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Vorwort........................................................................................................ 2
Weltklimakonferenz COP23.......................................................................... 3
Klimamodelle............................................................................................... 8
Temperatur.......................................................................................... 14
Niederschlag........................................................................................ 20
Sonnenschein....................................................................................... 26
Meeresspiegel...................................................................................... 28
Phänologie........................................................................................... 30
Extremereignisse....................................................................................... 32
Begriffskompass Klima............................................................................... 40
Impressum................................................................................................. 42
1
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
Der Klimawandel stellt für nahezu jeden von uns eine große Herausfor-
derung dar. Sei es beispielsweise für Sie in Form vermehrt auftretender
Tage mit Hitzebelastung oder für den Landwirt in Form häufiger vorkom-
mender extremer Witterungsereignisse.
Der internationale Rahmen für den Umgang mit dem Klimawandel wurde
auf der Weltklimakonferenz COP21 in Paris festgelegt. Hier wurden Ziele
definiert, die nun umgesetzt werden müssen. Eine Voraussetzung für die
Umsetzung dieser Ziele ist ein detailliertes Verständnis des aktuellen
Standes.
Der Nationale Klimareport fasst das bekannte Wissen über das Klima
von gestern, heute und morgen in Deutschland kurz und knapp zusam-
men. Er soll Ihnen als Leser die Möglichkeit geben, sich einen fundierten
Überblick zum Klimawandel zu verschaffen. Der Nationale Klimareport
stellt damit für Sie eine wesentliche Wissensgrundlage für eine erfolgrei-
che Anpassung an den Klimawandel bereit.
2
Die internationale Zusammenarbeit zum
Schutz und zur Erforschung des Klimas
Im November 2017 wird in Bonn die von den Vereinten Nationen organisierte 23. Vertragsstaa-
tenkonferenz (englisch: 23rd Conference of the Parties – COP23) der UN Klimarahmenkonvention
(UNFCCC) unter der Präsidentschaft der Fidschi-Inseln stattfinden. Diese, wie auch die vorange-
gangene Weltklimakonferenz in Marrakesch im Jahr 2016, wird sich mit den Umsetzungen der von
der Pariser Klimaschutzkonferenz (COP21) im Dezember 2015 vereinbarten Anstrengungen zum
Schutz des Klimas befassen. Während der COP21 gelang ein entscheidender Durchbruch, indem
sich 195 Länder erstmals auf ein allgemeines, rechtsverbindliches weltweites Klimaschutzüberein-
kommen geeinigt haben. Es umfasst einen globalen Aktionsplan, der die Erderwärmung auf deutlich
unter 2 °C, möglichst 1,5 °C, begrenzen soll, um die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen.
Durch den derzeit angekündigten Ausstieg der USA aus diesem internationalen Abkommen werden
die Ergebnisse der COP23 mit großer Spannung erwartet.
Die wissenschaftliche Basis des Paris-Abkommens stellte der im Jahr 2013/2014 erschienene Fünfte
Sachstandsbericht des Weltklimarates (englisch: Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC)
dar. Der IPCC wurde vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisati-
on für Meteorologie (WMO) gegründet und ist sowohl ein zwischenstaatlicher Ausschuss als auch ein
wissenschaftliches Gremium. Er forscht nicht selbst, sondern trägt die wissenschaftlichen Veröffent-
lichungen zahlreicher Experten zusammen. Der Bericht des IPCC beschreibt mögliche Entwicklun-
gen des Klimas auf der Erde und deren Auswirkungen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts und ver-
deutlicht, dass ohne Reduktion der Emission von Treibhausgasen das Klima der Erde und in der Folge
deren Erscheinungsbild sich sehr wahrscheinlich wesentlich von dem heutigen unterscheiden wird.
Die Klimaforschung spielt weltweit, in Europa und in Deutschland eine wichtige gesellschaftliche
Rolle. Sie widmet sich im Schwerpunkt nicht nur der Erarbeitung der naturwissenschaftlichen
Grundlagen des Klimawandels, der Konzeption von Klimamodellen und der Durchführung von
globalen, regionalen und lokalen Klimasimulationen, sondern auch dem Ergründen von Auswir-
kungen und der Identifizierung von möglichen Maßnahmen zur Reduzierung der Erwärmung und
Anpassung an den Klimawandel.
Auf internationaler Ebene finden zurzeit die Vorbereitungen zum Sechsten Sachstandsbericht des
IPCC statt, der bis zum Jahr 2022 veröffentlicht werden soll. Die neuesten wissenschaftlichen Er-
kenntnisse auf der Grundlage von Klimasimulationen werden darin Berücksichtigung finden.
3
Immer in Bewegung:
Wetter und Klima in Deutschland
Das Wetter mit all seinen Erscheinungen prägt unser Leben. Es beein-
flusst unsere tägliche Auswahl der Kleidung, aber auch die für Wirtschaft
und Gesellschaft notwendige Infrastruktur. Mit der durch den Menschen
verursachten Erhöhung der Treibhausgaskonzentrationen und den Ände-
rungen der Landnutzung ändern sich unser Wetter und Klima. Die fol-
genden Seiten geben einen Überblick über die klimatischen Verhältnisse
in der Vergangenheit und über zukünftige Entwicklungen in Deutschland.
Vom kurzfristigen Wechsel zur langfristigen Änderung: einschließen, wird das Klima stark strukturiert. Für
Wetter und Klima im Wandel die Temperatur sind die Abhängigkeit von der Gelän-
Deutschland gehört zur warm-gemäßigten Klimazone dehöhe und der Abstand zum Meer die dominierenden
der mittleren Breiten, im Übergangsbereich zwischen Einflüsse. Der ozeanische Einfluss, der von Nordwest
dem maritimen Klima Westeuropas und dem kontinen- nach Südost abnimmt, sorgt für relativ milde Winter
talen Klima in Osteuropa. Das Klima Mitteleuropas und mäßig heiße Sommer.
wird geprägt durch den Einfluss feuchter, gemäßigt
temperierter atlantischer Luftmassen und trockener, Der Deutsche Wetterdienst beobachtet in Deutsch-
im Sommer heißer, im Winter kalter kontinentaler land an vielen Orten das Wetter, teilweise seit mehr
Luft. Die großräumige Zirkulation bestimmt, welche als 100 Jahren. Registriert werden Parameter wie
Luftmasse dominiert. Dementsprechend können die Temperatur, Niederschlag, Sonnenschein und vieles
Jahreszeiten in einzelnen Jahren sehr unterschiedlich mehr. Die Beobachtungswerte variieren von Tag zu
ausfallen. Daraus resultiert eine große Variabilität Tag und von Jahr zu Jahr. Neben diesen Variationen
des Klimas in Deutschland. können durch die Aufzeichnungen der Messsysteme
des Deutschen Wetterdienstes auch langfristige Än-
Durch die topografische Struktur des Landes mit derungen erkannt werden. So ist es in Deutschland in
seinen Mittelgebirgen, die verschiedene Landschaften den letzten 136 Jahren etwa 1,4 Grad wärmer gewor-
4
den. Damit verbunden nahm die Anzahl der kalten
und sehr kalten Tage ab und die der warmen und sehr
warmen Tage zu.
5
Klima, Klimavariabilität und Extreme
Wetter, Witterung, Klima: Unter diesen drei Begriffen versteht die Meteoro
logie und Klimatologie Vorgänge, die in der Atmosphäre in verschieden langen
Zeiträumen ablaufen. Das Wetter beschreibt den kurzfristigen Zustand der
Atmosphäre, die Witterung eine Phase von Wochen bis mehreren Monaten und
das Klima die Zeitspanne von Jahrzehnten bis hin zu geologischen Zeitaltern.
6
▴ Messfeld des Deutschen Wetterdienstes in St. PeterOrding.
Klimavariabilität
Monatsmitteltemperaturen in Deutschland
Das Klima ist als Summe von Wetter und Witterung
etwas Variables. Es ist nicht ausreichend, das Klima
alleinig mit einem Mittelwert zu beschreiben. Schon 20 °C
auf der Tagesskala beobachten wir eine hohe Variabi
lität des Wetters. Diese Variabilität zeigt sich auch bei
der Witterung. Gleiches gilt für längere Zeitskalen. 15 °C
So sind im Winter die Temperaturen im Mittel gerin-
ger als im Sommer. Aber auch einzelne Jahreszeiten
unterscheiden sich. Es gibt milde oder kalte Winter
10 °C
und trockene oder feuchte Sommer.
7
▴ In einem Klimamodell werden die wesentlichen Prozesse und Wechsel
wirkungen in der Natur mit Näherungsformeln beschrieben. Einige davon
sind hier dargestellt. (Quelle: MaxPlanckInstitut für Meteorologie)
Klimamodelle
Die beobachteten Klimaschwankungen und -trends der Vergangenheit einfach
in die Zukunft zu extrapolieren ist im Hinblick auf den Klimawandel nicht
sinnvoll. Daher werden Klimamodelle – als computergestützte Werkzeuge zur
vereinfachten Beschreibung von in der Natur ablaufenden Erscheinungen –
für die Abschätzung der zukünftigen Klimaentwicklungen genutzt.
8
Für Deutschland liegen aktuell Simulationen mit einer
räumlichen Gitterweite von 50 und 12,5 km vor. Das
bedeutet zum Beispiel, dass die simulierte Temperatur
nur alle 12,5 km einen anderen Wert annehmen kann.
Je engmaschiger, desto genauer – hier am Beispiel des Höhenreliefs von Deutschland in unterschiedlichen Modellgitterauflösungen.
Die Auswirkungen der Beschreibung einer Region auf Basis eines wesentlich dichteren Gitternetzes sind deutlich erkennbar. ▾
Globales Klimamodell (sehr grob) Regionales Klimamodell (grob) Regionales Klimamodell (fein)
1,875° (ca. 200 km) 0,44° (ca. 50 km) 0,11° (ca. 12,5 km)
9
Klimawandel und
Klimaprojektionen
Der Begriff Klimawandel beschreibt eine Änderung der vorhan-
denen klimatischen Verhältnisse an einem Ort oder auf der
gesamten Erde. Hinsichtlich des Parameters Temperatur kann
diese Änderung grundsätzlich eine Erwärmung oder eine
Abkühlung sein. Der viel diskutierte Klimawandel wird nicht
durch natürliche Einflüsse (Erdbahnparameter oder Variatio-
nen der Solarstrahlung) hervorgerufen. Die Aktivitäten des
Menschen haben einen signifikanten Einfluss auf das globale
und regionale Klima.
Es ist nicht möglich, den Einfluss des Menschen auf Wie entwickelt sich unsere Emissions-Zukunft?
das Klima der nächsten Jahre und Jahrzehnte genau In diesem Report werden Ergebnisse von Simula
zu beschreiben. Möglich sind aber Annahmen über tionsrechnungen auf der Basis eines Klimaschutz-
den wahrscheinlichen Verlauf der Einflussnahme. Die Szenarios (RCP2.6) und des Weiter-wie-bisher-Szena
se Annahmen werden in der Wissenschaft Szenarien rios (RCP8.5) gezeigt.
genannt. In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl
denkbarer Szenarien entwickelt, die einen mehr oder
minder starken Einfluss des Menschen auf das Klima
beschreiben. In Vorbereitung auf den 5. Sachstands-
bericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate
Change) wurden vier repräsentative Szenarien oder
„Konzentrationspfade“ (engl. Representative Concen-
tration Pathways – RCPs) ausgewählt. Hierbei handelt
es sich um Szenarien, die den Verlauf von Treibhaus
gaskonzentrationen und den Einfluss von Aerosol
(kleinen Partikeln in der Atmosphäre wie z. B. Ruß-
flocken) gemeinsam als Strahlungsantrieb beschrei-
ben. Der Begriff Strahlungsantrieb ist vereinfacht als
„zusätzliche/erhöhte“ Energiezufuhr für die Erde zu
bezeichnen.
10
Das Weiter-wie-bisher-Szenario (RCP8.5) beschreibt
eine Welt, in der die Energieversorgung im Wesentli-
chen auf der Verbrennung fossiler Kohlenstoff vorräte
beruht. Der Ausstoß von Treibhausgasen wird sich
gegenüber heute mit einem stetigen Anstieg des
Strahlungsantriebes bis hin zum Jahr 2100 erhöhen.
11
Regionale Vielfalt – WestdeutscheWestdeutsche
Tieflandsbucht
Tieflandsbucht
0 Std.
100 Std.
81 m 15 °C 200 mm
(10–463 m) 200 Std.
10 °C 150 mm
Eine Beschreibung des Klimas in Deutschland mit Hil 9,6 °C 300 Std.
5 °C
100 mm
fe von Flächenmitteln für das Gesamtgebiet der Bun
desrepublik ist nicht immer sinnvoll. Oft lässt sich die 771 mm 0 °C 400 Std.
50 mm
entsprechende Situation kleinräumig/regional besser 500 Std.
1451 Std. -5 °C
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 0 mm
beschreiben. Je nach Ereignis oder Thema kann die
dafür notwendige regionale Einteilung sich deutlich
unterscheiden und teilweise räumlich sehr eng be- Zentrale Mittelgebirge und Harz
Zentrale Mittelgebirge und Harz
20 °C 0 Std.
15555 km² 250 mm
In der Karte ist diese regionale Aufteilung darge
100 Std.
stellt. Die zugehörigen Klimadiagramme zeigen die 340 m 15 °C 200 mm
(35–879 m)
Mittelwerte von Temperatur, Niederschlag und Son 10 °C 200 Std.
150 mm
nenscheindauer der international gültigen Referenz 8,0 °C 300 Std.
5 °C
100 mm
periode 1961–1990. Auch für das gesamte Bundesge
1006 mm 0 °C 400 Std.
biet sind die entsprechenden Daten abgebildet. 50 mm
500 Std.
1434 Std. -5 °C
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 0 mm
Auf den nachfolgenden Seiten werden die Veränderun
gen des Klimas in der Vergangenheit und die mögli
chen Entwicklungen in der Zukunft für Deutschland Linksrheinische Mittelgebirge
Linksrheinische Mittelgebirge
20 °C 0 Std.
Jährliche Niederschlagssumme 10619 km² 250 mm
100 Std.
151 m 15 °C 200 mm
Jährliche Sonnenscheindauer (80–645 m)
10 °C 200 Std.
150 mm
12
Nordwestdeutsches Tiefland Tiefland
Nordwestdeutsches Nordostdeutsches Tiefland Tiefland
Nordostdeutsches
20 °C 0 Std. 20 °C 0 Std.
60298 km² 250 mm 46496 km² 250 mm
20 °C 0 Std.
46831 km² 250 mm
100 Std.
149 m 15 °C 200 mm
(20–604 m) 200 Std.
10 °C 150 mm
8,7 °C 300 Std.
5 °C
100 mm
500 Std.
1564 Std. -5 °C
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 0 mm
Nordwestdeutsches Tiefland
Westdeutsche Tieflandsbucht
20 °C 0 Std.
22811
Rechtsrheinische km²
Mittelgebirge 250 mm
Deutschland AlpenvorlandAlpenvorland
Deutschland
20 °C 0 Std. 20 °C 0 Std.
357375 km² 250 mm 33244 km² 250 mm
Südwestdeutsche Mittelgebirge
Südwestdt. Mittelgebirge Alpen Alpen
20 °C 0 Std. 20 °C 0 Std.
56827 km² 250 mm 4170 km² 250 mm
13
Temperatur
14
2014
10,5 °C 10,3 °C
10,0 Jahresmittelwerte
Mittel des Referenzzeitraums 1961–1990
linearer Trend
9,5
9,0
8,5
8,0
7,5
7,0
6,5
1940
6,0 6,6 °C
1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
▴ Es ist wärmer geworden in Deutschland: Jahresmittel der Temperatur (Flächenmittel aus Stationsmessungen in 2 m Höhe) von 1881–2016.
Die stärksten Änderungen seit 1881 finden sich in der knapp um den Nullpunkt für die Alpen, das Alpen-
Westdeutschen Tieflandsbucht, dem Linksrheinischen vorland und die Mittelgebirgsregionen. Die höchsten
Mittelgebirge und im Oberrheinischen Tiefland mit Mittelwerte werden mit ca. 1,7 bis 2,4 °C im Oberrhei-
1,5 °C; im Nordostdeutschen Tiefland ist der Anstieg nischen Tiefland und in der Westdeutschen Tieflands-
mit 1,0 °C am geringsten. bucht gemessen. Relativ mild ist es auch im Nordwest-
deutschen Tiefland mit 1,2 °C.
2014 wurde das bisher wärmste Jahr seit 1881 in
Deutschland beobachtet. Zehn der siebzehn wärmsten In den Sommermonaten sind dagegen die regionalen
Jahre liegen im 21. Jahrhundert. Unterschiede in den mittleren Temperaturen, außer
in den Alpen, nicht so ausgeprägt: Bei einer mittleren
Jahreszeitliche Unterschiede Temperatur von 16,3 °C für ganz Deutschland finden
Der vieljährige Mittelwert der Lufttemperatur für die sich mit 18,0 °C im Oberrheingraben und 17,1 °C in
Wintermonate (Dezember, Januar, Februar) liegt mit der Ostdeutschen Beckenlandschaft die höchsten
0,3 °C für ganz Deutschland knapp über dem Gefrier- Mittelwerte für die Monate Juni, Juli und August,
punkt. Dabei findet sich aber eine starke räumliche während die Mittelgebirgsräume um die 16 °C er
Differenzierung: Es gibt negative Werte bzw. Werte reichen.
15
Die zehn wärmsten Jahre in Deutschland seit 1881
2014 10,3 °C
2000 9,9 °C
2007 9,9 °C Hügeln bei fünf bis neun Tagen im Jahr.
2015 9,9 °C 1981–2010 sind diese Ereignisse inzwischen auf
1994 9,7 °C
durchschnittlich acht bis neun, am Oberrheinischen
Tiefland sogar auf 13 Tage pro Jahr angestiegen. Im
2002 9,6 °C
Alpenvorland und in den Alpen ist nach wie vor mit
2011 9,6 °C
weniger als sieben bzw. drei heißen Tagen pro Jahr
1934 9,5 °C
zu rechnen. Allerdings entspricht dies dem Doppelten
1989 9,5 °C
(Alpenvorland) bzw. Dreifachen (Alpen) im Vergleich
1990 9,5 °C
zur Referenzperiode 1961–1990.
30
20
10
10
0
1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
16
Zukunft
Ein weiterer Anstieg der Temperatur in Deutschland
ist zu erwarten (sehr hohe Übereinstimmung). Für den
kurzfristigen Planungshorizont (2021–2050) beträgt
dieser Anstieg etwa 1,0 bis 1,3 °C (mittlere Überein-
stimmung). Der Unterschied zwischen den durch die
Klimaprojektionen (Klimaschutz-Szenario und Weiter-
wie-Bisher-Szenario) projizierten Änderungen ist
gering. Die Bandbreite der Ergebnisse liegt zwischen
0,7 und 2,1 °C. Die Erwärmung ist in Süddeutschland
etwas stärker ausgeprägt.
17
Jahreszeitliche Mittelwerte der Temperatur und erwartete Änderungen
Kurzfristiger Planungshorizont
Jahreszeitliche Unterschiede
Die Erwärmung ist in den verschiedenen Jahreszeiten
• Deutschlandweite mittlere Erwärmung um im
Mittel 1,0 bis 1,3 °C
ähnlich ausgeprägt, mit Ausnahme des Frühjahrs, hier
fällt sie geringer aus. Mit der Temperaturzunahme Langfristiger Planungshorizont
geht eine markante Zunahme der Temperaturextreme
• Beim Klimaschutz-Szenario Stabilisierung auf eine
einher. Mit tiefen Temperaturen verbundene Extreme
Erwärmung von 1,2 °C
nehmen stark ab und mit Wärme verbundene Extre-
me nehmen stark zu (sehr hohe Übereinstimmung). • Beim Weiter-wie-bisher-Szenario deutschland-
Dadurch steigt die Häufigkeit von Hitzewellen. weite mittlere Erwärmung um im Mittel 3,7 °C
Stärkere Erwärmung in den Alpen und im Alpen-
vorland.
18
Globale Temperaturentwicklung
2016 war global das wärms-
2016
te Jahr seit Beginn der Auf- 1,0 °C 0,89°C
zeichnungen. Das Jahr folgt 0,8
damit dem langfristigen Jährliche Abweichung 5-jährig gleitendes Mittel
0,6
Trend der globalen Erwär-
0,4
mung. 16 der 17 wärmsten
Jahre seit Beginn der Auf- 0,2
Die Ergebnisse der Klimaprojektionen zeigen einen weite- Um die COP21-Ziele (siehe Seite 3) einordnen zu können,
ren Anstieg der globalen Mitteltemperatur. Auf der Basis ist die Summation der bisherigen beobachteten Erwärmung
des Klimaschutz-Szenarios wird zum Ende des 21. Jahrhun- und der projizierten Erwärmung auf der Basis der Klimasze-
derts eine Erwärmung von 1 °C gegenüber dem Zeitraum narien notwendig. Erster Summand ist die Erwärmung des
1986–2005 berechnet. Für das Weiter-wie-bisher-Szenario Zeitraums 1986–2005 gegenüber 1850–1900. Diese beträgt
ergibt sich eine mittlere Erwärmung von 3,7 °C. Die Er- 0,6° C. Die COP21 2-Grad-Obergrenze kann bei einer Ent-
wärmung ist regional sehr unterschiedlich. Die höchsten wicklung analog zum Klimaschutz-Szenario (0,6 + 1,0 °C,
Erwärmungsraten treten über den Kontinenten und an den Summe 1,6 °C) eingehalten werden. Ein Verlauf entspre-
beiden Polkappen auf. chend dem Weiter-wie-bisher-Szenario (0,6 + 3,7 °C,
Summe 4,3 °C) verfehlt die COP21-Ziele deutlich.
▴ Mittlere Temperaturänderung für den Zeitraum 2081–2100 auf der Basis des KlimaschutzSzenarios (RCP2.6, links) und des Weiter
wiebisherSzenarios (RCP8.5, rechts). Dargestellt ist der Unterschied zum Zeitraum 1986–2005. Die Schraffur zeigt Regionen, in denen
der Änderungswert kleiner ist als die natürliche Klimavariabilität. Gepunktete Regionen kennzeichnen Änderungswerte, die die natürli
che Klimavariabilität übersteigen. (Quelle: 5. IPCCSachstandsbericht 2013 der Arbeitsgruppe I, Abbildung SPM.8)
19
Niederschlag
20
1200 mm
Jahressummen 2002
Mittel des Referenzzeitraums 1961–1990 1018 mm
1000 linearer Trend
800
600
1959
400 551 mm
200
0
1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
▴ Es ist nasser geworden in Deutschland: Zeitreihe der Jahresniederschlagshöhen (Flächenmittel aus Stationsmessungen) von 1881 bis 2016.
21
Dem niederschlagsärmsten Winter mit 69 mm im 13 Tage) und den meisten in Süddeutschland mit mehr
Jahr 1890/91 steht der niederschlagsreichste Winter als 27 Tagen. Für Niederschlagsmengen von mehr als
mit 304 mm im Jahr 1947/48 gegenüber. Normal sind 20 mm pro Tag ist keine Änderung der Anzahl seit
181 mm (Mittel 1961–1990). den 1950er-Jahren festzustellen. Die Variabilität der
Anzahl der Starkniederschlagsereignisse von Jahr zu
Die Alpen sind in allen Jahreszeiten die nasseste Re- Jahr ist sehr hoch und insgesamt ist die Anzahl der
gion. Bei den trockensten Regionen gibt es hingegen Ereignisse mit 5 Tagen pro Jahr im Mittel über ganz
Unterschiede zwischen den Jahreszeiten: Das Nord- Deutschland relativ selten. Die regionalen Unterschie-
ostdeutsche Tiefland weist im Frühling und Sommer de sind hingegen sehr groß. In Nordostdeutschland
mit 132 mm bzw. 182 mm (Mittel 1961–1990) die nied- und an den Küsten gibt es drei oder weniger Ereignis-
rigsten Werte auf, während die Ostdeutschen Becken se im Jahr, in Süddeutschland und allen Gebirgsregio-
und Hügel im Herbst mit 128 mm und im Winter mit nen mehr als 7 Tage pro Jahr.
123 mm trockener sind. In diesen beiden Regionen
finden sich auch keine nennenswerten Änderungen in Neben der Frage nach der Veränderung der Häufigkeit
der Niederschlagshöhe zwischen 1881 und 2016. Der von Starkniederschlägen ist insbesondere im Sommer
stärkste Jahrestrend relativ zu 1961–1990 findet sich auch von großer Bedeutung, inwieweit die Erwärmung
im Nordwestdeutschen Tiefland mit +14 %, wobei der mit einer zusätzlichen Austrocknung einhergeht. Eine
Hauptanstieg wie schon in Gesamtdeutschland mit extreme Austrocknung kann massive ökonomische
+33 % im Winter zu finden ist. Folgen haben, z. B. für die Binnenschifffahrt und die
Landwirtschaft. Zur Erfassung von Trockenperioden
Veränderung von Kenntagen wird die Häufigkeit von Episoden mit mindestens zehn
In Bezug auf besondere Niederschlagsereignisse gibt aufeinanderfolgenden Tagen ohne Niederschlag be-
es zwei zu betrachtende Seiten: ein Zuviel und ein trachtet. Aber wie schon bei den Starkniederschlägen
Zuwenig. Wird die Anzahl der Tage von mindestens ist auch hier aufgrund der Seltenheit der Ereignisse
10 mm Niederschlag ausgezählt, so werden bei gleich- (durchschnittlich 1,3 Fälle pro Sommer in Deutsch-
zeitig großen jährlichen Schwankungen im Mittel land) keine statistisch gesicherte Veränderung seit
über ganz Deutschland 21 Tage beobachtet. Diese den 1950er-Jahren zu beobachten. Hinzu kommen
Zahl hat sich in den letzten 66 Jahren kaum verän- ausgeprägte natürliche Schwankungen mit abwech-
dert. Es ist jedoch ein klares Nord-Süd- und West-Ost- selnden Phasen stärkerer und geringerer Trockenheit,
Gefälle in der Häufigkeit zu beobachten, mit den we- wie sie in ähnlicher Form auch bei den Starknieder-
nigsten Ereignissen im Nordosten (Mittel weniger als schlagsereignissen zu finden sind.
35 Tage
Anzahl der Tage mit ≧ 10 mm Niederschlag im Jahr linearer Trend
30
25
20
15
10
22
Zukunft
Eine deutliche Änderung der mittleren Jahressumme
des Niederschlags im kurzfristigen Planungshorizont
(2021–2050) ist für Deutschland nicht zu erwarten
(sehr hohe Übereinstimmung). Berechnet wird eine
Zunahme des mittleren Jahresniederschlags um
5 % (mittlere Übereinstimmung). Der Unterschied
zwischen den Szenarien ist gering. Die Bandbreite
der Ergebnisse liegt zwischen −2 % und +14 % Än-
derung. Sie ist in allen Teilen des Bundesgebietes in
etwa gleich stark ausgeprägt. Grundsätzlich muss
angemerkt werden, dass eine modellierte Änderung
unterhalb von 10 % nicht von der natürlichen Klima
variabilität unterschieden werden kann. Diese Schwel-
le gilt auch für alle nachfolgenden Werte. Die oben
und im weiteren Text geschriebenen Attribute mittlere
bis sehr hohe Übereinstimmung beziehen sich auf die
wissenschaftliche Plausibilität und die einheitliche
Tendenz der Modellergebnisse. ▴ Darstellung der Bandbreite der vorhandenen Klimaprojektionen
für die Jahresniederschlagssumme von Deutschland. Dargestellt sind
Regionale Unterschiede die vorliegenden Änderungssignale für den kurzfristigen (2021–2050)
und langfristigen (2071–2100) Planungshorizont, jeweils als Ände
Für den langfristigen Planungshorizont (2071–2100)
rungssignal zum Bezugszeitraum 1971–2000. Es werden je Planungs
ist für Deutschland mit einer Zunahme des Jahresnie-
horizont die Ergebnisse für das Klimaschutz-Szenario (RCP2.6, grün)
derschlags um +9 % zu rechnen (mittlere Übereinstim- denen des Weiter-wie-bisher-Szenarios (RCP8.5, blau) gegenüberge
mung). Die Änderung wird in allen Teilen des Bundes- stellt. Die dargestellten Körper symbolisieren den Bereich zwischen
gebietes in etwa gleich stark ausgeprägt sein. dem kleinsten und größten Änderungssignal innerhalb des betrachte
ten Szenarios. Die Breite des Körpers signalisiert die Wahrscheinlich
keit des Eintretens (je breiter, umso höher die Wahrscheinlichkeit).
Bezüglich der Änderung der Anzahl der Tage mit Nie-
Zusätzlich eingetragen sind der Mittelwert (schwarzer Punkt) und
derschlag von mindestens 10 mm pro Tag ist für alle die Perzentile (25, 50 und 75 %) als weiße Linien. Neben den Körpern
Regionen sowohl für den kurzfristigen Planungshori- werden als schwarze Linien die Einzelergebnisse der Modelle gezeigt.
zont als auch für den langfristigen Planungshorizont
mit einer Zunahme zu rechnen. Allein in der Alpenre-
gion projizieren manche Modelle eine Abnahme dieser
Tage. Ein weniger ausgeprägter Anstieg wird für die
Tage mit Niederschlag von 20 mm und mehr projiziert.
Jedoch ist bei Starkniederschlägen die Spannbreite in-
nerhalb des Ensembles teilweise sehr groß, so dass die
23
Jahreszeitliche Mittelwerte der Niederschlagshöhe und erwartete Änderungen
Resultate nur wenig belastbar sind. Regionale Unter Die vorliegenden Ergebnisse des Weiter-wie-bisher-
schiede bezüglich der Änderung der mittleren Jahres Szenarios unterscheiden sich von denen der bisher
summe der Niederschlagshöhe sind wenig ausgeprägt. genutzten Klimaprojektionen auf der Basis des SRES-
Szenarios A1B. Das Weiter-wie-bisher-Szenario zeigt
Jahreszeitliche Unterschiede nicht mehr die im SRES-Szenario A1B beschriebenen
Für den kurzfristigen Planungshorizont 2021–2050 hohen Rückgänge der Sommerniederschläge beim
werden unter Verwendung aller RCPSzenarien für langfristigen Planungshorizont.
den Winter Zunahmen der Niederschlagsmenge um
+7 % berechnet (mittlere Übereinstimmung). Für den
Sommer ist eine Richtungsaussage nicht möglich. Die
Spannbreite der Ergebnisse liegt im Bereich von ge-
KURZ NOTIERT
ringen Zunahmen bis hin zu einem leichten Rückgang.
Beobachtung
In den Übergangsjahreszeiten zeigen sich für diesen
Planungshorizont Zunahmen der mittleren Nieder • Zunahme der Jahresniederschlagshöhe um 9 %
schlagssumme von +3 % (Herbst) bzw. +8 % (Früh in 136 Jahren
jahr) (mittlere Übereinstimmung). • Niederschlagsanstieg im Frühling, Herbst und
Winter, aber nicht im Sommer
Im Frühjahr und im Herbst kann die Änderung für
• Hinweise auf früheren Beginn und späteres Ende
den langfristigen Planungshorizont (2071–2100) +1 bis der Saison mit konvektiven Niederschlägen bei
+13 % betragen (mittlere Übereinstimmung), wohin gleichzeitig stärkerer Ausprägung der Stark-
gegen die Änderung im Winter bis zu +17 % betragen regenereignisse
kann (mittlere Übereinstimmung). Für den Sommer
wird in diesem Planungshorizont eine Spanne von Kurzfristiger Planungshorizont
keiner Änderung im Klimaschutz-Szenario (±0 %) bis • Keine deutliche Änderung der mittleren Jahres-
hin zu Abnahmen der Niederschlagshöhe im Weiter- summe des Niederschlags (+5 %)
wie-bisher Szenario (−9 %) berechnet. Die Spannbrei
te liegt im Weiter-wie-bisher-Szenario zwischen einer
Langfristiger Planungshorizont
Zunahme um +30 % (sehr geringe Übereinstimmung) • Für Deutschland ist mit einer Zunahme des
und einer Abnahme um −50 % (sehr geringe Überein- Jahresniederschlags um +9 % zu rechnen
stimmung). In den einzelnen Regionen ist ebenso der
Sommer mit großen Spannbreiten in den Ergebnissen
Für beide Planungshorizonte werden jeweils für die
Wintermonate Zunahmen der Niederschlagsmenge
gekennzeichnet, so dass hier die Ergebnisse nur we-
und für den Sommer eine Spanne von keiner Ände-
nig belastbar erscheinen.
rung hin zu Abnahmen im langfristigen Planungs-
horizont simuliert.
24
Globale Niederschlagsentwicklung
Der globale Niederschlag hat eine sehr große räumliche und
zeitliche Variabilität, die durch viele natürliche Schwankun-
gen, z. B. durch Zirkulationsmuster wie ENSO und die Nord-
atlantische Oszillation, geprägt ist.
Die Ergebnisse der Klimaprojektionen zeigen, dass die ▴ Veränderung des jährlichen Niederschlags zwischen
zwei 30jährigen Zeiträumen 1981–2010 minus 1951–1980.
Änderung der Niederschläge weitgehend nach dem Muster
(Quelle der Daten: Global Precipitation Climatology Centre
verlaufen, dass es in trockeneren Regionen trockener und (GPCC) betrieben durch den DWD unter der Schirmherr
in feuchteren Regionen feuchter wird. Die zu erwarten- schaft der Weltorganisation für Meteorologie (WMO))
den Veränderungen auf Basis des Klimaschutz-Szenarios
(RCP2.6) werden zum Ende des 21. Jahrhunderts im Vergleich
zum Zeitraum 1986–2005 jedoch nur sehr moderat ausfallen, Südwesteuropa über den Balkan bis nach Mittelasien von
insbesondere über Europa. Im Weiter-wie-bisher-Szenario 20–40 % im Jahresschnitt und sogar von 50–75 % im Sommer
(RCP8.5) werden die Signale deutlicher, wobei sich, wie bei projiziert. Zunahmen von 10–30% sind im Jahresschnitt nur
den Beobachtungen, wieder eine deutliche Zweiteilung in Skandinavien zu finden. Im Sommer ist hingegen für ganz
über Europa zeigt: Dabei sind Niederschlagsabnahmen von Europa eine Abnahme der Niederschläge wahrscheinlich.
▴ Mittlere Niederschlagsänderung für den Zeitraum 2081–2100 auf der Basis des KlimaschutzSzenarios (RCP2.6, links) und des
WeiterwiebisherSzenarios (RCP8.5, rechts). Dargestellt ist der Unterschied zum Zeitraum 1986–2005. Die Schraffur zeigt Regionen,
in denen der gezeigte Änderungswert kleiner als die natürliche Klimavariabilität ist. Gepunktete Regionen kennzeichnen Änderungs
werte, die die natürliche Klimavariabilität übersteigen. (Quelle: 5. IPCCSachstandsbericht 2013 der Arbeitsgruppe I, Abbildung SPM.8)
25
Sonnenschein
In Deutschland scheint im Durchschnitt 254 Minuten pro Tag die Sonne, das
entspricht 1544 Stunden im Jahr. Am meisten scheint die Sonne in Süddeutsch-
land und in Nordostdeutschland mit bis zu 280 Minuten am Tag, an der Ostsee-
küste können über 300 Minuten erreicht werden. Im zentralen Mittelgebirge
und im Harz ist die Tagessonnenscheindauer am geringsten, hier werden im
langjährigen Mittel nur 230 Minuten pro Tag gemessen.
1600
1200
1977
1362 Std.
800
400
Jahressummen der Sonnenschein- ▸
dauer (Flächenmittel aus Stations
0
messungen) in Deutschland von 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
1951–2016.
26
Zukunft Jahreszeitliche Mittelwerte der täglichen Sonnenscheindauer und
Die Sonnenscheindauer wird in erwartete Änderungen
den Klimamodellen nicht direkt
berechnet, sondern indirekt
aus der kurzwelligen Strahlung
abgeleitet. Die Strahlung ist
verbunden mit den Bewölkungs-
verhältnissen, eine der großen
Herausforderungen der Klima-
modellierung. Die Bandbreite 1961–1990 1971–2000 2021–2050 2021–2050 2071–2100 2071–2100
(RCP2.6) (RCP8.5) (RCP2.6) (RCP8.5)
der modellierten Werte ist daher
Frühjahr 304 Min. 312 Min. +12 Min. −12 Min. −12 Min. −24 Min.
zwischen den Modellen sehr hoch.
Dieses führt dazu, dass die Er- Sommer 400 Min. 403 Min. −6 Min. ±0 Min. −12 Min. 6 Min.
gebnisse weniger aussagekräftig Herbst 205 Min. 199 Min. ±0 Min. ±0 Min. ±0 Min. ±0 Min.
sind als beispielsweise die Ergeb- Winter 102 Min. 105 Min. −12 Min. −12 Min. −12 Min. −24 Min.
nisse der Temperaturänderungen. Jahr 254 Min. 256 Min. −6 Min. −6 Min. −6 Min. −12 Min.
27
Meeresspiegel
Seit dem Beginn regelmäßiger Pegelaufzeichnungen steigt der mittlere Meeresspiegel an der ge-
samten Nordseeküste um etwa 2 bis 4 mm pro Jahr an. Für die Zukunft sagen Klimamodelle einen
weiteren Anstieg voraus. Neue Untersuchungen über Ozeanerwärmung und zu den Eisschilden in
der Antarktis und Grönland lassen eine Beschleunigung des Anstiegs als wahrscheinlich erscheinen.
Der Meeresspiegel ‒ eine schwankende Größe während die an den Pegeln tatsächlich gemessene
Der mittlere Meeresspiegel und seine zukünftige Änderung die vertikale Landbewegung mitberück-
Änderung sind für die langfristigen Planungen der sichtigt und als relative Meeresspiegeländerung
Küstenschutzbauwerke von großer Bedeutung. Die bezeichnet wird.
Änderung des Meeresspiegels setzt sich aus mehreren
Komponenten zusammen: Die globalen wie auch regionalen Klimamodelle sind
a) der sogenannte sterische Anteil (Änderung des derzeit noch nicht in der Lage, den Süßwassereintrag
Meeresspiegels aufgrund von Temperatur- oder aufgrund von Gletscher- und Eisschildschmelze hin-
Salzgehaltsänderungen) reichend zu simulieren, daher müssen Abschätzungen
b) dynamisch bedingte Änderungen aufgrund geän- dieser Werte heutzutage noch zu den berechneten
derter Meeresströmungen sterischen und dynamischen Werten addiert werden.
c) verstärkter Süßwassereintrag in die Weltmeere
aufgrund von Gletscherschmelze Beobachtete Meeresspiegeländerungen
d) verstärkter Süßwassereintrag durch schmelzende Nordsee: Für die Deutsche Bucht gibt es Pegelauf-
grönländische und/oder antarktische Eisschilde zeichnungen, die bis 1843 (Cuxhaven) zurückreichen,
e) Landhebungen bzw. Landsenkungen zumeist allerdings ab den dreißiger Jahren des vori-
gen Jahrhunderts vorliegen. Zwischen den einzelnen
Die durch die Punkte a) bis d) hervorgerufenen Bei- Pegeln gibt es größere, von der geographischen Lage
träge bewirken die absolute Meeresspiegeländerung, abhängige Unterschiede in der Rate des relativen
530 cm
520
Jahresmittelwerte
510 linearer Trend
500
490
480
Mittlerer Meeresspiegel am ▸
470
Pegel Cuxhaven 1843–2015.
(Quelle: Universität Siegen,
460
Bundesamt für Seeschifffahrt 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000
und Hydrographie)
28
Meeresspiegelanstiegs, zwischen 1,7 mm/Jahr und geben. Für das Klimaschutz-Szenario ergab sich ein
4,1 mm/Jahr. Allen Pegeln gemeinsam ist eine große Bereich von 26–55 cm, für das Weiter-wie-bisher-Sze-
dekadische Variabilität. So gibt es Dekaden mit einem nario ein Bereich von 52–98 cm. Allerdings war darauf
Meeresspiegelanstieg von über 4 mm/Jahr wie auch hingewiesen worden, dass die möglichen Beiträge der
Dekaden mit leicht sinkendem Meeresspiegel. Aller- Eisschilde von Grönland und der Antarktis bislang
dings müssen wegen der Landsenkung an der deut- unzureichend berücksichtigt worden sind, da deren
schen Nordseeküste etwa 0,5–1,5 mm/Jahr abgezogen physikalische Prozesse unbekannt oder noch nicht
werden. An der englischen und schottischen Ostküste, mathematisch beschrieben seien.
an der niederländischen Küste, wie auch generell im
Nordostatlantik treten ähnliche Anstiege des absolu- Mittlerweile haben sich die Kenntnisse darüber
ten Meeresspiegels (um 1,7 mm/Jahr) auf wie in der deutlich verbessert. Des Weiteren wird mithilfe von
Deutschen Bucht. ozeanographischen Beobachtungen und bathymetri-
schen Vermessungen an den Rändern der Eisschilde
Die gezeitenabhängigen Wasserstände verändern sich zunehmend festgestellt, dass erwärmtes Ozeanwasser
in der Nordsee nicht parallel zum mittleren Anstieg die Eisschelfe zerstört sowie den Kontakt zwischen
des Meeresspiegels. Am Pegel Cuxhaven steigen seit Gletschern und dem unterlagernden Festgestein mehr
1950 das mittlere Hochwasser stärker und das mitt- und mehr aufschmilzt. Dieses führt dazu, dass Glet-
lere Niedrigwasser schwächer an als der mittlere scher erheblich schneller ins Meer strömen. In der
Wasserstand. Die Ursache könnten Maßnahmen des Konsequenz wird dieses den Meeresspiegelanstieg in
Gewässerausbaus in der Elbe und geänderte morpho Größen beschleunigen, die deutlich über die Werte
logische Verhältnisse im Bereich des Elbe-Weser- von 2013 hinaus reichen. Dieser stärkere Anstieg ist
Dreiecks sein. schon aktuell zu beobachten. Gegenwärtig tendieren
die Angaben über den weiteren Anstieg beim Weiter-
Ostsee: An der Ostseeküste steigt der Meeresspiegel wie-bisher-Szenario für die deutschen Küsten bis hin
absolut um etwa 1,4–2,0 mm/Jahr an. Außer in der zu Werten von deutlich über einen Meter bis zum
südwestlichen Ostsee sinkt in allen anderen Küsten Ende des 21. Jahrhunderts. Allerdings ist weiterhin
regionen der relative Meeresspiegel aufgrund der noch nicht die sich abzeichnende Möglichkeit eines
noch stattfindenden nacheiszeitlichen Landhebung. Kollabierens der beiden Eisschilde einbezogen.
29
Phänologie
Die Witterungs- und Klimaverhältnisse beeinflussen Wachstum und Entwicklung von Pflanzen.
Die Wissenschaft, die sich damit beschäftigt, ist die Phänologie (griech.: „Lehre von den Erschei-
nungen“). Daten pflanzenphänologischer Beobachtungen zählen zu den wertvollsten Anzeigern
von Veränderungen in den Umweltbedingungen und werden weltweit seit Jahrhunderten erhoben.
Die phänologische Entwicklung in Deutschland Mit der Blüte des Schwarzen Holunders (Sambucus ni-
Das phänologische Jahr beginnt mit dem Vorfrühling. gra) setzt der Frühsommer ein. Bezogen auf die Refe
In der Referenzperiode 1961 bis 1990 startete diese renzperiode ist das am 7. Juni und er dauert drei Wo-
phänologische Jahreszeit im Mittel über Deutschland chen. In den letzten 26 Jahren hat sich an der Dauer
am 3. März. Der Beginn orientiert sich an der Blüte wenig geändert, aber die Holunderdolden zeigten sich
der Gemeinen Hasel (Corylus avellana). Nach durch schon um den 27. Mai blühend. Die ersten blühenden
schnittlich 33 Tagen folgt mit der Blüte der Forsythie Sommerlinden (Tilia platyphyllos) signalisieren den
(Forsythia × intermedia) der Erstfrühling am 5. April Übergang in den Hochsommer. Im Mittel der dreißig
und nach wiederum 32 Tagen am 7. Mai mit dem Er- Jahre von 1961 bis 1990 begann der Hochsommer am
blühen der ersten Apfelbäume (Malus) der Vollfrühling 28. Juni. Die letzten Jahre zeigen eine Verfrühung von
mit einer mittleren Dauer von 31 Tagen. Im Vergleich 10 Tagen. Der Hochsommer ist die längste der phäno
der Referenzperiode 1961 bis 1990 mit dem nachfol logischen Jahreszeiten in der Vegetationszeit mit einer
genden Abschnitt von 1991 bis 2016 zeigt sich, dass deutschlandweiten Dauer von 42 Tagen, die sich auf
der Vorfrühling nunmehr schon am 16.2. startet und 45 Tage verlängert hat. Wenn die ersten frühreifen
auch sechs Tage länger geworden ist als in der Re den Äpfel von den Bäumen gepflückt werden können,
ferenzperiode. Auch der Erstfrühling (27.3.) und der wird der Spätsommer begrüßt. 1961 bis 1990 war
Vollfrühling (27.4.) beginnen früher. das um den 9. August. In der jüngeren Vergangenheit
42 21
SPÄTSOMMER
Apfel, frühreifend VOLLFRÜHLING
(Früchte) Apfel (Blüte)
HOCHSOMMER
Sommer-Linde (Blüte) FRÜHSOMMER
Schwarzer Holunder (Blüte)
30
kommen die Freunde beispielsweise des „Klarapfels“,
von „James Grieve“ oder „Retina“ schon eine Woche
früher in den Genuss der Früchte. In den letzten
26 Jahren hat sich der Spätsommer um etwa 3 Tage
verkürzt.
31
Extremereignisse
Jeder erinnert sich daran. Ein verheerendes Sturmereignis, extreme Hitze oder ein
katastrophales Hochwasser. Extremereignisse verursachen oft menschliches Leid
und richten große Zerstörungen an. Wie hat sich die Häufigkeit von Extremen in der
Vergangenheit entwickelt und welche Veränderungen sind in Zukunft zu erwarten?
32
◂ Darstellung des Mittelwertes der
°C wärmsten 14-tägigen Periode je Jahr.
37 Hamburg Ausgewertet wurden die Tagesmaxi
1994 ma der Temperatur. Erreicht der Wert
31,8 °C
mindestens 30 °C, so wird ein Balken
28
gezeichnet. Die Höhe des Balkens
37 Dresden 1994 gibt den berechneten 14-Tages-
32,7 °C
Mittelwert an.
28
37 Frankfurt/Main 2003
35,8 °C
28
37 Mannheim 2003
36,5 °C
28
37 München
2003
33,1 °C
28
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015
einer häufiger eisfreien Barentssee entwickeln wird, 779 mm Aschau-Stein 1 Monat Juli 1954
ist Gegenstand aktueller Forschung. Grundsätzlich ▴ Beispiele für in Deutschland erfasste, sehr extreme Niederschlags
schwächt sich aber die Intensität solcher Witterungs- mengen. Die genannten Niederschlagshöhen treten seltener als
verhältnisse durch die globale Erwärmung ab. einmal in 100 Jahren auf.
33
es vor allem bei sich nur zögernd abschwächenden
Tiefdruckkomplexen (z. B. bei der Großwetterlage
„Tief Mitteleuropa“), bei äußerst langsam vordringen-
den Fronten bzw. quasi-stationären Luftmassengren-
zen oder bei von Oberitalien auf einer so genannten
Vb-Zugbahn nordnordostwärts ziehenden Tiefdruck-
gebieten, deren Niederschlagsgebiete sich anschlie-
ßend westwärts vordringend im Osten Deutschlands
auswirken.
34
zu unterscheiden zwischen einem Trend in der Häu- dadurch verstärkt, dass der Zusammenhang zwischen
figkeit und in der Intensität der Niederschläge. Analy- Temperatur und Wassergehalt nicht linear, sondern ex-
sen der täglichen Niederschläge im Winter zeigen für ponentiell verläuft. Die aktuelle Generat ion regionaler
den Zeitraum 1951‒2006 eine Zunahme der Tage mit Klimamodelle zeigt eine Tendenz weiterer Zunahmen
hohen Niederschlagsmengen um ca. 25 %. Eine hohe von Niederschlagsextremen an, ist aber aufgrund einer
Niederschlagsmenge wird als ein Ereignis definiert, für diese Prozesse zu groben Auflösung nicht in der
das in einem Referenzzeitraum einmal alle 100 Tage Lage, detaillierte lokale Angaben zu liefern.
mit Niederschlag auftritt. Die Zunahmen treten in
allen Regionen Deutschlands auf. Die Jahreszeiten
Frühjahr und Herbst weisen einen leicht ansteigenden
Trend auf.
35
~7 % Wassermenge. Grundlage für einen vergleichba- Die räumliche Auflösung der aktuell genutzten regio-
ren Anstieg der Niederschlagsmengen ist ein Gleich- nalen Klimamodelle ist nicht ausreichend, um Hagel
bleiben der relativen Luftfeuchte. Beobachtungen und direkt zu modellieren. Hagel wird nur grob über Para-
Modellrechnungen für die Vergangenheit zeigen für metrisierungen abgeschätzt. Somit sind keine Aussa-
Deutschland allerdings einen leichten Rückgang der gen zu zukünftigen Tendenzen möglich. Analysen des
relativen Feuchte. Weitere Einflussfaktoren für die Konvektionspotentials zeigen für den kurzfristigen
Niederschlagsbildung sind die veränderten Treibhaus- Planungshorizont keine einheitliche Tendenz auf.
gas- und Aerosolkonzentrationen. Diese sind aktueller
Forschungsgegenstand.
Wind
Analysen der höchsten Tagesniederschläge je Jahr Markante Sturmereignisse wie „Christian“ oder
zeigen weltweit an vielen Stationen minimale Anstiege „Xaver“ im Jahr 2013 beleben regelmäßig die Dis-
der extremen Niederschlagssummen. Bei nur wenigen kussion über mögliche Änderungen der Häufigkeit
Stationen (< 10 %) sind diese Trends signifikant. Die von Stürmen oder generell über Langzeittrends der
feinste regionale Auflösung, d. h. die Gitterzellengrö- Windgeschwindigkeit. Die Antwort darauf ist schwie-
ße von globalen Klimamodellen, beträgt aktuell 150 rig. Das liegt einerseits daran, dass die Messung der
bis 200 km, die von regionalen Klimamodellen 12 bis Windgeschwindigkeit nicht trivial ist. Um den Einfluss
25 km. Damit sind beide Modellsysteme nicht in der des Untergrundes möglichst gering zu halten, wird
Lage, Prozesse direkt zu simulieren, die Gewitter der Wind, abweichend von allen anderen meteorolo-
auslösen können. Prozesse wie die Gewitterbildung gischen Größen, standardmäßig in 10 m Höhe über
werden in vereinfachten Parametrisierungen erfasst. Grund gemessen. Trotzdem reagiert die gemessene
Windgeschwindigkeit empfindlich auf Änderungen in
Die aktuelle Generation regionaler Klimamodelle zeigt der Umgebung der Messstation (z.B. wachsende Bäu-
eine Tendenz zur Zunahme von Niederschlagsextre- me) oder auf Änderungen des Messortes. Damit wei-
men, ist aber aufgrund einer für diese Prozesse zu sen fast alle Windzeitreihen Inhomogenitäten auf. Des
groben Auflösung nicht in der Lage, detaillierte lokale Weiteren sind die zur Verfügung stehenden Zeitreihen
Angaben zu liefern. Konvektionserlaubende Regional meist nur einige Jahrzehnte lang, zu kurz, um Lang-
modelle sind aktuell Gegenstand der Forschung. zeittrends über zum Beispiel 100 Jahre bestimmen zu
können. Die besonders interessierenden Stürme oder
Orkane sind seltene Ereignisse und damit nur mit
Hagel möglichst langen Zeitreihen statistisch zu bewerten.
Hagelereignisse sind lokale und seltene Ereignisse,
welche hohe Schäden an der Infrastruktur und Verlus- Eine Möglichkeit, trotzdem Aussagen über die Entwick-
te in der Landwirtschaft verursachen können. Durch lung der Windgeschwindigkeit und des Auftretens von
die meist geringe Ausdehnung der Hagelereignisse
und die nur punktuelle Beobachtung konnten in der
Vergangenheit nicht alle Ereignisse erfasst werden.
Um diese Informationslücke zu schließen, werden
die seit 2001 vorliegenden Radardaten genutzt. Die
Ergebnisse zeigen eine höhere Anzahl an Tagen mit
Hagel je Jahr im Süden als im Norden. Auf Basis der
vorhandenen Beobachtungsdaten ist es nicht möglich,
Entwicklungstendenzen für die Änderung der Anzahl
an Hagelereignissen zu bestimmen. Alternativ ist die
Nutzung von Daten, die indirekt auf Hagelfall schlie-
ßen lassen, möglich. Dies sind Konvektionsparameter,
die das Potential für die Gewitter- und Hagelbildung
beschreiben. Statistische Analysen der hagelrelevan-
ten Konvektionsparameter zeigen für die vergangenen
20–30 Jahre eine leichte Zunahme des Potentials.
36
14 m/s
Jahresmittelwerte
13
12
11
10
9
1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
▴ Jahresmittel des geostrophischen Windes, berechnet aus den bodennahen Luftdruckdaten der Stationen Hamburg, Emden und List.
Dargestellt ist der Zeitraum 1880 bis 2016.
Stürmen in den letzten etwa 100 Jahren abzuleiten, ist Ein ähnliches Bild liefern die Ergebnisse von Klima-
die Betrachtung des geostrophischen Windes. Dieser modellprojektionen. Auch hier zeigen sich sowohl für
beruht auf Luftdruckdifferenzen und ist eng mit dem die Vergangenheit als auch für die Zukunft die multi-
„wahren“ Wind gekoppelt. Die Messung des Luftdrucks dekadischen Schwankungen ohne Langzeittrend. Dies
ist bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts mit ho- gilt ebenfalls für Stürme, auch bei ihnen ist für die
her Qualität möglich. Betrachtet man den geostrophi- Zukunft keine deutliche Änderung erkennbar.
schen Wind, der aus den Luftdruckdaten von Hamburg,
Emden und List auf Sylt für die Deutsche Bucht be- Tornados
rechnet wurde, zeigen sich Abschnitte mit Längen von Tornados sind kurzlebige und räumlich stark begrenz-
zehn Jahren bis wenigen Jahrzehnten mit höherer oder te, rotierende Luftmassen unter einer konvektiven
niedrigerer Windgeschwindigkeit (sog. multidekadische Wolke, mit Bodenkontakt. Je nach Stärke können sie
Schwankungen). Für die gesamte Zeitreihe ist nur ein sehr hohe Schäden verursachen. Aktuell werden mehr
schwacher, abfallender Trend erkennbar, der jedoch Tornados entdeckt als früher. Schwächere Tornados,
deutlich kleiner ist als die Schwankungen von Jahr zu die nur geringere Schäden verursachen, bleiben in
Jahr und somit statistisch nicht signifikant ist. vielen Fällen auch heute noch unentdeckt. Seit dem
Jahr 2000 werden in Deutschland jährlich zwischen
▾ Schäden durch einen Tornado 20 und 60 Fälle nachgewiesen. Aufgrund der unbe-
in Affing (Bayern) am 13.5.2015. kannten Dunkelziffer liegt die tatsächliche Zahl ver-
mutlich deutlich höher. Stärkere Tornados mit großer
Zerstörungskraft sind in Deutschland selten. Im Mit-
tel rechnen die Meteorologen mit etwa fünf bis zehn
Fällen im Jahr. Ob die Zahl der Tornados in Deutsch-
land zugenommen hat, ist aufgrund der Dunkelziffern
in der Vergangenheit nicht nachweisbar.
37
Aktuelle Forschungsthemen
zum System Klima
Klimaveränderungen basieren auf komplexen Zusam-
menhängen. Sie erstrecken sich über lange Zeiträume
und können regional unterschiedlich ausgeprägt sein.
Der Klimawandel ist daher mit der üblichen Wahrnehmung
für einen Menschen schwer erfassbar. Die nationale und
internationale Forschungsgemeinschaft sieht die Erfor-
schung des Klimasystems und die damit verbundenen Aus-
wirkungen auf die Gesellschaft als ein zentrales Thema.
Mit der Erkenntnis, dass die vermehrte Verbrennung Auf Basis dieser Analysen wurden sechs Themenge
fossiler Kohlenstoff vorräte die Zusammensetzung der biete herausgearbeitet, die von besonderem Interesse
Erdatmosphäre verändern wird, wurde der Grund- sind:
stein der modernen Klimaforschung gelegt. In den 1. Bestimmung und Reduzierung von Unsicherheiten
letzten Jahren konnte der Zusammenhang zwischen in Klimavorhersagen und Klimaprojektionen
der beobachteten Erwärmung der Erdatmosphäre und 2. Verlängerung der Wettervorhersage und Verbin
den Aktivitäten der Menschheit klar belegt werden. dung zur subsaisonalen Klimavorhersage
Dies verstärkt die Notwendigkeit zur weiteren Erfor 3. Abrupte Klimaänderungen
schung des Klimasystems. Dazu hat die Forschungs 4. Wasserkreislauf in einer wärmeren Welt
gemeinschaft für die nächsten Jahre drei wesentliche 5. Luftqualität und Klimawandel
Ziele formuliert: 6. TreibhausgasKreisläufe im Klimasystem
1. Eine Vertiefung des Systemverständnisses der
komplexen Zusammenhänge im Klimasystem Zur Aufarbeitung dieser Themenfelder sind neben
2. Die Bewertung und der Umgang mit den durch den Forschungsinitiativen auch dauerhafte Aktivitä
Klimawandel verursachten Risiken und Chancen ten notwendig. So können in Forschungsinitiativen
3. Die Rolle der Klimaforschung in der Gesellschaft beispielsweise die Basis für langfristige Strategien
im Bereich des Ausbaus regionaler und globaler
Vertiefung des Systemverständnisses zum Klima- Beobachtungssysteme gelegt und vielerlei Hypothe
geschehen sen durch Modelle überprüft werden. Daneben muss
Die Funktionsweise des Klimasystems der Erde ist die langfristige und systematische Erfassung der
prinzipiell verstanden. Seine Komplexität erfordert relevanten Prozesse sichergestellt werden. Hierfür
jedoch zukünftig noch enorme Forschungsanstren ist eine zuverlässige Überwachung der anthropoge-
gungen, um bei noch unvollständig verstandenen nen Veränderungen und der natürlichen Variabilität
Detailaspekten weiterhin Fortschritte im Verständ notwendig.
nis zu erzielen. Diese Aspekte betreffen sowohl
Verständnislücken bei einzelnen Prozessen als Bewertung und Umgang mit Risiken und Chancen
auch Wechselwirkungen zwischen Klimasystem Der zeitliche und räumliche Versatz zwischen den
komponenten. Ursachen und den Folgen des Klimawandels führt
zu einer besonderen Herausforderung aller Akteure.
In Zusammenarbeit vieler Klimawissenschaftler auf So ist die Frage nach Nutzen und Schaden durch den
nationaler wie auch auf internationaler Ebene wurden Klimawandel nicht durch einzelne Akteure in der
in den letzten Jahren viele Themengebiete systema Wissenschaft zu beantworten. Diese Frage und die
tisch analysiert und vorhandene Lücken identifiziert. daraus zu entwickelnden Handlungsoptionen müssen
38
auf regionaler und globaler Ebene als Gemeinschafts institutionen in der Gesellschaft. Dabei steht die
aufgabe vieler Wissenschaftsbereiche interdisziplinär Frage nach deren Aufgabe und den damit verbunde
bearbeitet werden. nen Grenzen im Vordergrund. Welche Aufgaben hat
ein Klimaforscher? Hört seine Verantwortlichkeit bei
Die regionalen Wirkungen des Klimawandels treffen der Wissenschaft auf und inwieweit darf oder sollte
weltweit auf unterschiedlich geprägte wirtschaftliche, er sich in die Politik einmischen? Ein Beispiel dafür
soziale und kulturelle Gegebenheiten. Der Umgang ist das IPCCMandat, das sich als „… politikrelevant,
mit Risiken unterscheidet sich durch die verschiede aber nicht Politik vorschreibend …“ positioniert.
nen kulturellen Hintergründe teilweise deutlich. Die
Forschung muss die jeweiligen Herangehensweisen Eine große und dauerhafte Herausforderung einer
analysieren und regional spezifische Handlungsoptio jeden Wissenschaftsrichtung ist die regelmäßige
nen entwickeln. Analyse der Wissensgenerierung. Auf welchen Annah
men basieren die aktuellen Erkenntnisse? Wo besteht
Erforschung des Zusammenspiels Klimawandel Konsens und wo Dissens? Aber auch die Frage, ob die
und Gesellschaft vorhandenen institutionellen Strukturen der Klimafor
Eine wichtige Frage der Zukunft ist die zukünftige schung sinnvoll sind. Sind die einzelnen Themenfelder
Position des Wissenschaftlers und der Forschungs ausreichend miteinander vernetzt?
Klimavorhersagen geben eine Prognose darüber ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit die kommenden Monate bis Jahre wärmer/
kälter oder auch trockener/feuchter als im langzeitlichen Mittel werden. Dem zugrunde liegen Vorhersagen für die kommenden
Monate (Stichwort: Jahreszeitenvorhersagen) und Jahre (Stichwort: Dekadenvorhersagen). Die Kombination mit Vorhersagen aus
der Vergangenheit erlaubt eine umfassende statistische Bewertung der Prognosen und die Ableitung von Trendaussagen auf Basis
einer Klimatologie. Damit unterscheidet sich die Klimavorhersage grundlegend von der Wettervorhersage, welche Aussagen über
detailliertes Wettergeschehen der nächsten Stunden bis Tage trifft.
Bei einer Vorhersage über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis zu 10 Jahren sind zudem alle Bestandteile des Klimasystems
zu berücksichtigen: nicht nur die untere Schicht der Atmosphäre (die Troposphäre, bis circa 9–16 km Höhe), sondern auch höhere
Luftschichten, der Boden sowie der Ozean und das Meereis. Für die Klimavorhersage wird ein mit all diesen Komponenten gekoppel-
tes Klimamodell genutzt.
Für eine robuste statistische Abschätzung der Qualität und Verlässlichkeit der Vorhersagen werden eine Vielzahl an historischen
und aktuellen Vorhersagen gerechnet, die zu jedem Prognosestart mit leicht variierenden Bedingungen gestartet werden. Die so
entstehende Lösungsvielfalt, auch Ensemble genannt, dient zugleich dazu, die Unsicherheiten, welche durch die Nichtlinearität
des Klimasystems bedingt sind, zu bewerten.
Jahreszeitenvorhersagen werden aktuell unter anderem auf den Rechnern des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervor-
hersage in Reading (Großbritannien) jeden Monat neu berechnet. Durch den Deutschen Wetterdienst werden diese Vorhersagen
monatlich analysiert. Mit den Ergebnissen sind beispielsweise El Niño-Vorhersagen möglich. Dekadenvorhersagen sind aktuell noch
Forschungsgegenstand. Eine Operationalisierung ist in den nächsten Jahren geplant.
39
Begriffskompass Klima
Bezugszeitraum/Bezugsperiode
Angaben über eine Änderung der zukünftigen mitt-
leren klimat ischen Verhältnisse werden immer in
Relation zu einer Bezugsperiode getätigt. Im dem hier
vorliegenden Bericht werden Aussagen zu möglichen
zukünftigen Änderungen auf den Zeitraum der Jahre
1971 bis 2000 bezogen. Die Aussagen beschreiben im-
mer die mittleren Verhältnisse über eine Zeitspanne
von 30 Jahren.
Kenntage
Ein Kenntag ist ein Tag, an dem ein definierter
Schwellenwert eines klimatischen Parameters er- Planungshorizonte
reicht beziehungsweise über- oder unterschritten In diesem Bericht wird zwischen einem kurzfristigen
wird (z. B. Sommertag als Tag mit Temperaturmaxi- und langfristigen Planungshorizont unterschieden.
mum ≥ 25 °C) oder ein Tag, an dem ein definiertes Der kurzfristige Planungshorizont beschreibt das
meteorologisches Phänomen auftrat (z. B. Gewitter- Zeitfenster der Jahre 2021 bis 2050, der langfristige
tag als Tag, an dem ein Gewitter auftrat). das Zeitfenster der Jahre 2071 bis 2100. Auf diese
Zeiträume bezogene Aussagen erfolgen immer in Re
Klimaprojektion lation zur Bezugsperiode 1971 bis 2000.
Eine Klimaprojektion ist die Beschreibung eines
möglichen und plausiblen künftigen Zustandes des Referenzzeitraum/Referenzperiode
Klimasystems nebst der zeitlichen Entwicklungslinie, Angaben über eine Änderung der beobachteten mitt-
die dorthin führt. Klimaprojektionen werden übli- leren klimatischen Verhältnisse werden immer in Re-
cherweise mit einem Klimamodell auf der Basis eines lation zu einem Referenzzeitraum getätigt. In diesem
Szenarios erstellt. Klimareport werden Aussagen über die Vergangenheit
auf den Zeitraum der Jahre 1961 bis 1990 bezogen.
Klimavorhersage Dieser Zeitraum entspricht der WMO-Referenzperiode
Vorhersagen leiten aus dem vergangenen und aktuel- für die langfristige Klimaüberwachung. Die Aussagen
len Zustand des Klimasystems Aussagen über dessen beschreiben immer die mittleren Verhältnisse über
zukünftigen Zustand ab. Traditionell beinhaltet eine eine Zeitspanne von 30 Jahren.
Wettervorhersage die Entwicklung der nächsten ein
bis zehn Tage. Die Klimavorhersage, ein aktueller For- Spannbreite
schungsgegenstand, ist die Abschätzung der Entwick- Für die Analyse der zukünftigen klimatischen Ent-
lung über diesen Zeithorizont hinaus für Zeitskalen wicklungen wird eine Gruppe von Klimaprojektionen
von mehreren Monaten bis einer Dekade. (Ensemble) genutzt. Mit der Spannbreite wird der Be-
reich zwischen dem Modellergebnis mit der gerings-
Perzentil ten und größten Änderung beschrieben.
Perzentile oder auch Quantile sind Prozentangaben.
Sie gliedern die Anzahl der untersuchten Modeller- Szenarien
gebnisse in Maßklassen, womit sich ein bestimmter Ein Szenario ist eine Beschreibung einer möglichen
Prozentanteil dieser Ergebnisse umschließen lässt. Zukunft auf Grund von Annahmen. Eine Möglichkeit
Der Bereich zwischen dem 15. und 85. Perzentil um- ist der Aufbau einer in sich schlüssigen Kette von
schließt beispielsweise 70 % der Modellergebnisse. Annahmen bezüglich der politischen, wirtschaftlichen
Der Wert, den ein Perzentil annimmt, z.B. 85. Perzen- und ökologischen Bedingungen in der Zukunft und
til = 9,4 °C, bedeutet, dass 85 % der Ergebnisse unter- daraus abgeleiteten Veränderungen der Treibhausgas-
halb dieses Wertes liegen und nur 15 % darüber. emissionen.
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Begriffsbestimmung in der Klimamodellierung
Für die Analyse von Ergebnissen der Klimamodellie-
rung ist es notwendig, in den Texten zum Klimawan-
del eine einheitliche und fest definierte Sprache zu
nutzen. Sie soll helfen
• das Vertrauen in die Stichhaltigkeit der Erkenntnis-
se, basierend auf der Art, der Menge, der Qualität,
der Konsistenz der Belege und dem Grad der Über-
einstimmung, aufzubauen. Begriff Übereinstimmung
• ein auf der Basis quantitativer Analysen berech- sehr hohe Übereinstimmung In mindestens 9 von 10 Fällen
netes Maß der Unschärfe der Erkenntnisse bereit hohe Übereinstimmung In etwa 8 von 10 Fällen
zustellen.
mittlere Übereinstimmung In etwa 5 von 10 Fällen
geringe Übereinstimmung In etwa 2 von 10 Fällen
Multi-Modell-Ensembles sind ihrer Natur nach
„Ensembles of Opportunity“, das heißt, sie sind eine
Ansammlung zur Verfügung stehender Klimaprojekti- die Datenwolke der Klimaänderungssignale, die aus
onen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, einem solchen Ensemble generiert wird, nicht wie
wie beispielsweise für eine gewisse Region in einer eine unabhängige, identisch verteilte Zufallsstich-
gewissen Auslösung über einen gewissen Zeitraum probe verhält und zudem erhebliche Redundanzen
vorzuliegen. Weiterhin weisen viele Klimamodelle aufweist. In der Folge ist es nur möglich, den Grad
mehr oder weniger starke Ähnlichkeiten auf. Die der Übereinstimmung der genutzten Modellläufe zu
Kombination dieser beiden wichtigen Eigenschaften beschreiben.
von Multi-Modell-Ensembles, willkürliche Zusam-
mensetzung des Ensembles und nichtzufällige Ähn- Der Grad der Übereinstimmung ist kursiv gesetzt,
lichkeiten zwischen den Modellen, bewirkt, dass sich z. B. sehr hohe Übereinstimmung.
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Impressum
Zitierhinweis
DWD (2017): Nationaler Klimareport.
3. korrigierte Auflage, Deutscher Wetterdienst,
Offenbach am Main, Deutschland, 46 Seiten.
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Deutscher Wetterdienst
Abt. Klima- und Umweltberatung
DWD 3. korr. Auflage 10.17
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