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COP27

Darum geht es bei der UN-Klimakonferenz

In Ägypten hat der Weltklimagipfel der Vereinten Nationen begonnen. Über


welche Themen wird verhandelt und ab wann ist die COP27 ein Erfolg?

Ein Überblick

Von Viola Kiel und Ricarda Richter, 7. November 2022, 5:28 Uhr

In Scharm al-Scheich am Roten Meer findet die 27. Weltklimakonferenz statt.


197 Staaten sind daran beteiligt, vertreten von zehntausenden
Gipfelteilnehmerinnen und -teilnehmern. Verhandelt wird bis zum 18.
November über gewaltige Transformationen, über technische Details und,
natürlich, über Geld. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur COP haben wir
hier gesammelt.

Was bedeutet COP27?


Die Abkürzung COP kommt vom Begriff Conference of the Parties, also
Konferenz der Vertragsstaaten. Einmal im Jahr treffen sich die Staaten, die vor
30 Jahren die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) unterzeichnet haben,
zum größten und wichtigsten klimapolitischen Gipfel der Welt. Die erste
Weltklimakonferenz, die COP1, fand 1995 in Berlin statt. 26 Konferenzen später
trifft sich die Weltgemeinschaft in Ägypten, zur COP27.

Worum geht es diesmal?


Grundsätzlich geht es auf den Klimakonferenzen darum, die Erwärmung der
Erde aufzuhalten und dafür die Treibhausgasemissionen zu senken. Seit ein paar
Jahren spielt aber auch die Anpassung an die Folgen der Klimakrise eine immer
größere Rolle. "Die vor uns liegende Arbeit ist gewaltig", sagte der UN-
Generalsekretär António Guterres kürzlich. "So gewaltig wie die Auswirkungen
des Klimawandels, die wir auf der ganzen Welt sehen." Auf jeder Konferenz
werden einzelne Puzzleteile dieser Aufgabe verhandelt.
Die COP27 wurde als Konferenz der "Implementation" angekündigt, als Gipfel
der Umsetzung. Die internationale Staatengemeinschaft solle Regeln und
Mechanismen entwickeln, wie die Versprechen vergangener Konferenzen
realisiert werden können. Auf Worte sollen Taten folgen, aus Vereinbarungen
und Zusagen Projekte und Programme werden, heißt es auf der Seite der
Gastgeber. Allerdings warben im Vorfeld des Gipfels viele Staaten dafür, das
Thema Geld in den Mittelpunkt zu stellen. Gerade die Länder, die schon heute
massiv unter den Auswirkungen der Erderwärmung leiden, warten seit Jahren
auf finanzielle Mittel für Klimaschutz und Anpassung und auf
Ausgleichszahlungen für Loss and Damage.
Was ist mit "Loss and Damage" gemeint?
Loss and Damage – also Verluste und Schäden – benennt die Tatsache, dass die
Klimakrise in vielen Staaten Zerstörung anrichtet, die teilweise nicht wieder
rückgängig gemacht werden kann. Dazu gehören die Folgen von
Extremwetterereignissen wie Stürmen oder Überflutungen oder der Verlust von
Staatsfläche durch den Anstieg des Meeresspiegels. Am stärksten sind davon
häufig Menschen betroffen, deren Lebensweise besonders wenig zu den globalen
Emissionen beiträgt.
Bei Verhandlungen zu Loss and Damage geht es deshalb vor allem um eine Art
Schadenersatz der Industriestaaten an ärmere Länder, um diese Schäden
zumindest finanziell auszugleichen. Die Staaten sprechen schon seit den
Neunzigerjahren darüber – aber eine Regelung gab es nie. Bei dieser COP könnte
sich das ändern. Seit Monaten fordern die vulnerabelsten Länder, in Scharm al-
Scheich formelle Regeln und einen zeitlichen Rahmen festzulegen, wie die
Finanzierung von Loss and Damage aussehen soll. Diese Frage gilt als eine der
zentralsten der Konferenz. Nur ein Land hat bereits vor dem Gipfel Geld für
Verluste und Schäden zugesagt: Dänemark kündigte an, 100 Millionen Dänische
Kronen (13,5 Millionen Euro) Kompensationen zu zahlen – unter anderem zur
Unterstützung von Versicherungen in ärmeren Ländern.

Was ist das Problem bei der Klimafinanzierung?


Die Klimakrise kostet viel Geld – und mit jedem Zehntelgrad Erwärmung wird
sie teurer. Bereits 2009 sagten die Industriestaaten zu, ärmeren Ländern ab 2020
jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung von Klimaschutz- und
Anpassungsmaßnahmen bereitzustellen. Doch dieses Versprechen hielten sie
nicht ein. 2020 kamen lediglich 83,3 Milliarden Euro zusammen. Aktuelle
Zahlen liegen nicht vor, aber alles deutet darauf hin, dass die Summe seitdem
eher noch geschrumpft ist. Auch wenn das Ziel im nächsten Jahr nun tatsächlich
erreicht werden soll – ab 2025 muss die Summe bereits deutlich steigen. Allein
für die Anpassung an die Klimafolgen, also beispielsweise für Dämme gegen
Überflutungen oder für Frühwarnsysteme, werden der UNO zufolge ab 2030
bereits bis zu 300 Milliarden US-Dollar jährlich benötigt. Auf der COP27 wird
deshalb über ein neues Finanzierungsziel ab 2025 diskutiert, das sich am
tatsächlichen Bedarf des Globalen Südens orientieren soll. Eine Einigung wird
von den Verhandelnden jedoch erst nächstes Jahr auf der COP28 erwartet.

Welchen Einfluss hat das Gastgeberland Ägypten?


Der Chefverhandler von Ägypten, Mohamed Nasr, versteht sein Land als Brücke
zwischen Norden und Süden. Und stärker als bei vorangegangenen Gipfeln
werden auf dieser Konferenz die Anliegen von Staaten aus dem Globalen Süden
in den Vordergrund treten – die COP27 wird auch als "African COP" bezeichnet.
Zuletzt fand die UN-Klimakonferenz 2016 auf dem afrikanischen Kontinent
statt, damals in Marrakesch. Für Ägypten bietet die Austragung der Konferenz
auch die Chance, sich als Land mit Klimaschutzambitionen zu präsentieren.
Bislang gehört es zu den größten Exporteuren von fossilem Erdgas in Afrika.
Kritik daran, dass Ägypten die UN-Klimakonferenz ausrichtet, gibt es vor allem
unter Verweis auf die Menschenrechtslage. Nach Schätzungen des Arabic
Network for Human Rights Information werden in Ägypten derzeit mindestens
65.000 politische Gefangene festgehalten. Amnesty International weist darauf
hin, dass das Land weltweit an dritter Stelle steht, was die Zahl der
Hinrichtungen betrifft. Ob eine erfolgreiche Konferenz unter einem so
repressiven Regime möglich ist, erscheint einigen Beobachterinnen und
Experten fraglich. Proteste sollen während des Gipfels nur in ausgewiesenen
Bereichen des Konferenzgeländes für registrierte Teilnehmerinnen und
Teilnehmer erlaubt sein.

Ab wann kann die COP27 als Erfolg gelten?


Anders als bei manch früherer COP gibt es in Scharm al-Scheich keine klar
formulierten, konkreten Ziele, die am Ende der Verhandlungen stehen sollen.
Unklar ist auch, ob es überhaupt ein gemeinsames Abschlussdokument geben
wird. Selbst wenn die Verhandelnden bei der Frage der Finanzierung Fortschritte
erzielen, wird es nicht so leicht sein, das als Erfolg zu vermitteln. Sollten die
Industrienationen keine substanziellen Zusagen beim Thema Loss and
Damage machen, werden viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer die COP27 als
gescheitert betrachten. Der UN-Generalsekretär Guterres sagte dazu: Konkrete
Ergebnisse in Bezug auf Loss and Damage seien entscheidend, um das
Vertrauen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern wiederherzustellen. Sie
seien "ein Lackmustest" des Gipfels.

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