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Informationen zum Thema „Klimaschutz“:

Erkenntnisse, Lösungsansätze und Strategien.


W
Statt eines Vorwortes.

Die Diskussionen, ob es einen Klimawandel gibt und wer dafür verantwortlich ist, haben sich seit Beginn
des Jahres 2007 weitgehend erledigt. Der damals veröffentlichte vierte Sachstandsbericht des Weltklimarates
lässt keinen Zweifel mehr daran, dass ein Klimawandel stattfindet und vor allem durch den Menschen
verursacht wird. Seitdem wird vielmehr darüber diskutiert, ob und wie die zur Vermeidung eines gefährlichen
Klimawandels nötigen Emissionsreduktionen erreicht werden können und wer welchen Beitrag dazu leisten
soll, kann oder muss.

Mit dieser Broschüre will die Allianz Umweltstiftung zur Versachlichung dieser oft sehr emotional
und kontrovers geführten Diskussionen beitragen. Dazu wird dargestellt, welche Treibhausgase vor
allem zur Klimaerwärmung beitragen, aus welchen Quellen sie stammen und wo
Emissionsreduktionen am sinnvollsten sind. Welche Beiträge erneuerbare Energien,
Energiesparen sowie andere Technologien dabei leisten könnten, ist ein weiterer
Schwerpunkt dieser Broschüre. Abschließend wird ein Einblick in die
internationale Klimapolitik gegeben und erläutert, welche Konzepte deutsche
Wissenschaftler für eine weltweite Klimaschutzstrategie entwickelt haben.

Die Allianz Umweltstiftung wünscht Ihnen eine bereichernde Lektüre.


Inhalt.
Informationen zum Thema „Klimaschutz“:
Erkenntnisse, Lösungsansätze und Strategien.

2 Der Klimawandel ist da.

4 Mit dem Klimawandel leben.

8 Den Klimawandel bremsen.

10 Energieversorgung – eine Schlüsselfrage.

14 Erneuerbare Energien.

16 Energie aus der Sonne.

20 Energie aus Wasser.

22 Energie aus Wind.

24 Energie aus Biomasse.

26 Energie aus der Tiefe.

28 Die Regenerativen – was sie könn(t)en.

30 Energie effizient nutzen – Energie sparen.

34 Emissionen vermeiden.

36 Wie reagiert die Politik?

38 Strategien für die Zukunft.

42 Glossar.

46 Literatur und Internet.

48 Allianz Umweltstiftung.

Folien.

Impressum.

Zahlen und Daten.

1
Der Klimawandel ist da.
Rekordtemperaturen, schmelzende Gletscher, steigender Meeresspiegel – dass sich das Weltklima
ändert, lässt sich kaum mehr bestreiten.

Dieses Kapitel informiert Sie über


• messbare und beobachtete Klimaänderungen Es wird wärmer.
• Prognosen zur weiteren Entwicklung des Weltklimas
• Grenzen der Belastbarkeit. Dass ein Anstieg der Treibhausgas-Konzentrationen
den Treibhauseffekt verstärkt, ist heute unter
Wissenschaftlern weitgehend unbestritten. Die
In der Atmosphäre tut sich was. weltweiten Beobachtungen und Messungen scheinen
dies zu belegen:
Klimaänderungen sind erdgeschichtlich gesehen ! Die globale Jahresmitteltemperatur (gemessen

eigentlich nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich an der Erdoberfläche) ist zwischen 1906 und
an den heutigen Vorgängen ist aber, dass sie mit 2005 um 0,74 °C gestiegen, in den letzten Jahren
natürlichen Ursachen allein nicht erklärbar sind immer schneller. Sie liegt heute so hoch wie
und mit einer geradezu beispiellosen Geschwin- seit 500, wahrscheinlich sogar seit 1 300 Jahren
digkeit ablaufen. nicht mehr (Folie 1, Abb. 1.2). Auch in den
So lassen sich z. B. in unserer Atmosphäre deutliche Ozeanen ist eine Temperaturerhöhung feststellbar.
Veränderungen bei den Konzentrationswerten so ! Die Gebirgsgletscher ziehen sich fast überall

genannter Treibhausgase feststellen. Treibhausgase zurück, z. T. in dramatischem Ausmaß und


sind verantwortlich für den Treibhauseffekt, der mit hoher Geschwindigkeit. Gleiches gilt für die
die globale Jahresmitteltemperatur natürlicher- Permafrostböden.
weise auf etwa 14 °C hält und Leben auf der ! Die vom Meereis bedeckte Fläche in der Arktis

Erde, wie wir es kennen, erst möglich macht. schrumpft.


Neben Wasserdampf (60 %) sind vor allem Kohlen- ! Der Meeresspiegel steigt an, seit 1993 allein um

dioxid/CO2 (20 %) sowie Methan und Lachgas von 3 mm jährlich.


Bedeutung. Im Vergleich zur vorindustriellen ! In der nördlichen Hemisphäre hat sich der Früh-

Zeit (1750) zeigen sich dabei markante Unter- jahrsbeginn immer weiter nach vorne verschoben.
schiede:
! Die Konzentration von CO2 ist um 37 % gestiegen

und liegt heute mit 385 ppm so hoch wie noch Welche Rolle spielt der Mensch?
Klimawirksam: Der natürli- nie in den letzten 800 000 Jahren.
che Treibhauseffekt unserer
! Die Methan-Konzentration in der Atmosphäre Nachdem bereits in den 1970er und -80er Jahren
Atmosphäre hält die glo-
bale Jahresmitteltempera- ist um 156 % gestiegen, ebenfalls beispiellos im weltweite Messdaten eine Erhöhung des CO2-Ge-
tur bei etwa 14 °C. oben genannten Zeitraum. haltes in der Atmosphäre gezeigt hatten, gründeten
! Die Lachgas-Konzentration ist um 19 % gestiegen die Welt-Meteorologie-Organisation (WMO) und
und so hoch wie seit 1 000 Jahren nicht mehr das Umweltprogramm der UN (UNEP) 1988 den
(Folie 1, Abb. 1.1). IPCC – den zwischenstaatlichen Ausschuss für
Klimawandel der Vereinten Nationen. Er doku-
mentiert laufend den aktuellen Wissensstand
Treibhausgase in der Atmosphäre (Abb. 1.1): Seit Beginn der Industrialisierung haben sich die
auf dem Gebiet der Klima- sowie Klimafolgenfor-
Konzentrationen markant erhöht. schung und gibt in Abständen von 5 bis 6 Jahren
umfassende Berichte heraus. Der letzte IPCC-
Treibhausgase in der Atmosphäre. Quelle: IPCC (2007)

Veränderungen 1750–2008 (2007)


WMO (2008)
Bericht von 2007 lässt keinen Zweifel daran, dass
der Klimawandel stattfindet und v. a. durch den
ppm ppm ppm
400 1,8 0,4 Menschen verursacht wird:
385 1,79 Seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahr-
300 0,3 0,32
280 0,27 hunderts wurden immer mehr Treibhausgase in
1
200 0,2
die Atmosphäre entlassen, die den natürlichen
0,71
100 0,1 Treibhauseffekt verstärken und so zu einem An-
0 0 0
stieg der Jahresmitteltemperaturen führen. Man
1750 2008 1750 2007 1750 2007 spricht in diesem Zusammenhang von einem
CO2 Methan Lachgas
anthropogenen oder zusätzlichen Treibhauseffekt.

2
Der Klimawandel legt zu. °C 0,5

In seinem Bericht hat der IPCC, ausgehend von Globale Jahresmitteltemperatur. 0


°C 0,5
Relativ zur Mitteltemperatur der Klimaperiode 1961– 1990 (= Nullwert)
verschiedenen Szenarien, die zukünftige Entwick- 0

lung des Weltklimas projiziert. -0,5


-0,5
Im günstigsten Fall wird dabei bis 2100 (Bezugs- °C 1 Globale Jahresmitteltemperatur (Nordhalbkugel) 1850 1900 1950 2000
1850 1900
wert ist der Mittelwert 1980-99) mit einer weiteren 0,5 Unsicherheitszone

Zunahme der Jahresmitteltemperatur um 1,8 °C 0


gerechnet, im ungünstigsten Fall um 4 °C (Folie 1,
-0,5
Abb. 1.3). Regional können die Werte allerdings
-1,0
stark differieren.
Neben der Temperaturzunahme werden auch Jahr 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000
Änderungen in der Niederschlagsverteilung, eine kontinuierliche
Quelle: vereinfacht nach IPCC (2001/2007)
über Proxy-Daten ermittelt Temperaturmessung
Häufung von Wetterextremen und ein weiterer
Anstieg des Meeresspiegels erwartet. Befürchtet Globale Jahresmitteltempe-
ratur (Abb. 1.2): Im 20. Jahr-
werden u. a. auch ein beschleunigtes Aussterben Interessenlagen und Verantwortlichkeiten machen hundert wird es messbar
von Tier- und Pflanzenarten und die Ausbreitung ein gemeinsames Handeln der Weltgemeinschaft wärmer.
von Krankheitserregern. nicht einfach, wie die mühsamen Verhandlungen
bei Klimakonferenzen deutlich zeigen.
Der Klimawandel ist mehrfach als größte Herausfor-
Eine kritische Grenze. derung unserer Zeit bezeichnet worden. Zweifel-
los gibt es noch zahlreiche andere Probleme. Viele
Niemand kann mit letzter Sicherheit sagen, wie dieser Probleme, wie wirtschaftliches Ungleichge-
genau sich eine weitere Erwärmung auf einzelne wicht, Armut oder die Ausbreitung von Krankheiten,
Länder, Ökosysteme oder das Gesamtsystem Erde werden aber durch den Klimawandel verschärft –
auswirken wird – und welche Veränderungen oder auch gemildert, wenn es gelingt, staatenüber-
möglicherweise irreversibel sein werden. Als greifend Lösungen zu finden.
maximal tolerierbare Erwärmung bis 2100 gegen- Als Reaktion auf den Klimawandel schlagen Wis-
über vorindustriellem Niveau hat sich in senschaftler unter dem Motto „Das Unvermeidbare
Wissenschaft und Politik in den letzten Jahren beherrschen und das Unbeherrschbare vermei-
ein Wert von 2 °C herauskristallisiert. Dieser Wert den“ eine Doppelstrategie vor: Zum einen gilt es,
ist aus der Schwankungsbreite und -geschwindig- sich an die unausweichlichen Folgen des Klima-
keit vergangener Klimaänderungen abgeleitet wandels anzupassen. Zum anderen sollen die Klimawandel.
Folie 1
und berücksichtigt die für die Weltgemeinschaft Emissionen von Treibhausgasen so reduziert
gerade noch tragbaren Anpassungskosten. werden, dass sich der Klimawandel verlangsamt,
seine Folgen abgemildert werden und Zeit für
die nötige Anpassung bleibt.
Weiter so?
Übrigens: Einen tieferen Einblick in das Klima-
Die Industrieländer der Erde, die bis heute am geschehen der Erde, den historischen Verlauf des
meisten zur Erhöhung der Treibhausgas-Konzen- Klimas und viele Details zum Klimawandel gibt !# Standpunkte
trationen beigetragen haben, werden voraussicht- die Broschüre Informationen zum Thema „Klima“:
lich weniger stark vom Klimawandel betroffen Grundlagen, Geschichte und Projektionen, die !# Klimaänderungen hat es
sein als viele ärmere Staaten – oder sogar Vorteile kostenlos bei der Allianz Umweltstiftung angefordert im Lauf der Geschichte immer
daraus ziehen können. Diese unterschiedlichen oder heruntergeladen werden kann. wieder gegeben. Kontinuität ist
eher die Ausnahme als die
Regel.
Das Wichtigste in Kürze:
!# Die Geschwindigkeit, mit
" Der Klimawandel ist Realität, seine Auswirkungen lassen sich bereits beobachten. der sich das Klima in jüngster
" Es bestehen kaum mehr Zweifel daran, dass der Mensch Verursacher des Klimawandels ist. Zeit ändert, ist beispiellos. Ob
" In Zukunft wird sich der Klimawandel mit ziemlicher Sicherheit weiter verstärken. und wie der Mensch in der
" Um die Folgen in erträglichen Grenzen zu halten, ist eine Anpassung an den Klimawandel Lage sein wird, darauf zu rea-
ebenso nötig wie eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen. gieren, ist die große Frage.

3
Mit dem Klimawandel leben.
Viele Folgen des Klimawandels sind nicht mehr zu vermeiden. Deshalb gilt:
„Nicht nur das Klima vor dem Menschen schützen, sondern auch den Menschen vor dem Klima.“

Dieses Kapitel zeigt Ihnen,


• welche Strategien entwickelt werden müssen, um mit den unvermeidbaren
Klimaveränderungen leben zu können Klimaschutz – Schutz vor dem Klima?
• dass die Umsetzung der Maßnahmen internationale Kooperation erfordert
• dass es Grenzen der Anpassung gibt. Strategien zur Anpassung an die unvermeidlichen
Folgen des Klimawandels sollten daher rasch
entwickelt und umgesetzt werden. Ziel dabei ist,
Menschenleben zu schützen, wirtschaftliche
Auf das Unvermeidbare reagieren. Schäden so gering wie möglich zu halten und, wenn
möglich, positive Folgen zu nutzen. Unabhängig von
In der öffentlichen Wahrnehmung spielt das zukünftigen Entwicklungen würden viele Regionen,
Thema Anpassung an den Klimawandel bis heute die schon heute durch Starkregen, Überschwem-
eine untergeordnete Rolle. So wurde in den mungen, Hitzeperioden oder Wirbelstürme gefähr-
vergangenen Jahren zunächst leidenschaftlich det sind, von Anpassungsmaßnahmen profitieren.
diskutiert, ob es eine globale Erwärmung gibt,
wer dafür verantwortlich ist und welche möglichen Bereits in der Klimarahmenkonvention von 1992
Folgen zu erwarten sind. Heute stehen die er- haben sich die beteiligten Länder verpflichtet,
forderlichen Emissionsreduzierungen sowie die „nationale […] Programme zu erarbeiten, umzu-
daraus für die Weltgemeinschaft entstehenden setzen und zu veröffentlichen und regelmäßig
Verpflichtungen im Vordergrund. zu aktualisieren, in denen […] Maßnahmen zur
Doch selbst im günstigsten Szenario des IPCC Erleichterung einer angemessenen Anpassung
wird mit einem weiteren Temperaturanstieg ge- an die Klimaänderungen vorgesehen sind.“ Um
rechnet (um 1,8 °C bis 2100). Sogar bei einem derartige Anpassungsstrategien wirksam und
sofortigen Stopp aller Treibhausgas-Emissionen zielgerichtet zu entwickeln, sind möglichst detail-
wäre aufgrund der Trägheit des Klimasystems lierte Prognosen nötig. Forschungen befassen sich
ein Anstieg von mindestens 0,6 °C zu erwarten. deshalb einerseits mit den möglichen Auswirkungen
Land unter: Vor allem an Auch eine noch so drastische Emissionsreduzie- des Klimawandels auf eine bestimmte Region,
den großen Flüssen wird
man sich auf häufigeres
rung wird also den Klimawandel und die damit andererseits mit der Anfälligkeit der verschiedenen
Hochwasser einstellen zusammenhängenden Folgen nicht völlig ver- Regionen bzw. ihrer Fähigkeit zur Anpassung.
müssen. hindern können. Lediglich die Höhe und die
Geschwindigkeit des Temperaturanstiegs lassen
Anpassung gefragt: Die
sich durch eine entsprechende Klimapolitik Aktionspläne.
Alpen werden besonders noch beeinflussen.
stark vom Klimawandel Ein Beispiel auf internationaler Ebene ist das so
betroffen sein.
genannte AIACC-Projekt (2001–2007). Ein Team
internationaler Wissenschaftler unter Leitung
des UN-Umweltprogramms (UNEP) untersuchte
dabei die Auswirkungen des Klimawandels in
verschiedenen Weltregionen und formulierte
konkrete Empfehlungen für 24 besonders betrof-
fene Länder.
Die deutsche Bundesregierung beschloss 2005 im
Rahmen des „Nationalen Klimaschutzprogramms“
ein „Konzept zur Anpassung an den Klimawandel
in Deutschland“. Am Umweltbundesamt wurde
dazu das „Kompe tenz zentrum Klimafolgen und
Anpassung“ (KomPass) eingerichtet. Für unter-
schiedliche Bereiche, wie Gesundheit, Landwirt-
schaft, Wasserwirtschaft, Verkehr oder Tourismus,
wird ermittelt, wie sie von den erwarteten Aus-

4
Unter Palmen am Chiemsee?
Um möglichst zielgenaue Anpassungsstrategien
entwickeln zu können, hat das Umweltbundes-
amt detaillierte Klimaszenarien für Deutsch-
land bis zum Jahr 2100 erstellen lassen:
Südwestdeutschland, Ostdeutschland und
die Alpen werden demnach am stärksten
betroffen sein. In Ostdeutschland sind die
geringe Wasserverfügbarkeit und die Gefahr
von Dürren im Sommer ausschlaggebend. Bis
2080 könnten hier Niederschlagsverhältnisse
herrschen wie heute im südlichen Spanien. In
Südwestdeutschland, vor allem im Oberrhein-
graben, wird mit der stärksten Erwärmung
innerhalb Deutschlands gerechnet – je nach
Anstieg der Treibhausgase um mehr als 4 °C
im Vergleich zum Durchschnitt der letzten
Wenn der Regen ausbleibt:
50 Jahre. In den Alpen beruht die Anfälligkeit In vielen Regionen wird die
auf der zunehmenden Hochwassergefahr Nutztierarten erfolgen. So könnte laut AIACC- Landwirtschaft auf gerin-
gere Niederschläge reagie-
sowie der Gefährdung vieler endemischer Projekt in Gambia trotz ausbleibender Regen- ren müssen – z. B. mit
(nur hier vorkommender) Tier- und Pflanzen- fälle die Hirseernte erhöht werden, wenn neue innovativen Bewässerungs-
arten, die ein kühleres Klima bevorzugen und Sorten, Dünger oder ein anderes Bewässerungs- methoden.
bei einer Erwärmung nicht in andere Regionen system eingesetzt würden.
ausweichen können.
Insgesamt wird es im Sommer in weiten
Teilen Deutschlands wahrscheinlich weniger Auf Wetterextreme vorbereitet sein.
Niederschläge geben. Im Winter werden im
Süden und Südosten mehr Niederschläge fallen Die für viele Regionen prognostizierte Zunahme
– allerdings weniger in Form von Schnee. von Niederschlägen und Wetterextremen erfor-
Eine Zunahme von Wetterextremen wie Stürme, dert verstärkte Anstrengungen beim Schutz vor
Starkniederschläge und Hitzeperioden gilt als Überschwemmungen, Erdrutschen und Stürmen
wahrscheinlich. – z. B. durch bessere Vorhersage- und Frühwarn- Vorsorge statt Nachsorge:
systeme oder direkte Schutzmaßnahmen (Deiche, Verbesserte Vorhersage-
und Frühwarnsysteme kön-
wirkungen des Klimawandels betroffen sind, Dämme, Schutzmauern ...). Auch indirekte und nen zur Verminderung von
welche Anpassungsmaßnahmen sinnvoll und vorbeugende Maßnahmen wie die Schaffung Sturmschäden beitragen.
nötig sind, was sie kosten und ob technische großer Überflutungsbereiche und eine entspre-
oder finanzielle Grenzen bestehen. chende Bau- und Siedlungsplanung sind Teil einer
2008 verabschiedete das Bundeskabinett die vorausschauenden Anpassungsstrategie. Ein Brenn-
„Deutsche Anpassungsstrategie“, die für 15 Hand- punkt in diesem Zusammenhang sind die Küsten-
lungsbereiche und ausgewählte Regionen mögliche gebiete: Sie zählen zu den besonders dicht
Klimafolgen und Anpassungsstrategien skizziert. bevölkerten Regionen und sind von steigendem
Bis 2011 soll dann gemeinsam mit den Bundes- Meeresspiegel und Stürmen besonders betroffen.
ländern und anderen Beteiligten ein konkreter Was Anpassungsmaßnahmen bewirken können,
Aktionsplan „Anpassung“ erarbeitet werden. zeigt sich z. B. in Bangladesch. Nach katastro-
phalen Zerstörungen durch Zyklone in den Jahren
1970 und 1991 schuf die Regierung ein Pro-
Umdenken in der Landwirtschaft. gramm zum Schutz der Bevölkerung: Eine Leit-
zentrale sammelt Informationen von Schiffen,
In vielen Teilen der Welt wird in Zukunft Wasser Radarstationen sowie Wettersatelliten und löst
immer weniger verfügbar sein. Betroffen sind v. a. bei einem anrückenden Zyklon über Radio und
die Regionen, in denen bereits jetzt das Wasser Fernsehen Alarm aus. Für die Bevölkerung wur-
knapp und die Abhängigkeit der Menschen von den zahlreiche Schutzbauten errichtet. Der Er-
der Landwirtschaft groß ist. Anpassung kann hier folg des Programms zeigte sich 2007: Beim
z. B. durch innovative Bewässerungsmethoden Zyklon „Sidr“ starben weit weniger Menschen
und die Verwendung anderer Pflanzensorten oder als 1970 bzw. 1991.

5
Wenn das Klima krank macht. Neue Konzepte im Tourismus.

Die erwarteten Klimaveränderungen werden Die Tourismusbranche wird sich allen Prognosen
sich nach Ansicht vieler Experten auch auf die nach weltweit auf Veränderungen einstellen müs-
menschliche Gesundheit auswirken. Die Zunahme sen. Manche Länder und Regionen können vom
hitzebedingter Erkrankungen und Todesfälle Klimawandel profitieren, andere zählen eher zu
sowie die Ausbreitung typischer Tropenkrankheiten den Verlierern – z. B. die Mittelmeerländer, in
nach Norden werden als häufigste Folgen genannt. denen es im Sommer unerträglich heiß werden
Anpassung kann hier durch eine verbesserte Auf- könnte. Nordeuropa, speziell die deutsche
klärung der Bevölkerung und des medizinischen Ostseeküste, darf sich dagegen auf steigende
Fach- und Pflegepersonals, die Einführung Touristenzahlen freuen. Für die Alpen wird ein
entsprechender Frühwarnsysteme und spezieller Rückgang der winterlichen Schneebedeckung
Gesundheitsprogramme erfolgen – wie die fol- prognostiziert, was vor allem tiefer gelegene Ski-
genden Beispiele zeigen: gebiete vor Probleme stellen dürfte. Dem könnte
Im Sommer 2003 kam es in Europa durch eine durch flexible und neue Urlaubsangebote begeg-
außergewöhnliche Hitzewelle zu ca. 35 000 Todes- net werden.
fällen. Allein in Frankreich starben 12 000 meist
ältere Menschen. Dies lag insbesondere an
mangelnder Information und Vorbereitung der Lebensräume erhalten und schaffen.
Bevölkerung sowie des Pflegepersonals in Alten-
heimen. In den folgenden Jahren wurden europa- Auch Tiere und Pflanzen werden vom Klimawandel
weit Warn- und Informationssysteme aufgebaut – betroffen sein, vor allem von veränderten Tempe-
2006 führten ähnlich hohe Temperaturen zu ratur- und Niederschlagsverhältnissen. So reagie-
deutlich weniger Toten. ren zum Beispiel Korallenriffe sehr empfindlich
In den nördlichen Regionen Mexikos gab es zwi- auf Veränderungen der Wassertemperatur. Wird
schen 1980 und 1996 tausend Mal mehr Fälle diese zu hoch, stört dies die lebenswichtige Sym-
des von einer Mücke übertragenen Denguefiebers biose zwischen Korallen und Algen. Es kommt
Einen kühlen Kopf bewah-
ren: Gezielte Aufklärung als im Süden von Texas. Da beide Regionen über zur Korallenbleiche und zum Absterben ganzer
hilft der Bevölkerung, sich ein nahezu identisches Klima verfügen, ist dies Riffe mit ihren komplexen Lebensgemeinschaften.
bei Hitzewellen richtig zu
verhalten.
nur mit den gesellschaftlichen Unterschieden Auch viele andere Ökosysteme oder einzelne
(Gesundheitssystem, soziale und sanitäre Verhält- Arten werden sich nur schwer anpassen können.
nisse) zu erklären. Ähnliches gilt für die ebenfalls Bei Planung und Management von Schutzgebieten
von einer Stechmücke übertragene Malaria. Sie sollte deshalb dafür gesorgt werden, dass sich
tritt besonders dort auf, wo große Armut herrscht. betroffene Tiere und Pflanzen neue Lebens-
Neben dem Angebot an Information sind also die räume erschließen können, was v. a. in dichter
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein wich- besiedelten Ländern schwierig werden könnte.
In Zukunft wärmer und
sonniger: Die Urlaubsorte tiger Faktor für die Anfälligkeit gegenüber Klima- Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den so
an der Ostsee werden folgen. genannten „Hot Spots“– Regionen oder Schutz-
wahrscheinlich vom Klima-
gebieten, die eine besonders hohe oder einma-
wandel profitieren.
lige Artenvielfalt aufweisen.

Mehrere Fliegen mit einer Klappe.

Anpassungsmaßnahmen können lokal und regio-


nal umgesetzt werden, kommen der Bevölkerung
vor Ort zugute und sind unmittelbar wirksam. Sie
sind deshalb politisch besser durchsetzbar als die
nachfolgend diskutierten Reduktionsmaßnahmen
bei Treibhausgasen, die auf internationalen Konfe-
renzen ausgehandelt werden und, wenn über-
haupt, in ferner Zukunft und eher global wirken.
Anpassung gibt dem Einzelnen, einer Region oder
einem Land die Möglichkeit, direkt und unmittel-

6
bar auf klimabedingte Veränderungen zu reagie- Quelle: IPCC (2001)

ren. Eine rasche Umsetzung macht sich sofort in


Meeresspiegelanstieg auf Grund von
einer geringeren Anfälligkeit bemerkbar. Eisschmelze: mehrere Jahrtausende

Oft können mehrere Ziele gleichzeitig erreicht Meeresspiegelanstieg auf Grund


oder positive Effekte verstärkt werden. So dient thermischer Expansion:
Jahrhunderte bis Jahrtausende
beispielsweise das Freihalten von Überschwem-
Temperaturstabilisierung:
mungsflächen auch dem Schutz von Auenwäl- einige Jahrhunderte
dern. Der Aufbau eines gut funktionierenden CO2-Stabilisierung:
Hitze- oder Sturmwarnsystems kommt der Bevöl- 100 bis 300 Jahre

kerung auch bei „normalen“ Katastrophen zugute CO2-Emissionen


Heute 100 Jahre 1000 Jahre
und vorbeugende Gesundheitsprogramme sowie
Aufklärungskampagnen haben auch unabhängig
von Klimafolgen positive Auswirkungen auf eine Trägheit der Klimasysteme (Abb. 2.1): Auch wenn sich der CO2-Gehalt in der Atmosphäre
Gesellschaft. stabilisiert, wird der Meeresspiegel noch über Jahrhunderte hinweg ansteigen.

Klimaschutz
Folie 2

Internationale Kooperation.
Hintergründe.
Trägheit der Klimasysteme. Quelle: IPCC (2001)

Meeresspiegelanstieg aufgrund von


Eisschmelze: mehrere Jahrtausende

Meeresspiegelanstieg auf Grund

Höhen erreichen, wenn sich die Treibhausgas-


thermischer Expansion:
Jahrhunderte bis Jahrtausende

Temperaturstabilisierung:
einige Jahrhunderte

CO2-Stabilisierung:
100 bis 300 Jahre

Die Fähigkeit eines Landes, sich an wetter- und Emissionen weiter ungebremst entwickeln. CO2-Emissionen

Zusätzlicher Treibhauseffekt.
Heute 100 Jahre 1000 Jahre

klimabedingte Gefahren und Belastungen anzu- Auch wenn konkrete Zahlen aufgrund vieler
Sonstiges
ca. 14%

Lachgas
ca. 6 % CO2
CO2 ca. 60%
Methan

passen, ist von seinen finanziellen und wirtschaft- unbekannter Faktoren mit Vorsicht zu bewer-
Methan
Lachgas
ca. 20 %

Anteil klimawirksamer
Gase am zusätzlichen
Treibhauseffekt

lichen Ressourcen sowie seinem politischen ten sind, zeigt sich immer deutlicher: Je Quellen anthropogener Treibhausgase.

Verbrennung
Landwirtschaft
Verbrennung
fossiler Brennstoffe
(Kohle, Öl, Gas)
Quelle: LfU (2004)
dena (2008)

Waldzerstörung

System abhängig. Viele Entwicklungs- und schneller und stärker der Klimawandel voran-
fossiler Brennstoffe Brandrodung
Waldzerstörung
(Kohle, Öl, Gas)
Brandrodung
15%
20%
15%
50%

20% 80%

Schwellenländer sind deshalb doppelt benachtei- schreitet, desto teurer wird es.
Industrie
Produktionsprozesse

Treibhausgase insgesamt CO2

ligt: Zum einen werden sie wahrscheinlich am Bei einer stärkeren Temperaturerhöhung kön-
Allianz Umweltstiftung ©

stärksten unter den Folgen des Klimawandels nen zudem so genannte Kipp-Punkte – Tipping- Hintergründe.
Folie 2
leiden, obwohl sie am wenigsten dazu beigetragen Points – erreicht werden, wie z. B. das
haben. Zum anderen können sie oft nicht die Abschmelzen des grönländischen Eisschildes.
nötigen Mittel für Anpassungsmaßnahmen auf- Einmal in Gang gekommen, ließe sich dieser
bringen. Auf der Klimakonferenz von Bali im Vorgang nicht mehr umkehren. Der Meeres- !" Standpunkte
Dezember 2007 wurde deshalb ein Anpassungs- spiegel würde unaufhaltsam um bis zu 7 m
fonds eingerichtet, der über eine Abgabe auf ansteigen – über Jahrhunderte hinweg, selbst !" Der Mensch ist ein Anpas-
Umsätze im Emissionshandel finanziert wird. wenn sich die CO2-Konzentration stabilisieren sungskünstler. Bei uns wird’s
Experten halten die daraus entstehenden Summen bzw. zurückfahren ließe (Folie 2, Abb. 2.1). wärmer? Macht nichts, in wär-
allerdings für nicht mehr als den sprichwörtlichen Anpassung alleine ist deshalb keine ausrei- meren Ländern leben ja auch
„Tropfen auf den heißen Stein“. chende Reaktion auf die Herausforderung Menschen. Außerdem hat der
Klimawandel. Ohne eine gleichzeitige Emissi- Klimawandel auch positive Ef-
onsreduzierung wird sie rasch an ihre wirt- fekte.
Anpassung allein reicht nicht. schaftlichen und technischen Grenzen
stoßen. Zudem sind Anpassungsmaßnahmen !" Die Anpassungsfähigkeit
Inzwischen haben mehrere Studien gezeigt, dass umso wirkungsvoller, je schneller parallel hat Grenzen. Eine deutliche
die Kosten zur Behebung von durch den Klima- dazu der Ausstoß von Treibhausgasen redu- Klimaerwärmung könnte welt-
wandel verursachten Schäden astronomische ziert wird. weit zu Millionen von Klima-
flüchtlingen führen.

Das Wichtigste in Kürze:


!" In Entwicklungsländern
! Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten, allenfalls noch zu bremsen. muss vorrangig nach dem
! Die Anpassung an die unvermeidbaren Folgen ist deshalb ein wichtiger Baustein einer weltweiten Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“
Klimastrategie. die wirtschaftliche Entwick-
! Vor allem die ärmeren Staaten werden sich kaum vor den Folgen des Klimawandels schützen lung unterstützt werden.
können. Sie sind deshalb auf die Hilfe der Industriestaaten angewiesen. Denn die Schaffung von Wohl-
! Um die Anpassungsfähigkeit nicht zu überfordern, ist gleichzeitig auch die Reduktion der stand ist die beste Anpassungs-
Treibhausgas-Emissionen nötig. maßnahme.

7
Den Klimawandel bremsen.
Die Diagnose ist klar, die Ursachen sind bekannt, ein „Weiter so wie bisher“ ist kaum mehr zu
verantworten. Doch wo und wie macht Handeln Sinn?

Dieses Kapitel erklärt Ihnen,


• wie der Mensch den Treibhauseffekt verstärkt
• welche Rolle die Energieversorgung dabei spielt.

Die Wirkung der Treibhausgase.

Durch die Emission von Treibhausgasen verstärkt


der Mensch den natürlichen Treibhauseffekt.
Welchen Anteil einzelne Treibhausgase daran haben,
hängt von ihrer Klimawirksamkeit und ihrer
Menge ab.
Dem Kohlendioxid (CO2) kommt eine bedeutende
Rolle zu. Sein Beitrag zum anthropogenen, zusätz-
lichen Treibhauseffekt wird auf etwa 60 % ge-
schätzt. Methan ist zwar 20-mal wirksamer als
CO2, jedoch in wesentlich geringeren Mengen
vorhanden. Es wird für 20 % des zusätzlichen
Treibhauseffektes verantwortlich gemacht, das
300-mal wirksamere Lachgas für nur 6 %. Den
Rest machen verschiedene andere Gase aus, u. a.
die extrem klimawirksamen Fluorchlorkohlenwas-
serstoffe (Folie 2, Abb. 2.2).

Energieerzeugung, Brandrodung und Landwirtschaft sind


Fossile Energieträger: gemeinsam für 80 % des anthropogenen Treibhauseffek-
Hauptstützen der weltwei-
Nachschub für das Treibhaus. tes verantwortlich.
ten Energieversorgung und
Hauptursache des anthro- Das vom Menschen in die Atmosphäre verbrachte
pogenen Treibhauseffektes.
CO2 stammt zu etwa drei Vierteln aus der Verbren-
nung der fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Quelle sind großflächige unterirdische Brände von
Erdgas (Folie 2, Abb. 2.3). Ein erheblicher Teil Kohleflözen – v. a. in Ländern wie China, Indien,
wird auch bei der Brandrodung großer Waldge- Indonesien, aber auch den USA. Allein die chine-
biete freigesetzt. Das in den Bäumen gespeicherte sischen Brände setzen Schätzungen zufolge so viel
CO2 entweicht dabei ebenso in die Atmosphäre CO2 frei wie der gesamte deutsche Straßenverkehr.
Der zusätzliche Treibhaus-
effekt (Abb. 2.2): CO 2, Me- wie ein Teil des im Boden gebundenen Kohlen-
than und Lachgas haben stoffs. Eine weitere nicht zu unterschätzende Über die Hälfte der weltweiten Methan-Emissionen
den größten Anteil.
kommt vermutlich aus anthropogenen Quellen –
u. a. aus der Verbrennung fossiler Energieträger
Sonstiges
oder durch Ausgasungen aus Deponien. Haupt-
ca. 14% quelle ist allerdings die Landwirtschaft, hier beson-
Lachgas ders der Reisanbau und die Viehzucht. Vor allem
ca. 6 % CO2 Rindermägen produzieren Methan. Der zuneh-
CO2 ca. 60% mende Fleischkonsum – inzwischen auch in
Methan
Methan Schwellenländern wie China – führt weltweit zu
Lachgas
ca. 20 %
immer größeren Viehbeständen und damit zu
Anteil klimawirksamer steigenden Emissionen.
Gase am zusätzlichen
Treibhauseffekt Eine weitere, derzeit noch weitgehend ruhende
Methanquelle sind die Permafrostgebiete der
Nordhemisphäre, die immerhin 25 % der Land-

8
masse der Erde ausmachen. Sollten sie großflächig
auftauen, befürchten Wissenschaftler die Freiset- Quellen anthropogener Treibhausgase. Quelle: LfU (2004)
dena (2008)

zung großer Mengen Methan – und CO2. Landwirtschaft


Verbrennung
fossiler Brennstoffe
Verbrennung (Kohle, Öl, Gas) Waldzerstörung
fossiler Brennstoffe Brandrodung
Auch die anthropogenen Lachgas-Emissionen hän- (Kohle, Öl, Gas)
Waldzerstörung
Brandrodung
gen mit der Landwirtschaft zusammen, in erster 15%
20%
Linie mit dem Einsatz von Mineraldünger. Dane-
15%
ben wird auch in der industriellen Produktion 50%

sowie bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe und 20% 80%


Industrie
der Brandrodung Lachgas frei. Produktionsprozesse

Treibhausgase insgesamt CO2


Berücksichtigt man alle relevanten Treibhausgase,
sind am anthropogenen Treibhauseffekt die Brand- Quellen anthropogener
rodung von Wäldern und die Landwirtschaft mit Treibhausgase (Abb. 2.3):
Die Energiewirtschaft ist
jeweils ca. 15 % beteiligt, die chemische Produktion bei den Treibhausgasen zu
(z. B. FCKW) mit etwa 20 % und die Verbrennung 50 %, beim CO2 sogar zu
fossiler Energieträger mit 50 %. Der Energiebedarf Stabilisieren. 80 % beteiligt.
der Welt ist also Hauptursache für die steigenden
Treibhausgas-Konzentrationen und den Klimawandel Um dieses Ziel zu erreichen, müsste der Zuwachs
– denn über 80 % des weltweiten Primärenergie- der globalen Treibhausgas-Emissionen bis späte-
Klimaschutz
Folie 2

Hintergründe.
Trägheit der Klimasysteme. Quelle: IPCC (2001)

verbrauchs entstammen fossilen Energieträgern stens 2020 gestoppt werden – trotz Wirtschafts-
Meeresspiegelanstieg aufgrund von
Eisschmelze: mehrere Jahrtausende

Meeresspiegelanstieg auf Grund


thermischer Expansion:
Jahrhunderte bis Jahrtausende

(Folie 2, Abb. 2.3). und Bevölkerungswachstum. Anschließend sollten


Temperaturstabilisierung:
einige Jahrhunderte

CO2-Stabilisierung:
100 bis 300 Jahre

CO2-Emissionen

die weltweiten Emissionen bis zum Jahr 2050 um


Heute 100 Jahre 1000 Jahre

Zusätzlicher Treibhauseffekt.

Sonstiges
ca. 14%

50 % gegenüber 1990 sinken und dieses Niveau CO2


Methan
Lachgas
ca. 6 %

Methan
CO2
ca. 60%

Der Geist aus der Flasche.


Lachgas
ca. 20 %

dann auch langfristig nicht überschreiten. Für Anteil klimawirksamer


Gase am zusätzlichen
Treibhauseffekt

Quellen anthropogener Treibhausgase.

Industrieländer wird sogar eine Reduzierung um


Quelle: LfU (2004)
dena (2008)

Verbrennung
Landwirtschaft fossiler Brennstoffe
Verbrennung (Kohle, Öl, Gas) Waldzerstörung
fossiler Brennstoffe Brandrodung
Waldzerstörung
(Kohle, Öl, Gas)
Brandrodung

Der weltweite Bedarf an Energie wird allen Progno- 80 % bis 2050 gefordert, weil sie für den weitaus
15%
20%
15%
50%

20% 80%
Industrie
Produktionsprozesse

sen nach weiter steigen. Grund ist neben dem steti- größten Teil der bisherigen Emissionen verantwort- Treibhausgase insgesamt

Allianz Umweltstiftung ©
CO2

gen Anwachsen der Weltbevölkerung das starke lich sind.


Hintergründe.
Wirtschaftswachstum in Schwellenländern wie Bra- Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgas- Folie 2
silien, Indien und besonders China. Zukünftig Emissionen sollten also rasch und an möglichst
werden auch die bisher weniger entwickelten Län- vielen Punkten gleichzeitig ansetzen. Das Löschen
der einen höheren Wohlstand anstreben, was mit brennender Kohleflöze bietet sich hier genauso an
einem steigenden Energiebedarf verbunden ist. Die wie entsprechende Maßnahmen in der Landwirt-
Internationale Energieagentur (IEA) rechnet damit, schaft. Besonders schnell und effektiv würde eine
dass die CO2-Emissionen bis 2030 um 45 % zuneh- Reduzierung oder ein Stopp der Brandrodung von "# Standpunkte
men (im Vgl. zu 2005). Die Konzentration von CO2 Wäldern wirken.
würde dadurch weiter steigen und der daraus resul- "# Die derzeitige Art der
tierende Klimawandel in den folgenden Jahrzehnten Die Schlüsselfrage und damit die wichtigste Stell- Energiegewinnung ist nicht zu-
nicht mehr beherrschbare Ausmaße annehmen. schraube für das zukünftige Klima ist allerdings kunftsfähig. Um die Treibhaus-
Der IPCC empfiehlt, den CO2-Gehalt in der Atmo- die weltweite Energieversorgung: Wie kann es ge- gas-Emissionen wirkungsvoll zu
sphäre nicht über 400 ppm (derzeit 385 ppm) anstei- lingen, den Energiebedarf mit weniger Treibhaus- senken und den Klimawandel
gen zu lassen. Dies entspricht der bereits genannten gas- und insbesondere weniger CO2-Emissionen zu bremsen, ist ein schnelles
2°C-Marke. zu decken? und radikales Umsteuern in
Sachen Energie nötig.

Das Wichtigste in Kürze: "# Neben der Energiegewin-


nung dürfen andere Bereiche
! Der Klimawandel wird vor allem durch eine Zunahme der Treibhausgase CO 2, Methan und
nicht vernachlässigt werden.
Lachgas in unserer Atmosphäre verursacht.
Ein Stopp der Brandrodung
! Diese Gase stammen aus der Brandrodung von Wäldern sowie aus Landwirtschaft und
von Wäldern in Asien und
Industrie; Hauptquelle ist aber die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zur Energiegewinnung.
Südamerika wäre schneller
! Wichtigste Stellschraube für unser künftiges Weltklima ist deshalb die Art der Energiever-
umzusetzen und würde sofort
sorgung bzw. die Wahl der Energiequellen.
wirken.

9
Energieversorgung – eine Schlüsselfrage.
Eine zuverlässige Energieversorgung hat unsere heutige Zivilisation erst möglich gemacht.
Doch ist die Struktur der Vergangenheit auch die Lösung für die Zukunft?

Dieses Kapitel beleuchtet


• die Bedeutung von Energie für das menschliche Leben
• den aktuellen Stand der Energieversorgung
• den zukünftigen Energiebedarf
• die Problematik fossiler Energieträger.

Energieversorgung I.
Klimaschutz
Folie 3 Ohne Energie geht nichts. dukten, von Kunststoffen über Kosmetikartikeln
Energieverbrauch Welt.

bis Medikamenten. In diesem Fall spricht man


Quelle: BMWi, BMU (2009)

Mrd.
EJ/a
500 10
9

Wie selbstverständlich kommt für uns Strom vom nicht energetischen Verbrauch.
Energieverbrauch
400 8
7
300 6
5
200 Weltbevölkerung 4
3
100 2

aus der Steckdose, heißes Wasser aus der Lei-


1
0
1900 1950 2000 2050

Energieverbrauch Deutschland. Quelle: BMWi (2009)


AGEB (2009)

tung und Treibstoff aus der Zapfsäule. Eine zu-


PJ/a Primärenergieverbrauch Endenergieverbrauch

15000 14003

Immer mehr Energie.


10000 8730

verlässige und ausreichende Energieversorgung


Verkehr
30,0%
Industrie
5000 27,5 %
Haushalte
26,4 %
Gewerbe, Handel
0 16,1 % Dienstleistung

ist Grundlage unseres Lebensstandards und


1990 1995 2000 2005 2008

Energieverbrauch im Vergleich. (Stand 2007) Quelle: BMWi (2009)


IEA (2009)
USA

GJ/a Primärenergie- Weltbevölkerung


verbrauch pro Kopf
300 324 Weltenergieverbrauch
Europäische Union

unseres Alltagslebens. Energie bedeutet unter Der Welt-Primärenergieverbrauch hat sich in den
Deutschland

CO2-Emissionen
Japan

200 18%

168 169 20% 46% 45% Industrieländer


Südamerika

149 (OECD)

letzten 30 Jahren beinahe verdoppelt und betrug


100

anderem:
China

16 % 21% China
62%
Afrika
Indien

Sonstige
50 62 38% 34 %
22 27
0

• Wärme (Heizung, Warmwasser, Küchenherd ...) im Jahr 2008 über 500 EJ (Folie 3, Abb. 3.1).
Allianz Umweltstiftung ©

Energieversorgung I. • Kälte (Kühlschrank, Klimaanlage ...) Ein Mensch verbraucht heute im Durchschnitt
Folie 3
• Licht (Wohnung, Straße ...) 16-mal mehr Energie als vor 130 Jahren, in den
• Mobilität (Auto, Bahn, Flugzeug ...) Industriestaaten noch wesentlich mehr.
Strom, Wärme, Mobilität: • Transport (Güter, Personen ...) In Deutschland wurden 2008 14 003 PJ Primär-
ohne ausreichend Energie • Kommunikation (Telefon, Internet ...) energie verbraucht. Nach Abzug der Umwand-
ist unser heutiges Leben
• Arbeitserleichterung (Haushalt, Industrie ...) lungsverluste verblieben 8 730 PJ an Endenergie,
nicht denkbar.
• Unterhaltung (Fernseher, Stereoanlage, Kino, die sich zu etwa je einem Drittel auf die Bereiche
Computer-Spiele ...) Haushalte, Verkehr und Bereitstellung von Waren
• Produktion (Antrieb von Maschinen, Steue- und Dienstleistungen aufteilte (Folie 3, Abb. 3.2).
rungen ...). Weltweit bestehen beim Energieverbrauch sehr
große Unterschiede. 18 % der Weltbevölkerung
Den meisten Menschen wird ihr Energiever- leben in den Industriestaaten und sind für fast
brauch erst bewusst, wenn – vor allem für Hei- die Hälfte des weltweiten Primärenergiever-
zung und Auto – Öl, Gas, Benzin oder Strom brauchs und der globalen CO2-Emissionen verant-
bezahlt werden müssen. Dabei geht der indi- wortlich (Folie 3, Abb. 3.3). Bewohner der
rekte Energieverbrauch in der Wahrnehmung oft ärmsten Länder wie Jemen, Haiti oder Bangladesch
unter, obwohl er den direkten um das 2,5-fache müssen mit einem Dreißigstel der Energie aus-
übersteigt. Zum indirekten Energieverbrauch kommen, die ein US-Amerikaner verbraucht.
zählen: Über 2 Milliarden Menschen haben keinen direkten
• Energie für die Umwandlung von Primärenergie Zugang zu Elektrizität.
(z. B. Kohle, Erdöl, Wind) in für Verbraucher
nutzbare Endenergie (z. B. Heizöl, Benzin,
Strom) Das Ende der Fahnenstange?
• Energie für die Herstellung von Lebensmitteln,
Kleidung, Gegenständen des täglichen Bedarfs Für die nächsten Jahrzehnte rechnen Experten
• Energie für den Bau von Straßen, Häusern ... mit einem weiteren Anstieg des weltweiten Ener-
• Energie für den Transport von Gütern und giebedarfs. Die Weltbevölkerung wird von derzeit
Personen. 6,75 Mrd. (2008) auf geschätzte 8,2 Mrd. Men-
schen im Jahr 2030 anwachsen und dann entspre-
Manche Energieträger dienen nicht nur der chend mehr Energie verbrauchen. Dazu kommt
Energiegewinnung, sondern auch als Rohstoff. die zunehmende Industrialisierung in den Schwellen-
Erdöl z. B. steckt in den verschiedensten Pro- und Entwicklungsländern, die den Energiebedarf

10
Energieverbrauch Welt. Quelle: BMWi, BMU (2009)

Mrd.
EJ/a
500 10
9
Energieverbrauch
400 8
7
300 6
Energie hält unsere Welt in Bewegung: Neben dem direk-
5
ten Energieverbrauch geht der indirekte in der Wahrneh- 200 Weltbevölkerung 4
mung meist unter, obwohl er um den Faktor 2,5 höher 3
liegt. 100 2
1
0
1900 1950 2000 2050

weiter ansteigen lässt. Im Gegensatz dazu haben


Weltbevölkerung und Energieverbrauch (Abb. 3.1): Tendenz steigend.
sich in vielen Industrieländern Wirtschaftswachs-
tum und Energieverbrauch entkoppelt, d. h. trotz
Wirtschaftswachstums stagniert der Energiever- Energieverbrauch Deutschland. Quelle: BMWi (2009)
AGEB (2009)
brauch – allerdings auf hohem Niveau.
PJ/a Primärenergieverbrauch Endenergieverbrauch
Auch die Mobilität nimmt weltweit ständig zu. Ein
eigenes Auto fahren, in den Urlaub fliegen, – für 15000 14003

viele ist das der Inbegriff von Freiheit und Wohl-


stand. In Deutschland kommen heute auf 1 000 10000 8730
Verkehr
Einwohner über 500 Autos. Seit den 1950er Jahren 30,0%
ist der PKW-Bestand weltweit 5-mal schneller 27,5 %
Industrie
5000
gestiegen als die Weltbevölkerung: von 50 Mio. Haushalte
26,4 %
auf heute 800 Mio. Autos. 2050 wird mit 2 Milli- Gewerbe, Handel
0 16,1 % Dienstleistung
arden Fahrzeugen gerechnet. 1990 1995 2000 2005 2008

Energieverbrauch in Deutschland (Abb. 3.2): Stabilisierung auf hohem Niveau.

Energie fossil.

Die weltweite Energieversorgung stützt sich über- Energieverbrauch im Vergleich. (Stand 2007) Quelle: BMWi (2009)
IEA (2009)

wiegend auf die fossilen Energieträger Kohle, Öl und


USA

GJ/a Primärenergie- Weltbevölkerung


verbrauch pro Kopf
Gas (Folie 4, Abb. 4.1). Daran wird sich vermutlich 300 324 Weltenergieverbrauch
Europäische Union

Deutschland

auch in nächster Zukunft wenig ändern. CO2-Emissionen


Der globale Energiebedarf steigt jährlich um ca. 2 %.
Japan

200 18%
Bis 2030 rechnet die IEA mit einer Zunahme um
168 169 20% 46% 45% Industrieländer
insgesamt 45 %. Der Ölbedarf wird demnach um
Südamerika

149 (OECD)
25 % steigen, bei Erdgas und Kohle wird eine Steige- 100
China

16 % 21% China
62%
rung von 50 % bzw. 57 % vorausgesagt. Dazu trägt
Afrika
Indien

Sonstige
50 62 38% 34 %
v. a. das Wachstum im asiatisch-pazifischen Raum 22 27
0
bei. Allein China benötigte 2007 so viel Öl, wie
Energieverbrauch weltweit (Abb. 3.3): extrem ungleich.
Saudi-Arabien, Kuwait und Iran fördern. Ein ähnli-
ches Bild zeigt sich bei der Kohle. China verbraucht
derzeit 40 % der weltweiten Kohleproduktion. Im
Schnitt geht dort jede Woche ein 1 000-MW-Kohle-
kraftwerk ans Netz. Nicht zu unterschätzen ist auch
die Rolle Indiens. 2010 wird Indien der viertgrößte
Energieverbraucher nach den USA, China und Japan
sein. Der Kraftwerkspark wird sich dort innerhalb
von 10 Jahren verdoppeln.
Auch in Deutschland dominieren die fossilen
Energieträger (Folie 4, Abb. 4.1): Zur Erzeugung
von Wärme – immerhin macht dies gut 50 % des
gesamten Endenergieverbrauchs aus – wird zum
Großteil Heizöl und Gas verwendet. Knapp die
Hälfte davon verbrauchen die privaten Haushalte. Anteile der Energieträger an der Energieversorgung (Abb. 4.1): fossil dominiert.

11
Im Verkehrssektor mit einem Anteil von gut 30 % von erneuerbaren Energien und Gas und durch
am Endenergieverbrauch kommen nahezu aus- die besseren Wirkungsgrade der Kraftwerke ge-
schließlich Mineralölprodukte zum Einsatz. sunken, der Anstieg des Stromverbrauchs hat
Strom – seine Erzeugung schlägt mit gut 20 % diese Reduktion allerdings kompensiert.
zu Buche – wird fast zur Hälfte aus Braun- und
Steinkohle gewonnen, mit steigender Tendenz
aus Erdgas. Der Anteil der Kernkraft an der Schlecht für das Klima.
Stromerzeugung beträgt derzeit 23 %.
Die Zahlen zeigen: Fossile Energieträger sind
gegenwärtig die Grundpfeiler der Energieversorgung
Energieversorgung II. Ab in die Atmosphäre. – weltweit. Im Moment deutet alles darauf hin,
Folie 4
dass wir sie noch Jahrzehnte benötigen werden,
Der Einsatz fossiler Energieträger führt immer möglicherweise sogar in größerem Ausmaß als
zu CO2-Emissionen. Dabei gibt es erhebliche Unter- heute. Denn wir wollen unseren Lebensstandard
schiede. Braunkohle setzt bei der Verbrennung pro erhalten, andere wollen ihren erhöhen.
Energieeinheit fast doppelt so viel CO2 frei wie Bei einem „Weiter so wie bisher“ würden die
Erdgas (Folie 4, Abb. 4.2). CO2-Emissionen zwangsläufig stetig zunehmen.
Nicht zu unterschätzen ist auch die CO2-Bilanz Eine Umstellung der Energieversorgung auf
von Strom. Obwohl Strom in Deutschland nur CO2-ärmere Energieträger wird in Zukunft aber
ein Fünftel des gesamten Endenergieverbrauchs auch aus einem weiteren Grund nötig werden:
ausmacht, ist er für fast die Hälfte aller energie- Fossile Energieträger – und auch Uran – sind
bedingten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. endlich, die Vorräte begrenzt.
Das liegt vor allem am hohen Anteil fossiler Wie lange sie in ausreichendem und bezahlbarem
Energieträger an der inländischen Stromerzeu- Umfang zur Verfügung stehen, hängt von den
gung (mit 25 % Braun- und 22 % Steinkohle). jeweiligen Reserven und Ressourcen ab.
Dies und die Energieverluste in den Kraftwer-
ken sowie beim Stromtransport – zur Herstel-
lung einer Energieeinheit Strom werden etwa Bis zum letzten Tropfen.
3 Einheiten Primärenergie verbraucht – belasten
in Deutschland jede Kilowattstunde Strom mit Auf Folie 4, Abb. 4.3 sind die Reichweiten der
knapp 600 g CO2. Dieser Wert liegt noch über so genannten Reserven dargestellt. Das sind
den spezifischen CO2-Emissionen von Braunkohle. Vorräte, die derzeit bekannt und wirtschaftlich
In Norwegen mit einem Anteil von fast 100 % abbaubar sind. Bei Ressourcen handelt es sich
regenerativer Energien an der Stromerzeugung um Vorkommen, die noch nicht entdeckt sind,
entstehen pro Kilowattstunde lediglich 15 g CO2, aber vermutet werden, sowie Vorkommen, die
in der Schweiz bei einem hohen Wasserkraftan- bekannt, aber derzeit technisch und/oder wirt-
teil sind es 41 g. schaftlich (noch) nicht abbauwürdig sind. Zu
Der Stromverbrauch ist in den letzten Jahren Letzteren zählen z. B. Ölschiefer, Ölsande, in
Kohle, Öl, Gas: Fossile in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Zwar Wasser führenden Schichten gebundenes Erdgas
Energieträger prägen sind die Treibhausgas-Emissionen für die Her- und Vorkommen in großer Tiefe. Schätzungen
weltweit die Energiever-
stellung einer kWh Strom durch den Einsatz zufolge gibt es deutlich mehr Ressourcen als
sorgung.

Spezifische CO 2-
Emissionen von Brenn-
stoffen (Abb. 4.2): Kohle
setzt besonders viel CO2
frei.

12
Energie auf Pump: Fossile Energieträger sind endlich. Reichweiten von Energie-
trägern (Abb. 4.3): Öl, Gas
und Uran werden als Erste
Reserven. Trotzdem können die fossilen Energie- Rechnet man einen steigenden Energiebedarf mit knapp.
träger und Uran den Energiebedarf der Menschheit ein, verringern sich die Werte. Nach Berechnungen
langfristig nicht decken. Mit einer zunehmenden des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts schrump-
Verknappung dieser Energieträger wird vermutlich fen sie bei Öl auf nur noch 22 Jahre, bei Gas auf
auch eine erhebliche Verteuerung verbunden 42 Jahre.
sein. Auch wenn sich z. B. Rohöl als Folge der
Finanzkrise deutlich verbilligt hat, zeigt die
Entwicklung in den Jahren davor, wie sich eine Nicht nachhaltig.
steigende Nachfrage auf den Preis eines begrenz-
ten Gutes auswirkt. Zur Erinnerung: Vom Ende Die derzeitige Form der weltweiten Energieversor-
der 1990er Jahre bis zum Beginn der Finanzkrise gung ist also aus mehreren Gründen problematisch:
hatte sich der Rohölpreis mehr als versechsfacht. Zum einen beeinflusst das bei der Verbrennung
Erdöl ist im Verhältnis zu anderen fossilen Energie- fossiler Energieträger entstehende CO2 das Welt-
trägern bereits am stärksten ausgebeutet. Seit den klima. Zum anderen sind Kohle, Öl und Gas – !" Standpunkte
1980er Jahren wird weniger Öl gefunden als ver- wie auch Uran – endlich, eine Verknappung und
braucht. Aufgrund der gegenwärtigen Bedeutung damit Verteuerung ist absehbar. Außerdem be-
!" Wir können den Menschen
von Erdöl wird man bald auf die teuren Ressourcen stehen bedenkliche Abhängigkeiten: Ein Großteil
in den ärmeren Staaten der
zurückgreifen müssen. der Erdölreserven befindet sich in politisch instabi-
Welt nicht einen Lebensstan-
Bei gleichbleibendem Verbrauch hat Erdöl mit len Regionen und bei Erdgas sind die Abnehmer
dard verbieten, den wir selbst
ca. 42 Jahren die geringste Reichweite. Bezieht auf einige wenige Förderländer angewiesen.
in Anspruch nehmen. Der
man die Ressourcen mit ein, steigt dieser Wert Es ist deshalb mehr als sinnvoll, Alternativen zu
Energiehunger wird deutlich
auf 63 Jahre. Die Reichweite von Erdgas beträgt suchen oder zu entwickeln. Welche Rolle können
zunehmen. Fossile Energieträ-
ca. 64 Jahre, während uns bei der Kohle insbeson- die erneuerbaren Energien dabei spielen? Wie lässt
ger bieten hier aber keine Per-
dere die Braunkohle noch Jahrhunderte zur Verfü- sich der weltweite Energiebedarf reduzieren?
spektive, wir müssen uns so
gung steht. Sie hat allerdings auch die schlechteste Wie schnell muss ein Umsteuern erfolgen? Gibt
schnell wie möglich von ihnen
CO2-Bilanz. Die Uranvorkommen reichen bei einer es Übergangslösungen? Welche politischen Kon-
verabschieden.
Nutzung in Leichtwasserreaktoren und ohne Auf- zepte liegen dazu vor? Mit diesen und anderen
bereitung der Kernbrennstoffe nur etwa 40 Jahre. Fragen beschäftigen sich die nachfolgenden Kapitel.
!" Ohne Kohle, Öl und Gas
wird es auch in Zukunft nicht
gehen. Vor allem die Kohle-
Das Wichtigste in Kürze:
vorräte reichen noch lange
! Wohlstand und Energieverfügbarkeit hängen eng miteinander zusammen. Weiteres Bevölkerungs- und Staaten mit reichen Vor-
wachstum und das Streben nach wirtschaftlichem Aufschwung in Schwellen- und Entwicklungs- kommen wie z. B. China wer-
ländern wird den Energiebedarf weiter steigen lassen. den kaum auf sie verzichten.
! Kohle, Öl und Gas sind die Träger der weltweiten Energieversorgung. Der Bedarf an diesen fossilen Es müssen Wege gefunden
Energieträgern nimmt kontinuierlich zu. werden, diese Energieträger
! Die Nutzung fossiler Energieträger belastet das Weltklima. Außerdem sind die Vorräte endlich und effizienter und vor allem kli-
in absehbarer Zeit erschöpft. mafreundlicher zu nutzen.

13
Erneuerbare Energien.
Über Jahrtausende stützte sich die Energieversorgung der Menschheit auf erneuerbare Energie-
quellen – bis sie von Kohle, Öl, Erdgas und Kernenergie verdrängt wurden. Doch die Erneuerbaren
stehen vor ihrem Comeback.

Dieses Kapitel gibt Ihnen einen Überblick über


• die verschiedenen erneuerbaren Energieträger
• Stärken und Schwächen erneuerbarer Energien
• den aktuellen Beitrag erneuerbarer Energien zur Energieversorgung.

Unerschöpfliche Energie.

Fossile Energieträger werden eines Tages erschöpft


sein. Sie bilden sich in vom Menschen überschau-
baren Zeiträumen nicht neu. Anders ist es bei
erneuerbaren oder regenerativen Energieträgern.
Die wichtigste Quelle der erneuerbaren Energie-
träger ist die Sonne. In ihrem 15 Mio. °C heißen
Inneren verschmilzt Wasserstoff zu Helium (Kern-
fusion), dabei wird energiereiche Strahlung frei
und in den Weltraum abgestrahlt. Die auf der Erd- Sonne, Wasser, Wind und Biomasse – gehört ihnen die
Zukunft?
oberfläche eintreffende Strahlung ist immer noch
so groß, dass sie den menschlichen Bedarf bei
Unerschöpfliche Energie- Weitem übersteigt. Theoretisch – denn aktuell kräften zwischen Erde, Mond und Sonne lässt
quelle: die Sonne.
wird nur ein Bruchteil an Energie direkt aus der sich Energie gewinnen. Beispiel hierfür ist die
Sonnenenergie gewonnen (Folie 5, Abb. 5.1). Nutzung der Gezeitenenergie.
Die Sonne wärmt nicht nur die Erde, sie treibt Folie 5 gibt einen Überblick über die verschiede-
den Wasserkreislauf an, bewirkt atmosphärische nen regenerativen Energien und ihre Quellen.
Klimaschutz
Folie 5

Erneuerbare Energien.
Potenzial. Quelle: BMU (2009)

Solarstrahlung

Wind, Biomasse,
davon derzeit
technisch nutzbar
Strömungen (Wind) und ist Motor der Fotosyn-
these. Damit beruhen nicht nur Fotovoltaik und
Erdwärme,
Meeresenergie, Weltenergieverbrauch
Wasser

Stärken und Schwächen.


Übersicht.

Solarstrahlung
Wärmepumpen
Fotovoltaik
Solarthermie
Wärme
Strom
Wärme Strom
Solarthermie auf der Kraft der Sonne, sondern
Fotolyse Brennstoff

Sonne
Wasserkraft

Wind
Wasserkraftwerke
Meeresströmungskraftw.

Wellenkraftwerke
Strom
Strom
Strom
auch Wasser- und Windkraft sowie die Nutzung
Windenergieanlagen Strom

von Biomasse (Folie 5, Abb. 5.2). Übrigens: Auch Im Hinblick auf die Einsparung von Treibhausgas-
Biomasse Biomassenutzung Wärme Strom Brennstoff

Mond Gezeiten Gezeitenkraftwerk Strom


Erde Geothermie Geotherm. Kraftw. Wärme Strom

fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl und Gas Emissionen werden in die regenerativen Energien
Erneuerbare Energiequellen in Deutschland (2008). Quelle: AGEB (2009)
BMU (2009)

Fotovoltaik 1,4 % Geothermie 0,9 % Geothermie < 0,1%


Fotovoltaik 4,3%
Solarthermie 1,4 %
Wasser

sind gespeicherte Sonnenenergie. große Hoffnungen gesetzt. Gegenüber den fossilen


7,2 %
Wind Wasser
14,0 % biogene 23,0% Wind
7,4 % Brennstoffe 15,1 %
Bio-Kraft- 43,5%
57,9 %
stoffe
17,2 % Biomasse
29,2%

Anteil am Primärenergieverbrauch

Allianz Umweltstiftung ©
Anteil am Stromverbrauch

Eine nicht solare Energiequelle kommt aus dem Energieträgern lassen sich folgende Vorteile nennen:
mehrere 1 000 °C heißen Erdinneren. Hier ist, Regenerative Energien
Erneuerbare Energien.
Folie 5
isoliert durch die Erdkruste, Energie aus der Erd- ! verursachen kaum CO2-Emissionen bzw. sind

entstehung gespeichert. Zusätzlich wird laufend klimaneutral


Energie aus dem Zerfall radioaktiver Stoffe freige- ! sind unbegrenzt vorhanden bzw. erneuern sich
Potenziale erneuerbarer setzt. Diese Energiequellen nutzt die Geothermie. ! lassen sich vergleichsweise gefahrlos nutzen
Energien (Abb. 5.1): Allein
Auch aus Planetenbewegungen und Anziehungs- und transportieren (keine Freisetzung proble-
das derzeit technisch nutz-
bare Potenzial übersteigt matischer Stoffe oder Strahlung)
den weltweiten Bedarf um ! reduzieren die Abhängigkeit von fossilen Energie-
ein Vielfaches.
trägern und deren Förderländern
! können auch im Inland gewonnen werden,
Potenzial. Quelle: BMU (2009)

davon derzeit
schaffen und sichern heimische Arbeitsplätze.
Solarstrahlung
technisch nutzbar

Ein weiteres Plus der erneuerbaren Energien:


Wind, Biomasse, Die für den Bau der Anlagen eingesetzte Energie
Erdwärme, wird schnell wieder eingespielt, die energetische
Meeresenergie, Weltenergieverbrauch
Wasser Amortisationszeit ist in der Regel kurz. Mit fossi-
len Energieträgern betriebene Kraftwerke amorti-
sieren sich dagegen energetisch gesehen nie. Für

14
1 kWh Energie muss z. B. in einem Braunkohle-
kraftwerk Kohle mit einem Energiegehalt von
2,5 kWh verfeuert werden.
Der Drei-Schluchten-Stau-
damm in China: ein Mega-
Auf der anderen Seite werden auch verschiedene Wasserkraftwerke stellen, ob klein oder groß, immer Projekt mit Risiken und
Nachteile der erneuerbaren Energien in die Dis- auch einen ökologischen Eingriff in ein Gewässer Nebenwirkungen.
kussion eingebracht: dar. Für negative Schlagzeilen sorgten in der Ver-
! die zeitliche Verfügbarkeit ist beschränkt gangenheit vor allem Großprojekte wie der Drei-
(v. a. bei Wind- und Sonnenenergie) Schluchten-Staudamm am Jangtse in China. Hier
! die räumliche Verfügbarkeit ist eingeschränkt kam es zu einer massiven Verschlechterung der
! die erneuerbaren Energien sind nur sehr Wasserqualität sowie sozialen Problemen durch
„verdünnt“ nutzbar und deshalb flächenintensiv Umsiedlungsmaßnahmen.
! Im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken In Deutschland spielten regenerative Energien in
ist die Leistungsdichte meist geringer den vergangenen Jahrzehnten kaum eine Rolle,
! bei Biomasse besteht Konkurrenz zu Nahrungs- allein die Wasserkraft konnte einen kleinen Beitrag
mitteln oder zu Belangen des Natur- und Arten- zur Stromerzeugung liefern. In letzter Zeit ist der
schutzes Anteil der erneuerbaren Energien jedoch deutlich
! regenerative Energien sind z. T. noch nicht gestiegen, befindet sich aber immer noch auf relativ
Holz und Holzkohle leisten
wirtschaftlich. niedrigem Niveau:
den größten Beitrag aller
Erneuerbare Energien leisteten 2008 erneuerbaren Energieträ-
Die genannten Stärken und Schwächen sind nicht 7,4 % des Primärenergieverbrauchs ger zum Weltenergiever-
brauch – nicht immer
bei allen erneuerbaren Energieträgern gleich aus- 9,7% des Endenergieverbrauchs besonders nachhaltig.
geprägt. Näheres beleuchten die folgenden Kapitel. 15,1 % des Stromverbrauchs
7,7% des Endenergieverbrauchs für Wärme
6,1% des Kraftstoffverbrauchs.
Erneuerbare Energien aktuell.
Quelle:( AGEB) (2009)
BMU (2009)
Fotovoltaik 1,4 % Geothermie 0,9 % Geothermie < 0,1%
2007 wurden 12,7 % des Welt-Primärenergiebe- Fotovoltaik 4,3%
Solarthermie 1,4 %
darfs durch erneuerbare Energien gedeckt (Folie 4, Wasser
Abb. 4.1), davon fast 80 % durch Biomasse und 7,2 %
Wind Wasser
knapp über 17 % durch Wasserkraft. Allerdings hat 14,0 % biogene 23,0% Wind
7,4 % Brennstoffe 15,1 %
die Nutzung erneuerbarer Energien teilweise auch Bio-Kraft- 57,9 %
43,5%
stoffe
negative Auswirkungen: 17,2 % Biomasse
29,2%
In Afrika z. B. ist der Anteil der Erneuerbaren
mit ca. 50 % zwar erfreulich hoch, beruht aber Anteil am Primärenergieverbrauch Anteil am Stromverbrauch
fast ausschließlich auf einer nicht nachhaltigen
Erneuerbare Energiequel-
Nutzung von Brennholz und Holzkohle. Dies Die genaue Verteilung der verschiedenen eneuerbaren len in Deutschland
führt zum Raubbau an Wäldern und im Extrem- Energieträger in Deutschland zeigt Folie 5, Abb. 5.3. (Abb. 5.3): klein, aber fein.
fall zur Versteppung ganzer Landstriche. Zudem Bei der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien
kommt es bei der Verbrennung von Holz oder spielen Wasser, Wind und Biomasse die größte
Viehdung an einfachen Feuerstellen zu gesund- Rolle, bei der Wärmebereitstellung dominiert die !# Standpunkte
heitlichen Schäden durch Rauchbelastungen. Biomasse (93,9 %).
!# Allein die Sonne stellt uns
Energie im Überfluss zur Ver-
fügung. Wir müssen sie nur
Das Wichtigste in Kürze:
anzapfen.
" Erneuerbare Energien sind praktisch unerschöpflich. Genutzt wird bislang nur ein Bruchteil.
" Die wichtigste erneuerbare Energiequelle ist die Sonne, die sich direkt (Fotovoltaik, Solarthermie) !# Das sind theoretische
und indirekt (Wasserkraft, Wind, Biomasse) nutzen lässt. Erdwärme und Gezeitenenergie sind Zahlen. Technisch und vor
weitere erneuerbare Energiequellen. allem wirtschaftlich nutzbar
" Die größten Vorteile erneuerbarer Energien sind ihre Klimaneutralität und ihre unbegrenzte ist nur ein geringer Anteil. Er
Verfügbarkeit. reicht längst nicht aus, den
" Der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch der Welt liegt derzeit bei zunehmenden Energiehunger
ca. 13 %, in Deutschland bei ca. 7 % – Tendenz steigend. der Welt zu stillen.

15
Energie aus der Sonne.
Die Sonne ist ein riesiges Energiereservoir. Pro Sekunde strahlt sie mehr Energie ab, als der
Mensch seit Beginn der Zivilisation verbraucht hat. Und wie nutzen wir diese unerschöpfliche
Energiequelle?

Dieses Kapitel zeigt mit Temperaturen von mehr als 1000 °C notwendig.
• den Unterschied zwischen Fotovoltaik und Solarthermie Andere Halbleitermaterialien sind noch in der Ent-
• die Nutzung der Sonnenwärme für den privaten Gebrauch wicklungsphase.
• den Einsatz der Sonnenenergie in großen Solarkraftwerken. Solarzellen können die solare Direkt-, aber auch die
Diffusstrahlung nutzen. Einen relativ hohen Wir-
kungsgrad bis zu etwa 20 % haben monokristalline
Energiespender Sonne. Siliziumzellen. Sie sind dafür aber aufwändiger und
teurer in der Herstellung als polykristalline Zellen
Bei der Solarenergienutzung unterscheidet man oder Dünnschichtzellen mit entsprechend schlech-
zwischen Fotovoltaik und Solarthermie. Fotovoltaikan- terem Wirkungsgrad. Die Lebensdauer einer Solar-
lagen wandeln Sonnenenergie direkt in elektrischen zelle beträgt ca. 20 Jahre. Fotovoltaikzellen haben
Strom um. Bei der Solarthermie wird die Sonnen- sich nach 3 bis 5 bzw. 2 bis 3 Jahren (Dünnschicht-
strahlung genutzt, um zu heizen oder über Dampf- zellen) energetisch amortisiert.
turbinen Strom zu erzeugen (Solarkraftwerke).

Als Insel oder am Netz.


Fotovoltaik – Strom aus Sonnenkraft.
Solarstrom eignet sich gut als Insellösung für Orte,
Strom fließt, wenn sich winzige, negativ geladene die fernab eines öffentlichen Stromnetzes liegen,
Teilchen – die Elektronen – von einem Minus- zu wie zum Beispiel für Leuchtbojen, Notrufsäulen
Unter Strom: Fotovoltaik-
zellen wandeln Licht direkt einem Pluspol bewegen. Nicht in allen Materialien oder Berghütten. Um auch in Zeiten ohne Sonnen-
in Strom um. kann Strom fließen. In Nicht-Leitern (Isolatoren) einstrahlung Strom nutzen zu können, ist dessen
wie Glas oder Gummi sind die Elektronen fest Speicherung in Batterien oder die Kombination
„eingebaut“. Leiter (z. B. Kupfer) dagegen verfügen der Fotovoltaikanlage mit einem zusätzlichen
über „frei bewegliche“ Elektronen. Halbleiter weisen Stromerzeuger erforderlich.
nur unter bestimmten Bedingungen „freie“ Ein Großteil der Fotovoltaikanlagen ist heute an
Klimaschutz
Folie 6

Energie aus der Sonne I.

Elektronen auf. Licht z. B. führt den „locker“ ein- das öffentliche Stromnetz angeschlossen und
Strom aus Sonnenkraft.

Halbleiter 1

Halbleiter 2

gebauten Elektronen Energie zu, sie werden kommt daher ohne Batterie aus. Die Leistungen
beschleunigt und gelöst. Man spricht in diesem Fall von Fotovoltaikanlagen für Privathäuser liegen
Aufbau einer Fotovoltaik-Zelle

Wärme aus Sonnenkraft.

kurzwellige

vom Fotoeffekt – je intensiver das Licht, desto zwischen 2 und 5 kW (= 20–50 m2). Strom wird
Sonnenstrahlung Glas-
kurzwellige fassade
Sonnenstrahlung
Kollektor

stärker ist der Effekt. auch in Fotovoltaik-Kraftwerken produziert, die Leis-


Pumpe Wärmetauscher langwellige
Warmwasser- Wärme-
aufbereitung strahlung

aktiv passiv

In einer Solarzelle sind zwei unterschiedliche Halb- tungen von über 1 MW erbringen. Eine Großanlage
Funktion eines Sonnenkollektors.

Wärmetauscher
dünne Rohre Speicher

zusätzlicher Heizkessel

leiter kombiniert. Bei Lichteinwirkung beginnen mit einer Fläche von etwa 5 Fußballfeldern hat z. B.
Kollektor
Glasscheibe Wärmedämmung

Pumpe
Absorber
Flüssigkeit
Wasch-,

sich die Elektronen zu bewegen, der untere Halb- eine Leistung von knapp über 5 MW und produziert
Kreislauf mit Spülmaschine
frostgeschützter Flüssigkeit
Schnitt

Allianz Umweltstiftung ©

leiter wird zum Plus-, der obere zum Minus-Pol. über das Jahr genügend Strom, um rein rechnerisch
Energie aus der Sonne I.
Wie bei einer Batterie kann nun Strom fließen 1500 Haushalte versorgen zu können.
Folie 6
(Folie 6, Abb. 6.1).
Das derzeit wichtigste Halbleitermaterial ist Silizium. Vorteile:
Aufbau einer Fotovoltaik- Es ist zwar das zweithäufigste Element der Erdrinde, • Strom kann dort erzeugt werden, wo er benötigt
Zelle (Abb. 6.1): Der Foto-
um es aber in Reinform, z. B. aus Sand oder Quarz, wird
effekt ist Grundlage der
Fotovoltaik – zwei Halblei- zu gewinnen, ist ein aufwändiges Schmelzverfahren • Solarzellen arbeiten nahezu verschleißfrei,
ter + Licht = Strom. lautlos und ohne Emissionen.

Nachteile:
Halbleiter 1 • Problem der Energiespeicherung, tageszeitab-
hängig
Halbleiter 2
• energieaufwändig in der Herstellung (lange
Amortisationsdauer)
• hoher Flächenbedarf bei vergleichsweise geringem
Aufbau einer Fotovoltaik-Zelle
Energiegewinn.

16
Vom Dach zur Steckdose. Flachkollektoren bestehen aus einem Kasten mit
durchsichtiger Abdeckung (z. B. Glas), einem
Deutschland ist Weltmeister bei der Fotovoltaik. Absorberblech (Metalle oder Kunststoffe) und
Die Kapazität ist in den letzten Jahren stetig ge- Röhren, die mit dem Absorber verbunden sind.
wachsen – auf inzwischen 5400 MW. Trotzdem Eine in den Röhren zirkulierende Flüssigkeit leitet
ist der Gesamtbeitrag an der Stromerzeugung in die aufgenommene Wärme in einen Warmwasser-
Deutschland mit 0,6 % relativ klein. speicher (Folie 6, Abb. 6.4). Bei einem Einfamilien-
Weltweit betrachtet spielt die Fotovoltaik kaum haus werden für die Versorgung mit warmem
eine Rolle. 2008 entfielen lediglich 0,2 % der Brauchwasser etwa 6 m2 Flachkollektor installiert.
vorhandenen Stromerzeugungskapazität auf Im Jahresmittel liefert die Anlage so etwa 60% des
Solarzellen. Die größten Potenziale werden in jährlichen Bedarfs an warmem Brauchwasser. Mit
den sonnenreichen Gebieten der Erde gesehen. einer Fläche von 11 bzw. 14 m2 lassen sich sogar
So ist z. B. der Energieertrag einer Fotovoltaikzelle in 20 bis 30 % des gesamten Wärmebedarfs inklusive
Südspanien doppelt so hoch wie in Süddeutschland. Heizung solar abdecken.
Den höchsten Wirkungsgrad erreichen Vakuum-
Passive Solarenergienut-
röhrenkollektoren: Die Absorber liegen hier in zung: Große Fenster und
Solarthermie – Wärme einfangen. mehreren nebeneinander befestigten Glasröhren, in eine entsprechende Aus-
richtung liefern kostenlos
denen ein Vakuum herrscht. Wärmeverluste sind Wärme.
Sonnenlicht besteht aus kurzwelliger Strahlung. dadurch fast gänzlich ausgeschlossen. Vakuumröhren-
Trifft diese auf Materie, wird sie zum Teil reflek- kollektoren liefern auch bei niedrigen Außentem-
tiert, zum Teil aufgenommen – absorbiert. Weiße peraturen noch Wärme. Sie sind jedoch erheblich kurzwellige

Materialien oder Spiegelflächen reflektieren fast teurer als Flachkollektoren. Sonnenstrahlung

das gesamte Sonnenlicht, dunkle Materialien da- Kollektor

gegen nehmen viel Strahlung in sich auf. Diese Sonnenkollektoren haben sich im Schnitt nach
Pumpe Wärmetauscher
Energie geben sie dann als langwellige Strahlung, 1,5–2,5 Jahren energetisch amortisiert. Sie nutzen Warmwasser-
aufbereitung
die wir als Wärme empfinden, wieder ab. Wird sowohl die direkte als auch die diffuse Strahlung aktiv
diese Energie mit Hilfe von Sonnenkollektoren und funktionieren auch bei bewölktem Himmel –
Glas-
für die Warmwasserbereitung, für Heizung oder dann allerdings mit geringerer Leistung. kurzwellige
Sonnenstrahlung
fassade

auch zur Stromproduktion genutzt, spricht man


(wie auch bei der Fotovoltaik) von aktiver Nutzung Nach dem Kollektor-Prinzip lassen sich auch
langwellige
der Sonnenenergie. Warmluftanlagen konstruieren. Luftkollektoren Wärme-
strahlung

erwärmen dabei Luft, die dann direkt in einen passiv

Die Energie der Sonne lässt sich aber auch passiv Raum geblasen oder durch Hohlräume im Fuß-
Aktive und passive Solar-
über die Bauweise und Ausrichtung von Häusern boden geleitet wird.
nutzung (Abb. 6.2): Die
nutzen. Die Umwandlung von direkter und diffuser Die Wärmeenergie, die Sonnenkollektoren be- Energie der Sonne lässt
Sonneneinstrahlung in Wärme erfolgt dann durch reitstellen, kann in Kombination mit einer Kälte- sich mit und ohne Hilfs-
mittel nutzen.
das Gebäude selbst, das zu einer Art Sonnenkollek- maschine auch für Klimaanlagen genutzt
tor wird und weniger oder gar nicht beheizt werden werden und so gerade in Zeiten, in denen die
muss (Folie 6, Abb. 6.2). Sonne am stärksten scheint, fossile Energieträger
einsparen. Die Technologie zur thermischen
Klimatisierung steckt noch in den Kinderschu-
Wärmesammler. hen, besitzt aber ein enormes Potenzial, wenn
man an die heißen Regionen der Erde denkt.
Sonnenkollektoren sammeln (lateinisch: colligere
= sammeln) die Strahlung der Sonne über einen Vorteile:
Absorber, der aufgrund seiner dunklen Farbe die • arbeiten geräuschlos und ohne Emissionen.
Solarstrahlung aufnimmt und in Wärme umwan-
delt. Einen Teil dieser Wärme gibt er an eine Flüs- Nachteile:
sigkeit (z. B. Wasser, Öl) ab, die den Kollektor • Problem der Energiespeicherung
durchfließt (Folie 6, Abb. 6.3). • relativ hoher Flächenbedarf.
Einfache Kollektorformen sind so genannte offene
Absorber. Freibäder können über ein im Freien Um das Problem der Speicherbarkeit in den Griff Ein Flachkollektor: Bei ent-
verlegtes Röhrensystem beheizt werden, in dem zu bekommen, sind verschiedene Speichermedien sprechender Dimensionie-
rung lassen sich 60 % des
sich das Wasser erwärmt – vergleichbar etwa einem in der Entwicklung, z. B. Beton oder geschmolze- jährlichen Warmwasserbe-
in der Sonne liegenden Gartenschlauch. nes Mineralsalz. darfs decken.

17
Auf Solarkraftwerken
ruhen große Hoffnungen:
Zukünftig sollen riesige Heizen mit Sonnenkraft. Derzeit sind verschiedene Typen solarthermi-
Anlagen in der Sahara
Europa mit Strom versorgen.
scher Kraftwerke im Einsatz bzw. in der Ent-
Im Bild eine Parabolrin- Eine vielversprechende Einsatzmöglichkeit von wicklung (Folie 7, Abb. 7.1, 7.2 und 7.3):
nen-Anlage. Solarthermie ist der Aufbau solarer oder solar un-
terstützter Nahwärmenetze beim Neubau oder der Parabolrinnen-Kraftwerk
Sanierung von Wohngebäuden bzw. Siedlungen. Bei diesem Kraftwerkstyp erhitzen gebogene Spiegel
Dabei sind die großen Kollektorfelder auf den Thermoöl in einem Absorberrohr, das sich im
einzelnen Häusern oder einem zentralen Gebäude Brennpunkt des Spiegels befindet, auf ca. 400°C.
!" Standpunkte installiert und speisen ihre Wärme in einen ge- Über einen Wärmetauscher wird daraus Wasser-
meinsamen Speicher. Von diesem aus wird die dampf erzeugt, der wiederum eine Turbine an-
!" Das Potenzial an geeigne- Energie dann wieder bedarfsgerecht verteilt. Je treibt. Die Rinnen sind in der Nord-Süd-Achse
ten Dach- und Fassadenflä- nach Auslegung von Anlage und Speicher kann in ausgerichtet und können so von Ost nach West
chen in Deutschland beträgt derartigen Netzen ein Großteil des sommerlichen gekippt und dem Sonnenverlauf nachgeführt
ca. 2 300 km2. Würde man die Wärmeüberschusses für die Nutzung im Winter werden. Der Wirkungsgrad neuerer Parabolrinnen-
Hälfte davon für Fotovoltaik gespeichert werden. Anlagen liegt bei über 20 %.
nutzen, könnten 135 TWh In Deutschland nimmt die Kollektorfläche stetig Die ersten kommerziellen Parabolrinnen-Kraft-
Strom/Jahr erzeugt werden, zu, zwischen 2004 und 2008 hat sie sich an- werke wurden von 1984 bis 1990 in Kalifornien
das entspricht etwa 1/3 des nähernd verdoppelt. Über 1,2 Mio. Anlagen mit errichtet. Sie verfügen über eine Gesamtleistung
derzeitigen Verbrauchs. Auf insgesamt 11,3 Mio. m2 Fläche (=1600 Fußball- von 354 MW und liefern seit ihrer Fertigstellung
den anderen 1150 km2 ließe felder) unterstützten 2008 die Erwärmung von zuverlässig Strom für etwa 150 000 Haushalte.
sich mit Kollektoren die Hälfte Brauch- und Heizungswasser. Damit liegt Deutsch- Auch in Europa ist die Technik inzwischen im
des Wärmebedarfs erzeugen. land in Europa an der Spitze. Der Beitrag zur Einsatz. 2008 ging in Spanien mit Andasol 1 das
Gesamtwärmebereitstellung betrug allerdings nur erste von drei jeweils 50 MW starken Solar-Kraft-
0,3 %. Weltmeister bei der Installation von Solar- werken in Betrieb. Nummer 2 und 3 sollen bis
thermie-Anlagen ist China, wo 2008 66 % der 2011 folgen und dann zusammen Strom für über
Klimaschutz
Folie 7 weltweiten Kapazität zu finden war. 500 000 Personen erzeugen. Das Besondere dieser
Energie aus der Sonne II.
Solarkraftwerke.

Parabolrinnen Fresnel-Rinnen Parabolspiegel


Quelle: BMU (2009)

Anlagen sind ihre thermischen Speicher. In riesigen


Flüssigsalztanks wird tagsüber Wärme gespeichert,
Absorber

Absorberrohr Absorber

1000 °C und mehr.


Nachführ- Nachführ-

die nachts oder bei Bewölkung die für die Strom-


mechanismus mechanismus

gewölbter Spiegel Flachspiegel Hohlspiegel

Turmkraftwerk. Aufwindkraftwerk.

produktion benötigte Energie bereitstellt. Dadurch


Absorber Kamin

Glasdach Turbine
Will man höhere Temperaturen erreichen, um wie wird im Sommer ein fast 24-stündiger Betrieb der
Flachspiegel (Heliostate) Luft und Boden als Wärmespeicher

Globalstrahlung. Quelle: Häckel (2005)

bei einem konventionellen Kraftwerk mit Gas- Kraftwerke möglich.


< 800

oder Dampfturbinen Strom zu erzeugen, reichen


40° 800
1100
1400

1700

einfache Sonnenkollektoren nicht mehr aus. Fresnel-Rinnen-Kraftwerk


1950
40°
2 200
kWh/m2 pro Jahr

Dazu muss die Sonnenstrahlung durch Spiegel Im Unterschied zum Parabolrinnen-Kraftwerk wird
Allianz Umweltstiftung ©

Energie aus der Sonne II. oder Linsen konzentriert werden, ehe sie auf das Licht über flache Spiegel und einen Sekundär-
Folie 7
einen Absorber oder Receiver gelenkt wird. Nach konzentrator gebündelt und auf das Absorberrohr
diesem Prinzip arbeiten konzentrierende solar- gelenkt. Dabei wird im Rohr Wasser direkt ver-
Solarthermische Kraft- thermische Kraftwerke. Der Absorber kann dabei dampft und zur Stromerzeugung genutzt. Die
werke (Abb. 7.1): Parabol-
rinnen-Kraftwerke sind Temperaturen von über 1000 °C erreichen. Technik ist derzeit noch in der Erprobung, die
bereits im Einsatz, der Prinzipiell kann ein Solarkraftwerk neben Strom Bauweise ist aber prinzipiell einfacher und kosten-
Fresnel-Rinnen-Typ noch in
gleichzeitig auch Kälte, industrielle Prozesswärme günstiger als beim Parabolrinnen-Kraftwerk, der
der Erprobung. Parabol-
spiegelanlagen eignen sich – oder über eine Meerwasserentsalzungsanlage Wirkungsgrad allerdings geringer.
v. a. zum dezentralen Ein- Trinkwasser – erzeugen.
satz in Entwicklungslän-
Parabolspiegel-Anlage
dern.
Der Absorber liegt im Brennpunkt eines Hohl-
spiegels, der der Sonne nachgeführt wird und
das Sonnenlicht dadurch optimal bündelt. Im
Absorber wird ein Gas (Helium, Luft) auf über
900 °C erhitzt, das dann eine Kraftmaschine
(Gasturbine, Stirlingmotor) antreibt. Der Wir-
kungsgrad ist mit 30 % relativ hoch, die Spiegel-
fläche aber wegen der angreifenden Windkräfte

18
auf etwa 20 m Durchmesser begrenzt. Mit einer
maximalen Leistung bis 10 kW eignen sich
diese Anlagen v. a. zum dezentralen Einsatz in
Welt-Gobalstrahlung (Abb. 7.4): Die Karte zeigt, wo die Nutzung der Sonnenenergie die
Entwicklungsländern, z. T. auch in Kombination höchsten Erträge bringt.
mit konventionellen Techniken (Biomassefeue-
rung). Vorteile:
• Speicherung der Wärme über Stunden/Tage
Turmkraftwerk möglich
Einzelne, der Sonne nachgeführte Flachspiegel • wesentlich kürzere energetische Amortisations-
(Heliostaten) lenken das Sonnenlicht auf eine zeit als einfache Sonnenkollektoren (z. T. nur
Turmspitze mit einem zentralen Receiver. Dort 5 Monate)
erhitzt sich der Absorber auf über 1000 °C. Ein • kombinierbar mit herkömmlichen Kraftwerken
Wärmeträgermedium – Wasserdampf, spezielle (Hybridkraftwerke)
Salzschmelzen oder auch Luft – führt die Wärme • Nutzung zur Wärme- und Stromerzeugung
weiter zu einer Gas- oder Dampfturbine. Von (Kraft-Wärme-Kopplung).
diesem Kraftwerkstyp existieren bislang nur einige Turmkraftwerk (Abb.
Pilotanlagen. 7.2): Im Absorber wer-
den Temperaturen von
Nachteile: über 1000 °C erreicht.
Aufwindkraftwerk • relativ großer Flächenbedarf
Unter einem Kollektordach aus Glas oder Kunst- • geografische Einschränkung (hohe Globalstrah-
stoff erwärmt sich Luft. Die Warmluft steigt in der lungsrate notwendig).
Kamin
Mitte der Fläche über einen Kamin auf und treibt
dabei am Kaminfuß eine oder mehrere Turbinen
an. Weil nur Luft genutzt wird, ist die Technik Zukunftsmusik.
ideal für sonnenreiche, aber wasserarme Gegen-
den. Da der Erdboden zusätzlich als Wärme- Großmaßstäbliche Solarthermie-Kraftwerke sind
speicher dient, funktioniert die Anlage auch bei v. a. im Sonnengürtel der Erde mit einer entspre-
diffuser Strahlung und nachts. In Australien ist chend hohen Globalstrahlungsrate denkbar. Glasdach Turbine
eine 200-MW-Anlage mit einem 1000 m hohen Zwischen dem 40. Breitengrad nördlich und
Kamin und einer Kollektorfläche von 7 km Durch- südlich des Äquators ist die Sonneneinstrah-
messer geplant. lung intensiv genug, um solche Kraftwerke Luft und Boden als Wärmespeicher

schon heute wirtschaftlich betreiben zu können Aufwindkraftwerk (Abb.


Solarthermische Anlagen nutzen die Kombina- (Folie 7, Abb. 7.4). Auch wenn solarthermi- 7.3): Funktioniert auch
nachts und bei Bewöl-
tion von solarer Technologie und konventioneller sche Kraftwerke bei der Stromerzeugung kung.
Kraftwerkstechnik. Reicht die Sonnenwärme – weltweit betrachtet aktuell keine Rolle spielen,
z. B. an einem bedeckten Tag – für die Dampf- werden große Hoffnungen in die Technologie
erzeugung nicht aus, kann durch fossile Energie- gesetzt. So befinden sich derzeit zahlreiche v!" Standpunkte
träger zugefeuert werden (Hybrid-Betrieb). Kraftwerke in Planung oder im Bau. Aufsehen
Durch Kraft-Wärme-Kopplung ist zudem eine erregt dabei vor allem der Plan, mit riesigen !" Allein Spanien ist in der
äußerst effiziente Nutzung der gesammelten solaren Parabolrinnen-Kraftwerken in der Sahara große Lage, den gesamten europä-
Primärenergie möglich. Mengen Strom für Europa zu erzeugen. ischen Strombedarf über solare
Energie zu decken.

Das Wichtigste in Kürze:


!" Theoretisch würden ca.
! Bei der direkten (aktiven) Nutzung der Sonnenenergie unterscheidet man zwischen Fotovoltaik und 80000 km2 in der Wüste Sa-
Solarthermie. Daneben lässt sich die Sonne z. B. durch eine entsprechende Bauweise von Gebäuden hara reichen, um den Energie-
auch indirekt (passiv) nutzen. bedarf der Welt zu decken. Für
! Fotovoltaik bezeichnet die Erzeugung von Strom aus Sonnenlicht durch Solarzellen. die EU genügte eine Fläche von
! Unter Solarthermie versteht man die direkte Umwandlung von Sonnenstrahlung in Wärmeenergie. 20000 km2, für Deutschland
Diese wird dann entweder zur Erzeugung von Warmwasser und zur Heizungsunterstützung oder eine Fläche von nicht einmal
(in solarthermischen Kraftwerken) zur Stromerzeugung eingesetzt. 3000 km2 (das ist etwas mehr
! Die besten Bedingungen für Fotovoltaik und Solarthermie finden sich im Sonnengürtel der Erde. als die Fläche des Saarlandes).

19
Energie aus Wasser.
Flüsse sägen sich durch Gebirge und bilden tiefe Schluchten, Felsbrocken werden über
lange Strecken transportiert und schließlich zu feinem Sand zerrieben. Die Kräfte des Wassers
sind gewaltig und der Mensch nutzt sie seit Langem ...

In diesem Kapitel erfahren Sie,


• wie Wasserkräfte Energie erzeugen Vorteile:
• wie nicht nur Flüsse, sondern auch das Meer zur Energiegewinnung • robuste, ausgereifte und sichere Technik
genutzt wird. • wartungsarm mit langer Nutzungsdauer (hoher
Erntefaktor)
• hoher Wirkungsgrad
Eine uralte Technik. • je nach Kraftwerkstyp vielseitig einsetzbar
(Grundlast bis Spitzenlast)
Fließendes Wasser wird seit alters her als Energie- • keine Emissionen im laufenden Betrieb.
quelle genutzt. Es gibt Hinweise, dass im Orient
bereits vor über 2500 Jahren wasserkraftgetrie- Nachteile:
bene Schöpfräder zur Feldbewässerung eingesetzt • anfänglich hohe Investitionskosten
wurden. Jahrhundertelang nahmen wasserge- • ökologische Probleme durch Eingriffe in das
triebene Getreide-, Säge- und Walkmühlen oder Gewässer (Aufstau)
auch Hammerwerke den Menschen körperliche • Bei Großanlagen wie z. B. dem Drei-Schluch-
Wasserkraft ...
Arbeit ab. Seit Ende des 19. Jahrhunderts erzeugen ten-Damm in China sind die Auswirkungen auf
Turbinen elektrischen Strom – heute die wichtigs- Wasserhaushalt, Klima, Vegetation und Gesell-
te Form der Wasserkraftnutzung. schaft kaum vorherzusehen.

Technik im Fluss. Mehr Energie aus dem Meer.

Wasserkraft nutzt die Fallhöhe und/oder Bewe- Neben den Flüssen werden seit den vergangenen
gungsenergie von Wasser. Diese wird über ein Jahrzehnten zunehmend auch die Meere zur
Turbinenrad in mechanische Rotationsenergie um- Energiegewinnung genutzt. Wasserkraftwerke im
... eine uralte Technik. gewandelt, die dem Antrieb von Maschinen oder und am Meer arbeiten dabei meist in Küstennähe.
Generatoren dient. Technisch ist die Wasserkraft Strömungskraftwerke sind relativ neue Entwick-
weitgehend ausgereift. Die einfachen Wasserräder lungen. Sie nutzen Meeresströmungen und funk-
früherer Zeiten sind heute leistungsstarken Turbinen tionieren wie „Windräder im Wasser“ (Folie 8,
mit Wirkungsgraden von über 90 % gewichen. Je Abb. 8.3). Eine geringe Wassertiefe verstärkt die
nach Einsatzort und Durchflussmengen werden Düsenwirkung, begrenzt aber die Propellergröße.
unterschiedliche Turbinentypen eingesetzt (Folie Heutige Anlagen weisen eine Leistung von knapp
Francis
8, Abb. 8.1). 800 kW auf. Nachteilig wirken sich Strömungs-
mittlere Fallhöhe
mittlere Durchlaufmenge Auch verschiedene Kraftwerkstypen lassen sich schwankungen aus. Auch das Salzwasser bereitet
unterscheiden (Folie 8, Abb. 8.2): derzeit noch Probleme (schnelle Korrosion von
Laufwasserkraftwerke an Flüssen erzeugen gleich- Maschinenteilen).
mäßig Strom und dienen vorwiegend der Grundlast. Wellenkraftwerke nutzen die Kraft der Wellen.
Speicherkraftwerke können durch das schnelle Schwimmende Wellenkraftwerke sind noch in der
Pelton
Ablassen von Wasser Stromspitzen (Spitzenlast) Versuchsphase. Sie ähneln einer überdimensionier-
große Fallhöhe
abdecken. Eine Sonderform ist dabei das Pump- ten Seeschlange und bestehen aus mehreren, über
geringe Durchlaufmenge speicherkraftwerk, bei dem in bedarfsschwachen Gelenke miteinander verbundenen röhrenförmigen
Zeiten (z. B. nachts) Wasser in ein Oberbecken Schwimmkörpern. Die sich gegeneinander bewe-
gefördert wird, um es als Energiereserve bei plötz- genden Körper treiben über hydraulische Pumpen
lichen Bedarfsspitzen zu nutzen. Große Flusskraft- Generatoren an. Da die beweglichen Teile dem
werke etwa an Rhein und Mosel erreichen je nach Salzwasser und auch Stürmen ausgesetzt sind,
Kaplan Wasserführung eine Leistung bis zu 85 MW, der müssen noch manche Probleme gelöst werden.
geringe Fallhöhe
große Durchlaufmenge
chinesische Drei-Schluchten-Damm bis 18 000 MW. Bei Kraftwerken an der Küste werden die Turbinen
Daneben gibt es zahlreiche Kleinwasserkraftwerke durch Luftbewegungen angetrieben, die in Schächten
Turbinentypen (Abb. 8.1):
Für jeden Einsatzzweck das
bis max. 1 MW. Die energetische Amortisationszeit durch das Auf und Ab der Wellen entstehen (Os-
passende Modell. beträgt 9 bis 13 Monate. cillating Water Column [OWC]-Prinzip). Die Anla-

20
gen stehen nicht in direkter Verbindung mit dem
aggressiven Salzwasser, Nachteil ist aber eine sehr
schwankende Energieabgabe. Bislang wurde dieses
Prinzip nur im kleinen Maßstab für die Befeuerung Alles im Fluss: Laufwasserkraftwerke dienen v. a. der Erzeugung von Grundlaststrom.
von Leuchtbojen angewandt. Größere Anlagen
sind noch nicht in Betrieb, die maximale Leistung
liegt bislang bei ca. 500 kW. Stromerzeugung
Speicher Pumpbetrieb
Bei Gezeitenkraftwerken wird z. B. eine Bucht Staustufe Generator

durch einen Damm abgeriegelt. Das im Damm Fluss


Turbine
Generator Turbine
befindliche Kraftwerk nutzt dann das aus- und ein- Fluss
Pumpe
strömende Wasser von Ebbe und Flut. Antriebs-
energie ist letztlich die Anziehungskraft des Mondes. Speicher
Gezeitenkraftwerke weisen durchschnittlich
Laufwasserkraftwerk Pumpspeicherkraftwerk
Leistungsbereiche bis 20 MW auf, die Leistung
schwankt relativ stark. Das mit 240 MW derzeit Fluss- und Speicherkraftwerke (Abb. 8.2): Für Grund- oder Spitzenlast geeignet.
größte, bereits 1966 gebaute Kraftwerk befindet
sich in St. Malo an der französischen Kanalküste.
2009 soll am Sihwa-See in Südkorea ein ebenfalls Windturbine
Generator
240 MW starkes Gezeitenkraftwerk ans Netz
gehen, weitere mit Leistungen bis 1000 MW
befinden sich dort in Planung. Ein neuartiges Ge-
zeitenkraftwerk arbeitet an der nordirischen
Küste. Es funktioniert wie ein Strömungskraftwerk
und nutzt durch einen Unterwasserpropeller die
wechselnde Strömung in einem Meeresarm.
Meeresströmungskraftwerk Wellenkraftwerk

Meereskraftwerke (Abb. 8.3): Ihre Nutzung steht noch am Anfang.


Zukunft aus dem Wasser.
Klimaschutz
Folie 8

Energie aus Wasser.

Wasserkraft trug 2007 weltweit mit 15,6 % zur Zuge von Großprojekten wurde bereits hingewiesen. Turbinentypen.

Stromversorgung bei (Anteil regenerativer Energien In Deutschland sind die Flüsse weitgehend ausge- Francis Pelton Kaplan

an der Weltstromerzeugung 18,2 %). baut und große Kraftwerksneubauten kaum mehr
mittlere Fallhöhe große Fallhöhe geringe Fallhöhe
mittlere Durchlaufmenge geringe Durchlaufmenge große Durchlaufmenge

Flusskraftwerke/Speicherkraftwerke.

In Deutschland lag der Anteil der Wasserkraft an durchsetzbar. Potenzial steckt deshalb v. a. in der Staustufe

Fluss
Generator
Turbine
Speicher
Stromerzeugung
Pumpbetrieb

Generator Turbine

der Stromerzeugung bei 3,4 %. Ca. 400 Anlagen Modernisierung vorhandener Wasserkraftwerke.
Fluss
Pumpe

Speicher

Laufwasserkraftwerk Pumpspeicherkraftwerk

mit einer Leistung über 1 MW erzeugen 92 % des So wird z. B. in Rheinfelden eine neue Anlage das Meereskraftwerke.

Windturbine
Generator

Stroms aus Wasserkraft, den Rest bestreiten ca. 100 Jahre alte Laufwasserkraftwerk ersetzen. Die
7000 Kleinanlagen unter 1 MW. 90 % des Wasser- installierte Turbinenleistung vergrößert sich dabei Meeresströmungskraftwerk Wellenkraftwerk

kraftstroms stammen aus Bayern und Baden-Würt- von 26 auf 100 MW. Gleichzeitig entsteht ein
Allianz Umweltstiftung ©

temberg. großes naturnahes Umgehungsgewässer, das Fischen Energie aus Wasser.


Folie 8
Weltweit gesehen bestehen noch erhebliche und anderen Wasserlebewesen als Aufstiegs- und
Potenziale zur Nutzung der Wasserkraft. Aktuell Laichgewässer dienen soll.
werden genutzt: Europa 75 %, Nordamerika 70 %, Die Nutzung der maritimen Wasserkraft steht erst "# Standpunkte
Südamerika 33 %, Asien 22 %, Afrika 7 %. Ein mas- am Anfang und ist in vielen Ländern ausbaubar.
siver Ausbau stößt aber auch an Grenzen. Auf die Großbritannien will in zwanzig Jahren 10 % seines "# Theoretisch könnte der
ökologischen und gesellschaftlichen Probleme im Strombedarfs aus Meeresenergie gewinnen. gesamte Weltstromverbrauch
durch Wasserkraft gedeckt
werden.
Das Wichtigste in Kürze:

! Wasserkraft ist eine bewährte Technik. Sie dient heute hauptsächlich der Stromerzeugung. "# Wellenkraftwerke haben
! Wasserkraft gilt als saubere Energiequelle. Wasserkraftwerke stellen aber einen Eingriff in die Zukunft: Bis 2025 könnten
Natur dar, der insbesondere bei Großprojekten erheblich sein kann. über 10 % des weltweiten
! Die Möglichkeiten zum Ausbau der Wasserkraftnutzung sind weltweit sehr unterschiedlich. In Stromverbrauchs zu wirt-
Deutschland ist das Potenzial weitgehend ausgereizt, Steigerungsmöglichkeiten bestehen fast schaftlichen Preisen erzeugt
nur noch in der Modernisierung und Erweiterung bestehender Anlagen. werden.

21
Energie aus Wind.
Wenn Bäume wie Streichhölzer umknicken und Dächer abgedeckt werden, wird deutlich,
welche Energie im Wind steckt. Andererseits haben Flauten schon den alten Seefahrern zu
schaffen gemacht. Der Wind ist, wie er ist – unberechenbar.

Das folgende Kapitel informiert Sie über


• moderne Windkraftanlagen und wie sie aus Wind Strom erzeugen
• den steilen Aufstieg der Windkraft in den vergangenen Jahren
• die Aussichten der Windkraftnutzung insbesondere vor den Küsten.

Der Wind – das himmlische Kind.

Windkraft wird seit mindestens 5 000 Jahren vom


Menschen genutzt. Die ersten Segel setzten wahr-
scheinlich die Ägypter um 3 000 v. Chr. auf ihren
Nilbooten. Windräder entstanden vermutlich
1000 v. Chr. im Orient und in Ägypten. Große
Bedeutung erlangte die Windkraft ab dem Mittel-
alter mit der klassischen Windmühle, im Indus-
Windstärken in Europa (Abb. 9.3): Die besten Standorte
triezeitalter setzte dann eine „Flaute“ ein. Seit finden sich an der Küste und in den Mittelgebirgen.
der Ölkrise 1973 ist die Windkraft aber wieder
im Aufwind. Aus den einfachen, mit Segeltuch
bespannten Windmühlen sind heute moderne, lich 12 % der Windenergie). Der Trend geht zu
leistungsstarke Windräder geworden. immer größeren Konvertern. Heute werden schon
Erst seit Jahrtausenden ge- In Deutschland dienen Windenergieanlagen aus- Windkraftanlagen mit mehr als 60 m langen Flü-
nutzt, dann fast vergessen
und heute zunehmend ge-
schließlich der Stromerzeugung; in anderen Regio- geln und über 150 m Höhe gebaut – so hoch wie
fragt: Windenergie. nen der Welt z. B. auch zum mechanischen der Kölner Dom.
Antrieb von Pumpen. In jüngster Zeit erlebt die
Windkraft in der Schifffahrt eine Renaissance.
Große, schirmartige Segel in Form eines Zugdra- Eine schwache Brise reicht ...
chens am Bug von Handelsschiffen können den
Treibstoffverbrauch merklich senken. Ideale Windstandorte finden sich in den Mittelge-
birgen und vor allem an der Küste. Dort liegt der
Jahresdurchschnitt der Windgeschwindigkeit in
Vom Winde bewegt. 10 m Höhe über 4 m/s (Folie 9, Abb. 9.3). Moderne
Anlagen beginnen sich bereits bei 2 m/s zu drehen.
Die heute allgemein verbreiteten dreiflügligen Da der Wind in Bodennähe gebremst wird und
Windkraftkonverter arbeiten wie ein Flugzeugflü- hierbei auch Verwirbelungen entstehen, werden
gel nach dem Auftriebsprinzip. Ein Generator die Rotoren möglichst hoch installiert. Ab 170 m
Energie aus Wind. wandelt die Drehbewegung des Rotors dann in Rotorhöhe sind allerdings technische Grenzen
Folie 9
Strom um (Folie 9, Abb. 9.1 und 9.2). Dabei lässt erreicht. Schon der Transport und die Aufstellung
sich heute ein Wirkungsgrad von bis zu 50 % er- solcher Giganten sind eine echte Herausforderung.
Prinzip einer Windkraftan- zielen (z. Vgl: Alte Windmühlen, die nach dem Große Rotoren moderner Bauart drehen sich
lage (Abb. 9.1): Auftrieb Widerstandsprinzip funktionieren, nutzen ledig- 10-bis 30-mal pro Minute. Eine Verdoppelung der
wie beim Flugzeugflügel.
Windgeschwindigkeit verachtfacht die Leistung,
bis irgendwann ein Maximum erreicht ist. Bei
noch stärkerem Wind muss die Anlage abge-
schaltet werden.
Bei Windkraftanlagen unterscheidet man mehrere
Konstruktionstypen:
Stallgeregelte Anlagen sind relativ einfache Kon-
struktionen. Ab einer bestimmten Windgeschwin-
digkeit reißt die Strömung ab, es erfolgt kein
weiterer Leistungszuwachs.

22
Bei pitchgeregelten Anlagen sind die Rotorblätter Im Aufwind.
verstellbar. Die Bauweise ist komplizierter, dafür
ist die Energieausbeute höher und die Rotoren Die Windkraft hat sich in den vergangenen Jahren
werden weniger belastet. rasant entwickelt. Dabei war Deutschland lange
Active-stallgeregelte Anlagen kombinieren beide Zeit unangefochten Weltmeister bei der Errichtung
Anlagentypen. von Windenergieanlagen und wurde erst 2008
2008 lag die durchschnittliche Leistung einer An- von den USA abgelöst.
lage in Deutschland bei 1,9 MW, es gibt Anlagen 20301 Anlagen mit einer Leistung von 23903 MW
von 0,05 bis zu derzeit max. 6 MW je Windrad. waren hierzulande 2008 in Betrieb (was 20% der
Die energetische Amortisationszeit beträgt 3 bis weltweit installierten Leistung entspricht). Und
7 Monate. auch gesamtwirtschaftlich ist die Windkraft eine
feste Größe. Ca. 90 000 Arbeitsplätze entstanden Offshore-Anlage: Die Zu-
Zunehmende Bedeutung erfahren Offshore-Anla- in der Branche, und Windkraftanlagen „made in kunft der Windenergie in
Deutschland liegt an der
gen. Zwar sind die Investitionskosten hier höher – Germany“ sind weltweit gefragt. Küste.
die Gründung im Meeresboden und die Verkabe- Aktuell werden nur etwa 0,1 % des globalen
lung sind aufwändig – aber aufgrund größerer Windangebotes genutzt. Dabei sind die wirtschaft-
Windgeschwindigkeiten ist die Ausbeute deutlich lichen Perspektiven insbesondere der Windkraft
besser. Bei Wassertiefen bis ca. 50 m dominieren auf dem Meer hervorragend. So schätzt der Wis-
Blattver- Getriebe
am Meeresboden montierte Tragkonstruktionen, senschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale stellung
bei größeren Wassertiefen schwimmende Kon- Umweltveränderungen (WBGU) das bis 2050 Bremsscheibe
struktionen. nachhaltige nutzbare Windkraftpotenzial auf ca.
Rotor- Generator
140 EJ – immerhin 30% des weltweiten Energie-
nabe
Vorteile: verbrauchs von 2007. Gondel
• hoher Erntefaktor Rotor-
• relativ hoher Wirkungsgrad In Deutschland gibt es deutliche Wachstumspo- blatt Windrichtungs-
nachführung
• keine Emissionen im Betrieb. tenziale nur noch offshore. In der 200-Meilen-
Zone entlang der Küsten von Nord- und Ostsee
Nachteile: können laut Schätzungen 25 000 MW Leistung Turm
• Wind ist in der Stärke schwankend, damit installiert werden. Der erwartete Stromertrag
kaum planbares Energiedargebot, nicht von 85 bis 100 TWh/a entspräche einem Anteil Netzanschluss
grundlastfähig von 15 % des heutigen Stromverbrauchs.
• Energiereserve bei Flaute nötig, z. B. durch Andere Studien rechnen mit einem Potenzial von
konventionelle Kraftwerke oder Energiespeicher 35 000 MW. Ende 2005 hat das Bundesamt für Aufbau einer Windkraftan-
• Geräuschentwicklung Seeschifffahrt und Hydrographie erstmals beson- lage (Abb. 9.2): Die größ-
• ästhetische Aspekte („Verspargelung“ der dere Eignungsgebiete für Windenergieanlagen ten Anlagen sind so hoch
wie der Kölner Dom.
Landschaft). in Nord- und Ostsee ausgewiesen (700 km2);
einige der geplanten Windparks hätten eine
An Land sind die Standorte aus ökonomischen Leistung von 1000 MW, dies entspricht einem
und ökologischen Gründen begrenzt. Bei Off- durchschnittlichen Großkraftwerk konventioneller
"# Standpunkte
shore-Anlagen können die Umweltauswirkungen Art.
– z. B. auf Seevögel – noch nicht endgültig beur- Im Binnenland liegt das Potenzial in Deutsch- "# Bereits zwischen 2010
teilt werden. Beeinträchtigungen ergeben sich land im so genannten Repowering – der Moder- und 2015 könnte Windstrom
hier vor allem während des Baus (Lärm). nisierung – bestehender Anlagen. zu gleichen Preisen angeboten
werden wie konventioneller
Strom.

"# Das Winddargebot


Das Wichtigste in Kürze:
schwankt stark, die Strom-
! Windkraft dient fast ausschließlich der Stromerzeugung. Sie wurde in den vergangenen erzeugung ist dadurch im
Jahren kontinuierlich ausgebaut. Voraus kaum planbar. Kon-
! Windkraftanlagen sind nicht unumstritten. Kritiker bemängeln eine Beeinträchtigung des ventionelle Kraftwerke sind
Landschaftsbildes und weisen auf das schwankende Energiedargebot hin. zusätzlich nötig, die als
! Die Zukunft der Windkraft liegt vor den Küsten (offshore). Hier gibt es noch erhebliche Reserve mitlaufen und bei
Potenziale. Flaute „einspringen“.

23
Energie aus Biomasse.
Die Landpflanzen der Erde – vor allem die Bäume – bilden durch Fotosynthese jedes Jahr schät-
zungsweise 150 Milliarden Tonnen Biomasse. Und in 3 t pflanzlicher Trockenmasse steckt etwa
so viel Energie wie in 1 t Erdöl. Genug Energie für alle?

Dieses Kapitel zeigt Flüssigkraftstoff (BTL-Kraftstoff = Biomass to Li-


• verschiedene Wege, aus Biomasse Energie zu gewinnen quid). Das Verfahren dazu ist aber technisch noch
• die Potenziale, aber auch Grenzen der verstärkten Nutzung von nicht vollständig ausgereift. Das Gas kann auch di-
Biomasse als Energieträger. rekt verwendet und in ein Erdgas-Netz eingespeist
werden (Biomethan).
Gasförmige Kraftstoffe entstehen unter Luftab-
Energie aus Biomasse.
Klimaschutz
Folie 10 Mehr als nur Verheizen. schluss durch Vergärung von Biomasse. Das Biogas
Wege der Biomassenutzung.

Holz, mech. Verarbeitung Festbrennstoffe


(z. B. Holzpellets)
Biomasse-
genannte Gemisch aus Methan und CO2 kann dann
Stroh, heizkraftwerk

Biomasse umfasst das gesamte von Lebewesen ähnlich wie Erdgas verwendet werden. (Der Heiz-
Schilf, Pyrolyse Kesselanlage
etc. Vergasung Holzgas u. a.

Pflanzenöl Treibstoff für


Pflanzenöl
Veresterung Fahrzeuge
Biodiesel u. a.

aufgebaute Material. Dazu zählen nicht nur alle wert von 1m3 Biogas liegt bei 6 kWh, das entspricht
Zucker Alkoholgärung
Fermentierung Ethanol

Grünmasse Motor-Biomasse-
Reststoffe Methangärung Biogas heizkraftwerk

Biomasse

Energie-Inhalte.
Stroh
trockenes Scheitholz (Buche)
4,0
4,1
Quelle: www.heizung-direkt.de

Pflanzen, Tiere, Pilze und Bakterien (und Men- etwa 0,6 l Heizöl oder 0,6 m3 Erdgas.) Neben Biogas
Elefantengras 4,4

schen), sondern auch alle organischen Abfälle aus kann auch Gas aus Kläranlagen und Deponien
Holzpellets 4,9
Braunkohle 5,1–5,5
Rapskörner 6,8
Steinkohle 7,0
Erdgas 10,8

Natur, Haushalt und Industrie sowie Tier- und genutzt werden, im Gespräch sind auch Biowasser-
schweres Heizöl 11,9
kWh/kg
0 5 10 15

Biokraftstoffe im Vergleich. Quelle: FNR (2006)

Pflanzenprodukte. Biomasse kann auf verschiedenen stoff und Holzgas.


l/ha GJ/ha Euro/GJ t/ha
4000 100 30 10

3 000
20
2 000 50 5
10
1000

0
Kraftstoffertrag

Rapsöl
0
Energieertrag netto

Biodiesel aus Raps


0
Produktionskosten

Bioethanol aus Getreide


0

BTL
CO2-Einsparung

Biogas
Wegen Energie liefern (Folie 10):
Seit der Steinzeit bekannt ist die direkte Verbrennung Vorteile:
Allianz Umweltstiftung ©

Energie aus Biomasse. von Holz zur Wärmegewinnung. Heute werden • CO2-neutral: Die Menge an CO2, die durch die
Folie 10
dazu auch Holzreste (Pellets, Hackschnitzel), Verbrennung der Biomasse freigesetzt wird,
Stroh, Getreide oder Energiepflanzen (Chinaschilf) wurde vorher für deren Aufbau gebunden.
verwendet. • jederzeit und bedarfsgerecht einsetzbar; lagerfähig.
Mit Biomasse kann aber auch Strom erzeugt werden.
Dazu wird wie bei einem konventionellen Kraft- Nachteile:
werk Biomasse verbrannt und mit dem erhitzten • Energie- und Klimabilanzen nicht immer optimal
Wasserdampf über eine Dampfturbine und einen • ökologische Belastungen durch Dünger, Pflan-
Generator Strom erzeugt (Biomassekraftwerk). Bei zenschutzmittel etc. beim Anbau von Energie-
einer zusätzlichen Nutzung der Wärmeenergie in pflanzen
einem Nah- oder Fernwärmenetz spricht man von • Emissionen beim Verbrennungsvorgang
einem Biomasseheizkraftwerk und Kraft-Wärme- (CO, Feinstäube u. a.)
Kopplung (KWK). • flächenintensiv, Konkurrenz zu anderen Flächen-
Flüssige Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren lassen ansprüchen, z. B. der Nahrungsmittelerzeugung
sich aus ölhaltigen Pflanzen wie Raps, Ölpalmen oder des Natur- und Artenschutzes.
oder Sonnenblumen gewinnen (Pflanzenöl, Bio-
Flexibel einsetzbar: Bio- diesel) oder durch Vergärung zucker- oder stärke-
masse kann zur Wärmege- haltiger Pflanzen wie Mais, Rüben, Zuckerrohr, Energie vom Acker.
winnung, Stromproduktion
oder Herstellung von Kraft-
Getreide oder Kartoffeln (Bioalkohol, Bioethanol).
stoffen verwendet werden. Große Hoffnungen werden auf die Entwicklung In Deutschland trug die Bioenergie 2008 zur Bereit-
von so genannten Biokraftstoffen der 2. Generation stellung von Wärme zu 7,3 %, von Strom zu 4,2 %
gesetzt. Hierbei werden die ganze Pflanze bzw. deren und von Kraftstoffen zu 6,1% bei. Auf 20000 km2
Energieinhalte (Abb. 10.2): Reststoffe genutzt. Durch Vergasung und eine an- Fläche wurden Energiepflanzen angebaut, was
Die fossilen Energieträger schließende Verflüssigung entsteht ein synthetischer einem Anteil von ca. 17 % der deutschen Ackerflä-
sind kaum zu schlagen.
che entspricht. Bei der Produktion von Biodiesel
Stroh 4,0 ist Deutschland weltweit führend. Etwa 60 % des
trockenes Scheitholz (Buche) 4,1 Biodiesels werden dabei dem normalen Diesel
Elefantengras 4,4
beigemischt, der Rest wird in Reinform getankt.
Holzpellets 4,9
Braunkohle 5,1–5,5
Eine Erhöhung des Anteils der Biomasse am Primär-
Rapskörner 6,8 energieverbrauch in Deutschland von derzeit 5,3%
Steinkohle 7,0 auf 9 % wird für möglich gehalten – bei einer
Erdgas 10,8 Ausdehnung der Anbaufläche auf bis zu 25000 km2,
schweres Heizöl 11,9
kWh/kg einer nachhaltigen Bewirtschaftung sowie der konse-
0 5 10 15
quenten Nutzung von Rest- und Abfallstoffen.

24
Rapsöl l/ha GJ/ha Euro/GJ t/ha
4000 100 30 10
Biodiesel aus Raps
3000
20
Bioethanol 2000 50 5
aus Getreide
Teller oder Tank. 1000
10
BTL
0 0 0 0
Biogas
Ein Problem bei der Nutzung von Bioenergie ist Kraftstoffertrag Energieertrag netto Produktionskosten CO2-Einsparung

die Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduk-


tion. Für etwa 20 000 km Fahrleistung eines Pkw, Biokraftstoffe im Vergleich
(Abb. 10.3): je höher der
der mit Rapsöl betrieben wird, ist z. B. ein Hektar Aufwand, desto größer die
Fläche nötig. Kritisiert wird auch der Import land- Nachfrage nach Palmöl, das u. a. auch zur Produk- CO 2-Einsparung.
wirtschaftlicher Produkte aus Entwicklungs- und tion von Biodiesel und als Brennstoff in Blockheiz-
Schwellenländern zur energetischen Nutzung in kraftwerken verwendet wird, führt weltweit zur
den Industrienationen. Dadurch gehen in diesen Anlage neuer Palmölplantagen, für die oft Regen-
Ländern Flächen für die Nahrungsmittelproduk- wälder gerodet werden. Dabei entstehen nicht
tion verloren und sie sind stärker auf den Import nur durch Brandrodung erhebliche Mengen CO2.
von Nahrungsmitteln angewiesen – meist zu Oft werden zur Anlage der Plantagen Moorböden
hohen Weltmarktpreisen. entwässert, diese setzen in der Folge über Jahrzehnte
den im Torf gebundenen Kohlenstoff als CO2 frei.
Die Verwendung von Palmöl aus diesen Flächen
Lohnt sich der Aufwand? verkehrt den Klimaschutz also in sein Gegenteil.
Um derartige Entwicklungen nicht zu fördern,
Auch die Klimabilanzen der verschiedenen Bio- hat die EU für den Bereich Bioenergie inzwischen
energienutzungen stehen in der Diskussion. So konkrete Nachhaltigkeitskriterien festgelegt.
gibt es in den Energiegehalten z. T. beträchtliche Energiepflanzen müssen demnach von nachhaltig
Unterschiede (Folie 10, Abb. 2 und 3). Berück- bewirtschafteten Flächen stammen und für die
sichtigt man zusätzlich alle vom Anbau der Energie- verschiedenen Bioenergienutzungen sind feste
pflanzen bis zur Nutzung beim Verbraucher Emissionsreduktionen im Vergleich zu den fossilen
entstehenden Emissionen, können insgesamt mehr Energieträgern festgelegt.
Von Experten empfohlen:
klimawirksame Treibhausgase entstehen, als durch Die kombinierte Strom-
den Ersatz der fossilen Energieträger vermieden und Wärmeerzeugung z. B.
aus Holzhackschnitzel oder
werden. Aus diesem Grund empfehlen verschiedene Wie grün ist die Zukunft? aus Stroh leistet einen wir-
Expertengremien, sich im Bereich Bioenergie in kungsvollen Beitrag zum
Deutschland vor allem auf die Biogaserzeugung Unter Berücksichtigung aller bisher genannten Klimaschutz.
aus Gülle, die kombinierte Strom- und Wärme- Faktoren hat der WBGU das weltweite Potenzial
gewinnung mit Hackschnitzel aus Waldrestholz der Bioenergie untersucht. Dabei wurden strenge
oder die Co-Verbrennung von Hackschnitzel in Nachhaltigkeitskriterien angelegt, die effektive
bestehenden Kraftwerken zu konzentrieren. Klimaschutzwirkung bewertet und die Flächen-
Darüber hinaus wird eine intensive Forschung an konkurrenz mit der Nahrungsmittelerzeugung
den Biokraftstoffen der 2. Generation empfohlen. ausgeschlossen. Als Ergebnis empfiehlt der Beirat
vor allem die Verwendung von Rest- und Abfall-
stoffen sowie den Anbau mehrjähriger Energie-
Die Sache mit dem Palmöl. pflanzen auf Böden mit geringer Fruchtbarkeit zur
(am besten kombinierten) Strom- und Wärmeer- Gülle und Reststoffe ge-
Neben der Verdrängung der Nahrungsmittelpro- zeugung. Das Potenzial der Bioenergie bis 2050 schickt genutzt: In Biogas-
anlagen wird aus Abfall
duktion ist die Bioenergie zuletzt wegen eines an- wird bei bis zu 10 % des weltweiten Primärenergie-
Energie.
deren Aspekts in die Kritik geraten. Die gestiegene einsatzes gesehen.

"# Standpunkt
Das Wichtigste in Kürze:

! Biomasse kann sehr unterschiedlich eingesetzt werden: in fester Form für Heizungen und "# Rein rechnerisch könnten
Kraftwerke, als Biogas ähnlich wie Erdgas oder in flüssiger Form als Treibstoff. 2 Mio. km2 nachhaltig bewirt-
! Die Nutzung von Biomasse ist CO2-neutral. schafteter Wälder den jetzigen
! Ein Nachteil ist der hohe Flächenbedarf, der in direkter Konkurrenz zu anderen Flächenan- Jahresbedarf der Welt an Erdöl
sprüchen steht, wie der Nahrungsmittelproduktion oder dem Naturschutz. decken (z. Vgl.: Deutschland
! Der energetischen Verwertung von Rest- und Abfallstoffen wird das größte Klimaschutz- hat eine Gesamtfläche von
Potenzial zugeschrieben. 357 000 km2).

25
Energie aus der Tiefe.
Je tiefer man in die Erdkruste eindringt, desto wärmer wird es. Quelle dieser Wärme ist das
mehrere 1000 °C heiße Erdinnere. Diese Energiequelle übersteigt den aktuellen Weltenergie-
bedarf um ein Vielfaches.

Dieses Kapitel erläutert Ihnen


• die verschiedenen Möglichkeiten geothermischer Energieerzeugung
• wie sich Wärme im Boden und in der Luft nutzen lässt. entstanden sind. In einem Doppelrohr wird Wasser
in einem geschlossenen Kreislauf bis zu 4 km tief
in das Bohrloch hinabgeleitet und dabei erwärmt.
Das geförderte heiße bzw. erhitzte Wasser gibt seine
Energie aus dem Erdinneren.
Klimaschutz
Folie 11 Heiße Luft aus heißem Wasser. Wärme in einem Wärmetauscher an ein Fernwärme-
Hydrothermisches Verfahren.

Verdampfer
Hydrothermie in Deutschland.
Regionen mit Aquiferen, die für eine
hydrothermische Nutzung geeignet wären
netz oder an einen zweiten Kreislauf ab, über den
Temperaturen: 60 °C–100 °C

Die Nutzung der Erdwärme hat eine lange Dampfturbinen zur Stromproduktion angetrieben
Wärmetauscher (Wärmeerzeugung)
Stromerzeugung
Temperaturen: > 100 °C
Fernwärme (Stromerzeugung)

Rückführung
Tradition. Bereits die alten Chinesen und die Römer werden. Für die Gewinnung von Strom sind Tempe-
nutzten Thermalquellen zum Baden und Heizen. raturen von über 100–150 °C sowie eine entspre-
Förderung
2 000–4 000 m
Thermalwasser

mindestens 40 °C Quelle: Geothermisches Informationssystem

Hot-Dry-Rock-Verfahren.

Wärmetauscher
Verdampfer
Tiefe Erdwärmesonden.

Wärmetauscher
Im 14. Jahrhundert entstand in Chaudes-Aigues chende Wassermenge nötig. Bei der ORC-Technik
in Frankreich ein noch heute existierendes geo- (Organic-Rankine-Cycle) wird im zweiten Kreislauf
Stromerzeugung
Fernwärme Fernwärme

Pumpe

thermisches Fernwärmenetz und 1904 wurde nicht mit Wasser, sondern mit Substanzen gear-
Pumpe

Förderung
Einpressung von
von kaltem erhitztem Einleitung von Förderung des
Wasser Wasser kaltem Wasser erhitzten Wassers

in Landorello in der Toskana zum ersten Mal geo- beitet, die einen niedrigeren Siedepunkt haben
3 000–6 000 m
Bohrloch
(bis 4000 m tief)
heißes, trockenes,
zerklüftetes Gestein

thermischer Strom erzeugt. (z. B. Ammoniak).


Allianz Umweltstiftung ©

Energie aus dem Erdinneren. Im Durchschnitt nimmt die Temperatur mit Da Erdwärme ständig zur Verfügung steht, lässt sich
Folie 11
zunehmender Tiefe alle 100 Meter um 3 °C zu, die Stromerzeugung bedarfsgerecht regeln. Erdwär-
in „begünstigten“ Gegenden, z. B. in Vulkangebie- mekraftwerke sind damit grundlastfähig. Die Leis-
ten, um bis zu 20 °C. Diese in der Erde gespeicherte tungen geothermischer Anlagen reichen von 6 bis
Wärme lässt sich unterschiedlich nutzen (Folie 11, 8 kW bei oberflächennahen Erdwärmesonden, bis
Abb. 11.1, 11.2 und 11.3): zu 1 bis 50 MW bei Anlagen im Hot-Dry-Rock-
Hydrothermale Systeme nutzen heißes Wasser, Verfahren. Sie haben sich energetisch nach 5 bis 7
das sie über eine Bohrung aus Thermalwasser- Monaten amortisiert.
Vorkommen im Untergrund fördern. Mittels einer
zweiten Bohrung gelangt das abgekühlte Wasser Vorteile:
wieder zurück in die Tiefe. • saubere Energie, keine Emissionen
Beim so genannten Hot-Dry-Rock-Verfahren wird • ständig verfügbar, grundlastfähig.
Wasser über eine Injektionsbohrung in tiefe, min-
Aufwändig, aber ergiebig:
Die Energie aus dem Erdin- destens 200 °C heiße, trockene Gesteinsschichten Nachteile:
neren liefert Wärme und gepresst. Das Wasser erhitzt sich und wird an • nicht überall wirtschaftlich nutzbar, da oft in zu
Strom.
anderer Stelle wieder entnommen. großer Tiefe
Erdwärmesonden nutzen bereits vorhandene Tief- • Probebohrungen nötig, Erfolg ungewiss;
bohrungen, die z. B. bei der Suche nach Erdgas Tiefbohrungen sehr teuer.

Hydrothermie in Deutschland (Abb. 11.4):


Hydrothermie (Abb. 11.1): Thermal- Hot-Dry-Rock-Verfahren (Abb. 11.2): Erdsonden (Abb. 11.3): Wasser zir- Der Norden, der Oberrheingraben und
wasser als Energiequelle. Wasser wird in heiße Gesteins- kuliert in einem Doppelrohr. das Alpenvorland bieten die besten Be-
schichten gepresst. dingungen.
Verdampfer Verdampfer
Wärmetauscher Wärmetauscher
Stromerzeugung Stromerzeugung Wärmetauscher

Fernwärme Fernwärme
Fernwärme

Pumpe Pumpe

Förderung
Einpressung von Temperaturen: 60 °C–100 °C
Rückführung
von kaltem erhitztem (Wärmeerzeugung)
Wasser Wasser Einleitung von Förderung des
kaltem Wasser erhitzten Wassers Temperaturen: > 100 °C
Förderung (Stromerzeugung)
2 000–4 000 m
Thermalwasser 3 000–6 000 m

Bohrloch
heißes, trockenes, (bis 4000 m tief)
mindestens 40 °C zerklüftetes Gestein

26
Warme Quellen anzapfen.

2006 waren weltweit 33 000 MW für die Wärmebe- Strom


Wärme Wärme
reitstellung und 9500 MW für die Stromerzeugung Wärmepumpe Wärmepumpe
installiert. Erheblich ausbaufähig ist die Geothermie 0,8 – 1,6 m
ca. 10 °C
v. a. in den „begünstigten“ Gebieten. So werden
auf Island schon heute ca. 90 % der Heizenergie Kollektor
Erdwärmesonde
und knapp 20 % des Stroms mit heißem Wasser 100 m
ca. 13 °C

erzeugt.
Wärmepumpe mit Erdsonde/
In Deutschland sind bisher nur wenige Anlagen in
Erdkollektor (Abb. 12.3/4):
Betrieb. Thermalwasservorkommen für die Gebäu- Kühlschränke: Über eine Flüssigkeit bzw. ein Gas, In 1 bis 2 m Tiefe sinken
deheizung und Warmwasseraufbereitung finden sich das in Röhren zirkuliert, wird einem Bereich auch im Winter die Tempe-
raturen nicht unter 5 °C.
hierzulande meist in einer Tiefe zwischen 1000 bis Wärmeenergie entzogen (z. B. dem Erdreich oder
2500 m. Thermalwasser in ausreichender Menge dem Kühlschrankinneren) und einem anderen
und Temperatur für die Stromerzeugung gibt es Bereich zugeführt (z. B. der Heizungsanlage eines
erst ab 4000 m Tiefe – z. B. im Oberrheingraben, Hauses oder beim Kühlschrank über die rückseitigen
im Voralpenland und in Norddeutschland (Folie 11, Rippen der Raumluft (Folie 12, Abb. 12.1). Wärme-
Abb. 11.4). 2008 waren drei Anlagen mit zusam- pumpen benötigen zum Betrieb Fremdenergie und Klimaschutz
Folie 12

men 7,4 MW installierter Leistung in Betrieb. arbeiten in der Regel mit einen Gas- oder mit
Energie aus Boden und Luft.
Prinzip einer Wärmepumpe. Arbeitsmittel
Entspannung flüssig
Verdampfung

Mit dem Hot-Dry-Rock-Verfahren in kristallinen einem Elektromotor.


Fremd-
energie
Kondensation
Raum-
Um- wärme
gebungs- Verdichtung
wärme

Gesteinen, die es in Deutschland nahezu überall Am häufigsten wird die Energie der Umgebungsluft
Arbeitsmittel
gasförmig

Umgebung Wärmepumpe

Wärmerückgewinnung mit Wärmepumpe.

gibt, könnte die gesamte Grundlast des deutschen genutzt (Folie 12, Abb. 12.2). Sie ist immer und Außenluft
Wärmetauscher
Fortluft

Wärmepumpe

Abluft Zuluft

Stromverbrauches gedeckt werden. Dies ist im überall verfügbar, allerdings dann am kältesten,
Moment aber noch nicht wirtschaftlich, da die wenn am meisten Wärme gebraucht wird. Energe- Wärmepumpe mit Erdsonde. Wärmepumpe mit Erdkollektor.

Bohrungen sehr tief und damit teuer sind. tisch günstiger ist die Nutzung des Erdreichs – aller- Wärmepumpe
Strom
Wärme
Wärmepumpe
Wärme

dings auch teurer: Denn im Boden müssen vertikal


0,8 – 1,6 m
ca. 10 °C

Kollektor

Erdwärmesonde 100 m
ca. 13 °C

oder horizontal Rohre/Kollektoren verlegt werden Allianz Umweltstiftung ©

Temperaturunterschiede nutzen. (Folie 12, Abb. 12.3 und 12.4). Energie aus Boden und Luft.
Entscheidend für die Effizienz einer Wärmepumpe Folie 12
Wärmeenergie steckt in jeder Materie mit einer ist die so genannte Jahresarbeitszahl, die das Ver-
Temperatur über –273 °C, dem absoluten Nullpunkt. hältnis zwischen eingesetzter Fremdenergie und
Diese Energie nutzen Wärmepumpen, indem sie die gewonnener Nutzenergie kennnzeichnet. Sie ist
u. a. abhängig von der Anlagengröße, der Art der
Prinzip einer Wärmepumpe.
Entspannung
Arbeitsmittel
flüssig genutzten Außenwärmequelle (Erdreich, Außenluft)
Verdampfung
und des Heizsystems. Eine typische, elektrisch
Fremd- Fortluft

betriebene Wärmepumpe hat eine Arbeitszahl


Außenluft
energie
Wärmetauscher
Kondensation Wärmepumpe

Um-
Raum-
wärme
von 3, d. h. mit 1 kWh Strom können 3 kWh nutz- Abluft Zuluft

gebungs-
wärme
Verdichtung
bare Wärme erzeugt werden. Auf den ersten Blick
Arbeitsmittel
gasförmig
eine gute Energiebilanz. Doch für die Bereitstellung
Umgebung Wärmepumpe von 1 kWh Strom werden im Kraftwerk fast 3 kWh
Funktion einer Wärmepumpe (Abb. 12.1): das Kühlschrank- Primärenergie eingesetzt. Zum deutschen Strom- Wärmerückgewinnung mit
prinzip, nur umgekehrt. mix tragen zudem überwiegend fossile Energieträger Wärmepumpe (Abb. 12.2):
Mit der Energie der Abluft
bei. Eine Wärmepumpe sollte deshalb mindestens wird die Frischluft erwärmt.
so genannte Umwelt- oder Umgebungswärme, die im eine Arbeitszahl über 3 aufweisen, um einen Beitrag
Erdreich, der Luft und dem Grund- oder Meerwasser zum Klimaschutz zu leisten. V. a. aber müsste die
gespeichert ist, in nutzbare Wärme umwandelt. Stromerzeugung stärker auf regenerativen Ener-
Wärmepumpen arbeiten vom Prinzip her wie gien beruhen.

Das Wichtigste in Kürze:

! Geothermie nutzt die Energie im Erdinneren zur Erzeugung von Wärme und Strom.
! Geothermie ist bisher oft noch nicht wirtschaftlich, da v. a. die Tiefbohrungen sehr teuer sind.
! Wärmepumpen sammeln die in Boden, Luft und Wasser gespeicherte Sonnenenergie und führen
sie z. B. einem Heizsystem zu. Je höher die Jahresarbeitszahl, desto effektiver die Wärmepumpe.

27
Die Regenerativen – was sie könn(t)en.
Theoretisch steht dank erneuerbarer Quellen Energie im Überfluss zur Verfügung.
Praktisch führen die Erneuerbaren allerdings eher ein Nischendasein. Noch!

In diesem Kapitel erfahren Sie, Probleme mit dem grünen Strom.


• welche Rolle die erneuerbaren Energien zukünftig spielen können
• und welche Hindernisse dabei zu überwinden sind. Bei der Stromerzeugung stehen die erneuerbaren
Energien vor großen Herausforderungen. Hier ist die
Struktur weltweit darauf ausgelegt, Energie zentral
in leistungsstarken Kraftwerken aus meist fossilen
Erneuerbare Energien im Vergleich.
Klimaschutz
Folie 13 Vision oder Illusion? Energieträgern sowie Uran herzustellen und über
Stromerzeugung im Tagesverlauf (Beispiel).

Leistung
in MW
Stromnachfrage
im Netz
Quelle: SRU (2009)

Spitzenlast:
Pumpspeicher
entsprechende Leitungsnetze an die Verbraucher zu
Spitzenlast

Die zukünftige Rolle der erneuerbaren Energien wird verteilen. Welche Schwierigkeiten es bereitet, die
Mittellast Mittellast:
Steinkohle, Gas
Grundlast
Grundlast:
Braunkohle,
Kernkraft,

kontrovers diskutiert. Für die einen sind sie die Lösung tages- und jahreszeitlich oft stark schwankenden rege-
Wasserkraft

Uhr Wind
0.00 24.00

Virtuelles Kraftwerk. Quelle: Petermann (2006)

aller Klima- und Energieprobleme, andere glauben, nerativen Energien in die bestehenden Systeme zu in-
Solarenergie

Steuerzentrale

konventionelles
Kraftwerk

dass man auch in Zukunft nicht auf fossile Energie- tegrieren, zeigt das Beispiel Deutschland (> Kasten,
öffentliches
Gebäude mit
eigener Strom-
versorgung

Mehrfamilienhaus
Wohnhäuser mit Blockheizkraftwerk
mit Fotovoltaik Windkraftanlage Energiespeicher

träger und vor allem Kernkraft verzichten kann. Folie 13, Abb. 13.1), wo die Erneuerbaren nach Vor-
z. B. Elektro-Autos

Externe Kosten (Beispiel Stromerzeugung). Quelle: BMU (2009)

ct/kWh

Fest steht: Das natürliche Angebot an Energie übertrifft stellung des BMU 2020 30%, 2030 50% und 2050
9
Luftschadstoffe
8
7
Treibhauseffekt
6 (70 €/t CO2)
5
4 DK =
3 Dampfkraftwerk

den Weltenergiebedarf um das 3000-Fache, das tech- 80 % zur deutschen Stromversorgung beitragen sol-
2
1 GuD =
Gas + Dampfkraftwerk
Lauf- Wind Wind PV Erdgas Steinkohle Braun-
wasser Onshore Offshore GuD GuD kohle DK

nisch nutzbare Potenzial immer noch um das 6-Fache. len. Ein Großteil davon soll aus Windkraft stammen.
Allianz Umweltstiftung ©

Erneuerbare Energien im Fest steht aber auch: Der Anteil erneuerbarer Energien
Vergleich.
Folie 13 an der Energieversorgung weltweit ist immer noch
relativ gering. Das hat verschiedene Ursachen. Alles viel zu teuer?

Ein „Hemmschuh“ bei der Einführung der erneuer-


Erneuerbares aus der Zapfsäule? baren Energien sind bislang auch ihre Kosten. Die
Energieerzeugung aus Kohle, Gas, Öl oder Uran ist
Oft erschweren historisch gewachsene Strukturen heute meist deutlich günstiger als die jeweiligen
die Nutzung der erneuerbaren Energien. So ist der erneuerbaren Alternativen. Die erfreulich hohen
Verkehrssektor weltweit von fossilen Energieträgern Anteile erneuerbarer Energien in Europa und
geprägt. Infrastruktur, Antriebstechnologien und Ver- Deutschland beruhen deshalb meist auf staatlichen
kehrsmittel sind darauf ausgerichtet und werden sich Förderprogrammen. Experten erwarten zukünftig
nur langsam umstellen lassen. Zudem ist bei der einzi- jedoch deutliche Kostenverschiebungen.
gen derzeit realistischen regenerativen Alternative, So ist zum einen durch verbesserte Technik, neue
dem Biokraftstoff, aus den bereits erläuterten Gründen Materialien und Technologien sowie vor allem durch
Ernüchterung eingekehrt. So rechnet selbst das BMU die Massenproduktion bei den regenerativen Ener-
für Deutschland 2020 mit lediglich 12%, für 2050 mit gien mit sinkenden Kosten zu rechnen. Zudem ist
16 % Anteil Biokraftstoffen am gesamten Kraftstoffver- bei den endlichen Energieträgern Öl, Gas, Uran und
brauch. Kohle aufgrund der begrenzten Reichweiten in Zu-
kunft von einer Verknappung und einer Verteuerung
auszugehen. Selbst wenn neue Vorräte entdeckt
Mehr Wärme durch Sonne und Co. oder neue Energieträger (wie z. B. Methaneis) ein-
Sonnenkraft hat Zukunft: Als
satzbereit werden sollten, ist bei den fossilen Energie-
Energiereservoir ist die
Sonne unschlagbar. Auch der Wärmebereich ist derzeit von den fossilen trägern besonders im Strombereich zukünftig mit
Energieträgern dominiert. Allerdings bestehen hier zusätzlichen Kosten aus Emissionshandel, der
wesentlich bessere Möglichkeiten zum Umsteuern Berücksichtigung von Klimafolgeschäden sowie
als im Verkehrssektor. Solare Brauchwassererwärmung ggf. CO2-Abscheidung und -lagerung zu rechnen.
und Heizungsunterstützung bieten sich ebenso als Alter- Zum anderen sind bei der fossilen und atomaren
nativen an wie Nah- und Fernwärmenetze mit Kraft- Energieerzeugung die so genannten externen Kosten
Wärme-Kopplung auf Biomassebasis. Für Deutschland nicht in den Preisen berücksichtigt (Folie 13, Abb.
rechnet das BMU deshalb bis 2020 mit 14,4 %, bis 13.3). Dazu gehören z. B. die Kosten für Umwelt-
2050 mit 50% Wärmebereitstellung aus erneuerbaren schäden beim Betrieb der Anlagen oder die Rekulti-
Energien. Den Großteil davon sollen Bioenergie, Solar- vierung der Lagerstätten, bei Kernkraft v. a. die
und Geothermie liefern. langfristige Entsorgung der Abfälle.

28
Deutschland unter Strom. Quelle: SRU (2009) Mal viel – mal wenig (Abb.
13.1): Das Beispiel Windkraft
In Deutschland wird Grund- und Mittellaststrom Stromnachfrage
zeigt, wie schwer sich erneuer-
im Netz Spitzenlast:
Leistung
v. a. durch Atom-, Laufwasser- und Kohlekraft- in MW Spitzenlast
Pumpspeicher bare Energien in das bis-
werke gedeckt, für Lastspitzen stehen Pump- Mittellast Mittellast: herige System der Strom-
Steinkohle, Gas
versorgung mit Grund- und
speicher- und Gasturbinenkraftwerke zur Grundlast
Grundlast:
Mittellastkraftwerken ein-
Braunkohle,
Verfügung. Bei einer Beibehaltung des aktuellen Kernkraft,
Wasserkraft
bauen lassen.
Kraftwerksparks und einer Steigerung der Wind- Uhr Wind
0.00 24.00
energiekapazitäten müssten in Zeiten mit hohem
Windenergieertrag zukünftig entweder Mittel-
oder sogar Grundlastkraftwerke ihre Leistung
reduzieren – oder Windkraftanlagen abgeschaltet
Virtuelles Kraftwerk (Abb.
werden (Abb. 13.1). Da beides nicht wirtschaftlich Virtuelles Kraftwerk. Quelle: Petermann (2006)
13.2): Eine Steuerzentrale
ist, fordern Befürworter der erneuerbaren Ener- Solarenergie
regelt, wann welche Systeme
gien eine rasche Umstellung der gesamten Steuerzentrale
zum Einsatz kommen. Damit
konventionelles lässt sich die Stromerzeugung
Stromversorgungsstruktur. In einem neuen Mix Kraftwerk
öffentliches perfekt dem Bedarf anpas-
aus Großkraftwerken und dezentralen Anlagen Gebäude mit
eigener Strom- sen.
versorgung
hätte regenerativ erzeugter Strom grundsätzlich Mehrfamilienhaus

Vorrang. Eine Steuerzentrale würde in einem


Wohnhäuser mit Blockheizkraftwerk
mit Fotovoltaik Windkraftanlage Energiespeicher
z. B. Elektro-Autos

derartigen virtuellen Kraftwerk regeln, welche


Komponenten ab- bzw. zugeschaltet werden
(Abb. 13.2). Auch der Aus- und teilweise Neu-
bau von Stromleitungen und ein so genanntes
Kein fairer Kostenvergleich
„intelligentes“ Stromnetz, das den Verbrauchern Quelle: BMU (2009)
(Abb. 13.3): Fossile Energie-
je nach Stromangebot Informationen zum Ein- ct/kWh träger verursachen z. T.
9
erhebliche externe Kosten,
oder Ausschalten elektrischer Geräte und Anla- 8
Luftschadstoffe
7
Treibhauseffekt die bisher nicht in den
gen gibt, wären Teil dieses Systems. Zusätzlich 6
5
(70 €/t CO2)
Energierechnungen
müssten zur Überbrückung möglicher Stromlü- 4
3
DK =
Dampfkraftwerk
auftauchen und von der
2 Allgemeinheit getragen
cken neue, schnell einsatzbereite Gaskraftwerke 1 GuD =
Gas + Dampfkraftwerk werden.
und zusätzliche Speichermöglichkeiten (Pump- Lauf-
wasser
Wind Wind
Onshore Offshore
PV Erdgas Steinkohle Braun-
GuD GuD kohle DK

speicher-, Druckluftspeicherkraftwerke) für über-


schüssigen Strom geschaffen werden. Modelle
einer zukünftigen Energieversorgung sehen solche lung scheint alles auf die Erneuerbaren zuzulaufen.
Speicher z. B. auch in einer hohen Zahl an Elektro- Ihr Durchbruch ist somit eigentlich nur noch eine
autos, deren Batterien in bedarfsarmen Zeiten Frage der Zeit. Die könnte jedoch knapp werden,
(z. B. nachts) mit überschüssigem Windstrom denn neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass zur
geladen werden. Da tagsüber nie alle Autos im Einhaltung der 2°C-Grenze und der Vermeidung
Einsatz sind, könnten diese bei Bedarf wieder eines gefährlichen Klimawandels eine rasche und
Strom zurück ins Netz geben. drastische Senkung der Treibhausgas-Emissionen
nötig ist.
Dass sich die notwendigen Emissionsreduktionen "# Standpunkte
Die Zeit läuft davon. alleine mit dem Ersatz fossiler Energieträger durch
erneuerbare Energien erreichen lassen, wird von "# Die regenerativen Ener-
Das Potenzial der erneuerbaren Energien ist un- vielen Experten bezweifelt. In den folgenden Kapi- gien werden den steigenden
erschöpflich, die Technologien zu ihrer Nutzung teln werden deshalb weitere Handlungsoptionen Energiebedarf der Welt nicht
zumeist vorhanden und auch bei der Kostenentwick- näher beleuchtet. decken können. Fossile Ener-
gieträger und Kernkraft sind
weiter unerlässlich.

Das Wichtigste in Kürze:


"# Eine Energieversorgung
! Die Rolle der regenerativen Energien in einem zukünftigen Energiekonzept wird sehr unterschied- auf Basis erneuerbarer Ener-
lich gesehen. gien ist möglich. Wer jetzt auf
! Vor allem im Bereich der Wärme- und Stromversorgung bestehen gute Chancen, den Anteil der regenerative Energien setzt,
erneuerbaren Energien deutlich zu erhöhen. hat auch in Zukunft die Nase
! Zur Verhinderung eines gefährlichen Klimawandels sind aber noch weitere Maßnahmen nötig. vorn.

29
Energie effizient nutzen – Energie sparen.
Energie sparen ist eine der wichtigsten Klimaschutzmaßnahmen. Denn Energie, die nicht benö-
tigt wird, verursacht keine Treibhausgase, schont die Ressourcen – und den Geldbeutel.

Dieses Kapitel verdeutlich,


• wie sich Energie effizienter nutzen lässt
• welche Möglichkeiten es gibt, Energie zu sparen.

Weniger ist mehr.

Zahlreiche Experten befürchten, dass bei einem


weiter steigenden Energiebedarf der fossile Anteil
noch lange hoch bleiben wird – mit entsprechen-
den Emissionen. Umso wichtiger ist es daher, den
Energiebedarf selbst zu begrenzen. Auch optimi-
stische Szenarien, die einen hohen Anteil der
erneuerbaren Energien an einem zukünftigen
Energiemix beschreiben, setzen deshalb zusätzlich
auf einen sparsameren Umgang mit Energie.

Beim Energiesparen lassen sich zwei „Varianten“


unterscheiden: Zum einen kann der Energiever-
Ineffizient: Beim Lesen
eines Buches mit einer brauch durch eine Reduzierung der „Energie-
herkömmlichen Glühbirne dienstleistung“ gesenkt werden, also durch eine
werden nur 2-3 % des
Energiegehaltes der Kohle
Verringerung der Raumtemperatur in geheizten
tatsächlich genutzt. Gebäuden, weniger Auto fahren, weniger Konsum
oder eine geringere industrielle Produktion. Zum
anderen lässt sich der Energieverbrauch aber auch
ohne größere Einschränkungen alleine durch den
effizienteren Einsatz von Energie senken: Durch
Klimaschutz

bessere Wärmedämmung an Gebäuden, sparsamere


Folie 14

Energie sparen.
Energieeinsatz und Energiegewinn. Quelle: AGEB

Primärenergie 100 %

nicht energetischer Verbrauch


7,5 %
Fahrweise oder Fahrzeuge, bewussten Konsum
Endenergie 61,5 %
Umwandlungsverluste
31,5 %
sowie Energie sparende Produktionsprozesse. Die
Verluste beim Verbraucher
in Anspruch genommenen Energiedienstleistungen
ca. 30 %

Nutzenergie
ca. 30 %
Raumtemperatur, Fahrleistung, Konsum oder
Kraft-Wärme-Kopplung. Quelle: Petermann (2006)

87 %

+
Nahwärme 51 %
36 %
Strom Strom 35 %
100 % 100 %

Energieverluste: Sie zu vermeiden, birgt ein enormes Spar-


2% 3%

62 %
Übertragung

Umwandlung
– 10 %
Übertragung

Umwandlung
Primärenergie 100 %
Großkraftwerk Dezentrales Blockheizkraftwerk
potenzial.
Allianz Umweltstiftung ©
nicht energetischer Verbrauch
7,5 %
Energie sparen.
Folie 14
Umwandlungsverluste Produktion bleiben in diesem Fall gleich – nur der
31,5 %
Energieaufwand wird reduziert. Beide „Varianten“
Endenergie 61,5 %
werden vielfach als unsere größte und am einfachs-
ten anzuzapfende Energiequelle bezeichnet.
Zudem sind sie innerhalb der bestehenden Struktu-
Verluste beim Verbraucher ren vergleichsweise schnell, unkompliziert und oft
ca. 30 %
sehr kosteneffizient umzusetzen. Außerdem amor-
Mehr Effizienz spart Ener- tisieren sich die Maßnahmen ganz oder zumindest
gie (Abb. 14.1): Allein bei Nutzenergie teilweise, das aufgewendete Geld wird durch
der Umwandlung von Pri- ca. 30 %
mär- in Endenergie geht Einsparungen beim Energieeinkauf anschließend
Quelle: AGEB 2009
viel Energie verloren. wieder eingespart.

30
Mehr Effizienz durch dop-
Quelle: Petermann (2006)
pelte Nutzung (Abb. 14.2):
87 % Bei Kraft-Wärme-Kopplung
werden gleichzeitig Strom

+
und Wärme genutzt.
Nahwärme 51 %
36 %
Strom Strom 35 %
100 % 100 %
2% 3%

62 %
Übertragung

Umwandlung
– 10 %
Übertragung

Umwandlung

Großkraftwerk Dezentrales Blockheizkraftwerk

Wo Energie verpufft. Verbesserung der Wirkungsgrade


Höhere Wirkungsgrade bedeuten mehr nutzbare
Die Energieeffizienz ist in vielen Bereichen verbes- Energie bei gleichem Energieeinsatz. Beispiels-
serbar. So sind allein die Verluste bei der Umwand- weise lassen sich die Wirkungsgrade bestehender
lung von Primär- in Endenergie beträchtlich, ebenso fossiler Kraftwerke durch Nachrüstung mit neuester
die beim Energietransport (Folie 14, Abb. 14.1). Technik steigern. Der Ersatz alter Kraftwerke
Schätzungen besagen, dass Europa dadurch heute ist eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der
20 % mehr Energie verbraucht, als eigentlich nötig Energieeffizienz. Auch bei den regenerativen
wäre. Auch beim Endverbraucher gibt es zahlreiche Energien wird permanent an einer Verbesserung
Möglichkeiten, die Energie wesentlich effizienter der Wirkungsgrade gearbeitet.
zu nutzen. Experten halten es für technisch
möglich, aus jeder Kilowattstunde das 4- bis 5-Fache Kraft-Wärme-Kopplung
an Nutzen herauszuholen. Nachfolgend einige Die deutschen Großkraftwerke haben aktuell
Beispiele: einen durchschnittlichen Wirkungsgrad von 36 %.
Das bedeutet: Über 60 % der Energie gehen als
Abwärme über Kühltürme bzw. Flüsse verloren.
Bei der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird auch
diese Abwärme genutzt. Am sinnvollsten ist die
KWK dabei in Bereichen mit konstantem Wärme-
bedarf, z. B. in der industriellen Produktion
oder bei der Wärmeversorgung von Stadtteilen,
Wohngebieten oder Einzelgebäuden. KWK- !" Standpunkte
Anlagen kommen in allen Größenordnungen
zum Einsatz: vom Heizkraftwerk mit mehreren !" Die deutschen Kraftwerke
GW Leistung bis hin zu „Kellerkraftwerken“ sind in die Jahre gekommen.
mit wenigen kW. Besonders effektiv sind kleinere, Neue Kohlekraftwerke sind
dezentrale Anlagen, so genannte Blockheizkraft- viel effizienter als alte. Eine
werke (BHKW). Sie stehen direkt am Ort des umfassende Erneuerung des
Verbrauchs, übertragen v. a. die Wärme ohne Kraftwerksparks ist ein wichti-
größere Verluste (Folie 14, Abb. 14.2) und erreichen ger Beitrag zum Klimaschutz.
Gesamtwirkungsgrade (Wärme und Strom) von
bis zu 90 %. !" Das ist zwar richtig.
Wenn in den nächsten Jahr-
In Deutschland stammen derzeit ca. 15 % des zehnten alte Kohlekraftwerke
Stroms aus KWK, Länder wie z. B. Dänemark, durch neue ersetzt werden,
die diese Technik schon seit Jahren intensiv zementiert das aber nur den
fördern, bringen es auf über 50 %. Studien be- aktuellen Strommix. Für er-
ziffern das wirtschaftliche KWK-Potenzial neuerbare Energien ist dann
Deutschlands im Wärmebereich auf ca. 30 %, kaum mehr Platz.
Schlechter Wirkungsgrad: In herkömmlichen Kraftwerken
geht viel Energie als Abwärme verloren. beim Strom auf über 50 %.

31
Wärmedämmung
Bei den privaten Haushalten liegen die größten
Einsparpotenziale im Wärmebereich, der ca. 70 %
des Energieverbrauchs dieses Sektors ausmacht.
Am sinnvollsten ist hier die Wärmedämmung von
Gebäuden, am besten kombiniert mit modernen
Heizungs- und Lüftungsanlagen. Lag der mittlere
jährliche Raumwärmebedarf pro m2 Wohnfläche
im Jahr 1987 noch bei 220 kWh, benötigen
Niedrigenergiehäuser heute nur noch 30 kWh.
Energiestandards bei Neubauten leisten damit
einen wichtigen Beitrag zur Senkung des Energie-
verbrauchs.
Allerdings wurden über 95 % der Gebäude in
Deutschland vor 2002 errichtet, ca. 75 % sind
älter als 25 Jahre. Die eigentliche Herausforde-
rung, aber auch ein riesiges Potenzial, liegt
damit in der energetischen Bestandssanierung:
Würde ab sofort bei jeder anfallenden Sanierung
oder Instandsetzung von Wohngebäuden auch
eine energetische Aufwertung erfolgen und darüber
Das Infrarotbild zeigt die
Schlupflöcher: Bei den Verbesserte Energieübertragung hinaus die Effizienz der Anlagentechnik verbes-
roten Flächen entkommt Bei der Energieumwandlung und im Bereich des sert, könnte der Primärenergiebedarf des Wohn-
die Wärme aus dem Haus.
Energietransportes, v. a. über größere Strecken, sektors nach Expertenmeinung jährlich um 3 %
geht immer noch viel wertvolle Energie verloren. reduziert werden!
Experten schätzen den gesamten Verteilungsver-
lust im deutschen Stromsektor vom Kraftwerk
bis zum Endverbraucher auf bis zu 5 %. Deshalb Energie sparen.
wird intensiv an Fernübertragungssystemen
gearbeitet, die Strom nahezu verlustfrei vom Allein durch den bewussten Umgang mit Energie
Kraftwerk zum Verbraucher bringen. Wichtig wäre lassen sich z. B. im privaten Bereich ohne Komfort-
dies v. a., wenn in Nordafrika produzierter verlust bis zu 10 % sparen. Einfache Hilfsmittel
„Sonnenstrom“ zu den Industriezentren in Europa wie schaltbare Steckerleisten, Energiesparlampen,
transportiert werden soll. Thermostatventile etc. erzielen mit geringem
Aufwand nochmals bis zu 10 %. Werden zusätz-
lich noch die großen „Energiefresser“ wie alte
Kühlschränke ausgetauscht, kann allein die
Stromrechnung eines durchschnittlichen Haus-
halts um bis zu 2/3 gesenkt werden. Auch in
der Industrie könnte viel Energie gespart werden:
1/3 des gesamten Stromverbrauchs geht hier
Schätzungen zufolge auf veraltete Industrieag-
gregate zurück!
Im Verkehrsbereich sind ebenfalls deutliche
Einsparungen möglich, z. B. durch sparsamere
Fahrzeuge, aber auch durch eine entsprechende
Fahrweise. Ein großes Sparpotenzial bieten der
indirekte Energieverbrauch und somit unsere
Konsumgewohnheiten. Der Becher für den
Coffee-to-go, die Verpackung für das Essen vom
Energietransport: Ziel ist Pizza-Service – alles ist Energie bzw. wird unter
eine weitgehend verlust-
freie Stromübertragung Einsatz von Energie hergestellt und entsorgt.
über weite Strecken. Auch der Warentransport geht in den indirekten

32
Verbrauch ein. Das Mineralwasser aus Süditalien,
die Tomate aus Spanien, das Kinderspielzeug
aus Fernost – jedes Produkt muss vor seinem
Verbrauch transportiert werden und enthält damit
mehr oder weniger viele Transportkilometer
bzw. Energie. Durch einen bewussten Konsum
wie z. B. den Kauf regional erzeugter oder auch
langlebiger Produkte kann jeder Einzelne einen
Beitrag zum Energiesparen und somit zum Klima-
schutz leisten – ohne Verzicht und Einschrän-
kungen.
Vom Netz getrennt: Nur
wer den Stecker wirklich
zieht, verhindert die oft
Effizienzbremsen. entsprechende Vorschriften beseitigen. Andere erheblichen Stromverbräuche
meinen, dass alleine die Verknappung und Ver- bei Stand-by-Schaltungen.
Angesichts einer Vielzahl von Möglichkeiten ist es teuerung der fossilen Energieträger mittelfristig von
verwunderlich, dass das riesige Energiesparpotenzial selbst zu einem entsprechenden Energiespar-
nicht viel stärker in Anspruch genommen wird. und -effizienzschub führen wird.
Einige Experten führen dies auf die immer noch
verhältnismäßig geringen Energiekosten zurück. Tat-
sächlich machen die Kosten für Energie in Industrie, Weltweite Potenziale.
Gewerbe, Dienstleistungen und im privaten Bereich
oft nur einen kleinen Teil aller Ausgaben aus. Auch Weltweit gesehen ergeben sich besonders in
an den Endpreisen von Waren und Dienstleistungen Ländern mit veralteter Kraftwerks- und Übertra-
haben die Energiekosten meist nur einen geringen gungstechnik oder sanierungsbedürftigem
Anteil. Die wirtschaftliche Notwendigkeit zur Gebäudebestand enorme Einsparmöglichkeiten.
Effizienzsteigerung ist deshalb oft noch gering. Dabei kann es global betrachtet effektiver sein,
Zudem erfordert die Umsetzung entsprechender Mittel hier einzusetzen als in den Industriestaaten.
Maßnahmen meist größere Investitionen, z. B. im Allerdings haben die Industrieländer bezüglich
industriellen und Gebäudebereich. Schließlich Energieeffizienz und Energiesparen auch Vorbild-
ergibt sich im Mietwohnungssektor das Problem, funktion und aufgrund ihrer bisherigen Emissionen
dass die Investitionen vom Eigentümer bzw. auch eine historische Verantwortung.
Vermieter getätigt werden müssen, der Mieter Nur wenn es gelingt, unseren Wohlstand mit
aber von den Energieeinsparungen profitiert. immer weniger Energie zu halten oder sogar zu
Viele dieser Hemmnisse ließen sich nach Experten- mehren, wird Energiesparen vor allem für die
meinung aber durch steuerliche Anreize, Investiti- aufstrebenden Schwellenländer ausreichend !" Standpunkte
onszulagen, Verbraucherberatung oder auch attraktiv.
!" Durch technische Energie-
sparmaßnahmen könnten in
Deutschland rund 40 % der
Endenergie eingespart wer-
den. Insgesamt ließen sich bis
Das Wichtigste in Kürze: 2015 110 Mrd. kWh einsparen,
! Energie effizienter nutzen und Energie sparen sind „Energiequellen“ mit einem beträchtlichen das entspricht dem Verzicht
Potenzial. Wo keine Energie verbraucht wird, entsteht auch kein CO2. auf 30 Kraftwerke.
! Einsparpotenziale bestehen sowohl an der Quelle (Erneuerung der Kraftwerke, Kraft-Wärme-Kopplung

u. a.) als auch auf der Verbraucherseite (Wärmedämmung, Strom sparende Geräte). !" Das Wuppertal-Institut
! Noch schlagen sich die Energiekosten kaum in den Preisen für Waren und Dienstleistungen nieder, schätzt, dass sich bis 2050 der
sodass zum Energiesparen zusätzliche Anreize nötig wären. Pro-Kopf-Primärenergiever-
! Global betrachtet sind Maßnahmen zu mehr Effizienz v. a. in Ländern mit veralteter Kraftwerks- und brauch in Deutschland ohne
Übertragungstechnik wirkungsvoll. Hier sind die Industriestaaten auch aufgrund ihrer historischen Komfortverlust um ca. 2/3
Verantwortung aufgerufen, Entwicklungs- und Schwellenländer zu unterstützen. verringern ließe.

33
Emissionen vermeiden.
Langfristig gehört den regenerativen Energien die Zukunft. Doch eine Umstellung der Energie-
versorgung ist nicht von heute auf morgen möglich. Gibt es Übergangslösungen?

In diesem Kapitel erfahren Sie,


• welche alternativen Techniken zur CO 2-Vermeidung diskutiert werden CO2-Kompensation
• wie diese Techniken zu bewerten sind. Eine Möglichkeit, CO2-Emissionen zwar nicht zu
verhindern, aber zu „neutralisieren“, bietet die so
genannte CO2-Kompensation. Dabei ermitteln Un-
ternehmen, Organisationen oder Privatpersonen
Emissionen vermeiden.
Klimaschutz
Folie 15 Eine Zeit des Übergangs? zunächst den CO2-Ausstoß, den sie z. B. durch
CO2-Abscheidung und Lagerung (CCS).

Kraftwerk
Verklappung
Reisen, Veranstaltungen oder andere Tätigkeiten
im Meer

Dass auf lange Sicht eine Energieversorgung auf der verursachen. Gegen Zahlung eines Geldbetrags
CO2-Abscheidung

Lagerung in Verpressung

Basis regenerativer Energieträger und mehr Energie- werden diese Emissionen dann an anderer Stelle
ehemaligen in geologische Lagerung am
Bergwerken Formationen Meeresboden
CO2-See
Einleitung in ehem.
Öl- und Gasspeicher
Verpressung im Meeresboden

effizienz alternativlos ist, wird inzwischen kaum durch Klimaschutzprojekte eingespart. Inzwi-
Treibhausgas-Emissionen. Quelle: BMU (2009)
BMU (2007)
Beispiel Stromerzeugung (min. – max.)
CO2-Äquivalent g/kWh

1500

mehr bestritten. Darüber, wie schnell und wie um- schen bieten zahlreiche Institutionen diesen Ser-
1000

500

fassend der Umbau der Energieversorgung erfolgen vice. Wichtig ist dabei v. a., in welche Projekte die
0
Braunkohle Braunkohle Erdgas Fotovoltaik feste Kernenergie Wind Wasser
ohne CCS mit CCS Biomasse

Emissionsrechtehandel.

kann, herrschen allerdings sehr unterschiedliche Kompensationszahlungen fließen. Nach dem von
Staat

Zuteilung von Zertifikaten

Unternehmen 1 Unternehmen 2

– +
benötigt weniger
Zertifikate als zugeteilt
Börse
erwirbt zusätzliche
Zertifikate Ansichten. Für die Übergangszeit werden derzeit mehreren Umweltorganisationen und dem WWF
verschiedene Brückentechnologien diskutiert. entwickelten „Gold Standard“ sollte das Geld nur
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Emissionen vermeiden. in Projekte aus den Bereichen erneuerbare Ener-


Folie 15
gien und Energieeffizienz fließen. Zudem müssen
Saubere Kohle? die Projekte zusätzlich, dauerhaft sowie nachhal-
tig sein und die lokale Bevölkerung mit einbezie-
Der fossile Energieträger Kohle wird noch vergleichs- hen. Aufforstungsprojekte und Baumpflanzungen
weise lange zur Verfügung stehen und von Ländern zählen nicht zu den Gold-Standard-Projekten.
mit ergiebigen Lagerstätten – allen voran China –
vermutlich auch entsprechend genutzt werden.
Um v. a. diesen Energieträger möglichst klima- - Die Speicherkapazitäten sind begrenzt und stehen
schonend einsetzen zu können, ist derzeit die so in Konkurrenz zu anderen Nutzungen wie z. B.
genannte CCS-Technologie (Carbon Capture and Geothermie oder Druckluftspeicherung.
Storage) in der Entwicklung. Dabei wird das bei - Der großmaßstäbliche Einsatz von CCS ist noch
der Verbrennung entstehende CO2 abgeschieden, nicht erprobt.
zu unterirdischen Lagerstätten (z. B. ausgebeute- - CCS wird, wenn überhaupt, in größerem Umfang
Der Traum von der sauberen ten Kohle-, Öl- oder Gaslagerstätten) transportiert frühestens 2015 – 2020 zur Verfügung stehen.
Kohle: Bei der CCS-Techno-
und dort gespeichert (Folie 15, Abb. 15.1). Mit der
logie sind noch viele Fragen
offen. unterirdischen Lagerung wäre – so die Befürwor- Vor diesem Hintergrund ist derzeit unklar, ob CCS
ter dieser Technik – das durch die Verbrennung den erhofften Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.
von Kohle freigesetzte CO2 wieder dauerhaft in Der WBGU hält mit CCS betriebene fossile Kraft-
der Lithosphäre gespeichert. In Deutschland sind werke deswegen global gesehen bestenfalls für eine
bereits zwei Pilotanlagen in Betrieb, das erste mittelfristige Übergangslösung.
CCS-Kraftwerk ist für 2014 geplant. Allerdings
bestehen noch zahlreiche offene Fragen bzw. Kritik-
punkte: Kohle ersetzen.

- CCS erhöht den Primärenergieeinsatz um bis zu Kohle hat von allen fossilen Energieträgern die höchs-
44 %, Transport und Lagerung sind ebenso mit ten CO2-Emissionen. Deshalb bietet sich an fossilen
einem zusätzlichem Energieaufwand verbunden. Alternativen die verstärkte Nutzung von Erdgas an
- Das CO2 wird nicht vollständig abgetrennt. Je nach (Folie 15, Abb. 15.2). Zudem sind Erdgaskraftwerke
Technik werden 88 – 99 % abgeschieden. in der Stromerzeugung sehr flexibel einsetzbar und
CO2-freie Kernkraft? Bau und - CCS ist für den Klimaschutz nur wirksam, wenn passen damit gut in ein Energiesystem mit hohem
Abriss der Kraftwerke sowie das CO2 über sehr lange Zeiträume sicher gelagert Anteil regenerativer Energieträger. Allerdings: Auch
der Uranbergbau erzeugen
Emissionen. Die Kernkraft werden kann. Ob und wie das geschehen kann, ist die Erdgasvorräte sind begrenzt und dürften bei einer
bleibt umstritten. derzeit noch völlig offen. verstärkten Nutzung noch schneller zur Neige gehen.

34
Kernkraft, ja bitte? CO2-Abscheidung und Lage-
rung (Abb. 15.1): Mit CCS
sollen Kohlekraftwerke
Weil Kernkraftwerke im laufenden Betrieb kein CO2 nahezu CO2-frei betrieben
emittieren, wird die Atomenergie von ihren Befür- werden.
wortern als wichtiger Beitrag zur Lösung des Klima-
problems gesehen, zumindest aber als Brücke, bis
regenerative Energien die weltweite Energieversor-
gung sicherstellen können. Derzeit sind weltweit
etwa 440 Atomkraftwerke in Betrieb. Ihr Anteil am Treibhausgas-Emissionen
globalen Primärenergieverbrauch liegt bei 6 %, am CO2-Äquivalent g/kWh bei der Stromerzeugung
erzeugten Strom bei 16 %. Um bis 2050 allein 10 %
1500
(Abb. 15.2): Kohle hat die
schlechteste Bilanz, Erdgas
der fossilen Energie ersetzen zu können, müssten 1000
unter allen fossilen Energie-
1000 neue Atomkraftwerke gebaut werden. Ob dies 500 trägern die beste.
angesichts potenzieller Risiken beim Betrieb und der
0
Braunkohle Braunkohle Erdgas Fotovoltaik feste Kernenergie Wind Wasser
noch nicht gelösten Endlagerung radioaktiver Abfälle ohne CCS mit CCS Biomasse

einen gangbaren Weg darstellt, ist sehr umstritten.


Kritiker warnen zudem vor militärischem Miss- und Wirkungsgradverluste bei der weiteren Nutzung
brauch und der Gefahr, dass radioaktives Material in des Wasserstoffs, kann die Klimabilanz in den
die Hände von Terroristen gelangen könnte. Darüber negativen Bereich kippen. Ähnlich ist die Bilanz,
hinaus sind Kernkraftwerke klassische Grundlast- wenn Wasserstoff als Speichermedium für Strom
kraftwerke und daher mit einem immer höheren aus erneuerbaren Energien genutzt wird. Experten
Anteil erneuerbarer Energien nur schwer in Einklang gehen davon aus, dass in der Nutzungskette
zu bringen. Elektrolyse, Speicherung, Transport und Verstro-
mung in Brennstoffzellen weniger als die Hälfte
der ursprünglich vorhandenen Energie beim
Das Wasserstoffzeitalter. Verbraucher ankommt. Sie empfehlen deshalb,
Als Abfall nur Wasser?
kurz- bis mittelfristig auf andere Speichermedien Wasserstoff ist nur so sauber
Wasserstoff wird häufig als „die“ Lösung für eine (Druckluft, Pumpspeicher) zu setzen. Erst wenn wie der Energieträger, mit
der er erzeugt wurde.
CO2-freie Energiezukunft bezeichnet. Er kann in sehr hohe Anteile erneuerbarer Energien mit
Verbrennungsmotoren, Gasturbinen oder Brenn- anderen Speicherformen nicht mehr zu bewältigen
stoffzellen in mechanische Energie, Strom sowie sind, wäre diese Art der Wasserstoffwirtschaft ein
Wärme umgewandelt werden und hinterlässt als gangbarer Weg.
Abfallprodukt lediglich Wasser. Allerdings ist "# Standpunkte
Wasserstoff nur ein sekundärer Energieträger. Er
muss zunächst unter Energieaufwand hergestellt Der Traum von unerschöpflicher Energie. "# Die nächsten Jahrzehnte
werden und ist damit nur so „sauber“ und effektiv entscheiden über den Erfolg
wie der Prozess, bei dem er hergestellt und genutzt Bei der Suche nach alternativen Energiekonzepten des Klimaschutzes. Deshalb
wird. Die heute üblichen Herstellungsarten sind wird in verschiedenen Richtungen gearbeitet. Die müssen alle Möglichkeiten
die Dampfreformierung aus fossilen Energieträgern Kernfusion z. B. beschäftigt die Forscher seit Jahr- genutzt werden, schnell zu
(z. B. Erdgas) und die Elektrolyse aus Wasser. zehnten. Der anfängliche Enthusiasmus über signifikanten Reduktionen zu
Bei der Dampfreformierung wird als Nebenprodukt eine schier unerschöpfliche Energiequelle ist in- kommen – auch auf der Basis
genau die Menge CO2 frei, die auch bei der direkten zwischen weitgehend verflogen. 2050 soll der konventioneller Energieträger
Nutzung des fossilen Energieträgers entstanden erste Fusionsreaktor in Betrieb gehen – vielleicht und der Kernkraft! Übergangs-
wäre. Berücksichtigt man noch Umwandlungs- aber auch später. techniken helfen, Zeit für den
Umbau der Energieversorgung
zu gewinnen.
Das Wichtigste in Kürze:

! Der Umbau der Energieversorgung hin zu regenerativen Energien braucht Zeit. Deshalb werden "# Die Entwicklung angeblich
parallel dazu alternative CO2-Vermeidungs-Strategien diskutiert. sauberer Kohlekraftwerke mit
! Mit der Abscheidung und unterirdischen Lagerung von CO2 (CCS) sollen Kohlekraftwerke weit- CO2-Abscheidung sowie die
gehend CO2-frei arbeiten, allerdings sind bei dem Verfahren noch viele Fragen ungeklärt. Unterstützung der Kernenergie
! Der Ersatz von Kohle durch Gas reduziert die Emissionen, beschleunigt aber auch das Ende der Gaslager. verhindern einen raschen Um-
! Kernkraftwerke arbeiten zwar weitgehend CO2-frei, die Technik ist aber nach wie vor umstritten. stieg auf regenerative Ener-
! Wasserstoff ist als Energieträger nur so „sauber“ wie die Energie, mit der er erzeugt wird. gien. Falsch angelegtes Geld!

35
Wie reagiert die Politik?
Der Klimawandel ist ein globales Problem, das auch nur global gelöst werden kann.
Doch wer muss bis wann wie stark zu einer Lösung beitragen? Gerade die Detailfragen erschweren
Fortschritte in den internationalen Verhandlungen.

In diesem Kapitel erfahren Sie


• den aktuellen Stand der internationalen Klimapolitik
• welche Klimaschutzziele international und national aufgestellt wurden
• und wie sie umgesetzt werden können.

Emissionen vermeiden.
Klimaschutz
Folie 15 Allgegenwärtig – der Klimawandel. Die Kyoto-Mechanismen
CO2-Abscheidung und Lagerung (CCS).

Kraftwerk
Verklappung
im Meer

Das Thema Klimawandel nimmt in der öffentlichen 1. Emissionshandel (Emission Trading)


CO2-Abscheidung

Lagerung in Verpressung

Wahrnehmung inzwischen einen hohen Stellen- Ein Land teilt die ihm erlaubte Emissionsmenge
ehemaligen in geologische Lagerung am
Bergwerken Formationen Meeresboden
CO2-See
Einleitung in ehem.
Öl- und Gasspeicher
Verpressung im Meeresboden

wert ein – nicht zuletzt seit der Veröffentlichung in einzelne Zertifikate und verteilt diese an die
Treibhausgas-Emissionen. Quelle: BMU (2009)
BMU (2007)
Beispiel Stromerzeugung (min. – max.)
CO2-Äquivalent g/kWh

1500

des 4. Sachstandsberichtes des IPCC 2007. Auch vom Emissionshandel erfassten Unternehmen –
1000

500

auf politischer Ebene hat sich viel bewegt. So besteht bzw. diese ersteigern die Zertifikate an einer
0
Braunkohle Braunkohle Erdgas Fotovoltaik feste Kernenergie Wind Wasser
ohne CCS mit CCS Biomasse

Emissionsrechtehandel.

im Wesentlichen Konsens, dass eine gemeinsame Börse. Überschreitet ein Unternehmen die ihm
Staat

Zuteilung von Zertifikaten

Unternehmen 1 Unternehmen 2

– +
benötigt weniger
Zertifikate als zugeteilt
Börse
erwirbt zusätzliche
Zertifikate Anstrengung der internationalen Staatengemein- zugeteilte Emissionsmenge, muss es an der
schaft notwendig ist, um der Herausforderung Börse zusätzliche Zertifikate von anderen Unter-
Allianz Umweltstiftung ©

Emissionen vermeiden. Klimawandel zu begegnen. Immer deutlicher wird nehmen erwerben, die ihre Emissionen bereits
Folie 15
auch, dass eine umfassende und weltweite Umstellung reduziert haben. Wer Emissionen einspart,
der Energieversorgung unumgänglich ist. kann damit Geld verdienen! (Folie 15, Abb.
15.3)
!" Standpunkte
Von Rio bis Kopenhagen. 2. Gemeinsame Umsetzung (Joint Implementation, JI)
!" Da die Industrieländer die Finanziert ein Industriestaat in einem anderen
Hauptverursacher des Klima- Seit dem „Erdgipfel“ 1992 in Rio de Janeiro finden Projekte zur Emissionsreduktion, kann er die
wandels sind, müssen sie bei regelmäßig internationale Klimakonferenzen statt. Reduktion auf seine eigene Emissionsmenge
der Reduktion der Treibhaus- Allgemein bekannt ist dabei v. a. die 3. Vertrags- anrechnen lassen und selbst mehr emittieren.
gas-Emissionen vorangehen. staatenkonferenz 1997 in Kyoto/Japan. Im dort
ausgehandelten Kyoto-Protokoll gingen erstmals 3. Mechanismus für umweltverträgliche Entwick-
!" Nur wenn die reichen eine Reihe wichtiger Industriestaaten konkrete lung (Clean Development Mechanism, CDM)
Industriestaaten zeigen können, Reduktionsverpflichtungen für Treibhausgase ein. Hier finanzieren Industriestaaten Klimaschutz-
dass Wohlstand (und damit Um diese einhalten zu können, wurden drei projekte in Entwicklungsländern und können
eine sichere Energieversor- Mechanismen entwickelt (> Kasten). sich die erzielten Emissionsreduzierungen auf
gung) mit Klimaschutz kompa- ihr eigenes Emissionskonto gutschreiben lassen.
tibel ist, werden die übrigen Das Kyoto-Protokoll trat 2005 in Kraft und hat Die Projekte müssen die nachhaltige Entwick-
Staaten nachziehen. eine Laufzeit bis 2012. Dabei wurde immer wieder lung fördern.
bemängelt, dass die USA als Industrienation mit

den größten Emissionen das Protokoll zwar unter-


Staat
zeichnet, aber nie ratifiziert haben. Auch die
Zuteilung von Zertifikaten
Schwellenländer China, Indien und Brasilien sind
bisher keine Reduktionsverpflichtungen eingegan-
Unternehmen 1 Unternehmen 2 gen. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels

– +
und weltweit weiter steigenden Emissionen sind
ab 2012 aber dringend neue Vereinbarungen not-
benötigt weniger erwirbt zusätzliche wendig. So konnte man sich im Dezember 2007
Zertifikate als zugeteilt Zertifikate
auf Bali immerhin darauf einigen, bis Dezember
Börse
2009 in Kopenhagen ein Klimaschutzabkommen
Handel mit Emissionen (Abb. 15.3): Reduktionen sollen dort erzielt werden, wo sie die größte zu verhandeln, das auch die Schwellen- und Ent-
Wirkung haben und wo es am wirtschaftlichsten ist. wicklungsländer mit einbindet.

36
Auch bei den G8-Gipfeltreffen der vergangenen Klimaschutz national.
Jahre spielte der Klimawandel eine wichtige Rolle.
In L’Aquila (Italien) stimmten im Frühjahr 2009 Ein wichtiger Baustein aktiver Klimapolitik ist die
die wichtigsten Industrienationen der Welt dem Förderung erneuerbarer Energien. Hier hat die Bundes-
grundsätzlichen Ziel zu, die Temperaturzunahme regierung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
bis 2100 auf 2 °C (gegenüber dem vorindustriellen (EEG) seit dem Jahr 2000 eine Maßnahme auf den
Niveau) zu begrenzen. Weg gebracht, die inzwischen von vielen anderen
Staaten in ähnlicher Form übernommen wurde.
Das EEG regelt z. B., dass Erzeuger, die regenerativ
Mit gutem Beispiel voran? erzeugten Strom in das öffentliche Netz einspeisen,
dafür vom Netzbetreiber bzw. den Energieversor-
Die Europäische Union sieht sich als Motor einer nach- gungsunternehmen eine staatlich festgelegte
haltigen Klimapolitik. Sie beschloss, ihren Ausstoß an Vergütung erhalten, die von diesen dann auf den
Treibhausgasen bis 2020 um 20 % gegenüber dem allgemeinen Strompreis umgelegt wird. Ein weiteres
Basisjahr 1990 zu senken – je nach Beteiligung Beispiel ist das Anfang 2009 verabschiedete Erneu-
weiterer Industriestaaten außerhalb der EU auch um erbare-Energien-Wärmegesetz. Es verpflichtet Eigen-
bis zu 30 %. Im Januar 2008 setzte die Europäische tümer von Neubauten, ihren Wärmebedarf zu
Kommission Vorgaben zur Intensivierung des einem gewissen Anteil aus erneuerbaren Energien
Emissionsrechtehandels. Ab 2013 soll ein ein- zu decken.
heitliches CO2-Budget für alle Mitgliedstaaten gelten.
Ebenfalls bis 2020 soll der Beitrag der erneuerbaren Dem Umweltbundesamt gehen diese Regelungen
Vorreiter im Klimaschutz:
Energiequellen zur europäischen Energieversorgung noch nicht weit genug. Um die angestrebte Redu- Die EU und vor allem
auf einen Anteil von 20 % ausgebaut sein. zierung des deutschen CO2-Ausstoßes um 40 % bis Deutschland haben sich
Deutschland legte sich im Kyoto-Protokoll auf eine 2020 zu erreichen, hält es die Energiebesteuerung, hohe Ziele gesteckt. Folgen
auf Worte auch Taten?
Reduktion der Treibhausgase bis 2012 um 21 % fest. einen Energieeffizienzfonds, die Kennzeichnung be-
Im August 2007 beschloss das Bundeskabinett in sonders energiesparsamer Geräte und viele weitere
Meseberg, den CO2-Ausstoß in Deutschland bis Maßnahmen für nötig.
2020 um 40 % zu senken. Dazu hat das UBA einen
detaillierten Umsetzungsplan vorgestellt.
Wohin geht die Reise?

Da der Klimawandel ein globales Problem ist,


können die entscheidenden Weichenstellungen
nur global getroffen werden. Dabei sind die unter- !" Standpunkte
schiedlichen Bedingungen in den einzelnen
Ländern und deren Leistungsfähigkeit zu berück- !" Das EEG führt dazu, dass
sichtigen. Um auch Entwicklungsländer und vor die Betreiber von Fotovoltaik-
allem die Schwellenländer China, Indien und anlagen auf Kosten aller
Brasilien mit einzubinden, werden Pro-Kopf- Stromkunden gute Gewinne
Emissionsrechte als Grundlage für internationale einfahren. 2007 wurden ca.
Vereinbarungen diskutiert. Auf dieser Basis hätten 7,6 Mrd. Euro Vergütungen
die Industrieländer mit vergleichsweise hohen ausgezahlt, die auf den allge-
Pro-Kopf-Emissionen einen deutlich größeren Beitrag meinen Strompreis umgelegt
zur Reduktion der Emissionen zu leisten als etwa wurden.
Gleiche Rechte für alle: Die CO2-Pro-Kopf-Emissionen liegen in
vielen Entwicklungsländern weit unter denen von Bewohnern Schwellen- oder Entwicklungsländer. Mehr dazu
reicher Staaten. im abschließenden Kapitel. !" 7,6 Mrd. Euro sind zwar
eine gewaltige Summe. Für
einen Durchschnittshaushalt
mit 3500 kWh Jahresstrom-
verbrauch ergeben sich daraus
Das Wichtigste in Kürze:
aber lediglich Mehrkosten von
# Der Klimawandel ist ein globales Problem, das nur global gelöst werden kann. Auf internationalen ca. 3 Euro pro Monat. Und
Klimakonferenzen werden Wege für ein gemeinsames Handeln der Staatengemeinschaft gesucht. dafür wurden zahlreiche Foto-
# Wichtiger Baustein der Klimaschutzpolitik ist die Förderung regenerativer Energien. voltaikanlagen errichtet.

37
Strategien für die Zukunft.
Der Kampf gegen der Klimawandel erfordert eine Kraftanstrengung der gesamten Staaten-
gemeinschaft. Die Umstellung der Energieversorgung und eine faire Lastenverteilung sind
dabei die Schlüsselfragen.

Dieses Kapitel informiert Sie darüber,


• welche Auswege es aus der Problematik gibt
• welchen Ansprüchen eine zukünftige Energieversorgung gerecht werden muss
• wie ein gemeinsames Vorgehen der Staatengemeinschaft aussehen könnte.

Die Realität im Blick. Nachhaltigkeit


Um auch zukünftigen Generationen menschen-
Die Folgen eines ungebremsten Klimawandels sind würdige Lebensbedingungen zu ermöglichen,
bedrohlich, die Zeit zum Umsteuern wird zunehmend muss die Energieerzeugung ressourcen- und
knapp. Umso öfter werden Ideen und Vorschläge klimaschonend sein.
formuliert, aktiv in das Klimasystem einzugreifen
und den Klimawandel auf diese Weise zu bremsen
oder sogar zurückzudrehen. Diese als Geo-Engineer- Das Problem mit den Kosten.
ing bezeichneten Maßnahmen umfassen Ideen wie
das Einbringen von Sonnensegeln im Weltall oder Wirksamen Klimaschutz und eine Umstellung
das Ausbringen von Eisen in den Weltmeeren, um der Energieversorgung wird es nicht zum Null-
so das Algenwachstum anzuregen und CO2 zu tarif geben. Da jeder Euro aber nur einmal auf-
binden. Unabhängig von ihrer meist fragwürdigen gewendet werden kann, ist es ebenso logisch
Die Zeit wird knapp: Die
Treibhausgas-Emissionen Realisierbarkeit und Wirksamkeit behandeln diese wie sinnvoll, bei der Reduzierung der CO2-
müssen reduziert werden – Vorschläge nur Symptome, lassen das eigentliche Emissionen wirtschaftlich so effizient wie möglich
schnell und drastisch.
Problem, den anthropogenen Treibhauseffekt, aber vorzugehen. Eine Richtschnur dazu bieten die
unberücksichtigt. Zudem bergen derartige Eingriffe so genannten CO2-Vermeidungskosten. Sie be-
Klimaschutz
Folie 16
– die letztlich in großem Maßstab erfolgen müssen, zeichnen die Kosten, die bei unterschiedlichen
um Wirkung zeigen zu können – unkalkulierbare Maßnahmen zur Vermeidung einer Tonne CO2
Strategien.
CO2-Vermeidungskosten.
Beispiel Strom. Bezug: Mix neuer fossiler Kondensationskraftwerke
heute 2050
lektoren
Euro/t CO2 Fotovolta
ik
Euro/t CO2 Solarkol sser
Warmwa

Risiken. An einer drastischen und raschen Reduktion entstehen. Obwohl sich die Berechnungsgrund-
twerke s-
1000 rm. Kraf 1000 Heizung
Solarthe Solare tzung
1020

mie unterstü
970

Geother
860

Offshore
100 Wind 300
an Land ts
Wind Holzpelle
Biomasse -
HKW 200 Holzhack
50 schnitzel

der Treibhausgas-Emissionen führt deshalb nach lagen für unterschiedliche Reduktionsmaßnahmen


100 HKW

0 0

-100
-50 Strom Wärme
Quelle: BMU (2009)

Pro-Kopf-Emissionen (Stand 2007).


t CO2/Kopf u. Jahr
20
Quelle: IEA (2009)

19,1
Meinung der meisten Experten kein Weg vorbei. oft sehr unterscheiden, lassen sich aus den in
zahlreichen Studien ermittelten Werten zumindest
11,0
10 9,7 9,7

4,4 4,6

0,1 0,9 1,2


0

grobe Anhaltspunkte für wirtschaftlich sinnvolle


Äthiopien Afrika Indien Welt China Deutschland Japan Schnitt Industrie- USA
länder (OECD)

Budgetansatz. Quelle: WBGU (2009)

Energie für die Welt.


t CO2/Kopf u. Jahr
Pro-Kopf-Emissionspfade

Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland ableiten.


12
ohne mit
10 Emissionshandel Emissionshandel
Industrieländer
8 Schwellenländer
Emissionen

Entwicklungsländer
6

0 Jahr
2005 2010 2020 2030 2040 2050

Allianz Umweltstiftung ©

Untrennbar mit einer Reduktion der Treibhausgas- Bei den erneuerbaren Energien z. B. weisen Foto-
Strategien. Emission verbunden ist die Energiefrage. Eine weit- voltaik und Solarthermie derzeit sehr hohe
Folie 16 reichende Umstellung der Energieversorgung von CO2-Vermeidungskosten auf, Windkraft und die
fossilen Energieträgern zu regenerativen Quellen Wärmeerzeugung aus Biomasse vergleichsweise
erscheint alternativlos. Wenn dies eine rasche Reali- niedrige (Folie 16, Abb. 16.1). Im Bereich Energie-
sierungschance haben soll, muss sich eine zukünftige effizienz und Energiesparen gibt es zahlreiche
Energieversorgung an drei wichtigen Kriterien orien- Maßnahmen, die sogar negative CO2-Vermeidungs-
tieren: kosten aufweisen, also neben der Reduzierung des
CO2-Ausstoßes sogar noch einen wirtschaftlichen
Versorgungssicherheit Gewinn erbringen. Die Wärmedämmung im
Sie beinhaltet den freien Zugang zu Energie für alle, Gebäudebestand, die Erneuerung von Heizungs-
was auch eine weltweit gerechte Verteilung von kesseln und der Austausch von elektrischen Geräten
Energie einschließt. und Aggregaten werden in diesem Zusammenhang
am häufigsten genannt.
Freier Zugang zu Energie:
Die Menschen in den Ent- Wirtschaftlichkeit
wicklungsländern haben Energie soll für alle bezahlbar sein. Erneuerbare Ener- Ein wichtiger Vergleichs- bzw. Standardwert ist
die gleichen Anrechte auf
Energie und Wohlstand wie
gien werden sich deshalb letztlich nur durchsetzen, dabei der Preis, mit dem CO2-Zertifikate im
in den Industrienationen. wenn sie günstiger sind als fossile Energien. Emissionshandel bewertet werden.

38
2009 schwankte er an der Leipziger Börse zwi- ktore
n heute 2050
ik rkollaesser
Solarm
schen ca. 8 und 15 Euro/t, für die Jahre 2013 Euro/t CO2 Fotovolta Euro/t CO2 w
werke Wa
. Kraft Heizu
ngs- heute 2050
1000 herm 1000
bis 2020 wird nach einer Umfrage ein Preis von Solart Solare tützung

1020
ermie rs

970
unte
Geoth

860
ore
nicht über 30 Euro erwartet. 100 Wind
Offsh
nd
an La 300 ellets
Wind sse Holzp
Bioma ack-
HKW 200 Holzh zel
50 schnit
HKW
Ein Welt-Klima-Pakt. 100

0 0

Neben den Kosten sind es v. a. die vielen unter- -100


-50 Strom Wärme
schiedlichen Interessen und Verantwortlichkeiten, Quelle: BMU (2009)

die ein rasches Handeln auf internationaler Ebene Ansetzen, wo es am


erschweren. meisten bringt (Abb. 16.1):
Die CO 2-Vermeidungs-
Da 2012 nach Auslaufen des Kyoto-Protokolls ein Gerechtigkeit
kosten sind bei den ver-
neues internationales Klimaschutzabkommen benötigt Aufgrund der historischen Verantwortung der schiedenen regenerativen
wird, haben Spezialisten des Potsdam-Institut für Industrieländer für den Klimawandel wird eine faire Energieträgern unter-
schiedlich hoch.
Klimafolgenforschung (PIK) eine Klimaschutz-Strate- internationale Kostenteilung bei der Reduzierung
gie entwickelt, in der viele der bisher vorgestellten der Treibhausgas-Emissionen und der Anpassung
Aspekte enthalten bzw. zusammengeführt sind. an den Klimawandel angestrebt.
Diese Strategie könnte den Rahmen einer zukünfti-
gen internationalen Klimapolitik abstecken und Auf Grundlage dieser drei Prinzipien schlägt das
wird nachfolgend in ihren Grundzügen vorgestellt. PIK einen Welt-Klima-Pakt (A Global Contract on
Climate Change) vor, der sich auf vier Hauptziele
Die Herausforderung des Klimawandels sehen die konzentriert:
PIK-Forscher vor allem darin, den Ausstoß von 1) Herstellung eines weltweiten Kohlenstoff-
Treibhausgasen zu senken, ohne die wirtschaftliche marktes
Entwicklung zu gefährden. Denn gerade den Entwick- 2) Förderung kohlenstoffarmer Technologien
lungsländern kann aufgrund ihrer geringen histori- 3) Emissionsreduzierung aus Entwaldung und
schen CO2-Emissionen ökonomisches Wachstum Walddegradation
nicht verwehrt werden. Zielrichtung des Konzeptes 4) Anpassung an den unvermeidlichen Klima-
ist deshalb, das Klimasystem zu vertretbaren ökono- wandel.
mischen Kosten zu stabilisieren, einen gefährlichen
Emissionsfrei: Allein durch
Klimawandel zu verhindern, wirtschaftliche
die Windkraft konnten
Schäden durch überzogene oder schlecht gestaltete Weltweiter Emissionshandel. 2008 in Deutschland über
Klimapolitik zu vermeiden und die Armen der 30 Mio. t CO2 eingespart
werden.
Welt vor den schlimmsten Auswirkungen des Um das 2°C-Ziel möglichst kosteneffizient zu
Klimawandels zu schützen. Der Vorschlag orientiert erreichen, sollen die Treibhausgas-Emissionen
sich an folgenden Prinzipien: durch ein Emissionshandelssystem einen Preis
erhalten, der im Idealfall weltweit gilt und alle
Umweltwirksamkeit Emissionsbereiche und Regionen abdeckt. Auf !" Standpunkte
Oberste Priorität hat die Begrenzung des Klimawan- diese Weise können Emissionen dort vermieden
dels auf ein akzeptables und beherrschbares Maß. werden, wo es am kostengünstigsten ist. Die Heraus- !" Fotovoltaikanlagen sind
Das 2°C-Ziel ist deshalb Grundlage aller Überlegun- forderung besteht vor allem darin, die aktuell reine Spielerei, unter Kosten-
gen. Es verhindert einen gefährlichen Klimawandel, existierenden Handelssysteme in ein unter Umwelt- aspekten bringen sie für den
ermöglicht eine Anpassung an die unvermeidbaren aspekten effektives, ökonomisch effizientes, faires Klimaschutz nichts. Das Geld
Folgen und könnte mit einem finanziellen Aufwand und vor allem weltweites Handelssystem zu über- sollte in andere Techniken in-
von 1–2 % des weltweiten Bruttosozialprodukts ein- führen. Weil sie bei weiterhin steigender Tendenz vestiert werden.
gehalten werden. bereits für über die Hälfte der weltweiten Emissio-
nen verantwortlich sind, sollen die Entwicklungs- !" Die Kosten für Fotovoltaik-
Kosteneffizienz und Schwellenländer möglichst rasch mit in den anlagen haben sich in den
Bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Klimaschutz Emissionshandel eingebunden werden. Außerdem letzten Jahren massiv reduziert.
und wirtschaftlicher Entwicklung soll das 2°C-Ziel weisen sie erhebliche „low-cost“-Verminderungs- Diese Entwicklung wird dank
zu möglichst geringen Kosten erreicht werden. Um potenziale auf, und ein weltweiter Emissionshandel neuer Techniken weitergehen
die Emissionen dort zu reduzieren, wo es am billig- könnte Ausweicheffekte (wie z. B. die Verlagerung und die Fotovoltaik langfristig
sten ist, werden alle Emissionssektoren und Welt- energieintensiver Industrien in Entwicklungsländer) konkurrenzfähig machen.
regionen in das Konzept mit einbezogen. vermeiden.

39
werden. Zur effektiven Reduzierung der durch
Entwaldung entstehenden Emissionen (Reducing
Emissions from Deforestation and Forest Degra-
dataion, REDD) müssen nach Ansicht des PIK
vor allem die Dauerhaftigkeit der Emissionsre-
duzierungen und Kohlenstoffspeicherung garan-
tiert sowie das Ausweichen der Entwaldung auf
andere Regionen verhindert werden.

Hilfen bei der Anpassung.

Für die Finanzierung von Anpassungsmaßnah-


men in den Entwicklungs- und Schwellenländern
fordert das PIK einen solide aufgestellten Finan-
zierungsmechanismus.

Die Anpassungsmaßnahmen müssen dabei eng


Zukunftstechnologie: mit bestehenden Programmen zur Armutsbe-
Riesige Sonnenkraftwerke
in der Wüste könnten
kämpfung und Förderung einer nachhaltigen
genug Strom liefern. Entwicklung sowie anderen Politikbereichen
Förderung neuer Technologien. verzahnt werden. Gleichzeitig dürfen die Mittel,
die für Anpassung aufgewendet werden, nicht
Nach Auffassung des PIK wird der weltweite zulasten bestehender Entwicklungshilfepro-
Emissionshandel alleine nicht ausreichen, um gramme gehen.
den notwendigen, grundlegenden Umbau des
globalen Energiesystems zu vollziehen. Zusätzlich Mit dem Vorschlag zu einem Welt-Klima-Pakt
sollen deshalb die Förderung von Forschung und hat das PIK eine umfassende Klimastrategie
Entwicklung im Bereich kohlenstoffarmer Techno- entwickelt, dabei aber offengelassen, wie sie
logien, öffentlich geförderte Demonstrationsprojekte politisch umgesetzt werden kann. Dazu hat der
für komplexe Technologien (z. B. CCS) und WBGU in einem Sondergutachten zur Klima-
Markteinführungs- oder -anreizprogramme den konferenz 2009 in Kopenhagen jedoch einen
erneuerbaren Energien zum Durchbruch verhelfen. entsprechenden Vorschlag skizziert, den so ge-
Dazu ist eine faire Lastenteilung der Industrie- nannten „Budgetansatz“.
nationen bei Forschung und Entwicklung wie
auch bei der Markteinführung nötig.
Der Bereitstellung von erneuerbaren Energien Atmosphärenkapital.
für die Entwicklungs- und Schwellenländer wird
höchste Bedeutung zugemessen. Um diese beim Ausgangspunkt des WBGU-Vorschlages ist die
Sprung in eine kohlenstoffarme Zukunft zu un- Gesamtmenge CO2, die bis 2050 weltweit
terstützen, werden zusätzlich ein Umsteuern in emittiert werden kann, ohne die 2°C-Leitplanke
der Entwicklungspolitik, ein entsprechender zu durchbrechen. Bei einem „Weiter so wie
Technologietransfer und die Schaffung geeigneter bisher“ wäre diese Menge bereits in 25 Jahren
Finanzierungsinstrumente für die am wenigsten aufgebraucht. Es wird deshalb vorgeschlagen,
entwickelten Länder und Regionen gefordert. das erlaubte Emissions-Budget für den Zeitraum
zwischen 2010 und 2050 über einen Pro-Kopf-
Wichtiger CO2-Speicher: Schlüssel gleichmäßig auf die Staaten der Erde
Große Waldgebiete binden Verhinderung weiterer Entwaldung. zu verteilen, wobei 2010 als demografisches
CO2, ihre Rodung setzt das
Treibhausgas frei.
Referenzjahr gelten soll. Jeder Staat verfügt
Entwaldung und Walddegradation sind für fast damit über ein genau festgelegtes „Atmosphä-
20 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen renkapital“, mit dem er bis 2050 flexibel wirt-
verantwortlich und können nach zahlreichen schaften und international handeln kann.
Schätzungen zu sehr geringen Kosten reduziert Länder, deren Budget schnell ausgeschöpft ist –

40
Nur gemeinsam ist der
Umbau machbar (Abb.
16.3): Industrieländer
müssen ihre Emissionen
viel drastischer reduzieren
als etwa Schwellen- oder
Entwicklungsländer.

z. B. die Industriestaaten – , müssten von Eine Welt mit Zukunft.


anderen, die weniger emittieren, als ihnen zusteht,
entsprechende Emissionsrechte erwerben. Dar- Die Herausforderung, vor der die Weltgemeinschaft
aus ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, steht, ist groß. Der WBGU spricht deshalb von
Vermeidungsmaßnahmen oder Technologietrans- einer globalen Herkulesaufgabe, die international
fers zu finanzieren (Folie 16, Abb. 16.2 und
16.3). Der Vorschlag bezieht sich nur auf CO2,
für andere Treibhausgase werden separate Maß-
nahmen vorgeschlagen.
energiebedingte CO2-Emissionen

Der Budgetansatz liefert auf einer klar nach-


vollziehbaren Grundlage konkrete Zahlen für
nationale Emissionsbegrenzungen. Das zuneh-
mend schwieriger werdende Aushandeln indivi-
dueller, nationaler Reduktionsverpflichtungen
und die damit einhergehenden Verhandlungen Gleiches Recht für alle
(Abb. 16.2): Noch ist die
auf internationalen Klimakonferenzen könnten ähnlich anspruchsvoll sei wie die Überwindung des Welt von vergleichbaren
weitgehend entfallen. Zur Finanzierung von Ost-West-Konfliktes. Er sieht aber auch die Chance, Pro-Kopf-Emissionen weit
Anpassungsmaßnahmen sowie des Stopps der dass die Menschheit sich als globale Interessenge- entfernt.
Entwaldung in Entwicklungsländern wird meinschaft zu verstehen beginnt und entsprechend
zusätzlich ein finanzieller Ausgleich zwischen verhält. Dazu sind entschieden handelnde politi-
Nord und Süd vorgeschlagen, der sich an den sche Akteure, aber auch eine breite Unterstützung
nationalen Unterschieden der Pro-Kopf-Emis- aus Wirtschaft und Bevölkerung von Bedeutung.
sionen im Zeitraum zwischen 1990 und 2010 Jeder Einzelne wird dazu in seinem Wirkungsbe-
orientiert. Dadurch würde auch das Verursacher- reich einen Beitrag leisten müssen.
prinzip sowie die historische Verantwortung Wir hoffen, mit dieser Broschüre dazu beigetra-
der Industrieländer aufgegriffen. gen zu haben.

Das Wichtigste in Kürze:


! Eine Schlüsselfrage im Kampf gegen den Klimawandel ist die Frage nach dem Energiesystem der
Zukunft. Es muss Versorgungssicherheit gewährleisten, bezahlbar bleiben, die natürlichen Ressourcen Sonnige Aussichten: Die
Solarenergienutzung in
schonen und klimaverträglich sein. großen Kraftwerken steht
! Zur Bekämpfung des Klimawandels wird ein internationaler „Welt-Klima-Pakt“ vorgeschlagen, der erst am Anfang ihrer Ent-
wicklung.
den Handel mit Emissionen, die gezielte Förderung klimaverträglicher Technologien, die Verhin-
derung weiterer Entwaldung und konkrete Anpassungsmaßnahmen enthält.
! Um die Lasten möglichst gerecht zu verteilen, wurde ein Konzept entwickelt, das jedem Staat auf

der Grundlage gleicher Pro-Kopf-Emissionen ein nationales CO2-Budget zuteilt.

41
Glossar.
Amortisationszeit bei hohem > Wirkungsgrad möglichst viel > End-
Zeitdauer, in der die eingesetzte Energie zum Bau energie zu erzeugen – und diese wiederum in ent-
einer Anlage (z. B. eines Wasserkraftwerkes) durch sprechenden Geräten optimal zu nutzen.
die Energieerzeugung der Anlage wieder ausgeglichen
ist. Kraftwerke, die mit > fossilen Energieträgern Emission
betrieben werden, amortisieren sich aufgrund der Abgabe von Substanzen, Gasen u. a. in die
> Umwandlungsverluste energetisch gesehen nie. Umwelt (von lat. „emittere“ = aussenden), z. B.
von > Kohlendioxid bei Verbrennungsprozessen.
Biomasse
Gesamtes von Lebewesen aufgebautes Material. Emissionszertifikat
„Verschmutzungsrecht“. Betriebe können die
Blockheizkraftwerk Menge CO2, die sie emittieren wollen, an einer
Meist kleineres, dezentrales Kraftwerk in Siedlungs- „Börse“ ersteigern. Wer viel emittiert, muss ent-
nähe, bei dem durch > Kraft-Wärme-Kopplung sprechend viel zahlen.
neben Strom auch die Wärme in einem Nahwärme-
netz genutzt wird. Damit liegt der > Wirkungsgrad Endenergie
deutlich höher als bei einem Kraftwerk, das nur der Der Teil der Energie, der nach Abzug aller
Stromerzeugung dient. > Umwandlungsverluste z. B. in Form von
Strom, Benzin etc. zur Verfügung steht.
Brennstoffzelle
In einer Brennstoffzelle reagiert Wasserstoff mit Energie-Dreieck
Sauerstoff unter Energiefreisetzung. Als „Abfallpro- Das Energie-Dreieck betrachtet bei der Frage nach
dukt“ entsteht Wasser. Das Prinzip der Brennstoff- der zukünftigen Energieversorgung drei Aspekte
zelle wurde bereits 1838 entdeckt. als gleichwertig nebeneinander: Wirtschaftlichkeit,
Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit.
BTL-Kraftstoff
engl. Biomass to Liquid. BTL-Kraftstoffe werden Energiemix
aus der gesamten Pflanze bzw. aus Rest- und Abfall- Einsatz unterschiedlicher Energieträger für die
stoffen hergestellt, also nicht nur aus den energierei- Energieversorgung bzw. die Stromerzeugung eines
chen Samen. Staates bzw. der gesamten Welt.

CCS (Carbon Capture and Storage) Erneuerbare/regenerative Energieträger


Technologie, die das bei der Verbrennung von Von Quellen gespeist, die nach menschlichen Zeit-
> fossilen Energieträgern entstehende > CO2 ab- maßstäben unerschöpflich sind (z. B. Sonne).
scheidet und in unterirdischen Speichern oder im
Meer lagert. Erntefaktor
Der Erntefaktor gibt an, wie viel Mal mehr Energie
CO2-neutral ein Kraftwerk, eine Wind- oder Solaranlage während
Bei der Verbrennung von Biomasse wird > CO2 des gesamten Betriebes liefert, als für Bau, Betrieb
freigesetzt. Da die Pflanze dieses CO2 zuvor beim und Entsorgung verbraucht wird.
Wachstum der Atmosphäre entzogen hat, ist die
Bilanz ausgeglichen – CO2-neutral. Fossile Energieträger
Entstanden durch biologische und/oder chemische
CO2-Vermeidungskosten und geologische Prozesse im Laufe der Erdge-
Kosten, die notwendig sind, um z. B. eine Tonne schichte (Kohle, Erdöl, Erdgas). Sie bilden sich in
CO2 bei der Energieerzeugung einzusparen. Damit überschaubaren Zeiträumen nicht neu.
ergibt sich auch eine Vergleichbarkeit unterschied-
licher Maßnahmen zum Klimaschutz, beispielsweise Fotovoltaik
sind die CO2-Vermeidungskosten bei Fotovoltaik Direkte Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische
derzeit um ein Vielfaches höher als bei Wind. Energie (S. 16).

Effizienz Generator
In Bezug auf die Energieversorgung bedeutet Effi- Maschine, die mechanische Energie in elektrische
zienz, aus der vorhandenen > Primärenergie mit Energie (Strom) umwandelt. Die mechanische
möglichst geringen > Umwandlungsverlusten und Energie kann z. B. mit einer > Turbine oder

42
einem Windrad erzeugt und über eine Welle an Kollektor
den Generator übertragen werden. von lat. collegere = sammeln. Solarkollektoren
sammeln die Wärmeenergie aus der Sonnenstrah-
Geothermie lung und geben sie an ein anderes Wärmemedium,
Nutzung der im Erdinnern gespeicherten Energie meist eine spezielle Flüssigkeit, weiter.
(S. 26).
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
Globale Jahresmitteltemperatur Verknüpfung von Strom- und Wärmeerzeugung.
Ermittelt in Bodennähe, Grundlage für die Beur- Damit steigt der > Wirkungsgrad einer energie-
teilung des globalen Klimas. technischen Anlage, der eingesetzte Energieträger
wird effizienter genutzt.
Grundlast
Grundlastfähige Kraftwerke – z. B. Wasser-, Braun- Lachgas, Distickstoffoxid (N2O)
kohle und Kernkraftwerke – liefern über den ganzen Klimawirksames Spurengas der Atmosphäre. Wird
Tag eine gleichmäßige Strommenge und decken v. a. mit dem zusätzlichen > Treibhauseffekt in
dabei den Teil des täglichen Stromverbrauchs ab, Verbindung gebracht.
der sich nicht verändert.
Methan (CH4)
Hydrothermie Klimawirksames Spurengas der Atmosphäre. Wird
Nutzung von heißem Wasser aus tieferen Erd- v. a. mit dem zusätzlichen > Treibhauseffekt in
schichten. Verbindung gebracht.

Industrielle Revolution Mittellast


Periode Ende 18./Anfang 19. Jahrhunderts, in der Zu den Mittellastkraftwerken zählen Steinkohle-
bahnbrechende Erfindungen (z. B. Dampfmaschine) und Gaskraftwerke. Sie können bei der Stromer-
die industrielle Massenfertigung von Gütern ein- zeugung dem täglichen Strombedarf leicht angepasst
leiteten. Basis war die Nutzung fossiler Energie- werden.
quellen (Kohle, später Erdöl) in großem Stil.
Nachhaltigkeit
Joule (J) Wirtschaftsprinzip, das durch Schonung der natür-
Einheit, in der Energie gemessen wird (benannt lichen Lebensgrundlagen auch künftigen Genera-
nach dem engl. Physiker James Prescott Joule). tionen ein lebenswertes Dasein garantiert.
3600 J entsprechen dabei einer Kilowattstunde
(> Watt). Niedrigenergiehaus, Nullenergiehaus
1 Kilojoule (kJ) = 1000 J, 1 Petajoule (PJ) = 1015 Häuser, die durch eine entsprechende Bauweise
(= 1 Billiarde) J, 1 Exajoule (EJ) = 1018 (= 1 Trillion) J. (Dämmung, Wärmeschutzverglasung) und eine
effiziente Energietechnik deutlich weniger Energie
Kipp-Punkte (Tipping-Points) pro Jahr und m2 verbrauchen als konventionelle
Durch den Klimawandel können im Klimasystem Gebäude. Nullernergiehäuser benötigen keine
der Erde Entwicklungen in Gang gesetzt werden, Energie von außen, Plusenergiehäuser erzeugen
die, einmal angestoßen, nicht mehr rückgängig selbst mehr Energie, als sie verbrauchen.
gemacht werden können und das Klimageschehen
der Erde über Jahrhunderte bis Jahrtausende ver- Ökobilanz
ändern. Berücksichtigt z. B. bei der Bewertung eines Energie-
trägers alle Aspekte, vom Energiegewinn über den
Klima Energieverbrauch für Förderung, Aufbereitung,
Charakteristischer Verlauf des Wetters an einem Transport bis zu sonstigen Beeinträchtigungen der
Ort oder in einem bestimmten Raum über einen Umwelt (Wasserverbrauch, -verschmutzung etc.).
längeren Zeitraum hinweg.
Offshore
Kohlendioxid (CO2) Bei Windenergieanlagen: Anlagen vor der Küste,
Spurengas der Atmosphäre, wichtiges > Treibhausgas. also im Meer (schwimmend oder bei geringen
Wird v. a. mit dem zusätzlichen > Treibhauseffekt Wassertiefen im Untergrund verankert). Im Ge-
und damit mit dem Klimawandel in Verbindung gensatz zu Onshore-Anlagen an der Küste oder im
gebracht. Binnenland.

43
Permafrostboden Treibhausgase
Dauerfrostboden (25 % der Oberfläche der Konti- Gase, die die Wärmerückstrahlung der Erdoberfläche
nente, in Skandinavien bis 20 m, in Sibirien bis in den Weltraum behindern (wie die Glasscheibe
1,5 km tief). Es wird befürchtet, dass weite Bereiche eines Treibhauses). Z. B. Wasserdampf, > Kohlen-
dieser Böden auftauen und damit zusätzlich CO2 dioxid und > Methan.
und Methan freigesetzt wird.
Turbine
Primärenergie Maschine zur Energieumwandlung. Strömendes
Direkter Energieinhalt von Kohle, Rohöl oder Wasser, heißer Dampf, Gas oder Wind setzen ein
Wind, ohne Umwandlungsverluste z. B. in Laufrad in rotierende Bewegung, die zum Antrieb
Strom. von Maschinen oder > Generatoren genutzt werden
kann.
Reserven
Vorräte an > fossilen Energieträgern, die bekannt Umwandlungsverluste
und wirtschaftlich abbaubar sind. Entstehen bei der Umwandlung von > Primär-
energieträgern wie Kohle und Erdöl in vom
Ressourcen Verbraucher nutzbare > Endenergie in Form von
Hier: Vorräte an > fossilen Energieträgern, die nur Strom oder Benzin.
vermutet werden und/oder derzeit nicht wirt-
schaftlich abbaubar sind. Wärmepumpe
Anlage, die mit Energiezufuhr – meist durch
Rückkopplung elektrische oder Gasturbinen – Wärme von
Wechselwirkung, die einen Effekt verstärkt (positive einem niedrigen auf ein höheres Temperaturniveau
R.) oder abschwächt (negative R.). pumpt, z. B. von im Erdreich oder der Umgebungs-
luft gespeicherter Wärme auf Zimmertemperatur.
Schwellenland
Länder im Übergang vom Entwicklungsland zum Watt (Kilowatt, Kilowattstunde)
Industrieland. Z. B. China, Indien, Brasilien. Einheit, in der die physikalische Leistung gemessen
wird (benannt nach dem engl. Erfinder James
Solarthermie Watt). Watt steht dabei für > Joule pro Sekunde
Nutzung der Sonnenwärme zur Wärme- oder (1 W = 1 J/s) und drückt aus, wie viel Energie (J)
Stromerzeugung (S. 17 ff). pro Zeiteinheit z. B. ein Kraftwerk liefert oder eine
Maschine verbraucht.
Spitzenlast, Spitzenstrom 1 Kilowatt (kW) = 1000 W, 1 Megawatt (MW) =
Der Stromverbrauch pro Tag schwankt und 1000 kW, 1 Gigawatt (GW) = 1000 MW, 1 Tera-
weist mitunter starke Verbrauchsspitzen auf. watt (TW) = 1000 GW
Diese Spitzenlast wird durch Pumpspeicher- Eine Kilowattstunde (kWh) steht für die Energie-
kraftwerke abgedeckt, die in bedarfsschwachen menge in kW pro Stunde.
Zeiten mit Überschussstrom Wasser in ein hoch
gelegenes Becken pumpen, um es bei Bedarf Wirkungsgrad
schnell ablassen und wertvollen – weil teuren – Der Wirkungsgrad bezeichnet das Verhältnis
Spitzenstrom erzeugen zu können. zwischen der eingesetzten und der abgegebenen,
nutzbaren Leistung. Je höher der Wirkungsgrad
Treibhauseffekt einer Anlage zur Energieerzeugung, desto effektiver
Ähnlich wie die Scheiben eines Gewächshauses arbeitet sie.
wirken in der Atmosphäre bestimmte Gase,
z. B. Wasserdampf, > Kohlendioxid und
> Methan. Die mittlere Temperatur der Erde
liegt damit nicht bei –18 °C, sondern bei +14 °C
(natürlicher Treibhauseffekt). Aktivitäten des
Menschen, z. B. die Verbrennung fossiler Energie-
träger, erhöhen die Konzentration klimawirk-
samer Gase und verstärken den Effekt (zusätzlicher
oder anthropogener Treibhauseffekt).

44
Im Text genannte Abkürzungen:

BMU (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz


und Reaktorsicherheit)

EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz)
Regelt die Einspeisung von regenerativ erzeugtem
Strom in das öffentliche Stromnetz zu einem fest-
gelegten Vergütungssatz.

IEA (International Energy Agency)


Internationale Energie Agentur mit Sitz in Paris,
gegründet 1973 von damals 16 Industrienationen
im Zusammenhang mit der Ölkrise.

IPCC (Intergovernmental Panel on Climate


Change) Interdisziplinärer Kreis aus Wissen-
schaftlern, die den aktuellen Stand der Klimafor-
schung bündeln und alle 6–7 Jahre in Berichten
wiedergeben. Gegründet 1988 in Toronto.

OECD (Organisation for Economic Co-operation


and Development) Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit mit Sitz in Paris. Derzeit 30 Mit-
gliedsstaaten, vorwiegend reiche Industrienationen.

PIK (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung)


Das PIK untersucht wissenschaftlich und gesell-
schaftlich relevante Fragestellungen in den
Bereichen globaler Wandel, Klimawirkung und
nachhaltige Entwicklung.

ppm (parts per million)


Zahlenwert (engl. = ein Teil auf eine Million), der viel-
fach in der Chemie, Physik und Umweltwissen-
schaft Verwendung findet. Z. B. beträgt der Anteil
von CO2 in der Atmosphäre z. Zt. knapp über 380
ppm.

UBA (Umweltbundesamt)
Eigenständige Bundesbehörde mit Sitz in Dessau,
die das Bundesumweltministerium berät.

UNEP (United Nations Environment Programme)


Umweltprogramm der UNO, gegründet 1972.

WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundes-


regierung Globale Umweltveränderungen)

WMO (World Meteorological Organization)


Weltorganisation für Meteorologie unter dem
Dach der UNO, Sitz in Genf. Fördert die Standardi-
sierung und den internationalen Austausch klima-
relevanter Daten.

45
Literatur und Internet.
Allgemeine Informationen: (2008): Kipp-Punkte im Klimasystem – Welche
· Allianz Umweltstiftung (2007): Informationen Gefahren drohen? Hintergrundpapier.
zum Thema „Klima“. München (2006): Anpassung an Klimaänderungen in
· Agentur für Erneuerbare Energien Deutschland.
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Erneuerbare Energien in Zahlen – nationale · Bayer. Landesamt für Umwelt LfU (Hrsg.)
und internationale Entwicklung. Berlin (2004): Treibhausgase > www.bayern.de/lfu
· BMU (2009): Erneuerbare Energien – · dena Deutsche Energie-Agentur (2008)
Innovationen für die Zukunft. Berlin > www.thema-energie.de > Zahlen, Daten,
· Dow, K.; Downing, Th. (2006): Weltatlas des Fakten
Klimawandels. Europäische Verlagsanstalt · IPCC (2007): Bericht der Arbeitsgruppe I –
· IEA International Energy Agency (2009): Wissenschaftliche Grundlagen. Zusammen-
Key world energy statistics. fassung > www.ipcc.ch
· Petermann (Hrsg.) (2006): Sichere Energie im · UBA Umweltbundesamt (2007):
21. Jahrhundert. Hamburg Klimaänderungen, deren Auswirkungen und
was für den Klimaschutz zu tun ist. Dessau
· WBGU (2003): Über Kioto hinaus denken –
Spezielle Informationen zu einzelnen Kapiteln: Klimaschutzstrategien für das 21. Jahrhundert.

Der Klimawandel ist da. Energieversorgung – eine Schlüsselfrage.


· IPCC (2007): Bericht der Arbeitsgruppe I – · AGEB Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V.:
Wissenschaftliche Grundlagen. Jahresberichte
Zusammenfassung > www.ipcc.ch · BMU Bundesministerium für Umwelt (2009):
· Deutsche Fassung des Syntheseberichtes: Erneuerbare Energien in Zahlen – nationale und
> www.de-ipcc.de/_media/AR4_SynRep_ internationale Entwicklung. Berlin
Gesamtdokument.pdf · BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und
· WMO (2008): Greenhouse gas bulletin. Technologie, Berlin
(2009): Energie in Zahlen.
Mit dem Klimawandel leben. (2009): Energie in Deutschland – Trends und
· > www.aiaccproject.org Hintergründe zur Energieversorgung in
· > www.anpassung.net Deutschland.
· Allianz Umweltstiftung (2007): Benediktbeurer · IEA International Energy Agency (2009):
Gespräche 2007: Unter Palmen am Chiemsee? Key world energy statistics.
· Bundesregierung (2008): Deutsche Anpassungs- · IEA (2008): World energy outlook
strategie an den Klimawandel. Berlin (Zusammenfassung).
· Stehr, N. (2007): Vortrag im Rahmen der · UBA Umweltbundesamt (2007): Entwicklung
Benediktbeurer Gespräche der Allianz der spezifischen Kohlendioxid-Emissionen des
Umweltstiftung 2007; > www.allianz-umwelt- deutschen Strommix. Dessau
stiftung.de/upload/allianzumweltstiftung/downlo-
ad/ bb07/bb07_stehr.pdf Erneuerbare Energien.
· Stehr, N. (2004): Plädoyer für eine andere inkl. Folgekapitel S. 16-27.
Klimapolitik, in „Berliner Republik“, 5/2004 · AGEB Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V.:
· Von Storch, H.; Stehr, N. (2007): Anpassung an Jahresberichte
den Klimawandel, in „Aus Politik und · BMU Bundesministerium f. Umwelt. Berlin
Zeitgeschichte“, 48/2007 (2009): Erneuerbare Energien – Innovationen
· UBA Umweltbundesamt (Hrsg.), Dessau für die Zukunft.
> www.umweltbundesamt.de > Publikationen (2009): Erneuerbare Energien in Zahlen – natio-
(2008): Deutschland im Klimawandel – nale und internationale Entwicklung.
Anpassung ist notwendig. (2008): Erneuerbare Energien – Fragen und
(2008): Klimaauswirkungen und Anpassung in Antworten.
Deutschland – Phase 1: Erstellung regionaler (2007): Entwicklung der erneuerbaren Energien
Klimaszenarien für Deutschland. im Jahr 2006 in Deutschland.

46
(2006): Erneuerbare Energien – Innovationen (2007): Stromsparen: weniger Kosten, weniger
für die Zukunft. Kraftwerke, weniger CO2.
· Bührke, Wengenmayr (Hrsg.) (2007): (2006): Wie private Haushalte die Umwelt
Erneuerbare Energien. Weinheim nutzen – höherer Energieverbrauch trotz
· FNR Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe Effizienzsteigerungen. Hintergrundpapier
(2006): Jahresbericht
· IFEU (2007): Erneuerbare Energien kompakt. Emissionen vermeiden.
· Häckel (2005): Meteorologie. Stuttgart · BMU Bundesministerium f. Umwelt (Hrsg.),
· REN21 (2008): Globaler Statusbericht 2007 Berlin
Erneuerbare Energien. Paris (2009): Themenpapier. Atomkraft – kein Weg
· SRU Sachverständigenrat f. Umweltfragen für die Zukunft.
(2007): Klimaschutz durch Biomasse. Berlin (2007): RECCS, Strukturell-ökonomisch-ökolo-
· WBGU (2008): Welt im Wandel. Zukunftsfähige gischer vergleich regenerativer Energietechno-
Bioenergie und nachhaltige Landnutzung. logien mit CCS.
Berlin · UBA Umweltbundesamt, Dessau
· Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitik beim (2009): CCS – Rahmenbedingungen des
BMELV (2007): Nutzung von Biomasse zur Umweltschutzes für eine sich entwickelnde
Energiegewinnung – Empfehlungen an die Technik.
Politik. Berlin/Bonn (2006): Technische Abscheidung und -speiche-
· UBA Umweltbundesamt (2008): Elektrische rung von CO2 – Nur eine Übergangslösung?
Wärmepumpen – eine erneuerbare Energie? (2006): Verfahren zur CO2-Abscheidung und -
Dessau Speicherung. Zusammenfassung
· Wirtschaftsverband Windkraftwerke · WWF (2008): CO2-Kompensation: Augen-
> www.wvwindkraftwerke.de wischerei oder wirksamer Klimaschutz?
Frankfurt
Die Regenerativen – was sie könn(t)en. · IFEU (2009): Wasserstoff- und Stromspeicher in
· BMU Bundesministerium f. Umwelt, Berlin einem Energiesystem mit hohen Anteilen erneuer-
(2009): Erneuerbare Energien in Zahlen – natio- barer Energien: Analyse der kurz- und mittel-
nale und internationale Entwicklung. fristigen Perspektive (Kurzgutachten im Auftrag
(2008): Leitstudie 2008. des BMU). Heidelberg
· IER (2008): Stromerzeugungskosten im · > www.cdmgoldstandard.org
Vergleich. Stuttgart
· Rat für Nachhaltige Entwicklung (2008): Wie reagiert die Politik?
Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks · BMU Bundesministerium für Umwelt, Berlin
und die Deckung des Strombedarfs. Berlin (2009): Neues Denken – neue Energien.
· SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen Roadmap Energiepolitik.
(2009): Weichenstellungen für eine nachhaltige (2007): Das Integrierte Energie- und
Stromversorgung. Thesenpapier. Berlin Klimaprogramm der Bundesregierung.
· UBA Umweltbundesamt (2007): Externe Kosten · Kemfert, C. (2008): Die andere Klimazukunft.
kennen – Umwelt besser schützen. Hamburg
Dessau/Berlin · UBA Umweltbundesamt (2009): Klimaschutz
konkret – Mut zum Handeln. Dessau
Energie effizient nutzen – Energie sparen.
· BMU Bundesministerium für Umwelt (2008): Strategien für die Zukunft.
Nationaler Energieeffizienzplan. Berlin · Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
· Institut Wohnen und Umwelt (2007): (2008): A Global Contract on Climate Change.
Energie im Wohngebäudebestand. Darmstadt Potsdam
· Petermann (Hrsg.) (2006): Sichere Energie im · UBA Umweltbundesamt (2009): Konzeption
21. Jahrhundert. Hamburg des Umweltbundesamtes zur Klimapolitik –
· UBA Umweltbundesamt, Dessau Notwendige Weichenstellungen 2009.
(2007): Klimaschutz in Deutschland: 40%- · WBGU (2009): Kassensturz für den Welt-
Senkung der CO2-Emissionen bis 2020 gegenüber klimavertrag – Der Budgetansatz.
1990. Sondergutachten

47
Allianz Umweltstiftung.
Umweltschutz macht Spaß, wenn er sich nicht nur auf Verbote und den erhobenen Zeigefinger
beschränkt – das zeigt die Allianz Umweltstiftung mit ihren Förderprojekten.

Dabei ergreift die Allianz Umweltstiftung auch


selbst die Initiative: durch die Festlegung der
Förderbereiche und die aktive Mitgestaltung der
Projekte.

Förderbereiche.

Es gibt viele Bereiche, in denen sich ein Enga-


gement für die Umwelt lohnt. Um hier einer
Beliebigkeit vorzubeugen und ein eigenes Profil
zu entwickeln, hat die Allianz Umweltstiftung
„Mitwirken an einem lebenswerten Dasein in verschiedene Förderbereiche festgeschrieben:
! Natur-, Artenschutz und Landschaftspflege
einer sicheren Zukunft“.
! Lebendige Gewässer
Diese Maxime hat die Allianz Umweltstiftung
! Grün in Städten
in ihrer Satzung verankert. Mit Gründung der
! Gartenkunst
Umweltstiftung im Jahr 1990 setzte die Allianz
! Umweltkommunikation.
ein weiteres Zeichen für die Übernahme gesell-
schaftlicher Verantwortung.
Neben der Fördertätigkeit in diesen Bereichen
werden die Aktivitäten der Stiftung durch die
Ziele. Benediktbeurer Gespräche und die Aktion
„Der Blaue Adler“ abgerundet.
Ziel der Stiftungstätigkeit ist, Kreativität zu
fördern, Innovation zu ermöglichen und Freude
an der Natur zu vermitteln. Im Mittelpunkt Wissen.
der Stiftungsaktivitäten steht deshalb der Mensch
– denn seine Aktivitäten prägen unsere Umwelt Um möglichst viele Menschen für ein Engagement
und seine Träume und Visionen bestimmen in Sachen Umwelt zu begeistern, erstellt die Allianz
unsere Zukunft. Umweltstiftung in ihrer Publikationsreihe „Wissen“
Informationsbroschüren. Bisher sind die Ausgaben
Wasser, Tropenwald und Klima erhältlich.
Fördergrundsätze.

Um mit ihren Mitteln das maximal Mögliche zu


Deutscher Klimapreis.
erreichen, orientiert sich die Allianz Umwelt-
stiftung bei der Projektauswahl an den folgenden
Um das aktive Klimaschutz-Engagement von
Grundsätzen. Gefördert werden Projekte,
! die nicht allein die Natur bzw. die Umwelt im
Schülern und Schulen auszuzeichnen, hat die
Allianz Umweltstiftung den Deutschen Klimapreis
Blick haben, sondern den Menschen und seine
ins Leben gerufen. Er wird jährlich verliehen und
Bedürfnisse mit einbeziehen,
! die auf eine nachhaltige Verbesserung der
soll Schüler dazu motivieren, sich dem wichtigen
Thema Klimaschutz mit Spaß und positivem
Umweltsituation abzielen,
© Niki de Saint Phalle

! die Umweltaspekte mit sozialen, kulturellen


Engagement zu widmen. Der Deutsche Klimapreis
der Allianz Umweltstiftung besteht aus fünf gleich-
und bildungsbezogenen Anliegen verknüpfen,
! die als Modellprojekte einen Impuls geben und
wertigen Auszeichnungen, die mit jeweils 10 000
Euro dotiert sind.
dadurch andere Institutionen zur Fortsetzung
oder Nachahmung anregen,
! die Forschung in praktisches Handeln umsetzen

und so den Natur- und Umweltschutz weiter-


entwickeln.

48
Klimaschutz
Folie 1

Klimawandel.
Treibhausgase in der Atmosphäre. Quelle: IPCC (2007)
WMO (2008)
Veränderungen 1750–2008 (2007)

ppm ppm ppm


400 1,8 0,4
385 1,79
300 0,3 0,32
280 0,27
1
200 0,2
0,71
100 0,1

0 0 0
1750 2008 1750 2007 1750 2007
CO2 Methan Lachgas

Globale Jahresmitteltemperatur. °C 0,5


Relativ zur Mitteltemperatur der Klimaperiode 1961– 1990 (= Nullwert)
0

-0,5
°C 1 Globale Jahresmitteltemperatur (Nordhalbkugel) 1850 1900 1950 2000

0,5 Unsicherheitszone

-0,5

-1,0

Jahr 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000
kontinuierliche
Quelle: vereinfacht nach IPCC (2001/2007)
über Proxy-Daten ermittelt Temperaturmessung

Klimaszenarien. Quelle: IPCC (2007)

4 °C A2
CO2-Konzentration in der Atmosphäre Temperaturveränderungen relativ zur
900 nach SRES-Szenarien A2 Mitteltemperatur 1980–99 (= Nullwert)
800 3 °C
CO2-Konzentration (ppm)

700 A1B
A1B
600 2°C
500 B1 B1
2 °C über vorindustriellem
400 1 °C Niveau
CO2-Konz. CO2-Konz.
300 2000
2000
200 0 °C
100
0 -1 °C
1850 1900 1950 2000 2050 2100 1850 1900 1950 2000 2050 2100

Allianz Umweltstiftung ©
Klimaschutz
Folie 2

Hintergründe.
Trägheit der Klimasysteme. Quelle: IPCC (2001)

Meeresspiegelanstieg aufgrund von


Eisschmelze: mehrere Jahrtausende

Meeresspiegelanstieg auf Grund


thermischer Expansion:
Jahrhunderte bis Jahrtausende

Temperaturstabilisierung:
einige Jahrhunderte

CO2-Stabilisierung:
100 bis 300 Jahre

CO2-Emissionen
Heute 100 Jahre 1000 Jahre

Zusätzlicher Treibhauseffekt.

Sonstiges
ca. 14%

Lachgas
ca. 6 % CO2
CO2 ca. 60%
Methan
Methan
Lachgas
ca. 20 %

Anteil klimawirksamer
Gase am zusätzlichen
Treibhauseffekt

Quellen anthropogener Treibhausgase. Quelle: LfU (2004)


dena (2008)

Verbrennung
Landwirtschaft fossiler Brennstoffe
Verbrennung (Kohle, Öl, Gas) Waldzerstörung
fossiler Brennstoffe Brandrodung
Waldzerstörung
(Kohle, Öl, Gas)
Brandrodung
15%
20%
15%
50%

20% 80%
Industrie
Produktionsprozesse

Treibhausgase insgesamt CO2

Allianz Umweltstiftung ©
Klimaschutz
Folie 3

Energieversorgung I.
Energieverbrauch Welt. Quelle: BMWi, BMU (2009)

Mrd.
EJ/a
500 10
9
Energieverbrauch
400 8
7
300 6
5
200 Weltbevölkerung 4
3
100 2
1
0
1900 1950 2000 2050

Energieverbrauch Deutschland. Quelle: BMWi (2009)


AGEB (2009)

PJ/a Primärenergieverbrauch Endenergieverbrauch

15000 14003

10000 8730
Verkehr
30,0%
Industrie
5000 27,5 %
Haushalte
26,4 %
Gewerbe, Handel
0 16,1 % Dienstleistung
1990 1995 2000 2005 2008

Energieverbrauch im Vergleich. (Stand 2007) Quelle: BMWi (2009)


IEA (2009)
USA

GJ/a Primärenergie- Weltbevölkerung


verbrauch pro Kopf
300 324 Weltenergieverbrauch
Europäische Union

Deutschland

CO2-Emissionen
Japan

200 18%

168 169 20% 46% 45% Industrieländer


Südamerika

149 (OECD)
100
China

16 % 21% China
62%
Afrika
Indien

Sonstige
50 62 38% 34 %
22 27
0

Allianz Umweltstiftung ©
Klimaschutz
Folie 4

Energieversorgung II.
Energieträger.
Anteile am Primärenergieverbrauch

Erneuerbare
Kernenergie
Energien
Erneuerbare
5,9 % 7,4 %
Energien
Kernenergie
12,7 % 11,6 %
Öl 34,7 % Öl
34,0 %
20,9 % 22,1 %
Gas
Gas
26,5 % 24,2 %
Kohle Kohle

Quelle: IEA (2009)


Welt 2007 Deutschland 2008 Quelle: AGEB (2009)

Spezifische CO2-Emissionen von Brennstoffen. Quelle: UBA (2007)

gCO2 /kWh
596
600

500 * Strommix in Deutschland


400 pro erzeugter kWh Strom
400 (2005):
335
300 266 25% Braunkohle
202 22% Steinkohle
200
Braunkohle

26% Kernkraft
Steinkohle

27% Sonstiges
Strom*
Erdgas

100
Heizöl

Reichweiten von Energieträgern. Quelle: IEA (2008)

aus vorhandenen Reserven bei gleichbleibendem Verbrauch

Öl

Gas

Uran

Steinkohle

Braunkohle
Jahre
0 100 200 300 400 500

Allianz Umweltstiftung ©
Klimaschutz
Folie 5

Erneuerbare Energien.
Potenzial. Quelle: BMU (2009)

Solarstrahlung davon derzeit


technisch nutzbar

Wind, Biomasse,
Erdwärme,
Meeresenergie, Weltenergieverbrauch
Wasser

Übersicht.
Wärmepumpen Wärme
Fotovoltaik Strom
Solarstrahlung
Solarthermie Wärme Strom
Fotolyse Brennstoff

Sonne Wasserkraftwerke Strom


Wasserkraft Meeresströmungskraftw. Strom
Wellenkraftwerke Strom
Wind
Windenergieanlagen Strom

Biomasse Biomassenutzung Wärme Strom Brennstoff

Mond Gezeiten Gezeitenkraftwerk Strom


Erde Geothermie Geotherm. Kraftw. Wärme Strom

Erneuerbare Energiequellen in Deutschland (2008). Quelle: AGEB (2009)


BMU (2009)

Fotovoltaik 1,4 % Geothermie 0,9 % Geothermie < 0,1%


Fotovoltaik 4,3%
Solarthermie 1,4 %
Wasser
7,2 %
Wind Wasser
14,0 % biogene 23,0% Wind
7,4 % Brennstoffe 15,1 %
Bio-Kraft- 43,5%
57,9 %
stoffe
17,2 % Biomasse
29,2%

Anteil am Primärenergieverbrauch Anteil am Stromverbrauch

Allianz Umweltstiftung ©
Klimaschutz
Folie 6

Energie aus der Sonne I.


Strom aus Sonnenkraft.

Halbleiter 1

Halbleiter 2

Aufbau einer Fotovoltaik-Zelle

Wärme aus Sonnenkraft.

kurzwellige
Sonnenstrahlung Glas-
kurzwellige fassade
Sonnenstrahlung
Kollektor

Pumpe Wärmetauscher langwellige


Warmwasser- Wärme-
aufbereitung strahlung

aktiv passiv

Funktion eines Sonnenkollektors.

Wärmetauscher
dünne Rohre Speicher

zusätzlicher Heizkessel

Kollektor
Glasscheibe Wärmedämmung

Pumpe
Absorber
Flüssigkeit
Wasch-,
Kreislauf mit Spülmaschine
frostgeschützter Flüssigkeit
Schnitt

Allianz Umweltstiftung ©
Klimaschutz
Folie 7

Energie aus der Sonne II.


Solarkraftwerke. Quelle: BMU (2009)

Parabolrinnen Fresnel-Rinnen Parabolspiegel

Absorber

Absorberrohr Absorber

Nachführ- Nachführ-
mechanismus mechanismus

gewölbter Spiegel Flachspiegel Hohlspiegel

Turmkraftwerk. Aufwindkraftwerk.

Absorber Kamin

Glasdach Turbine

Flachspiegel (Heliostate) Luft und Boden als Wärmespeicher

Globalstrahlung. Quelle: Häckel (2005)

< 800
40° 800
1100
1400

1700
1950
40°
2 200
kWh/m pro Jahr
2

Allianz Umweltstiftung ©
Klimaschutz
Folie 8

Energie aus Wasser.


Turbinentypen.

Francis Pelton Kaplan

mittlere Fallhöhe große Fallhöhe geringe Fallhöhe


mittlere Durchlaufmenge geringe Durchlaufmenge große Durchlaufmenge

Flusskraftwerke/Speicherkraftwerke.

Stromerzeugung
Speicher Pumpbetrieb
Staustufe Generator
Turbine
Fluss Generator Turbine
Fluss
Pumpe

Speicher

Laufwasserkraftwerk Pumpspeicherkraftwerk

Meereskraftwerke.

Windturbine
Generator

Meeresströmungskraftwerk Wellenkraftwerk

Allianz Umweltstiftung ©
Klimaschutz
Folie 10

Energie aus Biomasse.


Wege der Biomassenutzung.

Holz, mech. Verarbeitung Festbrennstoffe Biomasse-


Stroh, (z. B. Holzpellets) heizkraftwerk
Schilf, Pyrolyse Kesselanlage
etc. Vergasung Holzgas u. a.

Pflanzenöl Treibstoff für


Pflanzenöl
Veresterung Fahrzeuge
Biodiesel u. a.

Zucker Alkoholgärung
Fermentierung Ethanol

Grünmasse Motor-Biomasse-
Reststoffe Methangärung Biogas heizkraftwerk

Biomasse

Energie-Inhalte. Quelle: www.heizung-direkt.de

Stroh 4,0
trockenes Scheitholz (Buche) 4,1
Elefantengras 4,4
Holzpellets 4,9
Braunkohle 5,1–5,5
Rapskörner 6,8
Steinkohle 7,0
Erdgas 10,8
schweres Heizöl 11,9
kWh/kg
0 5 10 15

Biokraftstoffe im Vergleich. Quelle: FNR (2006)

l/ha GJ/ha Euro/GJ t/ha


4000 100 30 10

3 000
20
2 000 50 5
10
1000

0 0 0 0
Kraftstoffertrag Energieertrag netto Produktionskosten CO2-Einsparung

Rapsöl Biodiesel aus Raps Bioethanol aus Getreide BTL Biogas

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Energie aus dem Erdinneren.


Hydrothermisches Verfahren. Hydrothermie in Deutschland.
Regionen mit Aquiferen, die für eine
hydrothermische Nutzung geeignet wären
Verdampfer Temperaturen: 60 °C–100 °C
Wärmetauscher (Wärmeerzeugung)
Stromerzeugung
Temperaturen: > 100 °C
Fernwärme (Stromerzeugung)

Rückführung

Förderung
2 000–4 000 m
Thermalwasser

mindestens 40 °C Quelle: Geothermisches Informationssystem

Hot-Dry-Rock-Verfahren. Tiefe Erdwärmesonden.

Verdampfer
Wärmetauscher Wärmetauscher
Stromerzeugung
Fernwärme Fernwärme

Pumpe
Pumpe

Förderung
Einpressung von
von kaltem erhitztem Einleitung von Förderung des
Wasser Wasser kaltem Wasser erhitzten Wassers

3 000–6 000 m
Bohrloch
(bis 4000 m tief)
heißes, trockenes,
zerklüftetes Gestein

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Energie aus Boden und Luft.


Prinzip einer Wärmepumpe. Arbeitsmittel
Entspannung flüssig
Verdampfung
Fremd-
energie
Kondensation
Raum-
Um- wärme
gebungs- Verdichtung
wärme

Arbeitsmittel
gasförmig

Umgebung Wärmepumpe

Wärmerückgewinnung mit Wärmepumpe.


Fortluft
Außenluft
Wärmetauscher
Wärmepumpe

Abluft Zuluft

Wärmepumpe mit Erdsonde. Wärmepumpe mit Erdkollektor.

Strom
Wärme Wärme
Wärmepumpe Wärmepumpe

0,8 – 1,6 m
ca. 10 °C

Kollektor

Erdwärmesonde 100 m
ca. 13 °C

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Erneuerbare Energien im Vergleich.


Stromerzeugung im Tagesverlauf (Beispiel). Quelle: SRU (2009)

Stromnachfrage
im Netz Spitzenlast:
Leistung
in MW Pumpspeicher
Spitzenlast

Mittellast Mittellast:
Steinkohle, Gas
Grundlast
Grundlast:
Braunkohle,
Kernkraft,
Wasserkraft

Uhr Wind
0.00 24.00

Virtuelles Kraftwerk. Quelle: Petermann (2006)

Solarenergie

Steuerzentrale

konventionelles
Kraftwerk
öffentliches
Gebäude mit
eigener Strom-
versorgung

Mehrfamilienhaus
Wohnhäuser mit Blockheizkraftwerk
mit Fotovoltaik Windkraftanlage Energiespeicher
z. B. Elektro-Autos

Externe Kosten (Beispiel Stromerzeugung). Quelle: BMU (2009)

ct/kWh
9
Luftschadstoffe
8
7
Treibhauseffekt
6 (70 €/t CO2)
5
4 DK =
3 Dampfkraftwerk
2
1 GuD =
Gas + Dampfkraftwerk
Lauf- Wind Wind PV Erdgas Steinkohle Braun-
wasser Onshore Offshore GuD GuD kohle DK

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Energie sparen.
Energieeinsatz und Energiegewinn. Quelle: AGEB

Primärenergie 100 %

nicht energetischer Verbrauch


7,5 %

Umwandlungsverluste
31,5 %
Endenergie 61,5 %

Verluste beim Verbraucher


ca. 30 %

Nutzenergie
ca. 30 %

Kraft-Wärme-Kopplung. Quelle: Petermann (2006)

87 %

+
Nahwärme 51 %
36 %
Strom Strom 35 %
100 % 100 %
2% 3%

62 %
Übertragung

Umwandlung
– 10 %
Übertragung

Umwandlung

Großkraftwerk Dezentrales Blockheizkraftwerk

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Emissionen vermeiden.
CO2-Abscheidung und Lagerung (CCS).

Kraftwerk
Verklappung
im Meer

CO2-Abscheidung

Lagerung in Verpressung
ehemaligen in geologische Lagerung am
Bergwerken Formationen Meeresboden
CO2-See
Einleitung in ehem.
Öl- und Gasspeicher
Verpressung im Meeresboden

Treibhausgas-Emissionen. Quelle: BMU (2009)


BMU (2007)
Beispiel Stromerzeugung (min. – max.)
CO2-Äquivalent g/kWh

1500

1000

500

0
Braunkohle Braunkohle Erdgas Fotovoltaik feste Kernenergie Wind Wasser
ohne CCS mit CCS Biomasse

Emissionsrechtehandel.

Staat

Zuteilung von Zertifikaten

Unternehmen 1 Unternehmen 2

– +
benötigt weniger erwirbt zusätzliche
Zertifikate als zugeteilt Zertifikate
Börse

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Impressum.
Fotos Herausgeber
Allianz Umweltstiftung: 21, 48l2, 48l3, 48l4 Allianz Umweltstiftung
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt: 40o Maria-Theresia-Straße 4a
Fotosearch.de: 37ul 81675 München
Genghiskhanviet: 12u Telefon 089/41 07 33-6
Hillewaert: 23 Telefax 089/41 07 33-70
Hochwassernotgemeinschaft Rhein: 4o E-Mail: info@allianz-umweltstiftung.de
IMAGO 87: 17u, 33 Internet: www.allianz-umweltstiftung.de
Kamminga, Dan (Haarlem): 15o
Kuhn, Regina: 48o
Moullec, Christian: 48l1 Gestaltung und Realisation
pixelio.de: 5o (Michel), 5u (Chris), 6u (Smolawa), IMAGO 87
8l (Domnik), 8ru (Sturm), 10o (Blümchen), Erdinger Straße 84
10m (Hofschläger), 10u (Templermeister), 14ro1 85356 Freising
(Brateck), 14ru1 (Avon), 15m (Moorhenne), 20m E-Mail: info@imago87.de
(Meister), 22 (Tiberius K.), 24o (Siepmann), 24u Internet: www.imago87.de
(RediSu), 25o (Stihl), 25u (JuwelTop), 30l (Fries),
34o (Domnik), 34u (v. Bechen), 38o (Hirschka),
38u (qayyaq), 39 (Weber) Druck
Stadtwerke Jülich: 41 Druckhaus Kastner, Wolnzach
Solar Millennium AG: U2
Techcollector: 26 Gedruckt auf chlorfrei
gebleichtem Papier.
(r: rechts; l: links; o: oben; u: unten; m: Mitte)

Grafiken und Zeichnungen


IMAGO 87

Text Dezember 2009


Peter Wilde, Allianz Umweltstiftung 1. Auflage
Detlef Mueller, IMAGO 87
Zahlen und Daten.
Primärenergieverbrauch (2008)
- Welt: ca. 500 EJ
- Deutschland: 14 003 PJ

pro Kopf (2007)


- USA: 324 GJ
- Deutschland: 169 GJ
- China: 62 GJ
- Indien: 22 GJ

(1 EJ=1000 PJ, 1PJ=1000 GJ)

Leistung
- Drei-Schluchten-Damm China: 18 200 MW
- Kernkraftwerk Isar: 2 387 MW
- Steinkohlekraftwerk Ibbenbüren: 770 MW
- Wasserkraftwerk Jochenstein/Donau 152 MW
- Sonne auf 100 m2 an einem wolkenlosen
Sommertag: ca. 100 MW
- Solarkraftwerk Andasol I (Spanien): 50 MW
- Windkraftanlage (einzelne Anlage): bis 6 MW
- Fotovoltaikanlage (100 m2): ca. 10 kW
- Mensch: ca. 100 W

(1 MW=1000 kW, 1 kW=1000 W)

Energiebedingte CO2-Emissionen (2007)


- Welt: ca. 28 Mrd. t
- Deutschland: 798 Mio. t

pro Kopf
- USA: 19,1 t
- Deutschland: 9,7 t
- China: 4,6 t
- Indien: 1,2 t

Menge CO2, die weltweit bis 2050 emittiert


werden könnte, um das 2°C-Ziel wahrscheinlich
nicht zu überschreiten:
- ca. 750 Mrd. t

Stromverbrauch (2008)
- Welt: ca. 20 000 TWh
- Deutschland: ca. 530 TWh
- Stand-by-Verbrauch in Deutschland:
ca. 20 TWh
- 4-Personen-Haushalt Deutschland:
ca. 3500 kWh
- 8 Stunden Fernsehen: ca. 1 kWh

(1 TWh=1 Mrd. kWh)


USTWI0002Z0

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