 Quadratmeter
grossen Spa, die beiden Pools
und bis zu zehn verschiedene
Gourmeterlebnisse. Diese sind,
genau wie Getränke und Exkur-
sionen, im Reisepreis inbegrif-
fen. Und da die Kreuzfahrt am
25. Juni startet, steht über dem
Schiff ein guter Stern. Mehr noch:
Die Sonne verabschiedet sich
nördlich des Polarkreises nicht
mehr in die Nacht, sondern
strahlt 24 Stunden vom Firma-
ment. Brigitte Jurczyk
Infos: Preis in der Veranda
Suite mit Doppelbelegung:
ab 11 722 Euro pro Person;
www.scenic.eu; Reisecode: 401 N
Eine Zusammenarbeit der
SonntagsZeitung mit Scenic
Luxury Cruises & Tours.
sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Markus Fässler
Behutsam gleitet die Excellence
Empress in eine der Schleusen. Wäh-
rend Wasserspiegel und Flussschiff
langsam sinken, tut sich Erstaunli-
ches auf dem Sonnendeck. Es ist kurz
nach sieben Uhr morgens an einem
Sommertag, und der Schleusenwär-
ter staunt: Mehr als ein Dutzend Pas-
sagiere sind damit beschäftigt, sich
zu strecken und zu recken. Auch der
Schreibende ist darunter und hat sei-
ne liebe Mühe, den Anweisungen von
Dorrit Türck zu folgen. Die Yoga-Leh-
rerin, Vegi-Rezeptentwicklerin und
Autorin des Kochbuches «Gmües»
begleitet als Expertin die Themen-
reise «Gesund & fit auf der Donau»
des Flussreisenspezialisten Reisebü-
ro Mittelthurgau. Die neuntägige
Flussfahrt führt neben Städten wie
Wien, Bratislava oder Budapest auch
Kochworkshops und morgendliche
Yoga-Stunden im Programm.
Im richtigen Moment atmen und
gleichzeitig versuchen, die vorgezeig-
ten Bewegungen elegant auszufüh-
ren, kann kurz nach dem Aufstehen
zur Herausforderung werden. Gut, ist
es erst die zweite von acht Yoga-Ses-
sions auf dem Fluss – genügend Zeit
also, die Abläufe zu verinnerlichen.
Mittlerweile ist die Empress in der
Schleuse schon einige Meter weiter
unten. Links und rechts werden die
Mauern immer mächtiger und sor-
gen dafür, dass sich langsam Schat-
ten und eine angenehme Kühle über
dem Sonnendeck ausbreiten. Genau
richtig für die Entspannungsübung.
Auf dem Rücken liegend schweift der
Blick zum blauen Himmel. Vereinzelt
huschen Wolken vorbei. Begleitet
wird alles von entspannender Musik
aus einem portablen Lautsprecher
und den beruhigenden Worten von
Dorrit Türck, die auf den bevorste-
henden Tag einstimmen. Stress oder
Sorgen sind in solchen Momenten
ganz weit weg.
Eine eh schon beruhigende Fahrt
auf dem Fluss, kombiniert mit Yoga
– Ist das gar zu viel des Guten und
eine Überdosis an Entspannung? Die
weiteren Tage auf der 135 Meter lan-
gen Excellence Empress mit 89 Kabi-
nen und Platz für 178 Passagiere wer-
den es zeigen.
Die morgendliche Aktivität
hat sich herumgesprochen
Ein paar Tage später präsentiert sich
die Umgebung während der Yoga-
Stunde komplett anders als bei der
zweiten Lektion in der Schleuse. Das
Schiff hat am Anleger Reichsbrücke
in Wien festgemacht. Die Skyline der
Donau City mit dem 220 Meter ho-
hen DC Tower grüsst, der Puls der
österreichischen Hauptstadt ist früh-
morgens zu spüren. Entlang der Do-
nau sind Joggerinnen und Jogger un-
terwegs, im Outdoor-Trainingspark
auf dem Quai werden Muskeln ge-
stählt. Oben auf dem Sonnendeck
dreht sich derweil alles um den
Hund, den Krieger oder die Kobra –
allseits bekannte Yoga-Stellungen,
auch Asanas genannt. Und noch et-
was ist anders: Die Gruppe ist ge-
wachsen. Die morgendliche Aktivi-
tät hat sich auf dem Schiff herumge-
sprochen und einige Mitreisende
nutzen die Gelegenheit, Yoga auszu-
probieren – auch der Männeranteil
ist höher als zu Beginn.
In Wien steht neben Yoga auch ein
Ausflug zum berühmten Naschmarkt
auf dem Programm. Das kulinarische
Zentrum der österreichischen Haupt-
stadt bildet eine Oase inmitten des
Grossstadtdschungels. Links und
rechts brausen die Autos und Last-
wagen vorbei, dazwischen erstreckt
sich der Naschmarkt mit über hun-
dert Ständen und Lokalen wie eine
eigene kleine Welt voller Farben, Aro-
men und Köstlichkeiten.
«Auf dem Naschmarkt muss man
naschen», sagt ein Verkäufer und hält
einen Teller mit tiefgrünen, gefüllten
Oliven hin. Zusammen mit einer
Gruppe Passagiere steuert Dorrit
Türck, die über zehn Jahre lang die
Hiltl Akademie leitete, durch den
Naschmarkt. Am Gewürzstand, wo
sich feine Pülverchen gut verpackt
und in allerlei Farben stapeln, fühlt
sie sich besonders wohl. Denn auf der
Reisen
Sonnengruss auf
dem Sonnendeck
Flusskreuzfahrt Themenreisen sind gefragt.
Unser Autor fuhr mit der Excellence Empress des
Reisebüros Mittelthurgau auf der Donau – besuchte
morgendliche Yoga-Sessions und naschte
und kochte in der Gruppe.
Aus Fremden ist eine Gemeinschaft entstanden: Yoga-Session, Marktbesuch und gemeinsames Kochen und Essen.
Reise gibt sie Workshops zu Gewür-
Themen-Flussreisen zen und Themen wie «So wird das
Gemüse zum Star auf dem Teller».
«Gesund & fit auf der Donau» mit Dorrit
Türck findet vom 9. bis zum 17. August Es wird geschnitten, geraffelt,
2024 statt. Die Reise führt ab/bis gerührt und gelacht
Passau nach Wien, Linz, Budapest, Die eingekauften Gewürze kommen
Bratislava und Krems und kostet ab nicht nur während des Workshops
1895 Fr. p. P. in der Doppelkabine. zum Einsatz. Sie finden auch gegen
Die Palette an Themen-Flussreisen Ende der Reise Verwendung. Quasi
wird laufend ausgebaut. Derzeit sind als Abschluss kocht die Gruppe ge-
neun Excellence-Flussschiffe für das meinsam. Sie versammelt sich im
Reisebüro Mittelthurgau unterwegs. Im lichtdurchfluteten Restaurant Wer-
Katalog «Themen 2024» finden sich nis am Heck des Schiffes. Während
Reisen zu Interessensgebieten wie sich die Sonne langsam über der Do-
«Feine Küche», «Gute Bücher», «Edle nau senkt, wird drinnen geschnitten,
Whiskeys» oder «Natur». Über siebzig geraffelt, gerührt und gelacht. Aus ei-
Fachleute teilen an Bord und an Land ner Ansammlung Fremder ist gerade
ihr Wissen mit den Passagieren. auch durch die Yoga-Stunden und die
www.mittelthurgau.ch Workshops eine kleine Gemeinschaft
entstanden. Das sieht auch Dorrit
Türck so: «Alle waren sehr aufge-
schlossen und interessiert. Als Lehre-
rin ist man ja immer auch Schülerin,
und ich habe viel Neues gelernt.»
Ein paar Stunden und Schweiss-
tropfen später ist alles angerichtet:
Zur Vorspeise gibts geröstete Kräuter-
Kichererbsen mit mediterranen Brot-
sticks, gefolgt von Randen-Risotto
und dem Dessert Fenchel-Zitronen-
kuchen. Ein Blick in die Runde zeigt
zufriedene Gesichter und bestärkt die
Gewissheit, dass Yoga während Fluss-
reisen ein Gewinn ist und es so etwas
wie eine Überdosis an Entspannung
nicht gibt.
Die Reise wurde unterstützt
vom Reisebüro Mittelthurgau.
79
Für jeden Typ
die richtige Reise
Wer sich an Bord eines Expediti-
onsschiffes in unbekannte Gefil-
de vorwagen will, findet im neu-
en Katalog «Terra Incognita» von
Kuoni Cruises eine grosse Aus-
wahl an Kreuzfahrten. Im Port-
folio sind nicht nur die Angebo-
te der bekannten Reedereien wie
Hapag-Lloyd Cruises, sondern
auch Kreuzfahrten von Albatros,
Hurtigruten, Aurora oder Quark
Expeditions. Schwerpunkte: po-
lare Gebiete wie die Antarktis und
Arktis, aber auch exotische
Reviere wie die Südsee oder das
Amazonasgebiet. Hilfreich bei
der Suche ist der neue Expediti-
onsfinder: Für Typen wie «sport-
liche Abenteurer», «luxuriöse
Geniesser» oder «Wissbegierige»
gibt es die passenden Reisen.
www.kuoni-cruises.ch
Die Spezialisten
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dem Wasser
Seit mehr als fünfzig Jahren ist
Delphi Reisen Spezialist für
Erlebnis-, Expeditions- und Ge-
nussreisen auf Flüssen und Welt-
meeren. Die Palette reicht von
Kreuzfahrtschiffen auf dem Fluss
und Cruiselinern auf den Ozea-
nen bis zu exklusiven Expediti-
onsdampfern. Aquatravel hat sich
in seiner 25-jährigen Geschichte
auf die Vermittlung von Haus-
bootferien in ganz Europa spezi-
alisiert. Ohne Bootsführerschein
kann man das schwimmende Fe-
rienhaus auf Kanälen und Flüs-
sen lenken. Die beiden Unterneh-
men ergänzen sich bei ihrer An-
gebotspalette und garantieren für
eine umfassende Beratung vor,
während und nach der Reise.
www.delphitravel.ch; www.aquatravel.ch
Exklusiver Trip
in den Norden
Island und Schottland gehören
zu den beliebtesten Destinatio-
nen von Nordlandfans, die Färö-
er-Inseln gelten als Geheimtipp.
Kontiki verbindet diese drei Zie-
le mit einer Spezial-Seereise vom
5. bis 16. September 2024. Nach
dem Flug Zürich–Reykjavík und
einem Landprogramm in Island
schiffen die Teilnehmenden auf
dem Expeditionsdampfer MS
Hondius ein. Einem Tag auf See
und dem Aufenthalt auf den Fä-
röern folgt die Reise nach Shet-
land und zu den Orkney Inseln.
Die Reise endet in Edinburgh, wo
es mit Edelweiss zurück nach Zü-
rich geht. Das Programm des von
Kontiki exklusiv angebotenen
Trips verspricht Zodiacfahrten,
spannende Landausflüge und
Wanderungen. www.kontiki.ch
Katalog mit
neuen Schiffen
Dieses Jahr stechen besonders
viele neue Kreuzfahrtschiffe in
See. Grosse Aufmerksamkeit wird
der Queen Anne geschenkt, die
am 3. Juni in Liverpool getauft
wird und dann in Nordeuropa
kreuzt. Das neuste Flottenmit-
glied von Cunard nimmt den ge-
bührenden Platz ein im neuen
Kreuzfahrten-Katalog von Hotel-
plan, der im März in frischer Auf-
machung erscheint. Ebenfalls im
Angebot: die Icon of the Seas, das
grösste Kreuzfahrtschiff der Welt,
und andere Neulinge wie die Sun
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sonntagszeitung.ch | 11. Februar 2024
Ein Flusskreuzfahrtschiff für Anspruchsvolle
Flaggschiff Mit der MS Thurgau Gold nach Amsterdam. Passagiere geniessen an Bord und an Land viel Auslauf.
Christoph Ammann (Text) und
Jacqueline Vinzelberg (Fotos)
Flink wandern Bier-Harrassen,
Ketchup-Flaschen-Gebinde, Pa-
kete mit WC-Papier und Kartof-
felsäcke über die MS Amalucia
zum Vorderdeck der steuerbord
liegenden MS Thurgau Gold im
Hafen von Amsterdam. In der Ko-
lonne werden die Vorräte von
Mann zu Mann, von Frau zu Frau
gereicht. 18 Crewmitglieder bil-
den ein gutgelauntes Förder-
band, bestaunt von den Passa-
gieren, die es sich im Aussen-
bereich vor dem Panorama-
Salon gemütlich gemacht haben.
Nach vierzig Minuten sind die
Vorratskammern im Bauch des
Flusskreuzfahrtschiffes gefüllt.
Kellner und Köche, Stewardessen
und Matrosen kehren auf ihre
angestammten Posten zurück.
Zsolt Horvath ist der Hotel-
manager auf dem Flaggschiff der
Thurgau-Travel-Flotte und zu-
ständig für den reibungslosen
Betrieb an Bord. «Viele Mitarbei-
tende sind schon sehr lange auf
dem Fluss unterwegs», sagt der
40-Jährige. Er selbst arbeitet seit
zwei Jahrzehnten in der Branche,
diente sich vom Aushilfskellner
zum Hotelmanager hoch. Abge-
sehen von der Kreuzfahrtleiterin
und der nautischen Besatzung,
den Kapitänen, Matrosen und In-
genieuren, untersteht Zsolt die
ganze Crew.
Der gut Deutsch sprechende
Ungar, der wie andere Crew-Mit-
glieder vom Schwesterschiff An-
tonio Bellucci zur Gold stiess,
übersieht kein Detail. Schon um
acht Uhr dreht er seine Runden,
beaufsichtigt den Mittagsservice
und begrüsst am Abend beim
Hauptrestaurant die Passagiere
persönlich. «Später wechsle ich
in die Küche und kontrolliere je-
den Teller des Hauptgangs», er-
zählt Horvath. Eine kurze Schicht
im Büro beschliesst einen Ar-
beitstag, der schon mal 14 Stun-
den dauern kann.
Die Thurgau Gold, die ihre
Jungfernfahrt im Juli 2023 absol-
vierte, war von niederländischen
Ingenieuren als Kreuzfahrtschiff
der neusten Generation gebaut
worden, mit viel Freiraum für die
Passagiere und grossem Kom-
fort. Die Gold gehört der in Basel
domizilierten Reederei River
Advice. Der Branchenriese stellt
auch die 42-köpfige Crew und
sorgt für das Catering.
Ein verjüngtes Publikum
aufs Wasser locken
Der Reiseveranstalter Thurgau
Travel aus Weinfelden arbeitete
bei der Konzeption mit und char-
terte das Schiff für mehrere Jahre.
Das Ziel: ein Flussdampfer im
Premium-Segment, der ein et-
was verjüngtes Publikum aufs
Wasser lockt. «Das Zauberwort
heisst Flexibilität», sagt Sonja
Vock. Die Ostschweizerin verant-
wortet bei Thurgau Travel das
Produkt an Bord. Was auffällt:
Das Design des neuen Flagg-
schiffes kommt modern und
ohne überflüssigen Schnick-
schnack daher. Erdfarben und
maritimes Blau dominieren.
Der Sockel des Reception-Tre-
sens oder die Glocke auf dem
Sonnendeck glänzen golden. Bo-
dentiefe Panoramafenster in den
öffentlichen Räumen und in den
überlegt gestalteten Kabinen
sorgen für Licht. Raffiniert die
Sitznischen im Panorama-Salon
oder der an Schiffsplanken erin-
nernde Boden auf dem riesigen
Sonnendeck, das sich in segel-
überdachte Sitzgruppen und in
Liegebereiche gliedert. Das Steu-
Mit der MS Thurgau Gold von Basel nach Amsterdam: Die 87 Kabinen, viele mit Panoramafenstern, sind modern und stilvoll
eingerichtet; im Panorama-Salon, im Hauptrestaurant und in der Brasserie werden exquisite Gerichte und Getränke serviert.
Die MS Thurgau Gold
Schiff: Es ist 135 Meter lang und sechs Meter hoch.
Auf drei Decks befinden sich 87 Passagierkabinen.
Annehmlichkeiten wie ein Whirlpool auf dem Sonnen-
deck, eine kleine Wellnesszone und die elegante
Panorama-Bar unterstreichen den Fünfstern-Charak-
ter. Nach Einschätzung von Thurgau Travel ist die
Gold derzeit Europas nachhaltigstes Flusskreuzfahrt-
schiff, etwa dank energieeffizienten Maschinen,
einem ausgeklügelten Katalysatorsystem, Wärme-
rückgewinnung und Solarpanels in der Reling. Die
meisten Kabinen sind 16 Quadratmeter gross,
eingerichtet mit grossflächigen Panoramafenstern.
Reisen
Hotelmanager Zsolt Horvath
(oben) und Restaurantchef
Mohamed Tony verwöhnen
die Passagiere in der
Brasserie am Heck.
Links: Die berühmten
Windmühlen von Kinderdijk.
erhaus des Kapitäns lässt sich
beim Passieren niedriger Brü-
cken per Knopfdruck absenken.
Crew: Die 42 köpfige Besatzung stammt aus Die Aussenbereiche, die Bras-
14 Ländern, von Indonesien über Kirgistan bis Kenia. serie im Heck und der Panora-
Essen: Opulentes Frühstücksbuffet im Haupt- ma-Salon bieten genügend Aus-
restaurant, hier werden auch Lunch und Dinner lauf für die maximal 184 Passa-
serviert. Alternativen in der Brasserie d’Or oder giere. Sehr durchlässig ist auch
privates, vegetarisches Dinner im Panorama-Salon. das kulinarische Konzept auf der
Routen: Ab 23. März läuft die Thurgau Gold meist Gold: Die Passagiere müssen sich
ab Basel zu Reisen zwischen drei und 15 Tagen aus, nicht schon nach dem Zmorge-
etwa auf dem Rhein nach Flandern, Holland und gipfeli auf das Abendmenü im
Friesland, auf Rhein, Main und Mosel und im Oktober Hauptrestaurant festlegen. Nur
auf der Donau bis Linz. Diverse Themenkreuzfahrten. wer in einem der beiden Outlets
Infos: www.thurgautravel.ch oder Tel. 0800 626 550 speisen möchte, sollte sich an-
81
melden. In der Brasserie am Heck
wird zu Edith-Piaf-Klängen El-
sässer Zwiebelsuppe und Boef
Bourguignon serviert, in der Pa-
norama-Lounge vegetarische
Küche. Thurgau Travel arbeitet
mit dem Kochbuchautor Pascal
Haag zusammen, seine «würzi-
ge Gemüseküche» reüssierte
nicht auf Anhieb bei allen Passa-
gieren, die sich für das vegetari-
sche Experiment im Outlet ent-
schieden hatten. «Wir werden
nachbessern und die Köche wei-
ter schulen», verspricht Sonja
Vock. Das Gros des eher gesetz-
ten Publikums will offenbar
abends keine kulinarischen Al-
ternativen und bleibt dem Mehr-
gänger im Hauptrestaurant treu.
Nicht so über Mittag: Thurgau
Travel hat zu Corona-Zeiten auf
allen Schiffen den unkomplizier-
ten «Light Lunch» als Alternati-
ve zum servierten Mittagessen
eingeführt. Auf der Gold bedient
sich fast die Hälfte der Gäste
jeweils am Buffet mit Salat, Sup-
pe und Pasta.
High Tea statt tägliche
Kuchenstunde
Auf dem Flaggschiff gibt es über-
dies neu keine tägliche Kuchen-
stunde am Nachmittag mehr.
«Dafür inszenieren wir einmal
pro Woche einen High Tea nach
englischer Art», sagt Sonja Vock.
Natürlich bietet ein Flussschiff
nicht die Möglichkeiten und das
Unterhaltungsprogramm eines
grossen Cruiseliners. Dafür legt
das Flussschiff auf der Reise von
Basel nach Amsterdam und zu-
rück nicht in trostlosen Indu-
striehäfen, sondern mitten in der
Stadt an: in Speyer im Schatten
des berühmten Doms, in Köln vor
der Hohenzollernbrücke, die so
manchem düsteren Krimi als Ku-
lisse diente.
Eine muntere Führerin steht
am Quai bereit und lotst die Pas-
sagiere in drei Brauhäuser, wo
sie etwas brachial mit der Kölsch-
Kultur vertraut gemacht werden
und dem Köbes, den kurzange-
bundenen Kellner, begegnen, der
Zwei-Dezi-Gläser mit dem lecke-
ren Gerstensaft reicht.
Beim nächsten Halt in Dord-
recht, 15 Kilometer südlich von
Rotterdam, warten die Ausflugs-
busse. Sie bringen die Passagie-
re zu den Windmühlen von Kin-
derdijk. 10 000 Windmühlen gab
es einst in den Niederlanden,
heute sind es noch 1260. 19 ste-
hen in Kinderdijk. Das Ensemb-
le verkörpert nicht nur Unesco-
Weltkulturerbe, sondern erfüllt
auch eine für Alpenländer eher
ungewohnte Funktion: Die Müh-
len mahlen kein Korn, sie pum-
pen Wasser aus dem Polder, dem
unter dem Meeresspiegel liegen-
den Landwirtschaftsland. Je acht
Mühlen aus Backstein oder Holz
thronen in Reih und Glied und
schaufeln Wasser in den Kanal
Niuwe Waterschap. Die vierflü-
geligen Windräder lassen sich
nach Windrichtung einstellen,
und eine der Windmühlen dient
als Museum, in dem man die aus
dem 18. Jahrhundert stammen-
de Technik bewundern kann.
Hunderte von Touristen strö-
men übers Gelände, drängen sich
im engen Infocenter oder am
Glacestand. Welche Wohltat, aufs
Schiff zurückzukehren und vom
Sonnendeck aus entspannt die
flunderflache Landschaft vorbei-
ziehen zu lassen. Oder den Kapi-
tän zu beobachten, wie er die
Gold zentimetergenau in die
Schleusen manövriert.
Die Reise wurde unterstützt
von Thurgau Travel.
EXCELLENCE NERA
Neuheit 12 Tage ab Fr. 4395
2024 Reisedaten 2024
Route 1, Dubrovnik – Kotor – Opatija,
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• Ausflugspaket, 10 Ausflüge
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• Excellence-Kreuzfahrtleitung
Zuschläge
• Alleinbenützung
2-Bett-Kabine auf Anfrage
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Lower Deck auf Anfrage
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Was Sie noch wissen müssen
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mit der Excellence Nera
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Adria, hinein ins grüne Istrien in der Kvarner Bucht, durch
fjordähnliche Inselwelten in einer der schönsten Regionen
des Mittelmeers. Dazu: die Magie der märchenhaften
Bucht von Kotor.

Route 1 Dubrovnik – Kotor – Opatija Tag 8 Primošten ˃ (Krka) ˃ Šibenik

Excellence Nera –
Yachtkreuzfahrt
Nicht mehr als 39 Gäste
geniessen das Privileg auf
dieser prächtigen Yacht
durchs grosse Adria-Blau zu
cruisen. Die Excellence Nera
legt auch an kleinsten Häfen
und Anlegern an – fernab
von den grossen Touristen-
strömen. Freuen Sie sich auf
höchsten Komfort und viel
Raum. An Bord herrscht eine
stilvolle und zugleich unge-
zwungen- familiäre Atmo-
sphäre. Aus der Bordküche
werden Sie verwöhnt mit der
köstlichen Küche Kroatiens.
Tag 1 Zürich ˃ Dubrovnik
Flug nach Dubrovnik, Transfer. (A)
Tag 2 Dubrovnik
Altstadtrundgang* in Dubrovnik. (F/A)
Tag 3 Dubrovnik ˃ Kotor
Fahrt durch die wunderschöne Bucht von
Kotor und Altstadtführung*. (F/M)
Tag 4 Kotor ˃ Šipan
Verweilen Sie an Bord, während Ihr Schiff
durch die Mittelmeerwelt kreuzt. (F/M)
Tag 5 Šipan ˃ Mljet ˃ Korčula
Besichtigung* Nationalpark Mljet. (F/M).
Tag 6 Korčula ˃ Vis
Stolz erhebt sich die Stadt Korčula mit
ihren venezianischen Mauern aus dem
Meer. Führung*. (F/M)
Tag 7 Vis ˃ Bisevo ˃ Primošten
Erleben Sie ein Naturschauspiel aus Was-
ser und Licht in der Blauen Grotte*. (F/M)
Exkursion* in den Nationalpark Krka, mit
seinen sieben Wasserfällen. (F/A)
Tag 9 Šibenik ˃ Zadar
Spaziergang* durch Zadar. (F/M)
Tag 10 Zadar ˃ Rab Ihre Route
Ausflug* zur Naturwunderwelt Plitvicer
Seen, ein UNESCO-Weltnaturerbe. (F/A)
Tag 11 Rab ˃ Krk
Rundgang* in Rab und Degustation der
Raber Torte. Nachmittags Führung* Krk
und Weindegustation in Vrbnik. (F/M)
Tag 12 Opatija ˃ Zagreb ˃ Zürich
Check-Out, Transfer/Rückflug. (F)
Route 2 Opatija – Kotor – Dubrovnik
Reise in umgekehrter Richtung.
Mehr zu dieser Reise & Buchung
*Ausflugspaket inklusive
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