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Wissenschaftlicher Beirat

für Waldpolitik
beim Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft

Die Anpassung von Wäldern und


Waldwirtschaft an den Klimawandel
Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates für Waldpolitik

Oktober 2021
Herausgeber
Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik
beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (WBW)
Geschäftsstelle:
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Referat 513
Postanschrift: 11055 Berlin
Telefon: 030 / 18 529 – 3741
E-Mail: 513@bmel.bund.de

Redaktionsschluss
Oktober 2021

Layout und Satz


WERNERWERKE GbR, Berlin

Text
WBW Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik
Zitierweise für diese Publikation: Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik (2021): Die Anpassung von Wäldern und
Waldwirtschaft an den Klimawandel. Berlin, 192 S.
Autorinnen und Autoren: J. Bauhus, M. Dieter, N. Farwig, A. Hafner, R. Kätzel, B. Kleinschmit, F. Lang, M. Lindner, B.
Möhring, J. Müller, M. Niekisch, K. Richter, U. Schraml, U. Seeling

Druck
BMEL

Bildnachweise
XII Siegfried Fink, Forstbotanik, Univ. Freiburg
6 Siegfried Fink, Forstbotanik, Univ. Freiburg
47 Siegfried Fink, Forstbotanik, Univ. Freiburg
70 Siegfried Fink, Forstbotanik, Univ. Freiburg
124 Siegfried Fink, Forstbotanik, Univ. Freiburg
128 Jürgen Bauhus, Waldbau, Univ. Freiburg
132 Birgit Kleinschmit, ILU, TU Berlin
134 Rüdiger Unseld, Waldbau, Univ. Freiburg
137 Jürgen Bauhus, Waldbau, Univ. Freiburg
138 Friederike Lang, Bodenkunde, Univ. Freiburg
140 Annette Hafner, Ruhr-Universität Bochum
142 Ulrich Schraml, FVA Baden-Württemberg
144 Jürgen Bauhus, Waldbau, Univ. Freiburg
147 Julian Frey, FELIS, Univ. Freiburg
150 Daten- und Kartendienst der LUBW
151 Ulrich Schraml, FVA Baden-Württemberg
154 Tobias Modrow, Waldbau, Univ. Freiburg
155 Kyle Kovach, Geobotanik, Univ. Freiburg
158 Siegfried Fink, Forstbotanik, Univ. Freiburg

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek


Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-00-070408-6

Die Vervielfältigung und Verbreitung originären Text- und Bildmaterials des WBW ist, auch auszugsweise, mit Quellen-
angabe für nicht-kommerzielle Zwecke gestattet. Text- und Bildmaterial aus Quellen Dritter unterliegt den urheber-
rechtlichen Bedingungen der jeweiligen Quellen.

Zur sprachlichen Gleichbehandlung: Als Mittel der sprachlichen Darstellung aller sozialen Geschlechter und Geschlecht-
sidentitäten wird in diesem Gutachten bei Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, auf Verlaufsform, Doppelnen-
nungen oder bei Aufzählungen auf die abwechselnde Nennung der Geschlechter zurückgegriffen.

I
Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates für Waldpolitik beim BMEL

Prof. Dr. Jürgen Bauhus (Vorsitzender);


Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen, Institut für Forstwis-
senschaften

Prof. Dr. Ute Seeling (stellvertretende Vorsitzende);


Berner Fachhochschule - Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL

Prof. Dr. Matthias Dieter;


Thünen-Institut für Internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie, Hamburg

Prof. Dr. Nina Farwig;


Philipps-Universität Marburg, Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Biologie

Prof. Dr. Ing. Annette Hafner;


Ruhr-Universität Bochum, Fakultät Bau- und Umweltingenieurwissenschaften

Prof. Dr. Ralf Kätzel;


Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde, Fachbereich Waldökologie und Monitoring

Prof. Dr. Birgit Kleinschmit;


Technische Universität Berlin, Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung

Prof. Dr. Friederike Lang;


Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen, Institut für Forstwis-
senschaften

Dr. Marcus Lindner;


European Forest Institute, Bonn, und Universität Ostfinnland, Fakultät für Naturwissenschaften und Forst-
wirtschaft

Prof. Dr. Bernhard Möhring;


Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Institut für Forst-
ökonomie

Prof. Dr. Jörg Müller;


Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Biozentrum, Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie

Prof. Dr. Manfred Niekisch;


Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität

Prof. Dr. Klaus Richter;


Technische Universität München, Lehrstuhl für Holzwissenschaft

Prof. Dr. Ulrich Schraml;


Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Freiburg

II
Geschäftsführung des WBW

BMEL, Referat 513, 513@bmel.bund.de

Wissenschaftliche Mitarbeit

Dr. Regina Rhodius; Dr. Rüdiger Unseld


Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Institut für Forstwissenschaften

Danksagung

Der WBW dankt den Vertreterinnen und Vertretern aus Behörden, Wissenschaft und Gesellschaft, die mit
ihren Fachkenntnissen und konstruktiven Anmerkungen die Erstellung des Gutachtens unterstützt haben:

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft:


Dirk Alfter, Juliane Beez, Jan Focke, Dr. Sebastian Glasenapp, Josef Kröger, Dr. Stefanie von Scheliha

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg:
Prof. Dr. Siegfried Fink, Dr. Markus Herbener, Prof. Dr. Scherer-Lorenzen, PD Dr. Dirk Schindler,
Dr. Andy Selter

European Forest Institute:


Alexander Held, Lindon Pronto

Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg:


Dr. Stephanie Bethmann

Thünen-Institut:
Prof. Dr. Peter Elsasser, Dr. Kristin Franz, Dr. Mirko Liesebach

University of Wisconsin-Madison:
emeritus Prof. Kenneth F. Raffa

USDA Forest Service:


Andrew Liebhold

Die Mitglieder des WBW übernehmen die volle Verantwortung für das vorliegende Gutachten.

III
Zusammenfassung

Zusammenfassung
Der Klimawandel verändert unsere Wälder auf vielfäl- Zu diesem Zweck sollten Wälder, wo nötig, durch
tige Weise. Dabei werden negative Auswirkungen auf waldbauliche Unterstützung hin zu diversen, resilien-
die Wälder, ihre Ökosystemleistungen und die Wald- ten und anpassungsfähigen Wäldern entwickelt wer-
wirtschaft höchstwahrscheinlich überwiegen. Neben den. Dies umfasst die aktive und passive Förderung
dem Anstieg der Temperatur und Änderung der Nie- der Vielfalt standortangepasster Baumarten und ihrer
derschlagsverteilung sind es vor allem die Zunahme funktionalen und genetischen Diversität ebenso, wie
von Extremereignissen und ihren Interaktionen, die den Schutz der Waldböden und ihrer Funktionen, die
zu erheblichen Störungen der Wälder führen werden. mit angepassten Maßnahmen erhalten und verbessert
Die weit verbreiteten, massiven Waldschäden infolge werden müssen. Hierzu werden konkrete Maßnah-
der trockenen und heißen Jahre 2018 – 2019 haben be- men zur Anpassung von Waldbeständen, insbeson-
reits angedeutet, mit welcher Geschwindigkeit diese dere in den Phasen der Verjüngung und Bestandes-
Veränderungen auch in Deutschland voranschreiten pflege empfohlen, die mit verbesserten regionalen
können. Daher erscheint es dringend geboten, umfas- und überregionalen Daten zur Standorts- und Baum-
sende Konzepte zu entwickeln, um die Wälder und arteneignung unterstützt werden müssen.
ihre Bewirtschaftung so anzupassen, dass negative Biodiversität im Wald ist eine wichtige Grundlage
Folgen möglichst weit abgepuffert werden können, für die Anpassungsfähigkeit und Vielfalt aller Pro-
um auch in Zukunft die vielfältigen Ökosystemleis- zesse, welche die Ökosystemfunktionen und -leistun-
tungen der Wälder für unsere Gesellschaft bereitzu- gen erst ermöglichen. Sie muss bei der Anpassung
stellen. Wie beim Klimaschutz ist auch bei der Anpas- der Wälder an den Klimawandel daher von der ge-
sung an den Klimawandel die Politik gefordert, Rah- netischen bis zur Ökosystemebene umfassend be-
menbedingungen zu schaffen, die im Sinne der Gene- rücksichtigt werden. Hier stellt sich insbesondere die
rationengerechtigkeit zukünftigen Generationen die Frage, welche Arten, Populationen und Lebensräume
gleichen Optionen für die Nutzung der Wälder bieten am stärksten gefährdet sind und in welchem Umfang
wie der heutigen Generation. Ebenso wie der Klima- sich diese mit dem Klimawandel verschieben wer-
schutz stellt die Anpassung der Wälder eine dringli- den bzw. verschieben können. Der Schutz der Biodi-
che und massive Herausforderung für alle Beteiligten versität sollte daher auf ganzer Fläche, also auch au-
dar, die Paradigmenwechsel auf vielen Ebenen erfor- ßerhalb von Schutzgebieten berücksichtigt werden.
dert. Vor diesem Hintergrund hat der Wissenschaft- Ein besonderes Augenmerk sollte daher auf die zu-
liche Beirat für Waldpolitik (WBW) das vorliegende künftige Struktur und Baumartenzusammensetzung
Gutachten erstellt. der Wälder gelegt werden. Natürliche Biotope, Habi-
Die Erstellung des Gutachtens erfolgte auf der Basis tate und Ökosysteme sind im Rahmen der Anpassung
geprüfter wissenschaftlicher Erkenntnisse und rich- auf Landschaftsebene so weit wie möglich zu erhal-
tet mit seinen Handlungsempfehlungen den Fokus ten und zu fördern. Durch die Förderung von Biotop-
auf die wesentlichen Einflussmöglichkeiten zur Auf- verbünden sollen die Bewegungsmöglichkeiten von
rechterhaltung und Verbesserung der ­Bereitstellung Arten gewährleistet werden; bei wenig mobilen Arten
der Ökosystemleistungen des Waldes im Klimawan- sollte die Möglichkeit gezielter Ansiedlungen in zu-
del. In dem Gutachten werden zunächst die derzeit künftigen Verbreitungsgebieten genutzt werden. Ein
bekannten Auswirkungen der Klimaänderungen auf repräsentatives Biodiversitätsmonitoring und die Be-
Wälder und ihre Ökosystemleistungen skizziert und rücksichtigung des Klimawandels bei der Entwick-
die Anpassungsmöglichkeiten in unterschiedlichen lung von Schutzzielen sollen einen möglichst effizien-
Bereichen der Bewirtschaftung und Nutzung der Wäl- ten Naturschutz im Wald ermöglichen.
der aufzeigt. Diese Bereiche umfassen die Waldwirt- Der Erhalt der Wälder und ihrer vielfältigen Öko-
schaft, Holzverarbeitung, Bioökonomie, Naturschutz, systemleistungen hängt ganz erheblich von ihrem
Bodenschutz, Gewässerschutz, Gesundheitsvorsorge, Schutz gegenüber biotischen und abiotischen Risiken
Erholung und Tourismus. Die daraus gezogenen ab, die in Zukunft zunehmen werden. Daher bedarf
Schlussfolgerungen münden in konkrete Handlungs- es eines deutlich verbesserten Risikomanagements
empfehlungen für die Anpassung in insgesamt 13 in enger Verknüpfung mit einem zeitlich und räum-
Handlungsfeldern. Ziel der Empfehlungen ist es, Be- lich hoch aufgelösten Monitoring, dem eine Schlüs-
dingungen dafür zu schaffen, dass Ökosystemleistun- selstellung im Anpassungsprozess der Wälder zuge-
gen der Wälder auch zukünftig entsprechend des ge- schrieben wird. Zur Abwehr großflächiger Schäden
sellschaftlichen Bedarfs bereitgestellt werden können. in Wäldern bedarf es in Ergänzung des betrieblichen

IV


Waldschutzes eines überregionalen Waldschutzma- im Inland zurückgehende Bereitstellung von Nadel-


nagements, einer verbesserten Kontrolle von Schad- holzsortimenten teilweise ersetzen zu können, müs-
organismen und Waldkrankheiten, einer objekti- sen Voraussetzungen für die Generierung neuer Holz-
ven Schadensbewertung und Risikovorsorge aber stoffquellen aus Gebraucht- und Altholz geschaffen
auch der Forcierung restaurativer Maßnahmen zum realisiert werden. Um langfristig eine ausreichende
Waldumbau. Versorgung mit Nadelholz sicherzustellen, sollte ein
Zunehmende Extremwetterereignisse, eine Reduk- risikoarmer Anbau klimaangepasster Nadelbaumar-
tion der Produktivität der Wälder und Veränderungen ten in Mischbeständen erfolgen. Temporäre Marktver-
im Baumartenspektrum werden bei gleichzeitig stei- werfungen nach großflächigen Störungen sollte mit
genden Kosten für Anpassung, Risikomanagement, reaktionsfähigen Märkten und entsprechenden Logis-
Monitoring und die Bereitstellung von Ökosystem- tik- und Lagerstrukturen entgegengewirkt werden.
leistungen die Erträge aus der traditionellen Wald- Wälder sind eine wichtige Grundlage sogenann-
bewirtschaftung mit Fokus auf Rohholzproduktion ter kultureller Ökosystemleistungen. Die Attraktivität
langfristig reduzieren. Diese Entwicklungen ver- von Wäldern für die Freizeit- und Erholungsnutzung
schärfen die ohnehin schon bestehenden strukturel- im Zuge der erwarteten klimatischen Veränderungen
len Probleme vor allem im kleinparzellierten Privat- wird wahrscheinlich weiterhin zunehmen. Gleichzei-
und Körperschaftswald. Um vor diesem Hintergrund tig kommt es zu Veränderungen gewohnter Wald- und
Anpassungsmaßnahmen effektiv umsetzen zu kön- Landschaftsbilder und zu veränderten Voraussetzun-
nen, bedarf es der Schaffung stabiler institutionel- gen für verschiedenste Freizeitaktivitäten im Wald.
ler Strukturen, die die angemessene Betreuung des Die Bereitstellung von Erholungsleistungen und Re-
Nichtstaaatswaldes einschließt, und einer effiziente- duktion möglicher Konflikte zwischen Erholungsnut-
ren Gestaltung der forstlichen Förderung. Dies sollte zung und der Holzernte steigert den Aufwand der
flankiert werden durch den Aufbau von Informati- Waldbewirtschaftung, gerade in den urbanen Räu-
onsplattformen, der Schaffung von Anreizen zur akti- men. Eine Honorierung der Ökosystemleistungen für
ven Waldbewirtschaftung und Bildung von größeren Erholung, Sport und Tourismus ist daher neben kom-
Bewirtschaftungseinheiten. munikativen und konfliktmindernden Maßnahmen
Mit der zu erwartenden Verringerung der Pro- ein wichtiger Baustein zur zukünftigen Gestaltung
duktivität der Wälder und Verschiebung der Baumar- von klimaresilienten Erholungswäldern.
tenzusammensetzungen hin zu mehr Laubholz wird Die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhal-
langfristig die Versorgung mit dem Rohstoff Holz ins- tung und Verbesserung der Bereitstellung von Ökosys-
besondere aus heimischen Wäldern eine große Her- temleistungen der Wälder sind sehr umfangreich und
ausforderung. Dies erfordert auch eine Anpassung kostenintensiv. Nach Einschätzung des WBW überstei-
der nachgelagerten Holzwirtschaft und Holzverwen- gen die Aufwendungen für eine rasche und effektive
dung. Dafür müssen Wertschöpfungsketten etabliert Anpassung der Wälder an den Klimawandel deutlich
werden, die die wirtschaftliche und klimawirksame ein Niveau, das man vom nicht-staatlichen Waldbe-
Nutzung von Holzrohstoffen aus heimischer Wald- sitz im Rahmen der Gemeinwohlverpflichtung des Ei-
bewirtschaftung optimieren und die Transformation gentums erwarten kann. Gegenwärtig beruhen die
zu einer Bioökonomie als Grundlage neuer umwelt- Einnahmen der Forstbetriebe fast ausschließlich auf
freundlicher Produkte stützen. Anreizsysteme und Erlösen aus dem Holzverkauf, wohingegen die Bereit-
technische Verfahren sollten entwickelt werden, die stellung der bisher nicht honorierten, gesellschaft-
zur Erhöhung der stofflichen und Verringerung einer lich wichtigen Ökosystemleistungen für Klimaschutz,
direkten energetischen Nutzung führen, insbesondere Wasserschutz, Naturschutz, Erholung etc. als Las-
bei bisher schwer zu vermarktenden Holzsortimenten ten wahrgenommen werden. Daher ist eine zentrale
(Kalamitätsholz, Nadelstarkholz, Laubholz). Eine zen- Empfehlung dieses Gutachtens, dass die öffentliche
trale Rolle spielt dabei der Holzbau als unmittelbar Hand Vergütungssysteme für die Ökosystemleistun-
verfügbare Brückentechnologie1 im Klimaschutz und gen des Waldes schafft, die den Forstbetrieben lang-
zur Schonung endlicher Rohstoffe. Um die in Zukunft fristig planbare Einnahmen aus der Bereitstellung

1 Mit Brückentechnologie ist hier gemeint, dass der Holzbau aktuell die einzige anwendungsreife Technologie (negative emission techno-
logy) ist, die es ermöglicht, Kohlenstoff in nennenswertem Umfang außerhalb von Ökosystemen zu speichern. „Brücke“ bedeutet hierbei,
dass diese Technologie deshalb ab sofort eingesetzt werden sollte, um diese Kohlenstoffspeicherung umzusetzen bis in der Zukunft mögli-
cherweise andere Technologien wie beispielsweise carbon capture and storage oder carbon capture and usage Technologien in eine Anwen-
dungsreife (TRL 9) kommen. Dies bedeutet nicht, dass danach der Holzbau keine Bedeutung mehr hat, aber der Begriff unterstreicht die
Dringlichkeit, diese Möglichkeit der Kohlenstoffspeicherung sofort einzusetzen.

V
Zusammenfassung

von Ökosystemleistungen ermöglichen. Eine grund-


sätzliche und effiziente Möglichkeit hierfür sehen
wir darin, nicht einzelne Ökosystemleistungen sepa-
rat zu honorieren, sondern die Grundlage für die zu-
künftige Erbringung aller Ökosystemleistungen, die
Anpassungsfähigkeit2 der Wälder an den Klimawan-
del, als Leistung zu betrachten. Empfohlen wird daher
eine am Zustand der Wälder orientierte Zahlung, die
als eine notwendige Ergänzung der derzeit gängigen
maßnahmenorientierten Förderung gesehen wird.
Der rasch voranschreitende Klimawandel be-
schleunigt die Erosion der Relevanz des bisherigen
Erfahrungswissens und führt zu einer Zunahme von
Unsicherheiten. Um die Anpassung von Wäldern,
Wald- und Holzwirtschaft und anderen relevanten
Sektoren an den Klimawandel effektiv und effizient
zu gestalten, wird eine Stärkung forstwissenschaft-
licher, wald- und holzproduktbezogener Forschung
empfohlen. Dabei geht es insbesondere um eine stra-
tegische Ausrichtung und die Entwicklung neuer
Forschungsansätze im Sinne einer Nachhaltigkeits-
forschung, die sich an Dringlichkeit, Lösungsorientie-
rung und Implementierung ausrichtet. Dafür werden
entsprechend langfristig angelegte Forschungsinfra-
strukturen und Kapazitäten ebenso benötigt wie eine
bessere Vernetzung und Kooperation zwischen beste-
henden Forschungseinrichtungen.
Zur Beförderung des Transformationsprozesses
spricht der WBW darüber hinaus Empfehlungen zu
Änderungen in der Aus- und Weiterbildung, den Kom-
munikationsstrategien, sowie zur Beseitigung von An-
passungshemmnissen und -konflikten in den verschie­
denen Bereichen aus.

2 Anpassungsfähigkeit ist die Fähigkeit von Systemen, Institutionen, Menschen und andere Lebewesen, sich auf potentielle Schädigun-
gen einzustellen, Vorteile zu nutzen oder auf Auswirkungen zu reagieren (IPCC (2013/14).

VI
Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung........................................................................................................ IV

Präambel ..................................................................................................................... 1

1 Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung................................................ 7

1.1 Entwicklungen und Projektionen der Klimaänderungen . . .................................................... 7


1.1.1 Klimamodelle, Klimaszenarien, Klimaprojektion .. .................................................... 8
1.1.2 Durchschnittliche Lufttemperatur und Niederschlagsmengen................................... 9
1.1.3 Extremwetterereignisse . . ........... ....................................................................... 12
1.1.3.1 Dürre / Trockenheit . . ........................................................................... 12
1.1.3.2 Heiße Tage und Hitzewellen ................................................................. 13
1.1.3.3 Spätfrost ........................................................................................... 15
1.1.3.4 Starkregen . . ................ ....................................................................... 16
1.1.3.5 Sturm und Sturmböen .. ....................................................................... 17

1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen.................. 19


1.2.1. Struktur, Zusammensetzung, unterstützende Ökosystemleistungen und Biodiversität.... 19
1.2.1.1 Resistenz, Resilienz, und Anpassungsfähigkeit als Komponenten
der ­Ökosystemstabilität . . ..................................................................... 19
1.2.1.2 Standorteignung und Grenzen der Klimaanpassung einzelner
Baumarten, Verschiebungen der Artenareale und Veränderungen
der Baumarten­zusammensetzungen ...................................................... 21
1.2.1.3 Veränderungen der Störungsregime und Naturgefahren . . ......................... 24
1.2.1.4 Auswirkungen auf die Biodiversität und ihre Funktionen .. ......................... 28
1.2.1.5 Veränderungen des Nährstoff- und Kohlenstoffhaushalts.......................... 31
1.2.1.6. Veränderungen im Wasserkreislauf........................................................ 32
1.2.1.7 Veränderungen der Biomasse­produktivität von Wäldern. . ......................... 34
1.2.2 Bereitstellung von Ökosystemleistungen. . ............................................................ 36
1.2.2.1 Holz/Rohstoffe . . ................................................................................. 36
1.2.2.2 Tierische und pflanzliche Nichtholzwaldprodukte .................................... 39
1.2.2.3 Klimaschutz ................ ....................................................................... 41
1.2.2.4 Bodenschutz ...................................................................................... 43
1.2.2.5 Trinkwasser, Gewässer- und Hochwasserschutz ...................................... 44
1.2.2.6 Erholung, Sport, Gesundheit und T ­ ourismus ............................................ 44

2 Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern


und Forstbetrieben .............................................................................................. 48

2.1 Grundlagen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung . . ....................................................... 48


2.1.1 Eigentums- und Betriebsstruktur, Forstorganisation . . ............................................ 48
2.1.2 Wirtschaftsergebnisse ...................................................................................... 50
2.1.3 Eingetretene Schäden der Jahre 2018/19/20 und ihre wirtschaftlichen Folgen . . ........ 52

2.2 Übergeordnete Strategien und Politiken ........................................................................ 53


2.2.1 Strategien und Politiken der EU ... ....................................................................... 53
2.2.2 Strategien und Politiken des ­Bundes.................................................................... 55

2.3 Rechtliche Instrumente ............................................................................................... 58


2.3.1 Waldgesetzliche Regelungen .. ............................................................................ 58

VII
2.3.2 Naturschutzrecht, Pflanzenschutzrecht, Bodenschutz, Wasserrecht ........................ 60
2.3.3 Wirtschafts- und Kartellrecht .......... .................................................................. 61
2.3.4 Brennstoffemissions­handelsgesetz.. .. .................................................................. 62
2.3.5 Forstschäden-Ausgleichsgesetz........ .................................................................. 62
2.3.6 Bundes-Klimaschutzgesetz.............. .................................................................. 63

2.4 Finanzielle Instrumente ............................. .................................................................. 64


2.4.1 Finanzielle Förderung der Waldbewirtschaftung................................................... 64
2.4.2 Steuerliche Regelungen . . ................................................................................... 65
2.4.3 Honorierung von Ökosystemleistungen von Wäldern ............................................ 66

2.5 Kommunikation, Beratung, Ausbildung und Forschung ..................................................... 67

3 Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen ................................ 71

3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe ............................................................... 71


3.1.1 Erwartete Veränderungen, mögliche Anpassungsziele und Handlungsoptionen. . ........ 73
3.1.1.1 Waldbauliches Risikomanagement ........................................................ 73
3.1.1.2 Waldschutz ...................... .................................................................. 84
3.1.1.3 Betriebliches Risikomanagement .......................................................... 87
3.1.1.4 Bodenschutz und Wasserhaushalt ......................................................... 91
3.1.1.5 Anpassung von Holzernte und Waldarbeit .............................................. 92
3.1.2 Wechselbeziehungen und Anpassungshemmnisse . . ............................................... 93

3.2 Holzverarbeitende Industrie und Bioökonomie ............................................................... 95


3.2.1 Erwartete Veränderungen, mögliche Anpassungsziele und Handlungsoptionen. . ........ 95
3.2.1.1 Einfuhr von Holz und Produkten auf Basis Holz ....................................... 96
3.2.1.2. Erschließung neuer Rohstoffquellen. . ..................................................... 96
3.2.1.3 Verarbeitungstechnologien und Produkte sowie Holz als dezentral
­verfügbarer Rohstoff der Bioökonomie und Bio-Energie ........................... 98
3.2.1.4 Stoffliche Nutzung im Gebäudebereich .................................................. 99
3.2.1.5 Erforderliche Instrumente................................................................... 100
3.2.1.6 Veränderung von Wertschöpfungsketten............................................... 100
3.2.2 Wechselbeziehungen und Anpassungshemmnisse . . .............................................. 102

3.3 Naturschutzmanagement .. ......................... ................................................................. 105


3.3.1 Erwartete Veränderungen,
mögliche Anpassungsziele und Handlungsoptionen .............................................. 105
3.3.1.1 Arten- und Biotopschutz.. ... ................................................................. 105
3.3.1.2 Design und Management von Schutzgebieten ........................................ 107
3.3.1.3 Biotopverbund ................. ................................................................. 108
3.3.1.4 Assisted Migration, Umsiedlung und Neuansiedlung von Arten.. ................ 108
3.3.1.5 Management invasiver Arten . . ............................................................. 109
3.3.2 Wechselbeziehung und Anpassungshemmnisse ................................................... 111

3.4 Erholung, Sport, Gesundheitsvorsorge und Tourismus ..................................................... 113


3.4.1 Erwartete Veränderungen,
mögliche Anpassungsziele und Handlungsoptionen. . ............................................. 113
3.4.1.1 Erwartete Veränderungen im waldbezogenen Freizeitverhalten ............... 113
3.4.1.2 Nachfrage nach Gesundheitsförderung im Wald. . .................................... 115
3.4.1.3 Gesundheitsgefährdungen .................................................................. 116
3.4.2 Wechselbeziehung und Anpassungshemmnisse ................................................... 118

3.5 Monitoring . . ............................................ ................................................................. 120

VIII
4 Handlungsempfehlungen.....................................................................................125

4.0 Einführung und Zusammenfassung der wichtigsten Empfehlungen.................................... 125

4.1 Resiliente und anpassungsfähige Wälder erhalten und entwickeln..................................... 128

4.2 Den Waldschutz gegenüber ­biotischen Risiken verbessern .. ............................................. 132

4.3 Risikomanagement zum Umgang mit Extremereignissen weiter­entwickeln......................... 134

4.4 Biodiversität sichern und erhöhen.. ............................................................................... 137

4.5 Boden und Wasser schützen . . ................ ...................................................................... 138

4.6 Nachhaltige Holzverwendung fördern........................................................................... 140

4.7 Wälder als Orte für Erholung, Sport und Tourismus entwickeln ......................................... 142

4.8 Ökosystemleistungen honorieren........... ...................................................................... 144

4.9 Monitoring optimieren.......................... ...................................................................... 147

4.10 Institutionelle Strukturen anpassen.............................................................................. 150

4.11 Anpassungsstrategien kommunizieren, Konfliktmanagement gestalten ............................. 151

4.12 Ausbildung und lebenslanges Lernen neu aufstellen ........................................................ 154

4.13 Forschungskapazitäten stärken, besser vernetzen und neu ausrichten ............................... 155

Literaturverzeichnis...................................................................................................159

Glossar......................................................................................................................184

IX
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Zugrundeliegendes Konzept der Ökosystemleistungen (ÖSL) .............................................. 2
Abb. 2: Optionen für die Anpassung unterschiedlich intensiv bewirtschafteter
Wälder an den Klimawandel ................................................................................................................ 4
Abb. 3: Abweichung der mittleren jährlichen Lufttemperatur vom vieljährigen Mittel
1901 – 2000 global................................................................................................................................... 7
Abb. 4: Konzentration von Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Atmosphäre .......................................... 7
Abb. 5: Weltweite jährliche Häufigkeit extremer Temperaturen, Dürre und Stürme
während der Jahrzehnte von 1950 bis 2015 ................................................................................ 8
Abb. 6: Jährliche Abweichung der Lufttemperatur vom Mittelwert in Deutschland
und zu erwartende Zunahme bis 2100 ............................................................................................ 9
Abb. 7 Jährliche Niederschlagsmengen 1881 – 2019 in Deutschland ........................................... 10
Abb. 8 Veränderung der Niederschlagsmenge 1881 – 2019 in Deutschland ............................. 10
Abb. 9: Dauer der phänologischen Vegetationsperiode in Tagen zwischen 1961 – 2017........ 10
Abb. 10: Entwicklung der Jahresmitteltemperatur der Luft im Vergleich zum Normalwert.... 11
Abb. 11: Klimatische Wasserbilanz heute und zukünftig ........................................................................ 11
Abb. 12: Temperaturbezogene Kenntage 1951 – 2019 Sommertage und Heiße Tage ............... 13
Abb. 13: Änderung der Anzahl Heißer Tage zum Normalwert in den Bundesländern ................ 14
Abb. 14: Gemessene und modellierte Sommertemperaturen April-September
in der Schweiz.......................................................................................................................................... 15
Abb. 15: Blattentfaltung der Rotbuche 1992 – 2020 in Deutschland ................................................ 16
Abb. 16: Mittlere Änderung der Anzahl der Tage mit Niederschlägen
> 20 mm in Deutschland ..................................................................................................................... 17
Abb. 17: Ensemble-Ergebnisse zur relativen Änderung der mittleren Böe ..................................... 19
Abb. 18: Resistenz, Erholung und Resilienz am Beispiel der Wachstumsreaktion zweier
unterschiedlicher Baumarten .......................................................................................................... 20
Abb. 19: Anpassung an Trockenheit als multiskaliger Prozess ............................................................. 22
Abb. 20: Interaktionen zwischen Störungsfaktoren ................................................................................. 25
Abb. 21: Außenhandelssaldo Deutschlands mit Nadelholz, Laubholz und Brennholz
im Zeitablauf............................................................................................................................................ 38
Abb. 22: Entwicklung des Holzvorrates zwischen 2002 und 2012 nach
Durchmesserklassen ............................................................................................................................ 39
Abb. 23: Wirtschaftsergebnisse des Testbetriebsnetzes Forst ............................................................ 50
Abb. 24: Durchschnittliche Erlöse und jährlicher Einschlag der Hauptbaumartengruppen
nach Testbetriebsnetz Forst ............................................................................................................. 51
Abb. 25: Differenzen zwischen der modellierten THG-Emissionsbilanz und der
eingeforderten Treibhausgassenke................................................................................................ 63
Abb. 26: Kombinationsmöglichkeiten der Finanzierung der forstlichen Förderung ................... 64
Abb 27: Risiko als Produkt von Gefährdungen, Vulnerabilität und Auswirkungen ..................... 75

X
Abb. 28: Ergebnisse von Risikoanalysen in einer Risiko-Matrix ........................................................... 88
Abb. 29: Der 4-phasige Krisen-Management-Zyklus ............................................................................... 89
Abb. 30: Anpassungsfähige Wälder als Schnittmenge von gesellschaftlichen Werten
und Ökosystemleistungen ...............................................................................................................125

Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Anzahl heißer Tage pro Jahr in den Bundesländern und Gesamtdeutschland
im langfristigen Mittel ...........................................................................................................................14
Tab. 2: Synopse der forstbetrieblichen Schadenskomponenten für
die Schadensjahre 2018 – 2020..........................................................................................................53
Tab. 3: Bewertung von Klimawirkung, Anpassungsdauer und Handlungserfordernis
im Bereich Wald........................................................................................................................................55
Tab. 4: Erträge nach Produktbereichen und Eigentumsarten 2018 .................................................73
Tab. 5: Zusammenhang zwischen Störungsfaktoren und Faktoren der Vulnerabilität in
Phasen der Bestandesentwicklung ..................................................................................................76

XI
Fagus
Präambel
Anpassung von Wäldern und deren
Bewirtschaftung an den Klimawandel zur
Sicherung ihrer Ökosystemleistungen
Der Klimawandel wird unsere Wälder in vielfältiger Ökosystemleistungen könnten ohne aktive Waldbe-
Weise verändern, wobei negative Auswirkungen auf wirtschaftung nicht in der gewünschten Menge und
die Funktionen und Ökosystemleistungen von Wäl- Zusammensetzung bereitgestellt werden.
dern und ihre Bewirtschaftung sehr wahrscheinlich Mit dem Klimawandel ändern sich nicht nur die
überwiegen werden. Daher sollte es zum Schutz unse- Umweltbedingungen und Wälder, sondern auch
rer Lebensgrundlagen oberste Priorität sein, die Aus- die gesellschaftlichen Erwartungen an die Wälder.
wirkungen auf Wälder und Ökosystemleistungen so Diese Änderungen verlaufen möglicherweise auch so
gering wie möglich zu halten und uns auf unvermeid- schnell, dass die institutionelle Kapazität der Forst-
bare Änderungen vorzubereiten. Anstrengungen für betriebe und -verwaltungen sich anzupassen, damit
den Klimaschutz müssen folglich in den meisten Berei- nicht Schritt halten kann. Zusätzlich steigt die gesell-
chen erhöht werden, um massive Schäden zu vermei- schaftliche Erwartungshaltung an die Wälder konti-
den. Dieses Ziel liegt auch den internationalen Verein- nuierlich an und es bestehen deutlich unterschied-
barungen für den Klimaschutz zugrunde. Doch selbst liche Vorstellungen darüber, wie die Wälder an den
wenn es gelingen sollte, diese Ziele national wie inter- Klimawandel angepasst werden sollen.
national zu erreichen, ist es weitgehend unbestritten, Dieses Gutachten beschäftigt sich mit den wich-
dass Veränderungen unserer Ökosysteme eintreten tigsten Ökosystemleistungen und analysiert, wie sich
werden (IPCC 2019, IPBES 2019). Bereits jetzt beobach- der Klimawandel auf ihre Bereitstellung und Nut-
ten wir deutliche Verschiebungen in der Baumarten- zung auswirkt. Gleichzeitig werden in diesem Gutach-
zusammensetzung und die Zunahme oder Änderung ten Vorschläge entwickelt, wie trotz dieser Verände-
von biotischen und abiotischen Störungen in Form rungen auch in Zukunft die Biodiversität geschützt
von Borkenkäfermassenvermehrungen, neuen Wald- wird, Ökosystemleistungen der Wälder auf hohem Ni-
krankheiten, Dürren, Waldbränden und Stürmen. veau bereitgestellt werden können, und die von ihnen
Auf großer Fläche werden Waldökosysteme und ihre abhängigen Sektoren wie Wald- und Holzwirtschaft,
Pflanzen- und Tiergemeinschaften in diesem Jahrhun- Wasserwirtschaft oder Tourismus ihre wichtigen
dert neuartige klimatische Bedingungen erfahren und Funktionen für die Gesellschaft erbringen können.
auch neuen Krankheiten und Schadorganismen aus-
gesetzt sein, an die sie sich in ihrer langen Entwick- Zentrale Konzepte
lungsgeschichte bisher nicht anpassen konnten (Fei et
al. 2019, Hoffmann et al. 2019). Daher werden in un- Ökosystemleistungen im Kontext von
seren Wäldern Arten verschwinden und neue hinzu- Klimaanpassung
kommen. Mit den Modifikationen der Artengemein-
schaften und der klimatischen Bedingungen wird in Multifunktionalität ist ein Leitbild, dem sich weite
vielen Fällen auch eine Veränderung der Ökosystem- Teile der Forstwirtschaft in Deutschland v ­ erpflichtet
funktionen eintreten. Die Frage ist daher nicht ob, fühlen und dem viele Forstbetriebe auch tatsäch-
sondern wie gravierend und rasch sich unsere Wäl- lich folgen. Darin steht die Erfüllung aller wichtigen
der und damit die Bereitstellung von Ökosystemleis- Funktionen des Waldes für die Gesellschaft im Fokus.
tungen verändern werden. In den Forstwissenschaften wurde in den 50er Jah-
Die Wälder sind Hort der Biodiversität und die ren des letzten Jahrhunderts ein Konzept der Wald-
deutsche Gesellschaft ist in vielfältiger Weise auf die funktionen als eine systematische Erfassung aller
diversen Ökosystemleistungen von Wäldern angewie- Leistungen des Waldes für menschliche Bedürfnisse
sen. Unsere Wälder dienen als Räume für Erholung, ­entwickelt (Dieterich 1953). Neben der Rohstoff-Funk-
Freizeit und Inspiration, als Rohstofflieferanten, Was- tion wurden dabei auch Flächenfunktionen ausgewie-
serspeicher, Kohlenstoffspeicher und -senken, Klima­ sen (Beeinflussung des Klimas, Einwirkung auf den
regulatoren und vieles andere mehr. Viele dieser Wasserhaushalt, Schutz gegen Erosionen, u. a.), die

1
Präambel

die sogenannten Wohlfahrtswirkungen des Waldes Im vorliegenden Gutachten bauen wir auf dem
begründen (Dieterich 1953). Konzept der Ökosystemleistungen in der Einteilung
International hat sich etwa zur Zeit des Millenni- des Millenium Ecosystem Assessments (2005) auf. In
umswechsels ein vergleichbares Konzept entwickelt, diesem Konzept umfassen die unterstützenden Öko-
das der Ökosystemleistungen (ÖSL). In der Einteilung systemleistungen zum Beispiel Bodenbildung, Auf-
des Millenium Ecosystem Assessments (2005) werden rechterhaltung der Nährstoffkreisläufe, Produktion
unterstützende (supporting), bereitstellende (provi- von Biomasse, Zersetzung organischer Substanz, oder
sioning), regulierende (regulating) und kulturelle (cul- den Erhalt der genetischen Vielfalt (Abb. 1). Diese un-
tural) Ökosystemleistungen unterschieden. terstützenden Ökosystemleistungen, die das Funktio-
Beiden Konzepten, dem der Multifunktionalität nieren von Ökosystemen beschreiben, werden häufig
sowie dem der Ökosystemleistungen ist der umfas- auch als Ökosystemfunktionen bezeichnet (Garland
sende Blick auf den Wald zu eigen, bei dem sowohl et al. 2020). Die unterstützenden Ökosystemleistun-
der Wald mit dem, was er zur Verfügung stellt als auch gen hängen ihrerseits von der Struktur und Kompo-
der Mensch mit seinen Bedürfnissen Berücksichti- sition von Ökosystemen ab, also in erheblichem Um-
gung findet. Auch wenn eine stringente Überführung fang von der Biodiversität (Noss 1990). Sie stellen die
der Konzepte ineinander und deren Abgrenzung zu- Grundlage für die anderen drei Typen von Ökosys-
einander noch aussteht (Benz et al. 2020), erscheinen temleistungen, die auch als finale Ökosystemleistun-
sie so ähnlich, dass sie nebeneinander bestehen kön- gen bezeichnet werden. Diese sind Bestandteile der
nen und wahlweise auf das eine oder andere Konzept Natur, die direkt genossen, konsumiert oder genutzt
Bezug genommen werden kann. Multifunktionalität, werden, um menschliches Wohlergehen zu erzeugen
so wie sie in diesem Gutachten verstanden wird, be- (Boyd und Banzhaf 2007) (Abb. 1).
deutet daher die gleichzeitige Bereitstellung vieler
Ökosystemleistungen. Dabei bezieht sich die Gleich-
zeitigkeit nicht auf den einzelnen Waldbestand, son-
dern größere räumliche Einheiten wie Betriebe oder
Landschaften.

Anpassung
Ökosystemstruktur
und -komposition
(Biodiversität) Ökosystemfunktionen
und –prozesse
(unterstützende ÖSL)
Bodenbildung,
Ökosystemleistungen
Nährstoffkreisläufe, (bereitstellende:
Biomasseproduktion, … Rohstoffe, Wasser,
Nahrung, …;
regulierende: Klima, Betriebe, Institutionen
Bestäubung,
Schädlingskontrolle, …;
Klimawandel, kulturelle: Erholung,
globaler Wandel Freizeit, Inspiration, …)

Nutzung der ÖSL


Auswirkung der Nutzung auf Ökosysteme

Abb. 1:  Das dem Gutachten zugrundeliegende Konzept der Ökosystemleistungen (ÖSL), ihre Wechselwirkungen mit dem Klimawandel und Stellgrö-
ßen für die Anpassung, um eine nachhaltige Bereitstellung der Ökosystemleistungen zu gewährleisten. Das Konzept der ÖSL baut auf dem Millenium
Ecosystem Assessment (2005) auf; die unterstützenden ÖSL (supporting ecosystem services) werden hier als Ökosystemfunktionen betrachtet. Teile
der Abbildung adaptiert von Kienast et al. (2009).

2


Bereitstellende (bzw. versorgende) Ökosystemleis- nach adaptiver Kapazität des Ökosystems kann
tungen umfassen zum Beispiel Rohstoffe wie Holz, diese Anpassung entweder auf passive Weise erfol-
Nahrung in Form von jagdbaren Tieren oder Trink- gen, d. h. basierend auf der natürlichen Anpas-
wasser. Regulierende Ökosystemleistungen beinhal- sungsfähigkeit des Ökosystems, oder es ist eine ak-
ten Bestäubungsleistungen, Klimaschutz, Boden- und tive Steuerung erforderlich, z. B. durch Anbau
Erosionsschutz, Schutz vor Steinschlag und Lawinen, klimatoleranter Baumarten und Erhöhung der
Wasserrückhaltung oder die Kontrolle der Population Baumartendiversität.
von Schadorganismen. Erholung, ästhetischer Genuss,
spirituelle Erfahrungen und Ähnliches fallen unter die 2.) der Betriebe und Institutionen, die Ökosystemleis-
kulturellen Ökosystemleistungen. Die Nutzung dieser tungen bereitstellen. Auch diese Einrichtungen,
Ökosystemleistungen kann wiederum Auswirkungen und die Wertschöpfungsketten, in die sie einge-
auf die Struktur und Zusammensetzung der Ökosys- bunden sind, werden potenziell vom Klimawandel
teme haben (Abb. 1). betroffen. Sie bedürfen resilienter Strukturen und
Viele Ökosystemleistungen können von Menschen Prozesse, um sich sowohl den langfristigen Verän-
nicht direkt genutzt werden, sondern nur mittelbar. derungen anpassen zu können als auch um in der
Häufig stehen zwischen den Ökosystemen und den Folge von Extremereignissen wie Dürren oder
Menschen, die ihre Leistungen in Anspruch nehmen Feuer noch funktionsfähig zu sein und somit ihre
wollen, Betriebe und Institutionen, die den Menschen Ziele noch erreichen zu können.
diese Leistungen zugänglich machen. Dazu gehören
zum Beispiel Betriebe der Wald- und Holzwirtschaft, 3.) der Nutzung der Ökosystemleistungen, die eine
die Holzprodukte für Endverbraucher bereitstellen, Rückkopplung auf Ökosysteme besitzt. Diese Nut-
Wasserwerke, die das Trinkwasser aus Wäldern in zung kann die Resilienz und Anpassungsfähigkeit
die Haushalte leiten, oder Tourismusunternehmen. der Ökosysteme sowohl reduzieren als auch
Auch diese Betriebe und Institutionen können in ihrer ­verstärken. Zum Beispiel kann die Grundwasser-
Funktionsfähigkeit und Profitabilität erheblich vom entnahme unter Wäldern deren Widerstands- und
Klimawandel betroffen sein (z. B. Hall et al. 2011, Ha- Erholungsfähigkeit gegenüber klimatischen Tro-
newinkel et al. 2013). ckenstress erheblich reduzieren.
Der Klimawandel sowie die damit zum Teil ver-
bundene Einschleppung von neuen Arten, darunter Zwischen den verschiedensten Anpassungsoptionen
auch Krankheiten und Schadorganismen, führt zu di- auf diesen Ebenen können sowohl Synergien als auch
rekten Veränderungen der Struktur und Zusammen- Konflikte bestehen. Auch diese werden in diesem Gut-
setzung der Wälder einerseits und andererseits durch achten behandelt.
die Veränderungen der abiotischen Umwelt auch zu Die Ziele der Anpassung liegen daher einerseits
direkten Einflüssen auf Ökosystemprozesse. in der Aufrechterhaltung oder Erhöhung der Resis-
tenz1, Resilienz2 und Anpassungsfähigkeit der Wald-
Die Anpassung an den Klimawandel, sowie sie in die- ökosysteme (siehe Kap. 1.2.1.1) und andererseits auch
sem Gutachten verstanden wird, zielt darauf ab, den der gesellschaftlichen Systeme inklusive Betriebe und
Bedarf aller Ökosystemleistungen des Waldes nach- Institutionen, die von den Ökosystemleistungen der
haltig zu erfüllen. Ansatzpunkte für die Anpassung lie- Wälder direkt oder indirekt abhängig sind. In bei-
gen daher auf den folgenden Ebenen (Abb. 1): den Fällen ist das Ziel der Anpassung die Reduktion
der Vulnerabilität3 und der Risiken4. Um dieses Ziel
1.) des Ökosystems, wo durch Veränderungen der zu erreichen, werden sowohl kurz- wie auch langfris-
Struktur und Zusammensetzung die Aufrechterhal­ tige Anpassungsmaßnahmen notwendig sein. Ein wei-
tung der Ökosystemfunktionen angestrebt wird. Je teres Ziel der Anpassungsbemühungen ist, mögliche

1 Resistenz beinhaltet die Widerstandsfähigkeit von Organismen, Ökosystemen gegenüber Stress und Störungen.
2 Nach IPCC (2013/14): Resilienz ist die Fähigkeit von sozialen, Wirtschafts- oder Umweltsystemen, ein gefährliches Ereignis bzw.
­einen solchen Trend oder eine Störung zu bewältigen und dabei derart zu reagieren bzw. sich zu reorganisieren, dass ihre Grundfunktion,
Identität und Struktur erhalten bleiben und sie sich gleichzeitig die Fähigkeit zur Anpassung, zum Lernen und zur Transformation bewahren.
3 Nach IPCC (2013/14): Vulnerabilität ist die Neigung oder Prädisposition eines Systems, nachteilig betroffen zu sein. Vulnerabilität
umfasst eine Vielzahl von Konzepten und Elementen, wie unter anderem Empfindlichkeit oder Anfälligkeit gegenüber Schädigung und die
mangelnde Fähigkeit zur Bewältigung und Anpassung.
4 Fellmann (2012): In Zusammenhang mit spezifischen Eintrittswahrscheinlichkeiten für biophysikalische oder sozioökonomische
­Änderungen werden aus Vulnerabilitäten Klimarisiken.

3
Präambel

Zielkonflikte zwischen verschiedenen Anpassungsop- befürworten die meisten Ansätze zur Anpassung von
tionen bzw. den Anpassungsstrategien verschiedener Waldökosystemen an den Klimawandel die Entwick-
Sektoren zu reduzieren und Synergien zu stärken. lung und Umsetzung eines Portfolios von Optionen
(Millar et al. 2007, Aplet und Mckinley 2017, Dudney
Anpassungsoptionen in Abhängigkeit von et al. 2018). Dabei orientieren sich die verschiedenen
Waldbewirtschaftung und Vulnerabilität Anpassungsoptionen nicht nur an der Vulnerabilität
der Ökosysteme, sondern auch an den übergeordne-
Vor dem Hintergrund zukünftiger Unsicherheiten und ten Bewirtschaftungszielen, die unter anderem durch
weil „keine einzige Lösung alle zu erwartenden Her- eine unterschiedliche Bewirtschaftungsintensität aus-
ausforderungen adressieren kann“ (Millar et al. 2007), gedrückt werden (Abb. 2).

Vulnerabilität gegenüber dem Klimawandel

Erwarteter Wälder können Reorganisation von Verlust von


Einfluss des weitgehend Struktur, Struktur und Waldgesellschaften und
Zusammensetzung und Zusammensetzung – Ökosystemleistungen
Klimawandels
Funktionalität Veränderung der
auf Wälder erhalten Funktionen

Natürliche
Konventionelle, dauer-
Anpassungsprozesse, Sukzessionsflächen,
Schutzgebiete hafte Schutzgebiete (z.B.
Bewirtschaftungsintensität

temporäre Nichtwaldschutzgebiete
NPs, Bannwälder)
Waldschutzgebiete

Intensive aktive
Steuerung weitgehend
Naturnah Anpassung (Integration Neue Management- und
natürlicher
bewirtschaftete neuer Arten, funktionale Ökosysteme (z.B.
Zusammensetzung und
Wälder Mischungen, kürzere Niederwald, Waldweide)
-struktur
Produktionszeiten)

Intensiv Kurzumtriebige Alternative


Intensive
bewirtschaftete Plantagen (rasche Produktionssysteme
Bewirtschaftung
Wälder Erneuerung genetischer (best. Agroforstsysteme
gepflanzter Wälder
Ausstattung) wie „alley cropping“)

Abb. 2:  Optionen für die Anpassung unterschiedlich intensiv bewirtschafteter Wälder an den Klimawandel. Die genannten Optionen für die
­jeweilige Kombination aus Vulnerabilität und Bewirtschaftungsintensität sind als Beispiele zu verstehen. Abbildung adaptiert von Royer-Tardif
et al. (2021).

Die Bewirtschaftungsintensität reicht dabei von in Deutschland nur einen geringen Teil der gesamten
sehr gering, z. B. Waldschutzgebiete, insbesondere Waldfläche einnehmen, wird der Großteil der Fläche
Prozessschutzgebiete wie Kernzonen von National- in Form von naturnahen Wäldern bewirtschaftet.
parken und Naturwaldreservate, bis hin zu inten- Ein Dreiklang dieser verschiedenen Bewirtschaf-
siv, wie z. B. gleichaltrige Reinbestände nicht-heimi- tungsintensitäten wird auch als TRIADE bezeich-
scher Arten mit häufigen Pflegeingriffen und kurzem net und wurde von Waldökologen als ein System der
Umtrieb (Kahl und Bauhus 2014). Im internationalen nachhaltigen Bewirtschaftung von Waldlandschaften
Kontext würden diese intensiv bewirtschafteten Wäl- vorgeschlagen (Seymour und Hunter 1992, Côté et al.
der als Plantagen oder andere gepflanzte Wälder be- 2010). In Landschaften, die nach diesem Konzept be-
zeichnet (FAO 2020). In Deutschland könnten pro- wirtschaftet werden, machen Schutzgebiete und in-
duktive Wälder mit intensiver Pflege und geringen tensive Waldnutzungssysteme in der Regel insgesamt
Zieldurchmessern und daher kurzen Produktionszei- nicht mehr als 20 % der Landschaft aus, der Rest wird
ten (< ca. 60 J.), z. B. Fichten-, Douglasien-, oder Edel- von naturnah bewirtschafteten Flächen eingenom-
laubholzbestände, in diese Kategorie fallen. Während men. Letztere dienen unter anderem als Matrix für
Schutzgebiete und intensiv bewirtschaftete Flächen die Schutzgebiete, um Populationen von Waldarten

4


miteinander zu vernetzen, und als Puffer für die inten- im vierten und letzten Kapitel des Gutachtens zent-
siv bewirtschafteten Bestände. Dieses Konzept wurde rale, sektorübergreifende Politikempfehlungen.
bisher hauptsächlich in Nordamerika implementiert. Die Adressaten dieses Gutachtens sind politische
Im Kontext dieses Gutachtens dient diese Matrix Akteure auf Ebene des Bundes sowie der Länder und
in Abbildung 2 der Strukturierung von Anpassungs- Kommunen. Gleichzeitig sollen mit diesem Gutachten
optionen und -notwendigkeiten für unterschiedli- auch Impulse auf europäischer Ebene gesetzt werden,
che Wälder in der Landschaft. Eine Differenzierung wo wichtige Aspekte der Anpassung an den Klima-
der verschiedenen Anpassungsoptionen entlang die- wandel in einer neuen Waldstrategie berücksichtigt
ser Matrix erscheint uns geboten, denn eine Bewer- werden könnten. Die wissenschaftlichen Grundlagen
tung der Maßnahmen oder möglicher damit verbun- sowie die Vorschläge für Anpassungsoptionen soll-
dener Anpassungskonflikte erscheint ohne diesen ten auch den Entscheidungsträgern in Forstbetrieben
Kontext nur schwerlich möglich. Anpassungsoptio- sowie den anderen direkt und indirekt vom Wald ab-
nen für naturnah bewirtschaftete Wälder werden in hängigen Sektoren als Orientierungshilfe dienen.
Kapitel 3.1 diskutiert und solche für intensiv bewirt-
schaftete Wälder, die sich von den zugrundeliegenden
Prinzipien nicht unterscheiden, werden dabei mit be-
handelt. Optionen für Waldschutzgebiete werden in
Kapitel 3.3 diskutiert. Die dritte Spalte dieser Matrix
stellt für die unterschiedlichen Bewirtschaftungsin-
tensitäten Situationen dar, in denen die bisherigen
Bewirtschaftungsziele und -formen langfristig nicht
aufrechterhalten werden können. Dies führt zu einer
Art von Systemwechsel. Die in diesem Gutachten dis-
kutierten Anpassungsoptionen und Handlungsemp-
fehlungen zielen weitgehend auf die linke und mitt-
lere Spalte dieser Matrix ab, wo durch Änderungen
von Ökosystemstruktur und - zusammensetzung die
Bereitstellung der Ökosystemleistungen von Wäldern
noch möglich erscheint.

Aufbau und Adressaten des Gutachtens

Um belastbare Vorschläge für die Anpassung unse-


rer Wälder und der von ihnen abhängigen Sektoren
zu entwickeln, wird im ersten Kapitel zunächst dar-
gestellt, welche Klimaänderungen projiziert werden
und wie sie sich auf Waldökosysteme auswirken könn-
ten. In einem zweiten Schritt beleuchten wir die Evi-
denz für Veränderungen in den Ökosystemfunktionen
und -leistungen. Da sich Empfehlungen an die Politik
an den bestehenden Gegebenheiten orientieren soll-
ten, werden im zweiten Kapitel die für die Anpassung
der Wälder und der damit verbundenen Sektoren rele-
vanten Politiken und Strategien dargestellt. Kernstück
des Gutachtens ist das dritte Kapitel, indem wir die
Anpassungsnotwendigkeit und Anpassungsoptionen
an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen
wie Forstbetrieben, holzverarbeitender Industrie und
Bioökonomie, Naturschutzmanagement, Gesundheits-
vorsorge, Erholungsmanagement und Tourismus dis-
kutieren. Dabei beleuchten wir die Auswirkungen der
Klimaänderungen auf diese Sektoren, die Anpassungs-
ziele und Handlungsoptionen, mögliche Konflikte, An-
passungshemmnisse und Wechselbeziehungen mit
anderen Sektoren. Darauf aufbauend formulieren wir

5
Quercus
1
Klimawandel und Waldökosysteme –
eine Einführung
1.1 Entwicklungen und Projektionen Der Klimawandel zeigt sich vor allem durch das
der Klimaänderungen steigende Mittel der globalen Lufttemperatur. Die At-
mosphäre der Erde hat sich zwischen 1881 und 2019
Die Forstwirtschaft ist ähnlich wie die Landwirtschaft um 0,74 °C erwärmt (linearer Trend; Abb. 3 links).
ausgesprochen stark von Klima, Witterung und Wet- Dabei ist in den letzten Jahren eine deutlich beschleu-
ter abhängig. Klima ist die Zusammenfassung der nigte Entwicklung zu beobachten. Als Hauptursache
Wettererscheinungen, die den mittleren Zustand der der globalen Erwärmung gilt der Treibhauseffekt. Der
Atmosphäre an einem bestimmten Ort beschreibt. Um größte Beitrag zum Treibhauseffekt entfällt auf Koh-
das Klima einer Region darzustellen, werden entspre- lenstoffdioxid (CO2) mit etwa 66 %, gefolgt von Me-
chend den Vorgaben der Weltorganisation für Meteo- than mit 16 %, Lachgas mit 6 %, und den halogenier-
rologie (WMO) Zeiträume von mindestens 30 Jahren ten Treibhausgasen mit insgesamt 11 % (Butler und
analysiert (DWD 2020a, b). Nach Berichten des IPCC Montzka 2020). In den letzten fünfzig Jahren stieg al-
(2019) und einer Metaanalyse von Cook et al. (2013) lein die CO2-Konzentration von 330 ppm auf über 410
bestehen kaum noch Zweifel, dass sich das Klima ppm an (Abb. 4, rechts).
durch die Einflussnahme des Menschen ändert.

2 440

Global
420
1,5

400
1
Temperaturanomalie in °C

380
CO2 ppmV

0,5

360

0
1881
1885
1889
1893
1897
1901
1905
1909
1913
1917
1921
1925
1929
1933
1937
1941
1945
1949
1953
1957
1961
1965
1969
1973
1977
1981
1985
1989
1993
1997
2001
2005
2009
2013
2017

340

-0,5
320

-1
300
1958
1959
1961
1962
1964
1965
1967
1969
1970
1972

1975
1977
1978
1980
1981

1984
1986
1988
1989
1991
1992
1994
1996
1997
1999
2000
2002

2005
2007
2008
2010
2011

2015
2016
2018
2019
1973

1983

2003

2013

-1,5 Mauna Loa, Hawaii Schauinsland Zugspitze Welttrend WMO

Abb. 3:  Abweichung der mittleren jährlichen Lufttemperatur Abb. 4:  Konzentration von Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Atmosphäre
vom ­vieljährigen Mittel 1901 – 2000 global (Land und Ozeane; (www.umweltbundesamt.de): 1 ppmV = 10 −6 = 1 Teil pro Million =
Daten www.ncdc.noaa.gov) 0,0001 %

Besonders markant ist die Häufung hoher Luft- war 2019. Global wird die Erde seit 1880 im Durch-
temperaturwerte in den vergangenen Jahren. Ins- schnitt in jeder Dekade um 0,07 °C wärmer, wobei re-
gesamt traten global gesehen 18 der 19 wärmsten gional beträchtliche Unterschiede bestehen können.
Jahre überhaupt seit Beginn der Messaufzeichnun- Die Niederschläge über Europa haben im letzten Jahr-
gen im Jahr 1880 nach dem Jahr 2000 auf. In den Jah- hundert um bis zu 8 % zugenommen, wobei zwischen
ren 2014, 2015, 2016 gab es nacheinander neue Luft- Nord- und Südeuropa getrennt werden muss. In Nord-
temperaturrekorde. 2016 war das weltweit wärmste europa nahmen die Niederschläge um 10 – 40 % mit
Jahr seit Beginn der Messungen, das zweitwärmste Schwerpunkt im Winterhalbjahr zu. In Südeuropa,

7
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

inklusive Mittelmeerraum, haben die Niederschläge Die Schadintensitäten können dabei kleinräumig
dagegen um bis zu 20 % abgenommen (DWD 2020b). stark variieren und sind oftmals nicht konkret vorher-
Veränderungen im zirkumpolaren Jet Stream ver- sehbar (Goemann 2015). Auf globaler Ebene wird mit
ursachen immer häufiger stationäre Wetterlagen mit hoher Sicherheit erwartet, dass die Häufigkeit und In-
längeren Verweilzeiten von Tief- und Hochdruckge- tensität von Extremwetterlagen zunimmt (IPCC 2019).
bieten, die dann für Dauerregen oder Dürre sorgen Für den Zeitraum von 1950 bis 2015 lassen Daten der
können (Mann et al. 2018). Als ein Grund der Statio- Emergency Events Database EM-DAT einen solchen
narität werden die vergleichsweise schnellere Erwär- Anstieg von Extremwetterereignissen bereits vermu-
mung der Arktis und die damit verbundene Reduzie- ten (Abb. 5). Auch für Europa wird als sicher erachtet,
rung des Lufttemperaturunterschiedes zwischen den dass das Ausmaß von Extremwetterereignissen wie
Tropen und der Arktis angeführt. Hitzewellen, Starkregen und Dürren zunehmen wird
Besonders markant sind Extremwetterereignisse (IPCC 2014, EEA 2017). Es wird dabei immer wieder be-
wie Trockenheit, Starkregen, Fröste und Stürme, die in tont, dass sowohl weltweit als auch europaweit deut-
der Forstwirtschaft große Schäden anrichten können. lich regionale Unterschiede bestehen werden.

Extreme Temperaturen Dürre Stürme


Anzahl an jährlichen Ereignissen

Anzahl an jährlichen Ereignissen


Afrika Amerika
Asien Europa
Ozeanien

Abb. 5:  Weltweite jährliche Häufigkeit extremer Temperaturen, Dürre und Stürme während der Jahrzehnte von 1950 bis 2015.
Die Schätzungen ­basieren auf der Emergency Events Database EM-DAT. verändert aus: Sohoulande Djebou und Singh (2016)

1.1.1 Klimamodelle, Klimaszenarien, für das 21. Jahrhundert vorgesehen (DWD 2021). Zum
Klimaprojektion einen sollen neue Versionen der RCPs verwendet wer-
den, die auf mehrfach genutzten sozioökonomischen
Mit globalen Klimamodellen wird die zukünftige Ent- Pfaden und daraus abgeleiteten Modellsimulationen
wicklung des Klimas auf Basis von Emissionsszena- basieren und als SSP-Szenarien bezeichnet werden
rien der Treibhausgase berechnet. Während bei den (Shared Socioeconomic Pathways). Weiterhin sollen
„Special Report Emissions Scenarios“ (SRES, IPCC
­ „Lücken-Szenarien“ berücksichtigt werden. Hierbei
2000) noch der Schwerpunkt auf die Emissionen s­ elber handelt es sich um neue, bisher nicht von den RCPs
­gelegt wurde, lag bei den „Representative Concentra- abgedeckte Antriebspfade.
tion Path­ways“ (RCP)-Szenarien der Fokus auf den Mit Hilfe der Modelle und Szenarien werden die
atmosphärischen Konzentrationen und dem damit Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf das
verbundenen Strahlungsantrieb der emittierten Treib- Klima eingeschätzt. Das mit globalen Klimamodellen
hausgase (IPCC 2014). Das Szenario RCP2.6 ­ basiert für eine künftige Zeitspanne berechnete Klima be-
dabei auf Annahmen, die der ­2-Grad-Obergrenze des zeichnet man auch als Klimaprojektion. Man spricht
Pariser Klimaabkommens entsprechen. Das S ­ zenario also nicht von Prognose oder Vorhersage, da das ver-
RCP8.5 ist das „Weiter-wie-bisher“-Szenario. Es würde wendete E ­missionsszenario hypothetische Randbe-
bei einem weiterhin steigenden Verbrauch f­ossiler dingungen für die Projektion vorgibt und nicht vom
Energie­träger eintreten. gegenwärtigen Zustand des Klimasystems abhängt
Für den 6. Sachstandsbericht des Weltklimarates (Becker et al. 2008). Die daraus ermittelten regiona-
ist die Ergänzung von zwei weiteren Szenario-Typen len Klimaparameter sind in vielen Sektoren, so auch

8
1.1 Entwicklungen und Projektionen der Klimaänderungen 

in der Waldwirtschaft, von besonderem Interesse. Die Herausforderung sind Projektionen der Niederschläge.
Auflösung der derzeit verwendeten globalen Klima- Sie werden mit zunehmender räumlicher Auflösung
modelle liegt bei ca. 100 km x 100 km horizontalem immer schwieriger. Inzwischen lassen sich aber im-
Gitterabstand. Regionale Klimamodelle für Deutsch- merhin die Niederschlagssummen von Monaten mit
land haben eine deutlich höhere räumliche Auflö- einer ausreichenden Genauigkeit berechnen. In der
sung, die zwischen 20 km x 20 km bis 5 km x 5 km nachfolgenden Abb. 5 ist die erwartete Zunahme der
beträgt (Warscher et al. 2019). Sie können die Lufttem- Lufttemperatur bis 2100 in den RCP-Szenarien 2.6 und
peraturentwicklung auch für kleine Landschaftsaus- 8.5. und die historische Entwicklung der Lufttempera-
schnitte ausreichend genau abbilden. Eine besondere tur für Deutschland dargestellt.

Abb. 6:  Jährliche Abweichung der Lufttemperatur vom vieljährigen Mittelwert 1971 – 2000 in Deutschland sowie die zu erwartende Zunahme bis
2100 in den RCP-Szenarien 2.6 und 8.5. Abbildung abgeändert aus www.dwd.de/klima

1.1.2 Durchschnittliche Lufttemperatur Niederschlagsmengen gibt es ebenfalls einen langfris-


und Niederschlagsmengen tigen, allerdings schwachen Trend (Abb. 6). Demnach
nahm die Jahresniederschlagsmenge in Deutschland
In Deutschland besteht seit dem Ende des 19. Jahr- bisher gemäß Trend um 8 % zu. Die Ände­rung der Nie-
hunderts ein ungebrochener Erwärmungstrend. derschlagsmengen variieren nicht zur zeitlich stark,
Der Anstieg der mittleren jährlichen ­Lufttemperatur sondern auch räumlich zwischen den Bundesländern
beträgt seitdem 1,6 °C (DWD 2020b) und liegt mit (Abb. 7).
0,11  °C pro Dekade über dem weltweiten Durch- Die Niederschläge haben sich gemessen am lang-
schnitt von 0,08 °C pro Dekade. In den letzten 20 Jah- fristigen Trend in fast allen Bundesländern vom Som-
ren hat sich auch der Lufttemperaturanstieg deutlich mer in die anderen Jahreszeiten verschoben. Nur in
­beschleunigt. Entsprechend nehmen die vorwiegend den küstennahen Ländern Schleswig-Holstein und
temperaturge­steuerten Klimagrößen wie die Anzahl Mecklenburg-Vorpommern nahm die Niederschlags-
an Heißen Tagen zu, bzw. die der Eistage ab. Neun der menge auch im Sommer etwas zu.
zehn wärmsten Jahre in Deutschland lagen innerhalb Die Auswirkungen dieser klimatischen Verände­
der letzten 20 Jahre. Die Temperaturanstiege der Luft rungen können anhand von Umweltindikatoren regis-
zwischen den Jahreszeiten unterscheiden sich bislang triert werden. Ein temperaturabhängiger Indikator ist
nicht deutlich (Kaspar und Friedrich 2020). die Dauer der phänologischen Vegetationsperiode. Sie
Räumlich befinden sich die stärksten Temperatur­ ist durch die Zeitspanne zwischen dem Blühbeginn
zunahmen in der Westdeutschen Bucht, dem Linksrhei- des Apfelbaums und der Blattverfärbung der Stielei-
nischen Mittelgebirge und im Oberrheinischen Tief- che als phänologischer Zeiger für den Eintritt des Spät-
land. Im Nordostdeutschen Tiefland ist der A
­ nstieg mit herbstes definiert (DWD 2007).
1,1 °C am geringsten (DWD 2020b). Bei den jähr­lichen

9
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

1000 20

950
15
900

850 10

veränderung in %
800
5
mm / Jahr

750

0
700
BW BY BB/BE HE MV NI NW RP/SL SN ST SH TH Dtld
650
-5

600
-10
550

500 -15
1881
1884
1887
1890
1893
1896
1899
1902
1905
1908
1911
1914
1917
1920
1923
1926
1929
1932
1935
1938
1941
1944
1947
1950
1953
1956
1959
1962
1965
1968
1971
1974
1977
1980
1983
1986
1989
1992
1995
1998
2001
2004
2007
2010
2013
2016
2019
Sommer Rest liches Jahr

Abb. 7  Jährliche Niederschlagsmengen 1881 – 2019 in Deutschland, Abb. 8  Veränderung der Niederschlagsmenge in den einzelnen Bundes-
linearer Trend 1881 – 2019 (rote Linie) und vieljähriger Mittelwert ländern gemäß ihres linearen Niederschlagstrends 1881 – 2019 im
(schwarze Linie 1960 – 1990; 789 mm). Daten: https://www.dwd.de Sommer und im Rest des Jahres (Herbst, Winter, Frühling). Daten:
https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaueberwachung/deutsch-
land/deutschland_node.html

BW BY BB HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH Dtld
225

220

215

210
ANZAHL TAGE

205

200

195

190
19 -90

19 -91

19 -92

19 -93

19 -94

19 -95

19 -96

19 -97

19 -98

19 -99

19 -00

19 -01

19 -02

19 -03

19 -04

19 -05

19 -06

19 -07

19 -08

19 -09

19 -10

19 -11

19 -12

19 -13

19 -14

19 -15

19 -16

19 -17

19 -18

9
-1
61

62

63

64

65

66

67

68

69

70

71

72

73

74

75

76

77

78

79

80

81

82

83

84

85

86

87

88

89

90
19

Abb. 9:  Dauer der phänologischen Vegetationsperiode in Tagen zwischen 1961 - 2017. Angegeben sind die Mittelwerte für einen 30-Jahres-Zeit-
raum je Bundesland bzw. für Deutschland. Daten: LIKI Länderinitiative Kernindikatoren Stand 2020

Durch die geglätteten Mittelwerte zeigt sich in Beginns des Frühlings im Zusammenspiel mit einem
Abb. 9 für alle Bundesländer eine deutliche Verlänge- verspäteten Winterbeginn gewertet. Auf deutschland-
rung der Dauer der Vegetationsperiode über den Zeit- weiten Dauerbeobachtungsflächen im Wald (Level-2)
raum von 1961 bis 2017 um 12 – 15 Tage. Sie beträgt trieben die Buchen im Mittel seit 1998 und 2017 um ca.
statt anfangs 195 – 211 Tage in der Periode 1988 – 2017 14 Tage und die Fichten um 12 Tage früher aus (Krü-
nun 207 – 220 Tage. Dies wird als Folge eines verfrühten ger et al. 2020). Als einen positiven Effekt sehen Krüger

10
1.1 Entwicklungen und Projektionen der Klimaänderungen 

et al. (2020) ein besseres Holzwachstum, ­solange die Emissionsszenario bestimmt. Unter den Bedingun-
Wasser­versorgung gesichert ist. gen des „Weiter-wie-bisher“-Szenarios beträgt die Er-
wärmung in Deutschland durchschnittlich bis zum
Projektion in die Zukunft Jahr 2100 etwa +3,8 °C (DWD 2020b). In der Küsten-
region des Nordwest- und Nordostdeutschen Tieflan-
Auch in Deutschland ist ein weiterer Anstieg der des ist der Lufttemperaturanstieg am geringsten (+2,0
Lufttemperatur mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit °C; Abb. 10). Durch die Erwärmung erfolgt der Vegeta-
zu erwarten. Mit der Temperaturzunahme der Luft tionsbeginn bis zum Jahr 2050 um 2 bis 4 Tage früher
geht eine Zunahme ihrer Temperaturextreme einher als heute, an den Küsten und im Alpenraum um 4 bis
(DWD 2020b). Die Temperaturentwicklung für den 6 Tage. Bis zum Jahr 2100 sind es überwiegend 10 bis
langfristigen Planungshorizont wird aber stark vom 15 Tage früher.

1981 – 2010 2020 – 2050 2070 – 2100

Abb. 10:  Entwicklung der Jahresmitteltemperatur der Luft im Vergleich zum Normalwert (Mittel 1981 – 2010) Emissionsszenario RCP8.5/GCM
STARS aus http://www.klimafolgenonline.com/

1981 – 2010 2020 – 2050 2070 – 2100

Abb. 11:  Klimatische Wasserbilanz nach Turc/Ivanov heute und zukünftig. Klimaprojektionen mit dem Emissionsszenario RCP8.5/GCM STARS aus
http://www.klimafolgenonline.com/. Die klimatische Wasserbilanz ist die Differenz aus der Niederschlagssumme und der Summe der potenziellen
Verdunstung.

11
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Eine deutliche Änderung der mittleren Jahres- individueller Wetter- oder Klimaextreme verantwort-
summe des Niederschlags ist für Deutschland in lich ist (DWD 2020b).
naher Zukunft nicht zu erwarten (DWD 2020b). Lang-
fristig wird mit einer moderaten Zunahme gerechnet, 1.1.3.1 Dürre / Trockenheit
wobei es keine regionalen Schwerpunkte in Deutsch-
land gibt. Der mittlere Niederschlag prägt in Deutsch- Unter Dürre bzw. Trockenheit versteht man einen Man-
land die klimatische Wasserbilanz und damit auch die gel an Wasser, der durch weniger Niederschlag und/
Dürregefahr (Abb. 11). Aufgrund der vorherrschen- oder eine höhere Verdunstung durch erhöhte Luft-
den Windrichtung sind die Lee-Gebiete nordöstlich temperatur (oder Wind) als üblich verursacht wird
der Mittelgebirge wie die Magdeburger Börde, Lau- (DWD 2020b). Der Deutsche Wetterdienst unterschei-
sitz, aber auch die Pfalz bereits heute dürregefährdete det je nach Dauer der Dürre und ihrer Auswirkungen
Regionen und weisen bei Jahresniederschlägen unter zwischen meteorologischer Dürre (ein bis zwei Mo-
600 mm in den letzten drei Jahrzehnten im Mittel eine nate trockener als üblich), landwirtschaftlicher Dürre
negative Klimatische Wasserbilanz auf. (zwei Monate und länger trocken, Ernteeinbußen),
Ohne Windänderungen verstärkt sich bei einer hydrologischer Dürre (ab vier Monate, Grundwasser
Lufttemperaturerhöhung die Situation insbesondere und Pegel betroffen) und sozioökonomischer Dürre
in den traditionellen Trockengebieten. Aber auch in (ab einem Jahr, Wassermangel bremst produzierende
anderen tiefer gelegenen Gebieten Deutschlands er- Wirtschaft). Sinkt der Bodenwassergehalt von Wald-
höht die zunehmende Lufttemperatur die Verduns- standorten bei Dürren unter einen kritischen Wert, so
tung, so dass bereits im Zeitraum bis 2050 deutlich ist eine Wasser- und Nährstoffversorgung der Bäume
mehr Gebiete mit negativen Wasserbilanzen entste- nicht mehr ausreichend gewährleistet.
hen werden. Bis 2100 wäre lediglich noch am Alpen-
rand und den Mittelgebirgen mit einer ausge­glichenen Beobachteter Trend und Projektion in die Zukunft
oder positiven Wasserbilanz zu rechnen.
Bei Betrachtung der Bodenfeuchte zeigen die Zeit-
1.1.3 Extremwetterereignisse reihen der pflanzenverfügbaren Bodenwasserspei-
cherfüllung und der verschiedenen Trockenstressin-
Die bedeutsamsten Extremwettereignisse für den Wald dizes, dass seit 1990 deutschlandweit die Intensität
sind Dürre, Hitze, Spätfrost, Starkregen und Sturm. des Wassermangels zugenommen hat und Jahre mit
Extremwetterereignisse treten per Definition sehr sel- ausreichender Bodenwasserverfügbarkeit nur noch
ten auf. Sie sind gekennzeichnet durch stark vom übli- sporadisch auftreten (Puhlmann et al. 2017). Mit re-
chen Zustand abweichende Verhältnisse (DWD 2020a), trospektiven Analysen über zwei Jahrhunderte er-
eine exakte Definition gibt es nicht. Gemäß des IPCC mittelten Erfurt et al. (2020) für Südwestdeutschland,
gilt ein Wetterereignis dann als „extrem“, wenn es sich dass die Jahre 2003, 2011, 2015 und 2018 zu den ext-
nicht zwischen dem 10. und 90. Perzentil der beobach- remsten Dürreereignissen in den letzten hundert Jah-
teten Wahrscheinlichkeitsverteilung befindet (IPCC ren gehörten. Bei Betrachtung der letzten 218 Jahre
2007). Andere Definitionen verwenden zusätzlich die zeigte sich allerdings, dass Dürreereignisse von ähn-
Wiederkehrzeit als Voraussetzung und etwas abwei- licher Intensität auch bereits in früheren Jahren auf-
chende Perzentilwerte. Extremwetterereignisse sind traten (z. B. 1842, 1865, 1870, 1893). Büntgen et al.
Bestandteil der natürlichen Klimavariabilität. Aller- (2021) wiederum schließen aus Isotopenanalysen von
dings hat der Klimawandel laut IPCC (2012) schon zu Eichenjahrringen, dass die Abfolge der letzten Som-
Veränderungen der Intensität, Länge, Häufigkeit oder merdürren in Zentraleuropa beispiellos in den letzten
räumlichen Ausdehnung einiger Extreme geführt. 2.110 Jahren gewesen war.
Aufgrund ihrer Seltenheit liegen für Extremwet- Für Mitteleuropa analysierten Ionita et al. (2021)
terereignisse aber nur relativ wenige Daten vor, des- hydrologische und meteorologische Langzeitbeob-
halb sind Aussagen zu zeitlichen Veränderungen achtungen sowie Paläoklima-Rekonstruktionen über
häufig mit Unsicherheiten verbunden (IPCC 2012). Ins- mehrere Jahrhunderte. Ihren Angaben nach liegen die
gesamt überlagert die „natürliche klimatische Variabi- jüngsten Dürreereignisse (z. B. 2003, 2015 und 2018)
lität“ stark den durch den Klimawandel verursachten innerhalb des Bereichs der natürlichen Variabilität
Anteil, was eine eindeutige Zuordnung erschwert. Ein und sind im letzten Jahrtausend nicht beispiellos: „Ob-
neuer Ansatz zur Untersuchung von Extremwetterer- wohl die Treibhausgase und das damit verbundene
eignissen sind daher Attributionsstudien mit der An- globale Erwärmungssignal wesentlich zum zukünfti-
gabe von Eintrittswahrscheinlichkeiten (DWD 2019). gen Dürrerisiko beitragen werden, zeigt unsere Stu-
Mit ihnen soll abgeschätzt werden, inwieweit der vom die, dass zukünftige Dürrevariationen auch stark von
Menschen verursachte Klimawandel für das Auftreten natürlichen Schwankungen beeinflusst werden.“

12
1.1 Entwicklungen und Projektionen der Klimaänderungen 

Mit Betrachtung der meteorologischen Daten seit 1.1.3.2 Heiße Tage und Hitzewellen
1881 für Gesamtdeutschland beschreibt der Deutsche
Wetterdienst, dass ein Ereignis wie die Dürre 2018 in- Mit dem Klimawandel steigen nicht nur die Durch-
nerhalb der beobachteten Periode noch nie vorgekom- schnittstemperaturen der Luft, auch ihre Temperatur­
men ist (DWD 2020b). Mit einer dazu erstellten Attri- extreme nehmen zu. Sie können zu direkten S ­ chäden
butionsstudie wurde berechnet, dass sich durch den an den Bäumen und zu einem Rückgang der Photosyn-
Klimawandel die Wahrscheinlichkeit für eine neuerli- these führen. Bei unzureichender Wasserversorgung
che vergleichbare Dürre um den Faktor 3 erhöht hat. entsteht zusätzlich Trockenstress. Außerdem begüns-
Ein Ereignis wie die Dürre 2018, das ohne Klimawan- tigt eine hohe Lufttemperatur zusammen mit intensi-
del höchstens alle 100 Jahre aufgetreten ist, könnte sich ver Sonneneinstrahlung die Bildung von Ozon.
somit aktuell alle 30 Jahre wiederholen (Vautard et al. Nach Smidt et al. (2007) wirkt sich Ozon auch bei
2020). Hari et al. (2020) zeigten, dass das Auftreten der Bäumen zunächst auf Zellebene aus und die Bildung
aufeinanderfolgenden Sommerdürren 2018 – 2019 in aggressiver Sauerstoffverbindungen in den Chloro-
den letzten 250 Jahren als beispiellos angesehen wer- plasten verursachen einen „oxidativen Burst“ mit ent-
den muss. Mit Hilfe von Klimaprojektionsergebnissen sprechenden Zellschädigungen und Blattverfärbun-
berechneten sie für das RCP8.5-Szenario eine Versie- gen (OSTLUFT 2013).
benfachung des Auftretens solcher aufeinanderfol- Nachfolgend sind in Abb. 12 die jährliche Anzahl
genden Dürren. Bei anderen ­Szenarien (RCP 2.6 und und Dauer von Sommertagen und Heißen Tagen
RCP 4.5) reduziert sich dieses Risiko deutlich. (­„Tropentage“) dargestellt. Mit einer Maximaltempe-
ratur ≥ 30°C werden Heiße Tage als ein Gradmesser
für Hitze­belastung verwendet (DKK 2020).

Abb. 12:  Temperaturbezogene Kenntage 1951 – 2019: Sommertage (Maximum der Lufttemperatur ≥ 25 °C)
links, Heiße Tage (Maximum der Lufttemperatur ≥ 30 °C) rechts. (Grafik: Kaspar und Friedrich 2020)

Trotz der Schwankungen zwischen den Jahren Wie die folgende Auflistung zeigt, unterscheidet sich
wird deutlich, dass die Intensität und Häufigkeit von die Häufigkeit von Heißen Tagen auch regional (hier
Sommertagen und Heißen Tagen zunehmen und ein Bundesländer).
Trend sichtbar ist. Gemessen an der Trendlinie nahm
von 1950 bis 2020 die Anzahl an Sommertagen von
20 auf mehr als 40 Tage pro Jahr zu. Die Anzahl Hei-
ßer Tage hat sich sogar verdreifacht. Betrachtet man
nur die letzten beiden Jahre 2018 und 2019, wäre der
Anstieg bundesweit von 3 auf 17 bzw. 20 Heiße Tage.

13
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Tab. 1:  Anzahl Heißer Tage pro Jahr in den Bundesländern und Gesamtdeutschland im langfristigen Mittel 1961 – 90 und 1991 – 2020. Eigene
Datenauswertung aus https://opendata.dwd.de (239 Klimastationen)

BW BY BB HE MV NI NW RP SL SA SAA SH TH D
1961 – 1990 5 4 6 4 3 3 4 5 4 5 6 2 3 4
1991 – 2020 10 9 12 9 6 7 8 10 10 10 11 4 8 9

In den küstennahen Bundesländern Mecklenburg- Hitzeperioden mit einem mittleren Tagesmaximum


Vorpommern und Schleswig-Holstein sind Heiße Tage der Lufttemperatur von mindestens 30 °C wurden in
in den letzten 30 Jahren am seltensten. Eine überdurch- Hamburg vor 1994 nie verzeichnet. Seitdem gab es
schnittlich hohe Anzahl kann dagegen inzwischen in dort bereits fünf solcher Ereignisse (DKK 2020).
Baden-Württemberg, Brandenburg, Rheinland-Pfalz,
dem Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt vermerkt Projektion in die Zukunft
werden.
Mit der Zunahme Heißer Tage steigt die Gefahr von Aufgrund der vorhandenen und weiter fortschreiten-
Hitzewellen. Eine Hitzewelle ist eine mehrtägige Peri- den Erwärmung wird das Auftreten hoher Lufttempe-
ode mit ungewöhnlich hoher thermischer Belastung, raturen und neuer Temperaturrekorde als sehr wahr-
die in unseren Breiten oft im Zusammenhang mit an- scheinlich eingeschätzt (DWD 2020b). Ebenfalls als
dauernden sommerlichen Hochdrucklagen auftre- wahrscheinlich gilt, dass das Auftreten Heißer Tage
ten (DWD 2020a). Sie werden seit den 1990er-Jahren häufig auch mit längeren Hitzewellen verbunden sein
immer zahlreicher (DWD 2020b). wird. Gemäß DWD (2020b) zeigen die Ergebnisse der
Die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Hitzewelle regionalen Klimaprojektionen dafür klare Hinweise.
liegt für Deutschland derzeit zwischen 10 – 30 Jah- Es wird erwartet, dass die Anzahl Heißer Tage beson-
ren, ohne Klimawandel wäre dieser Zeitraum um ein ders im süddeutschen Raum stark zunimmt. Je näher
Vielfaches länger (DWD 2020b). Selbst in den Küs- ein Gebiet an der Küste liegt, desto weniger Heiße
tenregionen hat sich die Häufigkeit und Intensität Tage sind zu erwarten (Abb. 13).
von Hitzewellen deutlich verändert. Vierzehntägige

2030 – 2060 2070 – 2100

Abb. 13:  Änderung der Anzahl Heißer Tage zum Normalwert (Durchschnitt 1971 – 2000) Emissionsszenario RCP4.5
Ensemble von bis zu 21 ­Klimamodellen.1 (Grafik: https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaatlas/klimaatlas_node.html)

1 Die Ergebnisse aller Modelle werden der Größe nach geordnet. Bei den dargestellten Perzentilen werden somit 85 Prozent der
­Modellergebnisse abgedeckt, wohingegen mögliche Extremwerte nicht dargestellt werden.

14
1.1 Entwicklungen und Projektionen der Klimaänderungen 

In den Sommerhalbjahren 2003 und 2018 wur- werden können, zeigen die Lufttemperaturdaten aus
den in Mitteleuropa Temperaturrekordwerte erreicht. der Schweiz und modellhaften Annahmen einer zu-
Wie diese Werte historisch und zukünftig eingeordnet künftigen Temperaturentwicklung (Abb. 14).

Abb. 14:  Gemessene und modellierte Sommertemperaturen April-September in der Schweiz. Die gemessenen Werte basieren auf der durchschnittli-
chen Lufttemperatur an vier homogenisierten MeteoSchweiz-Stationen (Basel, Bern, Genf und Zürich). Die glockenförmigen Kurven sind Gauß‘sche
Anpassungen. Die Darstellung stellt eine Aktualisierung aus einer früheren Veröffentlichung dar (Schär et al. 2004 verändert von Rigling 2021).

Die beiden Extremsommer bilden den Modellan- Das Austriebverhalten der frostgefährdeten Buche
nahmen nach zukünftig die durchschnittlichen Tem- kann als ein Indiz zunehmender Spätfrostgefähr-
peraturverhältnisse der Luft im Sommerhalbjahr ab dung einer typischen Hauptbaumart gesehen werden.
und es wird angenommen, dass bisher nie erreichte Deutschlandweite Beobachtungen der Buchenphäno-
Durchschnittstemperaturen von 19 bis 20 °C auftreten logie (DWD 2020c) zeigen, dass der Austrieb, gemes-
könnten. sen am linearen Trend, heute 10 Tage früher erfolgt
als Anfang der neunziger Jahre (Abb. 15).
1.1.3.3 Spätfrost
Projektion in die Zukunft
Spätfrost ist Frost, der nach Beginn der Vegetationspe-
riode auftritt. Spätfrostgefahr besteht in vielen Regio- Ob sich mit dem Klimawandel das Spätfrostrisiko ver-
nen Deutschlands bis zu den Eisheiligen, also Mitte Mai ändert, hängt davon ab, ob sich der Zeitpunkt des Vege-
(DWD 2020a). Defekte entstehen durch un­zureichende tationsbeginns oder das Datum des letzten Spätfrosts
Frosthärtung mit nachfolgenden Frostschäden wie zeitlich stärker in Richtung Jahresbeginn bewegen.
beispielsweise Erfrierungen an Knospen, Blüten, Blät- Nach Angaben der Helmholtz-Gesellschaft im Regi-
tern und Trieben, Aufplatzen der Rinde oder Holzris- onalen Klimaatlas Deutschland ist die Änderung des
sen. Als besonders spätfrostgefährdet gelten unter den letzten Frosttages im Frühjahr bis 2045 im Vergleich
heimischen Baumarten Esche, Trauben-­Eiche, Rotbu- zu heute unklar und es bestehen große Spannbreiten
che und Weißtanne (Bartsch et al. 2020). Als Folge zwischen den Klimamodellen. Als mögliche mittlere
davon kann beispielsweise das mittlere Durchmes- Änderung werden -9 Tage angegeben. Die ­Angaben
serwachstum von Buchenbeständen durch Spätfrost zum Vegetationsbeginn werden ähnlich unsicher
um mehr als 90 % gegenüber dem durchschnittlichen eingestuft, er läge im Mittel allerdings bei -15 Tagen
Wachstum reduziert werden (Dittmar et al. 2006). (Helmholtz-Gesellschaft 2020). Für Apfelbäume konn-
Scheifinger et al. (2003) sahen Anfang des Jahrhun- ten Pfleiderer et al. (2019) zeigen, dass es zukünftig
derts noch ein abnehmendes Spätfrostrisiko durch in einigen Regionen Deutschlands zu einer spürbaren
eine schnellere Verschiebung der Spätfrostereignisse Zunahme des Risikos von Frostschäden kommen wird.
im Vergleich zur Pflanzenphänologie. Dagegen berich- Als einen Schwerpunkt nennen sie Süddeutschland.
ten Liu et al. (2018), dass mittlerweile in Europa die Zohner et al. (2020) schätzen, dass zukünftig, bezo-
Frosttage innerhalb der Vegetationsperiode bei gleich- gen auf die Waldfläche der gemäßigten Zone, in Eu-
zeitig zunehmender Periodenlänge häufiger werden. ropa auf 35 % und in Nordamerika auf 10 % Spätfrost-
Die Ergebnisse von Schulze et al. (2020) zu Frostschä- schäden häufiger auftreten. Sie begründen dies mit
den der Buche in montanen Lagen in Ostdeutschland der schnellen Reaktion der europäischen Baumarten
bestätigen diese Resultate. auf eine Erhöhung der Lufttemperatur. Baum­ arten

15
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

des östlichen Nordamerikas hätten dagegen eher  einen länge als durch die Lufttemperatur kontrolliert wird.
späteren Blattaustrieb, der stärker durch die Tages-

10

5
Abweichung vom Mittel in Tagen

0
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
-5

-10

-15

Abb. 15:  Blattentfaltung der Rotbuche 1992 – 2020 in Deutschland. Tägliche Abweichung vom mittleren Beobachtungstermin dem 23.April.
Daten: Deutscher Wetterdienst

1.1.3.4 Starkregen können. Andererseits soll in tieferen Lagen das Rück-


halte- und Versickerungspotenzial des Waldes zur
Von Starkregen spricht man bei großen Nieder- Starkregenvorsorge für urbane Räume genutzt wer-
schlagsmengen je Zeiteinheit, die aus zumeist konvek- den (Jensen 2020).
tiver Bewölkung fallen (DWD 2020a). Der Deutsche Für das europäische Festland weisen Fischer und
Wetterdienst warnt vor Unwettern mit Starkregen, Knutti (2016) nach, dass Starkniederschläge in ihrer
wenn Niederschlagsmengen von mehr als 25 mm Intensität und Häufigkeit zugenommen haben. Auch
in 1 Stunde oder 35 mm in 6 Stunden zu erwarten Auswertungen von Radardaten, die erst seit Anfang
sind (DWD 2018). Starkregen ist kaum vorhersagbar, des Jahrhunderts zur Verfügung stehen, deuten da-
kann überall auftreten und führt zu schnell anstei- rauf hin, dass Starkregenereignisse in Deutschland
genden Wasserständen bis hin zu Überschwemmun- in den vergangenen Jahren zumindest regional ver-
gen (LAWA 2018). Im Wald ist bei einer zunehmenden mehrt aufgetreten sind (LAWA 2018). Allerdings ist
Häufung von Starkregenereignissen mit einem ver- die Zeitreihe für belastbare Trendaussagen zu kurz.
mehrten Oberflächenabfluss inklusive Bodenerosion Gemäß DWD (2020b) gibt es Hinweise auf einen frü-
(LAWA 2018), anaeroben Bedingungen bei Staunässe, heren Beginn und späteres Ende der Saison mit kon-
aber auch nach Trockenheit mit einer geringeren vektiven Starkregenereignissen mit gleichzeitig stär-
Durchfeuchtung des Bodens, damit zu einer sinken- kerer Ausprägung.
den Wasserverfügbarkeit für die Bäume und insge- Eine Analyse der täglichen Niederschläge zeigt für
samt mit einer Verschlechterung des Geländewasser- den Zeitraum 1951‒2006 eine Zunahme der Tage mit
haushalts zu rechnen. hohen Niederschlagsmengen um ca. 25 % im Winter
Besonders in Hoch- und Mittelgebirgslagen ist wobei große regionale Unterschiede zu beobachten
durch Starkregen vermehrt mit Hangrutschungen und sind (DWD 2020b). So gibt es in Nordostdeutschland
Steinschlag zu rechnen, die wiederum forstliche Inf- und an den Küsten deutlich weniger Starkregenereig-
rastruktur wie Forstwege oder Brücken beschädigen nisse als in Süddeutschland. Die Jahreszeiten Frühjahr

16
1.1 Entwicklungen und Projektionen der Klimaänderungen 

und Herbst weisen einen leicht ansteigenden Trend Rate an (KLIWA 2019). Starkregenereignisse werden
auf. Für den Sommer lassen sich derzeit mit den vor- in Deutschland dadurch wahrscheinlich an Häufigkeit
handenen Beobachtungsdaten und den bekannten und Intensität zunehmen (LAWA 2018). Die aktuelle
Methoden keine Trends der Anzahl von Tagen mit Generation regionaler Klimamodelle zeigt dazu einen
hohen Niederschlagsmengen identifizieren. Es gilt entsprechenden Trend. Aufgrund der zu groben Auf-
aber als sicher, dass die Höhe extremer Niederschläge lösung können aber keine detaillierten lokalen Anga-
im Winter deutlich geringer ausfällt als im Sommer ben geliefert werden (DWD 2020b).
(DWD 2020b). Im Hinblick auf zukünftige Änderungen von kon-
vektiven Starkniederschlagsereignissen sind insbe-
Projektion in die Zukunft sondere Projektionen mit sogenannten konvektions-
erlaubenden Modellen vielversprechend (KLIWA
Es wird von einer weiteren Zunahme der globalen Luft- 2019). Entsprechende Berechnungen auf Basis des
temperatur ausgegangen, mit der Folge, dass die Atmo- Emissionsszenarios RCP8.5 zeigen in Abb. 16 im Som-
sphäre mehr Wasserdampf aufnehmen und damit po- merhalbjahr im Zeitraum 2071 – 2100 im Vergleich
tenziell mehr Niederschlag fallen kann (KLIWA 2019). zum Zeitraum 1971 – 2000 für Süddeutschland eine
Die Zunahme der Wasserdampfmenge beträgt dabei Zunahme der Niederschlagsintensitäten für kurze
ca. 7 % pro °C Erwärmung. Auch die Intensität von Dauerstufen (Laube et al. 2017).
Niederschlagsereignissen steigt mit vergleichbarer

Abb.16:  Mittlere Änderung der Anzahl der Tage mit Niederschlägen > 20 mm, gemittelt über Deutschland für den Zeitraum 2070 – 2100 im
­Vergleich zu 1971 – 2000 pro Jahr, Szenario RCP8.5. In blau sind Zunahmen, in Rot Abnahmen dargestellt. Zurückgezogene Projektionen wurden
rot durchgestrichen (HLNUG 2018 in KLIWA 2019).

1.1.3.5 Sturm und Sturmböen Lagen in den Mittelgebirgen und Alpen (Pinto und
Reyers 2017).
Als Sturm werden Winde mit Geschwindigkeiten von Maßgebliche Größen der Sturmstatistik sind Häu-
mindestens 75 km/h bezeichnet. Zum Orkan wird figkeit, Intensität und räumliches Auftreten von Stür-
er mit einer Windgeschwindigkeit von mehr als 118 men. Daneben spielt für die Forstwirtschaft aufgrund
km/h (DWD 2020a). Sturmböen sind dagegen kurze des unterschiedlichen Schadensrisikos und des Ri-
starke Windstöße, die bis maximal 20 Sekunden an- sikos von Borkenkäferkalamitäten auch die Jah-
halten. Die Böengeschwindigkeiten zeigen dabei ein reszeit eine Rolle. Zudem sind die weiteren Witte-
ähnliches räumliches Muster wie der mittlere Wind, rungsbedingungen vor oder während eines Sturms
also mit hohen Werten über dem Meer und einer Ab- relevant. Selbst wenn kein extremer Sturm vorliegt,
nahme landeinwärts mit Ausnahme der höheren können in Verbindung mit Starkregen und massiver

17
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Bodendurchfeuchtung gravierende Windwurfschä- Stürmen über der nordatlantisch-europäischen Re-


den im Wald entstehen (Gömann et al. 2015). Stei- gion aus (Albrecht et al. 2008). Besonders stark ist die
gende Wintertemperaturen verlängern die Dauer Nordatlantische Oszillation in den Wintermonaten, in
nicht gefrorener Bodenverhältnisse und verringern einem Zeitraum also, in dem die Druckunterschiede
somit die Wurzelverankerung von Bäumen in Regio- zwischen „Islandtief“ und „Azorenhoch“ besonders
nen, in denen der Boden im Winter gewöhnlich gefro- groß sein können. Durch die entstehenden Tiefdruck-
ren ist (Lindner und Rummukainen 2013). gebiete und außertropische Zyklonen in mittleren
Nach Angaben von Albrecht et al. (2008) waren Breiten treten die stärksten Winde und Böen in Nord-
Stürme von 1950 bis 2000 für über 50 % der durch und Mitteleuropa auf.
abiotische Schadursachen angefallenen Schadholz- Außertropische Zyklonen verursachen dabei den
menge in Europa verantwortlich. Mit Blick auf die Großteil von extremen Wetterereignissen wie Stark-
hohen Schadholzmengen in den letzten 20 Jahren niederschläge, Sturmböen, Überflutungen oder Sturm-
wird häufig vermutet, dass der Klimawandel bereits fluten (Pinto und Reyers 2017). Das Gebiet im Nordat-
zu einer möglichen Änderung der Sturmhäufigkeit lantik, in dem außertropische Zyklonen in Richtung
und -intensität geführt hat. Markante Stürme sind al- Europa ziehen, wird nordatlantischer „storm track“
lerdings seltene Ereignisse und somit nur mit langen genannt. Für Pinto und Reyers (2017) bildet daher
Zeitreihen statistisch zu bewerten, die oftmals nicht eine Verlagerung dieses Gebietes in der Vergangen-
in ausreichendem Maß vorliegen (DWD 2020b). Alb- heit und in einem zukünftigen Klima eine Möglich-
recht et al. (2008) kommen bei einer umfangreichen keit zur Bewertung der Auswirkung des Klimawan-
Literaturstudie zum Ergebnis, dass es zumindest bis dels auf die für Deutschland relevanten Zyklonen. Als
2008 keine klaren meteorologischen Hinweise auf Fazit für das gegenwärtige Klima ziehen Pinto und
eine deutliche Zunahme von Stürmen gäbe. Dahinge- Reyers (2017), dass für Deutschland bisher kein kla-
gen zeichne sich trotz widersprüchlicher Forschungs- rer Trend hinsichtlich der Zyklonenaktivität gefunden
ergebnisse eine Tendenz hin zu selteneren mittleren, werden konnte. Die zwischenjährlichen und dekadi-
aber häufigeren heftigen Stürmen ab. Auch Lindner schen Schwankungen erwiesen sich als deutlich stär-
und Rummukainen (2013) merken an, dass die Sturm- ker als ein möglicher langzeitlicher Trend.
häufigkeit im Gegensatz zu den Spitzengeschwindig-
keiten der Stürme nicht zugenommen hat. Projektion in die Zukunft
Regionale Auswertungen liegen für Level-II-Dauer-
beobachtungsflächen in Brandenburg vor. Demnach Im Zuge des Klimawandels erwarten Pinto und Reyers
ist dort seit 1968 eine fallende Tendenz der Sturm- (2017), dass sich die Sturmzugbahnen in Richtung Eu-
häufigkeit zu verzeichnen und starke Sturmereignisse ropa verschieben und dadurch häufiger starke Zyklo-
wurden immer seltener (Forst Brandenburg 2016). nen auftreten werden. Sie vermuten, dass die Wieder-
Eine weitere Möglichkeit um Aussagen über die lang- kehrperiode starker Zyklonen über der Nordsee und
fristige Entwicklung der Windgeschwindigkeiten und Westeuropa sich verkürzen wird, allerdings bei einer
des Auftretens von Stürmen der letzten hundert Jahre gleichzeitigen Verringerung der Gesamtzahl an Zyklo-
abzuleiten, ist die Betrachtung des geostrophischen nen bis zum Ende des Jahrhunderts. Jahreszeitlich ge-
Windes, der nicht auf gemessenen Windgeschwindig- sehen sollen die Zyklonen vor allem im Winter zuneh-
keiten, sondern auf einer Auswertung von Luftdruck- men, während es im Sommer eher zu einer Abnahme
differenzen beruht (DWD 2020b). Gemäß Angaben kommen könnte.
des Deutschen Wetterdienstes ist mit dieser Methode Räumlich gesehen wird als wahrscheinlich angese-
mittels Wetterstationsdaten aus der Deutschen Bucht hen, dass bereits ab Mitte des 21. Jahrhunderts mehr
historisch kein statistisch signifikanter Trend bei Starkwindereignisse und starke Böen über der Nord-
den Windgeschwindigkeiten erkennbar. In topogra- see und Nordwestdeutschland auftreten werden. Für
phisch bewegtem Gelände kann allerdings die Wind- andere Gebiete in Deutschland bestehen große Unsi-
geschwindigkeit aus Luftdruckdaten nicht immer ver- cherheiten, tendenziell werden aber nur geringe Än-
lässlich abgeleitet werden (Albrecht et al. 2008). derungen im Vergleich zum gegenwärtigen Klima er-
Die Großwetterlagen in Europa werden von Tief- wartet (Abb. 17).
druckgebieten über Nordeuropa („Islandtief“) und
Hochdruckgebieten über Südeuropa („Azorenhoch“)
geprägt. Dabei beschreibt die Nordatlantische Oszilla-
tion die Schwankung des Luftdruckunterschieds zwi-
schen diesen beiden Gebieten. Die Oszillation ist das
ganze Jahr präsent und übt den größten Einfluss auf
die Zirkulationsmuster und damit die Zugbahn von

18
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

Abb. 17:  Ensemble-Ergebnisse aus sieben regionalen Klimamodellen (RCM)


Links: Relative Änderung der mittleren Böe mit einer Wiederkehrperiode von 10 Jahren für den Zeitraum 2021–2050 im Vergleich zu 1971–2000
Rechts: Anzahl der RCM-Simulationen mit einer positiven relativen Änderung der Böengeschwindigkeit mit einer Wiederkehrperiode von 10 Jahren
(veränderte Grafik aus Rauthe et al. 2010)

Ob und wie sich eine geänderte nordatlantisch- Definition sind Ökosysteme komplexe Wirkungsge-
europäische Sturmaktivität zukünftig auf das Aus- füge zwischen den Individuen vieler Arten, ihrem Le-
maß an Schäden in Wäldern auswirken könnte, ist bensraum und ihren Umweltbedingungen. D. h. es
gemäß Albrecht et al. (2008) aufgrund weiterer maß- handelt sich um offene Systeme, die diversen äußeren
geblicher Faktoren wie beispielsweise Änderungen Einflüssen unterliegen und als dynamische Systeme
des Bestandsalters oder der waldbaulichen Methoden über die Fähigkeit verfügen, auf diese Einflüsse zu
schwer einschätzbar. reagieren. In welchem Maße Auswirkungen des Kli-
Größere Schäden im Wald entstanden in den letz- mawandels auf die Funktionsfähigkeit der Waldöko-
ten Jahren zudem durch Tornados. Dabei handelt es systeme zu erwarten sind, wird in den folgenden Un-
sich nach Definition des Deutschen Wetterdienstes um terkapiteln dargestellt.
„kurzlebige und räumlich stark begrenzte, rotierende
Luftmassen unter einer konvektiven Wolke, mit Bo- 1.2.1.1 Resistenz, Resilienz, und
denkontakt“. Eine Zunahme von Tornados in Deutsch- Anpassungsfähigkeit als Komponenten
land ist allerdings aufgrund fehlender historischer der Ökosystemstabilität
Daten nicht nachweisbar. Auf Basis der vorliegenden
regionalen Klimaprojektionen ist nicht abzuleiten, Die Fähigkeit von Ökosystemen, exogene Belastun-
dass Tornados zukünftig häufiger in Deutschland auf- gen und Störungen zu tolerieren, wird als ökologische
treten werden (DWD 2020b). Stabilität verstanden (Kalbe 1997, Grimm und Wis-
sel 1997). Ökologische Stabilität setzt sich aus fünf Ei-
genschaften zusammen (Van Meerbeck et al. 2021): (a)
1.2 Auswirkungen der Resistenz - die Fähigkeit, einer Änderung nach einer
Klimaänderungen auf Wälder und Störung zu widerstehen, (b) Resilienz - die Geschwin-
ihre Ökosystemleistungen digkeit, mit der ein System nach einer Veränderung
in den Ausgangszustand zurückkehrt („technische Re-
1.2.1. Struktur, Zusammensetzung, silienz“, siehe Differenzierung unten), (c) Erholung -
unterstützende die Fähigkeit, vollständig zum Ausgangszustand zu-
Ökosystemleistungen und rückzukehren, (d) Spielraum - der maximale Betrag,
Biodiversität um den eine Systemvariable verändert werden kann,
und (e) Toleranz - die Fähigkeit eines Systems, Störun-
Welche Leistungen Ökosysteme erbringen kön- gen zu tolerieren.
nen, hängt unter den Vorzeichen des Klimawandels Zu einem zentralen Element des Stabilitätskonzep-
in besonderem Maße von ihrer Fähigkeit ab, sich tes in der Ökosystemtheorie ist der Begriff der Resi-
an ändernde Umweltbedingungen anzupassen. Per lienz geworden. Als Komponente der ökologischen

19
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Gleichgewichts-Stabilität wird auch von technischer in hohem Maße von der Länge und den Bedingungen
Resilienz gesprochen (Pimm 1984, Seidl et al. 2019). der Referenzzeiträumen vor und nach einem Stresser-
Holling (1973) grenzt den Resilienzbegriff vom Begriff eignis ab (Schwarz et al. 2020).
der ökologischen Stabilität ab, da sich dynamische
Systeme in unterschiedliche Richtung entwickeln kön-
nen, und dennoch ihre Funktionsfähigkeit behalten.
Basierend auf Holling (1973) und Walker et al. (2004)
Resilienz
vor der Dürre (pre) nach der Dürre (post)
hat sich daher der Begriff der ökologischen Resilienz

Grundflächenzuwachs (GZ)
etabliert, der die Kapazität eines Systems beschreibt, Baumart A
Störungen zu absorbieren, ohne die systemimmanen- Baumart B
ten Funktionen, Strukturen und Prozesse zu verän-
dern (Seidl et al. 2019). Erholung
Resistenz
Wird das Konzept der ökologischen Resilienz auf
sozioökologische Systeme angewendet, wird von so-
zioökologischer Resilienz gesprochen, in der als zu-
Trockenjahr (TJ)
sätzliche Dimension die soziale Anpassungsfähigkeit
hinzukommt, also die Fähigkeit, auf externe Stres-
soren und Störungen mit sozialem oder politischem
Wandel in einer Weise zu reagieren, die die Funkti-
Zeit
onsfähigkeit erhält (Folke 2006, Seidl et al. 2019). Die
drei genannten Resilienz-Konzepte beschreiben zu- Abb. 18:  Resistenz, Erholung und Resilienz demonstriert am Beispiel
nehmende Komplexität und stehen daher nicht unbe- der Wachstumsreaktion zweier unterschiedlicher Baumarten in Bezug
dingt im Widerspruch zueinander, sondern können auf ein Trockenstressereignis (modifiziert von Lloret et al. 2011).
als komplementär angesehen werden (Nikinmaa et al. ­Resistenz = GZ_TJ/GZ_pre, Erholung = GZ_post/GZ_TJ, Resilienz =
GZ_post/GZ_pre; wobei GZ = Grundflächenzuwachs, pre = vor dem
2020). Da sich unsere Waldökosysteme unter dem Ein-
­Trockenjahr, TJ im Trockenjahr, post = nach dem Trockenjahr
fluss des Klimawandels dynamisch verändern und da-
rauf durch Anpassungen in der Waldbewirtschaftung
reagiert werden muss, ist die sozioökologische Resili- Die baumartenspezifische Ausprägung von Resis-
enz für dieses Gutachten ein wichtiges Konzept. tenz und Resilienz sind das Resultat unterschiedlicher
Wie oben dargestellt sind Resistenz und Resilienz ökophysiologischer Strategien infolge evolutiver Pro-
zwei Systemeigenschaften, die die ökologische Stabili- zesse (Breda et al. 2006). Heimische Baumarten haben
tät charakterisieren. Der Unterschied der Begriffe Re- sich im Laufe der Evolution und nach der letzten Eis-
sistenz und Resilienz kann unter anderem durch den zeit in ihren jetzigen Verbreitungsgebieten an die sich
Vergleich des Wachstums unterschiedlicher Baumar- latent ändernden Klimaverhältnisse angepasst und
ten vor und nach einem Trockenstressereignis veran- konnten so ein breites Spektrum von Witterungsextre-
schaulicht werden (Lloret et al. 2011; Abb. 18). Die Re- men überleben – sonst wären sie heute nicht mehr an
sistenz ist ein Maß für die Reduktion des Wachstums den Standorten vorhanden. Die aktuellen Klimaverän-
in einer Trockenphase gegenüber dem Wachstumsni- derungen erfolgen allerdings wesentlich schneller als
veau in der Phase vor der Trockenheit. Je höher die in der Vergangenheit (Salinger 2005).
Trockenstress-Resistenz einer Baumart ist, desto we- Gleichzeitig wird die natürliche Sukzession und
niger verringert sich das Wachstum in der Trocken- Anpassung innerhalb der Verbreitungsgebiete durch
phase. In diesem Fall wäre Baumart A resistenter als die Fragmentierung der Landschaft begrenzt (Milad et
Baumart B. Die Erholung beschreibt den Umfang, in al. 2011). Daher ist es wichtig, die unterschiedlichen
dem sich das Wachstum gegenüber dem Niveau im Komponenten der Anpassungsfähigkeit zu verstehen.
Trockenjahr wieder erhöht. Hier wäre die Erholung Neben der geographischen Verbreitung der Arten
in Baumart B höher als in Baumart A. können sich mit dem Klimawandel auch die Konkur-
renzverhältnisse zwischen den Baumarten, die un-
Die Resilienz der Baumart auf Trockenstress be- terschiedliche physiologische Amplituden aufweisen,
schreibt in welchem Maße das Wachstum nach dem verschieben (Arend et al. 2016; Liang et al. 2017)
Stress­ereignis wieder das Niveau des Wachstums vor Die ökologische Resilienz des Ökosystems wird
der Trockenheit erreicht. In diesem Fall wäre die Re- stark von der Diversität auf unterschiedlichen Ebe-
silienz beider Baumarten < 1, da in beiden Fällen das nen (Biozönose, Population, Individuum) beeinflusst
Wachstum nach Trockenheit geringer ist als vorher, (Thompson et al. 2009). Mischbestände aus Baumar-
die Resilienz wäre aber höher in Baumart A als in ten mit komplementären ökologischen Strategien er-
Baumart B. Die Quantifizierung dieser Indizes hängt höhen die Resilienz, weil die Arten auf Stress und die

20
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

künftig möglichen Klimabedingungen unterschiedlich Populationsgröße. In der Praxis wird hierfür die gene-
reagieren (Bauhus et al. 2017a). Wenn einzelne Arten tische Vielfalt von Individuen und Populationen an-
ausfallen, verbleiben besser angepasste Arten im Sys- hand von genetischen Markern und Indizes bewertet
tem. Die ökologische Resilienz wird so durch die spe- (genetische Diversität).
zifische Anpassungsfähigkeit der Individuen, als die Während die genetische Vielfalt auf der Indivi-
„reagierenden“ Elemente des Systems, der Populatio- dualebene auf fortwährende Mutationen und sexu-
nen und der Artengemeinschaften in ihrer Wechselbe- elle Rekombination zurückgeführt wird, beeinflus-
ziehung getragen und begrenzt (Kätzel 2010). sen auf der Populationsebene weitere Prozesse wie
Auf der Ebene der Individuen wird deren aktuelle genetischer Drift, Selektion und natürliche Migration
Angepasstheit an die jeweiligen Umweltbedingungen von Individuen aus anderen Populationen die gene-
u. a. durch ihre Vitalität, Wuchsleistung, Überlebens- tische Diversität und damit die Anpassungsfähigkeit
fähigkeit und Reproduktion sichtbar. Diese – auch im der Population. Unterschiedliche genetische Prädispo-
forstlichen Monitoring erfassten Indikatoren – sind sition beispielsweise auf Trockenstress wurde kürz-
wesentliche phänotypische Merkmale. Die phänoty- lich beim Vergleich von geschädigten und gesunden
pischen Eigenschaften werden maßgeblich durch die Buchen nachgewiesen (Pfenninger et al. 2021). Solche
sogenannte „genetische Reaktionsnorm“ bestimmt, genetischen Merkmale beeinflussen die Anpassungs-
die den anpassungsrelevanten Teil des Genotyps be- fähigkeit der Baumarten. Mit Hilfe der identifizierten
schreibt. Damit Organismen (über)leben können, genetischen Marker könnten genetische Analysen in
muss der durch die genetische Reaktionsnorm be- Zukunft helfen, trockenresistentere Samenbäume für
stimmte Toleranzbereich innerhalb der Amplituden die Pflanzenzucht auszuwählen. Mit der Mischung
der Umweltfaktoren liegen (Stearns und Koella 1986). von Baumarten erhöht sich die Gesamtheit der gene-
Bezogen auf Gehölze beschreibt die Amplitude der An- tischen Varianten im Ökosystem noch einmal erheb-
passung den Toleranzbereich, der z. B. die Baumarten- lich. Hier setzen auch die Möglichkeiten aktiver Steu-
wahl unter den sich ändernden standörtlichen Bedin- erungsmöglichkeiten durch die Waldbewirtschaftung
gungen bestimmt (bzw. begrenzt) (Reed et al. 2010). ein (z. B. Assisted Migration, Mischungsregulationen),
Neben der genetischen Determinante, die im We- die in Kapitel 3.1.1 behandelt werden.
sentlichen durch Mutationen variiert wird, gelangen
zunehmend auch epigenetische Prozesse in den Fokus 1.2.1.2 Standorteignung und Grenzen der
von Anpassung. Durch epigenetische Prozesse kön- Klimaanpassung einzelner Baumarten,
nen Organismen wesentlich schneller auf Umweltbe- Verschiebungen der Artenareale und
dingungen reagieren und auch an extreme Bedingun- Veränderungen der Baumartenzusam-
gen konditioniert werden (Bräutigam et al. 2013). Ob mensetzungen
die dabei neu entstehenden (Epi-)Geno-/Phänotypen
einen größeren Toleranzbereich entwickeln, zeigt sich Die Baumarten Mitteleuropas haben unterschiedli-
in der Auseinandersetzung mit den einwirkenden Se- che Klima- und Standortsansprüche (Thomas 2018)
lektionsfaktoren (Hitze, Trockenheit, Pathogene etc.). und weisen deutliche Unterschiede hinsichtlich ihrer
Mit der Vielfalt unterschiedlicher individueller Re- Trockenheitstoleranz auf (Zang et al. 2011, Klein 2015,
aktionsnormen innerhalb eines Ökosystems steigen Dyderski et al. 2018). Die natürliche Baumartenver-
die Möglichkeiten der Anpassung. Somit ist die Wahr- breitung resultiert aus den physiologischen Stand-
scheinlichkeit (insbesondere extreme) vielfältige Um- ortansprüchen der Arten, den Konkurrenzverhält-
welteinflüsse zu ertragen, umso höher, je vielfältiger nissen zu anderen Arten sowie dem Störungsregime
das „Gegenangebot“ der Natur ist. Solange physio­ und den Möglichkeiten der Arten, den Standort zu be-
logische und genetische Prozesse eine Anpassung siedeln (Huston und Smith 1987; Bartsch und Röh-
an Umweltbedingungen ermöglichen, ist das Risiko rig 2016). Auf Standorten mit mittlerer bis guter Was-
des  „Nicht­angepasstseins“ gering (Kätzel 2008; Reed ser- und Nährstoffversorgung kann eine große Anzahl
et al. 2010). von Baumarten gedeihen, aber im Konkurrenzkampf
Damit ist die Anpassungsfähigkeit auf der Ebene setzen sich langfristig insbesondere wuchskräftige,
der Populationen von der Vielfalt an vorhandenen schattentolerante und selber schattenbildende Arten
Genotypen einer Reproduktionseinheit (Population) durch. In Mitteleuropa ist auf solchen Standorten die
abhängig. Um die Überlebensfähigkeit von Gehölz- Buche sehr konkurrenzstark.
populationen zu erhöhen, muss den (extremen) Um- Auf sehr nährstoffarmen oder auch sehr nähr-
weltfaktoren eine möglichst große Anzahl genetisch stoffreichen, kalten, trockenen oder deutlich staunas-
diverser Individuen gegenübergestellt werden („Der sen Standorten fällt die Buche in ihrer Wachstums-
Evolution Futter bieten“). Eine wichtige Grundlage für kraft zurück gegenüber anderen Arten, die an ihrer
die genetische Vielfalt auf der Ökosystemebene ist die Stelle solche Standorte natürlich dominieren können

21
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

(Ellenberg und Leuschner 2010). Je nach Höhenstufe et al. 2014).


der Vegetation können weitere limitierende Fakto- Trockenheits- und hitzeempfindliche Arten, die
ren hinzukommen (z. B. Schneelast, Spätfrost und ver- gleichzeitig kältetolerant sind, werden zunehmend
kürzte Vegetationszeit; Thomas 2018). Durch den Kli- nach Norden und in höhere Bergzonen zurückge-
mawandel verändern sich die Standortsverhältnisse: drängt und an ihren ursprünglichen Standorten
Ansteigende Temperaturen und sich ändernde Nie- durch andere Arten ersetzt. Entlang der warm-tro-
derschlagsmengen und -verteilung mit häufigeren, ckenen Verbreitungsgrenze kann durch erhöhten Tro-
bzw. auch länger andauernden Trocken- und Hitze- ckenstress die Baum-Mortalität ansteigen bis zum
perioden beeinflussen das Baumwachstum, das na- flächendeckenden Absterben. Die Bäume reagieren
türliche Störungsregime (z. B. durch Förderung von auf Trockenstress in der Folge mit Anpassungen, die
Schadinsekten, Pathogenen und Feuer) und das Kon- Leuschner (2008) als multiskaligen Prozess beschreibt
kurrenzverhältnis zwischen den Baumarten (Lindner (Abb. 19).

Änderung der Artenzusammensetzung


Erhöhte Mortalität der Altbäume
Ökosystemebene Ausbleibende Verjüngung
Reduktion der Bestandesblattfläche
Reduzierte Bestandesleitfähigkeit
Verkürzte Belaubungsperiode
Organ- und Baumebene
Verringerter Stammzuwachs

Veränderte Kohlenstoff-Allokation
Veränderte Blatt- und Wurzelmorphologie

Cavitation im Leitgewebe
Genetische, biochemische und Trockenheitsinduzierter Stickstoffmangel
physiologische Ebene Stomatäre und biochemische Limitierung der Photosynthese
Osmotisches Adjustment

Änderung der Zellwandelastitität


Stomaschluß
Durch ABA induzierte Genexpression: Synthese von Dehydrinen und Osmotinen

Abb. 19:  Anpassung an Trockenheit als multiskaliger Prozess; aus Leuschner (2008).

Zum Vergleich der Trockenheitsresistenz werden Bei den wichtigsten Laubbaumarten gelten die Ei-
neben der Mortalität Parameter wie Jahrringwachs- chen- und Ahornarten als am trockenheitsresistentes-
tum, Artverbreitungsgrenze oder das Blattwasserpo- ten (Roloff und Grundmann 2009). Als ein Indiz gilt
tenzial herangezogen. Roloff und Grundmann (2009) unter anderem die schnellere Regeneration des Ei-
bewerteten die Baumarten anhand einer umfangrei- chenwachstums im Vergleich zur Buche nach Dürre-
chen Literaturstudie. Sie nennen als Trockenheitsab- ereignissen (Meinardus und Bräuning 2011). Über die
folge die Kiefer als resistenteste Nadelbaumart, gefolgt Trockenheitsempfindlichkeit der Buche bestehen un-
von Lärche, Douglasie und Tanne. Für die wichtigsten terschiedliche Einschätzungen (Rennenberg et al.
Nadelbäume berechneten Thurm et al. (2020) die Tro- 2004, Ammer et al. 2005, Leuschner 2020), wobei of-
ckenheitsresistenz mit Hilfe von Modellen zur Artver- fensichtlich deutliche Unterschiede zwischen den Bu-
breitung, Höhenwachstum, Überlebenswahrschein- chenherkünften bestehen (Bolte 2016) und sogar in-
lichkeit und Jahrringsensitivität. Ihren Ergebnissen nerhalb eines Bestandes auftreten können (Pfenninger
nach wäre Douglasie in Deutschland die mit Abstand et al. 2021). Die Überlagerung von Trockenheits- und
trockenresistenteste Nadelholzbaumart gefolgt von Fruktifikationseffekten erschweren dabei die Inter-
Waldkiefer, Europäischer Lärche und Weißtanne. Der pretation des Durchmesserwachstums als Indikator
Fichte wird in der Literatur einstimmig die geringste (Krüger et al. 2020).
Trockenheitsresistenz zugeschrieben. Auch den bisher seltenen Baumarten wie z. B. Speier­

22
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

ling, Elsbeere, Spitz- und Feldahorn, die von Natur aus und massive Borkenkäferkalamitäten bedrängen sie
eher an trocken-warmen Standorten zu finden sind, in weiten Teilen ihres vom Menschen künstlich aus-
wird eine höhere Trockenheitstoleranz zugesprochen geweiteten Verbreitungsgebiets (Hlasny et al. 2021).
als der Rotbuche (Kunz et al. 2018). Auch den bisher Rückzüge von Baumarten entlang der Trockengrenze
seltenen Baumarten wie z. B. Speierling, Elsbeere, von Arten wurden bereits seit einigen Jahren auf der
Spitz- und Feldahorn, die von Natur aus eher an tro- Alpensüdseite im Wallis dokumentiert (Bigler et al.
cken-warmen Standorten zu finden sind, wird eine 2006, Rigling et al. 2013). Ähnliche Probleme treten
höhere Trockenheitstoleranz zugesprochen als der inzwischen auch im Oberrheingraben und auf konti-
Rotbuche (Kunz et al. 2018). nentalen Standorten im Osten Deutschlands auf. Ge-
Unabhängig davon ist die Trockenheitstoleranz als genläufig erfolgt mit der Klimaerwärmung die Aus-
alleiniges Kriterium nicht geeignet, um die Standorts- breitung von Laubhölzern in höhere Lagen und die
tauglichkeit und darüber hinaus die Eignung einer Verschiebung der Baumgrenze (Cudlin et al. 2017). Die
Baumart zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele im zu erwartende Verschiebung von Baumartenverbrei-
Klimawandel zu bewerten. Dies geschieht am besten tungen und Standortseignung der Baumarten werden
anhand multikriterieller Verfahren, wie sie z. B. von seit langem mit Vegetationsmodellen simuliert (Aus-
Albrecht und de Avila (2019) angewendet wurden. Be- tin und Smith 1989, Guisan und Zimmermann 2000).
rücksichtigt man z. B. auch die Toleranz gegenüber Dabei wird aus der beobachteten, aktuellen ökologi-
Hitzestress und die Resistenz gegenüber Schadorga- schen Nische von Arten auf die zu erwartende künf-
nismen und Krankheiten, gelangt man zwangsläufig tige Verbreitung der Arten unter veränderten Kli-
zu differenzierteren Einschätzungen der Standorts- mabedingungen geschlossen (z. B. Kölling et al. 2016,
tauglichkeit der Baumarten (z. B. Bußkamp und Lan- Dyderski et al. 2018, Pecchi et al. 2019). Ein Problem
ger 2018, Rohde et al. 2019, Langer 2019). stellt dabei die mangelnde Unterscheidung zwischen
Die Baumartenzusammensetzung hat sich im Zuge der konkurrenzbedingten „realisierten“ und der phy-
der nacheiszeitlichen Waldentwicklung dynamisch siologischen Nische der Baumarten dar. Zudem fehlt
verändert und wurde in Mitteleuropa seit dem Mittel- häufig eine realistische Simulation der natürlichen
alter stark vom Menschen beeinflusst. Das Gebiet der Verbreitungsmechanismen, die in Europa durch frag-
heutigen Bundesrepublik Deutschland war zuvor im mentierte Landnutzung und Infrastruktur stark be-
Westen überwiegend mit Buche und im Osten über- hindert wird (Thuiller et al. 2005).
wiegend mit Kiefer bestockt (Hasel 1985). Für die Spät- Da nicht jedes künftige Klima bereits Vorbilder
phase des Mittelalters um 1300 herum wird das Ver- hatte und sich Klimafaktoren lokal unterschiedlich än-
hältnis von Laubholz zu Nadelholz noch auf 75 % zu dern, wird es nicht nur eine „Verschiebung“ von Wald-
25 % geschätzt (Mantel 1990, Hausrath 1936). ökosystemen, sondern auch neue Kombinationen von
Der Rückgang des Brennholzbedarfs infolge der Vegetationsgemeinschaften geben. Dabei ist auch
Verfügbarkeit von Kohle, der zunehmende Bedarf an zu berücksichtigen, dass einige Baumarten bereits
Holz zur stofflichen Nutzung sowie die Freiflächen- auf großen Flächen verloren gegangen sind (Ulmen,
bedingungen vieler Aufforstungsflächen haben in Eschen) (z. B. Enderle et al. 2017), während sich ein-
der Phase der planmäßigen Wiederbewaldung in der zelne eingeführte Arten wie der Götterbaum, Eschen-
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum vermehrten ahorn oder die Spätblühende Traubenkirsche invasiv
Anbau von Nadelholz geführt. Entsprechend betrug verbreiten können (Krumm und Viktova 2016).
das Verhältnis von Laubholz zu Nadelholz im Jahr In einer europaweiten Simulationsstudie fanden
1913 im Deutschen Reich fast umgekehrt 30 % zu 70 % Hanewinkel et al. (2013), dass der Anteil von Eichen
(Mantel 1990). Nach den Weltkriegen im 20. Jahrhun- des gemäßigten und mediterranen Klimas in Europa
dert wurden auf großen Flächen der Holzproduktion bis 2100 von 20 % auf mindestens 50 % zunehmen und
dienende Nadelholzbestände gepflanzt, vor allem aus sich der Anteil von Fichten und Kiefern von derzeit
Fichte und Kiefer. Häufig in Reinbeständen gepflanzt, über 50 % auf unter 25 % reduzieren könnte. Bender et
erwiesen sich Fichtenbestände bereits ohne Klimaän- al. (2019) fanden reduzierte Überlebenswahrschein-
derung als störungsanfälliger als Buchen- und Misch- lichkeiten für alle Hauptbaumarten in Deutschland
bestände (Schütz et al. 2006, Griess et al. 2012), ins- für 2050 und 2070 (verglichen mit dem Jahr 2000),
besondere auf für die Baumart weniger geeigneten wobei es deutliche regionale Unterschiede gab.
Standorten (z. B. vernässenden Standorten auf denen Bei der Interpretation solcher Projektionen
die Fichte nur oberflächlich wurzeln kann (Baumgar- sollte aber bedacht werden, dass sich die Artenzu­
ten et al. 2005). sammensetzung in Wirtschaftsbeständen durch ent-
Bedingt durch den Klimawandel verliert die Fichte sprechende Förderung erwünschter Arten – innerhalb
in tieferen Lagen in Mitteleuropa zunehmend an Kon- der physiologischen Möglichkeiten der Baumarten –
kurrenzkraft (Bosela et al. 2021, Krejza et al. 2021) recht deutlich vom simulierten Gleichgewichtszustand

23
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

unterscheiden kann. Simulierte Änderungen der Absterben eines einzelnen Baumes verursachten Stö-
Baumartenverbreitung sind somit noch mit deutlichen rungen bis hin zu großen, bestandeserneuernden
Unsicherheiten behaftet, bieten aber dennoch eine und standortverändernden Ereignissen wie Stür-
wichtige Orientierung für die Anpassung der Baumar- men, intensiven Bränden und Kalamitäten von her-
tenwahl im Klimawandel (Lindner et al. 2014). Unver- bivoren Insekten reichen. Störungsregime, denen be-
zichtbar sind solche Simulationen beispielsweise für stimmte Waldökosysteme ausgesetzt sind, werden
Empfehlungen zu Waldentwicklungstypen unter dem typischerweise durch die Art der Störung (z. B. Feuer,
Klimawandel, die in einigen Bundes­ ländern stand- Windwurf, Überschwemmung, Insektenmassenver-
ortsabhängig vorgelegt wurden (z. B. das Waldbau- mehrungen usw.), ihre Intensität, die räumliche Aus-
konzept Nordrhein-Westfalen, MULNV NRW 2019). dehnung sowie die Häufigkeit und Zufälligkeit ihres
Wiederauftretens charakterisiert (Pickett und White
1.2.1.3 Veränderungen der Störungsregime und 1985, Attiwill 1994).
Naturgefahren Störungen sind allgegenwärtig, sie sind ein inhä-
renter und unvermeidbarer Bestandteil von Ökosys-
Ökologische Störungen sind natürliche Phänomene temen und ihrer Dynamik und wichtig für die Funk-
in Waldökosystemen. Während sich das Konzept von tion und Integrität von Ökosystemen (Wohlgemuth et
Stress2 auf einzelne Organismen bezieht, beziehen al. 2019). Einheimische Waldarten haben sich mit den
sich Störungen auf Populationen, Gemeinschaften vorherrschenden Störungsregimes entwickelt und
und Ökosysteme. Sowohl Stress als auch Störungen Mechanismen entwickelt, um Störungen zu widerste-
können zu einer Abweichung von den „normalen“ Le- hen, sich von Störungen zu erholen oder von ihnen
bensfunktionen (z. B. Wachstum, Verhalten, Bewegung zu profitieren (Attiwill 1994). Mit dem Klimawandel
oder Prozessraten) von Individuen und somit der Bei- und anderen Auswirkungen des globalen Wandels wie
träge von Individuen, Populationen und Gemeinschaf- der Verschleppung von Arten verändern sich auch die
ten zur Funktion und Leistung von Ökosystemen füh- Störungsregime, denen die Wälder ausgesetzt sind.
ren. Störungen können allgemein bezeichnet werden Daher besteht die Befürchtung, dass Waldökosysteme
als „zeitlich und räumlich diskrete Ereignisse, die zur entweder neue Arten von Störungen oder intensivere
Reduktion bzw. dem Verlust von lebender Biomasse oder häufigere Störungen erfahren könnten, als sie es
führen und die Verfügbarkeit von Ressourcen in Le- in der Vergangenheit erlebt haben (Dale et al. 2001).
bensgemeinschaften verändern“ (Jentsch et al. 2019). Diese neuen Störungsregime könnten bisher nicht ge-
Wenn Stressereignisse (wie z. B. Dürren) so stark kannte Folgen für das Funktionieren von Waldökosys-
sind, dass die Stressbewältigungsmechanismen von temen und die Bereitstellung von Ökosystemleistun-
Pflanzen überlastet werden und es zur Mortalität von gen haben (Millar und Stephenson 2015, Trumbore et
Organen oder ganzen Pflanzen kommt, werden diese al. 2015).
zu Störungen. Die Eigenschaft oder der Prozess des Ökologische Störungen entstehen dann, wenn die
Ökosystems, der durch die Störung gestört oder ver- Wirkung eines Störungsfaktors (z. B. Sturm, Feuer,
ändert wird, kann z. B. einfach die Biomasse sein, die Trockenheit) einen Schwellenwert der spezifischen
teilweise oder vollständig abgetötet wird. Der Verlust Resistenz gegenüber dem jeweiligen Störungsfaktor
pflanzlicher Biomasse bzw. ihre Überführung in Nek- überschreitet. Das Auftreten von Störungen hängt
romasse ist eine Variable, die in den meisten terrest- somit auch von dynamischen Ökosystemeigenschaf-
rischen Ökosystemen relativ gut erfasst werden kann. ten ab. So steigt zum Beispiel mit der Baumhöhe die
Das Ausmaß der Störung auf das Ökosystem könnte je- Wahrscheinlichkeit, dass ein Sturm mit bestimm-
doch auch auf andere Weisen gemessen werden, z. B. ter Windstärke Bäume oder ganze Waldbestände an
der Verlust von Arten oder die Veränderungen von einem bestimmten Standort entwurzelt oder bricht
Nährstoffkreisläufen. (z. B. Albrecht et al. 2012).
Ein „Störungsregime beschreibt die zeitliche und Wie bereits in Kapitel 1.1 dargelegt, verändern sich
räumliche Dynamik aller in einer Landschaft wirken- die Häufigkeit und Intensität einiger abiotischer Stö-
den Störungen sowie ihrer Interaktionen über einen rungsfaktoren wie Trockenheit und Hitze, während
längeren Zeitraum hinweg“ (Jentsch et al. 2019). Öko- für mögliche Trends anderer klimatischer Störungs-
logische Störungen können von kleinen, durch das faktoren wie Stürme oder Starkregen bisher keine

2 Stress ist jeder ungünstige Zustand oder jede ungünstige Substanz, die den Stoffwechsel, das Wachstum oder die Entwicklung einer
Pflanze beeinflusst oder blockiert (Lichtenthaler 1998). Bei Pflanzen kann Stress durch viele abiotische und biotische Faktoren verursacht
werden, wie z. B. sehr niedrige oder sehr hohe Temperaturen und Wasserverfügbarkeit, Mineralstoffdefizite, Verbiss sowie Schadorganis-
men und Krankheitserreger.

24
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

verlässlichen Angaben gemacht werden können. Auf einer umfassenden Literaturstudie, dass über alle Stö-
der Grundlage eines Ensembles von Klimawandel-Sze- rungsfaktoren hinweg, die direkten klimatischen Ef-
narien stellten (Seidl et al. 2014) fest, dass die Schäden fekte 57 % der Störungen verursachen, während je-
durch Wind, Borkenkäfer und Waldbrände in Europa weils 25 und 18 % der Störungen auf indirekte Effekte
bis 2030 wahrscheinlich weiter zunehmen werden. und Interaktionen zwischen Störungen zurückzufüh-
Den größten Anteil daran haben Stürme. Diese zuneh- ren sind. Indirekte Auswirkungen wurden in dieser
menden Störungen haben einen großen Einfluss auf Studie verstanden als Änderungen des Störungsre-
wichtige Ökosystemleistungen. So schätzen die Auto- gimes durch Klimaauswirkungen auf die Vegetation
ren die störungsbedingte Verringerung des Kohlen- und andere Ökosystemprozesse, die nicht direkt mit
stoffspeicherpotenzials europäischer Wälder in den den Störungen in Zusammenhang stehen. Dazu gehö-
Jahren 2021 – 2030 auf 503,4 Mio t C. ren klimabedingte Veränderungen des Baumbestands
und der Artenzusammensetzung, die z. B. Änderun-
Interaktionen zwischen Störungsfaktoren gen der Störungsanfälligkeit durch eine Veränderung
der Zusammensetzung, Höhe, und Dichte der Wälder
Um die Auswirkung der Änderungen des Auftretens bewirken. Interaktionseffekte wurden als miteinan-
der für Wald relevanten Störungen im Klimawandel der verbundene oder sich gegenseitig verstärkende
einzuschätzen, ist ein Verständnis der indirekten Ef- Beziehungen zwischen Störungsfaktoren definiert,
fekte und Interaktionen zwischen diesen Störungen z. B. ein erhöhtes Risiko von Borkenkäfermassenver-
wichtig. So schätzen Seidl et al. (2017) auf Grundlage mehrungen infolge von Sturmwürfen.

Insekten

Schnee
&Eis
Krankheiten
Wind

Dürre Feuer

Abb. 20:  Interaktionen zwischen Störungsfaktoren (Seidl et al. 2019b). Die Größe des Sektors im äußeren Kreis gibt die Verteilung der Interaktionen
in der berücksichtigten Literatur wieder, während die Flüsse durch das Zentrum des Kreises die relative Bedeutung der Interaktionen zwischen den
einzelnen Störungsfaktoren veranschaulichen. Die Pfeile zeigen die Richtung des Einflusses an.

Wärmere und trockenere Bedingungen begünsti­ Stürme


gen insbesondere Störungen durch Feuer, Dürre und
Insekten, während wärmere und feuchtere Bedin- Selbst bei einer unveränderten Frequenz und Inten-
gungen Störungen durch Wind und Krankheitserre- sität von Winterstürmen, kann mit einem größeren
ger verstärken. Die vielfachen Wechselwirkungen Ausmaß von Störungen gerechnet werden, denn diese
zwischen den Störungsfaktoren dürften die Störun- sind zu einem erheblichen Anteil auf die hohen und
gen verstärken, während indirekte Klimaauswirkun- bisher noch weiter steigenden Holzvorräte, Durch-
gen wie Veränderungen der Vegetation (andere Arten, schnittsalter und Bestandeshöhen in europäischen
andere Mischungsformen, geringere Wuchshöhen) Wäldern zurückzuführen (z. B. Usbeck et al. 2010,
langfristig die Empfindlichkeit gegenüber klimawan- Forzieri et al. 2021). Der beobachtete Anstieg der
­
delbedingten Störungen reduzieren können (Seidl et Windschäden in der zweiten Hälfte des vergangenen
al. 2017). Die Borkenkäfermassenvermehrungen der Jahrhunderts war in etwa zur Hälfte durch Verände-
­Trockenjahre 2018 und 2019 sind ein markantes Bei- rungen des Alters, Vorrats und der Baumartenzusam-
spiel für diese Interaktionen. Trockenperioden, die mensetzung geschuldet (Seidl et al. 2011). Die größten
zum Vertrocknen der Vegetation, insbesondere des Un- Sturmschäden traten in den Nadelwäldern der Mittel-
terwuchses, führen, erhöhen die Menge leicht brenn- gebirge auf.
baren Materials und somit das Waldbrandrisiko. Ob Störungen durch Stürme in Zukunft zunehmen,

25
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

hängt auch von der Entwicklung der Wälder selbst ab. Mit steigendem Wasserdefizit im Boden erhöht
Bei weiter steigenden Vorräten und Bestandesaltern sich das Risiko von Lufteinschlüssen im wasserleiten-
der Wälder, ein Trend der seit Beginn der Bundes- den Xylem, die den Transpirationsfluss im Baum un-
waldinventuren zu verzeichnen war, steigt auch die terbinden und letztlich zum Absterben führen können
Eintrittswahrscheinlichkeit für Sturmschäden. Sollte (Breda et al. 2006, Allen et al. 2010). Die jüngste Tro-
es durch eine Änderung der Waldnutzungsintensi- ckenperiode der Jahre 2018 und 2019 löste bereits eine
tät oder die Zunahme anderer Störungen, wie den ge- beispiellose Mortalität bei vielen ökologisch und öko-
genwärtig verbreiteten Borkenkäferkalamitäten in nomisch wichtigen Baumarten der gemäßigten euro-
Fichtenbeständen, zur Abnahme der Vorräte, insbe- päischen Wälder aus (Schuldt et al. 2020). Eine deut-
sondere bei windwurfgefährdeten Baumarten kom- lich erhöhte Mortalität trat nicht nur bei Arten wie der
men, könnten die Schäden durch Sturmwürfe auch Fichte auf, wo dies aufgrund des verbreiteten Anbaus
abnehmen. außerhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets,
Insbesondere bei Stürmen spielen indirekte Effekte eines flachen Wurzelsystems und einer hohen Anfäl-
und Interaktionen mit anderen Störungsfaktoren eine ligkeit für sekundäre Schadinsekten wie Borkenkäfer
wichtige Rolle für das Auftreten von Störungen (Seidl eher zu erwarten ist (Christiansen und Bakke 1988,
et al. 2017). Daher bieten sich hier auch viele Bewirt- Grodzki et al. 2004, Schuldt et al. 2020). Die heimische
schaftungsoptionen, um das Sturmschadensrisiko zu Rotbuche ist bekanntermaßen empfindlich gegenüber
reduzieren (z. B. Albrecht et al. 2012, Mason und Va- Trockenheitseffekten (z. B. Gessler et al. 2007, Leusch-
linger 2013) (siehe Kap. 3.1.3). ner 2020), das Ausmaß des standortspezifischen
Große Sturmwürfe in Nadelwäldern führen durch massiven Kronensterbens und der anschließenden
die Bereitstellung einer großen Menge an Brutmate- Mortalität der Rotbuche in verschiedenen Teilen Mit-
rial häufig zu einer Massenvermehrung von Borken- teleuropas war jedoch deutlich stärker ausgeprägt als
käfern. Die großen Stürme Vivian/Wiebke und Lothar in bisherigen Trockenjahren (z. B. Schuldt et al. 2020).
fanden zu Zeiten sehr niedriger Populationsdichten Wie bereits in Kapitel 1.1 beschrieben, nimmt in
der Borkenkäfer statt und führten nachfolgend zu Zukunft die Wahrscheinlichkeit für extreme Trocken-
hohen Anstiegen der Borkenkäferpopulationen mit phasen in Kombination mit Hitze zu. Ähnlich wie bei
den entsprechend erhöhten Schadholzmengen in den Stürmen ist auch bei extremer Trockenheit das Risiko
3 – 5 Jahren nach Sturm (z. B. Pertercord et al. 2008). von Störungen durch eine Reihe von indirekten Fakto-
Mit zunehmendem Trocken- und Hitzestress in Nadel- ren beeinflusst. Dazu gehören die Baumartenzusam-
wäldern steigt das Risiko, dass Sturmwürfe zu Zeiten mensetzung sowie Bestandesdichte und -höhe (z. B.
von bereits sehr hohen Populationsdichten der Bor- Cescatti und Piutti 1998, Guiggioloa et al. 2013, Grossi-
kenkäfer auftreten (wie Sturm Sabine Anfang 2020) ord 2020). Da größere Bäume einen höheren hydrau-
und somit die Massenvermehrungen und Borkenkä- lischen Widerstand überwinden müssen, um die Blät-
ferschäden noch weiter verstärken. ter mit Wasser zu versorgen, geraten sie früher und
stärker unter Wasserstress als kleinere Bäume der
Dürre gleichen Baumart am gleichen Standort (Ryan und
Yoder 1997).
Extremwetterlagen mit langanhaltender Trockenheit Hohe Bäume mit niedriger hydraulischer Leitfähig-
sind in den letzten Jahren in Mitteleuropa gehäuft auf- keit und großer Blattfläche haben daher die höchste
getreten (z. B. Mann et al. 2018). Trockenstress wirkt Wahrscheinlichkeit zukünftig an Trockenstress zu
sich direkt auf das Baumwachstum aus, da Stomata sterben (McDowell und Allen 2015). Das Höhenwachs-
länger geschlossen bleiben und die Bäume weniger tum bzw. die erreichbare Endhöhe der Bäume spiegelt
Kohlenstoff assimilieren können. Als Folge von Was- u. a. die Wasserversorgung der Standorte wider, d. h.
serstress reagieren Bäume mit früher Blatt­verfärbung, das Höhenwachstum wird bis zu einer hydraulischen
vorzeitiger Blattseneszenz sowie mit Blattverlust Grenze ausgereizt. Daher können auch alle Wälder,
im Folgesommer (Schuldt et al. 2020, Mette und Falk unabhängig von der absoluten Höhe der durchschnitt-
2020). Auch die Jahrringbreite wird nachweislich ne- lichen Wasserverfügbarkeit, potenziell von Trocken-
gativ vom Wassermangel im Waldboden beeinflusst. stress betroffen sein. Die globale Verbreitung trocken-
Die Altlasten der Dürre von 2018, begleitet von an- stressbedingter Mortalität über alle Biome hinweg
haltend niedriger Bodenfeuchte und wiederum über- macht dies deutlich (Allen et al. 2010). Daher sind
durchschnittlich hohen Temperaturen und geringen ­Störungen durch Dürre dort zu erwarten, wo es die
Niederschlägen im Frühjahr/Sommer 2019, führten zu größten negativen Veränderungen der Wasserverfüg-
starken Wachstumseinbußen bei Buche, Eiche, Ahorn barkeit gibt und nicht unbedingt dort, wo es absolut
und Birke auf Versuchsflächen in Nord-Ostdeutsch- am trockensten ist. Um Risikoregionen und -bestände
land in diesem Jahr (Scharnweber et al. 2020). zu identifizieren sind daher regional hoch aufgelöste

26
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

Modelle des Klimawandels erforderlich. Nordostdeutschlands, des östlichen Nordwestdeutsch-


Trockenstress kann zudem die Wirkung anderer lands und des Oberrheinischen Tieflands betroffen.
Störungsfaktoren verstärken (Abb. 20). Indirekte Aus- Durch Extremwetterlagen mit andauernder Trocken-
wirkungen von Wassermangel sind u. a. die verrin- heit und Hitze hat es in den letzten Jahren vermehrt
gerte Abwehrkraft gegenüber phytophagen Insekten Perioden mit extrem hoher Waldbrandgefahr gege-
und Pathogenen und erhöhte Waldbrandgefahr. Als ben. In den Jahren 2018 und 2019 gab es deutschland-
wechselwarme Tiere profitieren Insekten sowohl von weit mit 2.349 ha und 2.711 ha eine deutlich größere
den höheren Temperaturen (die in trocken-heißen Waldbrandfläche als im langjährigen Mittel von 812
Phasen auftreten) als auch von den gestressten Pflan- ha für den Zeitraum 1991 – 2019. Allein 2019 führten
zen, deren Abwehrmechanismen gegenüber Schad- die Waldbrände zu einem geschätzten Schaden von
insekten geschwächt sind. So kann z. B. der extrem rund 2,22 Mio. Euro (BLE 2020).
erhöhte Borkenkäferbefall von Fichten u. a. mit ver- Für die kommenden Jahrzehnte wird aufgrund stei-
mindertem Harzfluss der trockengestressten Fichten gender Temperaturen und zurückgehenden Nieder­
begründet werden (z. B. Netherer et al. 2015). schlägen in den Frühjahrs-, Sommer- und Herbstmo-
naten vielerorts ein steigendes Waldbrandrisiko auch
Feuer für Deutschland vorausgesagt (UBA 2020a). Durch die
Klimaänderung verlängert sich die Feuersaison mit
Waldbrände sind in den temperierten Wäldern Mittel- besonderen Problemzeiten im Frühjahr vor dem Aus-
europa von Natur aus selten und Entzündung durch trieb der Bodenvegetation und im Hochsommer. Wäh-
Blitzschlag ist eher ungewöhnlich (Kraus et al. 2019); rend Projektionen des Waldbrandrisikos zwischen
die weit überwiegende Anzahl von Vegetationsbrän- Klimamodellen deutlich variieren (Glade et al. 2017),
den sind von Menschen verursacht durch Fahrläs- lassen neue Erkenntnisse zur Zunahme von stationä-
sigkeit (z. B. durch Zigaretten oder Lagerfeuer), tech- ren Rossby-Wellen im globalen Wettersystem vermu-
nische Quellen (z. B. Funkenflug an Bahnschienen), ten, dass sich Wetterextreme wie im Sommer 2018
oder gezielte Brandstiftung. Neben einer Zündquelle häufen könnten (Kornhuber et al. 2019), so dass auch
sind brennbare Biomasse und der Feuerausbreitung häufigere Phasen mit entsprechend erhöhtem Wald-
förderliche Witterungsbedingungen wesentliche, das brandrisiko auftreten. Schäden durch Waldbrände
Waldbrandrisiko beeinflussende Faktoren. Vegetati- könnten daher in Zukunft in Deutschland und ande-
onsbrände können bei Temperaturen bis 40 °C und ren Gebieten Mittel- und Nordeuropas ansteigen.
starken Winden schnell unkontrollierbar werden.
Besonders waldbrandgefährdet sind jüngere und Schadorganismen und Waldkrankheiten
lichte Nadelwälder, insbesondere Kiefernwälder auf
Sandböden, mit dichter und üppiger B ­ odenvegetation, Der Klimawandel hat direkte und indirekte Auswir-
z. B. mit geschlossenen Grasdecken. Im ­langjährigen kungen auf Insekten und Pathogene, die zu einer
Durchschnitt sind Nadelholzbestände deutlich über- deutlichen Veränderung des biotischen Störungsre-
proportional zu ihrem Anteil an der deutschen Wald- gimes führen können. Indirekt werden veränderte
fläche von Waldbränden betroffen (UBA 2020a). Temperatur- und Niederschlagsregime die räumliche
Potenziell riskant sind auch Borkenkäfer-Schad­
­ Verteilung von Wirtsbäumen und deren Eignung für
flächen mit ­ großen Mengen abgestorbener leicht herbivore Insekten und Pathogene beeinflussen, zum
entzündlicher Biomasse (Mitze 2020). Im Bielowieza Beispiel weil die Abwehrkräfte der Wirtsbäume beein-
Waldschutzgebiet in Polen erhöhte sich in den ­ersten trächtigt werden oder weil phänologische Anpassun-
1 – 4 Jahren nach großräumigen Borkenkäferschäden gen (z. B. zum Entfalten der Knospen) gestört werden
die Brandgefahr, insbesondere auf vergrasten F­ lächen (Baltensweiler 1993, Anderegg et al. 2015). Interaktio-
(Szczygieł et al. 2016). nen von Pathogenen, Pilzen, natürlichen Feinden und
Das Brandrisiko verändert sich sehr dynamisch Konkurrenten, die den Erfolg von Insektenpopulatio-
mit der Beschaffenheit und Zersetzung der abgestor- nen beeinflussen, werden ebenfalls durch klimatische
benen Kronen und des Feinreisigs. Die Menge von Veränderungen beeinflusst und haben damit sowohl
stärkerem Totholz, insbesondere in fortgeschrittenen positive als auch negative indirekte Auswirkungen auf
Zersetzungsstadien, trägt hingegen nicht oder nur un- Ausbrüche von Waldinsekten und Pathogenen (Stur-
wesentlich zum Brandrisiko bei (Kraus et al. 2019, rock et al. 2011, Kalinkat et al. 2015, Kolb et al. 2016).
Hood 2020). Die Temperatur hat einen direkten Einfluss auf
Aufgrund klimatischer und hydrologischer Ge­ viele Lebensfunktionen und Entwicklungsphasen von
geben­heiten sowie der vorherrschenden Baumarten Insekten wie die Diapause, Entwicklung der Frostto-
ist die Auftretenswahrscheinlichkeit regional sehr un- leranz und die gesamte Entwicklungszeit, die wiede-
terschiedlich. Am häufigsten sind die Kiefernregionen rum die Populationsentwicklung beeinflussen (z. B.

27
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Bentz und Jönsson 2015). So kommt es in warmen Jah- Palette von Baumarten in Europa und Nordamerika
ren bereits heute zu einem frühzeitigeren Auf­treten, (Grünwald et al. 2012).
höheren Vermehrungsraten, verkürzten Entwick- Wechselwirkungen mit dem Klimawandel werden
lungszeiten sowie der Ausbildung von zusätzlichen die Auswirkungen von eingeschleppten Schadorga-
Generationen und Geschwisterbruten beim Buchdru- nismen und Krankheiten auf die europäischen Wäl-
cker-Borkenkäfer, Ips typographus (Krengel und Sei- der wahrscheinlich noch verstärken (Seidl et al. 2018),
del 2016). denn der Klimawandel kann sowohl die Ausbreitung
Generell können kürzere Generationszeiten von einheimischer als auch exotischer Schadorganismen
Waldinsektenarten zu einer erhöhten Baummortalität und Krankheitserreger begünstigen und gleichzeitig
führen (Ramsfield et al. 2016). Steigende Temperatu- die Resistenz der Bäume gegen Schadorganismen be-
ren können dazu beitragen, wenn die Diapause abge- einträchtigen (Jactel et al. 2012, Anderegg et al. 2015).
wendet wird, wie für mehrere Gilden eurasischer und Daher können wir insgesamt von einer Zunahme
nordamerikanischer Waldinsektenarten b ­ eschrieben der biotischen Störungen in europäischen Wäldern
wurde (z. B. Battisti et al. 2000, Lange et al. 2006, ausgehen.
­Faccoli 2009, Bentz und Jönsson 2015).
Auch wenn das Abwenden der Diapause für das 1.2.1.4 Auswirkungen auf die Biodiversität und
Populationswachstum vieler Waldinsekten vorteilhaft ihre Funktionen
ist, können wärmere Temperaturen auch zu einer De-
synchronisierung des Lebenszyklus führen, was z. B. Die Verbreitung und die Zusammensetzung von Le-
zu kälteunverträglichen Entwicklungsstadien im Win- bensgemeinschaften sind in hohem Maße vom Klima
ter und infolge zu einer höheren Insektensterblichkeit geprägt. Daher können sich Klimaänderungen direkt
und reduziertem Populationswachstum führt (Faccoli auf die Biodiversität und ihre Funktionen auswirken.
2002, Wermelinger et al. 2011). Neben Verkürzungen Zudem reagieren Arten nicht isoliert auf den Klima-
der Generationszeit können steigende Minimaltempe- wandel, sondern interagieren mit anderen Arten. Ent-
raturen Populationen von der Einschränkung durch sprechend können sich Klimaänderungen auch auf
periodische extreme Kälte befreien und zu einer Aus- indirektem Wege auswirken, etwa durch das Fehlen
dehnung des Verbreitungsgebiets nach Norden und in von Interaktionspartnern, die Konkurrenz mit invasi-
höhere Lagen beitragen (Weed et al. 2013). ven Arten oder die Veränderung der Waldstrukturen.
Neben dem Einfluss der Temperatur ist Trocken-
heit einer der wichtigsten klimatischen Faktoren, der Erfassung von Klimaänderungen durch die
die Anfälligkeit von Wirtsbäumen für herbivore In- ­Phänologie
sekten beeinflusst, denn eine reduzierte Wasserver-
fügbarkeit beeinträchtigt vielfach die Abwehrkräfte Zur Erfassung des Einflusses von Klimaveränderun-
und Vitalität der Bäume (Jactel et al. 2012, Netherer gen auf die Biodiversität lässt sich die Phänologie von
et al. 2015). Da die Umweltbedingungen eine kritische Arten heranziehen. Sie beschreibt, wie saisonale und
Steuergröße in Befalls- und Ausbreitungsprozessen interannuelle Schwankungen von Klima- und weite-
von Waldkrankheiten sind, ist neben einer Zunahme ren Lebensraumfaktoren periodische Ereignisse im
des Trockenstresses für Wirtsbäume auch mit einer Lebenszyklus von Pflanzen und Tieren antreiben und
Zunahme von schädlichen Effekten durch Pathogene ist für den Erfolg von Arten in ihren Lebensräumen
und deren Interaktionen mit Insekten wahrscheinlich von entscheidender Bedeutung. Verschiebungen in
(Sturrock et al. 2011, Kolb et al. 2016). der Phänologie von Arten haben offensichtliche Aus-
Zusätzlich zum Klimawandel birgt auch die Aus- wirkungen auf Prozesse innerhalb von Populationen,
weitung des globalen Handels über die damit ver- Arten, Interaktionen zwischen Arten, die Organisation
bundene Einschleppung nicht-heimischer Arten ein von Gemeinschaften (Hutchinson 1961), auf die Bio-
zusätzliches Risiko für Wälder (z. B. Liebhold et al. diversität (Shimadzu et al. 2013) und die Ökosystem-
1995, Roques et al. 2009). Einige dieser Arten haben funktionen (Cleland et al. 2007).
erhebliche schädliche ökologische und ökonomi- Der Klimawandel verändert nicht nur die Mittel-
sche Auswirkungen auf Bäume in natürlichen und werte der klimatischen Variablen wie Temperatur
­bewirtschafteten Ökosystemen. Invasive Krankheits- und Niederschlag, sondern auch deren jahreszeitliche
erreger wie jene, die die Ulmenkrankheit oder das Variation und die Häufigkeit von Extremwetterereig-
Eschensterben verursachen, können Ausrottungskas- nissen (z. B. Spätfröste, Dürren). Obwohl Aufzeichnun-
kaden für alle anderen Arten auslösen, die von diesen gen von phänologischen Ereignissen in Ostasien bis zu
Baumarten abhängen (z. B. Hultberg et al. 2020). Ein- 5000 Jahre zurückreichen (Chen 2003), ist das Verständ-
geschleppte Pilze wie Phytophthora ramorum verursa- nis der ökologischen Auswirkungen von Veränderun-
chen das Absterben und die Mortalität einer breiten gen der Phänologie auf Populationen, Gemeinschaften

28
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

und deren Funktionen in Ökosystemen nach wie vor wesentlichen Biodiversitätsvariablen (Essential Biodi-
begrenzt (Thackeray et al. 2016, Visser 2016). Das versity Variables, EBV), die als Maß und für das Mo-
Verständnis und die Vorhersage der Phänologie von nitoring, die Berichterstattung und das Management
Arten unter den Bedingungen des Klimawandels sind von Biodiversitätsveränderungen erforderlich ist (Pe-
relevant, um die Erfassung der Dynamik von Gemein- reira et al. 2013).
schaften und ihrer Reaktionen auf den Klimawandel
zu verbessern und damit die Genauigkeit von Vorher- Direkte Auswirkungen von Erwärmung auf die
sagen etwa der Produktivität von Ökosystemen unter Verbreitung von Arten
dem Klimawandel zu erhöhen und schlussendlich zu
helfen, Bewirtschaftungsstrategien an den Klimawan- Langjährige Monitoringdaten zeigen bereits deutlich,
del anzupassen (Cleland et al. 2007). dass es aufgrund der Klimaerwärmung zur Verschie-
bung von Verbreitungsgebieten kommt, wie etwa von
Direkte Auswirkungen von Klimaänderungen Tagfaltern (Parmesan et al. 1999) oder auch der Stech-
auf Biodiversität palme oder der Lorbeerkirsche (Walther et al. 2001).
Gerade in Deutschland, in der temperaten Zone, führt
Phänologie ein Anstieg der Temperatur für viele Insektenarten zu
besseren Lebensbedingungen. So haben verschiedene
Jahrzehntelanges Biodiversitätsmonitoring (z. B. Pe- Totholzkäferarten unter wärmeren Bedingungen ge-
ñuelas und Filella 2001, Thackeray et al. 2016) deu- ringere Ansprüche an ihre Ressource Holz (Müller et
tet darauf hin, dass der aktuelle Klimawandel bereits al. 2015). Eine Art wie der Eichenheldbock ist in Mit-
phänologische Muster beeinflusst, darunter auch Ver- teleuropa noch an dicke Eichen gebunden, während
schiebungen im zeitlichen Ablauf von Lebenszyklus- die Art im mediterranen Raum unter warmen Bedin-
Ereignissen von Pflanzen und Tieren (für eine Meta- gungen auch schwächere Eichen besiedelt (Buse et al.
Analyse siehe Parmesan und Yohe 2003). Gerade 2007).
langlebige Organismen wie Bäume nutzen in Wäldern Bei einer Reihe bedrohter Arten wird die aktuell
der gemäßigten Klimazonen hauptsächlich Strah- beobachtete Ausbreitung daher auf die Erwärmung
lungs- und Temperaturunterschiede und die Tages- zurückgeführt (Buse et al. 2013, Köhler 2010). Folglich
länge als Umweltsignale für chronobiologische Reakti- sind weitere Änderungen der Zusammensetzung von
onen auf phänologische Veränderungen wie etwa der Artgemeinschaften, z. B. durch potenzielle Wande-
Blüte, der Fruchtbildung, des Knospenaufbruchs und rung von derzeit gebietsfremden Arten in klimatisch
der Blattseneszenz (Ding und Nilsson 2016, Simons et passende Gebiete zu erwarten (Pompe et al. 2008).
al. 2020). In Mitteleuropa wurde eine fortschreitende Die Prognose von zukünftigen Artgemeinschaften ist
Phänologie der Pflanzenentwicklung festgestellt, z. B. aller­dings sehr komplex, da zukünftige Interaktionen
eine verlängerte jährliche Wachstumssaison von Bäu- schlecht vorhersagbar sind. Das liegt auch darin be-
men (Menzel und Fabian 1999) oder die frühere Blüte gründet, dass zahlreiche Arten aufgrund spezifischer
von Frühlingspflanzen (Sparks et al. 2009). Habitatansprüche nicht in der Lage sind, ihr Verbrei-
Auch die Lebenszyklus-Ereignisse von Tieren zei- tungsgebiet zu verschieben. Für Hummeln etwa wur-
gen Veränderungen wie etwa eine frühere Rückkehr den starke Rückgänge in der Verbreitung beobachtet
von Vogelarten aus den Überwinterungsgebieten als (Kerr et al. 2015). Ein weiteres Beispiel sind Arten der
noch vor einigen Jahrzehnten (Mitrus et al. 2005) oder subalpinen Zone, wie z. B. die Ringdrossel, deren eu-
gar deren ganzjährigen Verbleib im Brutgebiet. Ähnli- ropaweiter Bestandsrückgang auf die Erwärmung zu-
che jahreszeitliche Verschiebungen konnten auch im rückgeführt wird (von dem Bussche et al. 2008).
annuellen Kreislauf der Amphibien gezeigt werden,
etwa durch früheres Abwandern aus den Winterquar- Indirekte Auswirkungen von Klimaänderungen
tieren und früheres Ablaichen sowie der Einfluss des auf Biodiversität
Klimawandels auf Fitness und Aufkommen der Am-
phibienlarven (z. B. Reading 2007, Rödder und Schulte Entkopplung von Interaktionen durch Klimawandel
2010, Scott et al. 2008).
Diese exemplarischen Beispiele für eine Vielzahl Richtung, Ausmaß und Zeitpunkt der Klimasensiti-
an beobachteten Veränderungen machen deutlich, vität variieren deutlich zwischen den Arten (Tha-
dass Arten direkt vom Klimawandel beeinflusst wer- ckeray et al. 2016). Arten reagieren nicht einheitlich
den. Verschiebungen in der Phänologie werden daher auf Veränderungen der Saisonalität, weil die Phäno-
stellvertretend als eine der offensichtlichsten Auswir- logie einer einzelnen Art von verschiedenen Merk-
kungen des Klimawandels auf die gesamte Biodiver- malen bestimmt wird und in unterschiedlichem Aus-
sität angesehen. Daher gehört die Phänologie zu den maß mit nicht-klimatischen Umweltfaktoren wie der

29
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Photoperiode interagiert (Edwards & Richardson Artengemeinschaften charakterisiert sind. Dabei zei-
2004). Zudem reagieren Arten nicht isoliert auf den gen sich vor allem frühe und sehr späte Phasen durch
Klimawandel – sie interagieren mit anderen Arten eine hohe Vielfalt der meisten Artengruppen aus.
auf denselben oder benachbarten trophischen Ebe- Daneben zeigen die verschiedenen Phasen jeweils
nen (Harrington et al. 1999), wodurch Veränderungen eigene Lebensgemeinschaften. Viele Arten in Wäl-
­
der phänologischen Synchronisation interagierender dern sind gerade auf frühe Sukzessionsphasen ange-
Arten entstehen können (Both et al. 2009, McMahon et wiesen (Hilmers et al. 2018), etwa wenn sie als Pionier-
al. 2011). So wurde etwa beim Trauerschnäpper beob- arten offene Standorte benötigen. Stürme und starke
achtet, dass die zur gewöhnlichen Zeit aus den Win- Insektenvermehrungen schaffen zunehmend solche
terquartieren zurückkommenden Individuen auf be- lichten Waldstrukturen, erhöhen das Totholzangebot
reits zu weit fortgeschrittene Raupenentwicklungen und fördern somit die Pflanzenvielfalt in Wäldern.
auf Grund hoher Temperaturen im Frühjahr treffen, Zunehmende Störungsfrequenzen erhöhen entspre-
­
was zu Nahrungsmangel bei der Jungenaufzucht und chende offene Strukturen, die in den letzten 200 Jah-
folglich zur Populationsabnahme von Trauerschnäp- ren für viele Waldarten limitiert waren. So war der
pern geführt hat (Both et al. 2006). Eine solche Ent- über ein Jahrzehnt beobachtete Rückgang der Insek-
kopplung zwischen interagierenden Arten kann auch ten in Wäldern mit Störungsflächen am geringsten
räumlich auftreten, etwa wenn Verbreitungsgebiete (Seibold et al. 2019).
von Schmetterlingen und ihren Wirtspflanzen auf- Für viele Arten ist neben der lokalen Komplexi-
grund von klimatischen Veränderungen nicht mehr tät der Waldstrukturen auch die Landschaftskompo-
überlappen (Schweiger et al. 2008). Der Verlust von sition für ihr Vorkommen ausschlaggebend (Schall et
Pflanzenarten ist häufig der Auslöser für das Ausster- al. 2017). Dies gilt insbesondere dann, wenn verschie-
ben von Tieren (Schleuning et al. 2016). dene Waldlebensräume in den verschiedenen Phasen
des Lebenszyklus einer Art genutzt werden, z. B. Ent-
Konkurrenz mit invasiven gebietsfremden Arten wicklung in schattigem Totholz, Paarung hingegen auf
besonnten Blüten.
Der Klimawandel fördert die Ausbreitung nicht-einhei- Als Störungsereignisse gelten beispielsweise auch
mischer und auch invasiver Arten (Kleinbauer  et  al. Spätfröste, die etwa die Blüte oder Fruchtbildung
2010, Tobin et al. 2013). Mildere Wintertempera­turen ­stören oder zerstören und somit auch zu wirtschaft-
fördern beispielsweise die Ausbreitung und Etablie- lichen Verlusten führen (Gu et al. 2008, Kreyling et
rung von Arten aus wärmeren Regionen (Walther et al. 2011). Neben den direkten Auswirkungen konn-
al. 2007, Tobin et al. 2013). Samen von immergrünen ten auch indirekte, negative Auswirkungen des Fros-
Zierbäumen/Laubbaumarten aus Gärten und Park- tes auf die Pflanzenreproduktion durch Veränderun-
anlagen werden zunehmend in Wälder ausgebreitet, gen der Blütenmerkmale und des Bestäuberbesuchs
wo seit den 1970er Jahren Jungpflanzen in der Kraut- gezeigt werden, was darauf hindeutet, dass Frost eine
schicht nachgewiesen wurden (Walther et al. 2007). wichtige Rolle beim Einfluss des Klimawandels auf
Neben der Ausbreitung von invasiven Arten begüns- Pflanzengemeinschaften und ihre Interaktionen spie-
tigt der Klimawandel auch die Einschleppung von len könnte (Pardee et al. 2017).
Krankheiten, die durch diese Arten mitgebracht wer- Ein zweiter, indirekter Effekt des Klimawandels ist
den. So ist etwa die Asiatische Tigermücke Trägerin aber eine höhere Frequenz solcher Störungen (siehe
von Krankheiten wie des Dengue-, Chikungunya und Kap. 1.2.1.3). Sie führt zu mehr Lücken im Wald, toten
des West-Nil-Fiebers (Pluskota et al. 2016). Zudem er- Bäumen und Bäumen mit reduzierter Vitalität. Dies ist
möglichen erhöhte Temperaturen das Bilden zusätzli- ein Zustand, der für die Vielfalt vieler Artengruppen
cher Generationen bei vielen Insekten im Jahresver- zunächst förderlich ist (Albrecht et al. 2013, ­Heidrich
lauf (Tobin et al. 2013, Becker et al. 2017) wie etwa et al. 2020, Hilmers et al. 2018), sofern Baumarten nicht
für den Buchsbaumzünsler in Mitteleuropa gezeigt völlig aus dem System verschwinden (z. B. Hultberg et
wurde (Baur et al. 2019). Während dieser normaler- al. 2020). Die vermehrte Verfügbarkeit von offenen
weise zwei Generationen pro Jahr ausbildet, könnten Lebensräumen erhöht beispielsweise die Anzahl der
in sehr warmen Sommern bereits drei Generationen Insektenpartner bei der Bestäubung (Albrecht et al.
beobachtet werden (Baur et al. 2019). 2013). Die Partnerzahl bei der Samenausbreitung hin-
gegen verzeichnete einen erheblichen Rückgang, wel-
Ressourcenveränderung durch erhöhte cher zumindest teilweise einem Verlust spezialisierter
Störungsfrequenz Arten zugeschrieben wird, die auf alte Waldbestände
angewiesen sind (Albrecht et al. 2013, 2014).
Der Lebenszyklus von Wäldern umfasst verschie-
dene Sukzessionsphasen, die durch unterschiedliche

30
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

Auswirkungen von Klimaänderungen auf die zu verzeichnenden Rückgang der Säureeinträge deut-
Funktionen der Wälder lich kleiner geworden ist (Riek et al. 2016, Prietzel et
al. 2020). Stickstoffeinträge in Waldökosysteme sind
Natürliche und bewirtschaftete Wälder bieten in jedoch immer noch sehr hoch (UBA 2015).
ihren vielen verschiedenen Ausprägungen der Wald- Eine europaweite Erhebung von 422 Waldbestän-
typen, aber auch innerhalb der einzelnen Bestände den liefert Hinweise dafür, dass Stickstoffeinträge
zahlreiche Lebensräume für Tiere, Pilze und Pflan- auch den beobachteten Anstieg der Holzzuwächse
zen (Ratcliffe et al. 2017). Je artenreicher der Baumbe- mit erklären können (Etzold et al. 2020). Entspre-
stand und je vielfältiger das Spektrum an Strukturele- chend dieser Untersuchung schlägt dieser Düngungs-
menten, wie etwa alte und dicke Bäume, Totholz, das effekt über einem gewissen Schwellenwert des Stick-
Angebot von Still- und Fließgewässern, die Variation stoffeintrags (zum Beispiel für Buche: 30 kg N ha-1 a-1)
zwischen Licht- und Schatten etc. ist, desto vielfältiger allerdings in einen schädigenden Effekt um, der das
wird die Tier- und Pflanzenwelt sein (Ampoorter et al. Wachstum hemmt. Dies steht im Einklang mit der Be-
2020, Gamfeldt et al. 2013, Hilmers et al. 2018). obachtung, dass sich in vielen Regionen die Verhält-
Ein Anstieg der Temperaturen fördert allgemein nisse von Stickstoff zu anderen Nährelementen in den
die Artenvielfalt, vor allem bei Insekten (Bässler et al. Blättern und Nadeln der Bäume, die als Maß für N-
2013). Artenvielfalt verbessert generell die Multifunk- induzierte Nährstoff-Ungleichgewichte gelten, vergrö-
tionalität ökologischer Prozesse (Hector und Bagchi ßert bzw. verschlechtert haben. Dies betrifft vor allem
2007). Entsprechend sind die Interaktionen und öko- das Verhältnis von Stickstoff zu Phosphor (Jonard et
logischen Funktionen von Wäldern eng mit deren Bio- al. 2014, Talkner et al. 2015). Diese Einträge sind auch
diversität verbunden (Albrecht et al. 2013, 2014) und im Zusammenhang mit dem Klimawandel sowohl aus
der Verlust oder die Zunahme von Arten als Folge des pflanzenphysiologischer Sicht als auch im Hinblick
Klimawandels ist eng assoziiert mit den Interaktio- auf die N-Dynamik im Boden relevant.
nen wie etwa der Bestäubung, der Samenausbreitung Die Folgen von N-Einträgen auf die Widerstandsfä-
oder der Herbivorie (Schleuning et al. 2016, Thom et higkeit von Wäldern gegenüber Trockenheit sind Ge-
al. 2017). genstand aktueller Forschung (Millar und Stephenson
Die vermehrten Störungsereignisse im Zusammen- 2015), die jedoch auch viele noch offene Fragen auf-
spiel mit der zunehmenden Klimaerwärmung führen wirft. Eine Überversorgung der Pflanzen mit Stickstoff
in vielen Fällen zu einer geringeren Resistenz von kann die Gefahr für hydraulischen Stress im pflanz-
Bäumen gegenüber Insektenbefall und Waldkrank- lichen Gewebe erhöhen. Dieses Problem wird durch
heiten führen (siehe Kap. 1.2.1.3.). Darüber hinaus verringertes Wurzelwachstum bei hoher N-Verfüg-
sind insbesondere die Struktur und die Zusammen- barkeit noch weiter verstärkt werden. Andererseits
setzung des Nahrungsnetzes im Boden von zentraler verringert schlechte Nährstoffversorgung jedoch
Bedeutung für die Pflanzengesundheit (Duran et al. auch die Wassernutzungseffizienz der Pflanzen bei
2018) und die Zersetzung von Pflanzenmaterial und Trockenheit (Gessler et al. 2017).
die Nährstoffrückführung ins Ökosystem (Heemsber- Trockenheit verändert auch die Dynamik und re-
gen et al. 2004). Steigende Temperaturen werden den duziert Speicherkapazität von Stickstoff im Boden.
Abbau beschleunigen (Gonzalez et al. 2008). Nach wiedereinsetzendem Niederschlag nach tro-
cken-warmen Phasen kann es zu Mineralisierungs-
1.2.1.5 Veränderungen des Nährstoff- und schüben und zur Auswaschung schnell freigesetzter
Kohlenstoffhaushalts Nährstoffe kommen (Brödlin et al. 2019). Bisher gibt
es aber keine Hinweise auf einen deutschlandweiten,
Der Nährstoffhaushalt von Waldökosystemen ist klimabedingten Trend bei der Nährstoffverfügbarkeit
stark anthropogen beeinflusst. Klimawandel und ex- oder der Nährstoffauswaschung. Dies liegt neben dem
treme Witterungsereignisse wirken dabei in Kombi- komplexen Zusammenspiel vieler gegenläufiger Pro-
nation mit anhaltender atmosphärischer Deposition zesse auch daran, dass parallel zur Veränderung des
und Säureeinträgen. Spätestens seit der Diskussion Klimas auch eine Veränderung der Art und Intensität
um das Waldsterben wird der Nährstoffhaushalt von der atmosphärischen Deposition stattfindet.
Waldökosystemen gut und kontinuierlich im Rahmen Im Falle gesteigerter Nachfrage nach Bioenergie
Europäischer (ICP Forests) und nationaler (Bodenzu- kann die Entfernung von Kronenholz für die energe-
standserhebung, BZE) Analysen und Monitoring-Pro- tische Verwendung für Forstbetriebe attraktiver wer-
gramme untersucht. Säure-, Schwefel- und Stickstoff- den. Mit der Entfernung dieser Baumkompartimente
einträge führen zur Auswaschung von Kationen wie ist ein nennenswerter Nährstoffentzug verbunden, da
Magnesium oder Kalium. Die Untersuchungen zeigen, die Nährelementanteile in diesen Kompartimenten
dass dieses Problem mit dem in den letzten Dekaden höher sind als im Industrie- und Stammholz (Block

31
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

et al. 2016, BFFF 2018). Dies gilt besonders für die der mittleren Jahrestemperatur. Diese Zunahme ent-
Nährelemente Kalium und Phosphor, deren Gehalte spricht 10 % des Kohlenstoffgesamtvorrates (Grüne-
in Ästen und in der Rinde weitaus höher sind als in berg et al. 2016).
den anderen Kompartimenten der Biomasse (Yanai et Die große Bedeutung der Waldböden für die Koh-
al. 1998, Ettl und Göttlein 2007, Meiwes 2013). Zusätz- lenstoffspeicherung ist durch viele Studien belegt
lich zur reinen Mengenbilanz von Kohlenstoff und der (DeVos et al. 2015). Sie weisen ebenso hohe oder sogar
Nährelemente sind in diesem Zusammenhang auch deutlich höhere Kohlenstoffvorräte auf als Böden
komplexe ökologische Konsequenzen des Biomasse- unter Grünland (Poeplau et al. 2011). Dagegen sind
entzuges zu berücksichtigen, von deren Bedeutung Ackerböden durch deutlich niedrigere Kohlenstoffge-
bereits Ebermayer als einer der Urväter der Walder- halte charakterisiert. Eindeutige Aussagen, wie sich
nährung überzeugt war (Ebermayer 1882, zitiert nach der Klimawandel auf die Kohlenstoffspeicherung in
Kölling und Borchert 2013) und die von aktuellen Un- Waldböden auswirkt, sind bisher jedoch nicht mög-
tersuchungen bestätigt wird (Lang et al. 2016). lich. Dies wird unter anderem von Arbeiten bestätigt,
In vielen europäischen Ländern wird eine ver- die darauf hinweisen, dass Wechselwirkungen zwi-
stärkte Vollbaumnutzung erwartet (Achat et al. 2015). schen Ökosystemen und dem Klimawandel zu den
In Deutschland hat man aber die Möglichkeiten und größten Unsicherheiten für Klimavorhersagen zählen
Grenzen der Vollbaumnutzung erkannt und sie in der (Heimann und Reichstein, 2008). Grundsätzlich ist im
forstlichen Praxis an eine Nachhaltigkeitssteuerung gemäßigten Klima damit zu rechnen, dass Tempera-
mittels Nährstoffbilanzierungen, Bodenvorratsbe- turerhöhung den Abbau organischer Bodensubstanz
stimmungen und abgeleitete Indikatoren gekoppelt, verstärkt (Hagedorn et al. 2010). Ob aber dieser Effekt
so dass bei der forstlichen Planung die Nutzungsin- durch erhöhte Biomasseproduktion oder durch tro-
tensitäten standortsabhängig und baumartenspezi- ckenheitsbedingte Hemmung des Kohlenstoffabbaus
fisch angepasst und auch Vorsorge- und Kompensa- ausgeglichen wird, ist bislang nicht geklärt.
tionsmaßnahmen differenziert durchgeführt werden Zusätzlich werden verstärkt auftretende Störun-
können. Außerdem ist dabei zu beachten, dass der gen die Kohlenstoffdynamik der Waldböden in bislang
Entzug der gesamten Baumbiomasse bei der Ernte ungewissem Ausmaß beeinflussen (Seidl et al. 2014).
auch ökonomisch nicht nachhaltig ist, selbst wenn Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass die Art
Äste und Zweige energetisch genutzt werden (Möh- der Waldbewirtschaftung (Baumartenwahl, Umtriebs-
ring und Rüping 2008). Gleichzeitig wird im Zuge des zeit, Durchforstungsintensität) den Kohlenstoffvorrat
öko­logischen Waldbaus in Deutschland der Erhalt von im Boden beeinflussen kann (Mayer et al. 2020). Da
Totholz als wichtiger Lebensraum und Nährstoffliefe- bislang vorliegende Ergebnisse oft vom ökologischen
rant gefördert. Laut der dritten Bundeswaldinventur Kontext abhängig sind und teilweise sogar in entge-
2012 (BMEL 2018) gibt es im deutschen Wald durch- gengesetzte Richtung weisen, ist auch hier auf Basis
schnittlich 20,6 m³ Totholz pro Hektar, insgesamt 224 der aktuellen Forschung noch keine generelle Aussage
Mio. m³. Das sind aktuell 18 % mehr totes Holz als vor möglich.
10 Jahren. Damit hat der Totholzvorrat 6 % des leben-
den Holzvorrates erreicht und beeinflusst den Nähr- 1.2.1.6. Veränderungen im Wasserkreislauf
stoff- und Kohlenstoffhaushalt positiv.
Die hier aufgeführten Veränderungen der Nähr- Die sowohl im Sommer als auch in den Wintermona-
stoffdynamik in Wäldern stehen in engem Zusammen- ten kontinuierlich steigenden Temperaturen, die ver-
hang mit deren Produktion von Biomasse, die die maß- längerte Vegetationsperiode und die dadurch erhöh-
gebliche Quelle des Kohlenstoffs im Boden darstellt. ten Verdunstungsraten gehen insgesamt nur mit einer
Vor diesem Hintergrund ist der auf Basis der Kohlen- leichten durchschnittlichen Niederschlagsabnahme,
stoffinventur 2017 deutlich gewordene beschleunigte dafür aber mit einer umso stärkeren Verschiebung
Holzzuwachs (Riedel et al. 2019, siehe dazu auch Kap. der Niederschläge in die Wintermonate (+26 % seit
1.2.1.7) von besonderer Bedeutung und könnte einer 1881) sowie einer Zunahme an Starkregenereignissen
der Gründe für die Zunahme des Kohlenstoffvorrats (+7 % seit 1951) einher (UBA 2019).
in den Waldböden sein. Die Zunahme des Bodenkoh- Die klimatischen Änderungen führen für den Was-
lenstoffvorrates ist ein zentrales Ergebnis der BZE, die serkreislauf im Wald zu verschiedenen Konsequen-
die Waldböden in Deutschland als bedeutende Koh- zen. Steigende Temperaturen sowie die im mittleren
lenstoffsenke identifiziert. Die BZE wurde 1990 und Trend seit 1961 um zwei Wochen verlängerte Vege-
2007 auf 1800 Waldstandorten durchgeführt. Die Ana- tationsperiode (www.dwd.de) sind Auslöser für eine
lysen ergaben, dass in diesem Zeitraum der Kohlen- insgesamt höhere potenzielle Verdunstung mit der
stoffvorrat in den Waldböden in Deutschland um 63 Folge, dass weniger Wasser versickern und ins Grund-
Mio. t zugenommen hat, trotz gleichzeitigen Anstiegs wasser infiltrieren kann (Spekat et al. 2007). In den

32
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

Wintermonaten nehmen die Niederschlagsmen- direkten Effekten des Klimawandels zusätzlich die hy-
gen zwar zu, sie treffen dann aber häufiger auf be- drologischen Prozesse Verdunstung, Rückhalt und Ab-
reits wassergesättigte oder gefrorene Böden und kön- fluss im Wald. Simulationsstudien zur Abflusssituation
nen nicht versickern. Genauso führt der zunehmende nach Windwürfen (Bronstert et al. 2001) sowie empiri-
Temperaturanstieg und die steigende Anzahl an hei- sche Studien zur Abflusssituation nach Kahlschlägen
ßen Tagen (+170 % seit 1951, UBA 2019) in den Som- (Beschta et al. 2000) zeigen, dass der Hochwasserschei-
mermonaten zur Austrocknung der Böden und damit tel und das Hochwasservolumen aufgrund einer ange-
zur Verringerung der Infiltrationsleistung und Erhö- nommenen geringeren Makroporosität und einer ge-
hung des Oberflächenabflusses. Niederschläge, die ringeren Interzeptionsspeicherung geringfügig in den
zunehmend als Starkniederschläge auftreten, können ersten fünf Jahren im Einzugsgebiet beeinflusst wird.
von den trockenen Böden im Sommer und den was- Eine weitere, durch den Klimawandel häufiger er-
sergesättigten Böden im Winter dann kaum aufge- wartete Störung von Waldökosystemen, deren Böden
nommen werden, sondern fließen oberirdisch ab und und Hydrologie sind Waldbrände (siehe Kap. 1.2.1.3).
erhöhen die Erosion. Durch Brände wird der Wald direkt aber nachfolgend
Beobachtungen an dem Grundwassermessnetz- auch indirekt durch die Herabsetzung des Wasserspei-
werk der Länder zeigen, dass, im Vergleich zum lang- chervermögens der Böden negativ beeinflusst (Lar-
jährigen Mittel, Monate mit unterdurchschnittlich son-Nash et al. 2018, Cerdá und Robichaud 2009).
niedrigen Grundwasserständen signifikant häufiger Auch die Baumartenzusammensetzung und Struk-
werden. Vor allem über mehrere Jahre hintereinan- tur von Wäldern beeinflussen deren Wasserhaushalt.
der auftretende Niederschlagsdefizite führen zu sin- In einer Freilandstudie des Thünen Instituts (Müller
kenden Grundwasserständen oder verringerten Quell- 2016) zu hydroökologischen Wirkungen des Waldum-
schüttungen. In größeren Bereichen von Deutschland baus wurde festgestellt, dass die Grundwasserneubil-
und speziell in den Niederungen wird mittel- bis lang- dung durch das Alter und die Art der Bäume, die ver-
fristig mit dem Absinken des Grundwasserspiegels tikale Strukturierung und Heterogenität der Wälder
aufgrund einer geringeren Grundwasserneubildung sowie die Art und Weise ihrer Bewirtschaftung beein-
zu rechnen sein, was weitreichende Konsequenzen flusst wird. Laubwälder wiesen dabei grundsätzlich
für die angrenzenden grundwasserabhängigen Öko- eine höhere Grundwasserneubildungsrate auf als Na-
systeme hat. delwälder, obwohl Nadelbaumarten wie Kiefer oder
Zu den geringeren Niederschlägen im Sommer Douglasie oft einen geringeren Wasserbedarf auf-
kommt hinzu, dass die Verdunstung durch die höhe- weisen als Laubbaumarten (Prietzel und Bachmann
ren Temperaturen und verlängerte Vegetationsperi- 2011). Die Ursache für die größere Grundwasserneu-
ode steigen wird (Hartmann 2011). Das hat ebenfalls bildungsrate von Laubwäldern als von Nadelwäldern
eine Verschlechterung der Wasserbilanz zur Folge, ist die höhere Sickerwasserspende im Winter. In hy-
was durch die Trockenschäden der letzten Jahre sehr drologischen Simulationsrechnungen im Oker Ein-
deutlich dokumentiert wird. Pflanzenverfügbares Bo- zugsgebiet im Harz (Sutmöller et al. 2010) sowie in
denwasser wird, wie der Dürremonitor des Helm- anderen Einzugsgebieten (Bosch und Hewlett 1982,
holzzentrums für Umweltforschung (www.ufz.de/du- Gallart und Llorens 2003) konnte ebenfalls ein distink-
erremonitor) anschaulich zeigt, in immer kürzeren ter Einfluss der Bewirtschaftungsform auf die hydro-
zeitlichen Intervallen zur Mangelware. Erhobene Zeit- logischen Prozesse im Wald nachgewiesen werden.
reihen aus der Nationalen Waldbodeninventur zur Im Allgemeinen zeigen sich Bestände mit hoher Bio-
Bodenwasserspeicherung und verschiedener Dürre- masse und mit großen Blattmengen als anspruchsvol-
Stress-Indizes zeigen übereinstimmend, dass die In- ler im Wasserbedarf. Durchforstung kann die Wasser-
tensität des Wassermangels im Wald seit 1990 zuge- verfügbarkeit im Bestand erhöhen (Sohn et al. 2012)
nommen hat (Puhlmann et al. 2019) (siehe auch Kap. gleiche Effekte sind für die Sickerwasserspende zu
1.2.1.3). Die Daten belegen, dass für die Auswirkungen erwarten. Zusammenhänge zwischen der Bestandes-
von Dürre auf das Baumwachstum nicht nur das Was- struktur und verschiedenen Wasserhaushaltskompo-
serdefizit an sich, sondern auch Zeitpunkt, Dauer und nenten sind komplex und oft schwierig vorherzusa-
Intensität der Dürre entscheidend sind. gen. Je nach klimatischer Situation kann Auflichtung
Oben skizzierte Ursachen für die Verschlechte- von Wäldern durch turbulente Windströmungen auch
rung der Wasserversorgung und der Wasserquali- die Verdunstung der Bäume erhöhen mit entspre-
tät werden durch eine Art Selbstverstärkungseffekt chenden negativen Wirkungen für die Grundwasser-
des Klimawandels weiter intensiviert. Großflächige neubildung (Ringgaard et al. 2012).
Windwurfereignisse oder durch die Trockenheit be- Die vorgestellten Ergebnisse liefern erste Hin-
günstigte Massenvermehrungen von Schadorganis- weise, um die zukünftige Gefährdung der heutigen
men wie den Borkenkäfern verändern neben den Wälder abzuschätzen und Strategien zur Anpassung

33
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

an die regionalspezifischen Auswirkungen des sich als auch auf die Auswirkungen des sich regional bis
bereits vollziehenden Klimawandels zu entwickeln. global ändernden Klimas zurückzuführen. Informa-
Der Klimawandel erfordert insbesondere an trocken- tionen zu diesen Veränderungsprozessen können aus
heitsempfindlichen Standorten eine Veränderung der Großrauminventuren, Dauerbeobachtungsflächen,
Baumartenzusammensetzung. Wie sich diese auf die Experimenten und Modellen gewonnen werden. In
Wasserhaltekapazität der Waldböden oder den Was- Deutschland setzt sich das Nationale Waldmonito-
serhaushalt der Wälder insgesamt auswirkt, gehört ringprogramm aus der großräumigen Bundeswald-
trotz vorhandener Untersuchungen noch zu den offe- inventur (BWI) und den räumlich höher auflösenden
nen Fragen der Vorhersage und Bewertung der zu er- Wald- und Bodenzustandserhebungen zusammen
wartenden Veränderungen. (Wellbrock und Bolte 2020). Informationen zur Pro-
duktivität der Wälder werden hier aus der zeitlichen
1.2.1.7 Veränderungen der Biomasse­ Veränderung von Vorräten sowie des Ausscheidens
produktivität von Wäldern von Bäumen durch Ernte oder natürliches Absterben
abgeleitet.
In der Ökologie bezieht sich der Begriff Produktivi- Rückblickend auf die letzten Jahrzehnte waren
tät auf die Rate der Erzeugung von Biomasse in einem Wälder eine Kohlenstoffsenke mit einer kontinuier-
Ökosystem, üblicherweise ausgedrückt in Masse pro lichen Zunahme des Kohlenstoffs in der unter- und
Fläche pro Zeit. Die Masseneinheit kann sich auf oberirdischen Biomasse (Riedel et al. 2019). Den Ein-
die Trockensubstanz oder auf die Masse des erzeug- fluss der gravierenden Schadereignisse der letzten
ten Kohlenstoffs beziehen. Die Primärproduktivi- Jahre (2018 – 2020) wird allerdings erst die Bundes-
tät ist der Prozess, der aus der photosynthetischen waldinventur 2022 aufzeigen können. Aus den letz-
Aktivität der Pflanzen resultiert und die Akkumu-
­ ten Ergebnissen der Kohlenstoffinventur 2017 ist eine
lation von Biomasse, z. B. in Wäldern, bestimmt. Die hohe CO2-Bindungsrate in den jüngeren Altersklassen
Netto-­Primärproduktivität (NPP) je Jahr und Hektar ersichtlich, die mit zunehmendem Bestandesalter ste-
ist einer der wichtigsten Kenngrößen zur Beschrei- tig abnimmt (Riedel et al. 2019). Auffallend ist auch,
bung der Produktivität von Ökosystemen. Sie stellt dass in der gleichen Altersklasse die Buche je Flächen-
die Differenz zwischen der Assimilation (oder Brutto- einheit ähnlich viel CO2 bindet wie die Fichte, und
Primärproduktion, BPP) durch den Prozess der Pho- die Eiche mehr als die Kiefer. Die Kohlenstoffspeiche-
tosynthese von Pflanzenblättern und den Energie- rungsrate der Baumarten lag somit deutlich enger bei-
verlusten aufgrund von Atmung und Mortalität der einander als der auf das Volumen bezogene Zuwachs
Pflanzengewebe dar. Das Verhältnis der NPP zur BPP (Hennig et al. 2019). Offenbar könnte aber für die zu-
beträgt etwas weniger als 50 %; für eine Vielzahl un- künftige Biomasseproduktivität weniger die Baumart,
terschiedlicher Wälder wurde ein durchschnittlicher sondern mehr ihre Altersverteilung und die zukünf-
Wert ­dieses Verhältnisses von 0,47 bestimmt (Waring tige Entwicklung der Wuchsleistung von Bedeutung
et al. 1998). sein. Basierend auf Daten von langfristigen, ertrags-
Die Biomasseproduktivität von Wäldern wird kundlichen Versuchsflächen, die seit 1870 kontinuier-
durch eine Vielzahl von abiotischen (Wasserverfüg- lich unter Beobachtung stehen, zeigten Pretzsch et al.
barkeit, Temperatur, Licht, CO2-Konzentration der (2014) für die Hauptbaumarten Fichte und Buche eine
Umgebungsluft, Nährstoffverfügbarkeit, toxische signifikante Beschleunigung der Bestandesproduk-
Substanzen, Störungen wie z. B. Sturm oder Feuer) tivität (+10 bis +30 %) für den Zeitraum 1961 – 2010.
und biotischen Faktoren (Artenzusammensetzung, Ef- Dabei folgen Bäume und Waldbestände nach wie vor
fizienz der Pflanzen, Mikroorganismen, Herbivoren, ähnlichen allometrischen Regeln. So verändert sich
Krankheiten) beeinflusst. Zudem haben waldbauli- zum Beispiel bei gegebener Bestandeshöhe das er-
che Maßnahmen, mit denen sich einige der oben ge- reichte Volumen nicht, aber dieselben Baum- und Be-
nannten Faktoren steuern lassen, einen erheblichen standesgrößen werden schlichtweg in früherem Alter
Einfluss auf die Produktivität von Wäldern. Die Model- erreicht als in der Vergangenheit. Das schnellere Volu-
lierungsergebnisse von Härkönen et al. (2019) deuten menwachstum geht allerdings mit einer verringerten
darauf hin, dass Änderungen in der Bewirtschaftung Holzdichte einher, wodurch die CO2-Bindung weniger
europäischer Wälder sogar größere Auswirkungen gestiegen ist (Pretzsch et al. 2018).
auf das Wachstum der Bestände und die Kohlenstoff- Die Wachstumsbeschleunigung scheint in erster
bilanz haben als der prognostizierte Klimawandel. Linie auf Temperaturerhöhungen, Verlängerung der
Weltweit unterliegen die Waldökosysteme einer Vegetationszeit und deutlich gestiegene atmosphäri-
an Geschwindigkeit zunehmenden Veränderung. Dies sche CO2-Konzentrationen und Stickstoffeinträge zu-
ist sowohl auf anthropogen bedingte Standortverän- rückzuführen zu sein (Pretzsch et al. 2018). Modell-
derungen durch die Deposition von Luftschadstoffen, basierte Wachstumssimulationen zeigten, dass die

34
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

klimatischen Veränderungen allein, ohne die erhöh- wachsenden Limitierungen für Bäume stattfindet.
ten CO2-Konzentrationen und Stickstoffeinträge, eine Während positive Effekte auf das Wachsen von Bäu-
Reduktion des Wachstums im Zeitraum von 1981 bis men in Zukunft stark variabel und lokal unterschied-
2010 bewirkt hätten. Die Beschleunigung des Wachs- lich ausfallen werden, zeigt sich in Hinblick auf die
tums fiel auf gut mit Nährstoffen versorgten Stand- Mortalität ein einheitlich negatives Bild.
orten höher aus als auf nährstoffarmen Standorten. Seidl et al. (2017) untersuchen die Folgen der durch
Forstwirtschaftlich und produktionstechnisch werden den Klimawandel induzierten, extremer auftreten-
diese Befunde als vorteilhaft interpretiert. den abiotischen und biotischen Einflüsse auf Wälder.
Eine Fortsetzung dieser positiven Wachstums- Wärmere und trockenere Bedingungen fördern insbe-
trends in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sondere Störungen durch Feuer, Dürre und Insekten,
­erscheint sehr unwahrscheinlich. Andere regionale, während wärmere und feuchtere Bedingungen die
auf Inventuren basierende Analysen weisen bereits Störungen durch Wind und Krankheitserreger ver-
auf abnehmende Wachstumstrends hin. Bereits vor stärken. Großflächige Wechselwirkungen zwischen
15 Jahren wurde festgestellt, dass das Wachstum der den Störungsfaktoren wirken dabei verstärkend, wäh-
Buche an ihrer südlichen Verbreitungsgrenze trotz rend indirekte Folgen von Störungen z. B. die Verände-
der damals noch eher moderaten Temperaturzu- rungen der Vegetation (Ersatz von Nadel- durch Laub-
nahme schon deutlich nachließ (Jump et al. 2006). wälder), die langfristige Störungsempfindlichkeit
Für die Hauptbaumarten Südwestdeutschlands gegenüber dem Klima wieder herabsetzen können.
wurden ab Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die 1990er Von klimatischen Extremen und einer Zunahme
Jahre zwar steigende Zuwachstrends beobachtet, da- von abiotischen und biotischen Störungen sind ins-
nach kehrte sich bei allen Baumarten dieser Trend besondere große und alte Bäume betroffen (Linden-
aller­dings um (Kohnle et al. 2014, Kohnle und Klädtke mayer et al. 2012, Grote et al. 2016). Diese sind auf-
2018). Nothdurft et al. (2012) rechnen in ihren Szena- grund ihrer Höhe stärker von Windwurf gefährdet,
rien bis 2070 mit einem Rückgang der Wuchsleistung geraten wegen der langen Wassertransportwege
bei allen Hauptbaumarten in den tiefen Lagen Süd- schneller unter Trockenstress und sind somit auch
westdeutschlands. Ab der submontanen Zone nimmt stärker herbivoren Insekten wie zum Beispiel Borken-
die Wuchsleistung von Weißtanne und besonders käfern ausgesetzt (Forzieri et al. 2021). Mit zunehmen-
der Eiche zu, für Buche und Fichte wird eine deutlich dem Alter sammeln sich auf Bäumen auch pathogene
nachlassende Wuchsleistung in kollinen Lagen pro- Parasiten an wie z. B. der Hemiparasit Mistel, die ihre
gnostiziert. Prognosen zur zukünftigen Entwicklung Widerstandskraft schwächen. Ein Ergebnis der Ver-
der Biomasseproduktivität von Wäldern sind aller- änderung der Störungsregime wird sehr wahrschein-
dings außerordentlich kompliziert. So repräsentiert lich die Entstehung von Wäldern mit kleineren Bäu-
das heutige Wachstum eines Bestandes in tieferen men, offenere Bestände und niedrigere Biomasse sein
Lagen nicht das zukünftige Wachstum in höheren Be- (McDowell et al. 2020). Das könnte direkte Auswirkun-
reichen nach einer Temperaturzunahme (Kohnle und gen auf die Klimaschutzwirkung von Wäldern haben,
Klädtke 2018; Trotsiuk et al. 2020). indem die Kohlenstoff-Speichermenge der oberirdi-
Die jüngsten Erfahrungen der Hitzesommer 2018 schen Biomasse abnimmt. Zudem steht weniger Holz
und 2019, die auch in vielen Teilen Deutschlands zu mit gegebenenfalls anderen Eigenschaften zur Verfü-
immensen Trockenheits- und Folgeschäden an gan- gung für die Holzproduktespeicher und die stoffliche
zen Waldbeständen geführt haben, zeigen an, dass und energetische Substitution.
viele verbreitete europäische Baumarten der gemä- Zudem sind Auswirkungen auf die Funktionen der
ßigten Zonen für extreme sommerliche Trockenheit Waldböden und die Biodiversität mit der Veränderung
und Hitzewellen anfälliger sind als bisher angenom- der Baumarten-Zusammensetzung und der zuneh-
men (Schuldt et al. 2020). Da sich extreme Dürre- und mende Verlust von alten Wäldern und großen Bäu-
Hitzeereignisse mit dem fortschreitenden Klimawan- men zu erwarten (z. B. Augustynczik et al. 2019, Hoff-
del wahrscheinlich häufen werden, könnte den mit- mann et al. 2019, Lindenmayer et al. 2012, siehe auch
teleuropäischen Wäldern eine substanzielle ökologi- Kap. 1.2.1.3).
sche und ökonomische Transformation bevorstehen Insgesamt ist bei der Beurteilung der zukünftigen
(Schuldt et al. 2020, Hanewinkel et al. 2013). McDo- Biomasseproduktivität in den vorgelegten inventur-
well et al. (2020) untersuchten in einer Metastudie die basierten und auch dendrochronologischen Analysen
weltweiten Auswirkungen der Änderungen vorwie- zu berücksichtigen, dass diese an den überlebenden
gend abiotischer Faktoren auf die globale Entwick- Bäumen und Versuchsflächen durchgeführt worden
lung von Wäldern. Sie interpretieren, dass gegenwär- sind. Die Einflüsse von Störungen werden daher sys-
tig ein Wechsel von überwiegend positiven Effekten tematisch eher unterschätzt. Die Veränderung der zu-
des globalen Klimawandels hin zu einer Periode der künftigen Produktivität, insbesondere, wenn sie durch

35
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

einen Wechsel der Baumartenzusammensetzung ver- an 25 Standorten deutlich übersichtlicher und ein-
ursacht wird, kann dabei nur eingeschränkt betrach- heitlich großindustriell strukturiert. Die nationale
tet werden. Dafür bedarf es einer Kombination von Produktionskapazität im Jahr 2015 betrug 12,6 Mio.
Artverbreitungs- und physiologischen Wachstums- m3 (Spanplatten 5,7; OSB 1,3; Faserplatten höherer
modellen sowie Mortalitätsmodellen, um die Auswir- Dichten 4,2 und geringerer Dichten 1,4; alle Angaben
kungen der Verschiebung der Baumartenzusammen- in Mio. m3). Der Rohstoffbedarf der Holzwerkstoff-
setzung in Kombination mit dem Klimawandel und produktion wird zu 40 % durch Sägenebenprodukte
einem sich ändernden Störungsregime auf die Pro- (Hackschnitzel, Sägemehl) und zu knapp einem Drit-
duktivität von Wäldern sicherer abschätzen zu kön- tel durch Nadelindustrieholz aus der Forstwirtschaft
nen. Derzeit sind die Interaktionen von klimatischen gedeckt. Laubindustrieholz wird zu 14 % eingesetzt, in
Veränderungen und Veränderung des biotischen Stö- der Spanplattenfertigung werden zudem zunehmend
rungsregimes nicht ausreichend gut voraussagbar Altholzsortimente verwendet, der Gesamteinsatz 2015
und alle Projektionen der zukünftigen Produktivität betrug 12 %, bei steigender Tendenz. Die verbrauch-
der Wälder sind daher mit erheblichen Unsicherhei- ten Holzrohstoffe werden zu 84,0 % aus dem Inland im
ten behaftet. Umkreis von meist weniger als 150 km bezogen.
Die Holzschliff- und Zellstoffindustrie ist auf 16
1.2.2 Bereitstellung von Produktionsstandorte verteilt: Zehn Holzschliff bzw.
Ökosystemleistungen Refiner-Holzstoffwerke haben eine Gesamtkapazität
von 1,2 Mio. t Holzschliff, die vier Sulfitwerke produ-
1.2.2.1 Holz/Rohstoffe zieren jährlich 0,6 Mio t und die beiden Sulfatwerke
1.0 Mio t Zellstoff. Mit einem Verbrauchsvolumen von
Der Rohstoff Holz wird in Deutschland überwiegend 5,3 Mio. m3 bzw. einem Verbrauchsanteil von 53,4 %
in der Säge- und Holzindustrie, Holzwerkstoff- und war Nadelindustrieholz wichtigstes Holzrohstoffsor-
Zellstoffindustrie sowie zur Energieerzeugung ge- timent, 38,3 % des Bedarfs wurde aus Sägenebenpro-
nutzt. Etwa zwei Drittel des im heimischen Wald ein- dukten gedeckt, und Laubindustrieholz wurde zu 0,8
geschlagenen Rohholzes (ca. 70 Mio m3) werden einer Mio. m3 eingesetzt. Die Transportdistanzen liegen im
stofflichen Nutzung zugeführt, etwa ein Drittel direkt Schnitt zwischen 100 und 200 km.
energetisch genutzt (Jochem et al. 2015). Das stofflich Während die Sägeindustrie annähernd flächende-
genutzte Rohholz wird zu mehr als 75 % in Sägewer- ckend über das Bundesgebiet verteilt ist (mit Ansiede-
ken eingeschnitten. Die Sägerestholzmengen werden lungen der großen Nadelholzproduzenten vor allem
mehrheitlich von der Holzwerkstoff- und Zell-/Holz- in Süd- und Westdeutschland), ist die Holzwerkstoffin-
stoffindustrie stofflich weiterverarbeitet oder ener- dustrie in räumlicher Nähe zu den großen Möbelindus-
getisch genutzt. Werden diese für die Wärme- oder trien in Nordrhein-Westfalen und in den neuen Bun-
Stromproduktion verwendeten Reststoffe und Neben- desländern angesiedelt, dort in Nähe zu den beiden
produkte berücksichtigt (ausgewiesen in den Statisti- großen Sulfatzellstoffwerken. Die Sulfitzellstoffher-
ken zur Holzrohstoffnutzung), erhöht sich der Anteil stellung ist vorwiegend im Südwesten und die Holz-
des energetisch genutzten Holzes in Deutschland auf schliffproduktion im Süden Deutschlands lokalisiert.
gut 50 % (Bösch et al. 2015).
Die aktuellen Strukturen der holzbe- und -verar- Die energetische Verwertung von Holz erfolgt einer­
beitenden Unternehmen und ihre räumliche Vertei- seits in Privathaushalten zur Wärmegewinnung, und
lung wurden auf Grundlage von Umfrage- und Statis- andererseits in Biomassefeuerungsanlagen zur Er-
tikauswertungen dokumentiert (Mantau et al 2018). zeugung von Strom und/oder Wärme mit einer Wär-
Von den 2.070 Schnittholzproduzenten sind 70 % auf meleistung unter sowie über 1 MW. Gut 30 Mio m3
Nadelholz und 10 % auf Laubholz spezialisiert, 20 % Waldrestholz, davon 63 % Laubholz, werden vorwie-
sind Mischbetriebe. Das hochgerechnete Einschnittvo- gend als Scheitholz in Privathaushalten verfeuert, die
lumen 2015 betrug 36,0 Mio. m3 Stammholz. Ca. 1.900 Menge ist jedoch stark abhängig von den Witterungs-
Sägewerke haben eine jährliche Einschnittskapazität bedingungen im Winterhalbjahr. Der Anteil von Pel-
unter 20.000 m3 und gelten als Kleinbetriebe, sie sind letheizungen, deren Rohstoff aus Sägenebenproduk-
regional recht homogen über das Bundesgebiet ver- ten (Säge- u. Hobelspäne) hergestellt wird, ist in der
teilt angesiedelt. Die industriellen Großbetriebe mit letzten Dekade stark gestiegen. Die unter anderem
Einschnittskapazitäten > 0,2 Mio. m3 sind zu 96 % auf durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geför-
Nadelholz spezialisiert und liefern gut 2/3 des nationa- derte Energieerzeugung in gewerblichen Biomasse-
len Einschnittvolumens, bei einem Anteil von nur 2,1 feuerungsanlagen > 1MW fand im Jahr 2016 in 504
an der Betriebsanzahl der Sägewerke. Anlagen statt, die 19,2 Mio. m3 Holz verwerteten, vor-
Die Holzwerkstoffindustrie ist mit 32 Betrieben wiegend aus Altholz und Landschaftspflegeholz. Die

36
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

Biomassefeuerungsanlagen > 1MW sind in allen Regie- ergeben. In einer Phase hoher Angebote der Forstbe-
rungsbezirken des Bundesgebietes errichtet worden, triebe wurde Nadelholz netto exportiert. Mit der ein-
es gibt mit Oberbayern, Karlsruhe, Arnsberg, Bran- setzenden Verknappung von Nadelholz nach Kyrill
denburg vier Zentren mit einem Jahresholzverbrauch hat sich die Handelsrichtung im Saldo umgekehrt und
von jeweils mehr als 750.000 t. In den gewerblichen Deutschland wurde mit ca. 5,5 Mio. m³ pro Jahr zum
Kleinfeuerungsanlagen (unter 1 MW, Anzahl > 36.000) Nettoimporteuer. Die holzbearbeitende Industrie hat
wurden 2016 8,2 Mio. m³ Holz verfeuert, vorwie- somit nicht die Rohstoffbasis von Nadel- auf Laubholz
gend aus Waldrestholz (31,4 %), Sägenebenprodukten gewechselt, was in der Regel auch technisch (wegen
18,4 %), Waldderbholz (13,7 %), Landschaftspflegeholz fehlender Substituierbarkeit in der stofflichen Nut-
(15,9 %) und Pellets/Briketts (7,3 %) sowie in kleine- zung) nicht möglich ist, sondern den Bedarf an Na-
ren Mengen aus Alt- bzw. Gebrauchtholz, Rinde (lose), delholz stärker aus dem Ausland gedeckt. Die großen
Schnellwuchsplantagenholz und Hackschnitzeln un- Mengen an Nadelkalamitätsholz ab dem Jahr 2018
bestimmter Herkunft. haben die Richtung des Handelsüberschusses im Jahr
Die Verwertung von Holzsortimenten zur Produk- 2019 wieder umgekehrt; Deutschland ist wieder Netto-
tion chemischer Grundstoffe ist momentan noch nicht exporteur, wenn auch nur in geringem Umfang.
großtechnisch etabliert, sondern befindet sich derzeit Beim Laubholz ist die Bundesrepublik Deutsch-
in der Pilotphase. Es besteht breites Einvernehmen, land schon länger Netto-Exporteur, weil die verfügba-
dass Forst- und Holzwirtschaft zu den zentralen Stüt- ren Verarbeitungskapazitäten das inländische Holz-
zen einer nationalen Bioökonomie zählen (Miletzky et aufkommen nicht vollständig aufnehmen können.
al. 2020). Holz ist die mit Abstand größte biobasierte
Rohstoffquelle zur stofflichen, chemischen und me-
chanischen Nutzung für eine weite Produktpalette au-
ßerhalb des Lebens- und Futtermittelbereiches.
Die holzbasierte Bioökonomie muss den Rohstoff
Holz (Stammholz, Kronenholz, Nebenprodukte aus
der Verarbeitung, Altholz aus vorausgegangener Nut-
zung) mit hohen Effizienzgraden nutzen, um die stei-
genden Mengenbedürfnisse zu decken. Die stoffliche
Nutzung hat dabei eine höhere Priorität gegenüber
der energetischen. Wichtige Pfeiler der holzbasierten
Bioökonomie sind die Kreislaufführung von Rohstof-
fen, und die Kaskadennutzung, bei der nutzbare Holz-
bestandteile von einem Produkt am Ende des Produk-
telebens in eine weitere Produktnutzung überführt
werden. Erst wenn keine effiziente stoffliche Nutzung
mehr möglich ist, erfolgt die Nutzung der Reststoffe
als Energieträger.
Die holzbe- und holzverarbeitende Industrie in
Deutschland hat sich auf die bisher langfristig sichere
Verfügbarkeit von Nadelholz eingestellt. Etwa 85 %
des in Deutschland stofflich genutzten Holzes ist Na-
delholz (Jochem et al. 2015, Thünen-Institut 2020a).
Der weit überwiegende Anteil der Wertschöpfung im
Cluster Forst und Holz in Höhe von 57 Mrd. Euro pro
Jahr (Becher 2016, Thünen-Institut 2020b) ist somit
abhängig von der regelmäßigen Verfügbarkeit von
Nadelholz.
Diese starke Abhängigkeit zeigt sich insbesondere
auch in der Entwicklung der Außenhandelssalden im
Handel mit Rohholz (Abb. 21). Während die Vorzei-
chen der Handelssalden mit Laubholz und mit Brenn-
holz über den betrachteten Zeitraum von 2001 bis
2019 gleichgeblieben sind und sich auch in der Höhe
keine größeren Änderungen ergeben haben, haben
sich beim Nadelholz erhebliche Veränderungen

37
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Außenhandelssaldo mit Rohholz der Bundesrepublik Deutschland


8

4
in Mio. m³ (r)

-2 Nadelstamm- und
Nadelindustrieholz
-4 Laubstamm- und
Laubindustrieholz
-6 Brennholz (Laub- und Nadelholz)

-8
2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019
Daten 2020 vorläufig

Abb. 21:  Außenhandelssaldo Deutschlands mit Nadelholz, Laubholz und Brennholz im Zeitablauf; negatives Vorzeichen = Import, positives Vorzei-
chen = Export. Quelle: Basis Weimar 2018, Thünen-Institut auf Grundlage amtlicher Außenhandelsstatistik (StBA FS 7, R 2)

Auf die hohe Bedeutung von Nadelholz, insbeson- zum Beispiel aufgrund von Farbveränderungen, we-
dere Fichte, für die Ertragslage der Forstbetriebe in niger Akzeptanz bei den Abnehmern findet, ist auch
Deutschland wird im Kapitel 3.1.1.2 (Wirtschaftser- weiterhin ein Frischholzeinschlag notwendig. Die
gebnisse) sowie im Kapitel 3.1.3.8 (Alternative Ein- Preise für Nadelholz sind im Durchschnitt über ganz
kommensquellen für Forstbetriebe) eingegangen. So- Deutschland deutlich gesunken, in den Hauptscha-
wohl für die Forstbetriebe als auch für die holzbe- und densgebieten war es zum Teil unverkäuflich, wenn
holzverarbeitende Industrie stellt sich damit die Frage der Holzpreis die Aufarbeitungskosten nicht mehr
nach der kurz-, mittel- und langfristigen Entwicklung deckte.
des Nadelholzaufkommens in Deutschland und mögli- Kurzfristig kann das folgende Szenario als ein
cher Konsequenzen. Hierbei ist zu beachten, dass die wahrscheinliches angesehen werden. Das Nadelholz-
Zeithorizonte bei Projektionen in der Waldwirtschaft aufkommen bleibt weiter hoch, allerdings zu einem
(kurzfristig: 15 bis 20 Jahre, mittelfristig: ca. 40 – 50 nennenswerten Anteil aus Kalamitätsholznutzun-
Jahre, langfristig ca. 80 – 100 Jahre) sich von den Zeit- gen. Die Qualität dieser unplanmäßig genutzten Sor-
horizonten der Holz- und Bauwirtschaft wesentlich timente hängt wesentlich vom vorsorglichen Risiko-
unterscheiden. management inkl. Maßnahmen des Werterhalts auf
Die letzten drei Jahre waren von besonderen Er- den Lagerplätzen ab. Frischholz wird weiter benötigt,
eignissen für die Forstwirtschaft geprägt: Trocken- wird dabei aber naturgemäß knapper, da Kalamitäts-
heit und Folgeschäden durch Borkenkäfer und andere holz vormals auch Bestandteil des Frischholzangebo-
Schadorganismen haben einen hohen Anfall an Kala- tes war. Die Preise für Nadelholz, insbesondere für Ka-
mitätsholz verursacht. Schätzungen der Bundeslän- lamitätsholz, bleiben weiter niedrig.
der (Stand Juni 2020) belaufen sich auf einen Kalami- Mittelfristig (bis 2050) wird das in den Jahren
tätsholzanfall von 178 Millionen Kubikmeter und eine 2018 – 2021 vorzeitig und unplanmäßig angefallene
Fläche von 285.000 Hektar, die wiederbewaldet wer- Nadelholz dem Holzmarkt fehlen. Zudem werden zu
den muss (BMEL 2020). Zum Teil steht das Kalamitäts- einem wachsenden Anteil starke Stammdimensionen
holz noch im Wald; Schätzungen des Thünen-Institu- angeboten werden, für die es kaum eine Nachfrage
tes dazu (Stand August 2020) belaufen sich auf ca. 37 gibt und für die ebenfalls die Logistikketten fehlen.
Mio. m³. Da Kalamitätsholz in verschiedenen Verwen- Zwischen den beiden Bundeswaldinventuren 2002
dungsbereichen nicht mehr oder nur begrenzt ein- und 2012 haben sich die Durchschnittsvorräte in den
satzfähig ist, oder auch trotz technischer Tauglichkeit, Durchmesserklassen ab 60 cm beim Nadelholz um ca.

38
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

70 % erhöht (Abb. 22). Nadelholz der nachgefragten geringer Mengen Erlöseinbußen hinnehmen müssen.
mittleren Dimensionen wird daher mittelfristig knapp Lösungsansätze, die beiden Marktseiten nützen
werden. würden, wären ein verstärkter Anbau wuchskräfti-
Langfristig wird Nadelholz in Deutschland sehr ger und stabiler Nadelbaumarten (wie beispielsweise
knapp werden. Begründet ist dies in der hohen Risiko­ Douglasie), die wertschöpfende Verwertung von Na-
anfälligkeit insbesondere der Baumart Fichte und in del-Starkholz in deutlich größeren Mengen, sowie die
dem seit ca. 30 Jahren dauernden Waldumbau; Nadel­ stoffliche Verwertung der verschiedenen, zunehmend
holz domi­ nierte Wälder werden vielfach in Laub- auf den Markt kommenden Laubholzarten, erwei-
und Mischwälder umgebaut. In der Jungbestockung tert um die Laubholznutzung für Biokomposite und
(Bäume zwischen 0,2 und vier Meter Höhe) weist die die chemische Industrie (Bioraffinerie). Der Lösungs-
Bundeswaldinventur 2012 mittlerweile nur noch 25 % ansatz „zunehmende Einfuhr von Nadel-Rohholz“
Nadelholz aus. Unter den derzeitigen Strukturen der würde allein der Holzwirtschaft nutzen. Bei ihm stellt
Verarbeitung und Verwendung von Holz in Deutsch- sich zudem die Frage nach der langfristigen Verfüg-
land würden damit weder Forst- noch Holzwirtschaft barkeit von Nadelholz in unseren Nachbarländern;
wettbewerbsfähig und damit rentabel sein. Rohholz über weitere Strecken zu transportieren ist in
Die Auswirkungen der dargelegten möglichen Zu- der Regel unwirtschaftlich. Vom Lösungsansatz „Ho-
künfte sind für die beiden Marktpartner Forst- und norierung von Ökosystemleistungen“ würde, je nach
Holzwirtschaft besorgniserregend. Wenngleich die Ausgestaltung, in erster Linie die Forstwirtschaft pro-
Holzwirtschaft kurzfristig noch Gewinn aus dem Über- fitieren. Die Abwanderung von größeren Teilen der
angebot an Holz schlagen kann, verliert sie mittel- holzbearbeitenden Industrie als Alternative würde
und langfristig ihre wichtige Rohstoffgrundlage. Die auf jeden Fall sowohl der Forstwirtschaft erheblich
Forstwirtschaft wird kurzfristig aufgrund niedriger schaden als auch einen volkswirtschaftlichen Verlust
Rohholzpreise und mittel- und langfristig aufgrund bedeuten.

200

Holzartengruppe Fichte
175 Holzartengruppe Kiefer
Holzartengruppe Buche
Holzartengruppe Eiche
150
Index des Vorrates (BWI2002=100 %)

125

100

75

50

25

0
7 - 9,9 10 - 19,9 20 - 29,9 30 - 39,9 40 - 49,9 50 - 59,9 60 - 69,9 70 - 79,9 80 - 89,9 ab 90
BHD-Stufe [cm]

Abb. 22:  Entwicklung des Holzvorrates zwischen 2002 und 2012 nach Durchmesserklassen. Quelle: Thünen-Institut, Auswertung der Bundeswald-
inventuren 2002 und 2012

1.2.2.2 Tierische und pflanzliche bereit (Sacande und Parfondry 2018). Diese NHWP be-
Nichtholzwaldprodukte inhalten wilde und halbwilde Nichtholz-Waldarten
und Produkte daraus sowie Produkte in frühen Sta-
Der Wald stellt neben der nachwachsenden Ressource dien der Domestikation, beispielsweise die Früchte
Holz auch zahlreiche Nichtholzwaldprodukte (NHWP) von Obstbäumen oder Sträuchern. Für tropische

39
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Wälder ist seit langem dokumentiert, dass NHWP wirt- Eigenbedarf als wichtige Aktivitäten angegeben (Lov-
schaftlich weit bedeutender sein können als der Roh- ric et al. 2021). Aktuell ist weltweit ein Anstieg der
stoff Holz (z. B. Plotkin und Famolare 1992, Niekisch Nachfrage nach lokal und ökologisch produzierten
2005). Produkten zu beobachten, wozu auch viele NHWP
Es gibt zunehmend auch Belege dafür, dass NHWP zählen (Pettenella et al. 2014, Wong & Wiersum 2019).
ein wichtiges und gleichzeitig unterschätztes Segment Sowohl das Sammeln von NHWP wie auch die
der Waldgüter und -leistungen in temperaten Regio- Jagd sind für verschiedene Bevölkerungsgruppen ein
nen darstellen, da sie im internationalen politischen wichtiger Anlass, Wälder zu betreten, sich körperlich
Diskurs als ein wesentlicher Bestandteil der multi- zu bewegen, zu erholen oder sich über den Verzehr
funktionalen Waldbewirtschaftung und der nachhal- von Pflanzen und Wildbret auch zunehmend gesund-
tigen Waldwirtschaft gesehen werden. Dies spiegelt heitliche Wirkungen des Waldes zu erschließen (Har-
sich in der Aufnahme von NHWP in mehreren inter- tig et al. 2014, Geng et al. 2015, Frumkin et al 2017, Ze-
nationalen Abkommen wider, wie etwa bei der Kon- lenski et al. 2015). So steigt die Zahl der Inhaber von
ferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Ent- Jagdscheinen in Deutschland seit Jahren an, auf aktu-
wicklung im Jahr 1992, die Einbeziehung von NHWP ell über 397.000 (DJV 2021). Verschiedene Natursport-
in mehreren internationalen Abkommen und Prozes- arten bzw. Lifestylekonzepte wie Trecking, Survival,
sen in Bezug auf Biodiversität, Waldwirtschaft und Bushcraft stellen regelmäßig auch auf die Nutzung
Klimawandel (Wolfslehner et al. 2019). Auf den hohen bzw. den Verzehr von Wildkräutern ab (Fenton 2016,
Stellenwert der NHWP im Rahmen der Diskussion um Wistoft 2013).
die geistigen Eigentumsrechte soll hier nicht näher Im Zuge entsprechender Trends der Lebensmittel-
eingegangen werden. branche erreichen NHWP aber auch jene Konsumen-
Den Nichtholzwaldprodukten kommt eine soziale, ten, die dafür nicht selbst in den Wald gehen (neben
kulturelle und regional – etwa in Süd- und Nordeu- Wildbret etwa Bärlauch, Beeren, Trüffel, Pilze, Birken-
ropa - auch eine ökonomische Bedeutung zu. Kalkula- saft oder Honig). Nach vorliegenden Angaben essen
torisch liegt der Wert von NHWP in Europa bei etwa 60 % der Deutschen mindestens einmal jährlich Wild-
2/3 des auf gleicher Fläche geernteten Rundholzes bret. In Summe entspricht dies einem Verzehr von
(Lovric et al. 2020, 2021). Wegen des hohen Anteils des fast 14.000 Tonnen Wildschwein, knapp 9.000 Tonnen
Eigenkonsums von etwa 90 % wird die quantitative Reh- und etwa 4.000 Tonnen Rot- und Damwild (LJV
Bedeutung vieler Produkte regelmäßig unterschätzt. 2021). Von der mit dem Sammeln und Zubereiten von
In Deutschland überwiegt für die Forstbetriebe finan- Wildkräutern verbundenen Erschließung traditionel-
ziell aber meist weiterhin der Ertrag aus Holz. Den- len Wissens werden auch positive Beiträge in wald-,
noch sind tierische Produkte wie Wildbret, Tierfelle, natur- oder wildnispädagogischen Konzepten erwar-
Honig und pflanzliche Nichtholzwaldprodukte wie tet (Fenton et al. 2020, Wistoft 2013). Es gibt plausible
Schmuckgrün, Samen der Waldbäume, wildwach- Abschätzungen, dass im Kontext einer Verbreitung
sende Früchte, Beeren und Kräuter sowie auch Pilze entsprechender Lebensstile und Konsummuster die
mit lokalen Unterschieden für verschiedene Perso- Nachfrage nach „natürlichen“ Produkten wie sie viele
nengruppen bedeutungsvoll (ca. 30 % der Haushalte NHWP repräsentieren, weiter steigen wird (Vacik et
in Deutschland, Wolfslehner et al. 2019). al. 2020).
Während in Deutschland die Nutzung von Hand- Wie sich die Verfügbarkeit der NHWP im Vergleich
sträußen, Pilzen und wildwachsenden Früchten und zur Nachfrage im Zuge des Klimawandels entwickeln
Kräutern kostenfrei für den Eigenbedarf möglich ist, wird, ist noch wenig untersucht. Es ist plausibel, dass
beläuft sich der forstbetriebliche Ertrag aus den klas- eine Auflichtung von Waldbeständen im Zuge von Stö-
sischen forstlichen Nebennutzungen (Schmuckgrün, rungen die Entwicklung mancher Arten begünstigt
Wildlinge, Saatgut etc.) auf ca. 7 €/ha (entspricht 1,5 % (Beeren, Wild), vorliegende Studien geben aber auch
des Umsatzes) und aus Jagd/Fischerei auf ca. 14 €/ha kritische Einschätzungen der zukünftigen Nutzungs-
(entspricht ca. 3 % des Umsatzes) (Zahlen aus dem möglichkeiten ab (Calama et al. 2019, Herrero et al.
Testbetriebsnetz Forst des BMEL 2018). In Europa be- 2019). Sowohl die entsprechenden wissenschaftlichen
lief sich der geschätzte Gesamtwert der NHWP 2016 Modelle zur Abschätzung von deren Entwicklung, als
auf 2,28 Mrd. €, wovon 73 % auf pflanzliche Produkte auch die betrieblichen Konzepte für eine sinnvollen
entfielen (FOREST EUROPE 2015). Dabei wurden in Koppelproduktion von Holz und NHWP unter klima-
einer repräsentativen Haushaltsumfrage in Europa tischen Veränderungen bedürfen insofern zunächst
die Ernte von Nüssen in 71 % der Fälle, das Pflücken einer weiteren Entwicklung (Miina et al. 2020).
von frischen Beeren (70 %), gefolgt von getrockne-
ten oder weiterverarbeiteten Früchten (46 %) und fri-
schen (41 %) und getrockneten Pilzen (40 %) für den

40
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

1.2.2.3 Klimaschutz Waldökosystemen ist entscheidend für das Vorkom-


men vieler Pflanzen- und Tierarten und daher von
Wälder haben eine ausgleichende Funktion im Hin- großer Bedeutung für die Biodiversität (von Arx et al.
blick auf das standörtliche Kleinklima und auf den 2013). Wegen der komplexen Interaktionen ist es der-
globalen Klimawandel. Beide Aspekte werden in die- zeit noch nicht möglich, den Einfluss des Klimawandels
sem Kapitel zusammenfassend dargestellt. auf die Temperatur in Wäldern mit großer Sicherheit
vorherzusagen. Dies gilt besonders für die Waldbo-
Wirkung der Wälder auf das Kleinklima dentemperatur (von Arx et al. 2013) einschließlich der
zu erwartenden Effekte auf Mineralisierungsprozesse.
Waldökosysteme haben ein ausgeprägtes Mikroklima Neben diesem Einfluss auf das Innenklima, haben
unterhalb der Baumkronen, das durch verschiedene Wälder aber auch einen großen Einfluss auf das Klima
biophysikalische Prozesse reguliert wird und sich von Flächen in der Nachbarschaft. Dies macht man sich
deutlich vom Klima der Umgebung unterscheidet. in Agroforstsystemen zu Nutze aber auch in der kon-
Für das Wachstum und Überleben von unterständiger ventionellen Landwirtschaft (Zellweger et al. 2019).
Baum- und Strauchschicht und Sämlingen sowie ande- Bäume und Wälder spielen auch eine große Rolle für
ren temperaturempfindlichen Arten ist dieses Innen- die Verbesserung des Klimas in Städten. Diese Leis-
klima von großer Bedeutung (von Arx et al. 2013, De tung der Wälder versucht man in der Stadtplanung zu
Frenne et al. 2019), aber auch für die Erholungsfunk- realisieren und passt das Management von urbanen
tion der Wälder (siehe Kap. 1.2.2.6). Wäldern aber auch die innerstädtischen Strukturen
Der Wald wirkt sich ausgleichend auf das Klein- entsprechend an (Petri et al. 2019). Letzteres ist wich-
klima aus. Im Wald sind die Luft- und Bodentempe- tig, weil für den Kühlungseffekt von urbanen Bäumen
raturen in der Nacht höher und am Tag niedriger als oder Wäldern auch die Struktur der Stadt eine wich-
im Offenland (von Arx et al. 2012), wegen des stärke- tige Rolle spielt (Meier und Scherer 2012). Da warme
ren Wärmeaustausches mit dem Offenland sind diese Wetterphasen in der Stadt oft viel extremer ausfallen
Unterschiede bei der Lufttemperatur geringer aus- als in ländlichen Gegenden und im Zuge des Klima-
geprägt als bei der Bodentemperatur (Mitscherlich wandels gehäuft auftreten, wird aber die Nutzung von
1981). Wälder fungieren also als s.g. Wäremeisolato- städtischem Grün zur Klimaverbesserung eine immer
ren. Der Temperaturunterschied zwischen dem Unter- größere Herausforderung.
holz im Wald und offenem Gelände steigt bei zuneh-
menden Temperaturextremen (De Frenne et al. 2019). Wirkung der Wälder auf den Klimawandel
Der Einfluss des Waldes auf das Kleinklima hängt
stark vom Großklima, der Wetterlage, der Bestandes- Waldökosysteme haben in zweierlei Hinsicht Auswir-
struktur oder auch der Baumartenzusammensetzung kungen auf den Klimawandel. Zum einen beeinflus-
ab (Kovács et al. 2017). Auch die Waldfragmetierung sen sie die Treibhausgasbilanz zum anderen wirken
in der L­ andschaft, welche zu mehr Waldaußenrän- sie auf die Strahlungsbilanz ein.
dern führt, erhöht die Temperaturamplitude und re- Die europäischen Wälder der gemäßigten Zonen
duziert damit die Pufferwirkung des Waldes (Latimer liefern einen wichtigen Beitrag zur terrestrischen Koh-
und Zucker­berg 2017). lenstoffsenke und des Kohlenstoffspeichers (Luyssa-
Eine Langzeitstudie zum Waldinnenklima in euro- ert et al. 2010). Dies gilt auf Grund des vergleichsweise
päischen Wäldern zeigt bereits, dass das Mikroklima hohen Flächenanteils und der hohen Produktivität be-
der Schlüssel zum Verständnis ist, wie Organismen sonders für die Wälder in Deutschland (Weingarten et
und Ökosysteme auf makroklimatische Veränderun- al. 2016). Wälder gehören aufgrund ihrer großflächi-
gen reagieren. Veränderungen im Kronendach der gen Ausdehnung und ihrer hohen Kohlenstoffspeiche-
Wälder sind dabei von grundlegender Bedeutung, rung zu den wirksamsten terrestrischen Kohlenstoff-
wobei geschlossene Kronendächer die Auswirkungen senken. In der ober- und unterirdischen Biomasse,
des makroklimatischen Wandels durch ihre kühlende im Totholz und der organischen Bodensubstanz sind
Wirkung abpuffern während ein lichtes Kronendach bedeutende Mengen an Kohlenstoff festgelegt. In
durch lokale Erwärmungseffekte die Veränderungen Deutschland waren im Jahr 2012 insgesamt ca. 1.169
in der Artenzusammensetzung hin zu wärmelieben- Mio. t Kohlenstoff in lebenden Bäumen und im Totholz
den Arten beschleunigen (Zellweger et al. 2020). gebunden. Zusätzlich waren in der Humusauflage und
Weil bei der Verdunstung von Wasser Wärme im Mineralboden bis 30 cm Tiefe weitere ca. 850 Mio.
verbraucht wird und weil die Erwärmung von Was- t Kohlenstoff gespeichert (Wellbrock et al. 2014). Das
ser langsamer ist als die von Luft, hängt das Mikro- entspricht einer Menge von durchschnittlich ca. 660 t
klima einer Fläche aus sehr stark von der Boden- CO2-Äq je ha Wald.
feuchte ab (Mitscherlich 1981). Das Mikroklima von Die rezente Steigerung der Zuwachsrate der Holz-

41
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

biomasse in der Bundesrepublik (Riedel et al. 2019), Ökosystemleistung. Waldmoore sind Torfkörper, die
des Totholzanteils (BMEL 2018), sowie die zunehmen- im Waldverband liegen, teils jedoch auch offene Moor-
den Kohlenstoffgehalte im Boden (Grüneberg et al. flächen bilden. Intakte Moore verhindern wegen der
2016) bestätigen die große Bedeutung der Wälder für zumindest zeitweise anoxischen Bedingungen die Ent-
den Klimaschutz in Deutschland. Die jährliche Sen- wicklung geschlossener Waldbestände.
kenleistung der bundesdeutschen Wälder wird gegen- Nach Drainage wachsen Bäume sehr gut auf dem
wärtig mit ca. 58 Mio. t CO2-Äq kalkuliert (UBA 2020b). entwässerten Moorkörper. Die Wuchsleistung wird
Gleichzeitig zeigen die vorliegenden Daten aber auch dort zusätzlich durch die Freisetzung von Nährstoffen
die Notwendigkeit, den Umgang mit den Wäldern begünstigt. Daher wurden in der Vergangenheit an vie-
nachhaltig im Hinblick auf die Bereitstellung dieser len Standorten Moore entwässert (Goldbecker 2013).
Ökosystemleistung zu gestalten, denn gerade wegen In Deutschland nehmen Moore nur 5 % der Landober-
der hohen Kohlenstoffgehalte können Waldböden bei fläche ein, dort werden jedoch 40 % der Klimagase in
ungünstiger Veränderung des Kohlenstoffregimes von der Kategorie Landnutzung, Landnutzungsänderun-
einer Kohlenstoffsenke zu einer Kohlenstoffquelle gen und Forstwirtschaft (LULUCF) freigesetzt (Bech-
werden (Nabuurs et al. 2013) told et al. 2014). Diese Aussage bezieht sich jedoch im
Anhaltende Stickstoffeinträge, intensivere Nut- Wesentlichen auf die kultivierten und heute landwirt-
zung nährstoffreicher Biomassekompartimente und schaftlich genutzten Moorflächen. Nach Angaben des
unsachgemäße Holzernteverfahren können die Bo- BMU (2020) werden derzeit in Deutschland ca. 300.000
denfruchtbarkeit und damit die Produktion von Bio- ha an Moorböden forstwirtschaftlich genutzt oder
masse, als dem primären Faktor der Klimaschutz- sind mit Gehölzen bewachsen. Im Staatswald gibt es
funktion der Wälder vermindern. Ebenso ist eine vielerorts Bemühungen, renaturierbare Moorböden
Anpassung der Baumartenzusammensetzung an Tro- wieder zu vernässen. Hier ist die Frage, wie schnell
ckenheit und erhöhte Temperaturen notwendig, um diese Maßnahme zu einer Erhöhung der Nettospei-
die Produktionsleistung der Wälder aufrecht zu er- cherung von Treibhausgasen führt, denn zunächst
halten (siehe Kap. 1.2.1.2 und 1.2.1.7). Störungen der kann dadurch der aufstockende Wald absterben.
Waldökosysteme durch Windwurf, Schadorganismen, Die Klimaschutzleistung des nachgelagerten Sek-
Trockenheit und Waldbrände können zu Minerali- tors der Holzverwendung basiert auf dem Erhalt und
sierungsschüben und damit verbundenen Verlusten dem Ausbau der Kohlenstoffspeicherung in Holzpro-
der organischen Bodensubstanz führen (Seidl et al. dukten sowie auf einer effizienten Verwendung von
2014, Buras et al. 2020). Auch die Auswirkungen die- Holz in langlebigen Produkten, vor allem in Gebäu-
ser Prozesse auf die Klimaschutzleistung der Wälder den (Hafner und Schäfer 2017). Für die Treibhaus-
ist bisher nicht quantifizierbar. Offen ist außerdem, gasberichterstattung gemäß den Vorgaben der Kli-
ob und wann die Kapazität der Böden, Kohlenstoff in marahmenkonvention ist allerdings die aktuelle Rate
Form von organischer Bodensubstanz zu speichern, der Kohlenstofffestlegung wichtiger als die vorhan-
erschöpft ist. Auch könnte durch steigende Tempera- denen Speicher. Die Klimaschutzwirkungen des ge-
turen der Abbau der organischen Bodensubstanz und nutzten Holzes beruhen sowohl auf der Speicherung
damit die C-Speicherung der Böden herabgesetzt wer- von biogenem Kohlenstoff in Holzprodukten als auch
den (de Vos et al. 2015). Oben erwähnte Wissenslücken auf indirekten Effekten durch die Vermeidung ener-
hinsichtlich des Kleinklimas im Wald bergen weitere gieintensiver hergestellter Alternativprodukte auf
Unsicherheiten für diesbezügliche Abschätzungen. mehrheitlich konventioneller Rohstoffbasis (stoffli-
Auch Waldmoore sind von großer Bedeutung für che Substitution), und dem Ersatz fossiler Energieträ-
die Treibhausgasbilanz, weil im Moorkörper sehr viel ger durch Holz (energetische Substitution). So betrug
Kohlenstoff gespeichert ist, der bei Entwässerung mi- die Vermeidung von Treibhausgasemissionen durch
neralisiert und in die Atmosphäre freigesetzt wird die Erzeugung von Wärme und Strom aus fester Bio-
(Weingarten et al. 2016). Intakte Moore konservieren masse (die fast vollständig aus Holz besteht) im Jahre
organische Substanz auf Grund der anaeroben Bedin- 2020 knapp 29 Mio t CO2-Äquivalente (UBA 2021). Er-
gungen über tausende von Jahren und haben eine bis setzen die Holzprodukte in der Anwendung Produkte
zu 10-fach höhere Kohlenstoffkonzentration als mine- aus anderen Rohstoffen, deren Herstellung oder Nut-
ralische Waldböden (SRU 2012). In intakten Mooren zung meist mit höheren Treibhausgasemissionen ver-
mit wachsendem Torfkörper ist der C-Speicherung – bunden sind (z. B. Werner und Richter 2007, Wörde-
anders als in Mineralböden – im Prinzip kein Limit hoff et al. 2011, 2017 Hafner et al. 2017), so werden
gesetzt. Allerdings ist diese Speicherung stark von stoffliche Substitutionspotenziale wirksam, die gemäß
hydrologischen und klimatischen Bedingungen ab- verschiedener Studien mittel- bis langfristig höher lie-
hängig. Steigende Temperaturen und sinkende Grund- gen als die Speicherwirkungen im Wald (z. B. Taverna
wasserspiegel führen zu einer Einschränkung dieser et al. 2007).

42
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

Der Wald beeinflusst das Klima neben der Kohlen- ergeben sich für Waldböden aus den geänderten kli-
stoffspeicherung und -freisetzung aber auch durch matischen Bedingungen in Kombination mit zuneh-
seine regulierende Wirkung auf die Oberflächen und menden Störungen, Kalamitätsnutzungen und der
die Lufttemperatur. Dies wird durch die Evapotran- damit verbundenen Reduzierung der Überschirmung
spiration sowie die Albedo der Wälder determiniert. des Bodens (siehe Kap. 1.2.2.3). Dadurch entstehen im
Untersuchungen in Europa haben gezeigt, dass Wald Bergland Angriffsflächen für Wassererosion beson-
im Vergleich zum Offenland generell eine kühlende ders bei Starkregen, sowie im Tiefland für Windero-
Wirkung auf die Oberflächen sowie Lufttemperatur sion, besonders bei Trockenheit (WBW 2020). Erosion
hat (Tang et al. 2018, Naudts et al. 2016). Besonders führt zum Verlust von Feinboden und Humus sowie
ausgeprägt ist der Effekt tagsüber in den Sommer- den darin enthaltenen Nährstoffen, vermindert den
monaten. Laubwald weist eine höhere Albedo als Na- Wurzelraum und kann im Extremfall an Hängen zu
delwald auf. Das kommt dadurch zustande, da Laub- Rutschungen führen. Die Folgen sind erschwerte Wie-
blätter heller sind als Nadeln und da Laubbäume im derbewaldung und dauerhafte Standortverschlechte-
Winter ihre Blätter abwerfen. Von den helleren Lau- rung, Zerstörung von Waldwegen, Beeinträchtigung
blättern im Sommer sowie der Bodenstreu und dem der Wasserqualität in Einzugsgebieten von Talsper-
schneebedeckten Waldboden im Winter wird mehr ren bis hin zu Risiken für Siedlungen.
Strahlung reflektiert und weniger absorbiert und in Die Baumartenzusammensetzung nimmt großen
thermische Energie umgewandelt. Laubwälder haben Einfluss auf Bodeneigenschaften (Dawud et al. 2016)
daher eine stärkere kühlende Wirkung als Nadelwäl- und die Bodenentwicklung (McCarthy 2001, Phillips
der. Die Förderung resilienter Wälder mit hohem An- und Marion 2004). Über die Einflussnahme auf die
teil an Laubbäumen ist damit sowohl mit seiner Wir- Baumartenzusammensetzung trägt der Mensch daher
kung auf das Kleinklima als auch mit seiner Wirkung auch zur Veränderung der Waldböden bei. Dazu gibt
auf die Energiebilanz für den Klimaschutz von großer es aus der Vergangenheit negative und positive Bei-
Bedeutung. spiele. Die Übernutzung der Wälder über lange Zeit-
räume zusammen mit dem hohen Bedarf an Holz
1.2.2.4 Bodenschutz führte im 19. Jahrhundert in vielen Gegenden zum
Anbau von im Hinblick auf den Nährstoffbedarf an-
Die Bodenbilanz ist weltweit negativ (Montgomery spruchslosen Fichten- oder Kiefern Reinbeständen.
2007), weil die Geschwindigkeit des Bodenverlusts um Dies beschleunigte an vielen Standorten die Versaue-
ein Vielfaches höher ist als die Neubildungsraten der rung der Böden (Rehfuess 1990). Wohingegen der seit
Böden. Netto-Bodenneubildung findet in Deutschland den 1990er Jahren verstärkt durchgeführte Umbau
vor allem unter Wald statt, denn Wald bietet eine ganz- dieser Bestände in Mischwälder zur Verbesserung der
jährig geschlossene Vegetationsdecke und wirkt damit Bodeneigenschaften führte. Eine Veränderung der
der Erosion von mineralischem Bodenmaterial entge- Baumartenzusammensetzung zur Anpassung an ver-
gen. Geringerer externer Energie-Input, andere Quan- änderte Klimabedingungen kann ebenso zu langfris-
tität und Qualität in Böden eingetragener Biomasse, tigen und nur schwer umkehrbaren Veränderungen
und anderes Mikroklima führen dazu, dass unter der Bodeneigenschaften führen, je nach Baumart und
Wald andere Bodenbildungsprozesse stattfinden als Standort zu einer Verbesserung (Erhöhung des pH-
auf Freiflächen oder in Grünlandstandorten oder Wertes, der Boden-Biodiversität und des Humusgehal-
Ackerböden. Zu diesen Wald-typischen Eigenschaften tes) oder auch zur Verschlechterung.
und Prozessen gehören hohe Gehalte an organischer Die Risiken im Zusammenhang mit einer mögli-
Bodensubstanz mit einem hohen Anteil von Lignin- chen Intensivierung des Biomasseentzuges aus Wäl-
bürtigen, relativ stabilen Kohlenstoff-Komponenten dern für den Kohlenstoff- und Nährstoffhaushalt der
(Stutz et al. 2019), ausgeglichene Bodenfeuchte und Böden wurde bereits in Kapitel 1.2.1.5 ausführlich be-
Temperatur (von Arx et al. 2013, siehe Kap. 1.2.1.6), schrieben. Diese Intensivierung kann ebenso die Bo-
ungestörte Bodenstrukturbildung und geringe Tro- denschutzleistung der Wälder herabsetzen. Durch
ckenraumdichte bzw. hohes Porenvolumen (Leitgeb Holzernte können verstärkt Schäden an Böden ver-
et al. 2013), eine hohe räumliche Heterogenität die- ursacht werden. Dazu gehören beispielsweise Boden-
ser Eigenschaften (van Miegroet 2019), hohe Diversi- verdichtung, Oberflächenabtrag durch Erosion und in
tät mikrobieller Gemeinschaften, sowie geringe Nähr- hängigen Lagen verstärkte Bildung von Oberflächen-
stoffverluste mit dem Sickerwasser (Lang et al. 2016, abfluss (Haas et al. 2020). Im letzten Jahrzehnt gelang
siehe Kap. 1.2.1.5). der Transfer zahlreicher technischer Weiterentwick-
Gerade diese für die Mitigation des Klimawan- lungen in die Praxis sowie die Erarbeitung von Emp-
dels so wertvollen Charakteristika werden durch fehlungen für eine verbesserte Organisation der Holz-
den Klimawandel stark beeinträchtigt. Große Risiken ernteeinsätze, die derartige Schäden verringern kann

43
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

(Forbrig et al. 2008). Wobei die Einhaltung existieren- Besonders Waldbrände, deren Häufung im Zuge
der Regelungen im Störungsfall eine besondere Her- des Klimawandels ebenfalls zu erwarten ist, bedrohen
ausforderung darstellt. Die Realisierung dieses Poten- die Ökosystemleistung des Waldes, qualitativ hoch-
zials ist von großer Bedeutung für die Erhaltung der wertiges Wasser an das Grundwasser und die Ober-
Bodenschutzfunktion der Wälder. flächengewässer zu spenden und Hochwasserspit-
zen zu vermeiden. Feuer verändert sowohl den Boden
1.2.2.5 Trinkwasser, Gewässer- und als auch die Vegetations- und Streudecke auf dem
Hochwasserschutz Boden, wodurch sich der Infiltrationsprozess für ei-
nige Jahre auf verbrannten Flächen verändert. Ober-
Wie in Kapitel 1.2.1.6 ausgeführt, sind Wälder ein be- flächenabfluss und Erosionsraten steigen in den ers-
deutender Faktor im gesamten Wasserkreislauf. Sie ten Jahren nach dem Brand (Larson-Nash et al. 2018).
bremsen bodennahe Luftströmungen und fördern Unmittelbar nach einem Brand absorbiert die Asche
die Aufnahme- und die Speicherfähigkeit der Vegeta- den Niederschlag und die Infiltration in den Mineral-
tionsdecke für Wasser und dessen Verdunstung. Dies boden wird kurzzeitig verstärkt. Wird die Asche spä-
ist die Basis für die Ökosystemleistung, die Wälder ter durch Oberflächenabfluss den Hang hinunterge-
im Hinblick auf die Bereitstellung von Trinkwasser spült, kann sie dort die Bodenporen verstopfen, was
sowie den Gewässer- und Hochwasserschutz erfüllen, zu einer Oberflächenversiegelung und sehr geringer
wenngleich wegen hoher Transpirationsleistung und Infiltration führt (Cerdá und Robichaud 2009).
Interzeption die Grundwasserspende unter Wald ge- Die Förderung resilienter Wälder mit hohem An-
ringer ist als unter Ackerflächen (Ahrends et al. 2018). teil an Laubbäumen, die besonders in den Wintermo-
Wälder sind entscheidend zur Dämpfung und Ver- naten die Sickerwasserspende erhöhen (Reise et al.
zögerung von Hochwasserspitzen. Aber auch für die 2020), ist damit auch im Hinblick auf den Gewässer-
Bereitstellung von qualitativ hochwertigem Trinkwas- und Grundwasserschutz im Klimawandel von großer
ser sind sie von zentraler Bedeutung. Ebenso wie der Bedeutung.
waldinterne Wasserkreislauf an sich, werden auch
diese damit verknüpften Ökosystemleistungen nega- 1.2.2.6 Erholung, Sport, Gesundheit und
tiv vom Klimawandel beeinflusst. Auch im Hinblick ­Tourismus
auf Biodiversität und Biotopschutz spielen Wälder für
Gewässer eine wichtige Rolle, mit vielen essentiellen Wälder haben Bedeutung als Ökosystem und als Pro-
Kleinststandorten. Ein gutes Beispiel sind hier ephe- duktionsraum für materielle Güter. Als „soziale Orte“
mere Kleinstgewässer mit unschätzbarem Wert als sind sie aber auch wichtige Grundlage vielfältiger kul-
Laichplätze hochgefährdeter Amphibienarten (Feld- tureller Ökosystemleistungen (MEA 2005). Wälder
mann 1974, Geise et al. 2020). bieten eine attraktive „Kulisse“ für naturgebundene
Das häufigere Auftreten von ­Starkregenereignissen Freizeitgestaltung, Bewegung, ästhetische Erlebnisse,
(UBA 2019), erhöht den Oberflächenabfluss, da oft vor- Ruhe, aber auch sozialen Austausch, so wie sie Sport-
geschaltete Trockenheit die Retentionskapazität der lerinnen, Jäger und andere Freizeitaktive nachfragen
Böden für Wasser verringert und bei Auftreten von (Elsasser et al. 2009, Schraml 2009, Getzner und Mey-
Trockenschäden und den damit verbundenen Verlus- erhoff 2020). Viele dieser Aktivitäten sind auch Ge-
ten an Blattfläche die Interzeption der Bestände re- genstand touristischer Angebote und haben insofern
duziert wird. Der Oberflächenabfluss wird daher auf auch regionalwirtschaftlich eine nennenswerte Be-
gestörten Flächen zum Beispiel nach Windwurf oder deutung (Zandersen und Tol 2009, Bertram und La-
bei flächigem Absterben der Bäume verstärkt (Brons- rondelle 2017, Tyrväinen und Väänänen 1998).
tert et al. 2001). Dies erhöht die Hochwassergefahr Auch in der Wahrnehmung der Bevölkerung selbst
und vermindert die dämpfende Funktion der Wäl- haben die sozialen Formen der Waldnutzung in den
der auf den Abfluss bewaldeter Einzugsgebiete. Auch letzten Jahrzehnten an Relevanz gewonnen, wenn-
eine Verschlechterung der Wasserqualität der Ober- gleich sie je nach Milieu oder Ethnie durchaus unter-
flächengewässer sowie des Grundwassers steht zu be- schiedlich genutzt werden. Gerade den stadtnahen
fürchten, z. B. durch die Umgehung des Bodenfilters, Wäldern kommt im Rahmen des Konzepts einer „Ur-
Stoffeintrag über bevorzugte Fließwege, Erhöhung banen Waldwirtschaft“ diesbezüglich eine herausra-
der Salzkonzentration und geringere Verdünnung von gende Rolle zu (Schmithüsen et al. 1997, Lupp et al.
Schadstoffen (Mosbrugger et al. 2014). In dieser Situ- 2016, Plieninger et al. 2015, Baumeister et al. 2020,
ation wird die Resilienz von Wäldern, im Sinne einer Gerstenberg et al. 2020). Letzteres hängt unter ande-
raschen Wiederbewaldung, für den Wasserrückhalt rem mit den Besonderheiten von Waldinnenklima
und die Dämpfung von Abflussspitzen in Einzugsge- und Waldluft zusammen, deren gesundheitsfördernde
bieten von zunehmender Bedeutung sein (EEA 2015). Wirkung derzeit vielfach beschrieben wird (Bauer et

44
1.2 Auswirkungen der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosystemleistungen 

al. 2016, Dadvand et al. 2016, Cervinka et al. 2013, Cho Die folgenden Veränderungen sind dabei besonders
et al. 2017, Karjalainen et al. 2010, Rathmann et al. hervorzuheben (ausführliche Erläuterungen siehe
2020). Der in vielen Regionen Deutschlands traditio- Kap. 3.4):
nelle Gesundheitstourismus macht sich diese Effekte
zunehmend mit eigenen Angeboten wie Kur- und Heil- • Veränderungen des Waldinnenklimas durch Stö-
wäldern sowie Waldbaden zu Nutze (Guan et al. 2017, rungen: Während das kleinräumige Wechselspiel
Volz et al. 2018, Schuh und Immich 2013). von Licht und Schatten von den meisten Waldbe-
Für die Attraktivität guter Erholungswälder wird suchenden als angenehm erlebt wird, verändern
vor allem deren Lage zu den Wohnorten bzw. touris- große Unterbrechungen im Kronendach das In-
tischen Zentren genannt, es liegen aber auch viele nenklima nachteilig, z. B. durch höhere Tempe-
Studien über Präferenzen der Waldbesuchenden vor raturen, Änderung der Strahlungsverhältnisse,
(Arnberger et al. 2018a, 2018b, Arnberger et al. 2017, Verlust an Luftfeuchtigkeit und den Verlust an Im-
Sheppard und Picard 2006, Cervinka et al. 2020, Gun- missionsschutz. Absterbende Baumbestände kön-
dersen und Frivold 2008, Edwards et al. 2012). Dem- nen nur noch sehr wenig zu einem ausgleichen-
nach besteht zwischen der visuellen Qualität der Wäl- den Waldinnenklima beitragen – bei gleichzeitig
der, der Zufriedenheit der Gäste, wie auch deren steigendem Bedarf an Kühlung und Regeneration
Interesse am Besuch und dem berichteten Erholungs- durch Waldbesuche (Rupp und Knoefel 2015).
erlebnis ein Zusammenhang. Vitale, ältere Wälder
mit kleinen Freiflächen und dem Zugang zu Wasser • Erhöhte Konfliktpotentiale mit Forstbetrieben
werden jenen vorgezogen, die viel Totholz oder „Ge- nach Störungen: Das intensive Management, das
strüpp“ aufweisen, große Freiflächen werden ebenso vielen Störungen in Waldbeständen folgt, geht mit
schlechter beurteilt als eng stehende Jungbestände. Einschränken für Waldbesuchende einher: Sper-
Zugleich dienen Wälder als symbolischer und spiri- rungen, Begegnungsverkehr, Lärm, visuelles Erle-
tueller Bezugs- und Lernraum, der sowohl Bildung für ben von Maschinen und deren Spuren, schlechte
nachhaltige Entwicklung, als auch darüberhinausge- Wegequalität. Es ist mit einer Häufung von Fakto-
hende Persönlichkeitsentfaltung ermöglicht. Wälder ren zu rechnen, die von Erholungssuchenden meist
und ihre Böden beherbergen zudem Kulturdenkmale, negativ bewertet werden (Eriksson et al. 2012, Ed-
die Relikte früheren menschlichen Lebens und Arbei- wards et al. 2012).
tens darstellen. Als kostenfreier Begegnungs- und Er-
holungsraum stehen Wälder Angehörigen verschiede- • Verlust an visueller Qualität durch hohe Anteile
ner Kulturen und Altersgruppen sowie Menschen mit von Totholz: Obwohl es viele Bemühungen gibt,
und ohne Handicaps offen und sind so auch ein Ort z. B. in Schutzgebieten die Bedeutung von Totholz
sozialer Integration (Jay und Schraml 2009). Als Dach- zu erklären, reagieren die meisten Menschen auf
begriff für diese vielfältigen kulturellen Ökosystem- sterbende Bäume mit negativen Gefühlen. Insbe-
leistungen des Waldes wird im Folgenden der Begriff sondere auf der Landschaftsebene ist bei großen
der Freizeit- und Erholungsnutzung verwandt (Berna- Mengen von stehendem Totholz von einer erheb-
sconi und Schroff 2008). lichen Reduktion der wahrgenommenen visuellen
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die At- Qualität auszugehen (Ehrhart und Schraml 2014,
traktivität von Wäldern für die Freizeit- und Erho- Arnberger et al. 2018a, 2018b).
lungsnutzung im Zuge der erwarteten klimatischen
Veränderungen weiter zunimmt (Hahne et al. 2012). • Verlängerung von Vegetationsperiode und Erho-
Die zu erwartenden Veränderungen im Ökosystem lungssaison: Moderat wärmere Temperaturen,
Wald und dessen Management können sich jedoch – eine zu erwartende längere Vegetationsperiode
von wenigen, die Aufenthaltsqualität fördernden As- und eine längere Sonnenscheindauer können da-
pekten abgesehen – auch limitierend auf die Frei- gegen zu einer als positiv empfundenen Verlänge-
zeit- und Erholungsnutzung sowie deren touristische rung der Saison für Radfahren und Wandern sowie
Vermarktung auswirken. Gerade für den Wintertou- weitere Sportarten beitragen (Pompe et al. 2011,
rismus werden viele Veränderungen erwartet (Endler Hahne et al. 2012). Längere Zeitfenster für Freizeit-
und Matzarakis 2011). aktivitäten im Tages- und Jahresverlauf können je-
doch auch zu konfliktträchtigen Überlappungen
mit Zeitfenstern für Waldarbeiten führen.

• Zunahme von Gesundheitsgefährdungen durch


Allergene und Infektionen: Eine längere Wärme­
phase und die damit einhergehende längere

45
1  Klimawandel und Waldökosysteme – eine Einführung

Vegetationsperiode führt zu einer Verlängerung neben Neophyten auch die angestrebten höheren
der Pollenflugzeit (Behrendt 2008). Sie begüns- Laubbaumanteile. Insbesondere Birke, Hasel und
tigt zudem die Aktivität von Überträgern waldba- Erle stellen als typische Baumarten auf Störungs-
sierter Infektionen (z. B. Zecken) und Verbreitung flächen gegebenenfalls auch ein gesundheitliches
von allergenen Reaktionen durch bereits bekannte Risiko dar (Steinparzer 2020).
Schadorganismen wie den Eichenprozessionsspin-
ner (Eis et al. 2010). Die Ahorn-Rußrindenkrank-
heit ist nicht nur für Bäume bedrohlich, sondern
kann infolge der Sporen des durch die Erwärmung
begünstigten Pilzes beim Einatmen schwere Ent-
zündungen der Lungenbläschen beim Menschen
hervorrufen (Lehmann 2010).

• Zunahme von Extremwetterereignissen: Extrem-


wetterereignisse wie Starkregen wirken sich be-
einträchtigend auf Wege als zentrale Erholungs-
infrastruktur aus. Das Fehlen von längeren
Frostperioden steigert die Gefahr von Bodenschä-
den durch Holzerntemaschinen bzw. verringert
die Begehbarkeit von Wegen. Zugleich können im
Boden befindliche Kulturdenkmale bei verstärkt
erforderlichen forstlichen Räumungsarbeiten stär-
ker als bisher in Mitleidenschaft gezogen werden.

• Risiken für Waldbesuchende durch Störungen:


Durch Sturm- oder Dürreeinwirkung beeinträch-
tigte Bäume erhöhen das Unfallrisiko und den Auf-
wand von Waldbesitzenden für die Gewährleistung
der Verkehrssicherungspflicht. Es ist davon auszu-
gehen, dass die Verkehrssicherung von Waldwe-
gen nicht flächendeckend im gewohnten Umfang
aufrechterhalten werden kann. Durch das ent-
stehende Unfallrisiko würde die für die Erholung
weitgehend sicher nutzbare Waldfläche zurück-
gehen. Infolge zunehmender Temperaturen steigt
zudem das Waldbrandrisiko (Badeck et al. 2004).

• Ästhetische und gesundheitliche Folgen einer ver-


änderten Artenzusammensetzung: Mit veränder-
ter Baumartenzusammensetzung verändert sich
auch das Erscheinungsbild von Wäldern. Prä-
gende alte Baumbestände gehen zurück, das Bild
des (immer)grünen Waldes muss langfristig re-
vidiert werden, der gewohnte Anblick des Wal-
des wandelt sich. Die Einführung oder Einwande-
rung neuer Arten, sogenannter Neozooen, wird in
Teilen der Bevölkerung als irritierend erlebt, bie-
tet aber auch die Chance auf das Erleben neuer at-
traktiver Tier- und Pflanzenarten (Pearce 2016). In
der Medizin intensiv diskutiert und Gegenstand
aktueller Forschung sind die Folgen eines neuen
Artenrepertoirs für Allergiker. Studien gehen von
einer stark steigenden Betroffenheit in der Bevöl-
kerung aus (Smith et al. 2014, Storkey et al. 2014,
Lake et al. 2017). In der Diskussion stehen dabei

46
Acer
2
Relevante Grundlagen und Politiken
für die Anpassung von Wäldern und
Forstbetrieben
2.1 Grundlagen der nachhaltigen Beständigkeit aus. Die jährlichen Waldverkäufe bewe-
Waldbewirtschaftung gen sich nur im Bereich von gut 1 Promille des vorhan-
denen Bestandes (Löffler 2005).
Die Informationen zu Eigentums- und Betriebsstruk- Nach allgemeiner Definition sind Forstbetriebe,
turen von Forstbetrieben und deren durchschnittli- wie andere Betriebe auch, planvoll organisierte Wirt-
chen Wirtschaftsergebnissen zeigen auf, wie aktuell schaftseinheiten, in denen Sachgüter und Dienstleis-
ein nachhaltiges Wirtschaften in den Betrieben er- tungen produziert und auf Märkten abgesetzt werden.
möglicht wird und welche gravierenden Auswirkun- Für Forstbetriebe ist typisch, dass sie über Wald­flächen
gen Schadereignisse wie beispielsweise die Dürren als „Produktionsstätten“ verfügen und dass ihre Pro-
von 2018 und 2019 auf Betriebe und die ganze Forst- dukte (wie beispielsweise das Rohholz) unter Ausnut-
branche auslösen können. zung von sehr langfristigen, zum Teil ein J­ ahrhundert
umspannenden, natürlichen Prozessen erzeugt wer-
2.1.1 Eigentums- und Betriebsstruktur, den. Dies ist mit nicht unerheblichen Risiken (Sturm,
Forstorganisation Feuer, Insekten, Pilzen etc.) behaftet und mit nur sehr
geringen Interventionen (kaum Bodenbearbeitung,
In Deutschland befindet sich 48 % der Waldfläche in Düngung, Pflanzenschutz etc.) verbunden.
Privatbesitz, 29 % gehört den Bundesländern, 19 % den Ebenfalls ist es ein Spezifikum der Forstwirtschaft,
Körperschaften und 4 % dem Bund (BMEL 2021). Die dass bei der Rohholz-Produktion auch eine Vielzahl
Waldbewirtschaftung und die Erfüllung der sonstigen von „positiven externen Effekten“ (beispielsweise für
mit dem Waldbesitz verbundenen Aufgaben erfolgt Wasserschutz, Naturschutz, Erholung, Klimaschutz
in der Regel durch Forstbetriebe. Diese in Deutsch- etc.) entstehen. Sie werden heute meist als „Ökosys-
land extrem vielfältig gestaltet. Sie unterscheiden sich temleistungen“ bezeichnet. Die Bedeutung dieser ge-
neben der Eigentumsart und Betriebsgröße durch die sellschaftlichen Leistungen übertrifft in der öffent-
jeweils vorhandenen Baumarten, standörtliche Situ- lichen Wahrnehmung vielfach die Bedeutung der
ation, regionale Lage, Vorratsausstattungen, Bewirt- marktfähigen Leistungen (Lorenz und Elsasser 2018,
schaftungssysteme und das betriebliche Leistungs- Hampicke und Schaefer 2021), wobei diese Beobach-
spektrum, wobei sehr unterschiedliche Ziele verfolgt tung stärker auf die Stadt- als auf die Landbevölke-
werden können. So kann beispielsweise ein Kommu- rung zutrifft. Die Bereitstellung von regulierenden
nalwaldbetrieb in einem Verdichtungsraum das prio- und kulturellen Ökosystemleistungen führen jedoch
ritäre Ziel auf die Gestaltung von Erholungswald legen, regelmäßig nur zu vernachlässigbar geringen Ein-
eine große öffentliche Forstverwaltung eines Flächen- nahmen bei den Forstbetrieben (Ermisch et al 2015).
landes kann auf Multifunktionalität und damit die Forstbetriebe sind komplexe Systeme und auf vielfäl-
gleichrangige Bereitstellung der verschiedenen Öko- tige Weise mit ihrer ökonomischen Umwelt verknüpft:
systemleistungen des Waldes abzielen und ein kleine-
rer Privatwald kann vorrangig der Eigenversorgung • Zu Beginn des Betriebsprozesses steht die Be-
mit Brennholz, dem Erhalt des Besitzes oder der Erzie- schaffung von Personal, Investitionsgütern (Wald-
lung von Arbeitseinkommen dienen. flächen, Maschinen etc.) und Verbrauchsgütern
Dabei sichert die große Vielfalt der Eigentümer (Treibstoffe, Pflanzenmaterial etc.). Dann folgt
und der betrieblichen Rahmenbedingungen insge- ein komplexer, meist über mehrere Jahrzehnte
samt auch eine große Vielfalt im deutschen Wald. andauernder biologisch-technischer Kombinati-
Gleichzeitig zeichnet sich die Struktur der Forstbe- onsprozess, an dessen Ende die erstellten Leis-
triebe in Deutschland durch eine bemerkenswerte tungen (insbesondere in Form von verkaufsfähig

48
2.1 Grundlagen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung 

aufgearbeitetem Rohholz) stehen. Die betriebli- Leistungen zu. Die Förderung in der Forstwirt-
chen Leistungen werden anschließend an andere schaft ist in der Regel hingegen an die Durchfüh-
Betriebe bzw. Haushalte vermarktet. rung von spezifischen Maßnahmen gebunden, für
die den Forstbetrieben auch Kosten entstehen.
• Dieser güterwirtschaftliche Ablauf gelingt nur,
wenn er im Gegenstrom auch finanziert wer- In der Vergangenheit haben vielfach die Forstverwal-
den kann, denn Personal, Investitions- und Ver- tungen bzw. -betriebe der Bundesländer die Betreu-
brauchsgüter müssen bezahlt werden, der Staat ung des kleinstrukturierten Privat- und Körperschafts-
erhebt Abgaben und Steuern und die Kapitalge- waldes übernommen. Diese staatliche Dienstleistung
ber und Eigentümer erwarten Entlohnung für das wurde meist zu vergünstigten Tarifen angeboten und
eingesetzte Kapital oder die eingesetzte Arbeit und das geerntete Holz gemeinsam mit demjenigen aus
auch eine Tilgung von Verbindlichkeiten. dem Staatswald vermarktet. Diese Form der „indirek-
ten Förderung“ ist seit mehr als einem Jahrzehnt Ge-
• Die dafür notwendigen finanziellen Mittel stam- genstand kartellrechtlicher und auch beihilferechtli-
men ganz überwiegend aus den Erlösen des Holz- cher Auseinandersetzungen und Grund für die in den
verkaufs. Das Testbetriebsnetz Forst weist im Pri- meisten Bundesländern laufenden oder bereits voll-
vatwald beispielsweise im Jahr 2017 (BMEL 2019a) zogenen Umstellungen im Bereich der Beratung, Be-
Umsatzerlöse für Holz in Höhe von rund 370 €/ha treuung und Bewirtschaftung des Nichtstaatswaldes.
aus, das sind rund 86 % des betrieblichen Ertrages. Nach Hochrechnungen des WBW (2018) auf Basis
des Testbetriebsnetzes Forstwirtschaft des BMEL be-
• Es ist eine Stärke nachhaltiger Forstbetriebe, dass liefen sich die bundesweit für die indirekte forstliche
sie in der Regel kontinuierlich Einnahmen erzie- Betreuung eingesetzten Haushaltsmittel auf rund 250
len, mit denen sie die laufenden Betriebsprozesse Mio. Euro pro Jahr. Dieser Betrag liegt weit über der
(wie Waldverjüngung, -pflege und -schutz, Verwal- bisher üblichen Höhe der gesamten Förderung forst-
tung etc.) aufrechterhalten können. Forstbetriebe licher Maßnahmen im Rahmen der GAK (Gemein-
aller Eigentumsarten versuchen meist, Einlagen schaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz) für
(Zuschüsse der Eigentümer) oder auch Kreditauf- Waldumbau, Waldwegebau etc., die sich zusammen
nahmen auf dem Kapitalmarkt zu vermeiden. So mit den entsprechenden, durch die EU über ELER (Eu-
wurden in der jüngeren Vergangenheit vielfach ropäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung
auch öffentliche Forstbetriebe in Form von Eigen- des ländlichen Raumes) geförderten Anteilen auf rund
betrieben oder Anstalten des öffentlichen Rechts 60 Mio. Euro pro Jahr beliefen1 (vgl. auch Kap. 2.4)
aus den Landeshaushalten ausgegliedert, mit der Die „direkte forstliche Förderung“ des Privat- und
Maßgabe, in der Rohholzproduktion nachhaltig er- Körperschaftswaldes wird in Deutschland bisher ganz
folgreich zu wirtschaften. überwiegend im Rahmen der GAK umgesetzt, welche
eine Beteiligung der Länder an der Finanzierung und
• Hinzuweisen ist hier auch darauf, dass die (pri- Umsetzung der Maßnahmen voraussetzt. Vor dem Hin-
vate) Forstwirtschaft von der öffentlichen Hand tergrund verschiedener Ziele, Konzepte und Finanzie-
nur eine vergleichsweise geringe Förderung er- rungsmöglichkeiten bestehen in den Ländern sehr
fährt. Das schon erwähnte Testbetriebsnetz Forst vielfältige Regelungen der forstlichen Förderung. Die
weist für 2017 Fördermittel (BMEL 2019a) im Pri- Förderangebote sind sehr unübersichtlich (insbeson-
vatwald > 200 ha von rund 9 €/ha aus; dies ist voll- dere bei waldbaulichen Regelungen beispielsweise zu
kommen anders als in der Landwirtschaft, dort be- Baumarten, Stammzahlen etc.), mit nicht unerhebli-
laufen sich die Direktzahlungen und Zuschüsse in chen Rückforderungsrisiken behaftet (beispielsweise
landwirtschaftlichen Betrieben auf rund 410 €/ha bei Nichterreichung der Verjüngungsziele und als
(BMEL 2019b), sie sind je Hektar also fast 50mal Folge von „Cross Compliance“) und entsprechen häu-
so hoch. Den Großteil an dieser Summe machen fig nicht den Bedürfnissen der Forstbetriebe. Auch än-
zudem die Direktzahlungen der EU aus. Sie fließen dern sie sich regelmäßig und sind meist finanziell nur
den landwirtschaftlichen Betrieben ohne weitere schwach ausgestattet – so dass sich die ausgereichten

1 Zur Bewältigung der aktuellen Schäden im Wald wurden die GAK-Bundesmittel deutlich auf insges. 478 Millionen Euro aufgestockt,
so dass mit dem Anteil der Länder Hilfen für den Wald im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) ak-
tuell rund 800 Millionen Euro zur Verfügung stehen; parallel wurden im Jahr 2020 vom Bund im Rahmen des Corona-Konjunkturpaktes
für Wald & Holz insgesamt 700 Millionen Euro bereitgestellt (500 Mio. EUR für die Nachhaltigkeitsprämie Wald, die restlichen 200 Millio-
nen Euro für Investitionen in die moderne Forst- und Holzwirtschaft und das Bauen mit Holz).

49
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

Förderbeträge häufig in einem ungünstigen Verhält- Produktbereich „Produktion von Holz und anderen
nis zu der Regelungsdichte befinden. Erzeugnissen“ zusammengefasst. Der Produktbereich
2 „Schutz und Sanierung“ fasst die Maßnahmen ins-
2.1.2 Wirtschaftsergebnisse besondere in den Bereichen Natur- und Artenschutz
und Schutzwaldsanierung zusammen. Der Produkt-
Die wirtschaftliche Situation von Forstbetrieben soll bereich 3 „Erholung und Umweltbildung“ umfasst die
hier anhand von Ergebnissen des sogenannten Testbe- für öffentliche Forstbetriebe zunehmend wichtigen
triebsnetzes Forst des BMEL noch etwas differenzier- Aktivitäten zur Sicherung der Erholungsfunktion und
ter dargestellt werden. Alljährlich werden die Wirt- Waldpädagogik. Der Produktbereich 4 „Leistungen für
schaftsergebnisse von repräsentativ ausgewählten Dritte“ enthält insbesondere forstliche Beratungs- als
Forstbetrieben aller Eigentumsarten erfasst und zent- Betreuungsdienstleistungen, die sowohl von öffentli-
ral ausgewertet und dokumentiert, wobei in die Erhe- chen als auch (größeren) privaten Forstbetrieben er-
bung nur Forstbetriebe mit einer Mindestgröße von bracht werden können. Der Produktbereich 5 „Ho-
200 ha2 einbezogen werden. heits- und sonstige behördliche Aufgaben“ adressiert
Zur Gewährleistung eines Mindestmaßes an Ver- die forstbehördlichen Tätigkeiten (wie Forstaufsicht,
gleichbarkeit der Betriebsergebnisse in der Forstwirt- Fachplanungen, Vergabe Fördermittel und Versuchs-
schaft hat der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) wesen), die im Rahmen von Einheitsforstverwaltun-
den sogenannten „Produktplan Forst“ entwickelt. Da- gen zum Teil auch von öffentlichen Forstbetrieben
durch soll berücksichtigt werden, dass Forstbetriebe wahrgenommen werden. Die Abbildung zeigt die vom
in der Regel ein breites Spektrum an verschiedenen BMEL veröffentlichten Ergebnisse in den Produktbe-
Tätigkeiten versehen. So werden beispielsweise alle reichen 1 – 3 für das Jahr 20173 der Eigentumsarten
Aktivitäten im Bereich der Rohholzproduktion ge- Staatswald, Körperschaftswald und Privat­wald (ver-
meinsam mit anderen marktfähigen Produkten im kürzt aus BMEL 2019a).

180
Holz und andere Erzeugnisse
160 Schutz und Sanierung
Erholung und Umweltbildung
140
120
€ / ha Holzbodenfläche

100
80
60
40
20
0
-20 Staatswald Körperschaftswald Privatwald

Abb. 23:  Wirtschaftsergebnisse des Testbetriebsnetzes Forst des BMEL des Jahres 2017 in den Produktbereichen 1 „Holz und andere Erzeugnisse“,
2 „Schutz und Sanierung“ sowie 3 „Erholung und Umweltbildung“ für Forstbetriebe der Eigentumsarten Staatswald, Körperschaftswald und Privat-
wald > 200 ha (gekürzt, siehe BMEL 2019a). Staatswald: Vorläufige Daten; Flächenstaaten ohne Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Saarland.

2 Diese Mindestgröße erklärt sich daraus, dass für die Datenerhebung eine organisatorische und technische Mindest-Infrastruktur be-
stehen muss und dass es sinnvoll ist, die Erhebungen in jährlich nachhaltig wirtschaftenden, und nicht in „aussetzenden“ Betrieben, die nur
gelegentlich forstlich tätig sind, durchzuführen. Man muss sich aber im Klaren darüber sein, dass das Gros der Forstbetriebe des Kleinpri-
vatwaldes in Deutschland nicht von dieser Erhebung erfasst wird.
3 Hier wurden bewusst die Ergebnisse des Jahres 2017 zur Darstellung ausgewählt, weil das Jahr als vergleichsweise „normales“ Jahr
bezeichnet werden kann und die Zahlen noch nicht durch die aktuellen Schadereignisse der Jahre 2018 – 2020 überprägt sind.

50
2.1 Grundlagen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung 

Es wird erkennbar, dass der Produktbereich 1 2 und 3, „Schutz und Sanierung“ und „Erholung und
„Produktion von Holz und anderen Erzeugnissen“ im Umweltbildung“ führen hingegen in allen Eigentums-
Jahr 2017, also vor den Schäden der Jahre 2018 – 2020, arten zu negativen Ergebnissen und müssen mithin
in allen Eigentumsarten im Mittel mit einem positiven aus dem Produktbereich 1, also der Rohholzproduk-
Betriebsergebnis (Staatswald 46 €/ha, Körperschafts- tion „quer-subventioniert“ werden.
wald 98 €/ha, Privatwald 157 €/ha) abgeschlossen hat. Auf zwei forstökonomisch wichtige, in der Dis-
Bezieht man das vergleichsweise günstige Betriebser- kussion des Themas „Klimaanpassung“ bisher wenig
gebnis des Jahres 2017 des Privatwaldes von rund 150 beachtete Zusammenhänge soll hier noch hingewie-
EUR/ha auf einen Verkehrswert von Waldflächen von sen werden. Sie werfen jeweils ein Schlaglicht auf
beispielsweise ca. 15.000 EUR/ha4, so ergibt sich die die Ertrags- als auch Aufwandssituation von den
für Forstwirtschaft typische vergleichsweise geringe Forstbetrieben.
Kapitalrentabilität von ca. 1 %. Die Produktbereiche

Abb. 24:  Durchschnittliche Erlöse und jährlicher Einschlag pro Hektar der Hauptbaumartengruppen nach Testbetriebsnetz Forstwirtschaft des
BMEL, aktualisierte Auswertung auf Grundlage von Ermisch et al. 2013, Zeitraum 2003 - 2018.

Der erste Aspekt betrifft die „ökonomische Leis- des Klimawandels ist wirtschaftlich also für die Forst-
tungsfähigkeit“ der verschiedenen Baumarten. Die betriebe extrem schmerzhaft und erfordert neben der
Abbildung 24 zeigt anschaulich die über 16 Jahre hin- Förderung von klimaresilienten Ersatzbaumarten die
weg stabilen deutlichen Unterschiede zwischen den Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.
Hauptbaumartengruppen Eiche, Buche, Kiefer und Bezüglich der Aufwands-Ertragsverhältnisse hat
Fichte hinsichtlich ihrer Durchschnittserlöse und die Kennzahl des Verhältnisses zwischen dem durch-
ihrer Flächenproduktivität. Da der Holzertrag das Pro- schnittlichen Erlös eines Festmeters Rohholz und der
dukt aus Erntevolumen und Holzerlös ist, wird aus Anzahl der daraus bezahlbaren produktiven Arbeits-
der Abbildung deutlich erkennbar, dass die Baumart stunden eine hohe Aussagekraft. Hier muss man fest-
Fichte bisher aufgrund ihrer hohen Flächenprodukti- stellen, dass aktuell (2018) nur noch rund zwei Arbeits­
vität und ihrer guten Durchschnittserlöse den mit Ab- stunden aus dem mittleren Erlös eines Festmeters
stand höchsten Beitrag zum Ertrag der Forstbetriebe Rohholz bezahlt werden können, Anfang der 1970er
in Deutschland geleistet hat. Der Ausfall dieser Baum- Jahre konnten noch rund acht Arbeitsstunden (also
art als Folge der Sturm- und Borkenkäferschäden und ein ganzer Waldarbeiter-Arbeitstag) daraus bezahlt

4 Für das Bundesgebiet gibt es keine einheitliche Statistik über Kaufpreise (Verkehrswerte) von Waldflächen; die oberen Gutachter­
ausschüsse der Bundesländer veröffentlichen aber gegebenenfalls entsprechende Zahlen im Internet, beispielsweise Grundstücksmarkt-
bericht 2020 Nordrhein-Westfalen (https://www.boris.nrw.de/borisfachdaten/gmb/2020/GMB_000_2020_pflichtig.pdf ): durchschnittl.
Kaufpreis­niveau für forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke (incl. Bestand) 1,57 €/m².

51
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

werden (Möhring und Dög 2019). Diese Entwicklung Kalamitätsholzeinschlag hinzu zu rechnen; siehe
der ökonomischen Input-Output-Relationen verdeut- Möhring et al. (2021) zur Herleitung.
licht mithin, unter welchem Rationalisierungsdruck
die forstliche Betriebswirtschaft schon in den letzten • Mehrkosten der Wiederbewaldung: Die Wieder-
Jahrzehnten gestanden hat und sie erklärt, warum in aufforstung von Kalamitätsflächen verursacht in
großem Stil Personal abgebaut und die Mechanisie- der Regel unmittelbar Mehrausgaben, beispiels-
rung im Wald vorangetrieben wurde. weise für die Flächenräumung, erschwerte Arbeits-
bedingungen und erhöhte Pflanzenzahlen wegen
2.1.3 Eingetretene Schäden der Jahre der Freiflächenbedingungen und des Fehlens von
2018/19/20 und ihre Naturverjüngung, wobei sich die Mehrkosten auch
wirtschaftlichen Folgen in der Bestandespflege fortsetzen. Da bei der Wie-
derbewaldung der Kalamitätsflächen wertmäßig
Umfang und Bedeutung der durch Stürme, Trocken- ein neues Wirtschaftsgut entsteht, ist der Ausbu-
heit, Käfer und Pilze ausgelösten Waldschäden der chung der abgestorbenen Bestände eine rechne-
Jahre 2018 – 2020 wurden bisher ganz überwiegend rische Zuschreibung für die neu erstellten Kultu-
mittels naturaler Kennziffern kommuniziert. So mel- ren entgegenzustellen, wobei dafür als Referenz
deten BMEL (2020b) und EUWID (2020) ein Schad- die „Normalkosten“ der Bestandesbegründung ge-
holzaufkommen von ca. 176,8 Mio. Erntefestmeter wählt wurden. Mithin gingen nur die Mehrkosten
(Efm) und eine wieder zu bewaldende Schadfläche der Bestandesbegründung in die Schadensberech-
von ca. 284.500 ha. Über die dadurch entstandenen nung ein.
wirtschaftlichen Verluste haben Experten aus Praxis,
Wissenschaft und Verwaltung erstmalig im Jahr 2021 • Sonstige betriebliche Mehrkosten: In von Kalamitä-
eine ökonomische Zwischenbilanz für die Waldschä- ten betroffenen Forstbetrieben entstehen betriebli-
den 2018 – 2020 vorgelegt (Möhring et al. 2021). Dazu che Mehrkosten durch zusätzliche Belastungen des
wurde auf die oben genannten Daten zum Schadens- Verwaltungspersonals, erhöhte Aufwendungen für
ausmaß, etablierte Bewertungsmodelle und betriebs- Verkehrssicherung, starke Inanspruchnahme bei-
wirtschaftliche Datenquellen und, wo diese fehlen, spielsweise der Wegeinfrastruktur usw.; diese be-
auf Expertenschätzungen zurückgegriffen. Insgesamt trieblich zum Teil sehr bedeutenden Mehrkosten
wurde der zu ermittelnde Gesamtschaden in verschie- ließen sich nur pauschal einschätzen.
dene Schadenskomponenten zerlegt, für die jeweils
getrennte Abschätzungen erfolgen. • Zuwachsverluste: Anders als bei den bisher be-
trachteten Schadenskomponenten, die sich auf
• Mehrkosten und Mindererlöse beim aufgearbei- zerstörte/ausgefallene Waldbestände beziehen,
teten Schadholz: Sie entstehen durch erschwerte wirken sich Extremtemperaturen/Wasserman-
Aufarbeitungsbedingungen, Maßnahmen der gel durch Zuwachsverluste auch auf überlebende
Holzkonservierung aber auch als Folge knapper Waldbestände aus, wobei Zuwachsschäden in der
Aufarbeitungskapazitäten, durch Ernteverluste Regel eine längere Periode als die eigentliche warm/
(als Folge von Bruch, Gesundschneiden etc.), Sor- trockene Phase betreffen. Da für die durch die Tro-
tenverschiebungen sowie Holzentwertungen (Ab- ckenheit 2018 – 2020 in Deutschland entstandenen
wertung des Stammholzes D etc.) und insbesondere Zuwachsverluste derzeit noch keine empirischen
auch durch kalamitätsbedingte Marktstörungen. Erhebungen/Auswertungen vorliegen, wurden
die Zuwachsverluste stark vereinfachend für den
• Abschreibung des nicht aufgearbeiteten Schadhol- 3-jährigen Zeitraum 2018 – 2020 eher vorsichtig
zes: Zusätzlich zu dem verwerteten Schadholz ist auf den 1,5-fachen Betrag des Zuwachsschadens
noch der Anteil der nicht aufgearbeiteten Schad- geschätzt, den Beck (2010) für Deutschland nach
holzmenge zu bewerten. Dabei wurde verein- dem Hitze- und Trockenjahr 2003 auf der Grund-
fachend unterstellt, dass dieses Schadholz ohne lage von Jahrringanalysen auf den Level-II Plots er-
zusätzliche Kosten im Wald verbleibt und wirt- mittelt hat.
schaftlich abzuschreiben ist.
Für die zuvor beschriebenen Schadenskomponenten
• Hiebsunreife: Durch Kalamitäten fallen nicht ermittelte die erwähnte Studie bei einer „vorsichtigen“
hiebsreife Waldbestände aus, deren Ertragspo- Bewertung einen Schadenbetrag in Höhe von insge-
tenzial verloren geht. Diese Verluste werden in samt rund 12,75 Mrd. € (siehe Tab.2), wobei der über-
der Waldbewertung als „Hiebsunreife“ bezeich- wiegende Teil dieses Betrages Schäden in den Waldbe-
net und sind den Mehrkosten/Mindererlösen beim ständen betrifft, die im forstlichen Rechnungswesen

52
2.2 Übergeordnete Strategien und Politiken 

nicht unmittelbar erkennbar werden, sondern einer kalkulatorischen Bestandesrechnung bedürfen.

Tab. 2:  Synopse der hier bewerteten forstbetrieblichen Schadenskomponenten für die Schadensjahre 2018 – 2020 (aus Möhring et al. 2021)

  Betrag (Mio. €)  Anteil ( %) 


Mindererlöse und Mehrkosten Kalamitätseinschlag  3.891  31 
Schadensbetrag nicht absetzbares Schadholz  1.154  9 
Hiebsunreife-Verlust für Kalamitätsflächen  2.275  18 
Mehrkosten Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen  1.364  11 
Mehrkosten Verwaltung  587  5 
Wertzuwachs-Verlust  3.481  27 
Summe  12.753  100 

Der Gesamtschaden beläuft sich auf fast das 10-fache des jährlichen Nettounternehmensgewinns des Wirtschaftsbereiches Forstwirt-
schaft5. Zu betonen ist, dass hiermit „lediglich“ die bereits feststellbaren Schäden für die Ökosystemleistung Rohholzproduktion der multi-
funktionalen Forstwirtschaft in Deutschland, nicht jedoch zu erwartende Folgeschäden und Schäden für die weiteren Ökosystemleistun-
gen, wie zum Beispiel Biodiversität, Klimaschutz oder Erholungswert, bewertet wurden.

Auch wenn die hier vorgestellten Zahlen geeignet 2.2.1 Strategien und Politiken der EU
erscheinen, summarisch die aktuelle wirtschaftliche
Betroffenheit der Forstwirtschaft in Deutschland auf- Auf Ebene der EU wirken insbesondere zwei aktuelle
zeigen, so sind sie doch nur eine Momentaufnahme in und übergeordnete Strategien auf die Anpassung und
einem sehr dynamischen Geschehen. Entsprechende zukünftige Nutzung unserer Wälder: der sogenannte
Erhebungen und Auswertungen sollten deshalb jähr- Green Deal und die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030.
lich fortgeführt werden, wobei im Sinne eines effi-
zienten ökonomischen Waldschadensmonitorings EU-Green Deal und damit verbundene Strategien
sowohl die Datenerfassung als auch die Bewertungs-
methoden laufend zu verbessern sind. Idealerweise Im Green Deal wird zunächst anerkannt, dass die
finden dann auch betrieblich differenzierte Erhebun- Waldökosysteme infolge des Klimawandels zuneh-
gen statt, welche die große Spannbreite zwischen den mend unter Druck stehen. Die Waldgebiete in der EU
einzelbetrieblichen Betroffenheiten erkennen lassen. sollen daher sowohl qualitäts- als auch flächenmä-
Viele Forstbetriebe stehen durch die Bestandesver- ßig verbessert werden, um die EU-Ziele für eine Kli-
luste buchstäblich vor dem „Nichts“, andere waren maneutralität und eine Verbesserung der Umwelt zu
nur durch die mangelnde Absetzbarkeit des Holzes erreichen. Durch Aufforstungen sowie die Wieder-
sowie den bundesweiten drastischen Holzpreisverfall herstellung geschädigter Wälder kann die Absorption
betroffen und haben nur geringe Vorrats-/Zuwachs- von CO2 erhöht und gleichzeitig die Widerstandsfä-
verluste erlitten. higkeit der Wälder verbessert und die kreislauforien-
tierte Bioökonomie befördert werden. Teil des Green
Deals ist auch die „Renovierungswelle“ und die Initia-
2.2 Übergeordnete Strategien und tive „Neues Europäisches Bauhaus“, in denen die Po-
Politiken tenziale biogener Materialien insbesondere von Holz
in Bezug auf C-Speicherung und Substitution von Ma-
Es gibt eine Vielzahl von politischen Regelungen, die terialien mit nachteiliger Ökobilanz betont werden.
einerseits Auswirkungen auf die Anpassung der Wäl-
der an den Klimawandel haben und andererseits im EU-Waldstrategie
Zusammenhang mit der Entwicklung von neuen Vor-
schlägen zu Klimaanpassung zu berücksichtigen sind, Die EU-Waldstrategie (European Commission 2021)
soll Kohärenz in der Klimaanpassungspolitik erreicht unterstreicht die multifunktionale Nutzung der Wäl-
werden. In diesem Kontext wichtige politische Rege- der und spannt einen weiten Bogen um die Bewirt-
lungen sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. schaftung des Waldes mit Zielen in den folgenden
Handlungsfeldern: (i) Unterstützung der sozioökono-

5 Der jährliche Nettounternehmensgewinn des Wirtschaftsbereiches Forstwirtschaft (inklusive der Forstlichen Dienstleister) beläuft
sich nach Forstwirtschaftlicher Gesamtrechnung (Mehrjahresmittel 2012 – 2017) auf rund 1,32 Mrd. € pro Jahr (Rosenkranz 2019).

53
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

mischen Funktionen der Wälder zur Förderung länd- kungen von invasiven gebietsfremden Arten, Krank-
licher Gebiete und der forstbasierten Bioökonomie in- heiten und Schadorganismen wie Borkenkäfer, und
nerhalb der Grenzen der Nachhaltigkeit, (ii) Schutz, die notwendigen Präventivmaßnahmen zur Früher-
Wiederherstellung (Restauration) und Erweiterung kennung und Bekämpfung fördern.
der Wälder in der EU, um den Klimawandel zu be- Mit der EU-Waldstrategie schlägt die Kommission
kämpfen, den Verlust der biologischen Vielfalt umzu- zudem einen Fahrplan für die Anpflanzung von min-
kehren und resiliente multifunktionale Waldökosys- destens 3 Mrd. neuen Bäumen in der EU bis 2030 vor.
teme zu erhalten, (iii) Strategisches Waldmonitoring, Dies soll durch biodiversitätsfreundliche Aufforstung
Berichterstattung und Datenerhebung, (iv) eine starke und ökologische Restauration erfolgen (nach dem
Forschungs- und Innovationsagenda, um das Wissen Prinzip: der richtige Baum am richtigen Standort zum
über Wälder zu verbessern, (v) ein integrativer und richtigen Zweck). Die Förderung erfolgt über GAP-
kohärenter EU-Rahmen für die Waldpolitik, und (vi) Strategiepläne und die Kohäsionsfonds. Für das Moni­
die Intensivierung der Umsetzung und Durchsetzung toring soll das Waldinformationssystem für  ­Europa
bestehender EU-Rechtsvorschriften mit Relevanz für weiterentwickelt werden.
Wälder und Waldbewirtschaftung.
Die Anpassung der Wälder an den Klimawandel EU-Biodiversitätsstrategie
wird durch mehrere Ziele und Maßnahmen adres-
siert: Die Wiederherstellung der Wälder nach Klima- Die EU-Kommission erarbeitete 2020 die „EU-Biodi-
schäden wird bessere Informationen über Baumar- versitätsstrategie für 2030 - Mehr Raum für die Natur
teneignung für künftige Klimabedingungen erfordern in unserem Leben“ als Teil des European Green Deals
und große Mengen an geeignetem forstlichem Repro- (Europäische Kommission 2020). Auch die EU-Biodi-
duktionsmaterial verlangen. Rechtsvorschriften über versitätsstrategie hat zum Ziel, die Quantität, Quali-
forstliches Vermehrungsmaterial sollen durch Maß- tät und Widerstandsfähigkeit der Wälder in der EU
nahmen zur Förderung der Erzeugung von forstli- zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf Brände,
chem Vermehrungsgut, das für künftige Klimabedin- Dürren, Schadorganismen, Krankheiten und andere
gungen geeignet ist, ergänzt werden. Bedrohungen, die durch den Klimawandel voraus-
Ein freiwilliges Zertifizierungssystem für natur- sichtlich zunehmen werden.
nahe Waldbewirtschaftung soll entwickelt werden, Mit der Strategie soll daher nicht nur der Arten-
um biodiversitätsfreundliche Managementpraktiken schutz maßgeblich gestärkt, sondern auch den durch
zu fördern. Im Rahmen der Umsetzung der EU-Bio- Klimawandel verursachten Nachteilen für die Bio-
diversitätsstrategie wird die Kommission ein rechts- diversität entgegengewirkt werden. Damit die Wäl-
verbindliches Instrument für die Wiederherstellung der ihre Funktionen in Bezug auf die Biodiversität
von Ökosystemen vorschlagen, insbesondere für Öko- und das Klima erfüllen können, sollen alle Wälder in
systeme mit großem Potenzial zur Bindung und Spei- einem guten Zustand erhalten werden. Resiliente Wäl-
cherung von Kohlenstoff und zur Prävention be- der spielen eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung
ziehungsweise Minderung der Auswirkungen von von Rohstoffen, Produkten und Dienstleistungen, die
Naturkatastrophen, mit besonderer Bedeutung für für die kreislauforientierte Bioökonomie von zentra-
ausgewiesene FFH-Gebiete. Finanzielle Anreize für ler Bedeutung sind; sie sollen eine resilientere Wirt-
Waldbesitzer und -bewirtschafter zur Verbesserung schaft unterstützen.
der Quantität und Qualität der Wälder in der EU sollen Konkret sollen diese Ziele durch folgende drei Maß-
entwickelt werden um Wälder zu schützen und deren nahmen erreicht werden: (1) gesetzlich geschützte Ge-
Ökosystemleistungen auszubauen. biete sollen jeweils mindestens 30 % der EU-Land- und
Neben der zukunftsorientierten anpassungsfä- Seefläche umfassen und durch integrierende ökolo­
higen Restauration und ökosystembasierten Bewirt- gische Korridore als Teil eines trans-europäischen
schaftung von Wäldern erfordert die Klimaanpassung Netzes von Schutzgebieten miteinander verbunden
auch Investitionen in die Störungsprävention, -vorbe- werden, (2) mindestens ein Drittel der Schutzgebiete
reitung, -bewältigung und die Wiederherstellung der – also 10 % der EU-Landflächen, einschließlich aller
Wälder nach Störungen. Dabei sollte die Verhinde- verbleibender Primär- und Urwälder der EU sollten
rung klimabedingter Schäden und die Erhöhung der streng geschützt werden und (3) wirksame Umsetzung
Resilienz der Wälder Vorrang haben vor Investitio- bestehender EU-Rechtsvorschriften in der Bewirt­
nen in Ausrüstungen und technische Maßnahmen der schaftung aller geschützten Gebiete anhand klar defi­
Störungsbewältigung. nierter Schutzziele und -maßnahmen einschließlich
Zudem wird die Kommission in Zusammenarbeit Monitoring.
mit den Mitgliedstaaten die Situation der Waldgesund- Die EU-Biodiversitätsstrategie gibt somit ambitio-
heit in der EU überwachen, einschließlich der Auswir- nierte Schutzziele vor, deren Umsetzung allerdings

54
2.2 Übergeordnete Strategien und Politiken 

mit offenen Fragen verbunden ist. Zum Beispiel gibt es Die Aktivitäten des Aktionsplans im Bereich Wald
keine Vorgabe, wie das Ziel der 10 % streng geschütz- sind dem Cluster „Land“ zugeordnet, einem von insge-
ten Landfläche in der EU auf unterschiedliche Land- samt sechs Clustern. Vorgesehen ist dabei die Entwick-
nutzungstypen verteilt werden soll und ob alle Mit- lung von stabilen, strukturreichen und standortge-
gliedsstaaten in gleichem Umfang Flächen unter rechten Mischwäldern zur Schaffung klimarobuster
Schutz stellen müssen (O‘Brien et al. 2021). Gerade das Wälder, die sich am aktuellen Stand der Forschung
Einfordern größerer Flächen mit strengem Schutz ausrichten soll. Maßnahmen zur Anpassung der Wäl-
sowie die Vorfestlegung von konkreten Schutzzielen der an den Klimawandel und zur Sicherung der natür-
könnten einer notwendigen aktiven und flexiblen Kli- lichen Lebensgrundlagen, die von besonderem Bun-
maanpassung der betroffenen Wälder erheblich im desinteresse sind, sollen mit dem Förderinstrument
Wege stehen. Waldklimafonds (WKF) umgesetzt werden. Die positi-
ven Effekte von Wald und Holz für die Erschließung
2.2.2 Strategien und Politiken des des CO2-Minderungs- und Energiepotenzials sollen in-
­Bundes tensiviert werden. Darüber hinaus soll die Anpassung
der Wälder an den Klimawandel im Rahmen der wei-
Deutsche Anpassungsstrategie Klimawandel terzuentwickelnden Gemeinschaftsaufgabe für die
(DAS) Agrarstruktur und den Küstenschutz (GAK) gefördert
werden.
Um den Herausforderungen des Klimawandels auf Ein besonders hohes Handlungserfordernis wird
nationaler Ebene zu begegnen, beschloss die Bundes- im Aktionsplan (Anhang Anpassung III) in Bezug auf
regierung 2008 die Deutsche Anpassungsstrategie an Schäden durch Schadorganismen identifiziert. In
den Klimawandel (DAS). 2015 und 2020 wurde die An- naher Zukunft wird auch von einem starken Wandel
passungsstrategie fortgeschrieben und die Maßnah- der Nutzfunktionen des Waldes ausgegangen. Hier
men der Aktionspläne der Anpassungsstrategie sol- wird, ebenso wie für die Bereiche Baumartenzusam-
len alle 4 Jahre evaluiert und aktualisiert werden (Die mensetzung, Schutzfunktionen, Hitze- und Trocken-
Bundesregierung 2020). Die Deutsche Anpassungs- stress, Waldbrandrisiko und Schäden durch Wind-
strategie folgt einem sektorübergreifenden Ansatz, wurf von einem mittleren Handlungserfordernis
d. h. die Koordinierung aller Fachministerien ist be- ausgegangen, d. h. auch diese Bereiche sind prioritär
reits erfolgt und die reklamierten Maßnahmen sind zu behandeln.
mit der Bekanntgabe bereits konsentiert.

Tab. 3:  Bewertung von Klimawirkung, Anpassungsdauer und Handlungserfordernis im Bereich Wald (Quelle: Die Bundesregierung 2020, leicht ver-
änderter Auszug aus dem Aktionsplan, Anhang Anpassung III, A1-6/7)

Klimawirkung Bewertung der Klimawirkung Anpassungs- Handlungs­


dauer erfordernis
Gegenwart Nahe Zukunft
Schwacher Starker Wandel
­Wandel
Baumartenzusammensetzung niedrig niedrig mittel lang mittel
Nutzfunktionen niedrig mittel hoch lang mittel
Schutzfunktionen niedrig niedrig mittel lang mittel
Schäden durch Schadorganismen mittel mittel hoch lang hoch
Hitze- und Trockenstress niedrig niedrig mittel lang mittel
Waldbrandrisiko niedrig niedrig mittel lang mittel
Schäden durch Windwurf mittel mittel mittel lang mittel

Die Deutsche Anpassungsstrategie enthält zudem zahlreiche Maßnahmen zur Intensivierung von Forschung und Monitoring. So sollen
Waldflächen mit natürlicher Waldentwicklung gefördert werden, um ein System von Referenzflächen für ein systematisches Monitoring
zu schaffen. Die Forschung zu den Wechselwirkungen von Klimawandel, Schaderregern sowie abiotischer und biotischer Schadfaktoren
und den Auswirkungen für die Wälder wird intensiviert, um daraus Empfehlungen zur Schaffung und Sicherung anpassungsfähiger Wälder
ableiten zu können. Weitere Schwerpunkte für Forschung und Netzwerkaktivitäten liegen im Bereich der Forstpflanzenzüchtung und Her-
kunftsforschung zur Erfassung der genetischen Eignung verschiedener Vorkommen heimischer Baumarten inklusive solcher Vorkommen,
die im Ausland liegen (Die Bundesregierung 2020).

55
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

Klimaschutzplan 2050 notwendige Forschung und das erforderliche Monito-


ring betont. Zusätzlich wird auf Maßnahmen zur Be-
Im Klimaschutzplan der Bundesregierung (BMU 2016) wältigung der aktuellen Waldschäden verwiesen.
steht im Handlungsfeld Landnutzung und Forstwirt-
schaft der Erhalt und die Verbesserung der Treib- Waldstrategien 2020 und 2050
hausgas-Senkenleistung des Waldes im Vordergrund.
Gleichzeitig soll in Anhalt an die Waldstrategie 2020 In der Waldstrategie 2020 der Bundesregierung
die Klimaschutzleistung der nachhaltigen Waldbewirt- (BMEL 2009) ist eine der entscheidenden Feststellun-
schaftung und der damit verbundenen Holzverwen- gen, den Wald als CO2-Senke zu erhalten und dauer-
dung gefördert werden. Das Leitbild des Klimaschutz- haft zu sichern. Während die Nationale Strategie zur
plans orientiert sich damit an den Feststellungen des Biologischen Vielfalt sich allein auf die natürlichen
Weltklimarates, wonach der Schutz und die nachhal- CO2-Speichermöglichkeiten konzentriert, bezieht die
tige Bewirtschaftung der Wälder ein geeignetes und Waldstrategie 2020 auch die CO2-Speicherung in Holz-
kostengünstiges Mittel zur Reduzierung der Treib- produkten sowie das Substitutionspotenzial von Holz-
hausgasemissionen ist. Der Klimaschutzplan über- produkten in die Lösungsansätze mit ein, ohne jedoch
nimmt hierbei auch die Perspektive der Waldstrategie hierfür konkrete Ziele vorzugeben (BMELV 2011).
2020 (siehe unten) bezüglich der Rolle von Holz als er- Damit geht die Waldstrategie über die sektorale
neuerbarem Rohstoff, der über die Speicherung von Betrachtung von Klimaschutzwirkungen der Wälder
Kohlenstoff in langlebigen Produkten und die Subs- hinaus und berücksichtigt die gesamtwirtschaftliche
titution von Materialien mit vergleichsweise nach- Dimension von Klimaschutzmaßnahmen, die mit Wäl-
teiliger Treibhausgas- und Ökobilanz sowie fossiler dern und Holzprodukten erzielt werden kann. Es wird
Energieträger einen wesentlichen Klimaschutzbei- ausgeführt, dass einerseits die Potenziale der heimi-
trag leisten kann. Der Klimaschutzplan betont, dass schen Wälder zur Verbesserung des Klimaschutzes
die Anpassung der Wälder an den Klimawandel be- über die Nutzung von Holz aktuell noch nicht überall
sonders wichtig ist für die Sicherung und den Ausbau ausgeschöpft werden, und dass andererseits die Wäl-
des Klimaschutzbeitrages der Forstwirtschaft. Analog der besonders betroffen sind durch die klimatischen
zur Waldstrategie 2020 soll daher „der Waldumbau zu Veränderungen. Um den Klimaschutzbeitrag der Wäl-
klimaangepassten Mischwäldern mit standortgerech- der zu sichern, werden sowohl geeignete Anpassungs-
ten Baumarten vorangetrieben werden“. Die Optimie- maßnahmen empfohlen, als auch die Verwendung
rung des Klimaschutzes durch Wälder, nachhaltige von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft zur Substi-
Waldwirtschaft und Holzverwendung soll durch eine tution energieintensiver Materialien.
enge Verzahnung mit den Erfordernissen der Ressour- Im Jahr 2019 hat das BMEL den Prozess zur Ent-
cen- und Materialeffizienz erreicht werden. Zur Errei- wicklung einer Waldstrategie 2050 initiiert und im
chung dieser Ziele im Inland dienen: weiteren Verlauf koordiniert. Bis zum Sommer 2021
wurde der vom BMEL vorgelegte Entwurf, in dem
• die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Ag- 10 Handlungsfelder für die Waldpolitik des Bundes
rarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK), die aufgeführt sind, in einem breiten Konsultationspro-
mit Bundesmitteln den Waldumbau und andere zess mit Verbänden und Stakeholdern erörtert und
Maßnahmen zur Anpassung der Wälder an den von diesen kommentiert, so auch vom WBW. Da ein
Klimawandel fördert; rechtzeitiger Abschluss der Waldstrategie 2050 als
Strategie der Bundesregierung vor der Bundestags-
• der Waldklimafonds, mit dem Forschung sowie wahl 2021 unrealistisch wurde, beschloss das BMEL,
Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau des CO2-Min- die Waldstrategie als sektorale Strategie des BMEL zu
derungspotenzials von Wald und Holz sowie zur veröffentlichen.
Anpassung der deutschen Wälder an den Klima- In der Waldstrategie 2050 wird nach wie vor der
wandel gefördert wird; enge Zusammenhang zwischen Wald- und Klimapoli-
tik betont. So steht die Rolle der Wälder für den Kli-
• die Charta für Holz 2.0 (siehe unten) maschutz und die Klimaanpassung der Wälder als
erstes Handlungsfeld gleich zu Beginn. Der Wissen-
Zur Umsetzung der Ziele des Klimaschutzplans 2050 schaftliche Beirat hat in seiner Stellungnahme dar-
hat die Bundesregierung das Klimaschutzprogramm auf hingewiesen, dass beim Thema Klimaschutz die
2030 verabschiedet (BMU 2019). Im Klimaschutzpro- bestehenden Ziele der Waldstrategie 2020 weiterver-
gramm wird noch stärker als im Klimaschutzplan die folgt werden sollten, und dass in Anbetracht der aktu-
Anpassung der Wälder an den Klimawandel zur Siche- ellen Entwicklungen die Forderung nach Anpassung
rung der Kohlenstoffsenke im Wald sowie die dafür der Wälder nochmals an Dringlichkeit gewonnen hat

56
2.2 Übergeordnete Strategien und Politiken 

(WBW 2020). Entwicklung in Rio de Janeiro beschlossene Überein-


Der WBW hat erneut betont, dass die Klimaschutz- kommen vertritt den „Ökosystemansatz“, der die öko-
wirkung der Wälder nicht nur darin besteht, dass CO2 logische Tragfähigkeit zum Kriterium für ökonomi-
in Waldökosystemen und Produkten gespeichert wird, sche und soziale Entscheidungen macht. Um Wälder
sondern auch darin, dass eine Substitution von ener- an den Klimawandel anzupassen, plädiert die NBS für
gieintensiven Materialien und Energieträgern durch den Anbau vielfältiger Mischwälder und verfolgt das
Holz erfolgt. Ziel, die Reaktionsfähigkeit empfindlicher Arten und
Lebensgemeinschaften auf klimabedingte Verände-
Charta für Holz 2.0 rungen zu erhöhen (BMUB 2007).
Hinsichtlich des Artenschutzes im Klimawan-
Als wichtiges Instrument der Ressourcenpolitik für del plädiert die NBS insbesondere dafür, die geneti-
Holz und Meilenstein im Klimaschutzplan 2050 hat sche Vielfalt von wildlebenden und domestizierten
das BMEL im Jahr 2017 die „Charta für Holz 2.0“ ver- Arten zu erhalten. Das beinhaltet auch die Sicherstel-
öffentlicht. Die Charta für Holz verfolgt in einem lung des natürlichen genetischen Austauschs wild-
ganzheitlichen Ansatz und einem breit angelegten Di- lebender Arten, unter anderem durch die Erhaltung
alogprozess unter Einbindung von Wirtschaft, Wis- der Rastplätze und Zugwege wandernder Tierarten,
senschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft das Ziel, die Etablierung von Biotopverbundsystemen für die
den Beitrag der Holzverwendung aus nachhaltiger Ausbreitung und Wanderung der vom Klimawandel
Forstwirtschaft zum Schutz des Klimas, der Schonung betroffenen Arten sowie die Entwicklung von Konzep-
endlicher Ressourcen und der Wertschöpfung zu stär- ten für den Schutz von Arten, die durch das Biotopver-
ken. Die vom BMEL initiierte Charta für Holz 2.0 wird bundsystem keine ausreichenden Adaptationsmög-
in folgenden Handlungsfeldern umgesetzt: lichkeiten erhalten (hier insbesondere endemische
Arten).
• Bauen mit Holz in Stadt und Land In der Nationalen Strategie zur biologischen Viel-
falt werden im Kapitel zum Klimawandel für den Wald
• Potenziale von Holz in der Bioökonomie zwar Ziele gesetzt (Erhöhung der natürlichen Spei-
cherkapazität durch die Zunahme naturnaher Wälder,
• Material- und Energieeffizienz Neubegründung von Waldflächen sowie natürliche
Entwicklung von Moorwäldern), die Herausforde-
• Cluster Forst & Holz rung der Anpassung der Wälder an den Klimawan-
del wird aber nur in geringem Umfang thematisiert.
• Ressource Wald und Holz Kann dies noch auf die im Jahr 2007 weniger drama-
tische Situation des Waldzustandes in Deutschland
• Wald und Holz in der Gesellschaft und anderen mitteleuropäischen Ländern zurückge-
führt werden, erscheint die nur untergeordnete Be-
• Forschung und Entwicklung deutung dieses Themas auch im aktuellen Vorschlag
der Europäischen Kommission zur EU-Biodiversitäts-
Zu den jeweiligen Handlungsfeldern bringen Exper- strategie 2030 (Europäische Kommission 2020) nur
tinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft wenig zeitgemäß. Einerseits wird die nachhaltige Be-
und Verwaltung in sechs Arbeitsgruppen ihre Exper- wirtschaftung von Wäldern als entscheidend für die
tise zur Identifizierung von Handlungserfordernissen Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel angesehen.
ein, entwickeln Ideen und Maßnahmenvorschläge. Andererseits geht es aber unverändert um den Schutz
Eine Steuerungsgruppe mit Vertreterinnen und Ver- des Bestehenden („... Gebiete mit hohem Biodiversi-
tretern von Bund, Ländern, Wirtschaft, Zivilgesell- tätswert ... sind am anfälligsten für den Klimawan-
schaft und Wissenschaft begleitet die Umsetzung der del und sollten ... strengen Schutz(es) erhalten“) und
Charta für Holz 2.0 (BMEL 2017). nicht um die dynamische Entwicklung zur Anpassung
an den Klimawandel.
Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt Im Bereich Forschung und Monitoring sollten lau-
(NBS) ten NBS regionale Klimaprojektionen unter den Aspek-
ten Biodiversität und Klimasensitivität der Modelle
Die 2007 verabschiedete Nationale Strategie zur biolo- aufbereitet und interpretiert, sowie Langzeitprogno-
gischen Vielfalt (NBS) (BMUB 2007) zielt ab auf die Um- sen der Biodiversitätsentwicklung in Ökosystemen
setzung des internationalen Übereinkommens über mittels dynamischer Modelle erstellt werden. Monito-
die biologische Vielfalt (Convention on biological di- ringprogramme sollen eingerichtet beziehungsweise
versity, CBD). Das auf der Konferenz für Umwelt und modifiziert werden, um das naturschutzfachliche

57
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

Management von Arten- und Gebietsschutzprogram- regierung im Juli 2013 die erste Bioökonomiestrategie
men unter Berücksichtigung der Erfordernisse des beschlossen, der eine überarbeitete Fassung im Früh-
Klimawandels weiterzuentwickeln. jahr 2020 folgte (BMBF und BMEL 2020). Sie benennt
Ziele, strategische Ansätze und Maßnahmen für eine
Moorschutzstrategie Entwicklung hin zu einer biobasierten Wirtschaft.
Diese soll mit möglichst wenig fossilen Rohstoffen aus-
Das Bundesumweltministerium (BMU) hat mit Unter- kommen, nachhaltig erzeugte Produkte und Dienst-
stützung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) eine leistungen bereitstellen und damit ökonomisches
Moorschutzstrategie als Diskussionspapier erarbeitet Wachstum und ökologische Verträglichkeit vereinen.
(Nitsch und Schramek 2020, BMU 2020). Mit ihr sol- Der Wandel zu einer auf erneuerbaren Ressourcen be-
len die Weichen zur Erhaltung der Moore als Biodiver- ruhenden rohstoffeffizienten Wirtschaft soll vorange-
sitätshotspots und Langzeitspeicher für Kohlenstoff bracht und der Verbrauch von fossilen Energien maß-
gestellt werden. Nach Angaben des BMU (2020) wer- geblich gesenkt werden.
den derzeit in Deutschland ca. 300.000 ha an Moor- Die Forstwirtschaft wird in der Strategie zusam-
böden forstwirtschaftlich genutzt oder sind mit Ge- men mit der Landwirtschaft als zentraler Pfeiler einer
hölzen bewachsen. Bedeutsam in Zusammenhang mit biobasierten Wirtschaft bezeichnet. Handlungsfelder,
der Waldwirtschaft sind genutzte Wälder auf entwäs- welche auch die Forstwirtschaft betreffen und zugleich
serten Moorböden. Unter dem Blickwinkel der Klima- Veränderungen durch den Klimawandel berücksich-
anpassung misst das BMU (2020) der Erhaltung und tigen sollten, sind die Minderung des Flächendrucks
Verbesserung der Wasserrückhaltung des Waldes eine durch nachhaltige Steigerung der Produktivität von
entscheidende Bedeutung insbesondere hinsichtlich land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen und
Dürreereignissen zu. die nachhaltige Erzeugung und Bereitstellung bioge-
Ein wichtiges Ziel ist daher in der Moorstrategie ner Rohstoffe. Während die Produktivitätssteigerung
die Erhöhung der Resilienz von Waldmoorböden ge- in der Landwirtschaft über klimaangepasste Züchtun-
genüber den Folgen des Klimawandels. Erreicht wer- gen erfolgen soll, wird dieser Aspekt bei der Forstwirt-
den soll dies zum einen über eine verstärkte Zusam- schaft nicht weiter präzisiert, außer dass die Produk-
menarbeit des Bundes mit den Ländern inklusive tivitätssteigerung mit der Wahrung von Biodiversität
Zielvereinbarungen zum Moorschutz und Förderpro- und Landschaftsbildern einhergehen müssen. Zur zu-
grammen für Wiedervernässungsmaßnahmen. Wich- künftigen Verfügbarkeit biogener Rohstoffe wird be-
tige Anpassungsmaßnahmen werden im Verzicht auf tont, dass diese maßgeblich von der Anpassungsfähig-
einen Vorflutausbau und weitere Vorflutabsenkun- keit der Forstwirtschaft abhängen wird. Für weitere
gen unter Berücksichtigung der Eigentümerinteres- Ausführungen wird dabei auf den Aktionsplan zur
sen gesehen. Weiterhin sind die Entwicklung boden- Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
schonender Holzernte auf Moorstandorten mit hohen verwiesen (siehe oben).
Wasserständen und ein Verzicht auf finanzielle För-
derung von Wiederaufforstung auf Moorstandorten
durch den Bund und entsprechende Empfehlungen 2.3 Rechtliche Instrumente
auch an die Länder vorgesehen. Über Pilotprojekte
sollen neuartige Bewirtschaftungsformen, bei denen 2.3.1 Waldgesetzliche Regelungen
die Wasserstände durch Wiedervernässung vollstän-
dig angehoben werden können, auch im Wald erprobt Waldpolitik fällt in Deutschland primär in die Kom­
werden. Hier können spezielle Bewirtschaftungsfor- petenz der Länder. Das Bundeswaldgesetz6 formuliert
men auf nassen oder wiedervernässten Moorböden in § 11, Abs. 1: „(1) Der Wald soll im Rahmen seiner
- sogenannte Paludikulturen - zum Einsatz kommen Zweckbestimmung ordnungsgemäß und nachhaltig
(z. B. der Anbau von Röhricht oder die Kultivierung bewirtschaftet werden“. Die Landeswaldgesetze
von Torfmoosen). konkretisieren in der Regel diese waldgesetzlichen
­
Pflichten im Rahmen der Definition der sogenannten
Nationale Bioökonomiestrategie „Ordnungsgemäßen Forstwirtschaft“. So führt bei-
­
spielsweise das Niedersächsisches Gesetz über den
Als eine der jüngsten Politikstrategien mit unmittel­ Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) unter
barer Relevanz für den Klimaschutz hat die Bundes­ § 11 „Ordnungsgemäße Forstwirtschaft, eigendynami-

6 Das „Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz)“ vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037),
das zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Januar 2017 (BGBl. I S. 75)

58
2.3 Rechtliche Instrumente 

sche Waldentwicklung“ aus: „(1) Die waldbesitzende Bedeutung des Eigentumsobjekts sowie im Blick auf
Person hat ihren Wald ordnungsgemäß, insbesondere den Regelungszweck nicht zu einer übermäßigen Be-
nachhaltig zu bewirtschaften und dabei zugleich der lastung führen und den Eigentümer unzumutbar tref-
Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes Rechnung fen (Härtel 2010). In Anbetracht der aktuellen, zum
zu tragen (ordnungsgemäße Forstwirtschaft). Ord- Teil großflächigen Schäden erweisen sich diese wald-
nungsgemäß ist die Forstwirtschaft, die nach den gesi- gesetzlichen Pflichten also nicht als wirksam, um
cherten Erkenntnissen der Wissenschaft und den be- Schäden zu vermindern oder gar zu verhindern.
währten Regeln der Praxis den Wald nutzt, verjüngt, Statt des Ordnungsrechts spielt im Zusammenhang
pflegt und schützt“; hierzu zählen beispielsweise: mit der Schadensbeseitigung und Klimaanpassung der
Wälder derzeit das Instrument der Förderung die zen-
• die Sicherung nachhaltiger Holzproduktion und trale forstpolitische Rolle. Hier geht es vorrangig um
Erhaltung der Waldökosysteme als Lebensraum die Aufarbeitung und Lagerung von Kalamitätsholz
einer artenreichen Pflanzen- und Tierwelt und auch die Wiederbewaldung von Kalamitätsflä-
chen. Die Rahmenbedingungen der Förderung regelt
• das Hinwirken auf gesunde, stabile und vielfältige § 41 des Bundeswaldgesetzes. Hiernach soll die Forst-
Wälder, wirtschaft wegen der Nutz-, Schutz- und Erholungs-
funktionen des Waldes öffentlich gefördert werden,
• ein ausreichender Umfang von Alt- und Totholz­ wobei die Förderung insbesondere auf die Sicherung
anteilen zur Sicherung der Lebensräume wildle- der allgemeinen Bedingungen für die Wirtschaftlich-
bender Tiere, Pflanzen und sonstiger Organismen, keit von Investitionen zur Erhaltung und nachhalti-
gen Bewirtschaftung des Waldes gerichtet sein soll.
• bei Aufforstungen Wahl standortgerechter Baum- Zu diesem Zweck ist die Forstwirtschaft unter Berück-
arten unter Verwendung geeigneten Saat- und sichtigung ihrer naturbedingten und wirtschaftlichen
Pflanzengutes bei Erhaltung der genetischen Besonderheiten vor allem mit den Mitteln der Wirt-
Vielfalt, schafts-, Verkehrs-, Agrar-, Sozial- und Steuerpolitik in
den Stand zu setzen, den Wald unter wirtschaftlich an-
• möglichst weitgehender Verzicht auf Pflanzen­ gemessenen Bedingungen zu nutzen und zu erhalten.
schutzmittel, Einsatz des integrierten Pflanzen- Der Bund beteiligt sich an der finanziellen Förde-
schutzes, rung der Forstwirtschaft nach dem Gesetz über die Ge-
meinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur
• Hinwirken auf Wilddichten, die den Waldbe­ und des Küstenschutzes“ (GAK). Staatliche Zuwendun-
ständen und ihrer Verjüngung angepasst sind, gen können erhalten: 1.) forstwirtschaftliche Zusam-
menschlüsse und andere Formen gemeinschaftlicher
• sowie Maßnahmen zur Waldschadensverhütung. Waldbewirtschaftung und 2.) Inhaber land- oder forst-
wirtschaftlicher Betriebe oder Grundbesitzer, soweit
Hiernach ist sowohl die Walderhaltung, als auch die ihre forstlichen Vorhaben nicht über forstwirtschaft-
Waldpflege und die Verhütung von Waldschäden zu- liche Zusammenschlüsse gefördert werden.
vorderst gesetzliche Pflicht der Waldbesitzenden. Das Instrument der GAK-Förderung wird aktuell
Diese die Verfügungsrechte der Waldbesitzenden ein- vielfach kritisiert, da es der Kofinanzierung durch die
schränkenden Pflichten sind nach herrschender Mei- Länder bedarf und vielfach landesspezifische Politi-
nung Teil der Inhalts- und Schrankenbestimmung des ken die Umsetzung dominieren. Auch wird die GAK-
Eigentums und als solche sind sie Ausfluss der Sozial- Förderung dafür verantwortlich gemacht, dass die
gebundenheit des Eigentums und grundsätzlich ent- erforderlichen Regelungen oft erst mit großem zeitli-
schädigungslos hinzunehmen (Härtel 2010). Deshalb chem Verzuge von den Ländern auf den Weg gebracht
können – je nach landesrechtlicher Regelung - die werden und dass das bereitgestellte Geld nicht oder
dafür notwendigen Maßnahmen auch im Rahmen des nur sehr langsam abfließt, wo eigentlich schnelle Hilfe
Verwaltungszwanges (durch Ordnungsgelder, Ersatz- erforderlich wäre.
vornahmen etc.) durchgesetzt werden. Zu den waldgesetzlichen Regelungen, die bei der
Von dieser grundsätzlich bestehenden Möglichkeit Anpassung der Wälder an den Klimawandel berück-
der ordnungsrechtlichen Durchsetzung von Wald- sichtigt werden müssen, gehört auch das Forstver-
erhaltungs- und Waldschutzmaßnahmen (beispiels- mehrungsgutgesetz (FoVG), das in Deutschland seit
weise zur Bekämpfung von Borkenkäfer-Nestern im dem 01.01.2003, zusammen mit der Forstvermeh-
Privatwald) wird derzeit jedoch nur selten Gebrauch rungsgut-Durchführungsverordnung (FoVDV) gilt. Der
gemacht. Denn Einschränkungen des Eigentums dür- Zweck des Gesetzes ist, den Wald mit seinen vielfälti-
fen, gemessen am sozialen Bezug und an der sozialen gen positiven Wirkungen durch die Bereitstellung von

59
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

hochwertigem und identitätsgesichertem forstlichen angepassten Vermehrungsgutes. Die Verwendung von


Vermehrungsgut in seiner genetischen Vielfalt zu er- Vermehrungsgut aus dem eigenen Herkunftsgebiet ist
halten und zu verbessern sowie die Forstwirtschaft jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben. Im Hinblick
und ihre Leistungsfähigkeit zu fördern (§ 1 (1) FoVG). auf die Anpassung der Wälder an den Klimawandel
Verbindliche Grundlage für die nationalen deutschen ist dies sachgemäß, denn diese Regelung erlaubt, auch
Bestimmungen des FoVG ist die Richtlinie 1999/105/EG Vermehrungsgut aus anderen Herkunftsgebieten zu
der Europäischen Gemeinschaft (EG) über den Ver- verwenden, wenn deren gegenwärtige Wachstums­
kehr mit forstlichem Vermehrungsgut. Derzeit läuft bedingungen für den eigenen Standort zukünftig er-
die Überprüfung der Saatgutdirektiven der Mitglieds- wartet werden.
staaten auf EU-Ebene durch die EU-Kommission mit
dem Ziel einer stärkeren Harmonisierung. 2.3.2 Naturschutzrecht,
Dem FoVG unterliegen die 47 in der EU-Richtlinie Pflanzenschutzrecht, Bodenschutz,
aufgelisteten Baumarten (einschl. der Hybridlärche Wasserrecht
und der Gattung Populus). Für 26 in Deutschland rele-
vante Baumarten sowie die Hybridlärche und die Gat- Auch die Naturschutzgesetze von Bund und Ländern
tung Pappel sind Herkunftsgebiete ausgewiesen und enthalten Regelungen, die den Wald und die Forstwirt-
es ist Ausgangsmaterial zugelassen. Die Zulassung er- schaft direkt und indirekt betreffen. Für die Anpas-
folgt in Kategorien. Bei Baumarten, die dem FoVG un- sung der Wälder an den Klimawandel sind besonders
terliegen, wird zwischen forstlichem Vermehrungsgut die Regelungen hinsichtlich der Baumartenwahl von
der Kategorien „Ausgewählt“, „Qualifiziert“ und „Ge- Bedeutung. So enthält § 5 (3) BNatSchG folgende poli-
prüft“ unterschieden (§2 (8) FoVG). Vermehrungsgut tische Zielbestimmung: „Bei der forstlichen Nutzung
der Kategorie „Ausgewählt“ stammt aus Erntebestän- des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wäl-
den, Vermehrungsgut der Kategorie „Qualifiziert“ aus der aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhal-
Samenplantagen und Vermehrungsgut der Kategorie tig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil stand-
„Geprüft“ aus Samenplantagen oder Erntebeständen, ortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten“. Auf die
von Familieneltern, einem Klon oder Klonmischun- große Herausforderung, die Wälder in Deutschland
gen. Das FoVG regelt Erzeugung, Inverkehrbringen, auf den Klimawandel hin anzupassen wird in diesem
Ein- und Ausfuhr von forstlichem Vermehrungsgut Paragraphen nicht eingegangen, vielmehr werden die
der genannten Baumarten bzw. Hybriden. Die Ver- bisher standortheimischen Baumarten implizit wei-
wendung von forstlichem Vermehrungsgut ist nicht terhin als geeignet angesehen.
Gegenstand des Gesetzes und fällt in den Bereich der Auch in anderen Abschnitten des Naturschutzrech-
ordnungsgemäßen Forstwirtschaft. Die Förderricht- tes werden die Auswirkungen des Klimawandels auf
linien von Bund und Ländern binden jedoch in der die im Naturschutzrecht geregelten Schutzgüter nicht
Regel staatliche Fördermittel, z. B. für Erst- und Wie- adressiert. Gemäß § 33 (1) BNatSchG sind „Alle Ver-
deraufforstungen, an die Verwendung herkunftsgesi- änderungen und Störungen, die zu einer erheblichen
cherten und angepassten Vermehrungsgutes. Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen
Welche Anforderungen die Erntebestände erfüllen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maß-
müssen, ist in der Forstvermehrungsgut-Zulassungs- geblichen Bestandteilen führen können, […] unzuläs-
verordnung (FoVZV) geregelt. Neben ertragsorientier- sig“. Entsprechendes Fehlverhalten der Waldbesitzer
ten Anforderungen wie Volumenzuwachs und Holz- ist gemäß § 69 (3) 6. BNatSchG als Ordnungswidrig-
qualität spielen auch Angepasstheit, Gesundheit und keit mit Bußgeld bewehrt. Die Veränderung von Na-
Widerstandsfähigkeit eine Rolle. Um die Unterschiede tura 2000-Gebieten durch den Klimawandel lässt sich
in den natürlichen Wachstumsbedingungen zu be- dadurch allerdings nicht aufhalten. Im Sinne einer
rücksichtigen, werden die Erntebestände nach Her- möglichst naturschutzorientierten Anpassung der
kunftsgebieten ausgewählt und zugelassen. Mit der Schutzgebiete sowie im Sinne einer möglichst hohen
Veränderung des Baumartenspektrums, z. B. in einem Rechtssicherheit für die Waldbesitzer wären Regelun-
proaktiven Waldumbau müssen die rechtlichen Rah- gen zu Anpassungsmöglichkeiten der Schutzgebiete
menbedingungen angepasst werden. im Wald an den Klimawandel im Naturschutzrecht
Die Verwendung von forstlichem Vermehrungs- erforderlich.
gut ist nicht Gegenstand des Forstvermehrungsgut- Ein weiteres Teilgebiet im Rechtsbereich des Natur-
gesetzes und fällt in den Bereich der ordnungsgemä- schutzes ist die Anwendung von Pflanzenschutzmit-
ßen Forstwirtschaft. Die Förderrichtlinien von Bund teln. Diese wird wegen ihrer schädigenden Wirkung
und Ländern binden jedoch in der Regel staatliche auch auf nicht bekämpfte Tier- und Pflanzenarten kri-
Fördermittel, z. B. für Erst- und Wiederaufforstun- tisch gesehen und weitgehend eingeschränkt. Gleich-
gen, an die Verwendung herkunftsgesicherten und zeitig ist der gezielte Einsatz von biologischen oder

60
2.3 Rechtliche Instrumente 

chemischen Pflanzenschutzmitteln als „ultima ratio“ in deutsches Recht umgesetzt. Die Anforderungen an
unverzichtbar (vergleiche auch BÖR 2016 und WBW Gewässerrandstreifen und Regelungen zur Wasser-
2019). entnahme sind sowohl forstwirtschaftlich als auch
Hinsichtlich der Waldböden gilt es, das nationale hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels be-
Bodenschutzrecht zu beachten. Nationale Vorschrif- deutsam. Sie müssen bei Polterspritzungen und einer
ten zum Bodenschutz ergeben sich aus zahlreichen Nasskonservierung von Rundholz berücksichtigt wer-
Gesetzen und Verordnungen. Von besonderer Bedeu- den (Odenthal-Kahabka 2005). Daneben sind Maßnah-
tung sind das Bundes-Bodenschutzgesetz und die Bun- men an Fließgewässern im Wald zu nennen, welche
des-Bodenschutzverordnung sowie weitere gesetzli- die Durchwanderbarkeit zur Sicherung der Lebens-
che Regelungen auf Ebene der Bundesländer. Zweck grundlagen der Gewässerfauna und -flora sicherstel-
des Bundes-Bodenschutzgesetzes ist es, „nachhaltig len, da unter den Auswirkungen des Klimawandels
die Funktionen des Bodens zu sichern oder wieder- zeitweise trockenfallende Gewässerstrecken nur so
herzustellen. Hierzu sind schädliche Bodenverände- wiederbesiedelt und dadurch in einem guten Zustand
rungen abzuwehren, der Boden und Altlasten sowie erhalten werden können (Schaber-Schoor 2007).
hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu
sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkun- 2.3.3 Wirtschafts- und Kartellrecht
gen auf den Boden zu treffen. Bei Einwirkungen auf
den Boden sollen Beeinträchtigungen seiner natürli- Statt einer direkten Förderung erfuhr insbesondere
chen Funktionen sowie seiner Funktion als Archiv der der kleinstrukturierte Körperschafts- und Privatwald
Natur- und Kulturgeschichte so weit wie möglich ver- in Deutschland jahrzehntelang eine indirekte Förde-
mieden werden.“ (§1 BBodSchG). rung durch die staatlichen Forstverwaltungen, insbe-
Durch den Einsatz von Forstmaschinen für die sondere durch nicht kostendeckende Betreuungsan-
Holzernte und Holzrückung sowie weitere forstliche gebote und durch die gemeinsame Vermarktung des
Maßnahmen wie z. B. bei der Beseitigung von Schlag- Holzes aus dem Staats-, Kommunal- und Privatwald
abraum oder der Bodenvorbereitung für die Verjün- (siehe Kapitel 2.1.1).
gung besteht die Gefahr von Bodenveränderungen Beide Bereiche waren seit über 15 Jahren Gegen-
und -schäden. Die Bundesbodenschutzverordnung stand kartellrechtlicher Auseinandersetzungen. Wäh-
wird im Hinblick auf vorsorgenden Bodenschutz bis- rend sich die wettbewerbsrechtlichen Prüfungen
lang wenig konkret. Dennoch gibt es strikte Regeln und zunächst auf den besitzartenübergreifenden Holzver-
Selbstverpflichtungen (in den Waldzertifizierungssys- kauf fokussierten, wurden nachfolgend auch die soge-
temen) für den Einsatz von Maschinen im Wald. Beim nannten „vorgelagerten Dienstleistungen“, zu denen
Einsatz von Forstmaschinen im Zuge der Holzernte ist insbesondere die Planung von Hiebsmaßnahmen und
ein flächiges Befahren von Waldböden untersagt (s. das Auszeichnen von Beständen zählen, in die rechtli-
Landeswaldgesetze und PEFC / FSC-Kriterien). Es ist che Überprüfung einbezogen. Im Zuge von Prüfungen
ein Netz von sogenannten Rückegassen bzw. Maschi- der EU wurde festgestellt, dass die weit unterhalb von
nenwegen auszuweisen, das auf Dauer Bestand hat, Marktpreisen angesiedelten Entgelte für staatliche Be-
und auf das die Fahrbewegungen der Maschinen zu treuungsleistungen auch beihilferechtlich als proble-
konzentrieren sind. Diese Befahrungslinien sind per matisch anzusehen sind (WBW 2018).
definitionem keine Holzbodenfläche mehr, und auf- Vor diesem Hintergrund wurden in einer Vielzahl
grund von Bodenverdichtungen haben sie auch wich- von Bundesländern verschiedene Aktivitäten unter-
tige Bodenfunktionen eingebüßt. Um sichtbare Schä- nommen, um die forstliche Betreuung den kartell-
den wie zum Beispiel tiefe Gleise und Fahrspuren zu und beihilferechtlichen Erfordernissen anzupassen.
vermeiden, die nicht nur die Erholungsfunktion der In der Konsequenz führen diese Entwicklungen zu
Wälder beeinträchtigen, sondern auch die technische einer erheblichen Einschränkung der bisher üblichen
Befahrbarkeit der Rückegassen in Frage stellen, ist die indirekten Förderung der nichtstaatlichen Forstwirt-
Waldarbeit entsprechend zu organisieren (z. B. Ver- schaft und – soweit noch zulässig – zu einer deutlichen
meidung von Forstmaschineneinsätzen bei hohem Verteuerung des staatlichen Betreuungsangebotes für
Wassersättigungsgehalt der Böden). den Privat- und Körperschaftswald.
Am 22.12.2000 trat die europäische Wasserrah- Diese Entwicklung läuft den Herausforderun-
menrichtlinie (WRRL) in Kraft (Richtlinie 2000/60/ gen des Klimawandels diametral entgegen, da zu er-
EG). Mit ihr sollen die Gewässer in der Europäischen warten ist, dass Maßnahmen zum Waldumbau, zum
Union in einen qualitativ guten Zustand überführt Waldschutz und zur Waldpflege vor allem für Eigentü-
werden. Die WRRL wurde durch das Wasserhaushalts- mer kleiner Waldflächen organisatorisch zunehmend
gesetz (WHG), die Oberflächengewässerverordnung kompliziert und wirtschaftlich zunehmend uninteres-
(OGewV) und die Grundwasserverordnung (GrwV) sant werden und deshalb häufig unterlassen werden.

61
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

2.3.4 Brennstoffemissions­handelsgesetz • die wirtschaftlichen Folgen für die Forstbetriebe


„tragbarer“ zu machen (durch Bildung einer steu-
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, wurde am 19. erfreien Rücklage/eines betrieblichen Ausgleichs-
Dezember 2019 als Teil des Klimapaketes das Gesetz fonds, die Erhöhung des Pauschsatzes für Be-
über einen nationalen Zertifikatehandel für Brenn- triebsausgaben, den Verzicht auf Aktivierung von
stoffemissionen (Brennstoffemissionshandelsgesetz – Kalamitätsholz und die pauschale Absenkung des
BEHG) verkündet. Dadurch werden ab dem Jahr 2021 Einkommensteuer-Satzes für Kalamitätsholz).
auch die Sektoren Wärme und Verkehr in den Emis-
sionshandel einbezogen und die Verbrennung von Die erste Bewährung erfuhr diese gesetzliche Re-
Kohle, Diesel, Benzin etc. finanziell belastet. Feste bio- gelung bei der Beschränkung ordentlicher Holzein-
gene Brennstoffe wie Holz, Pellets etc. sind hiervon schläge nach dem Orkantief Quimburga vom 13. No-
ausgenommen. Im Nachgang hat man sich politisch vember 1972; bereits am 14.12.1972 trat die VO zur
auf die Erhöhung der Zertifikatspreise geeinigt; im Beschränkung des ordentlichen Holzeinschlages in
Jahr 2021 beträgt der Einführungspreis je Tonne CO2 Kraft. Am 26.08.1985 erfolgte eine Novelle des Forst-
nun 25 Euro und steigt dann bis zum Jahr 2025 auf 55 schäden-Ausgleichsgesetz (Aufnahme von Immissi-
Euro (BEHG §10 (2)). onsschäden, Änderung der Mindest-Mengen). Nach
Hierdurch wird sich die wettbewerbliche Position den Sturmschäden im Frühjahr 1990 (Wiebke und Vi-
des Rohstoffes Holz gegenüber den Ersatzproduk- vian mit deutschlandweit 73 Mio. Fm Schadholzan-
ten (wie Kohle, Erdöl etc.) verbessern. Leider liegen fall) trat am 11. April 1990 die VO zur Beschränkung
noch keine Abschätzungen vor, welche Wirkung auf des ordentlichen Holzeinschlags in Kraft. Letztma-
die Holzmärkte in Deutschland von dieser Regelung lig wurde nach den Sturmschäden im Dez. 1999 (Lo-
ausgehen werden. Aus Schweden ist bekannt, dass thar mit europaweit 200 Mio. Fm Kalamitätsanfall)
die dortige Forstwirtschaft von der dort bereits 1991 eine VO zur Einschränkung des ordentlichen Holzein-
eingeführten Kohlenstoffsteuer, die mittlerweile auf schlags erlassen (v. 8. Februar 2000). Nach dem Sturm-
rund 120 EUR/Tonne CO2 angestiegen ist, sehr profi- tief Kyrill (Januar 2007) und Sturm Friederike (Januar
tiert hat (IRENA 2019). 2018) erfolgte keine „Aktivierung“ des Forstschäden-
Ausgleichsgesetz; anlässlich der starken Borkenkäfer-
2.3.5 Forstschäden-Ausgleichsgesetz schäden (2018/19/20ff) wurden in 2018 steuerliche Er-
leichterungen gewährt. Im Herbst 2020 konnten sich
Vor dem Hintergrund der Sturmflutkatastrophe von die Bundesländer auf eine Aktivierung des Forstschä-
1962 und Orkane im Frühjahr 1967 sah die damalige den-Ausgleichsgesetz einigen, die für das Forstwirt-
Regierung im Frühjahr 1969 für die Forstwirtschaft schaftsjahr 2021 gilt.
die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung. Sie er- Erst Ende März 2021 hat der Bundesrat einer Ver-
gebe sich daraus (Pfullmann 2016), „dass a) sich Na- ordnung über die Beschränkung des ordentlichen
turkatastrophen im Wald in unregelmäßigen Zeitab- Holzeinschlags im Forstwirtschaftsjahr 2021 (Holz-
ständen wiederholen, b) die schlechte Ertragslage der EinschlBeschrV2021) zugestimmt, welche vom Bun-
Forstwirtschaft den Waldbesitzern aller Größenord- desministerium für Ernährung und Landwirtschaft
nungen keinen Spielraum mehr lässt, derartige Schä- im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für
den, insbesondere den dadurch verursachten Preis- Wirtschaft am 14. April 2021 erlassen wurde. Die
verfall aufzufangen“. Verordnung sieht vor, für die Holzart Fichte den or-
Die Ziele des „Gesetz zum Ausgleich von Auswir- dentlichen Holzeinschlag auf 85 % des durchschnittli-
kungen besonderer Schadensereignisse in der Forst- chen Einschlags der Jahre 2013 bis 2017 zu beschrän-
wirtschaft“ (Forstschäden-Ausgleichsgesetz) in der ken. Neben der erwarteten positiven Wirkung auf die
Ausfertigung vom 29.08.1969 waren: Holzpreise können gegebenenfalls auch die steuerli-
chen Erleichterungen (insbesondere ¼-Steuersatzes
• ein nichtkonjunkturbedingtes Absinken der Roh- auf sämtliche Kalamitätseinkünfte im Zeitraum der
holzpreise bei Schadensfällen zu verhindern, ohne Einschlagsbeschränkung) dazu beitragen, die wirt-
die Versorgung der Holzwirtschaft zu gefährden schaftlichen Folgen für die Forstbetriebe etwas ab-
(durch Beschränkung des ordentlichen Holzein- zumildern. Die Einschlagsbeschränkung ist nach § 1
schlags und der Holzeinfuhr, Transportbeihilfen Abs. 1 der Verordnung nur für das Forstwirtschafts-
– sie wurden später gestrichen - und durch steu- jahr 2021 gültig, d. h. für den Zeitraum 01.10.2020 bis
erliche Begünstigung von Übervorräten in der zum 30.09.2021.
Holzwirtschaft) Insgesamt bleibt festzustellen, dass sich die Rege-
lungen des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes zur Lö-
sung vergleichbarer Schadenslagen als nicht mehr

62
2.3 Rechtliche Instrumente 

zeitgemäß erweisen. Die Beschränkung des planmä- festgelegt, welche Beiträge im Sektor Landnutzung,
ßigen Holzeinschlages erfolgte (auch aufgrund euro- Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF
parechtlicher Bedenken) erst drei Jahre nach Beginn land use, land use change and forestry) erreicht wer-
der Kalamitätsserie im Januar 2018, zudem liefen die den sollen. Die sektorübergreifenden jährlichen Min-
steuerlichen Erleichterungen zum Teil ins Leere, weil derungsziele bilden den Rahmen für die nachfolgende
kaum mehr positive Einkünfte aus dem Kalamitäts- Festlegung der sektorspezifischen Jahresemissions-
Holzverkauf erzielt wurden (siehe auch Kap. 2.4.2). mengen durch Rechtsverordnung im Jahr 2024 für
Vor diesem Hintergrund hat sich der DFWR in einem die Jahresemissionsmengen von 2031 bis 2040 und im
Positionspapier für eine Novelle des Forstschäden- Jahr 2034 für die Jahresemissionsmengen von 2041
Ausgleichsgesetzes ausgesprochen und empfohlen, es bis 2045. Der Mittelwert der jährlichen Emissionsbi-
zu einer gesetzlichen Grundlage für eine systemati- lanzen des jeweiligen Zieljahres und der drei vorher-
sche Risikovorsorge und ein schnelles Handeln im Ka- gehenden Kalenderjahre des Sektors LULUCF soll von
lamitätsfall weiter zu entwickeln (DFWR 2020). Eine minus 25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten bis zum
entsprechende Arbeitsgruppe hat das BMEL zur Bera- Jahr 2030, auf mindestens minus 40 Millionen Tonnen
tung der Handlungserfordernisse für eine Novelle be- CO2-Äquivalenten bis zum Jahr 2045 sinken. Bisher
reits eingerichtet. wurde auf der Grundlage von Modellierungen ange-
nommen, dass sich der LULUCF-Sektor für den Zeit-
2.3.6 Bundes-Klimaschutzgesetz raum bis 2035 zu einer Quelle von Treibhausgasen
(THG) entwickelt (UBA 2019). Daher ergibt sich eine
Das novellierte Klimaschutzgesetz wurde am deutliche Differenz zwischen der rechtlich vorgegebe-
24. 06. 2021 vom Bundestag verabschiedet und an- nen THG-Senkenleistung und den bisher projektierten
schließend vom Bundesrat gebilligt. Das Gesetz sieht Emissionen des LULUCF-Sektors (Abb. 25). Allerdings
vor, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 mindestens sind die Vorhersagen der Senkenleistung des LULUCF-
65 Prozent weniger Treibhausgase ausstößt als im Sektors mit großen Unsicherheiten behaftet, vor allem
Jahr 1990. Bisher waren nur 55 Prozent vorgegeben. vor dem Hintergrund der enormen Waldschäden der
Bis 2040 sollen die CO2-Emissionen um 88 Prozent fal- Jahre 2018 – 2020. Diese Unsicherheiten werden sich
len. Im Jahr 2045 und damit fünf Jahre früher als im voraussichtlich erst mit Vorlage der nächsten Bundes-
bisherigen Klimaschutzgesetz soll Deutschland kli- waldinventurergebnisse im Jahr 2023/2024 reduzie-
maneutral sein. Für diese Zeitperioden wurde auch ren lassen.

40
30
20
10
Mio t CO2 Äq.

0 45 Mio t
55 Mio t
-10 CO2 Äq.
CO2 Äq.
-20
-30
-40
-50
2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050
Senkenleistung LULUCF nach Projektionsbericht 2019
Erforderliche Senke laut Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes

Abb. 25:  Differenzen zwischen der für den Projektionsbericht modellierten THG-Emissionsbilanz des LULUCF-Sektors (UBA 2019) und der laut
Änderung des Klimaschutzgesetzes eingeforderten Treibhausgassenke dieses Sektors. Differenzbeträge dargestellt als grüne Klammern (WBW
2021).

Innerhalb des Sektors LULUCF wird die Kli- ­ rünland, Feuchtgebieten, oder Siedlungen verrech-
G
maschutzleistung der Waldökosysteme mit denen net. Die Speicherleistung der Wälder betrug allein
anderer Landnutzungskategorien wie Ackerland,
­ im Zeitraum 2012 – 2017 im jährlichen Durchschnitt

63
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

64 Mio. t CO2-Äquivalente (Bolte et al. 2021). Von den 2.4 Finanzielle Instrumente
anderen Landnutzungskategorien muss dagegen an-
genommen werden, dass hier nur ein begrenztes Po- Der Staat verfügt über verschiedene Möglichkeiten,
tenzial besteht, diese kurzfristig (bis 2030) zu erhebli- bestimmtes Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern
chen Senken für Treibhausgase zu entwickeln (WBW zu erreichen. Das Spektrum reicht dabei von relativ
2021). Als eine Verbesserung der Emissionsbilanz schwachen, unverbindlichen Instrumenten wie der
des Sektors LULUCF ist im Klimaschutzgesetz die Er- reinen Informationsbereitstellung bis hin zu Geset-
höhung der Kohlenstoffvorräte in Wäldern vorgese- zen und Verordnungen, mit denen den Bürgern ein
hen. Als ­Kosten zur Erreichung der THG Minderungs- bestimmtes Verhalten vorgeschrieben wird. Anders
ziele werden für den LULUCF-Bereich bis 2030 etwa als bei diesem ordnungsrechtlichen Ansatz, bei dem
3,5 ­Milliarden Euro angesetzt. In den kommenden Jah- der Staat das Recht auf eine bestimmte Handlung oder
ren soll der Fokus der Verwendung finanzieller Mittel Unterlassung beansprucht, belässt der Staat das Ver-
im Bereich Wälder auf dem notwendigen Waldumbau fügungsrecht bei Entscheidung für ein finanzielles
hin zu angepassten Mischwäldern mit überwiegend Instrument bei den Bürgerinnen und Bürgern. Diese
heimischen Baumarten liegen. Hierfür sollen kosten- sind frei, über ihr Verhalten zu entscheiden und be-
neutrale Anreizprogramme entwickelt werden. ziehen die finanziellen Kompensationsmöglichkeiten
Es wird angenommen, dass zur Erreichung der für staatlich gewünschtes Verhalten in ihre Entschei-
THG Senkenleistung dieses Sektors durch Nutzungs- dungen ein. Nach dem vorhergehenden Kapitel über
einschränkungen erhebliche Biomassevorräte in den rechtliche Instrumente folgt nun eine kurze Darstel-
Wäldern aufgebaut werden müssten. Gleichzeitig lung der bestehenden finanziellen Instrumente.
wird angezweifelt, ob ein solcher Vorratsaufbau vor
dem Hintergrund der weiten Verbreitung wenig kli- 2.4.1 Finanzielle Förderung der
maangepasster Wälder überhaupt möglich ist, bezie- Waldbewirtschaftung
hungsweise ob dies mit dem Ziel der Anpassung der
Wälder an den Klimawandel kompatibel ist (WBW Für die Waldwirtschaft sind laut Grundgesetz primär
2021). Weiterhin weist der WBW (2021) darauf hin, die Länder zuständig. Für die Beteiligung des Bun-
dass auch die Bewirtschaftung der Wälder und die Ver- des an der Förderung bedarf es einer gesetzlichen
wendung des Holzes einen nachhaltigen Beitrag zum Grundlage. Diese ist heute allein durch die Gemein-
Klimaschutz zu leisten können und weiter optimiert schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und
werden sollten. Daher schlägt er eine umfassende Fol- des Küstenschutzes“ (GAK) gegeben. Über sie werden
genabschätzung des Gesetzes vor, um eine mögliche auch Finanzierungsbeiträge der EU im Rahmen des
Beeinträchtigung des potenziellen Beitrags von Wald, Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwick-
Waldbewirtschaftung und Holzverwendung durch lung des ländlichen Raums (ELER) integriert (siehe
die nun für den LULUCF-Sektor vorgegebenen Ziele Abbildung 26).
zu vermeiden. Diese sollte auch untersuchen, wel-
che klimarelevanten Auswirkungen sich für andere
­Sektoren (Energie, Gebäude, Industrie) ergeben.

ELER-Programme der Bundesländer Außerhalb der ELER-Programme

Mit EU-Finanzierung Ohne EU-Finanzierung Mit GAK-Finanzierung Ohne GAK-Finanzierung

ELER-GAK- ELER-Land GAK-Land GAK-Land GAK-Land Land


Land

Bsp.: Bsp.: Bsp.: Bsp.: Bsp.: Bsp.:


Waldumbau Waldumwelt- Zusätzliche Zusätzliche Förderung Forstlicher Naturschutzförderung in
in den maßnahmen Landesmittel Mittel für Zusammenschlüsse einigen BL
meisten BL für Umbau in Bodenschutz-
manchen BL kalkung in
manchen BL

Abb. 26:  Kombinationsmöglichkeiten der Finanzierung der forstlichen Förderung über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung
des ländlichen Raums (ELER), die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) und Land, BL = Bundes-
land (Quelle: Ermisch et al. 2016)

64
2.4 Finanzielle Instrumente 

Die GAK ist damit das zentrale Finanzierungsins- Bodenschutzkalkung und Wegebau, die auch Bestand-
trument, mit dem der Bund Wälder und Waldwirt- teil der GAK sind, werden jedoch weiter als förderfä-
schaft fördern kann. Das Ziel der GAK-Finanzierung hig unter ELER erwartet (Fährmann et al. 2018). Die
ist gesetzlich festgelegt: Sie soll Leistungsfähigkeit GAK wird aktuell ebenfalls angepasst, vor allem durch
und Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirt- eine stärkere Ausrichtung auf Klimaschutz und Kli-
schaft ermöglichen und die nachhaltige Leistungsfä- maanpassung. Von den Prozessbegleiterinnen wird
higkeit ländlicher Gebiete gewährleisten (GAKG, §§ jedoch davon ausgegangen, dass das Grundangebot
1, 2). Die Förderung ist in der Regel auf Privat- und der Maßnahmen sowie das Zusammenspiel der Maß-
Kommunalwälder begrenzt. Sie erfolgt derzeit gene- nahmen unter GAK und ELER sich nicht wesentlich
rell durch Anteilsfinanzierung der jeweiligen Kosten; ändern werden. Es wird erwartet, dass Waldumbau
es werden also nicht Gewinnanreize gesetzt, sondern die zentrale Maßnahme zur Klimaanpassung bleiben
lediglich (Teile der) Kosten erstattet. In Bezug auf die wird und die Maßnahme auch nach wie vor in allen
Lenkungswirkung finanzieller Anreize ist zu beach- Bundesländern angeboten werden wird, sowohl mit
ten, dass es den Waldbesitzern freisteht, die entspre- als auch ohne EU-Beteiligung. In den Änderungsent-
chenden Angebote wahrzunehmen oder nicht (Elsas- würfen der GAK bleibt der Schwerpunkt auch weiter-
ser et al. 2020). hin auf standortgerechten Baumarten mit einem hin-
Die Förderung der Waldwirtschaft ist ein zentrales reichenden Anteil standortheimischer Baumarten.
Ziel der deutschen Waldpolitik (§ 1 (2) BWaldG). Wie Reine Nadelbaumkulturen oder Mischungen mit we-
die Ergebnisse des Testbetriebsnetzes Forst des Bun- niger als 30 % Laubholz sind in der Regel nicht förder-
desministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bar. Das schließt die Förderung „neuer“ Baumarten
zeigen, haben Fördermittel für den Gesamtertrag der zumindest in gewissen Anteilen nicht aus. Konkrete
mittleren und großen Forstbetriebe insgesamt jedoch förderfähige Baumarten werden dann aber erst durch
eine nachgeordnete Bedeutung. Im Durchschnitt der die Länder festgelegt.
Jahre 2003 bis 2014 wurden in Deutschland jährlich 60
Mio. € Fördermittel im Rahmen der GAK ausgezahlt. 2.4.2 Steuerliche Regelungen
Im Mittel der Jahre seit 2010 beträgt die Gesamtförde-
rung 9,2 €/ha im Privatwald und 12,4 €/ha im Körper- Neben der Einschlagsbeschränkung schafft das Forst-
schaftswald. Im Staatswald spielt Förderung eine un- schäden-Ausgleichsgesetz in buchführungspflichti-
tergeordnete Rolle (Ermisch et al. 2016). gen Betrieben auch die Möglichkeit der Risikovor-
sorge durch die Bildung einer steuerfreien Rücklage.
Die Förderung nach GAK umfasst aktuell folgende Die auf einem besonderen Konto bei einem Kreditin-
Maßnahmengruppen, von denen insbesondere die stitut einzuzahlenden finanziellen Mittel dienen der
Gruppen A, D und F für Maßnahmen zur Anpassung „Eigenversicherung“ im Kalamitätsfall und können
der Wälder an den Klimawandel einschlägig sein für Forstschäden reduzierende Maßnahmen wie bei-
dürften: spielsweise zur Ergänzung der durch eine Einschlags-
beschränkung geminderten Erlöse, für vorbeugende
A.) Naturnahe Waldbewirtschaftung oder akute Waldschutzmaßnahmen, für Maßnah-
men zur Konservierung oder Lagerung von Holz, zur
B.) Forstwirtschaftliche Infrastruktur Wieder­ aufforstung oder Nachbesserung von Scha-
densflächen etc. in Anspruch genommen werden, was
C.) Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse für den Waldbesitzer mit dem positiven Effekt der
Steuerstundung und Einkommensglättung verbun-
D.) Erstaufforstung den ist. Hier gilt es aber zu beachten, dass Zinserträge
aus der steuerfreien Rücklage (die zum Betriebsver-
E.) Vertragsnaturschutz im Wald mögen zählt) der normalen Einkommensbesteuerung
unterliegen, wohingegen auf Kapitalerträge aus Pri-
F.) Förderung von Maßnahmen zur Bewältigung der vatvermögen nur eine pauschale Abgeltungssteuer
durch Extremwetterereignisse verursachten Fol- in Höhe von 25 % erhoben wird, was die steuerfreie
gen im Wald Rücklage, neben der eingeschränkten Möglichkei-
ten der Inanspruchnahme, ökonomisch wenig attrak-
Die finanzielle Förderung der Waldwirtschaft be- tiv macht (Moser 2011). In einer im Winter 2019/20
findet sich derzeit im Umbruch. Die aktuelle ELER- durchge­führten Umfrage (v. Arnim 2020) verfügten
Periode neigt sich dem Ende zu, die neue ist aber nur 14 % der befragten Privatforstbetriebe über eine
noch nicht abschließend geplant. Die wichtigen steuerfreie Rücklage, deren durchschnittliche Höhe
forstlichen Standardmaßnahmen wie Waldumbau, ca. 80 €/ha betrug. Mithin kann von dieser Rücklage

65
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

keine nennenswerte risikomindernde Wirkung er- 2.4.3 Honorierung von


wartet werden. Weitere steuerliche Erleichterun- Ökosystemleistungen von Wäldern
gen des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes betreffen
den Pauschsatz für Betriebsausgaben, die Bewertung Neben der finanziellen Förderung und steuerlichen
von Holzvorräten aus Kalamitätsnutzungen und den Erleichterungen verfügt der Staat auch über das Ins-
ermäßigten Steuersatz nach § 34b Abs. 3 Nr. 1 EStG trument des Kaufs bestimmter Leistungen. Es ist fes-
(Viertel-Steuersatz) für Kalamitätsnutzungen im Wirt- ter Bestandteil des öffentlichen Beschaffungswesens.
schaftsjahr einer Einschlagsbeschränkung. Ebenso wie beispielsweise Beraterleistungen als Vor-
Eine steuerliche Schlüsselvorschrift für Kalami- leistungen für Regierungsarbeit eingekauft werden,
tätsnutzungen im Privatwald stellt der § 34b des Ein- können auch Ökosystemleistungen durch den Staat er-
kommensteuergesetzes (EStG) dar. Da im Falle von worben werden. Ökosystemleistungen können dabei
Kalamitäten unter wirtschaftlichen Verlusten Produk- ebenso Vorleistungen sein, wie beispielsweise die Rei-
tionsmittel liquidiert werden, häufig auch unter dem nigung des Wassers unter Wald für die Versorgung
Einfluss von Marktstörungen und mit erhöhten Folge- der Bevölkerung mit Trinkwasser, wie auch Güter für
kosten, erscheint eine steuerliche Begünstigung der die Endverwendung, wie die Bereitstellung von Er-
Einkünfte aus Kalamitätsnutzungen, insbesondere holungsraum. Im Gegensatz zur herkömmlichen öf-
auch zum Ausgleich von Progressionsnachteilen bei fentlichen Beschaffung hat sich dieses Instrument der
zusammengeballten Einkünften, geboten. Damit Ka- Bezahlung von Leistungen für die Allgemeinheit im
lamitätsanfälle nicht ungerechtfertigt die Steuerpro- Bereich der Ökosystemleistungen aber nicht durchge-
gression im Betrieb verschärfen, gibt es schon seit setzt. Zahlungen für Waldumwelt- und Waldklimaleis-
1920 steuerliche Vergünstigungen für solche außer- tungen sind nach EU-Rahmenregelung (EU-COM 2014)
ordentlichen Holznutzungen (Moser 2011). Der aktu- Beihilfen, die unter bestimmten Bedingungen zulässig
elle § 34b EStG wurde nach mehrfachen Änderungen sind, aber einer Notifizierung durch die EU bedürfen
2011 vollständig neu gefasst. Hiernach werden Ein- Diese EU-rechtlichen Vorgaben sind bei der Entwick-
künfte aus Kalamitätsnutzungen (und Nutzungen, die lung von Honorierungsinstrumenten für Wälder zu
aus volks- oder staatswirtschaftlichen Gründen erfol- berücksichtigen.
gen wie beispielsweise Zwangsnutzungen im Rahmen In der Vergangenheit haben sich trotz regelmäßig
vom Straßenausbau etc.) mit dem halben Steuersatz wiederkehrender politischer Forderungen keine Ins-
besteuert. Sofern die außerordentlichen Nutzungen trumente zur Bezahlung bzw. Honorierung von Öko-
den nachhaltigen Hiebssatz übersteigen, gilt für diese systemleistungen gebildet. Dies ist auch nicht einem
Einkünfte der ¼-Steuersatz. Gemeint ist jeweils der Mangel an einschlägigen Vorschlägen zuzuschreiben
Steuersatz, der sich ergäbe, wenn der Einkommen- (z. B. Franz 2017, Franz et al. 2017, Franz et al. 2018,
steuertarif auf das gesamte zu versteuernde Einkom- Müller et al. 2020). Die derzeitige Bundesregierung
men anzuwenden wäre. hat die Einführung von Instrumenten zur Honorie-
Zusätzlich wurde die Bundesregierung im Rahmen rung von Ökosystemleistungen des Waldes jedoch zu
der Novelle ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit einem zentralen waldpolitischen Ziel gemacht (Deut-
Zustimmung des Bundesrates die Steuersätze abwei- scher Bundestag 2021).
chend für ein Wirtschaftsjahr aus sachlichen Billig- Aus Bundessicht stehen insbesondere zwei Öko­
keitsgründen zu regeln, wenn besondere Schadenser- systemleistungen im Fokus von Honorierungsbe­
eignisse vorliegen und eine Einschlagsbeschränkung mühungen: Die Honorierung der Klimaschutzleistung
gem. § 1 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes nicht sowie die Honorierung von Naturschutzleistungen.
angeordnet wird. Für die Waldschäden des Jahres Beide Leistungen kommen der gesamten Gesellschaft
2018 wurden entsprechende steuerliche Billigkeits- zugute (sind also nicht lediglich in einzelnen Bundes-
maßnahmen getroffen (s. Kap. 2.3.5), für die Folge- ländern oder Regionen relevant) und Deutschland ist
jahre nicht. in internationalen Vereinbarungen auch Verpflich-
Grundsätzlich ist hier darauf hinzuweisen, dass tungen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität
entsprechende steuerliche Entlastungen nur dann eingegangen (Elsasser et al. 2020). Im Übereinkom-
eine Wirkung entfalten, wenn nennenswerte forstli- men von Paris hat sich Deutschland verpflichtet, die
che Einkünfte aus Kalamitätsnutzungen erzielt wer- Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu beschrän-
den. Das setzt voraus, dass die Holzerlöse deutlich ken. Die bei der nachhaltigen Waldbewirtschaftung
oberhalb der Kosten der Holzernte und -lagerung und Holzverwendung entstehenden positiven Wir-
liegen. Unter den Rahmenbedingungen der Jahre kungen für den Klimaschutz werden in der interna-
2019/2020 war dies verbreitet nicht mehr der Fall, so tionalen Berichterstattung erfasst und gehen in die
dass die entsprechenden steuerlichen Entlastungsre- Klima-Bilanzierung ein. Davon gehen bisher jedoch
gelungen vielfach „ins Leere liefen”. keine Anreize zur Anpassung der Wälder und einer

66
2.5 Kommunikation, Beratung, Ausbildung und Forschung 

klimafreundlichen Bewirtschaftung im Forst- und engagieren. Privatpersonen und Unternehmen leis-


Holzbereich aus. ten in großer Zahl einen finanziellen oder tätigen
Mit dem Sondervermögen „Energie- und Klima- Beitrag zur Wiederwaldung, der von den Engagier-
fonds“, der aus den Einnahmen aus dem EU-Emissi- ten gleichzeitig als sinnstiftend erlebt wird. Die Mög-
onshandel gespeist wird, sowie den Einnahmen nach lichkeiten der Zivilgesellschaft sich gleichfalls mit An-
dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) ste- regungen, Forderungen oder Kritik in die forstliche
hen dem Bund grundsätzlich zwei Finanzierungsmög- Planung einzubringen, sind in Deutschland wenig ent-
lichkeiten zur Wahl, aus denen sachlich begründet wickelt und auf einzelne Betriebe bzw. Modellprojekte
die Klimaschutzleistung der Waldwirtschaft hono- beschränkt. Kritik an Forstbetrieben sucht sich wohl
riert werden könnte. Für die Honorierung der Bio- auch deshalb zunehmend Wege in den sozialen Me-
diversitätsschutzleistung gibt es bisher noch kein dien sowie der Organisation in forstverwaltungskriti-
vergleichbares Finanzierungsinstrument. Mit dem schen Bürgerinitiativen.
Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 will die Bundesre-
gierung die Ökosystemleistungen des Waldes im Jahr Beratung
2022 mit 200 Mio. Euro honorieren. Mit dem Geld sol-
len Waldbesitzende einen Anreiz für den Erhalt und Bei etwa der Hälfte der Privatwaldfläche in Deutsch-
die Vergrößerung der Senke in Wäldern und in langle- land handelt es sich um Eigentumsgrößen von unter
bigen Holzprodukten erhalten, der bisher nicht über 20 ha. Den Waldbesitzenden von Kleinwaldflächen
die GAK gesetzt wird. wurden in der Vergangenheit von staatlichen Forst-
Parallel dazu besteht grundsätzlich auch die Mög- dienststellen der Bundesländer Beratungs- und Be-
lichkeit von freiwilligen Vereinbarungen zwischen treuungsleistungen angeboten. Da die Forstlichen
Wirtschaftsunternehmen und Waldbesitzerinnen zur Dienstleistungen zu vergünstigten Tarifen angebo-
Erhöhung der Klimaschutzleistung deren Wälder. Auf- ten wurden, handelte es sich um eine indirekte För-
grund des langsamen Wachstums der Wälder sind die derung, die bereits vor mehr als 10 Jahren im Rah-
Möglichkeiten des Ausbaus der Klimaschutzleistung men des sogenannten Dumping-Verfahrens unter
aber begrenzt und entsprechend sind es auch die zu kartellrechtlichen Gesichtspunkten in die Kritik ge-
erzielenden Gewinne aus solchen Transaktionen auf raten war. Zur Situation der Beratung und Betreuung
den freiwilligen Kohlenstoffmärkten. Zudem ist hier- im kleinstrukturierten Privat- und Körperschaftswald
bei zu berücksichtigen, dass dieselbe Klimaschutzleis- hat der WBW im Jahr 2018 eine Kurzstellungnahme
tung nur einmal verbucht werden darf und nicht auf veröffentlicht. Darin konstatiert der WBW (S. 4): „Im
verschiedenen Ebenen – staatlich, sektoral, unterneh- Gegensatz zur Betreuung bleibt die Beratung privater
merisch -doppelt oder dreifach. und körperschaftlicher Waldbesitzer weiterhin eine
wichtige Aufgabe des Staates. Im Hinblick auf die be-
sondere Vertrauensstellung staatlicher Förster bei pri-
2.5 Kommunikation, Beratung, vaten Waldbesitzern sollten die Beratungskapazitäten
Ausbildung und Forschung bei den staatlichen Forstverwaltungen mindestens er-
halten und wenn möglich gestärkt werden: Der Kli-
Kommunikation mawandel, die organisatorischen Veränderungen im
Bereich der Betreuung, aber auch der demografische
Insbesondere die Forstverwaltungen bzw. -betriebe und soziale Wandel im Bereich der Waldbesitzenden
der Länder nehmen flächendeckend einen gesetzlich bedingen einen erhöhten Beratungsbedarf.“
verankerten Informations- und Bildungsauftrag wahr. Bei den kostenlosen Angeboten für Waldbesitz-
Dieser wird von vielen privaten Trägern ergänzt. Dabei ende handelt es sich um forstfachliche Beratungsleis-
steht traditionell die Vermittlung der Prinzipien nach- tungen. Auch wenn dies im Konkreten von den Bun-
haltiger Waldwirtschaft sowie die Zielgruppe Jugend desländern etwas unterschiedlich ausgestaltet wird,
im Vordergrund. Die besonderen kommunikativen handelt sich immer um Informationen zum Wald und
Herausforderungen, die sich aus den im Klimawandel zu dessen Bewirtschaftung, zu den Fördermöglichkei-
sehr schnell verändernden Waldbildern ergeben, wer- ten sowie zur fachlichen Aus- und Fortbildung oder
den im Sektor bzw. den Forstwissenschaften erst all- auch zur Anleitung bei der Bildung forstlicher Zusam-
mählich erkannt. Zwischenzeitlich gewinnen die von menschlüsse. Diese Beratungsleistungen werden den
einigen Akteuren vorgelegten Deutungen von Scha- Waldbesitzenden kostenfrei zur Verfügung gestellt
densursachen und Handlungsbedarfen große medi- mit der Begründung, dass die Leistungen des Privat-
ale Aufmerksamkeit. Waldinteressierte Bürgerinnen und Körperschaftswalds letztlich auch dem Allge-
und Bürger finden ein breites Angebot an Pflanzak- meinwohl zugutekommen.
tionen, um sich aktiv in der Wiederbewaldung zu

67
2  Relevante Grundlagen und Politiken für die Anpassung von Wäldern und Forstbetrieben

Ausbildung ­ uständigen Stellen für die Abnahme der Prüfungen


z
zum Forstwirtschaftsmeister.
Forstliche Studiengänge werden in Deutschland an Der praktische Teil der Lehrausbildung zum Forst-
fünf Hochschulen und vier Universitäten angeboten. wirt und zur Forstwirtin erfolgt in einem Forstbetrieb,
Diese akkreditierten Studiengänge bieten forstwirt- zwei Drittel der Ausbildungsplätze werden in staatli-
schaftliche beziehungsweise forstwissenschaftliche chen Forstbetrieben angeboten, rund ein Drittel in pri-
Ausbildungen in ihrer vollen Breite mit allen erforder- vaten. Ein Forstwirt wird durch seine Lehre befähigt,
lichen Kompetenzen an. Die klassischen forstlichen alle in den Forstbetrieben anfallenden Tätigkeiten im
ökologischen, ökonomischen, holzwissenschaftlichen, Forstbetrieb (Waldarbeit) auszuführen. Im Zuge der
technischen und sozialwissenschaftlichen Disziplinen Ausbildung werden Kenntnisse und Fähigkeiten im
wurden in der jüngeren Vergangenheit um viele neue Umgang mit dem sensiblen Ökosystem Wald sowie
Inhalte wie z. B. in den Bereichen der Biodiversität und über Technik, Ausrüstung und Verfahren für die ver-
des Naturschutzes, der Wald- und Umweltpolitik, der schiedenen Tätigkeiten vermittelt. An Bedeutung ge-
naturnahen Waldbewirtschaftung, Walddynamik und wonnen hat die Vermittlung von kommunikativen
-ökologie, Bodenökologie, Wildtierökologie, der Öko- Fähigkeiten, damit Forstwirte, die im Waldeinsatz an-
systemleistungen und des Öko­ systemmanagements, deren Waldnutzern begegnen, aufkommende Fragen
der Anpassung an den Klimawandel, der Digitalisie- beantworten können.
rung und Fernerkundung sowie der Kommunikation Während die motormanuelle Holzernte in der
erweitert. Insbesondere an den Universitäten bie- Forstwirtausbildung einen breiten Raum einnimmt,
ten sich für diese Studiengänge zudem viele Anknüp- wird die hochmechanisierte Holzernte unter Einsatz
fungspunkte zur Biologie, sowie zu den Agrar-, Um- von Harvestern und Forwardern meist nur gestreift.
welt- und Geowissenschaften. Die Studiengänge sind Einzelne Bundesländer und auch das Deutsche Netz-
in der Regel breit angelegt und darauf ausgerichtet, werk für Forstunternehmen und Forsttechnik e.V.
den Absolventinnen und Absolventen auf der Grund- (DFUV) hat in den letzten Jahren gefordert, dass die
lage gesicherten Fachwissens möglichst umfangrei- Fähigkeiten zum Führen von Forstmaschinen nicht
che und vielfältige Kompetenzen zur Umsetzung von nur im Zuge von Weiterbildungen oder Fachkursen
Waldbewirtschaftungszielen und Lösung spezifischer vermittelt werden, sondern dass vielmehr ein eigener
Probleme zu vermitteln. Lehrberuf „Forstmaschinenführer“ (alternativ Forst-
Die Halbwertszeit des Hochschulwissens ist mit maschinentechniker o.ä.) geschaffen wird. Dies wird
ca. 10 Jahren bereits jetzt kurz (Braun 1996) und damit begründet, dass gut qualifizierte Forstmaschi-
nimmt angesichts der Beschleunigung des Klimawan- nenführende in der Lage sind, Schäden am verblei-
dels sowie des technologischen Fortschritts weiter ab, benden Bestand gering zu halten (von Teuffel et al.
während die Komplexität der damit verbundenen 2014), so dass die Bestände in ihrer Vitalität nicht ge-
Probleme eher zunimmt (Incropera 2016). Daher ge- schwächt werden.
winnt die Vermittlung von Kompetenzen, sich neues
Wissen und neue Fähigkeiten rasch anzueignen und Forschung
Probleme interdisziplinär zu lösen, deutlich an Bedeu-
tung. Auch der Umgang mit Risiken, Unsicherheiten Die Kompetenzen, Kapazitäten, Ausrichtungen sowie
und Nichtwissen sollte mehr Gewicht in den Curricula Defizite und Schwächen der Wald- und Holzforschung
erhalten. Gleichzeitig ist es notwendig, diese Inhalte wurden vor kurzem in dem Papier „Stärkung der
und Kompetenzen auch konsequent im Bereich der Wald- und Holzforschung in Deutschland“ einer von
beruflichen Weiterbildung zu verankern, damit sich den Bundesministerien für Ernährung und Landwirt-
auch die forstlichen Berater und Beraterinnen und die schaft sowie für Bildung und Forschung eingesetzten
waldbewirtschaftenden Betriebe entsprechend an- Arbeitsgruppe einen detaillierten Bericht analysiert
passen können. und bewertet (Isermeyer et al. 2021). Anlass für die
Neben den Ausbildungsgängen an H ­ ochschulen Einsetzung dieser Arbeitsgruppe waren die großen
und Universitäten gibt es für die Ausbildung von Herausforderungen hinsichtlich des Schutzes und der
Forstpraktikern in allen Flächenländern Forstliche Anpassung der Wälder einerseits und des potenziellen
Bildungszentren, insgesamt sind es 18 in Deutsch- Beitrags von Wäldern und Holzverwendung zum Kli-
land. Forstwirt, früher auch Waldfacharbeiter, ist maschutz andererseits. Die Analysen dieser Arbeits-
ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf, der in gruppe basierten dabei vorwiegend auf einer Befra-
der Regel über drei Jahre erlernt wird. Darauf auf- gung der Forschungseinrichtungen selbst sowie auf
bauend kann im Zuge von Meisterkursen die Qua- einer bibliometrischen Analyse. Die nachfolgenden
lifikation zum Forstwirtschaftsmeister erworben Ausführungen greifen auf die Befunde und Empfeh-
werden. Die Forstlichen Bildungszentren sind die lungen dieses Papiers zurück.

68
2.5 Kommunikation, Beratung, Ausbildung und Forschung 

Zum Thema Wald und Waldwirtschaft sowie Holz- Dazu gehören (Isermeyer et al. 2021):
verwendung wird in Deutschland in vielen unter-
schiedlichen Einrichtungen geforscht. Die forstliche • der Wissens- und Informationsaustausch zwi-
Forschung wird in Deutschland traditionell vor allem schen Forschenden, politischen Entscheidungs-
von den Fakultäten mit Forstwissenschaften der Uni- trägern und der gesellschaftlichen Praxis. Dieser
versitäten Dresden, Freiburg, Göttingen und München wird durch eine zunehmende sprachliche Diver-
sowie den Forstlichen Versuchsanstalten der Länder genz zwischen den Akteuren, eine kleinteilige For-
und der Ressortforschungseinrichtung des Bundes, schungslandschaft, die unzureichende Zugänglich-
dem Thünen-Institut, getragen. keit von Forschungsdaten und das weitgehende
Neben den oben genannten Universitäten findet Fehlen von Demonstrationsprojekten behindert;
auch an biologischen, geografischen und umweltwis-
senschaftlichen Fakultäten waldrelevante Forschung, • eine unzureichende Kooperation und Vernetzung
vor allem zu Fragen der Waldökologie statt. Während zwischen Forschenden und Praxis (Transdiszipli-
an den Universitäten neben der angewandten For- narität) sowie mangelnder Datenaustausch zwi-
schung und der Lehre die Grundlagenforschung im schen den Forschungseinrichtungen;
Mittelpunkt steht, sind es an den Ressortforschungs-
einrichtungen das langfristige Monitoring, die ange- • mangelnde Kontinuität der Forschungs­förderung
wandte Forschung und der Wissenstransfer. Dabei (und der damit verbundene hohe Turnover
sind die Universitäten und das Thünen-Institut stär- des Forschungspersonals: „brain drain“) und
ker national und international verortet, während die fehlende mittel- bis langfristig verfügbare
Forstlichen Versuchsanstalten der Länder traditionell Forschungsinfrastruktur;
einen starken regionalen Bezug haben. Darüber hin-
aus sind das Julius-Kühn-Institut (JKI, spezialisiert auf • Mangel an wissenschaftlichem Nachwuchs in Dis-
Waldschutzfragen), das Kuratorium für Waldarbeit ziplinen, die für die Bearbeitung wichtiger zukünf-
und Forsttechnik e.V. (KWF, spezialisiert auf die an- tiger Forschungsfragen eine wichtige Rolle spielen,
wendungsbezogenen Fragestellungen der Forstlichen (z. B. Pathologie, Waldschutz oder Forstgenetik);
Verfahrenstechnik) sowie die Fachhochschulen wich- und
tige Akteure auf nationaler Ebene.
Hinzu kommen die über Deutschland verteilten • Mangel an Förderung von langfristigen Untersu-
Einrichtungen der Holzforschung mit unterschiedli- chungen, sektorübergreifenden Studien und kom-
chen Arbeitsschwerpunkten. Die Forschungskapazi- binierter Grundlagen- und Anwendungsforschung.
täten konzentrieren sich dabei, je nach Definition, in
sechs bis acht regionalen Clustern, die fast 80 % der
Dauerstellen in der Waldforschung und ca. 70 % in der
Holzforschung umfassen. Die Forschungsförderung
über Drittmittel betrug für die Periode 2015 bis 2020
ca. 150 Mio. € pro Jahr, wobei etwa 2/3 dieses Betrags
auf die Waldforschung entfiel und 1/3 auf die Holzfor-
schung (Isermeyer et al. 2021).
Auch wenn die Wald- und Holzforschung in
Deutschland bisher insgesamt als leistungsfähig ein-
geschätzt wurde, identifizierte die Arbeitsgruppe in
ihrem Bericht einige Forschungsthemen und struktu-
relle Defizite, die adressiert werden sollten, um trag-
fähige Lösungen für die zukünftigen Herausforderun-
gen entwickeln und die existierenden Kapazitäten
und Potenziale effektiver einsetzen zu können. Die
in den Rückmeldungen der Umfrage genannten The-
men, zu denen erheblicher Forschungsbedarf gese-
hen wird, spiegeln die Inhalte vieler gegenwärtig ge-
förderten Forschungsprogramme wider. Gleichzeitig
werden strukturelle Defizite genannt, die insbeson-
dere eine effektive und rasche Unterstützung der An-
passung von Wäldern und Waldwirtschaft durch die
Forschung abträglich sind.

69
Larix
3
Anpassung an den Klimawandel in
unterschiedlichen Bereichen
In den folgenden Kapiteln wird beschrieben, wie sich Verwerfungen erfahren können. In Phasen sinkender
unterschiedliche Bereiche der Waldbewirtschaftung Holzerträge wird daher regelmäßig die Frage nach al-
an den Klimawandel anpassen können. Der Fokus liegt ternativen Einkommensquellen für Forstbetriebe ge-
dabei auf den Forstbetrieben, der holzverarbeitenden stellt (Brabänder 1995). Wahlweise wird von neuen
Industrie, dem Naturschutzmanagement und dem Be- Geschäftsmodellen oder Geschäftsfeldern, von För-
reich Gesundheitsvorsorge, Erholungsmanagement derung oder von der Honorierung von Ökosystem-
und Tourismus im Wald. In diesen vier Bereichen, die leistungen gesprochen. Zwischen diesen Begriffen
entscheidend sind für die Bereitstellung der Ökosys- bestehen jedoch zum Teil erhebliche konzeptionelle
temleistungen des Waldes, werden zunächst die in- Unterschiede.
folge des Klimawandels zu erwartenden Veränderun- Neue Geschäftsmodelle oder -felder im engeren
gen sowie mögliche Anpassungsziele und Handlungs- Sinn umfassen Angebote, die Forstbetriebe aufgrund
optionen geschildert. Darauf aufbauend stehen die spezieller Nachfragen unterbreiten und über deren
Wechselwirkungen zwischen den Themenbereichen Annahme in Form individueller Verträge entschieden
und die Anpassungshemmnisse im Fokus. Das über- wird. Beispiele dafür sind der Verkauf von Schmuck-
betriebliche forstliche Monitoring als wichtige Grund- reisig, Begräbnisstätten im Wald, spezielle Waldfüh-
lage für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung stellt rungen oder Jagderlebnisse (siehe Tab. 1). In all diesen
eine Querschnittsaufgabe zu den ersten vier Berei- Fällen müssen die Forstbetriebe das Verfügungsrecht
chen dar und wird in einem fünften Unterkapitel se- an den jeweiligen Gütern besitzen. Sie wenden Res-
parat behandelt. sourcen auf, um die entsprechenden Produkte anzu-
bieten. Um daraus auch Einnahmen erzielen zu kön-
nen, müssen sie zahlungsunwillige Konsumenten von
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und der Nutzung ausschließen können. Solche Verträge re-
Forstbetriebe geln den Austausch privater Güter über Märkte.
Häufig besitzen die Forstbetriebe das Verfügungs-
In diesem Kapitel werden die Herausforderungen recht an den jeweiligen Gütern des Waldes aller-
der Anpassung an den Klimawandel auf der Ebene dings nicht. Sie können damit auch zahlungsunwillige
der Forstbetriebe behandelt. Dies umfasst sowohl Konsumenten nicht von der Nutzung dieser öffentli-
die Anpassung der Wälder als auch der betrieblichen chen Güter ausschließen. So ist zum Beispiel das Be-
Strukturen und Prozesse zur nachhaltigen Bereitstel- treten des Waldes zum Zwecke der Erholung nach
lung der gewünschten Ökosystemleistungen. Die As- §14 BWaldG (Bundeswaldgesetz) jeder Person gestat-
pekte des Waldschutzes sowie des Schutzes von Böden tet. Auch das Sammeln von Pilzen oder das Pflücken
und Gewässern werden hier mit behandelt, da diese von Blumen, Waldbeeren etc. für den Eigenbedarf ist
hauptsächlich auf der Ebene der Forstbetriebe rele- gem. § 39 BNatSchG – soweit spezielle Betretungsver-
vant sind. bote dem nicht entgegenstehen - für jedermann zuläs-
Forstbetriebe erzielen nach wie vor einen Groß- sig. Forstbetriebe dürfen daher die Gestattung eines
teil ihrer Erlöse aus dem Holzverkauf (Ermisch et al. Waldbesuches oder das Sammeln von den genann-
2015, BMEL 2017). Sowohl im Privat- als auch im Kör- ten Nichtholzwaldprodukten nicht von der Zahlung
perschaftswald liegt der Anteil bei durchschnittlich eines Eintrittsgeldes abhängig machen. Auch im Be-
knapp 85 %, jeweils bezogen auf den Zeitraum 2003 reich der Holzproduktion hat sich die Allgemeinheit
bis 2018. Der wirtschaftliche Erfolg der Forstbetriebe in letzter Zeit Verfügungsrechte angeeignet bzw. die
hängt damit sehr stark von den ­Nutzungspotenzialen Verfügungsrechte der Waldeigentümer beschränkt.
hiebsreifen Holzes und der Entwicklung der Holz- Beispiele sind konkrete Vorgaben für den Erhalt von
märkte ab, die zum Beispiel im Zusammenhang Alt- und Biotopbäumen sowie für Totholz wie es sie
mit groß­ flächigen Ökosystemstörungen erhebliche beispielsweise in FFH-Gebieten gibt. Sofern solche

71
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

ordnungsrechtlichen Vorgaben für die Waldbesitzer bereichen sind jeweils nur sehr gering. Auf Jagd und
existieren, können sie ihren Anteil an der bestehen- Fischerei entfallen in beiden Eigentumsarten, Privat-
den Nachfrage der Gesellschaft nicht abschöpfen. und Körperschaftswald, mit 4 % bzw. 6 % noch die
Der Staat hat grundsätzlich auf diese Verschiebung höchsten Anteile am Gesamtertrag. Nennenswerte an-
der Nutzenverteilung reagiert und verschiedene Inst- dere Geschäftsfelder lassen sich, zumindest im Durch-
rumente zur Beteiligung von Waldbesitzern am Nut- schnitt der Eigentumsarten, nicht erkennen. Es sei al-
zen der öffentlichen Güter der Wälder bzw. zur Ab- lerdings darauf hingewiesen, dass einige Forstbetriebe
milderung der negativen Folgen der Einschränkungen besonders lukrative Geschäftsbereiche wie zum Bei-
etabliert. Zu ihnen zählen vor allem die Maßnahmen, spiel den Betrieb von Windkraftanlagen, den gewerb-
die von den Bundesländern im Rahmen der von der EU lichen Bodenabbau, Holzhandel oder gewerbliche
kofinanzierten ländlichen Entwicklungsprogramme Forst-Dienstleistungen in eigenständige Betriebe aus-
angeboten werden. Das waren in der letzten Förder- lagern, um für den eigentlichen Forstbetrieb steuer-
periode des Europäischer Landwirtschaftsfonds für rechtlich nicht die Eigenschaft eines Forstbetriebes zu
die Entwicklung des ländlichen Raumes Zahlungen verlieren. Die entsprechenden Erträge der eigenstän-
für Natura 2000 (ELER-Code 224), Waldumweltmaß- digen gewerblichen Betriebe erscheinen dann nicht
nahmen (ELER-Code 225) sowie Naturschutz im Rah- im TBN Forst.
men nichtproduktiver Investitionen (ELER-Code 227). Auch die Erträge in den Produktbereichen jenseits
Andere Beispiele sind das sogenannte Hessische Mo- von Holzertrag werden zum weit überwiegenden
dell einer landeseigenen Stiftung zur Umsetzung von Teil über Märkte erwirtschaftet. Allein im Produkt­
Natura 2000 im Privat- und Körperschaftswald oder bereich Schutz und Sanierung entfallen im Privat-
das Bayerische Programm für Vertragsnaturschutz wald 63 % bzw. im Körperschaftswald 67 % der Erträge
im Wald. Das Angebot derartiger Förderprogramme auf die Förderung (Tab. 1). Die Förderung mit insge-
sowie deren finanzielle Ausstattung sind allerdings samt 9,30 €/ha im Privatwald bzw. 10,30 €/ha im Kör-
zwischen den Bundesländern deutlich verschieden. perschaftswald trägt im Vergleich zur Landwirtschaft
In den meisten Fällen zeigt sich, dass die zur Verfü- nur sehr gering zum Ertrag in der Forstwirtschaft bei
gung stehenden Fördermittel nur einen geringen Teil (siehe Kap. 3.1.1.1).
des Nutzens für die Gesellschaft darstellen, wenn man Die derzeit geringe Bedeutung alternativer Ein-
diesen Nutzen monetär bewertet (WBW und WBBGR kommensquellen für den Ertrag der Forstbetriebe
2020). in Deutschland deckt sich mit der Literatur zu die-
Neuere politische Bestrebungen, insbesondere sem Thema. Auch in wissenschaftlichen und Anwen-
auch im Zusammenhang mit den aktuellen Wald- der-orientierten Veröffentlichungen finden sich kaum
schäden und der problematischen Situation auf dem Artikel über quantitativ relevante neue Geschäfts-
Rohholzmarkt, zielen auf die Honorierung von Öko- modelle für Forstbetriebe. Ein letztes größeres, euro-
systemleistungen des Waldes ab. Welche Bedeutung päisches Forschungsprojekt zu diesem Thema liegt be-
die anderen Einkommensquellen - neben dem Holz- reits ca. 20 Jahre zurück (Mantau et al. 1999, Mantau
verkauf - für die Forstbetriebe in Deutschland besit- et al. 2001, a, b). Neuere einschlägige internationale
zen, lässt sich anhand der Daten des Testbetriebsnet- Veröffentlichungen beschäftigen sich mehr mit der
zes (TBN) Forstwirtschaft des BMEL abschätzen. Das Frage der Organisation von Forstbetrieben (Kajanus
TBN fragt Erträge getrennt nach fünf Produktionsbe- et al. 2019) oder neuen Geschäftsmodellen entlang der
reichen (siehe Tab. 1) in jährlichen Erhebungen bei gesamten holzbasierten Wertschöpfungskette in der
knapp 350 Forstbetrieben aller drei Eigentumsarten Bioökonomie (Kutnar und Muthu 2016, D‘Amato et al.
im Rahmen des Testbetriebsnetz Forst des BMEL ab. 2020).
Auch im Jahr 2018 machen die Erträge aus dem Holz-
verkauf den Großteil der Erträge der Forstbetriebe
aus. Im Privatwald sind es 87 % und im Körperschafts-
wald 83 %.
Im Staatswald, der Eigentumsart, die im besonde­
ren Maße auch andere Ziele als die Holzproduktion
verfolgt und dafür in der Regel direkte staatliche Zu-
wendungen aus den Landeshaushalten als sogenannte
Produktabgeltungen erhält, liegt der Anteil des Holz-
ertrages bei „nur“ 61 %. Aufgrund der besonderen
­Situation wird auf den Staatswald im Folgenden nicht
näher eingegangen.
Die Höhe der Erträge in den anderen Produkt­

72
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

Tab. 4:  Erträge nach Produktbereichen und Eigentumsarten 2018, Testbetriebsnetz Forstwirtschaft des BMEL. (Quelle: BMEL: Die wirtschaftliche
Lage der forstwirtschaftlichen Betriebe. Buchführungsergebnisse 2018. Berlin)

Produktbereich Privatwald Körperschaftswald Staatswald


Ertrag davon Ertrag davon Ertrag davon
Förderung Förderung Förderung
€/ha  % €/ha  % €/ha  % €/ha  % €/ha  % €/ha)  %
1. Holz und andere Erzeugnisse 1 506 97 5 1 397 93 4 1 456 73 1 0
davon: Holzertrag 450 87 5 1 352 83 3 1 384 61 0 0
2. Schutz und Sanierung 2 6 1 4 63 10 2 6 67 32 5 2 6
3. Erholung und Umweltbildung 3 0 0 0 0 1 0 0 17 21 3 0 1
4. Leistungen für Dritte 4 5 1 0 0 16 4 0 2 70 11 0 0
5. Hoheitliche und sonstige 2 0 0 3 1 0 47 7 0
­behördliche Aufgaben 5
Gesamt 520 100 9 426 100 10 626 100 3

Einnahmen aus dem Verkauf von z. B. Schmuckreisig, Weihnachtsbäume, Pflanzen, Brennreisig, Schlagabraum, Mieten, Pachten,
1 

­ estattungen usw. aus zum Beispiel Windenergienutzung, Begräbnisstätten, Imkerei und Abbau von Kies und Sand, Verkauf von Wild-
G
bret, Verkauf von Abschüssen, andere Jagdnutzungseinnahmen, Einnahmen aus Fischerei, Einnahmen aus z. B. Zinserträgen, dem Ver-
kauf gebrauchter nicht aktivierter Kleingeräte, Veräußerungsgewinne beim Verkauf oder Entnahme aktivierter Maschinen und Geräte
Einnahmen aus Schutz- und Sanierungsmaßnahmen (z. B. Vertragsnaturschutz, Ökokonto/Ökopunkte, Ausgleichs und Ersatzmaß­
2 

nahmen, Klimaschutz und -anpassung)


Einnahmen zum Erhalt und Verbesserung der Erholungsfunktion und zur Umweltbildung (z. B. Schutzhütten, Erholungseinrichtungen,
3 

Vorträge, Führungen oder Ausstellung


Einnahmen aus Arbeit für Dritte, Erlöse aus Gutachten und sonstige fachliche Leistungen für Dritte
4 

Einnahmen aus Gebühren für Stellungnahme, Fachplanung, Inventur usw.


5 

3.1.1 Erwartete Veränderungen, 2016). In den letzten zehn Jahren hat die Weiterent-
mögliche Anpassungsziele und wicklung von Modellen in Verbindung mit einer ver-
Handlungsoptionen besserten Datenverfügbarkeit zu bedeutenden Fort-
schritten bei der Quantifizierung der Anfälligkeit
3.1.1.1 Waldbauliches Risikomanagement gegenüber den verschiedenen Stressoren des Globa-
len Wandels geführt (Lindner et al. 2010, Aubin et al.
In diesem Kapitel werden zunächst Resistenz, Resi- 2016). Obwohl die Einschätzung der Anfälligkeit in
lienz und Anpassungsfähigkeit als die wesentlichen hohem Maße von der Art und Weise abhängt, wie sie
Komponenten waldbaulicher Anpassungsstrategien konzeptionalisiert und berechnet wird (Belote et al.
abgeleitet. Darauf aufbauend werden mögliche Ver- 2018, Kling et al. 2019), werden solche Einschätzungen
änderungen beziehungsweise Weiterentwicklungen routinemäßig zur Bewertung der Auswirkungen des
waldbaulicher Systeme zur Reduktion der Vulnera- Klimawandels herangezogen, beispielsweise in Form
bilität und der Auswirkungen klimawandelbedingter von Risikokarten für die gegenwärtige ­Bestockung
Störungen aufgezeigt. Nachfolgend zeigen wir welche oder mögliche alternative Wirtschaftsbaumarten
Veränderungen in der Wahl von Baumarten, Proveni- (Lindner et al. 2010, Brandt et al. 2017).
enzen und in der Forstpflanzenzüchtung zu erwarten Ein typisches Ergebnis dieser Bewertungen ist,
sind beziehungsweise verfolgt werden sollten, um die dass einige Wälder exponierter, vulnerabler oder an-
Anpassungsfähigkeit der Wälder zu fördern. passungsfähiger sein werden als andere, je nach ihrer
geografischen Lage, Zusammensetzung und bioti-
Komponenten waldbaulicher schen und abiotischen Umweltbedingungen (Charru
Anpassungsstrategien et al. 2017, Aubin et al. 2018). In Waldlandschaften fin-
den wir daher heterogene Mosaike von möglichen be-
Ein zentraler Aspekt, der bei der Entwicklung von An- ziehungsweise modellierten Reaktionen der Wälder
passungsoptionen berücksichtigt werden muss, ist die auf den Klimawandel (Seidl et al. 2018).
Anfälligkeit der Waldökosysteme und wie diese von Vor dem Hintergrund zukünftiger Unsicherheiten
Praktikern wahrgenommen wird (Sousa-Silva et al. und weil „keine einzige Lösung alle zu erwartenden

73
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

Herausforderungen adressieren kann“ (Millar et al. Ökosystemleistungen verfolgt wird, hängt von den
2007), befürworten die meisten Ansätze zur Anpas- Bewirtschaftungszielen der Waldbesitzenden ab (Ny-
sung von Waldökosystemen an den Klimawandel die land, 2016).
Entwicklung und Umsetzung eines Portfolios von Op- Als waldbauliches System bezeichnet man die
tionen (Millar et al. 2007, Aplet und Mckinley 2017). Summe aller Aktivitäten, die auf der Bestandesebene
Dabei orientieren sich die verschiedenen Anpassungs- von der Verjüngung bis zur Ernte der Bäume stattfin-
optionen nicht nur an der Vulnerabilität der Öko- den. Traditionell werden waldbauliche Systeme nach
systeme, sondern auch an den übergeordneten Be- der Verjüngungsmethode benannt, wie zum Beispiel
wirtschaftungszielen, die unter anderem durch eine Kahlschlag, Schirmschlag, Femelhieb, Samenbaum-
unterschiedliche Bewirtschaftungsintensität ausge- system und Plenterwald, weil die Art und Intensität
drückt werden können (siehe Abb. 2). Gleichzeitig der Ernte und die verbleibende Bestandstruktur wich-
stellt die Diversifizierung der Anpassungsoptionen tige Determinanten für alle folgenden Bewirtschaf-
auf Landschaftsebene eine Form der Risikostreuung tungsaktivitäten sind, die ein waldbauliches System
dar, denn bei den ­meisten Optionen ist bisher unge- ausmachen.
wiss, bis zu ­welchem Grad der Umweltveränderungen Waldbauliche Systeme zielen darauf ab, die Struk-
sie effektiv wirken. Die eigentlichen Anpassungsstra- tur und Baumartenzusammensetzung der Waldbe-
tegien für konkrete Situationen bestehen aus einer stände so zu steuern, dass die Bereitstellung der ge-
Kombination von Maßnahmen. Ein umfassendes Port- wünschten Ökosystemleistungen optimiert wird.
folio von Maßnahmen für die Ebene von Waldbestän- Um dies zu gewährleisten, müssen die gewünschten
den wurde von Millar et al. (2007) vorgeschlagen: Baumarten in einer angestrebten Mischungsform
erfolgreich verjüngt werden. In den sich daran an-
1.) Verstärkung der Resistenz der bestehenden Be­ schließenden Phasen der Bestandespflege wird dar-
stockung zur Verringerung der Vulnerabilität und so­ auf hingearbeitet, diese Artenzusammensetzung und
mit der Eintrittswahrscheinlichkeit von Störungen. Struktur so zu erhalten oder zu verändern, dass die
gewünschten Baumqualitäten und -dimensionen er-
2.) Förderung der Resilienz, also der Fähigkeit von zielt, Managementrisiken verringert, Habitate und
Ökosystemen, sich von Störungen zu erholen. Erholungswert erhalten und entwickelt sowie die
Boden­fruchtbarkeit und Produktivität gefördert wer-
3.) Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Wälder, den. Schließlich werden die Bäume entweder einzeln,
um Anpassungsreaktionen zu erleichtern und zu in Gruppen, in Lücken, Streifen oder flächig geern-
beschleunigen. tet, um dadurch Wuchsraum für die Etablierung einer
neuen Baumgeneration zu schaffen.
Im Kontext dieses Gutachtens soll nachfolgend dar-
Weiterentwicklung waldbaulicher Systeme zur gestellt werden, welche Weiterentwicklung und Modi-
Förderung von Resistenz, Resilienz und fizierung waldbaulicher Verfahren erforderlich sind
Anpassungsfähigkeit bzw. Anwendung finden können, um die Wälder an
den Klimawandel anzupassen, welche Erkenntnisse
Waldbewirtschaftung findet auf verschiedenen räum- zur Effektivität der verwendeten Praktiken bestehen,
lichen Skalen wie Einzelbaum, Bestand, Betrieb und und in welchen Bereichen bedeutsame Unsicherhei-
Landschaft statt. Aus Gründen der Stringenz in der ten herrschen.
Darstellung wird hier zunächst auf die Bestandes- Zunächst wird jedoch dargestellt, inwiefern die
ebene fokussiert, da Waldökosysteme auf dieser Ebene Auswirkungen des Klimawandels zu Veränderungen
am unmittelbarsten durch waldbauliche Aktivitäten waldbaulicher Systeme führen. Diese Veränderungen
beeinflusst werden. Bewirtschaftungseffekte auf grö- zielen zu einem sehr großen Teil darauf ab, die Vulne-
ßeren räumlichen Ebenen können oft als die Summe rabilität, also die Anfälligkeit von Waldbeständen ge-
der Bewirtschaftungsaktivitäten auf der Bestandes- genüber Gefahren des Klimawandels zu reduzieren
ebene betrachtet werden (Schall et al. 2018), obwohl und dadurch auch eine Reduktion der Auswirkungen
es natürlich auch Wechselwirkungen und Rückkopp- von Schäden zu bewirken (siehe Abb. 27).
lungen gibt, wie beispielsweise der Einfluss auf Stö-
rungsmuster (Franklin und Forman 1987). Waldbau
ist die bewusste Gestaltung der Waldstruktur, -zu-
sammensetzung und -dynamik, um die verschiede-
nen Ökosystemleistungen auf nachhaltiger Basis be-
reitzustellen (Bauhus und Pyttel 2015). Inwieweit und
mit welcher Priorität die Nutzung der verschiedenen

74
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

Globaler Wandel Bewirtschaftung

Vulnerabilität

Risiko

Gefährdungen Auswirkungen

Abb. 27:  Risiko als Produkt von Gefährdungen, Vulnerabilität und Auswirkungen. Das Risiko hängt von der Kombination aus (1) der Wahrschein-
lichkeit einer Gefährdung (z. B. Häufigkeit von Wind, Feuer, Krankheitserreger, Schadorganismen) als Ursache von Schäden, (2) der Anfälligkeit des
Systems gegenüber der betreffenden Gefahr (Vulnerabilität), und (3) den sozioökonomischen Auswirkungen (Impakt) des Schadens ab, der vom Wert
des betroffenen Bestandes abhängt. Das Risiko wird sowohl vom Klimawandel und der Einschleppung neuer Arten als auch durch die Waldbewirt-
schaftung beeinflusst. Während der globale Klimawandel hauptsächlich zur Veränderung des Auftretens von Gefahren (z. B. höhere Häufigkeit und
Intensität von Stürmen, Dürren, Feuern) und Veränderungen der Vulnerabilität führt (z. B. Wasserstress, der die Resistenz gegenüber sekundären
Schadorganismen verringert), verändert die Waldbewirtschaftung hauptsächlich die Vulnerabilität der Wälder (z. B. Verbesserung der Vitalität von
Bäumen durch Durchforstung und damit Resistenz gegenüber Schadorganismen) und die Auswirkungen des Schadens (z. B. Reduzierung des
Bestandsvolumens). Abbildung adaptiert von Ramsfield et al. (2016).

Trends in der Entwicklung waldbaulicher Systeme nicht gesondert aufgeführt. Ebenso sind alle wald-
baulichen Maßnahmen, die zur Förderung und zum
Eine Übersicht über die Beziehungen zwischen den Erhalt von Baumartenmischungen führen, eine ge-
durch Klimawandel beeinflussten abiotischen Stö- eignete waldbauliche Reaktionsmöglichkeit und wer-
rungen und den Vulnerabilitätsfaktoren in den ver- den daher auch nicht gesondert gelistet. Hier müssen
schiedenen natürlichen Altersstufen der Wälder ist auch die standörtlich geeigneten Baumartenkombina-
in Tabelle 5 dargestellt. Der Bezug zu den natürli- tionen vielfach noch identifiziert werden (Baeten et
chen Altersstufen wurde gewählt, da sich in der Regel al. 2019). Die biotischen Gefährdungen, insbesondere
auch waldbauliche Behandlungen auf diese Alters- durch Schadinsekten und Pathogene werden aus meh-
stufen beziehen und sich waldbauliche Systeme aus reren Gründen nicht in dieser Tabelle behandelt. Zum
der Summe dieser Behandlung zusammensetzen. Hier einen werden Optionen eines zukünftigen Waldschut-
wird nur auf die wesentlichen abiotischen Gefährdun- zes noch separat im Kapitel 3.1.1.2 behandelt. Zum an-
gen eingegangen, die in einer direkten Beziehung zu deren hängt die Vulnerabilität gegenüber spezifischen
Veränderung des Klimas stehen. Die Interaktion zwi- Schadinsekten und Pathogenen sehr stark von der je-
schen diesen Faktoren wurden bereits oben angespro- weiligen Baumart und dem Grad der Mischung der Be-
chen (Kap. 1.2.1.3). stände ab (Jactel et al. 2017, Bauhus et al. 2017a). Diese
Vulnerabilitätsfaktoren drücken den funktionellen Beziehungen sind weniger abhängig von den natürli-
Zusammenhang zwischen den einwirkenden Störun- chen Altersstufen der Bestände.
gen bzw. Stress und den Auswirkungen auf Bäume und Da auch die Möglichkeiten zur Eindämmung be-
Waldbestände aus. Vulnerabilität beschreibt hier den stimmter Schadinsekten wie den Borkenkäfern be-
potenziellen Schaden aufgrund eines möglichen Scha- grenzt und bei Pathogenen fast nicht gegeben sind,
densereignisses. Die Eintrittswahrscheinlichkeit der beschränken sich die waldbaulichen Möglichkeiten
Schadereignisse und die Vulnerabilität der Bestände im Wesentlichen auf die Vermeidung bzw. Reduktion
gegenüber dem Schadereignis werden in dieser Über- von anfälligen Baumarten wie Pflanzungsverzicht bei
sicht nicht quantifiziert, da dies von den jeweiligen Esche, die Förderung genetischer Diversität innerhalb
spezifischen Bedingungen vor Ort abhängig ist. Baum- der Baumpopulationen, die Streuung von Risiken und
arten und deren Provenienzen sind bei allen Gefahren Erhöhung der Resistenz und Resilienz durch Misch-
ein wichtiger Vulnerabilitätsfaktor und werden daher bestände funktional sehr unterschiedlicher Arten

75
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

(Castagneyrol et al. 2014, Bauhus et al. 2017a), und die Mortalität aufweisen, wäre es nicht sinnvoll, mit die-
Stärkung der Vitalität bzw. Reduktion der Vulnerabi- sen Baumarten, auch wenn sie sich natürlich verjün-
lität von Bäumen, zum Beispiel mittels Durchforstun- gen, als führenden Wirtschaftsbaumarten weiter zu
gen und Verkürzungen der Produktionszeit. planen.
In Tabelle 5 sind einige generelle Trends bezüglich Dieser hohe Prozentsatz wird aus einer Reihe
der Entwicklung waldbaulicher Systeme im Klima- von Gründen in Zukunft sicherlich rückläufig entwi-
wandel zur Reduktion von Vulnerabilität und Auswir- ckeln. Zum einen besteht die Notwendigkeit auf vielen
kung möglicher Schäden zu erkennen. Diese Entwick- Standorten Baumarten/Provenienzen zu ersetzen, die
lungen in waldbaulichen Systemen haben nicht erst für ein zukünftiges Klima und/oder damit verbundene
mit dem Klimawandel eingesetzt, denn ein wichtiges Änderungen des Störungsregimes als nicht mehr ge-
Ziel waldbaulichen Handelns war seit jeher die Erhö- eignet angesehen werden. Dort wo jetzt schon Eschen
hung der Produktionssicherheit und Vermeidung von aufgrund des Eschentriebsterbens ausfallen, flächig
Risiken. Fichtenbestände absterben oder Buchen eine hohe
Sowohl die Zunahme der Baumartendiversität der Mortalität aufweisen, wäre es nicht sinnvoll, mit die-
Bestände als auch die Reduktion der Produktionszei- sen Baumarten, auch wenn sie sich erfolgreich natür-
ten erfordern in vielen Fällen aufwändigere Verjün- lich verjüngen, als führenden Wirtschaftsbaumarten
gungsverfahren und häufige waldbauliche Eingriffe weiter zu planen. Das muss nicht bedeuten, dass sie
insbesondere in jungen Waldentwicklungsphasen nicht in geringem Umfang in Mischung an zukünfti-
(z. B. Bauhus et al. 2017c, Löf et al. 2018). Die zukünf- gen Beständen beteiligt werden können. Auch wenn
tig gewünschte Baumartenvielfalt und die spezifi- neue Baumarten nicht auf ganzer Fläche künstlich
schen Baumartenkombinationen können in vielen verjüngt werden müssen, sondern auch günstigere
Fällen nur durch Beteiligung künstlicher Verjüngung Verfahren wie die Kombination aus künstlicher und
erzielt werden. natürlicher Verjüngung gewählt werden können wie
In der jüngeren Vergangenheit wurde in Deutsch- in Trupppflanzungen (Saha et al. 2012), werden insge-
land der weit überwiegende Teil der Verjüngung mit samt die betrieblichen Kosten für Verjüngung erheb-
ca. 85 % aus Naturverjüngung erzielt (BMEL 2018). Die- lich ansteigen. Zum anderen führen die großflächigen
ser hohe Prozentsatz wird aus einer Reihe von Grün- Schäden an bestehenden Beständen, wo bisher unter
den in Zukunft sicherlich rückläufig entwickeln. Zum dem Schirm des Hauptbestandes noch keine Vorver-
einen besteht die Notwendigkeit auf vielen Standor- jüngung etabliert wurde, vielfach zu der Notwendig-
ten Baumarten/Provenienzen zu ersetzen, die für ein keit, diese Flächen wenigstens partiell künstlich zu
zukünftiges Klima und/oder damit verbundene Än- verjüngen. Weiterhin ist damit zu rechnen, dass bei
derungen des Störungsregimes als nicht mehr geeig- den extremen klimatischen Bedingungen, die Jung-
net angesehen werden. Dort wo jetzt schon Eschen pflanzen auf Freiflächen ohne Schirm ausgesetzt sind,
aufgrund des Eschentriebsterbens ausfallen, flächig erhebliche Aufwendungen für Nachbesserungen an-
Fichtenbestände absterben oder Buchen eine hohe fallen werden.

Tab. 5:  Zusammenhang zwischen den durch Klimawandel beeinflussten abiotischen Störungsfaktoren und den Faktoren der Vulnerabilität in ver-
schiedenen Phasen der natürlichen Bestandesentwicklung (Altersstufen), sowie die daraus resultierenden waldbaulichen Reaktionsmöglichkeiten.

Störungs­ Natürliche Altersstufen und dazugehörige ­Faktoren Waldbauliche Reaktionsmöglichkeiten


faktoren im der Vulnerabilität in dieser oder einer späteren
Klimawandel ­Altersstufe

Trockenheit (1) Jungwuchs: Wurzelsystem noch nicht ausreichend (1) Reduktion der Einstrahlung durch kleinflächige
und Hitze entwickelt; Transpirationsstress auf Freiflächen; Wurzel- Kronendachöffnungen und Schirm (auch Vorwälder);
konkurrenz um Wasser mit Altbäumen und Bodenvege- Vermeidung der Wurzelkonkurrenz mit Altbäumen durch
tation Loch-, Femel- u. Saumhiebe; Kontrolle der Konkurrenz-
vegetation; weitständige Pflanzungen; Verwendung
diverser Baumarten mit unterschiedlichen Strategien zur
Vermeidung von Trockenstress.

(2) Jungbestand: Hohe Konkurrenz um Wasser und (2) Intensive Jungbestandspflege u. gestaffelte Durch-
­Nährstoffe forstung zur Förderung der Entwicklung von Wurzel-
systemen; Vitalisierung der Einzelbäume; Erhalt der
Baumartenvielfalt; Verkürzung der Produktionszeit zum
Erreichen des Zieldurchmessers bei geringeren E ­ ndhöhen

76
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

(3) Stangenholz u. schwaches Baumholz: s. (2) (3) Fortführung gestaffelter Durchforstungen zur
Förderung der Entwicklung vitaler Zukunftsbäume

(4) Mittleres u. starkes Baumholz: Zunehmende Schwie- (4) Vermeidung von starken, späten Durchforstungen und
rigkeit des Wassertransports in Bäumen, Anhäufung von Vorratspflegeeingriffen zur Reduktion von Transpirati-
Misteln bei einigen Baumarten onsstress an großen Bäumen; Etablierung von Vorver-
jüngung schattentoleranter Baumarten durch vorsich-
tiges Auflichten des Kronendachs

(5) Alters- und Zerfallsphase: s. (4), (5) Auswahl von Habitatbäumen auf weniger Trocken-
stress gefährdeten Kleinstandorten (feuchte Senken,
bachbegleitende Standorte, usw.)

Sturm (1) Jungwuchs: eingeschränkte Wurzelentwicklung (1) weitständige Pflanzungen; Jungwuchspflege zur
Reduktion der Bestandesdichte und Förderung der
Baumartenvielfalt, Kontrolle der Konkurrenzvegetation,
Verwendung tiefwurzelnder Baumarten

(2) Jungbestand: siehe (1) (2) Intensive Jungbestandspflege u. gestaffelte Durch-


forstung zur Förderung der Entwicklung von Wurzel­
systemen; Vitalisierung der Einzelbäume; Erhalt der
Baumartenvielfalt; Verkürzung der Produktionszeit zum
Erreichen des Zieldurchmessers bei geringeren E ­ ndhöhen

(3) Stangenholz u. schwaches Baumholz: mangelnde (3) Fortführung gestaffelter Durchforstung


Einzelbaum- und Bestandesstabilität, zunehmende
Baumhöhe, aufgeweichte Böden

(4) Mittleres u. starkes Baumholz: siehe (3) (4) Vermeidung von starken, späten Durchforstungs- und
Vorratspflegeeingriffen zur Vermeidung der Aufrauhung
des Kronendachs; Etablierung von Vorverjüngung

(5) Alters- und Zerfallsphase: siehe (3), zunehmende (5) Auswahl von Habitatbäumen auf weniger windwurf-
Freistellung und Aufrauhung des Kronendachs gefährdeten, geschützten Kleinstandorten

Feuer (1) Jungwuchs: hohe Mengen leicht brennbarer Biomasse, (1) Kontrolle leicht brennbarer Bodenvegetation;
z. B. trockene Gräser und Sträucher Begründung von Mischbeständen mit Baumarten mit
schwer entflammbarer Krone und Streu; Anlage von
Brandschutzstreifen und Waldbrandriegeln

(2) Jungbestand: s. (1) und hohe Anteile von Baumarten (2) s. (1) und Aufhebung horizontaler Kontinuität leicht
mit leicht brennbaren Nadeln und Streu (z. B. Kiefern), brennbarer Kronen durch Brandschutzschneisen
horizontale Kontinuität brennbaren Kronenmaterials und Schutzstreifen mit brandhemmender Vegetation
(Waldbrandriegel)

(3) Stangenholz u. schwaches Baumholz: s. (1 u. 2), und (3) Beseitigung von Feuerbrücken (z. B. Astung) an
vertikale Kontinuität brennbaren Kronenmaterials ausgewählten Orten (entlang von Straßen u. Wegen) u.
(Feuerbrücken) Unterbau mit waldbrandhemmenden, schattenspen-
denden Baumarten (Buche, Winterlinde, Hainbuche,
Roteiche)

(4) Mittleres u. starkes Baumholz: s. (1 – 3) (4) s. (2. u. 3) u. Unterbau mit waldbrandhemmenden,
schattenspendenden Baumarten (Buche, Winterlinde,
Hainbuche, Roteiche)

(5) Alters- und Zerfallsphase: s. (1 – 3), zunehmende (5) Reduktion von Brandlast an strategisch ausgewählten
Mengen brennbarer Biomasse (Totholz) und leicht Forstwegen oder Rückegassen um diese im Brandfall als
brennbare Bodenvegetation, z. B. trockene Gräser. Kontrolllinien / Pufferzonen verwenden zu können.

Natürliche Altersstufen: Jungwuchs: vom Beginn der Bestandesbegründung/Verjüngung bis Eintritt des Kronenschlusses; Jungbestand:
vom Eintritt des Kronenschlusses bis zu einem mittleren BHD von 15 cm bei der Mehrzahl der herrschenden Bäume; Stangenholz: mittle-
rer BHD von 15 – 20 cm bei der Mehrzahl der herrschenden Bäume; schwaches Baumholz: mittlerer BHD von 20 – 35 cm bei der Mehrzahl
der herrschenden Bäume; mittleres Baumholz: mittlerer BHD von 36 – 50 cm bei der Mehrzahl der herrschenden Bäume; starkes Baum-
holz: mittlerer BHD der Mehrzahl der herrschenden Bäume > 50 cm; Alters- und Zerfallsphase: zunehmende Auflösung der Kronen mit
Absterben starker Äste und altersbedingter Baummortalität

77
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

Reduktion der Vulnerabilität in verschiedenen gleichzeitig den Strahlungsgenuss so steuern, dass


Altersphasen Sämlinge ausreichend Licht erhalten ohne dabei einer
zu hohen Hitzebelastung ausgesetzt zu sein. Dies ist
Insbesondere die Etablierungsphase, sei es durch na- beispielsweise durch Lochhiebe möglich. So konnte
türliche oder künstliche Verjüngung, wird aufgrund für Buchensämlinge am Rande der südwestlichen
von zunehmendem Trocken- und Hitzestress für Jung- Verbreitungsgrenze der Art gezeigt werden, dass Säm-
pflanzungen noch kritischer als sie das ohnehin be- linge in Lücken während trockener Sommerphasen
reits ist. Sämlinge haben in der Regel noch kein ex- besser wuchsen und eine geringere Sterblichkeit auf-
tensives Wurzelsystem um auch Bodenwasser in wiesen also solche in der Unterschicht der Bestände
größeren Tiefen zu erreichen, sie besitzen kaum Spei- (Robson et al. 2008).
chergewebe und ihre empfindlichen Organe wie die In Situationen, in denen die waldbauliche Steue-
Blätter sind nahe am Boden, wo sie den größten Tem- rung des Mikroklimas durch entsprechende Auflich-
peraturextremen ausgesetzt sind. tung der Bestände nicht möglich ist, beispielsweise
Mangelnder Lichtgenuss kann ebenso wie sehr in- nach Windwurf oder nach der Räumung abgestor-
tensive Einstrahlung zu hoher Mortalität in der Ver- bener Bestände, können Vorwälder oder strauchar-
jüngung führen. In dieser Phase mit multiplen Stress- tige Vegetation eingesetzt werden, um Temperaturex-
faktoren müssen Verjüngungsmethoden daher darauf treme und Austrocknung der Sämlinge zu reduzieren
ausgerichtet sein, den Stress für Sämlinge insgesamt (Geiger 1961, Gómez-Aparicio et al. 2004). Durch die
und insbesondere den Einfluss des bedeutsamsten Steuerung des Mikroklimas sollte gleichzeitig die Kon-
Stressfaktors zu reduzieren. Dies erfordert in vielen kurrenz der Bodenvegetation um Wasser, Nährstoffe
Situationen eine sehr ausgeklügelte Steuerung des und Licht kontrolliert werden.
Verjüngungsprozesses, da sich der Einfluss der Stress- In der Jungwuchs- und der folgenden Jungbe-
faktoren mit der Entwicklung der Jungpflanzen rasch standsphase ist eine intensive waldbauliche Steue-
ändert. rung notwendig, um wuchsunterlegene Baumarten
In der sommerlichen Mittagshitze kann die Hitze­ in Mischbeständen zu erhalten bzw. um stabile Mi-
stressgrenze der Photosynthese rasch überschritten schungen zu schaffen (Bauhus et al. 2017c) und um
werden und in Kombination mit erhöhtem Verduns- einzelne Bäume so frühzeitig zu fördern, dass diese in
tungsbedarf ernsthafte Auswirkungen auf das Über- einer Phase dynamischen Wachstums entsprechend
leben und Wachstum der Pflanzen haben (Valladares darauf reagieren können. Diese Eingriffe sollten auch
et al. 2008). In der Keimungs- und Etablierungsphase deswegen frühzeitig stattfinden, weil sie in späteren
können durch eine Überschirmung die Temperatur­ Stadien der Waldentwicklung aufgrund der größeren
extreme und das Dampfdrucksättigungsdefizit ab- Bestandeshöhen und des langsameren Kronenschlus-
gepuffert werden (Geiger 1961, von Arx et al. 2013). ses nach Eingriff eine größere Anfälligkeit gegenüber
Davon profitieren insbesondere frost- und hitze- Windwurf und Trockenstress hervorrufen (Albrecht
empfindlichen Arten. Der moderierende Effekt des et al. 2012, Bennett et al. 2015). Diese intensiven wald-
Kronendachs nimmt nicht nur mit der Belaubungs- baulichen Eingriffe sind in Jungbeständen und Stan-
dichte, sondern auch mit der Bodenfeuchte ab, also genhölzern häufig nicht kostendeckend durchführbar
dann, wenn die Bedingungen für das Wachstum der und stellen somit, wie auch die Verjüngung, eine not-
­Sämlinge ohne­hin kritisch sind (von Arx et al. 2013). wendige Investition in die zukünftige ökologische Sta-
Bei etablierten Sämlingen treten daher schon bald bilität und Anpassung der Wälder dar.
Licht und Wasser­versorgung als limitierende Fakto- Die geplanten und derzeit begründeten, deutlich
ren auf, zumal es für ein großes Kollektiv europäi- stärker als bisher gemischten Bestände sind zudem
scher Baumarten ­ keinen Zusammenhang zwischen sehr pflegeaufwändig und daher mit hohen Folge­
Schatten- und Trockenstresstoleranz gibt (Coomes kosten verbunden (Puettmann et al. 2015, Bauhus et
und Grubb 2000). al. 2017c). In der Phase des Stangenholzes und schwa-
Die Begrenzung des Wachstums und Überlebens chen Baumholzes sollten in der Regel intensive Durch-
junger Bäume durch Konkurrenz um Bodenressour- forstungen fortgesetzt werden, um Mischungen zu er-
cen, also Wasser und Nährstoffe, wurde in den meisten halten, die Produktionszeiten bis zur Erreichung der
Versuchen, in denen die Wurzelsysteme der Sämlinge Zieldurchmesser zu reduzieren und die destabilisie-
durch Abgraben von der Wurzelkonkurrenz der Alt- renden Eingriffe im Kronendach auf Bestandeshöhen
bäume befreit wurden, bestätigt (Coomes und Grubb zu beschränken, bei denen dies noch mit geringem Ri-
2000). Daher sollten gerade auf trockeneren Standor- siko, insbesondere in Hinblick auf Sturmwurf (Alb-
ten Verjüngungsverfahren gewählt werden, die geeig- recht et al. 2012) durchführbar ist.
net sind, durch Reduktion der Wurzelkonkurrenz mit Die wichtigsten Vulnerabilitätsfaktoren in der
Altbäumen die Bodenfeuchtigkeit zu erhöhen, und Baumholz- und Altholzphase werden durch die Vitalität

78
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

der Einzelbäume nach entsprechender Förderung in Gemischte und strukturierte Bestände


den vorangegangenen Phasen, durch die Höhe der
Bestände und die Beschaffenheit des Kronendachs Die Mischung von Baumarten ist ein zentrales Element
bestimmt. Mit zunehmender Bestandeshöhe und der meisten alternativen waldbaulichen Ansätze und
Rauhigkeit des Kronendachs nimmt einerseits die Strategien, um die Wälder besser auf die Unsicher-
Windwurfgefahr zu (Albrecht et al. 2012) und ande- heiten vorzubereiten, die sich aus den globalen Ver-
rerseits die Dürrempfindlichkeit der großen Bäume. änderungen ergeben (Puettmann et al. 2015; Bauhus
Letzteres könnte durch eine größere inhärente An- et al. 2017b). Mischbestände sind geeignet, die Resis-
fälligkeit für hydraulischen Stress und den höheren tenz, Resilienz und Anpassungsfähigkeit zu erhöhen
Strahlungs- und Verdunstungsbedarf der exponierten (Bauhus et al. 2017). Baumartenmischungen können
Kronen bedingt sein (Bennnett et al. 2015). grundsätzlich in alle Formen der aktuellen Waldbe-
In Folge wurde beobachtet, dass in den vergange- wirtschaftung integriert werden, von naturnahen bis
nen Jahrzehnten in Europa insbesondere die Morta- hin zu intensiv bewirtschafteten Wäldern (Abb. 2).
lität großer Bäume und vorratsreicher, alter Wälder Es gibt inzwischen zahlreiche Belege dafür, dass
angestiegen ist (Forzieri et al. 2021). Inwieweit diese Mischbestände im Durchschnitt produktiver sind als
klimawandel-bedingten Risiken für die herrschenden Reinbestände (Forrester und Bauhus 2016). Für viele
Bäume dadurch abgemildert werden können, dass in andere Ökosystemleistungen gibt es zunehmende Evi-
dieser Phase das Kronendach möglichst geschlossen denz, dass sie auch positiv mit dem Baumartenreich-
bleibt, ist bisher noch nicht ausreichend untersucht. tum zusammenhängen, aber der Effekt ist variabler
Dagegen spricht die zunehmende Konkurrenz um und weniger eindeutig (Gamfeldt et al. 2013). Wäh-
Wasser mit der Bestandesdichte (Sohn et al. 2016) und rend bestimmte Ökosystemleistungen in bestimmten
die Beeinträchtigung der Vorverjüngung. Während Reinbeständen in höherem Maße erbracht werden
diese Risiken durch eine Verkürzung der Produktions- können, sind Mischungen in der Regel besser geeignet,
zeiten für den zu erntenden Teil der Bestände redu- um mehrere Ökosystemdienstleistungen zu erbringen
ziert werden können, stellt sich zunehmend die Frage, (van der Plas et al. 2016). Diese erhöhte Multifunkti-
wie es gelingen kann, Habitatbäume im Klimawan- onalität erscheint besonders wichtig für Wäldern in
del möglichst alt werden zu lassen (Gustafsson et al. öffentlichem Besitz und solchen mit langen Produk-
2020). Die Auswahl von Habitatbäumen in Form von tionszeiten, wo es höchst unvorhersehbar ist, welche
Gruppen und auf besser wasserversorgten und wind- Ökosystemleistungen künftige Generationen in wel-
geschützten Standorten könnte hier eine zielführende chem Umfang von den Wäldern beziehen wollen (Bau-
Maßnahme sein. hus et al. 2017b).
Die Vulnerabilität gegenüber Feuer wird zu einem Mischungen können daher die Waldbewirtschaf-
erheblichen Teil durch die Baumartenzusammenset- tung nicht nur gegen Umweltveränderungen und Stö-
zung, die Entflammbarkeit und Menge der brennba- rungen, sondern auch gegen Veränderungen der ge-
ren Biomasse, und die Möglichkeit der Feuerausbrei- sellschaftlichen Ansprüche abfedern. Diese Wirkung
tung bestimmt. Waldbauliche Maßnahmen zielen von Mischungen auf Bestandes- oder Landschafts-
daher darauf ab, Baumarten anzubauen, die feuer- ebene beruht auf zwei Haupteffekten: a) der ökolo-
resistent sind, wenig leicht entflammbare Streu pro- gischen Versicherung, da eine hohe Anzahl funktio-
duzieren und/oder die Entwicklung einer leicht ent- nal unterschiedlichen Arten die Wahrscheinlichkeit
flammbaren Unterschicht – beispielsweise durch erhöht, dass einige dieser Arten eher mit Stress und
Beschattung- reduzieren. Eine Reduktion der brenn- Störungen zurechtkommen (Yachi und Loreau 1999),
baren Biomasse kann auch durch kontrolliertes Ab- und (b) den Interaktionen zwischen den Arten, die die
brennen erfolgen, das bisher in Deutschland so gut Art und Weise verändern, in der eine einzelne Art auf
wie nicht praktiziert wird. Stress und Störungen reagiert, so dass sie in Mischun-
Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Unter- gen mehr oder weniger resistent sein kann als in Rein-
brechung der räumlichen Kontinuität des brennba- beständen (Bauhus et al. 2017b).
ren Materials. So kann die horizontale Ausbreitung Positive Beispiele für Mischungseffekte durch In-
von Feuern durch vegetationsfreie Brandschutzstrei- teraktionen zwischen den Arten gibt es insbesondere
fen oder Laubholzgürtel unterbunden oder reduziert bei spezialisierten Schadorganismen (Castagneyrol
werden. Ebenso sollte die Steuerung der Bestandes- et al. 2014) aber auch bei Trockenstress (Grossiord
struktur einen vertikalen Aufstieg von Bodenfeuern in 2020). Hier müssen auch vielfach noch die spezifi-
die Kronen von Bäumen verhindern. Dies kann zum schen Baumartenkombinationen identifiziert wer-
Beispiel durch Waldweide, Ästung oder Entfernen der den, die möglichst positive Effekte bieten (Baeten et
Strauchschicht erfolgen. al. 2019). Für positive Mischungseffekte aus Interak-
tionen der Baumarten bei abiotischen Störungen wie

79
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

Wind und Feuer gibt es bisher wenig Evidenz (Bau- 2019, Thurm et al. 2019). Neben ihrer ökologischen
hus et al. 2017a). Sowohl die Versicherungseffekte Amplitude und standörtlichen Eignung müssen dar-
wie auch die eigentlichen Mischungseffekte können über hinaus die wirtschaftliche Verwertung, Risiko-
durch die Kombination von funktional unterschied- potenziale wie Invasivität, Prädisposition gegenüber
lichen Baumarten verstärkt werden (Messier et al. Krankheiten und Schadorganismen usw. und die reale
2019), zum Beispiel durch Kombination von Arten Saatgutverfügbarkeit in den notwendigen Mengen aus
mit sehr unterschiedlichen Resistenzen gegenüber potenziellen Exportländern berücksichtigt werden.
Störungsfaktoren. Für eine Reihe von in Deutschland heimischen
Ähnliche Effekte wie durch Mischung von Arten, Haupt- und Nebenbaumarten werden deutliche Ver-
lassen sich durch Mischung von Bäumen unterschied- änderungen der aktuellen Verbreitung prognostiziert,
licher Dimensionen in ungleichaltrigen, strukturier- sei es durch klimatisch bedingte Reduktion bzw. Ver-
ten Beständen erzielen (Dănescu et al. 2016, Pretzsch schiebung des Verbreitungsgebiets wie bei Rot-­Buche,
et al. 2018). Jedoch sind diese Effekte bisher deutlich Gewöhnlicher Fichte, Wald-Kiefer, Trauben- und Stiel-
weniger untersucht worden und es liegen auch wi- Eiche (Hanewinkel et al. 2013, Thurm et al. 2018) oder
dersprüchliche Ergebnisse vor. In jedem Fall erhöhen durch biotische Schaderreger wie bei Berg-Ahorn,
ungleichaltrige Bestände mit Vorverjüngung die Resi- ­Gewöhnlicher Esche, Feld- und Berg-Ulme (Liesebach
lienz der Wälder, wenn, wie bei Sturm oder Trocken­ et al. 2021). Innerhalb des Spektrums der waldbau­
heit, die Vorverjüngung weniger stark von der Störung lichen Anpassungsstrategien an den Klimawandel
betroffen ist, und somit die nächste Bestandesgenera- sind daher die Wiederbewaldung mit klimaangepass-
tion nach Eintritt der Störung bilden kann. tem Vermehrungsgut auf Störungsflächen sowie ein
Hier ist dann keine aufwändige Bestandesbegrün- mittelfristiger Baumartenwechsel wesentliche Hand-
dung unter schwierigen Freiflächenbedingungen not- lungsoptionen beziehungsweise eine Handlungsnot-
wendig. Diese Form der Erhöhung der Resilienz ist in wendigkeit im Fall akuter Waldschäden.
der Regel nur mit schattentoleranten Baumarten in Die Möglichkeiten für das Ausgangsmaterial dieses
der Vorverjüngung möglich. Um eine möglichst ra- Baumartenwechsels reichen von der Auswahl besser
sche Verjüngung mit schattenintoleranten Baumarten klimaangepasster Saatgutbestände innerhalb deut-
nach Störung zu ermöglichen, müssen Samenbäume scher Herkunftsgebiete, der Verwendung von Her­
dieser Arten in der Waldmatrix, beispielsweise ent- künften aus anderen Klimaregionen auch in Deutsch-
lang von Waldstraßen, erhalten bleiben. Wie bereits land vorkommender Hauptbaumarten wie für Buche
oben erwähnt erhöhen gemischte und strukturierte und Eiche, der Förderung heimischer, seltener und
Bestände auch gleichzeitig die Komplexität und somit Nebenbaumarten wie Hainbuche, Spitz-Ahorn, Els-
auch viele Kosten der Waldbewirtschaftung. beere, der Verwendung ursprünglich fremdländischer
Baumarten heimischer Standorte wie Douglasie, Rot-
Baumarten und Herkünfte Eiche, Robinie, bis hin zur Einführung neuer Baum­
arten aus anderen Klimaregionen. Insgesamt bietet
Der Klimawandel wird sowohl die natürliche Verbrei- sich somit ein relativ vielfältiges Gehölzsortiment ins-
tung als auch die Anbaueignung der in Deutschland besondere für gepflanzte Verjüngungsflächen an.
vorkommenden Baumarten beeinflussen (siehe Kap. Klimaangepasste Baumarten respektive Herkünfte
1.2.1.2). Im Rahmen der Risikovorsorge stellt daher sollten eine höhere Stresstoleranz gegenüber Trocken-
die Suche nach besser klimaangepassten Baumarten heit und Hitze, Spätfrösten und gegebenenfalls Sturm
bzw. Herkünfte eine wichtige und weitreichende Op- bei hinreichender Wuchsleistung und stofflicher Ver-
tion dar, um die Resilienz von Wäldern zu erhöhen. wertungsperspektive besitzen (Bolte et al. 2009, Zang
Der Ursprung dieser Baumarten bzw. Herkünfte liegt et al. 2014, Thurm et al. 2018). Damit ist die Anpassung
vorzugweise in klimatisch trockenwarmen Regionen an abiotische Stressfaktoren nur eine Facette des ge-
mit möglichst weiter Klimaamplitude insbesondere wünschten Anpassungsprofils. Die Angepasstheit der
der (Spät-)Frosttoleranz. Grundlage für die Baumar- Baumarten an wärmere und trockenere Standortbe-
tenempfehlungen bieten Expertenwissen, Anbauver- dingungen geht dabei häufig einher mit einer gerin-
suche und Modellierungen. geren Wuchsleistung alternativer Baumarten (Thurm
In den letzten 10 Jahren sind hierzu mehrere um- et al. 2018).
fassende Artenliste auf der Grundlage von Arten- Alternative Baumarten sollten auch die heimische
steckbriefen und Metaanalysen für sogenannte Al- Biodiversität unterstützen. Am ehesten ist dies zu er-
ternativbaumarten, häufig mit regionalem Bezug reichen, wenn die alternativen Baumarten in einer
in Deutschland vorgestellt worden (Vor et al. 2015, engen verwandtschaftlichen, räumlichen und ökophy­
Klädtke 2016, De Avila und Albrecht 2017, Albrecht siologischen Beziehung zu einander stehen wie bei-
und De Avila, 2019, Janßen et al. 2019, Forster et al. spielsweise Rot-Buche / Orient-Buche, Trauben-­Eiche /

80
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

Flaum-Eiche, Gemeine Kiefer / Schwarz-Kiefer. Einige et al. 2021). Dabei wurden die Kriterien ökophysiolo-
potenzielle Ersatzbaumarten für einheimische Arten gische Amplitude, Wuchsleistung und Holzeigenschaf-
weisen dabei eine sehr hohe Totholzkäfervielfalt bei ten, biotische und abiotische Risiken und Invasivität
der initialen Besiedlung von Ästen auf (Vogel et al. sowie kurz- bis mittelfristige Versorgung mit forstli-
2021). chem Vermehrungsgut berücksichtigt. Die bewerteten
Die dringlichste Verwendung für Alternativbaum- Baumarten wurden folgenden Gruppen zugeordnet:
arten besteht vor allem für Standorte und Risiko­gebiete,
wo derzeit ein flächiger Ausfall der Hauptbaumart 1.) Eingeführte Baumarten, über die umfassende
­besteht bzw. zu erwarten ist und die Naturverjüngung Kenntnisse über die genannten Kriterien bestehen
nicht zu der gewünschten Baum­ artenvielfalt führt. und mit dem Potenzial andere Baumarten zumin-
Es ist daher zwischen Ersatz- und Ergänzungsbaum- dest teilweise zu ersetzen.
arten zu unterscheiden. Erstere zielen auf den Ersatz
der bisherigen Baumart(en) ab, während letztere die 2.) Baumarten, die vor allem für die Begründung von
Verjüngung der bisherigen Baumarten zum Beispiel in Vorwald in Frage kommen
Form von Naturverjüngung ergänzen, um insgesamt
besser angepasste und artenreichere Bestände zu ent- 3.) Baumarten, die durch unterschiedliche Ursachen
wickeln. Allerdings wird das Baumartenspektrum auf gefährdet sind und vermutlich teilweise zu erset-
Standorten mit geringer Nährkraft, hoher Wasser- zen sind.
durchlässigkeit und unter Freiflächenbedingungen
nach Borkenkäferkalamitäten, Brand oder Windwurf 4.) Baumarten, über die keine oder nur wenige Kennt-
erheblich eingeschränkt. nisse zu den genannten Kriterien vorliegen aber
Traditionell wurden Empfehlungen für alterna- über das Potenzial verfügen, andere Baumarten
tive, eingeführte oder seltene Arten auf der Grund- zumindest teilweise zu ersetzen oder zu ergänzen.
lage von großen Anbauversuchen ermittelt. Diese sind
auch nach wie vor von großer Bedeutung und werden Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass von
auch fortlaufend initiiert (Frei et al. 2018, Stiller und den eingeführten außereuropäischen Baumarten fünf
Olhoff 2021). Allerdings steht die lange Zeitspanne die- Arten bereits jetzt als potenzieller Ersatz für die hei-
ser Versuche und die Dauer bis zur Generierung be- mischen Hauptbaumarten dienen können: Küsten-
lastbarer Ergebnisse im Gegensatz zur Schnelligkeit Tanne, Douglasie, Rot-Eiche, Robinie und Japanische
des Klimawandels und der Dringlichkeit des Infor- Lärche. Für diese Baumarten liegen hinreichende
mationsbedarfs. Daher werden zusätzliche Wege be- Kenntnisse zu den Kriterien der Baumartenwahl vor.
schritten, um Information über die Baumarteneig- Dies gilt ebenso für eine weitere Gruppe von Pionier-
nung im Klimawandel zu generieren. Dazu gehören baumarten, die vor allem für die Begründung von Vor-
retrospektive Analysen des Wachstums von Bäumen wald in Frage kommen wie Aspe, Pappel, Sand-Birke
entlang von Standort- bzw. Klimagradienten insbeson- und Hybrid-Lärche. Für diese Baumarten kann auch
dere unter der Berücksichtigung von klimatischen Ex- der Saatgutbedarf weitgehend gedeckt werden.
tremereignissen (Vitali et al. 2017, Kunz et al. 2018). Für die Baumarten Hainbuche, Winter-Linde,
Ein weiterer Ansatz ist die Verwendung von Arten­ Spitz-Ahorn, Flaum-Eiche, Nordmann-Tanne, Orient-
verteilungsmodellen (Thurm et al. 2018). Mit Hilfe Buche, Atlas-Zeder sowie Elsbeere und Baum-Hasel
von qualitativ hochwertige Datensätzen zum Vorkom- wird ebenfalls eine potenziell hohe Klimaanpassung
men der Arten und entsprechenden Rechenkapazitä- angenommen, die jedoch bundesweit durch kombi-
ten ist es relativ einfach, solche Modelle für verschie- nierte Anbau- und Herkunftsversuche auf einer brei-
dene Klimawandelszenarien zu entwickeln. Aufgrund ten Standortspalette überprüft werden müssen. Für
der notwendigen Berücksichtigung vieler zusätzlicher einige dieser Arten stehen derzeit noch nicht genü-
Variablen zur Einschätzung der Eignung alternativer gende Saatgutquellen zur Verfügung. Unabhängig
Baumarten, werden nach wie vor expertenbasierte davon sollten weitere europäische Arten aus den Gat-
Verfahren verwendet, in denen bisherige Anbauer- tungen der Tannen-, Kiefern- und Eichen hinsichtlich
fahrungen, retrospektive Analysen und Modellierun- ihrer Anpassungsfähigkeit in Deutschland untersucht
gen berücksichtigt werden. werden. Anbau- und Herkunftsversuche sind insbe-
So wurden beispielsweise durch die Bund Länder sondere für Baumarten notwendig, wo der Kenntnis-
AG Forstgenetik/Forstsaat unter Mitwirkung anderer stand zur Eignung und zu den Risiken unzureichend
forstlicher Fachdisziplinen 103 potenzielle Baumar- sind.
ten hinsichtlich ihrer Klimaanpassung an Hand von Im Ergebnis früherer Anbauversuche zeigt sich,
Expertenwissen, ca. 180 Veröffentlichungen, „grauer“ dass die generalisierende Bewertung der Anbaueig-
Literatur und Erfahrungswissen bewertet (Liesebach nung von Arten auf der Grundlage einer verwendeten

81
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

Provenienz zu Fehleinschätzungen führen kann. Dies die Informationsgrundlage für Risikobewertungen


gilt insbesondere für die Anpassung an meteorolo- durch ein explizites Monitoring dieser Baumarten in
gische Einflussfaktoren. Herkunftsversuche, die ein verschiedenen Inventuren, zum Beispiel der Bundes-
breites Spektrum von Ökotypen innerhalb des Ver- waldinventur, Betriebsinventuren oder Biotopkartie-
breitungsgebietes einer Art bzw. aus künftigen klima­ rungen, laufend verbessern (Bindewald et al. 2021).
analogen Gebieten, zum Beispiel in Südosteuropa, Letzteres erscheint vor allem in Hinblick auf die
berück­sichtigen, sind daher weiterhin eine unerläss- Unsicherheiten geboten, die mit der Populationsent-
liche Bewährungsprobe für die angebauten Proveni- wicklung eingeführter Arten unter zukünftig verän-
enzen. Um ein breites Standortspektrum für solche derten Störungsregimen einhergehen. Die wenigen
Prüfungen zu gewährleisten, sollten in bundesweite bisherigen Untersuchungen in Mitteleuropa, können
Versuchsanlagen neben den Forstlichen Versuchsan- die Rolle von Störungen als Auslöser für biologische
stalten und anderen Forschungseinrichtungen auch Invasionen durch eingeführte Baumarten nicht be-
andere Waldeigentümer nach dem citizen science- stätigen (Dyderski et al. 2018). Eine Bewertung des
Ansatz einbezogen werden. Gleichzeitig ist vor „flä- Risikos einer potenziellen Invasivität oder anderer
chigen Selbstversuchen“ mit exotischen Baumarten negativer ökologischer Auswirkungen sollte fester Be-
von insbesondere privater Waldbesitzer ohne wissen- standteil der Überprüfung der Anbauwürdigkeit von
schaftliche Begleitung zu warnen. Baumarten sein, wie dies bereits in den meisten Fällen
Um Wälder an den Klimawandel anzupassen, wird geschieht (Albrecht und de Avila 2018). Für bereits in
in der Waldwirtschaft neben bisher seltenen einhei- der Vergangenheit eingeführte, als invasiv eingestufte
mischen auch auf eingeführte Baumarten zurückge- Baumarten sind waldbauliche Systeme und Bewirt-
griffen (Vor et al. 2015, Thurm et al. 2018, Albrecht schaftungsplanungen auf Landschaftsebene zu entwi-
und de Avila 2018). Die Verwendung nicht heimischer ckeln, die geeignet sind, diese Arten zurückzudrängen
Arten wird aus naturschutzfachlicher Sicht häufig kri- bzw. eine weitere Verbreitung und negative Auswir-
tisch gesehen, da diese Baumarten, bei einem gerin- kungen auf die Ökosysteme zu kontrollieren und zu
gen Grad der Verwandtschaft mit heimischen Baum- reduzieren (Petersen 2014, Quadt et al. 2016). Vielfach
arten (Gossner 2016), in der Regel weniger heimischen fehlt es hier noch an den erforderlichen Grundlagen
Arten Habitat bieten und einige von ihnen als inva- (Felton et al. 2013).
siv oder potenziell invasiv angesehen werden (Felton Zu den wichtigen Handlungsoptionen gehört daher
et al. 2013, Dumas 2016). Für die bereits in der Ver- neben der grundsätzlichen Bereitstellung von forstli-
gangenheit eingeführten Baumarten liegen eine Reihe chem Vermehrungsgut die Gewährleistung der Her-
von Beurteilungen ihrer (potenziellen) Invasivität vor kunftssicherheit. Bei Baumarten, die gemäß A ­ nlage zu
(Nehring et al. 2013, Vor et al. 2015). §2 Forstvermehrungsgutgesetz FoVG der EU-Richtlinie
Diese Beurteilungen divergieren teilweise erheb- unterliegen, muss innerhalb der EU die Herkunfts-
lich, unter anderem weil unterschiedliche Kriterien sicherheit gewährleistet sein bzw. die Artenliste des
verwendet und gleiche Kriterien unterschiedlich ge- deutschen FoVG mittelfristig angepasst werden.
wichtet werden, viele Bewertungen auf einer unzurei-
chenden Datenbasis zur Quantifizierung von Invasi- Auswahl von genetisch angepasstem
onsrisiken vorgenommen werden und vielfach nicht Vermehrungsgut und Forstpflanzenzüchtung
zwischen Risiken, die von eingeführten Baumarten
auf verschiedenen Standorten bzw. in unterschiedli- Die mit dem Klimawandel verbundenen veränder-
chen Ökosystem ausgehen, differenziert wird (Binde- ten Umweltbedingungen wirken sich nicht gleichför-
wald et al. 2020). Grundsätzlich kann man aufgrund mig auf alle Individuen einer Population aus. Neben
bisheriger Risikobewertungen zwischen solchen der im vorherigen Abschnitt besprochenen Auswahl
Baumarten unterscheiden, die a) als ­eindeutig inva- geeigneter Baumarten bzw. Herkünfte gehen wir
siv eingestuft werden wie die spätblühende Trauben­ hier auf weitere Möglichkeiten ein, genetische Unter-
kirsche oder die Rot-Esche, b) als nicht invasiv einge- schiede innerhalb von Populationen und Herkünf-
stuft werden wie die Japanische Lärche, c) bei denen ten zu identifizieren und für waldbauliche Anpas-
ein potenzielles Risiko als gering und durch die Wald- sungsstrategien nutzbar zu machen. Die genetische
bewirtschaftung kontrollierbar eingeschätzt wird wie Diversität und Anpassungsfähigkeit ist eine wichtige
bei der Douglasie und d) bei denen die Informations- Komponente der natürlichen Auslese und die zugrun-
grundlage zu dürftig ist, um zu einer abschließenden deliegenden genetischen Merkmale beeinflussen öko-
Einschätzung zu gelangen wie beim Blauglockenbaum/ physiologische Eigenschaften wie die Trockenstressto-
Paulownie (Vor et al. 2015). In waldbaulichen Anpas- leranz (Zang et al. 2014).
sungsstrategien sollte man sich daher auf Baumarten Fortschritte in der forstgenetischen Forschung er-
der Kategorien b) und c) fokussieren und gleichzeitig lauben es zunehmend genetische Muster zu analy­

82
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

sieren und genomische Unterschiede zwischen ge- Vor dem Hintergrund des Klimawandels sind fol-
schädigten und trockenstresstoleranten Individuen zu gende Zielmerkmale relevant: (1) eine erhöhte Tro-
bestimmen, beispielsweise für Buche (Cuervo-Alarcon ckenstresstoleranz, (2) eine erhöhte Hitzestresstole-
et al. 2021, Pfenninger et al. 2021) oder Fichte (Trujillo- ranz und eine (3) angepasste (Spät-) Frosttoleranz bei
Moya et al. 2018). Die Identifikation solcher Genorte möglichst hinreichender Wuchsleistung und ohne
ist ein wichtiger Schritt, um wünschenswerte geneti- Einschränkungen im Abwehrvermögen gegenüber
sche Merkmale im Vermehrungsgut zu selektieren. biotischen Schaderregern.
Während in der Vergangenheit in naturnahen Fortschritte in der Genomanalyse zur Trocken-
Laubmischwäldern überwiegend Naturverjüngung stresstoleranz könnten in Zukunft genutzt werden um
genutzt wurde, wird es in Zukunft im Zuge der Klima- aus Herkünften und Populationen jene Plusbäume zu
anpassung einen wachsenden Bedarf an künstlicher selektieren und in Vermehrungsprogramme zu über-
Verjüngung geben, auch für Laubbaumarten. Es gibt führen, die Extremwetterereignisse im Freiland und
ausreichend Saatgutbestände, aber diese gilt es hin- in Stressexperimenten besonders erfolgreich über-
sichtlich ihrer Klimaanpassung zu überprüfen, um Be- standen haben (Auslesezüchtung). Grundvorausset-
stände mit geeigneten Merkmalen zu selektieren. zung hierfür ist eine populationsorientierte Daten-
Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit grundlage, wie sie durch die Erhaltung forstlicher
klimaanpassungsrelevante Merkmale gezielt durch Genressourcen in Deutschland für eine Vielzahl von
Forstpflanzenzüchtung gefördert werden können. Baumarten bereitgestellt wird (Paul et al. 2000).
Die Forstpflanzenzüchtung verfolgt in der Regel das Im Gegensatz zu den traditionellen Züchtungs­
Ziel, wünschenswerte Merkmale von Bäumen wie zielen, beispielsweise der Erhöhung der Wuchs-
die Wuchsleistung, Wuchsformen, Resistenz gegen- leistung oder Resistenz gegenüber bestimmten
über abiotischen Stressfaktoren oder Pathogenen, Pathogenen, müssen bei den oben genannten anpas-
durch kontrollierte (gelenkte) Kreuzungen von zuvor sungsrelevanten Züchtungszielen folgende Besonder-
ausgewählten Paarungspartnern und anschließen- heiten berücksichtigt werden. Wie Transkriptionsana-
der Selektion unter den hieraus hervorgegangenen lysen zeigen, unterliegt die genetische Kontrolle der
Nachkommen zu verstärken. Der Erfolg und die Ge- Zielmerkmale einer Vielzahl von Genen mit unter-
schwindigkeit der Verbesserung dieser Zielmerkmale schiedlichen Funktionen in einem physiologisch/bio-
hängen von drei Faktoren ab (Erikson et al. 2001): chemisch hoch komplexen und fein abgestimmten An-
passungsprozess. Im Falle von Wassermangel werden
1.) Der genetischen Kontrolle des Zielmerkmals: dabei mehrere Hundert Gene, die verschiedene Stoff-
Je stärker ein Merkmal genetisch kontrolliert wird wechselbereiche betreffen, hoch- und runterreguliert
und je weniger Gene für die Merkmalsausprägung (Joshi et al. 2016).
verantwortlich sind, umso erfolgreicher und Allein das Zielmerkmal Trockenstresstoleranz wird
schnel­ler ist ein Züchtungsprogramm. durch eine Vielzahl von Anpassungsstrategien ermög-
licht, die von strukturellen Merkmalen wie Wurzel-
2.) Der Kontrolle der Kreuzung zwischen ausgewähl- oberfläche, Blattoberfläche, Behaarung, Stomata­dichte
ten Paarungspartnern: Während unter Versuchs- und viele andere mehr, über regulative Fähigkeiten
bedingungen eine vollständige Kontrolle gegeben wie beispielsweise Stomataschluss- und Leitfähig­
ist, können beispielsweise in Samenplantagen keit, Atmungsrate, W ­ asserpotenzialsteuerung, bis zu
durch die räumliche Isolation von anderen Bestän- ­aktiven Stressreaktionen wie Prolinsynthese, Aktivie-
den der gleichen Art sowie durch die Anordnung rung von diversen Stressproteinen und Phytohormo-
der Paarungspartner innerhalb der Samenplan- nen, reichen.
tage die Pollenbeiträge zumindest teilweise kont- Welche Reaktionen in einem baumartenspezifi-
rolliert werden. Bei der Produktion von Saatgut in schen Züchtungsprogramm sinnvollerweise ­gefördert
zuvor ausgewählten Waldbeständen findet nur werden sollen, ist weiterhin Gegenstand von For-
eine Kontrolle der mütterlichen Beiträge nicht schung. Einige mögliche Kandidaten werden disku-
aber der Pollenzusammensetzung statt. Je stärker tiert, beispielsweise auf zellulärer und Gewebeebene
die Kontrolle bei der Kreuzung, umso effektiver ist die osmotische Anpassung, der antioxidative Schutz
das Züchtungsprogramm. und die erhöhte Wassernutzungseffizienz (Polle et al.
2019). Vor diesem Hintergrund sollten von der züch-
3.) Die Stärke der Selektion der Individuen bezüglich terischen Bearbeitung einiger weniger Gene keine
der Ausprägung der Zielmerkmale: Je stärker die schnellen Züchtungserfolge erwartet werden.
Selektion umso effektiver ist das Züchtungspro- Allerdings verdeutlichen die erheblichen geneti­
gramm. schen Unterschiede in der Reaktion auf Trocken-
heit selbst bei hochgradig trockenheitsempfindlichen

83
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

Arten wie Fichte und Europäische Lärche das mittel­ Klimawandel und anderen Aspekten des Globalen
fristige Potential durch Züchtungsforschung, die  lo- Wandels ergeben. Daraus abgeleitet werden mögli-
kale Anpassungen des genetischen Vermehrungsguts che und notwendige Änderungen in den Bereichen
an künftige Bedingungen zu fördern (Schueler et al. des Waldschutzmonitorings und der Prognose sowie
2021). Die Grundlagen für eine genombasierte Züch- des Managements und der Planung und die gesteiger-
tung von Dürreresistenz in Baumarten erfahren ge- ten Anforderungen an die Evidenz der Effektivität von
rade eine rasche Entwicklung (Depardieu et al 2021). Waldschutzmaßnahmen. Eine Diskussion der Mög-
Die Intensität der bisherigen ­Züchtungsforschung lichkeiten und Anforderungen an den Pflanzenschutz
fällt je nach Baumart unterschiedlich aus. Bisher wurde und sowie der Bedeutung des Managements von Wir-
in Deutschland nur bei wenigen ­Baumarten eine in- beltieren im Waldschutz vervollständigen das Kapitel.
tensive Züchtungsforschung betrieben ­zuzüglich Pap-
pel und Lärche. Differenziert nach Ökosystemleistun- Waldschutz im globalen Wandel
gen dominierte als Züchtungsziel die Erhöhung der
qualitativen und quantitativen Wuchsleistung, ein- Der globale Wandel nimmt in vielfältiger Weise Ein-
schließlich der C-Bindung. Diese „Domestikation“ von fluss auf die Waldschutzherausforderungen in
Bäumen war aber auf eine produktionsorientierte Be- Deutschland. Die globale Erwärmung führt bei einer
wirtschaftung und nicht auf die Klimaanpassung aus- Reihe von Schadorganismen zu verbesserten Repro-
gerichtet (Fladung 2008). duktionsbedingungen. Prominente Beispiele sind der
Erst seit 2013 hat die Herkunftsforschung und Buchdrucker, der in warmen Sommern mit m ­ ehreren
Forstpflanzenzüchtung im Klimawandel an Beach- Generationen rasch seine Population aufbauen kann
tung gewonnen. Von den Versuchs- und Forschungsan- (Wermelinger 2004, Biedermann et al. 2019), oder
stalten von Bund und Ländern wurden Strategien und Schwammspinner und Nonne (Vanhanen et al. 2007).
Programme entwickelt (Liesebach et al. 2013, 2021), In ihrem Review kommen Logan et al (2003) zum
die seit 2014 umgesetzt werden. Am Anfang wurde Schluss, dass Klimaerwärmung viele ­Voraussetzungen
der Schwerpunkt auf die häufiger vertretenen Baum- von Insektenmassenvermehrungen begünstigen wird.
arten Fichte, Kiefer, Eiche, Douglasie, Lärche und Dies umfasst die Populationsdynamiken in aktuellen
Bergahorn gelegt (Liesebach et al. 2013). Zwischen- Verbreitungsgebieten, die Besiedlung neuer Gebiete,
zeitlich wurden die Arbeiten auch auf Neben- und sel- sowie die Kombination neuer Artengemeinschaften
tenere Baumarten ausgeweitet. Regional laufen Ver- (Kap.1.2.1.3).
suche mit weiteren Baumarten. Erste Ergebnisse sind Eine weitere Erscheinung des Klimawandels ist die
in Tagungsbänden und Einzelpublikationen veröf- Zunahme von Witterungsextremen und Sturmereig-
fentlicht (Janßen et al. 2017, Meißner & Volmer 2017, nissen auch in der temperaten Zone wie Deutschland
Rieckmann et al 2021). Aufgrund der Langfristigkeit (Seidl et al. 2011, Sommerfeld et al. 2018). Dies setzt
von Züchtungsvorhaben mit Bäumen sind kurzfris- Waldbäume unter physiologischen Stress und redu-
tige Durchbrüche allerdings nicht zu erwarten, zumal ziert ihr Abwehrvermögen. Dabei lässt sich bei vielen
es für sehr viele heimische und nicht-heimische Alter- Störungsereignissen eine großräumige zeitliche Syn-
nativbaumarten bisher keine Herkunftsversuche in chronisierung beobachten (Senf und Seidl 2018). Das
Deutschland gab. bedeutet, dass sich trotz hoher räumlicher Variabilität
Wichtiges Ziel der Forstpflanzenzüchtung unter Massenvermehrungen von Insekten nahezu zeitgleich
Klimawandelbedingungen ist die Bereitstellung von über große Räume ausbreiten mit weitreichenden Fol-
Vermehrungsgut, das anpassungsfähig und leistungs- gen für die Waldwirtschaft. Daher sind überregionale
stark genug ist, um den erwarteten Umweltänderun- Strategien gefragt.
gen bei der Erfüllung aller Waldfunktionen gerecht zu Neben den klimatischen Aspekten im globalen
werden. Dies erfordert eine kontinuierliche Bearbei- Wandel ist der stark gestiegene weltweite Handel eine
tung und, aufgrund der langen Generationszyklen der weitere Ursache für die Ausbreitung von Schadorga-
Waldbaumarten, langfristige Versuchsansätze. Forst- nismen. Dabei ist der Handel mit Pflanzen, pflanz-
genetik und Forstpflanzenzüchtung besitzen hierzu lichen Produkten und Holz der Hauptvektor für die
einen bewährten Methodenkatalog, der durch die gro- Verbreitung von Schadinsekten und Pathogenen (Lieb-
ßen Fortschritte der Molekularbiologie weitere Optio- hold et al. 2012). In Europa wurden seit 1980 in etwa
nen erwarten lässt. 70 % aller neuen Pathogene über die Einfuhr leben-
der Pflanzen eingeschleppt (Santini et al. 2013). Ein
3.1.1.2 Waldschutz prominentes Beispiel ist hier das Eschentriebsterben.
Hierbei handelt es sich um einen Blattpilz der in Asien
Das Kapitel beschreibt zunächst die neuen Heraus- die Blätter heimischer Eschenarten ohne Schaden be-
forderungen an den Waldschutz, die sich aus dem siedelt. Die Art wurde vermutlich mit importierten

84
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

Eschenpflanzen eingeschleppt und bringt die euro- auch mehr besiedelnde Arten und damit Schadorga-
päischen Populationen der Gemeinen Esche großflä- nismen zu erwarten sind (Brändle und Brandl 2001).
chig zum Absterben (Nielsen et al. 2017, McMullan et
al. 2018). Monitoring und Prognose
Trotz der strengen Quarantänebestimmungen in
Europa und anderen Regionen der Welt, kommt es Umso wichtiger ist ein gut koordiniertes Wald-
immer wieder zur Einschleppung von Schadorganis- schutz-Monitoring über ganz Deutschland hinweg,
men. Ein auffälliges Beispiel ist hier der Asiatische bzw. noch besser auf europäischer Ebene. Dabei ge-
Laubholzbock der inzwischen in Europa und Nord- nügt es nicht, das Monitoring auf heimische Schad­
amerika als etabliert gilt (Haack et al. 2010). Bei vielen organismen oder in ihren Heimatländern gefürchtete
unauffälligeren Arten wird dies häufig erst bemerkt, ­Schadorganismen zu beschränken. Für breitere An-
wenn sie im neuen Vorkommensgebiet in größerem sätze stehen inzwischen aber auch deutlich bessere
Umfang Bäume zum Absterben bringen, wie beispiels- Methoden, wie der Einsatz vielfältiger Pheromone
weise der Asiatische Eschenprachtkäfer (Kovacs et al. oder die I­ dentifizierung mit Hilfe von Sequenzierme-
2010), der Schwammspinner in Nordamerika (Bogich thoden bei Pilzen und Insekten zur Verfügung (Gitau
et al. 2008), oder der Rote Riesenbastkäfer in China et al. 2013, Grosdidier et al. 2018, Tedersoo et al. 2019,
(Yang et al. 2014). Hardulak et al. 2020, Milian-Garcia et al. 2021). Wich-
Immer wieder können sich aber auch Arten etab- tig ist dabei ein länderübergreifendes und standardi-
lieren, die in ihrer Wirkung von Praktikern kaum von siertes Vorgehen, das von der Freilanderfassung, über
heimischen Arten zu unterscheiden sind. Jüngstes Bei- die Artdiagnose, Kommunikation zwischen den Ver-
spiel ist der Nordische Borkenkäfer, dessen Einwande- antwortlichen bis hin zur Entwicklung von Gegen-
rung von Osten her befürchtet wurde und zur Prophy- maßnahmen reicht.
laxe Holzimportbeschränkungen diskutiert wurden. Auch die Prognosen sind auf Grundlage der Monito-
Tatsächlich scheint die Art aber schon weite Teile ringdaten zu verbessern. Aktuelle P ­ rognoseverfahren
Deutschlands im Schatten des Buchdruckers besiedelt weisen Unsicherheiten auf. Dies dürfte in erster Linie
zu haben (Lemme et al. 2020). an der komplexen Dynamik potenzieller Schador-
Die Einschleppung von Organismen ist im Klima- ganismen liegen. Aktuell können wir trotz 200 Jah-
wandel auch von Relevanz, da das Bestreben besteht, ren Borkenkäferforschung bis heute beispielsweise
immer mehr nichtheimische Arten in den Wäldern nicht erklären, wann und warum Buchdruckerpopu-
als Ersatz für eine Baumart wie die Fichte zu verwen- lationen zusammenbrechen (Biedermann et al. 2019).
den. Hierbei muss mit einer zusätzlichen Einschlep- Beim Schwammspinner, als wichtigste Art in Eichen-
pung von Pathogenen gerechnet werden (Liebhold et wäldern, sind Prognosen zum Fraß anhand der Eige-
al. 2012). Dies gilt insbesondere auch für die Einfuhr lege bei hohen Dichten ebenfalls unsicher. Um hier
von Saatgut (Franic et al. 2019). zielgerichteter vorgehen zu können, muss das Prozess-
Die Kombination aus Klimawandel und globali- verständnis der wichtigsten Arten verbessert werden.
siertem Handel wird von vielen Experten als beson-
ders kritisch gesehen, da weder vorhersehbar ist, was Planung und Management
verschleppt wird, noch wie sich Organismen in Neu-
kombination mit anderen Arten und unter anderen Ein vor kurzem veröffentlichter Bericht internationa-
Klimabedingungen verhalten (Anderson et al. 2004, ler Experten geht der Frage nach, wie mit Borkenkä-
Pautasso et al. 2010). Gerade die Entstehung neuer Ar- ferdynamiken in Europa gerade im globalen Wandel
tengemeinschaften, insbesondere die Interaktionen umgegangen werden sollte (Hlásny et al. 2019). Die Vo-
von Insekten und Pilzen, dürften häufig eine wichtige raussetzung für ein effizientes Management ist nach
Rolle spielen, sind aber kaum bekannt und schwierig Hlásny et al. (2019), dass zunächst Schadorganismen
vorherzusagen (Hofstetter et al. 2007, Biedermann et wie Borkenkäfer als integraler Bestandteil von Wald-
al. 2019). ökosystemen verstanden und akzeptiert werden.
Ein zusätzlicher Aspekt ist auch, dass mit Zunahme Daneben hängt die Frage, ob ihr Wirken als Scha-
der Anbaufläche von bisher nur in geringer Dichte den oder als Nutzen betrachtet wird, stark von den lo-
vorkommenden Baumarten wie zum Beispiel der Dou- kalen Managementzielen ab. Erst die klare Definition
glasie sich auch die Zahl darauf auftretender Organis- von Zielen und deren Akzeptanz zwischen den unter-
men erhöhen wird. So finden sich auf der Douglasie in schiedlichen Stakeholdern kann soziale Konflikte re-
Deutschland bereits jetzt die Zahl der Borkenkäferar- duzieren und ermöglicht wirkungsvolles Manage-
ten, die man entsprechend der Anbaufläche erwarten ment. Grundvoraussetzung ist eine entsprechende
muss (Bussler et al. 2011). Generell gilt, dass mit einer Ausbildung und eine verbesserte Kommunikation
Vergrößerung der Anbaufläche bei allen Baumarten auf allen Verwaltungsebenen. Im Klimawandel ist es

85
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

notwendig, eine gute Balance zu finden zwischen Ri- In diesem Zusammenhang ist die Neugründung
sikominimierung, dem bisherigen Schwerpunkt des eines Instituts für Waldschutz des Julius-Kühn-In-
Borkenkäfermanagements, und Maßnahmen zur Stär- stituts ab 2022 zu begrüßen (Hahn 2021). Mit der
kung der Resilienz von Wäldern (siehe Kap. 3.1.1.1). Ausrichtung auf Erarbeitung von Strategien und
Sektor-übergreifendes Krisenmanagement zum Konzepten für den Waldschutz unter besonderer Be-
Beispiel von Forstwirtschaft, Naturschutz, Finanzen, rücksichtigung des Klimawandels, die Forschung zu
Logistik und öffentlicher Sicherheit sind notwendig Biologie, Vermeidung und integrierten Bekämpfung
um negative Effekte für Waldbesitzer und Öffentlich- von Schadorganismen und Krankheiten im Wald
keit abzumildern. Dabei sind ad-hoc Lösungen meist sowie die Stärkung der funktionalen Biodiversität und
nicht geeignet. Vielmehr gilt es lokale Zusammen- der natürlichen Regulations- und Abwehrmechanis-
schlüsse verschiedener Stakeholder zu schaffen und men des Waldes gegen Krankheiten und Schadorga-
die ökologischen und sozialen Dimensionen von Mas- nismen, könnte hier genau die Einrichtung entstehen,
senvermehrungen besser zu verstehen. Gefragt ist ein die aktuelle Lücken im Waldschutz in Deutschland
holistisches, Landschafts- und Evidenz-basiertes Ma- schließen kann. Wichtig wäre dabei eine konsequente
nagement, das Monitoring, Sanitärhiebe, Waldbau Umsetzung interdisziplinärer und überregionaler
und Nichteingreifen gleichermaßen integriert. Dies Forschungsgruppen, um verschieden Methoden und
ist von besonderer Bedeutung bei Arten die auf gro- Skalenebenen erfolgreich in Zusammenarbeit mit den
ßer Landschaftsebene interagieren. So sind beispiels- Forstlichen Versuchsanstalten zu vereinen.
weise räumlich gut vernetzte Buchdruckerpopulatio-
nen besser in der Lage Bäume zu befallen als isolierte Möglichkeiten und Anforderungen an den
Vorkommen (Seidl et al. 2016). Dies bedarf in Land- Pflanzenschutz
schaften mit vielfältigen Besitzstrukturen ein koordi-
niertes Vorgehen. Jährlich werden in Wäldern nur auf 0,1 % der Wald-
Für bekannte Schadorganismen mit wiederkehren­ fläche Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Dies zeigt die
den Massenvermehrungen empfiehlt es sich Muster- z. B. im Vergleich zur Landwirtschaft geringe Rolle
verfahren in Jahren der Latenz zu erstellen. In die- von Pflanzenschutzmitteln im Wald. Zur Sicherung
sen Verfahren sollte klar geregelt werden auf welcher vielfältiger Ökosystemleistungen, insbesondere der
Basis, zum Beispiel unter Angaben von Schwellen- Produktions- und Erholungsfunktion, erscheint bei
werten, Entscheidungen getroffen werden und wer einigen phytophagen Insektenarten der Einsatz bio-
die Genehmigungen ausstellt. Prioritäre Flächen für logischer oder chemischer Pflanzenschutzmittel als
Maßnahmen gegen Schadorganismen wie beispiels- einzige akut wirksame Methode (BÖR 2016). Er kon-
weise Saatgutbestände oder Erholungswälder sowie zentriert sich im Wesentlichen auf Eichen-, Kiefern-
Ausschlussflächen wie streng geschützte Wälder oder und Fichtenbestände. Die Zielorganismen die hier in
Wälder mit Vorkommen bedrohter Arten sind zu defi- erster Linie reduziert werden sollen, sind blattfres-
nieren. Auf dieser Grundlage in Kombination mit ak- sende Insektenraupen von Schmetterlingen und Blatt-
tuellen Monitorings-Daten können dann kurzfristig wespen. Bei Borkenkäfer- oder anderen Käferarten
Flächenkulissen für Maßnahmen erstellt werden. haben sich Pflanzenschutzmittel in der Regel als nicht
effektiv oder ökonomisch vertretbar erwiesen.
Evidenz der Maßnahmen und Strategien Seit Jahren verschärft sich zudem das Problem,
dass den Forstbetrieben nur noch wenige wirksame,
Da die Wirksamkeit, sowie die ökologischen und öko- zugelassene Pflanzenschutzmittel zur Verfügung ste-
nomischen Auswirkungen vieler Praxisstrategien bis hen, weil deren Entwicklung und Zulassung gestiege-
heute unklar sind, sollten alle wesentlichen Wald- nen Anforderungen genügen muss, sehr kosteninten-
schutzstrategien auf überregionaler Ebene von den siv ist und die geringen Einsatzmengen für die Firmen
zuständigen forstlichen Versuchsanstalten der Län- oft nicht wirtschaftlich sind. Nach den Zielen des Natio-
der und des Bundes wissenschaftlich begleitet wer- nalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von
den, um eine entsprechende, öffentlich zugängliche Pflanzenschutzmitteln (NAP) sollten in 80 % aller re-
Evidenzbasis zu erstellen. Hier muss das Fehlen an levanten Anwendungsgebiete bis zum Jahr 2023 min-
wissen­schaftlich belastbaren entsprechend replizier- destens drei Wirkstoffgruppen zur Verfügung stehen
ten Studien bemängelt werden (Hlásny et al. 2019, (BMELV 2013). Im Forstbereich ist dies nur für 20 %
Leroy et al. 2021). Im „Katastrophenfall“ ist die Bereit- der relevanten Anwendungsgebiete der Fall (Wick
schaft der Praxis auf Designanforderungen der Wis- et al. 2018), so dass ein integrierter Pflanzenschutz
senschaft einzugehen in der Regel gering. Daher muss und ein notwendiges Resistenzmanagement kaum
dies vorab geplant werden und insbesondere der staat- noch möglich sind. Gleichzeitig werden die Auflagen
liche Waldbesitz in die Pflicht genommen werden. und Anwendungsbestimmungen für die wenigen im

86
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

Forstbereich verfügbaren Pflanzenschutzmittel von Privatwald Deutschlands, wo das Jagdausübungsrecht


den Genehmigungsbehörden immer restriktiver, da nicht bei den einzelnen Waldbesitzern, sondern der
die Auswirkungen auf geschützte Arten und Lebens- Jagdgenossenschaft liegt, welche die Jagdausübung
räume häufig unklar sind. Ursache dafür ist das Feh- in der Regel durch Jagdpachtvertrag an private Jäger
len wissenschaftlich belastbarer Untersuchungen mit vergibt. Hier bestehen häufig erhebliche soziale und
ausreichend Replikaten und Kontrollflächen zu Wirk- faktische Hindernisse, um die waldbaulichen Ziele
samkeit auf Ziel- und Nichtzielorganismen. der einzelnen Waldbesitzer zu realisieren. Zwar haf-
Vor diesem Hintergrund ist es unbedingt notwen- tet die Jagdgenossenschaft grundsätzlich gegenüber
dig, dass die politischen Voraussetzungen für die Be- den Mitgliedern der Jagdgenossenschaft für die Wild-
reitstellung, Neu- bzw. Weiterentwicklung, Zulassung schäden nach § 29 BJagdG, wobei die Wildschadens-
und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für die ersatzpflicht meist vertraglich auf den Jagdpächter
Anwendung im Wald geschaffen und durch die Förde- übertragen wird. Im Wald betrifft dies insbesondere
rung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten un- die durch Schalenwild verursachten Verbiss-, Fege-
terstützt werden und dass bei der Genehmigung ihrer und Schälschäden, wobei nach §32 BJagdG Schäden
Zulassung und ihres Einsatzes gleichermaßen Aspekte an „Forstkulturen, die durch Einbringen anderer als
der Ökonomie, der Umweltverträglichkeit und der der im Jagdbezirk vorkommenden Hauptholzarten
Walderhaltung angemessen berücksichtigt werden. einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind“ von der
Schadensersatzpflicht ausgenommen sind. Da die Er-
Wirbeltiere im Waldschutz hebung der Wildschäden im Wald sehr aufwendig ist
und der Wildschadensausgleich in der Landwirtschaft
Der Klimawandel wirkt sich auch auf die Populatio- meist Vorrang hat, unterbleibt oft der Wildschadens-
nen von Wirbeltieren aus. Insbesondere für Rehe und ersatz im Wald.
Wildschweine ist bekannt, dass europaweit die Popu­ Insbesondere wenn im Rahmen des klimawan-
lationsdichten mit steigenden Temperaturen und sin- del-bedingten Waldumbaus andere als die bisher vor-
kender Schneehöhe weiter zunehmen (Melis et al. handenen Hauptbaumarten verjüngt werden sollen,
2006, Melis et al. 2009, Hothorn et al. 2015). Damit wird erscheint lokal oft nur eine Lösung als einfach und
selektiver Fraßdruck auf Jungpflanzen je nach Baum- schnell umsetzbar, der Schutz von Flächen durch Kul-
art weiter verstärkt (Gill und Morgan 2010). Hohe turzäune (Pellerin et al. 2010, Boulanger et al. 2018,
Wildschweindichten können sich negativ auf die Redick und Jacobs 2020). Im Gegensatz zu Einzel-
Dichte der Naturverjüngung schwerfrüchtiger Baum- schutzmaßnahmen können dabei die vielfältigen Na-
arten wie Rotbuche oder Eichen auswirken (Boulan- turverjüngungspflanzen gemeinsam mit künstlich
ger et al. 2018). In diesem Kontext wird auch aktuell eingebrachten Pflanzen erfolgreich geschützt werden.
kontrovers diskutiert, inwieweit intensivere Bejagung Ein generelles Verbot von Wildschutzzäunen ist als
und Änderungen im Jagdgesetz eine Verbesserung Ziel zwar wünschenswert, erscheint aber angesichts
herbeiführen könnten. Dabei ist derzeit keine Eini- des dringend notwendigen und prioritären Waldum-
gung in Sicht. baus vielerorts wenig realistisch. Voraussetzung für
Zwei Ansätze könnten aber bei der Umsetzung er- lokale Einzelentscheidungen zum Verjüngungsschutz
folgreich sein. Für Waldbesitzer, die einen Waldum- muss ein eigentumsübergreifendes, regelmäßiges und
bau im Klimawandel anstreben und das Jagdrecht objektives Verjüngungsmonitoring sein.
selbst ausüben, sollten im Jagdgesetz alle technischen
und zeitlichen Einschränkungen aufgehoben werden, 3.1.1.3 Betriebliches Risikomanagement
die eine tierschutzgerechte und effektive Reduktion
von Huftierpopulationen ermöglichen. Wie dies gehen Jede Tätigkeit, die darauf abzielt, wirtschaftliche Chan-
könnte, wurde aktuell im Hinblick auf Wildschweine cen wahrzunehmen, muss gleichzeitig auch Unwäg-
zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest ge- barkeiten in Kauf nehmen. Unternehmerisches Han-
zeigt. Im Gegenzug sollte aber auch akzeptiert wer- deln ohne Risiko gibt es nicht. Bezeichnenderweise
den, dass manche Waldbesitzer höhere Huftierbe- bedeutet das lateinische Wort „risicare“ in Deutsch
stände anstreben. Eine differenzierte Betrachtung „wagen“. Risiken sind damit stete Begleiter jeder wirt-
könnte hier zu lokal deutlich besseren Ergebnissen schaftlichen Tätigkeit, auch der Forstwirtschaft. Roe-
führen als ergebnislose Diskussionen. Auch unter der (1991) führt im forstlichen Kontext systematisch
natürlichen Bedingungen können Huftierbestände in das Risikomanagement ein. Das forstbetriebliche
räumlich deutlich variieren, beispielsweise auf Grund Risikomanagement zielt auf einen planvollen Umgang
standörtlicher Variation oder unterschiedlicher Dich- mit den unternehmerischen Risiken ab (Holthausen et
ten der Prädatoren (Callan et al. 2013). al. 2004). Es soll vor Gefahren warnen und helfen, die
Schwieriger erscheint die Situation im kleinteiligen richtigen Gegenmaßnahmen zu ergreifen (Möhring

87
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

2009). Dazu unterscheidet man üblicherweise fol- Eintrittswahrscheinlichkeiten werden abgeschätzt.


gende zwei Tätigkeitsfelder, Risikoanalyse und Risi- Das erwartete Schadensausmaß, also die wirtschaft-
kohandhabung. Eine neue Dimension erhält das Ri- liche Betroffenheit bzw. der mögliche Vermögens-
sikomanagement durch die klimawandelbedingte verlust, und die Eintrittswahrscheinlichkeit bestim-
Zunahme von Risiken im Wald. men gemeinsam über die wirtschaftliche Bedeutung
des Risikos. Das Produkt aus beiden Größen wird üb-
Risikoidentifikation und Bewertung licherweise als Schadenserwartungswert oder als be-
(Risikoanalyse) triebswirtschaftliches Risiko bezeichnet. Es ist üblich,
die Ergebnisse der Risikoanalyse in einer sogenann-
In der Praxis hat es sich als sinnvoll erwiesen, bei der ten „Risiko-Matrix“ darzustellen (Roeder 1991, Holt-
Risikoidentifikation und Bewertung analytisch vor- hausen et al. 2004, Mußhoff und Hirschauer 2016), die
zugehen, das heißt das unternehmerische Gesamt- erwartete Schadenshöhen den erwarteten Eintritts-
risiko wird in die verschiedenen Risikofaktoren auf- wahrscheinlichkeiten gegenüberstellt (siehe Abb.28).
geteilt und deren erwartete Schadenshöhen und

sehr hoch /
katastrophal

Risikomeidung
hoch/kritisch Risikoübertragung
Schadenshöhe

mittel
Risikominderung
gering
Risikoübernahme Risikobegrenzung
sehr gering /
unwesentlich

unwahr- fernliegend / wahr-


gelegentlich häufig
scheinlich selten scheinlich

Eintrittswahrscheinlichkeit/Schadenshäufigkeit

Abb. 28:  Ergebnisse von Risikoanalysen können in einer Risiko-Matrix dargestellt werden. Mit zunehmender Schadenshöhe und hoher Schadens-
häufigkeit dominiert die Risikomeidung, wogegen geringe Schadenshöhen in Verbindung mit selten auftretenden Schäden regelmäßig akzeptiert wer-
den. Bei selten auftretenden, aber kritischen Schadenshöhen ist die Risikoübertragung, z. B. auf Versicherungen, eine verbreitete Strategie, bei wahr-
scheinlichen/häufigen Schäden Risikominderung und Risikobegrenzung (Quelle: Möhring 2009).

Risikosteuerung oder -handhabung • Risikoübernahme: Seltene Ereignisse mit gerin-


ger Schadenshöhe wie beispielsweise Hagelschlag
Das betriebliche Risikomanagement zielt regelmäßig in Laubholzkulturen sind regelmäßig durch den
auf eine Minderung, nicht aber vollständige Beseiti- Forstbetrieb zu ertragen.
gung der unternehmerischen Gesamtrisiken ab und
die verbleibenden Risiken sollen tolerierbar sein. Das • Risikoübertragung: Gegen Ereignisse mit geringer
kann vorrangig sowohl durch die Minderung der Ein- Eintrittswahrscheinlichkeit aber großer erwarte-
trittswahrscheinlichkeiten, als auch die Minderung ter Schadenshöhe sollte man sich gegebenenfalls
des Schadensausmaßes geschehen. In diesem Zusam- versichern, beispielsweise durch Abschluss eine
menhang kann man verschiedene Grundsatz-Stra- „Waldbrandversicherung“, da durch Waldbrand
tegien der Risikosteuerung oder Risikohandhabung der Forst­betrieb existentiell gefährdet werden
unterscheiden (Roeder 1991, Holthausen et al. 2004). kann (Sauter et al. 2016).
Sie sind in Abbildung 28 bestimmten Risikokonstella­
tionen zugeordnet. Sie seien hier anhand forstspezifi- • Risikomeidung: Ereignisse mit großer Scha-
scher Beispiele kurz erläutert: denshöhe und hohen Eintrittswahrscheinlich-
keiten sollten systematisch gemieden werden.

88
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

Beispielsweise sollte man die Fichte nicht auf stau- ­ isikominderung oder ­-begrenzung (Dobor et al. 2020,
R
nassen oder sommertrockenen Standorten an- Honkaniemi et al. 2020).
bauen. Hohe Schäden sind nach Baumgarten et al. Die Herstellung und Erhaltung von Baumarten­
(2005) dort unausweichlich, da die Bestände vor- mischungen erfordert jedoch sowohl in der Phase
zeitig ausfallen. der Bestandesbegründung, wenn nicht auf geeig-
nete, vielfältig gemischte Naturverjüngung zurückge-
• Risikominderung / Risikobegrenzung: Regel- griffen werden kann, als auch in der nachfolgenden
mäßig auftretende betrieblich relevante Risi- Phase der Bestandespflege regelmäßig einen erhöh-
ken wie Schäden an verschiedenen Baumarten, ten Einsatz im waldbaulichen Management (siehe
Marktrisiken etc. lassen sich durch Diversifika-
­ Kap. 3.1.1.1). Aber auch die technischen Verfahren der
tion mindern, ­beispielsweise durch die Mischung Pflege- und Holzerntemaßnahmen in Mischbeständen
von verschiedenen Baumarten (Paul et al. 2019) und die Vermarktung von Holzsortimenten aus Misch-
oder durch ­vorsorgende waldbauliche und Wald- beständen wie Sortimente verschiedener Baumarten,
schutzmaßnahmen. So kann das altersabhängige Qualitäten und Dimensionen, erfordern vermehrte
Sturmwurf­ risiko durch Durchforstungen oder Anstrengungen sowohl bei der Planung als auch im
eine Verkürzung der Produktionszeiten bis zum Betriebsvollzug (Puettmann et al. 2015).
Erreichen der Zielstärke reduziert werden (Mül- Inspiriert durch das Sendai-Rahmenwerk der Ver-
ler et al. 2019, Halbritter et al. 2020), oder die Be- einten Nationen für Katastrophenvorsorge (United Na-
fallsdichte und P ­arasitierung von bedeutsamen tions 2015) richtet sich im betrieblichen Risikoma-
­Schadorganismen an Kiefern durch Winterboden- nagement der Fokus vermehrt auf die Prävention von
suchen, der soge­nannten „Puppensuche“, frühzei- Störungen bzw. Minderung von Störungseffekten, eine
tig erkannt ­werden (­Ziesche 2015). verbesserte Vorbereitung für die Bewältigung künfti-
ger Störungen sowie die Orientierung auf verbesserte
Über allen Maßnahmen zur Risikosteuerung schwebt Resilienz der Wälder in der S ­törungs-Intervention
allerdings das Postulat ökonomischer Rationalität, das und der Instandsetzungsphase nach Störungen (siehe
heißt die Wahl einer bestimmten Maßnahme wird ei- Abb.29).
nerseits von der Bedeutung des einzelnen Risikos für
den Erfolg beziehungsweise die Existenz des Unter-
nehmens abhängen und andererseits vom Kosten-
Nutzen-Verhältnis der gewählten Maßnahme (Thom-
men und Achleitner 2009).

Neuer Risikofaktor Klimawandel mit erhöhtem


Reaktion
Störungsrisiko
Vorsorge

4
Aufgrund der Unsicherheit von Klimaprojektionen Phasen
und den damit verbundenen potenziellen Auswirkun-
gen auf Wachstum, Produktivität und Stabilität unter-
schiedlicher Baumarten sind nach derzeitigem Wis-
sensstand die Förderung von Baumartenmischungen
und die Kombination unterschiedlicher Bestandes-
typen auf Forstbetriebsebene zentrale Komponen- Abb. 29:  Der 4-phasige Krisen-Management-Zyklus (Friederich und
ten betrieblichen Risikomanagements (Lindner et al. Westhauser 2019, modifiziert) kann auf das Störungsmanagement im
2014, Paul et al. 2019, Knoke et al. 2020). Die aktuelle Wald bezogen werden. In der Vergangenheit lag der Fokus überwiegend
Borkenkäfer-Problematik mit großflächigen Schä- auf der Reaktion auf Störungen und weniger auf der Vorsorge. Die durch
den Klimawandel bedingte Zunahme von Störungen erfordert ver-
den in Fichten-Reinbeständen unterstreicht die Vul-
mehrte Anstrengungen in Prävention und Vorbereitung um für künftige
nerabilität von einseitig ausgerichteten Forstbetrie-
Störungen besser gewappnet zu sein.
ben (Kölling et al. 2009). Strukturvielfalt im Betrieb
erhöht generell die Resistenz und Resilienz gegen-
über Störungen und vermag negative Auswirkun-
gen der Klimaänderung abzupuffern, solange diese Prävention
baumartenspezifisch unterschiedlich stark ausge-
prägt sind. Die Kombination unterschiedlicher Baum- Zentrale Bedeutung zur Risikominderung kommt dem
arten in Mischung sowie von Baumartenmischungen Bereich des Waldschutzes zu, da sich im Klimawandel
auf Landschaftsebene im Betrieb fungiert somit als sowohl die biotischen Risiken durch I­nsekten, Pilze

89
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

etc., als auch die abiotischen Risiken durch Sturm, mit Einzel- und Gruppenhieben auf großer Fläche
Sommertrocknis etc., in einer sich verstärkenden verliert dieser Aspekt tendenziell an Bedeutung. An-
Kombinationswirkung erhöhen werden (siehe Kap. dererseits haben gehäuft auftretende Sturmschäden
3.1.1.1 und 3.1.1.2). Präventionsmaßnahmen können und die aktuellen Borkenkäferkalamitäten vielerorts
beispielsweise darauf abzielen, Bestände durch ge- Lücken in die Waldbestände gerissen, die kurz- und
eignete waldbauliche Behandlung stabiler gegenüber mittelfristig die Angriffsflächen für neue Sturmschä-
Schneebruch und Sturmschäden zu machen. Die Wahl den drastisch erhöhen.
standortgerechter und für die zu erwartenden Klima- Aufgrund der großen Zahl von Akteuren die im
verhältnisse angepassten Baumarten und die Über- Störungsfall in unterschiedlichen Aspekten des Risi-
führung von Reinbeständen in Mischbestände sind komanagements involviert werden müssen, ist eine
weitere Maßnahmen um das künftige Störungsrisiko frühzeitige und umfassende Kommunikation von gro-
zu begrenzen (siehe Kap. 3.1.1.1). ßer Bedeutung, auch mit der Öffentlichkeit, um Ver-
ständnis und Unterstützung für geplante Interventi-
Vorbereitung ons- und Präventionsmaßnahmen zu bekommen. Ein
Beispiel dafür ist, wenn der Zutritt zu Waldgebieten
Um die Auswirkungen von Störungen zu begrenzen, eingeschränkt werden muss aufgrund zu hoher Ge-
kann vorausschauende Vorbereitung dazu beitragen, fahr durch ungesicherte geschädigte Bäume entlang
dass im Störungsfall besser mit diesen umgegangen von Wegen.
werden kann. Beispielsweise ermöglicht eine automa- Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass der
tisierte Waldbrandüberwachung eine schnelle Akti- neue Risikofaktor Klimawandel nicht zuletzt auf-
vierung und zielgenaue Leitung der Einsatzkräfte zur grund unterschiedlicher Risikowahrnehmung und
Brandbekämpfung (siehe Kap. 3.1.1.2). Die vorsorgli- Einstellung gegenüber dem Risiko, also der indivi-
che Entwicklung und Umsetzung von – auch betriebs- duellen Risiko­ präferenz (Dominguez und Shannon
übergreifenden – Lagerungskonzepten für weiter­hin 2011, Eriksson et al. 2019) und individueller betrieb-
zu erwartendes, unplanmäßig und in großen Men- licher Ziele zu sehr unterschiedlichen Konzepten der
gen anfallendes Kalamitätsholz gewinnt an Bedeu- alternativen Betriebsplanung mit unterschiedlichem
tung. So kann die Ausweisung und Vorbereitung von ­Risikoverhalten führen werden (Kolström et al. 2011,
möglichen Nasslagerplätzen zur raschen Einlage- ­Allgaier Leuch et al. 2017, Jandl et al. 2019):
rung und Beregnung von Kalamitätsholz beitragen
und negative ökonomische Effekte von großflächigen 1.) Risikominimierung durch Präferenz von Baumar-
­Störungen abmildern. ten und Bestandestypen mit hoher Resilienz, bei
verringerter Produktivität
Intervention und Instandsetzung mit Fokus auf
Erhöhung der Resilienz 2.) Wahl von produktiven Beständen mit Inkaufneh-
men eines erhöhten Risikos inklusive Anbau von
Frühe und effektive Intervention kann häufig Folge- fremdländischen Baumarten
schäden begrenzen, andererseits werden auch Wei-
chen gestellt, wie resilient sich die Folgebestände ent- 3.) Kombination von riskanten high return – high risk
wickeln. Beispielsweise kann die Übernahme von Strategien und resilienten low return – low risk
Altholzresten und überlebenden Einzelbäumen für Strategien.
Strukturvielfalt sorgen und in der Landschaft ver-
teilte Pioniergehölze können im Falle künftiger Stö- 4.) Rückzug aus dem operativen waldbaulichen Ma-
rungen eine schnellere Wiederbewaldung ermögli- nagement.
chen (Hlasny et al. 2021).
Auch durch die räumliche Betriebsstruktur mit Eine solche erwartete Vielfalt der forstbetrieb-
unterschiedlichen Bestandestypen und Altersklassen lichen Konzepte im Umgang mit dem Klimawandel
kann das Störungsrisiko, beispielsweise durch Sturm- wird hier allerdings nicht kritisch gesehen, sondern
schäden, gemindert werden. Benachbarte Bestände vielmehr als Ausdruck eines dynamischen, räumlich
sollten zur Minimierung von Windschäden entlang und zeitlich differenzierten Adaptationsprozesses
der Hauptwindrichtung von West/Südwest nach Ost/ und Wettbewerbs um die besseren Konzepte interpre-
Nordost keine abrupten Höhenunterschiede aufwei- tiert, mit positiver Wirkung durch Diversifikation. Das
sen (Gardiner 2021). Die Schlagabfolge im Altersklas- gilt aber nur dann, wenn die Erbringung der für die
senwald ist traditionell deshalb von Ost nach West fort- Gesellschaft wichtigen Ökosystemleistungen dadurch
schreitend geplant worden. Durch die zunehmende keinen Schaden nimmt.
Entwicklung von ungleichalten Bestandesstrukturen Wichtig erscheint zudem, dass Erfahrungen aus der

90
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

Katastrophenbewältigung besser dokumentiert wer- keiten zum Schutz von Waldböden und Wasserhaus-
den sollten. Bislang geht viel Erfahrungswissen nach halt in Wäldern, die hier stichpunktartig zusammen-
jeder bewältigten Katastrophe verloren. Gute Vorsätze geführt werden:
geraten schnell in Vergessenheit und münden nicht in
konsequentes Handeln. Es sollte daher zum Standard • Bei der Baumartenwahl muss der langfristige Ein-
werden, Erfolge und Defizite aus dem Risikomanage- fluss auf die Böden hinsichtlich Nährstoffver­
ment in Handlungsleitfäden zu überführen um die fügbarkeit, Porenvolumen und Humusgehalt ent-
künftige Störungsbewältigung effizienter zu machen. sprechend berücksichtigt werden. Um das Risiko
negativer Auswirkungen von Baumarten mit un-
3.1.1.4 Bodenschutz und Wasserhaushalt bekannten Einflüssen auf Böden und Wasser zu
minimieren, sollte deren Anteil am Bestand ent-
Boden und Wasser gehören zu den grundlegenden Vo- sprechend gering bleiben.
raussetzungen für das Wachstum und den Bestand der
Wälder. Gleichzeitig sind diese Kompartimente inhä- • Der Einfluss spezieller Ökosystemkompartimente
renter Bestandteil von Waldökosystemen und werden für die Kohlenstoffspeicherung, die Grundwasser-
von der Vegetation und spezielle von der Baumarten- neubildung oder den Wasserrückhalt im Bestand
zusammensetzung und der Waldstruktur maßgeblich sollte standortsbezogen bewertet und diese Be-
beeinflusst. Der Klimawandel wirkt sich direkt, aber wertung bei der forstlichen Planung berücksich-
auch indirekt auf die Eigenschaften und Entwicklung tigt werden. Zu solchen Kompartimenten gehören
von Böden und Gewässern über die Einflussnahme neben dem aufstockenden Bestand die Kraut-
auf die Vegetation aus. schicht, die Humusauflage, liegendes Totholz sowie
Steigende Temperaturen und veränderte Nieder- Bestandeslücken. Bei einer großen Bedeutung die-
schlagsmuster beeinflussen das Bodenleben negativ ser Kompartimente für Kohlenstoff- und Wasser-
und beeinträchtigen die Ökosystemleistung, Boden- speicherung sowie Grundwasserneubildung soll-
und Gewässerschutz sowie die regulierende Wirkung ten diese besonders geschützt werden.
der Wälder auf den Gebietswasserhaushalt. Ebenso
beeinflusst die Art der Bewirtschaftung die Waldbö- • Der Einfluss von Entwässerungsmaßnahmen auf
den sowie den Wasserhaushalt der Wälder. Aus Grün- den Wasserhaushalt von Standorten, auf Wasser-
den des Boden- und Gewässerschutzes, aber auch um einzugsgebiete und die Einspeisung in Vorflutsys-
Waldökosysteme selbst nachhaltig zu schützen, ist teme sollte stärker berücksichtigt werden.
daher bei der Anpassung von Wäldern und der Wald-
bewirtschaftung an den Klimawandel der Schutz von • Nach Störungen wie Windwurf, Trockenschäden,
Boden und Wasser von entscheidender Bedeutung. Massenvermehrungen von Schadinsekten oder
Die Vegetation des Waldes ist durch die Regula- Feuer sollte umgehend für die Wiederherstellung
tion des Waldinnenklimas in der Lage, negative Aus- einer geschlossenen Vegetationsdecke gesorgt wer-
wirkungen des Klimawandels auf essentielle Prozesse den. Bereits bei der Waldbehandlung von Flächen
im Boden zu mildern. Entscheidend ist dabei, eine ge- ohne Störung, wie beispielsweise Durchforstun-
schlossene Vegetationsdecke kontinuierlich aufrecht gen, sollte darauf geachtet werden, dass das Risiko
zu erhalten. Vor dem Hintergrund der starken Beein- für Boden und Wasser im Störungsfall minimiert
flussung von Vegetation, Boden und standörtlichem wird.
Klima durch den Menschen betont der Arbeitskreis
Standortskartierung (2016), dass angesichts von Kli- • Bei Flächenräumung nach Störungsereignissen ist
mawandel, Stoffeinträgen und Nutzungsintensivie- Bodenschutz von besonders großer Bedeutung. So-
rung der Mensch als Standortfaktor für die forstliche weit möglich sollte die Befahrung des Bodens auch
Planung immer wichtiger wird, ebenso wie der immer in diesem Fall auf dem ausgewiesenen Rücke­
notwendiger werdende Boden- und Gewässerschutz. gassensystem erfolgen.
Ziel dieser Anpassung muss es sein, die hohe Koh-
lenstoffspeicherung der Waldböden zu erhalten oder • Bodenrisiken wie eine negative Nährstoffbilanz,
sogar zu erhöhen bei gleichzeitigem Erhalt funkti- Bodenverdichtung, Erosion oder Humuszehrung
onierender Nährstoff- und Wasserkreisläufe, sowie und negative Einflüsse auf den Wasserhaushalt
dem Erhalt der Lebensraumfunktion der Waldböden wie Benetzungshemmung der Waldböden bei Aus-
für Pflanzen und Bodentiere. Ebenso sollte die Entste- trocknung, Erhöhung des Oberflächenabflusses,
hung und Entwicklung von Böden nicht beeinträchtigt Verminderung der Infiltrationskapazität und der
werden. Speicherung pflanzenverfügbaren Wassers, sollten
Es bieten sich für die Forstbetriebe viele Möglich-

91
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

bei der forstlichen Planung permanent berücksich- Arbeits­bedingungen und b) den geänderten ökosyste-
tigt werden. maren Bedingungen zu differenzieren, die dann mit-
telbar zu einer Veränderung der Arbeitsbedingungen
• Regelmäßige Durchforstung sorgt für eine Reduk- bei der Waldarbeit führen.
tion des Wasserverbrauchs bei gleichzeitiger Ver-
meidung von zu starken Auflichtungen, um eine Waldarbeit unter geänderten klimatischen
Erhöhung der Transpiration und Störung des Bedingungen
Waldinnenklimas zu vermeiden. Verjüngung und
Voranbauten unter Schirm tragen gleichzeitig zur Die im Wald arbeitenden Menschen üben ihre Tätig-
Reduktion der Gefahr von Benetzungshemmung keit fast immer unter freiem Himmel aus. Das heißt,
und Wasserverlusten sowie zum Erhalt des Boden- sie sind bei allen Tätigkeiten – Bestandesbegrün-
zustandes auch bei möglichen Störungen bei. dung, Bestandespflege, Holzernte, Wegebau, Arbeiten
für Naturschutz oder Erholungsleistungen des Wal-
des etc. – jeden Tag der Witterung weitgehend unge-
3.1.1.5 Anpassung von Holzernte und schützt ausgesetzt. Deshalb bedeutet die Zunahme
Waldarbeit von ­Witterungsextremen eine äußerst relevante Ver-
änderung der Arbeitsbedingungen in der Waldar-
Das Arbeiten im Wald gehört in Deutschland zu den beit. Es sind im Wesentlichen extreme Hitzeperioden
gefährlichsten beruflichen Tätigkeiten. Charakteris- sowie Starkniederschläge und Stürme, die die Arbeits-
tisch für die Waldarbeit sind ungünstige Arbeitsbe- bedingungen erschweren und eine hohe Flexibilität
dingungen im Freien, eine hohe körperliche Belastung erfordern, um die Arbeitsabläufe fortlaufend orga-
mit der Folge, dass der Anteil an Berufserkrankun- nisatorisch anzupassen. Bei den sommerlichen Hit-
gen sehr hoch ist. Außerdem besteht für die im Wald zeperioden mit Mittagstemperaturen von weit über
­arbeitenden Menschen ein besonders hohes Unfallri- 30 °C sind die Arbeitenden gezwungen, ihre Tätigkei-
siko, bedingt durch die so genannten waldtypischen ten am frühen Vormittag bzw. späten Nachmittag zu
Gefahren, durch die Witterung sowie die Geräte und verrichten.
Maschinen, die zum Einsatz kommen. Nur im Bauwe- Die immer häufiger auftretenden Starkregen­
sen verunfallen heute noch mehr Beschäftigte als in ereignisse haben zur Folge, dass die Arbeiten unter-
der Forstwirtschaft (SVLFG 2020). brochen und erst nach Wasserabfluss und Abtrocknen
Zwar ist es durch eine stärkere Technisierung mit- des Oberbodens wiederaufgenommen werden kön-
tels Einsatz von Forstmaschinen in der Holzernte, die nen. Ebenso bei Sturmereignissen, durch die außer-
sich im Wesentlichen in Folge von Sturmereignissen dem die Kronen der Bäume derart geschädigt werden,
durchgesetzt hat, in den zurückliegenden Jahrzehnten dass bei der Holzernte vermehrt Äste herabfallen,
gelungen, die Unfallzahlen deutlich zu senken, den- die eine tödliche Gefahr für die im Wald Arbeitenden
noch bleibt die Waldarbeit bis heute eine sehr gefah- darstellen.
ren- und unfallträchtige Tätigkeit. Wegen der ungüns- Eine weitere Ausprägung des Klimawandels ist die
tigen Arbeitsbedingungen und der insgesamt recht Häufung von Sturmereignissen in Orkanstärke, wie
geringen Wertschöpfung im Bereich der Rohholzpro- sie seit einigen Jahrzehnten zu beobachten ist. Orkane
duktion erfolgt aktuell in Deutschland ein nennens- haben in den betroffenen Regionen immer wieder zu
werter Anteil der Arbeitserledigung durch ausländi- einem hohen Anfall an Schadholz geführt. Diese vom
sche insbesondere osteuropäische Arbeitskräfte, die Sturm geschädigten, oftmals flächig zerstörten Wälder
aus ihrem Heimatland Nachweise über ihre berufli- aufzuarbeiten, setzt qualifizierte Personen und geeig-
che Qualifikation vorweisen - in der Regel handelte nete Maschinen voraus, denn das Arbeiten auf diesen
es sich dabei um das Europäische Motorsägenzerti- Flächen ist extrem gefährlich (Danguy et al. 2002). In
fikat EFESC, das bis 2021 bereits von mehr als 11400 der Vergangenheit passierten bei der Aufarbeitung
Waldarbeitenden erworben wurde (EFESC 2021). Die von rund 1 Mio Fm Schadholz im Durchschnitt ein töd-
meisten Arbeiten im Wald vor allem im Bereich der licher Arbeitsunfall (Gabriel 2018).
Holzernte werden heute durch Forstunternehmen Die einzige Möglichkeit, diese Unfallhäufigkeit zu
durchgeführt, die Anzahl an im Waldarbeitenden, die senken, besteht in einer vollmechanisierten Aufarbei­
bei den Forstbetrieben beschäftigt sind, ist seit Jahr- tung des Schadholzes. Dabei sind die Maschinenfüh-
zehnten rückläufig (BMEL 2021). renden vor die Herausforderung gestellt, dass auch
Für die Darstellung der vielfältigen Folgen klima­ in diesen Sondersituationen die dauerhaft angeleg-
tischer Änderungen für die im Wald arbeitenden ten Befahrungslinien nicht verlassen werden dür-
Menschen ist es zweckmäßig, zwischen a) den un- fen. Diese Linien sind nach Sturmereignissen im Ge-
mittelbar infolge des Klimawandels geänderten lände kaum mehr zu erkennen, und es bedarf einer

92
3.1 Nachhaltige Waldwirtschaft und Forstbetriebe 

GPS-­Unterstützung, um die Befahrungslinien aufzu- Waldarbeit in durch Klimawandel veränderten


finden und einzuhalten. Hierzu gibt es bereits erste Wäldern und beeinträchtigten Infrastrukturen
Praxiserfahrungen.
Aufgrund der Sturmereignisse aus den letzten Jahr- Der klimabedingt erforderliche Wechsel in der Baum-
zehnten mit den Orkanen Vivian und Wiebke, ­Lother, artenzusammensetzung hin zu Mischbeständen mit
Kyrill etc. liegen in vielen Regionen in den Forstbe- hohem Laubholzanteil macht eine Anpassung der
trieben Erfahrungen zur Aufarbeitung von Sturmholz eingesetzten Technik sowie der Holzernteverfah-
vor, die für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ren ­erforderlich. So führt eine geänderte Baumarten-
systematisch dokumentiert wurden (Odenthal-Ka- zusammensetzung zu einer stärkeren Diversifizie-
habka 2008). Dennoch können sich Forstbetriebe auf rung des Hiebsanfalls, also einer höheren Vielfalt an
diese Ausnahmesituationen, die in Folge von Katast- Holzarten und Sortimenten, was zur Folge hat, dass
rophenereignissen in der Waldarbeit entstehen, nicht die ­Effizienz bei der Bestandespflege und Holzernte
kontinuierlich vorbereiten. Es sind bei hohen, kon- durch eine abnehmende Leistung und zunehmenden
zentriert anfallenden Hiebsmengen Lagerkapazitä- Kosten sinkt.
ten und eine umfassende Planung und Koordination Die Wälder, die aufgrund von klimatischen Extre-
der gesamten Logistikkette erforderlich, die zahlrei- men bzw. Insektenkalamitäten geschädigt sind, stel-
che Dienstleistungsunternehmen und Transporteure len zum Beispiel durch absterbende oder vom Sturm
einbezieht, damit die Holzabfuhr aus dem Wald mög- geschädigte Kronen oder durch geschädigte Wurzel-
lichst zügig und reibungslos erfolgen kann. Für die systeme für die im Wald arbeitenden Menschen eine
im Wald oder am Waldrand verbleibenden Holzpol- besondere Gefährdung dar. So hat sich in Eschenbe-
ter kann entweder eine Beregnung, ein mechanischer ständen, die vom so genannten Eschentriebsterben
Schutz wie eine Verpackung in Folie (Odenthal-Ka- betroffen waren, gezeigt, dass die bisherige okulare
habka 2005) oder im Einzelfall auch ein chemischer Erfassung der Gefährdungen nicht mehr zu verläss-
Polterschutz mit Spritzung erforderlich sein. lichen Ergebnissen führt (Landesforst Mecklenburg-
Die insgesamt ansteigenden Temperaturen stel- Vorpommern 2014).
len die Forstbetriebe vor weitere organisatorische Neben der Holzernte ist es vor allem die Bestan-
Herausforderungen im Hinblick auf die bisher sai- desbegründung, die unter dem Einfluss des Klima-
sonal ausgerichtete Waldarbeit. Denn lange winterli- wandels anzupassen ist. Zum einen sind die Flächen,
che Frostperioden werden seltener. Dies waren aber die bepflanzt werden müssen, wesentlich grösser als
die bevorzugten Zeiten für die Holzernte, da gefro- in den letzten Jahrzehnten, so dass nicht nur die Be-
rene Böden weniger verdichtungsanfällig sind. Bei schaffung des Pflanzmaterials ein begrenzender Fak-
ausbleibenden Frostperioden birgt der Einsatz von tor sein kann, sondern es fehlt auch häufig an Personal
Forstmaschinen ein hohes Risiko von bleibenden Bo- und Technik. Bisher wurden die Pflanzungen vielfach
denschäden, und die Einsätze müssen immer wieder im beginnenden Frühjahr durchgeführt, doch könnte
unterbrochen werden. auch hier ein Umdenken aufgrund der klimatischen
Eine Möglichkeit, dieses Risiko zu begrenzen, Veränderungen erforderlich werden, denn die Kultu-
ist der verstärkte Einsatz von bodenungebundenen ren sind durch die Frühjahrstrocknis stark gefährdet.
Holzernte­verfahren. So zeigen Untersuchungen von Stattdessen könnten Pflanzungen im Herbst vorge-
Schweier et al. (2020), dass Seilkran-Holzernteverfah- nommen werden, so dass die Anwuchsprozente auf-
ren auch in der Ebene zur Anwendung kommen kön- grund der Niederschläge im Herbst und Winter höher
nen, ohne dass die Kosten deutlich steigen – vorausge- liegen könnten.
setzt es erfolgt eine Vollkostenrechnung. Eine weitere Darüber hinaus ist die Infrastruktur in den Wäl-
Möglichkeit zur Reduzierung des Risikos von Boden- dern wie Wege, Lagerplätze, Rückegassen den geän-
schäden durch Befahrung kann eine Verlagerung der derten klimatischen Verhältnissen, hier einer Zunah-
Holzernte, die auch heute noch in Deutschland vor ­me von Starkregenereignissen, anzupassen, um die
allem bei der Laubbaumernte üblicherweise in den Wiederherstellungskosten zu begrenzen und eine
Wintermonaten konzentriert erfolgt, in die immer möglichst ganzjährige Nutzung sicherzustellen.
häufigeren Trockenperioden in der Vegetationszeit
mit sich bringen. Die im Sommer stark ausgetrock­ 3.1.2 Wechselbeziehungen und
neten Böden weisen eine hohe technische Befahr- Anpassungshemmnisse
barkeit auf. Doch würde die Ernte von Laubbäumen
im Sommer in Deutschland einen Paradigmenwech- Forstwirtschaft wird durch eine extreme lange Pro-
sel in der Bewirtschaftung der Wälder bedeuten und duktionsdauer geprägt, die unter mitteleuropäischen
eine vorherige Abwägung anderer Belange wie Natur- Verhältnissen zwischen 60 und 200 Jahren schwankt
schutz, Tourismus etc. zwingend erforderlich machen. (Speidel 1984). Aus dieser Langfristigkeit ergeben sich

93
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

bei der Planung, Führung und Kontrolle von Forst- „evidenzbasierten“ Ansätzen beruht, kann sich daher
betrieben Besonderheiten und Herausforderungen, nicht schnell genug entwickeln, um effektive zukünf-
wie sie in keinem anderen Wirtschaftszweig vorlie- tige Bewirtschaftungsoptionen zu bieten.
gen. Die extreme Langfristigkeit führt auch zu einer Der Klimawandel und die damit im Zusammen-
Entkoppelung zwischen waldbaulichen Maßnahmen hang stehenden fundamentalen Veränderungen und
wie beispielsweise der Bestandesbegründung und Unsicherheiten für die Produktivität und Stabilität
den aktuellen Markterfordernissen wie zum Beispiel von Wäldern stellen die „bewährten“ Konzepte „nach-
an die Holzsortimente. Eventuelle Umstellungen der haltiger forstlicher Betriebsführung“ grundsätzlich in
Produktion, die in anderen Wirtschaftszweigen im Frage. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Forst-
Laufe eines Jahres oder weniger Jahre vollzogen wer- betriebe in Deutschland bereits durch die Extrem-
den können, dauern in Forstbetrieben zwangsläufig wetterereignisse der Jahre 2018 – 2020 zum Teil sehr
Jahrzehnte. hohe Substanzverluste insbesondere durch Wind-
Für die forstliche Produktion ist es auch typisch, wurf und Borkenkäferbefall in Fichtenbeständen er-
dass sie, anders als beispielsweise in der Landwirt- fahren haben (Möhring et al. 2021), die ihre Liquidität
schaft, keine explizite Produktreife aufweist (Kroth für die nächsten Jahrzehnte und damit deren ökono-
1968). Vielmehr sind Art, Zeitpunkt und Intensität der mische Basis zur Anpassung an den Klimawandel ex-
forstlichen Eingriffe sehr variabel gestaltbar, w
­ odurch trem schwächten.
gleichzeitig über eine Vielzahl betrieblich relevanter Darüber hinaus sind die zur Erhöhung der Resis-
Parameter bestimmt wird, wie die Dimension und die tenz, Resilienz und Anpassungsfähigkeit im Klima-
Menge der Holzprodukte, die Höhe und Struktur des wandel empfohlenen waldbaulichen Konzepte in der
Holzvorrates, den Holzzuwachs, die Intensität der Be- Regel mit einer erhöhten waldbaulichen und betrieb-
standesbegründung und -pflege, die Art und Stärke lichen Intensität verbunden beispielsweise durch
des Risikos, Arbeitsintensität, Kapitalbindung etc. Pflanzungen von örtlich bisher nicht vorkommenden
Gleichzeitig wird dadurch über das Ausmaß und Provenienzen/Baumarten/Mischungen, durch kom-
die Zusammensetzung weiterer gesellschaftlich rele- plexe Pflegekonzepte, durch vermehrten Waldschutz
vanter Ökosystemleistungen der Wälder ­entschieden, etc. Vielfach fehlen für die favorisierten Baumarten
beispielsweise über Biodiversität, CO2-Bindung in noch Perspektiven für eine hochwertige stoffliche
Waldbeständen / Holzprodukten / Substitution, Was- Holzverwendung. Insofern erfordern die empfoh­
serspende, Erholungseignung, gesellschaftliche Wert- lenen Anpassungsmaßnahmen meist einen höheren
schöpfung und Arbeitsplätze. So verwundert es nicht, Einsatz finanzieller Mittel, denen in Zukunft – im Ver-
dass über die Art und Intensität der forstlichen Nut- gleich zum Status Quo – insbesondere aufgrund we­
zungen in Deutschland kein gesellschaftlicher Kon- niger produktiver Waldbestockungen und erhöhter
sens besteht, sondern dass hier sehr unterschiedliche, Risikokosten Mindererträge.
zum Teil konträre Vorstellungen existieren. Nachhaltige Waldbewirtschaftung als Generatio-
Wichtig ist auch, dass die von der Forstwirtschaft nenvertrag ist nicht mehr selbstverständlich, wenn
in Mitteleuropa in den letzten 300 Jahren entwickelten die ökonomische Basis der Forstbetriebe wegbricht.
Nachhaltigkeitskonzepte und Instrumente zur Mes- Die forstökonomischen Zwänge des Klimawandels
sung und Steuerung der forstlichen Nachhaltigkeit werden die im kleinstrukturierten Privat- und Kör-
(Speidel 1984), bei denen in der Regel verschieden alte perschaftswald ohnehin schon bestehenden betrieb-
Waldbestände als Repräsentanten der zeitlichen Ent- lichen/organisatorischen Probleme noch verschärfen
wicklung angesehen werden, von der Annahme der und damit in diesem Bereich die gesellschaftlich er-
Stationarität der Umweltbedingungen geprägt sind. wünschte Anpassung der Wälder an den Klimawan-
del erschweren.
Konflikte und Anpassungshemmnisse Auch wenn nachhaltige Waldwirtschaft als die na-
turnächste Form der Landnutzung gilt und naturnahe
Ein wichtiges Anpassungshemmnis ist fehlendes Er- Waldbewirtschaftungskonzepte in Deutschland sehr
fahrungswissen. Traditionelle Konzepte zum Schutz verbreitet sind, so besteht zwischen einer auf markt-
und zur Bewirtschaftung der Wälder sind tief veran- wirtschaftlichen Prinzipien aufbauenden, auch mo-
kert. Die praktische Veranschaulichung anhand von derne Technik einsetzenden Waldbewirtschaftung
Waldbildern funktioniert nur noch begrenzt bei sich und dem Naturschutz ein systemimmanentes Span-
schnell ändernden klimatischen und standörtlichen nungsverhältnis, denn Schutz und Nutzung natürli-
Rahmenbedingungen. Leitbilder wie „Deutschland als cher Ressourcen konkurrieren miteinander.
Buchenland“ können nicht schnell ersetzt werden und
es stellt sich die Frage, was kommt danach? Ein em-
pirisch basiertes Management, das auf traditionellen

94
3.2 Holzverarbeitende Industrie und Bioökonomie 

Synergien zur Wärmeerzeugung verwendet (siehe Kap. 1.2.2.1).


Aufgrund der vielseitigen Verwendungsmöglichkei-
Es gibt aber auch grundsätzliche Synergien in diesem ten und des Verbots der Deponierung von organi-
Bereich. So dient beispielsweise die Förderung der schen Reststoffen wird der Rohstoff Holz vollstän-
Stabilität und Angepasstheit der Wälder an den Klima- dig genutzt. Primäres Ziel in der Nutzungskaskade ist
wandel nicht nur den Forstbetrieben, sondern insbe- aber die langfristige, stoffliche Verwendung von Holz
sondere auch der Allgemeinheit, indem sie den Erhalt zum Beispiel zum Bauen und Wohnen und die damit
der Waldökosysteme sichert und auch die Bereitstel- einhergehende CO2-Speicherung, mit anschließendem
lung gesellschaftlich wichtiger Ökosystemleistungen. Recycling von Holzrohstoffen in einer möglichst lan-
Mit Blick die Synergien im Klimawandel kommt gen Nutzungskaskade vor einer finalen thermischen
dem Aspekt „climate mitigation“ besonders große Be- Nutzung zur Substitution fossiler Energieträger. Bei
deutung zu, denn von wüchsigen, vitalen und nach- der Gewinnung von Schnittholz fallen weitere Stoff-
haltig genutzten Wäldern mit hohem CO2-Bindungs- ströme wie Schwarten, Spreißel und Sägemehl an, die
potential profitiert die Senkenleistung der Wälder, direkt an die Holzwerkstoff- oder Papierindustrie wei-
die Speicherleistung der Holzprodukte und die stoff- tergeleitet werden oder auch zur Herstellung von Pel-
liche und energetische Substitution. Insbesondere lets dienen.
langlebige Holzprodukte in mehrstufigen Nutzungs- Ein Ausbau der Bioökonomie wird zu einer wach-
kaskaden (an deren Ende erst die energetische Holz- senden Holzverwendung führen und erfordert einen
nutzung steht) sind hier besonders wirksam (siehe Ausbau der Rohstoffbasis Holz (BÖR 2016, Weber-
dazu detaillierte Ausführungen in Kap. 3.2). Mehrstu- Blaschke 2019). Es bestehen noch hohe Unsicherhei-
fige Nutzungskaskaden sind darüber hinaus förder- ten bezüglich der zukünftigen Nachfragestruktur und
lich beispielsweise für die regionale Wertschöpfung, der damit verbundenen Erwartungen an eine Ressour-
für Arbeitsplätze und die Umsetzung der gesellschaft- cenbereitstellung durch die Waldwirtschaft (Menge,
lich erwünschten Kreislaufwirtschaft. Sortimente, Arten). Effizienzsteigerungen in der Res-
Auch im Bereich moderner forstlicher Technolo- sourcennutzung sind nötig: sie können in den Verar-
gien (wie beispielsweise hochmechanisierter Holz- beitungsprozessen (bessere Sortierung, Einschnittop-
ernteverfahren) können sich Synergien ergeben, z. B. timierung („Holzindustrie 4.0“), durch Innovationen
indem sie die forstbetrieblichen Kosten senken, die in den Herstellungs- und Verwendungsverfahren,
Wirksamkeit der forstlichen Maßnahmen auf der Flä- und ein besseres, mit digitalen Methoden gekoppeltes
che erhöhen, die Arbeitssicherheit verbessern und Stoffstrommanagement inkl. der Kaskadennutzung
dem verbreiteten Mangel an Arbeitskräften entgegen- realisiert werden (Purkus et al. 2020). Dabei stellt die
wirken; bei geeigneten Technologien – wie beispiels- Sicherung der nachhaltigen Bereitstellung der forstli-
weise Reifendruckregelanlagen – können Technolo- chen Rohstoffe unter den Auswirkungen der Folgen
gien auch helfen, Ziele des Natur- und Bodenschutzes des Klimawandels eine große Herausforderung dar.
umzusetzen. In der europäisch angelegten Studie ClimWood2030
Gerade bei einer umfassenden Nachhaltigkeitsbe- wurden anhand fünf alternativer Szenarien die Aus-
wertung, die die langfristigen Stoffkreisläufe in den wirkungen unterschiedlicher Holznutzungspfade auf
Ökosystemen und den gesellschaftlichen Systemen die Treibhausgasemissionen entlang der gesamten
in den Blick nimmt, und die auch mögliche globale Forst- und Holzkette in der EU untersucht (Rüter et al.
Verlagerungseffekte (Dieter et al. 2020) mit in die Be- 2016). Dies beinhaltete sowohl deren Einfluss auf die
trachtung einbezieht, werden die Synergien einer auf biogenen Kohlenstoffspeicher im Wald und in Holz-
Klimaanpassung ausgerichteten nachhaltigen Wald- produkten als auch die durch stoffliche und energe-
bewirtschaftung und Holznutzung offenbar. tische Substitution alternativer Rohstoffe hervorgeru-
fenen Treibhausgasminderungspotenziale. Dabei war
es insbesondere wichtig, die Zusammenhänge der ver-
3.2 Holzverarbeitende Industrie und schiedenen und zum Teil gegenläufigen Effekte zu ver-
Bioökonomie stehen, die durch dezidierte politische Vorgaben ent-
stehen können. Im Ergebnis konnte aufgezeigt werden,
3.2.1 Erwartete Veränderungen, dass sich die Holznutzung positiv auf die Treibhaus-
mögliche Anpassungsziele und gasbilanz auswirkt. Die in den Szenarien getroffenen
Handlungsoptionen Annahmen, z. B. zum Zeithorizont, oder dem zukünfti-
gen Energieverbrauch sind dabei von entscheidender
Der Rohstoff Holz wird in Deutschland stofflich für Bedeutung für die berechneten Effekte.
die Säge-, Holz-, Holzwerkstoff- und Zellstoffindustrie, Die unterschiedlichen Aspekte der Holzindustrie,
chemischen Industrie sowie energetisch vorwiegend neuer Rohstoffquellen, deren Verarbeitungstechnolo-

95
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

gien sowie stofflichen Nutzung und wie diese sich ver- dung Deutschlands in den internationalen Handel
ändern, werden in den nachfolgenden Kapiteln näher sowie die im Kapitel 1.2.2.1 dargestellte flexible Reak-
beleuchtet. tion des Marktes auf unterschiedliche Angebotsmen-
gen in Deutschland grundsätzlich auch keine Unter-
3.2.1.1 Einfuhr von Holz und Produkten auf versorgung der Bevölkerung mit Produkten auf Basis
Basis Holz Holz erwarten; auch dann nicht, wenn zu späteren
Zeitpunkten Rohholz, insbesondere Nadelholz mittle-
Deutschland ist intensiv in den internationalen Han- rer Dimensionen aus einheimischen Wäldern, knapp
del mit Holz und Produkten auf Basis Holz eingebun- werden wird.
den. Seit mehr als 15 Jahren schon gehört Deutsch- Gleichwohl stellt sich die Frage, in welchem Um-
land zu den weltweit größten Exporteuren von Holz fang mittel- und langfristig fehlendes Nadelholz nach
und Produkten auf Basis Holz, aktuell zusammen mit Deutschland importiert werden kann, wenn auch in
den USA und China, vormals mit den USA und Ka- den europäischen Nachbarländern Trockenheit und
nada. Die Außenhandelsbilanz Deutschlands ist dabei Folgeschäden die nutzbaren Nadelholzressourcen
relativ ausgeglichen: Im Jahr 2018 standen in Men- drastisch reduzieren. Aufgrund der enormen Nadel-
gen einer Ausfuhr von 138,8 Mio. m³ Rohholzäqui- holzvorkommen in der borealen Zone der nördlichen
valente (r) eine Einfuhr von 140,2 Mio. m³ (r) gegen- Hemisphäre kann aber global mittelfristig nicht von
über, Deutschland war also mit 1 % des inländischen einer Nadelholzknappheit ausgegangen werden. Eher
Verbrauchs (127,4 Mio. m³ (r)) Nettoimporteur. Ausge- stellt sich die Frage, auf welcher Verarbeitungsstufe
drückt in Werten ist es umgekehrt: einer Ausfuhr von Holzprodukte unter diesen Umständen nach Deutsch-
37,9 Mrd. Euro stand 2018 eine Einfuhr von 31,4 Mrd. land kommen werden und welche Auswirkungen dies
Euro gegenüber. Deutschland ist also Nettoexporteur auf Einkommen und Beschäftigung im Cluster Forst
nach Werten (Thünen-Institut 2020c). und Holz haben wird.
Charakteristisch an der Struktur des deutschen
Außen­handels mit Holz und Produkten auf Basis Holz 3.2.1.2. Erschließung neuer Rohstoffquellen
ist, dass in nahezu allen Warengruppen in der glei-
chen Größenordnung in beide Richtungen gehan- Die bisherigen aus der Waldmodellierung vorliegen-
delt wird. Lediglich bei der Warengruppe Holzschliff, den Prognosen zur Rohholzverfügbarkeit in Deutsch-
Zellstoff und Altpapier liegt die Einfuhr bei mehr als land zeigen, dass der Nadelholzbedarf für die Deckung
dem Doppelten der Ausfuhr. Bei der Warengruppe Re- der benötigten Holzbausortimente (Nadelschnittholz)
generative Zellulose u. a. ist es umgekehrt; hier liegt bis 2050 noch ausreichend durch inländische Versor-
die Ausfuhr bei mehr als dem Doppelten der Einfuhr. gung gedeckt werden kann (WBW 2018). Dabei sind
Nach Menge überwiegt in beide Handelsrichtungen jedoch die Wirkungen der extremen Dürre- und Bor-
bei ­weitem der Handel mit Halbwaren, nach Wer- kenkäferschäden der letzten beiden Jahre nicht aus-
ten sind der Handel mit Halb- und mit Fertigwaren reichend mitberücksichtigt. Auch sind Abschätzungen
in etwa gleich auf. Der Handel mit Rohholz spielt nur des Rohholzbedarfs für Neubauten im Gebäudesektor
eine untergeordnete Rolle, wenngleich in der aktuel- immer von den Wohn- /Nutzbedarfsprognosen und
len Schadenssituation die Ausfuhren von Nadelroh- den Holzbauquoten abhängig; aktuelle Prognosen er-
holz deutlich angestiegen sind und zu einer spürbaren strecken sich bis zum Jahr 2030 (BBSR 2015).
Marktentlastung geführt haben. Haupthandelspart- Die Nadelholzversorgung wird sich demnach ver-
ner Deutschlands sind die anderen Mitgliedsstaa- ringern, der Kulminationspunkt der Nadelholzdomi-
ten der EU. In der Einfuhr entfallen knapp 80 % des nanz wird voraussichtlich früher erreicht und die Be-
Handels nach ­Werten auf sie, bei der Ausfuhr sind es deutung der Laubholzarten im Rohholzangebot aus
etwas ­weniger mit 70 %. den deutschen Wäldern wird zunehmen. Mittlerweile
Der Klimawandel kann zu stark veränderten Ange- bestehen 80 % der gesicherten Waldverjüngung aus
botsmengen an Rohholz in beide Richtungen führen: Laubbäumen. Es wird allerdings keine dominante
in Richtung Abfluss von Holz als auch Zufluss dessel- „Brotbaumart“ geben, weil die Eigenschaften und Ver-
ben. Die Umkehr der Handelsrichtung mit Rohholz als wendungspotenziale der Laubholzarten im Vergleich
Folge des Überangebotes an Schadholz (siehe Kapitel zum Nadelholz vielfältiger und heterogener sind (Kra-
1.2.2.1) lässt erwarten, dass die Ausfuhr von Rohholz ckler und Niemz 2011).
auch zukünftig einen Beitrag zur Entspannung der Viele bestandesbildende Laubbaumarten wachsen
Lage auf dem deutschen Rohholzmarkt leisten kann; langsamer und benötigen somit längere Produktions-
wenngleich aufgrund der hohen Transportkostenab- zeiten als die meisten Nadelbaumarten und gleichzei-
hängigkeit von Holz sicher nur einen begrenzten. tig weisen sie bezogen auf das Volumen einen deut-
In umgekehrter Richtung lassen die gute Einbin- lich geringeren Stammholzanteil an der geernteten

96
3.2 Holzverarbeitende Industrie und Bioökonomie 

Biomasse auf. Wird dieser Trend fortgeschrieben, Förderungen und begleitende Forschungen las-
führt dies zu einer mittelfristigen Abnahme des all- sen aber einen zukünftigen Ausbau erwarten. Land-
gemeinen Rundholzpotenzials, da je Zeiteinheit weni- schaftspflegeholz fällt regional an, wird ebenfalls vor-
ger Holzressourcen marktverfügbar gemacht werden wiegend thermisch genutzt oder kompostiert.
können. Abhilfe kann eine Anpassung der Baumarten- Das kurz- und mittelfristig höchste Potenzial zur
zusammensetzung hin zu produktiven Mischwäldern Generierung neuer Holzquellen wird der Altholz­
mit höherem Anteil von Nadelholzarten sein, die mi- nutzung, also dem Sekundärrohstoff aus der Abfall-
schungs- und klimatolerant sind und gute Holzeigen- entsorgung, beigemessen. Der Altholzmarkt wird von
schaften aufweisen. den Mengen gespeist, die aus dem Abfallstrom gene-
Ein theoretisches Potenzial zur Steigerung des riert werden, und wird von vielen Faktoren beein-
Rohholzaufkommens besteht vor allem im Kleinpri- flusst. So ist der Markt geprägt von konkurrierenden
vatwald, kann aber häufig nicht erschlossen werden. Marktteilnehmern, nicht vorhersehbaren Altholz-
Oft scheitern eine forstliche Bewirtschaftung und Nut- qualitäten und der Auswirkung der Konjunktur auf
zung der Bestände an den individuellen Interessen, das Altholzaufkommen als Folge der Möbelnachfrage
fehlendem Fachwissen und technischen Möglichkei- oder des aktuellen Aufschwungs im Bausektor. Zudem
ten der Besitzer. Initiativen um die Zersplitterung der haben die Preise für die Energiegewinnung aus Holz-
Wälder im Klein- und Kleinstprivatwald zu überwin- feuerungen und die Situation im europäischen Aus-
den, zum Beispiel durch freiwilligen Flächentausch, land einen Einfluss auf die für die stoffliche Nutzung
Waldflurneuordnung, Übergang zu ideellen Anteilen verfügbare Altholzmenge. Neben den genannten Fak-
und Genossenschaftsmodellen finden allerdings bis- toren beeinflusst auch der Gesetzgeber den Altholz-
her kaum Anwendung auf breiter Fläche. markt grundlegend. So unterliegen die umwelt- und
Durch die Verwendung von ausgewähltem, qua- energiepolitischen Gesetzgebungen (z. B. Kreislauf-
lifizierten und geprüftem Vermehrungsgut aus aner- wirtschaftsgesetz/Abfallgesetz, Altholzverordnung,
kannten Waldbeständen mit hoher Produktivität und Erneuerbare-Energien-Gesetz, Biomasseverordnung),
Holzqualität kann die Holzproduktion deutlich er- welche die Abfallentsorgung und -verwertung re-
höht werden, ein Mehrertrag zwischen 10 % und 60 % geln, Veränderungen – insbesondere im Zuge der
wird berichtet (BÖR 2016). Allerdings werden die Po- Energiewende.
tenziale diesbezüglich in Deutschland bisher nur un- Beispielsweise hat das Erneuerbare-Energien-Ge-
zureichend genutzt. Mittlerweile liegen Strategien zur setz zum Anstieg der energetischen Nutzung von Alt-
Züchtung in Deutschland vor und zwei Forschungs- holz beigetragen. Im Jahr 2016 betrug das gesamte Han-
projekte („FitForClim“ und „AdaptForClim“) zeigen delsvolumen der 1.056 A ­ltholzentsorgungs­betriebe
beispielhaft, wie ausgewählte Plusbäume mit guten 7,7 Mio. t. Davon wurden 6,5 Mio. t in Feuerungsan-
quantitativen und qualitativen Wuchseigenschaften lagen mit Wärmeleistungen ab 1 MW (BMA ≥ 1 MW)
eine Grundlage zur Saatgutproduktion sein können. genutzt (Döring et al. 2018). Kleinfeuerungsanlagen
Zielkonflikte zwischen einer Produktivitätssteigerung (BMA < 1  MW) nutzten nur 0,1 Mio. t Altholz. In der
und der Trockenstresstoleranz müssen minimiert Holzwerkstoffindustrie wurden im Jahr 2017 1,8 Mio.
werden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Bio- m³ Altholz verwendet (Döring et al. 2017).
massezuwachs nicht zulasten des Anpassungspoten- Die derzeitige Altholzverwendung (Erfassung, Auf-
zials der Gehölze zum Beispiel gegenüber Herbivoren bereitung) reduziert die Dimensionen der Holzsorti-
und Pathogenen gehen darf (vgl. Kap. 3.1.1.1.2, Herms mente ab der zweiten Nutzungsstufe auf Schnitzel
und Mattson 1992). oder Spangrößen. Die Möglichkeiten des dimensions-
Die Möglichkeiten der Ausweitung der Produkti- erhaltenden Rückführens von Holzsortimenten insbe-
onsflächen zur Holzproduktion in Deutschland sind sondere aus Bauabbrüchen in der Kaskadennutzung
begrenzt. Die bisherigen Erfahrungen zu Kurzum- sind am Markt noch kaum etabliert und müssen dem-
triebsplantagen zur Biomasseerzeugung zeigen, dass zufolge entwickelt werden (siehe Kap. 3.3.2.8). Dafür
dieses Produktionssystem bei den Landwirten in bedarf es einer sortenreinen Sortierung und Schad-
Deutschland bisher keine attraktive Alternative dar- stofffreiheit als Voraussetzung für eine optimierte
stellt. Für die Bioenergienutzung liegt die Anbauflä- Verwendung von Altholz in Folgeprodukten.
che seit 2015 gleichbleibend auf nur 6.600 ha (FNR Die zukünftigen Sortimente zur Versorgung der
2021). Gleiches gilt für die Einmischung von Laubbäu- Holzindustrie werden in ihrer Zusammensetzung und
men in agrarische Landnutzungssysteme, auch hier Qualität heterogener. Es bestehen Möglichkeiten zum
ist das Potential regional begrenzt, und wird meist zur Ausbau der Volumina insbesondere aus der Urpro-
regionalen Wärmegewinnung eingesetzt. Derzeit kön- duktion und der Altholzwirtschaft, deren Nutzbarma-
nen die Volumenpotenziale aus agroforstwirtschaftli- chung gezielte Maßnahmen und Anreize erfordert.
chen Systemen nicht abgeschätzt werden, bestehende

97
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

3.2.1.3 Verarbeitungstechnologien und Veredelungstechnologien, um aus der gegebenen Viel-


Produkte sowie Holz als dezentral falt der Laubholzarten und -eigenschaften höhere
verfügbarer Rohstoff der Bioökonomie Wertschöpfung zu erzielen. Auch Hybridanwendun-
und Bio-Energie gen von Nadel- und Laubhölzern werden zunehmen
(Aicher et al. 2016, Auer und Rauch 2021).
Bioökonomie ist ein wichtiger Baustein zukünftigen Laub- und Nadelholz in geringeren Qualitäten
Wirtschaftens. Die stoffliche Holznutzung im Bausek- könnte verstärkt in anderen Bereichen der Bioöko-
tor wird als ein Teil der Bioökonomie gesehen, hier nomie verwendet werden. Die Möglichkeiten zur Ent-
aber auf Grund seiner Wichtigkeit in Kapitel 3.2.4 wicklung neuer Materialien und chemischer Subs-
behandelt. tanzen für die stoffliche Nutzung, aufbauend auf den
Das heutige und zukünftige Laubholzaufkommen molekularen Strukturen des Holzes – Cellulose, He-
in Deutschland wurde von Knauf und Frühwald (2020) micellulosen, Lignin und akzessorische Bestandteile
untersucht. Heute wird fast doppelt so viel Laubholz – sind sehr vielfältig und unterschiedlich weit voran-
bereitgestellt wie noch vor 20 Jahren. Die zusätzlichen geschritten (Miletzki et al. 2020). Die Nutzung der Zel-
Mengen gehen überwiegend in die energetische Ver- lulose in Form von Fasern für Papier, Vliesstoffe und
wertung. Bei den Laubhölzern sind Buche und Eiche daraus aufbaubaren Verbundmaterialien sowie in der
die dominierenden Baumarten in Deutschland. Sie nanoskaligen Auflösung wird bereits industriell be-
machen 70 % des Laubholzvorrats aus. Die Baumar- trieben, ebenso der Einsatz von Filamenten nach che-
ten Esche, Birke, Erle und Ahorn haben einen Anteil misch-physikalischen Umformungsprozessen in der
am Vorrat von jeweils mehr als 3 % (BMEL 2014). Zu- Textilindustrie (Nechyporchuk et al. 2016).
künftig werden etwas mehr Buche und deutlich mehr Die Hemicellulosen der Holzarten haben das Po-
Eiche sowie andere Laubhölzer als in der Vergangen- tenzial, als Nahrungs- und Futterergänzungsmittel
heit zur Verfügung stehen. Das Potenzial an Laub- ebenso wie in Kosmetika und Pharmaprodukten mit
stammholz wird ca. 60 % höher liegen als das Holzvo- hoher Wertschöpfung genutzt zu werden (Deutsch-
lumen, das im Zeitraum 2013 bis 2017 genutzt wurde mann und Dekker 2012). Auch Plattformchemikalien
(FNR 2020). für Biokunststoffe wurden entwickelt. Zudem lassen
Allerdings kann Laubholz die Nadelholzanwen- sich alle Kohlehydratfraktionen des Holzes als Aus-
dungen nur in begrenztem Umfang ersetzen. Die Holz- gangsstoffe für die Herstellung von Biotreibstoffen
wirtschaft mit der Schlüsselverwendung des Bauens nutzen, hier ist eine großindustrielle Anwendung in
mit Holz ist bisher insbesondere für die klimaeffizien- Deutschland beschlossen und in Vorbereitung.
ten konstruktiven Bauanwendungen großflächig auf Die wertschöpfenden Potenziale des aromatenrei-
Nadelholz angewiesen. Die zuwachsenden Laubholz- chen Lignins werden bisher vorwiegend in kleinskali-
sortimente könnten, sofern die wirtschaftlichen und gen Nischenanwendungen genutzt (Galkin und Samec
technischen Voraussetzungen für konkurrenzfähige 2016); hier können Umsetzungen in Klebstoffen und
Produkte geschaffen werden, mit einer höheren Wert- Kunstharzen und vor allem in der Karbonfaserher-
schöpfung als heute genutzt werden, wenn beispiels- stellung erfolgen, wenn die Aufbereitung des Lignins
weise ihre optische Farb- und Strukturvielfalt zur weiter verbessert wird und die Zellstoff- und Papier-
Geltung gebracht wird (Merz et al. 2020). Allerdings industrie auf alternative Formen der nachhaltigen
können sie Nadelholz in vergleichbaren Mengen, Qua- Energieerzeugung zugreifen kann. Derzeit wird ein
litäten und mit denselben vorteilhaften Klima- und wesentlicher Teil der Prozessenergie aus Lignin und
Umwelteffekten nicht substituieren. Aufschlussrückständen gedeckt, so dass die Industrie
Die Potenzialanalyse für eine verstärkte Laubholz- kein unmittelbares Interesse an der stofflichen Lig-
verwendung hat ergeben, dass für die stoffliche Laub- ninnutzung zeigt.
holznutzung die mit Abstand größten quantitativen Das Konkurrenzpotenzial zwischen der stofflichen
Potenziale bei Verwendungen in preiswerten Holz- und energetischen Verwertung minderer Waldholz-
sortimenten bestehen, insbesondere in den Sektoren qualitäten aus der Waldpflege und den Kalamitätsnut-
Holzwerkstoffe und Verpackung. Für den Laubholz- zungen wird durch die herrschenden wirtschaftlichen
einsatz in diesen Anwendungen ist – neben der Ver- Rahmenbedingungen und Anreize beeinflusst. Beide
fügbarkeit – ein im Vergleich zu Nadelholz konkur- Nutzungsarten sind wichtige Pfeiler der holzbasier-
renzfähiger Preis erforderlich. ten Bioökonomie und werden auch in den kommen-
Weitere Potenziale für den Einsatz höherwertiger den Dekaden am Holzmarkt partizipieren.
Laubholzsortimente liegen beispielsweise in den Berei- Die Kaskadennutzung präferiert die primäre
chen Möbel, Fenster und Außentüren, Massivparkett, stoffliche Nutzung des Holzes und sieht die ener-
und Massivholzplatten, einhergehend mit der Wei- getische Verwertung als letzten Schritt der Wert-
terentwicklung von spezifischen Verarbeitungs- und schöpfungskette Holz. Neben meist geringeren

98
3.2 Holzverarbeitende Industrie und Bioökonomie 

emissionsbasierten Umweltwirkungen führt die Kas- werden, kann immer nur auf Basis der gleichen defi-
kadennutzung zu einem reduzierten Verbrauch pri- nierten funktionalen Einheit vorgenommen werden,
märer Ressourcen, insbesondere Landfläche, sowie wofür die technisch-funktionale Äquivalenz im Kon-
zu einer deutlichen Steigerung der Ressourceneffi- text der Verwendung des jeweiligen Produkts (bzw.
zienz im Vergleich zur Verwendung von Frischholz Gebäudes) sichergestellt werden muss. Die methodi-
(Risse et al. 2017). Bisher ist die stoffliche Holzkaskade schen Vorgaben der relevanten Normen zum Nach-
jedoch noch nicht ­industriell etabliert, aber das in der haltigen Bauen sehen hierfür u. a. die klare Trennung
Gebäude­infrastruktur eingebaute Holzvolumen steigt verschiedener Lebenszyklusabschnitte der zu bewer-
mit dem zunehmenden Holzbauanteil kontinuierlich tenden Bauprodukte vor und schließen potentielle
an (Kalcher et al. 2016). Gutschriften durch die Nachnutzung des jeweiligen
Es ist zu erwarten, dass vermehrte Kaskadennut- Baumaterials von der Bewertung auf Produktebene
zung mittelfristig den Holzenergiemarkt beeinflus- aus.
sen wird. Je mehr Bioraffinerieanwendungen den Das Projekt THG-Holzbau hat diese Abschätzung
Waldbesitzern einen stofflichen Schwachholzab- für den Wohnungsneubau in Deutschland vorgenom-
satz zu wirtschaftlich lukrativen Angeboten garan- men (Hafner et al 2017). Im Ergebnis zeigt sich, dass je
tieren, desto mehr werden sich vor allem die mittel- nach Szenario in dem gewählten Projektionszeitraum
großen Holzenergieerzeuger auf Altholz als primäre (2016 – 2030) die Atmosphäre allein durch eine gestei-
Sortimente ausrichten. Bei diesen zukünftigen Ent-
­ gerte Holzverwendung (Szenario ‚55/15 steigend‘) bei
wicklungen sind neben den wirtschaftlichen Aspek- der Konstruktion von Wohnungsneubauten um jah-
ten auch die Umwelteffekte der Logistik zu berück- resdurchschnittlich 1,43 Mio. t CO2-Äq entlastet wer-
sichtigen. Für eine umfassende Folgenabschätzung den könnte. Über den gesamten Projektionszeitraum
sollten produktbezogene Ökobilanzen eine wichtige von 2016 bis 2030 wäre mit klimapositiven Einspar-
Grundlage schaffen, die dann in den Gesamtkontext effekten zwischen knapp 5,0 (Szenario ‚BLMAX stei-
des Sektors gestellt werden müssen (Weber-Blaschke gend‘) und ca. 21,5 Mio. t CO2-Äq (Szenario ‚55/15 stei-
und Muys 2020). gend‘) zu rechnen (Hafner und Rüter 2018, Hafner et
al. 2017).
3.2.1.4 Stoffliche Nutzung im Gebäudebereich Im Sinne einer ressourceneffizienten Verwendung
des Baustoffes Holz sollte aber darauf geachtet wer-
Der Gebäudebereich stellt die Hauptnutzung für lang- den, dass möglichst viel neu zu schaffender (Wohn-)
lebige Holzprodukte dar. Die Erstellung von Gebäu- Raum in Holzbauweise mit möglichst effizienten und
den in Holz kann alternative Rohstoffe und Materia- der Bauaufgabe angepassten Holzkonstruktionen um-
lien in funktionsgleichen Produktsystemen ersetzen, gesetzt wird (Hafner und Schäfer 2018).
die mit einem in der Regel höheren Energieaufwand Große aktuelle Wohnbauprojekte in Holzbauweise
hergestellt werden (stoffliche Substitution vgl. Rüter wie zum Beispiel der Prinz-Eugen-Park München als
2017, Hafner et al. 2017) und zugleich einen zusätzli- derzeit größte Holzbausiedlung in Deutschland zei-
chen Kohlenstoffspeicher aufbauen, der so lange be- gen, dass hier mehr als 12.500 t CO2-Äq als Holzpro-
stehen bleibt, bis das Material am Ende der Nutzungs- dukte in Gebäuden eingelagert werden können (Dja-
kaskade verbrannt wird. hanschah et al. 2020, Hafner et al. 2020).
Der Beitrag zur Klimaanpassung ist vor allem in Ein langfristiges Ziel sollte sein, Kommunen und
folgenden Aspekten zu finden: die kurzfristig umzu- Städte sofort für mehr flächendeckend umgesetzten
setzende Erstellung von Holzgebäuden, die dazu bei- Holzbau anzuregen und nicht nur einige Vorzeigepro-
tragen die Klimaneutralität 2045 zu erreichen, sowie jekte zu bauen. Zusätzlich ist es hierbei wichtig dar-
die Nutzung von Nadelholz aus heimischen Wäldern, auf zu achten, dass die Gebäude gezielt sehr energie-
um damit den Waldumbau voranzubringen und den effizient konzipiert und errichtet werden. Die dabei
Kohlenstoffspeicher in langlebigen Holzprodukten zu verwendeten Holzprodukte sollten aus einer nachhal-
erhöhen. tigen Waldbewirtschaftung stammen. Dies kann bei-
Die Abschätzung möglicher positiver Umweltef- spielsweise durch die Verwendung von zertifiziertem
fekte, die durch eine Verschiebung von konventionel- Holz oder den Nachweis einer Herkunft aus der Re-
len Baumaterialien, Produkten oder Energieträgern gion erfolgen, wie dies bereits in der Gebäudezertifi-
zu dem nachwachsenden Rohstoff Holz verursacht zierung und auch in speziellen Förderprogrammen1

1 CO2-Bonus Förderung Stadt München: https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Gesundheit-und-Umwelt/Klima-


schutz_und_Energie/Energieeffizientes_Bauen/Foerderung_und_Qualitaet/FES.html; ­CO2-Bonus Förderung Hamburg: (Wohnungsbau) https://
www.ifbhh.de/wohnraum/mietwohnungen/neubau/mietwohnungsneubau/2-foerderweg/ und Nichtwohngebäude) https://www.ifbhh.de/filead-
min/pdf/IFB_Download/IFB_Foerderrichtlinien/FoeRi_Mod_NWG.pdf

99
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

der Fall ist und in entsprechenden Beschaffungsre- Verringerung der energetischen Nutzung von Holz zu-
geln des Bundes2. gunsten einer höheren stofflichen Nutzung.
Der Holzbau ist aktuell die einzige, großflächig Der Anteil der Sekundärrohstoffe Altholz und Alt-
umsetzbare Technologie, um Kohlenstoff im Gebäu- papier an der Gesamtholzbilanz in den Jahren 2010
debereich zu speichern (Kuittinen et al. 2021). Dieser und 2016 lag in der Summe stabil bei knapp über
kann mittelfristig durch andere Technologien erwei- 21 % (Thünen-Institut 2018). Eine materialerhaltende,
tert werden. Zusätzlich könnte sich perspektivisch das sequentielle Nutzung von Holz insbesondere aus
Substitutionspotenzial durch die Holznutzung verrin- Gebäudekonstruktionen (Kaskadennutzung) könnte
­
gern, wenn auch andere Baumaterialien klimaneutral neben der verlängerten Kohlenstoffspeicherung zu
erzeugt werden können. Der Holzbau kann deshalb einer merklichen Erhöhung der R ­ ohstoffproduktivität
im Klimaschutz eine „Brückentechnologie“ darstellen, beitragen.
die aktuell eingesetzt werden sollte, um die Ziele eines Auch die Holzqualitäten, die zukünftig rückführ-
klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2045 zu errei- bar sind, werden durch die heutige Bautechnologie
chen. Darüber hinaus wird Holz als ein nachwachsen- wesentlich besser konserviert. Um die vorhandenen
der Baustoff – unabhängig von der Frage Klimaschutz- Potentiale der in der Gebäudeinfrastruktur eingela-
Wirkung - weiter dazu beitragen müssen, Baustoffe gerten Holzvolumen und -qualitäten nutzen zu kön-
auf Basis endlicher Ressourcen (z. B. Sand) zu scho- nen, sind u. a. folgende Maßnahmen und Anpassun-
nen beziehungsweise zu ersetzen. gen umzusetzen:

3.2.1.5 Erforderliche Instrumente • Recyclinggerechte Entwicklung und Verwendung


von Holzprodukten und Holzkonstruktionen durch
Eine stoffliche Holznutzung im Baubereich erfordert angepasstes Produkt- und Verbindungsdesign (De-
eine flächendeckende Ausbildung von Architekten sign for Reuse/Recycling)
und Ingenieuren im Holzbau, um holzbauspezifische
Fachplanungen in der Fläche und mit dem notwendi- • Effiziente Aufbereitungs-, Reinigungs- und Sortier-
gen Fachwissen gewährleisten zu können. Bei diesen verfahren für Gebraucht- bzw. Altholz
Kompetenzen wird z. Z. Nachholbedarf gesehen (Pur-
kus et al 2020). • Anpassung und Novellierung der gesetzlichen
Zusätzlich wird eine verstärkte Standardisierung Grundlagen (Altholzverordnung)
als wichtige Voraussetzung betrachtet, um eine kos-
tengünstigere Umsetzung mehrgeschossiger Holzge- • Intensivierung der Kaskadennutzung durch finanz-
bäude zu ermöglichen und auch „holzfremden“ Pla- politische Modelle (C-Bindung, Konservierungs­
nern und Ingenieuren einen leichteren Zugang zum bonus)
Holzbau zu erlauben (Hafner et al. 2017, Winter et al.
2019, Purkus et al. 2020). Landesbauordnungen, allge-
meine technische Baubestimmungen und Zulassun- 3.2.1.6 Veränderung von Wertschöpfungsketten
gen von Bauprodukten sollten so weiterentwickelt
werden, dass eine systemimmanente Benachteiligung Die Holzwirtschaft zählt zu den traditionell rohstoff-
von Holzbau bis zur Hochhausgrenze ausgeschlos- intensiven Wirtschaftssektoren. Die ausreichende
sen werden kann (Purkus et al. 2020). Zugleich soll- Versorgung mit qualitativ und mengenmäßig ausrei-
ten die genehmigenden Baubehörden befähigt sein, chenden Holzsortimenten ist eine zentrale Vorausset-
diese neueren Baukonstruktionen fachlich korrekt be- zung für die Wertschöpfung innerhalb der Branchen.
werten zu können. Kommunen und Projektentwickler Zudem bedarf es einer effizienten und robusten Ma-
müssen in die Lage versetzt werden, die Umsetzung schinen- und Prozesstechnologie, um die volumen-
von Holzbau schon im frühesten Projektstadium zu starken Rohholzsortimente logistisch verfügbar und
planen (Djahandschah et al. 2020). effizient transformieren zu können.
Die Ausdehnung der Rohstoffbasis auf sekundäre Ein weiteres Charakteristikum der Branche ist der
Rohstoffe, die bereits mindestens einen Produktle- hohe Grad der Stoffstromverknüpfung innerhalb und
benszyklus durchlaufen haben, sollte als Maßnahme zwischen den Wertschöpfungsketten, der zu einer
der Ressourcenpolitik und als politisches Ziel auf eu- fast vollständigen Ausnutzung der Rohstoffe in der
ropäischer und nationaler Ebene verankert werden bis heute dominierenden stofflichen sowie der ener-
(EC 2014, BMUB 2015). Im Ergebnis bedeutet dies eine getischen Verwertung des Rohholzes führt, aber ein

2 siehe: https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_06102017_534625050005.htm

100
3.2 Holzverarbeitende Industrie und Bioökonomie 

effizientes Supply-Chain Management bedingt (Task- verfärbenden Pilzen. Um einen weiteren Verlust der
hiri et al. 2016). Holzqualität am Schadholz vorzubeugen und um die
Eine Wertschöpfungskette stellt die Stufen der Her- Ausbereitung von Folgeschäden am Bestand zu ver-
stellung von Produkten als eine geordnete Abfolge meiden, sollte die Schadholzaufbereitung möglichst
von Verfahrensschritten dar. Die Verfahrensschritte unmittelbar nach dem Schadenseintritt erfolgen.
verbrauchen Rohstoffe und Energien, bieten Beschäf- Das stellt die betroffenen Betriebe und Forstun-
tigung und Einkommen, und erzeugen Sach- und ternehmen vor große Herausforderungen hinsicht-
Geldwerte. Produkte der holzbasierten Wertschöp- lich der Arbeitskräfteplanung, Logistik und Holzab-
fungsketten basieren massen- oder volumenbezogen satzplanung. Die Aufarbeitung von Kalamitätsholz ist
zum überwiegenden Anteil auf dem Rohstoff Holz häufig zudem mit besonderen Gefahren für die ein-
oder auf Derivaten des Holzes wie z. B. Holzspäne, -fa- gesetzten Waldarbeiter verbunden und erfordert die
sern oder Zellstoff. Einhaltung besonderer Vorschriften zur Unfallverhü-
Die Wechselwirkungen zwischen der Waldbewirt- tung. Auch in der Holzverarbeitung erhöht die Verar-
schaftung, dem Rohholzaufkommen und der Holz- beitung von trockenem Schadholz die Unfallgefahr
marktversorgung zeigen bereits unter normalen Pla- durch Staubexplosionen (Wong et al. 2013).
nungsbedingungen unmittelbare Auswirkungen Die Auswirkungen der Kalamitäten für Waldbesit-
entlang der Wertschöpfungsketten, wenn Verknap- zer, Forstunternehmer und Holzmärkte sind bereits
pungen oder ein Überangebot an Rohstoffen zu Än- unmittelbar nach den ersten Schadenswellen sicht-
derungen der Versorgung führen. Bereits in der Ver- bar: Kapazitätsengpässe im Maschinenpark, sinkende
gangenheit haben lokal bis überregional auftretende Holzpreise durch Überangebote auf dem Holzmarkt,
extreme Sturmereignisse die Holzmärkte intensiv be- Unsicherheiten bzgl. Entwicklung der Holzqualität
einflusst, die Auswirkungen auf die Einschlags- und und Auswirkungen der Holzqualität auf die Verarbei-
Produktionsdaten wirkten dabei bis mehrere Jahre tungsketten. Während das trockengefallene Stamm-
nach dem Schadereignis nach (Hartebrodt 2004). holz der Nadelbäume für die Schnittholzproduktion
Es ist inzwischen ein solider Erfahrungsstand weiterhin holztechnologisch normal nutzbar scheint,
zur temporären Zwischenlagerung von Kalamitäts- können die mikrobiellen und pilzlichen Schäden für
holz (Logistik, Lagertechnik, Wirksamkeit, Umwelt- die Holzwerkstoffindustrie nachteilige Wirkungen
aspekte, rechtl. Aspekte, Kosten) vorhanden, sodass zeigen. Das gilt unter Umständen auch für die Energie-
Möglichkeiten und Grenzen abgeschätzt werden kön- und Bioraffinerienutzung, wenn der Masseverlust zu
nen (Lutze 2014, Blom und Thornqvist 2014). Bishe- Heizwertreduktion oder Änderungen der holzchemi-
rige Erfahrungen zeigen, dass geeignete Lagerräume schen Zusammensetzung führt. Es fehlen derzeit noch
bzw. -kapazitäten begrenzt sind, und die Holzkonser- systematische Studien zu den Konsequenzen der Kala-
vierung mit einem hohen logistischen Aufwand ver- mitäten für die Holzverwendung in der Span-, Faser-
bunden ist, sodass nur qualitativ gute Rohholzsorti- und Zellstoffproduktion.
mente temporär eingelagert wurden (CTBA 2004). Mittelfristig betreffen die neuen großflächigen
Die in den Jahren 2018 und 2019 überregional Waldschäden zudem die Planbarkeit der regiona-
­auftretenden Trocknis- und Borkenkäferkalamitäten len Holzwirtschaft. Der bereits initiierte Waldumbau
sind gegenüber den Schäden aufgrund von Sturmer- wird zu einem veränderten Holzartenangebot führen,
eignissen mit erheblich weitreichenderen S ­ törungen mit einem höheren Anteil an Laubholz, zu dem es nur
der planmäßigen Bewirtschaftung verbunden. ­Sowohl wenige vergleichbaren Transformations- und Einsatz-
der Schadensumfang als auch die Auswirkungen der erfahrungen gibt.
Kalamitäten auf die Rohholzqualität übersteigen
die bisher in Mitteleuropa gemachten Erfahrungen.
Die Auswirkungen der Störung auf die Holzqualität
nach Sturmereignissen sind dann erheblich, wenn
die Bäume geknickt vorliegen. Die Eignung für die
Schnittholznutzung als Konstruktionsholz schließt
sich aus, wenn Faserstauchungen vorliegen, die so-
wohl beim geworfenen als auch bei den noch stehen-
den Stämmen vorkommen können (Arnold und Stei-
ger 2007, Gardiner 2021).
Die jüngst auftretenden Holzschäden bei der Buche
sind deutlich komplexer und noch nicht umfassend
einzuschätzen: sie reichen von Trockenrissen, Insek-
tenbefall bis zum Auftreten von holzzersetzenden und

101
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

Auswirkungen und Anpassungsmöglichkeiten in den Störungen in der holzverarbeitenden Industrie


Nutzungsketten: fehlen bislang noch weitgehend. Entwicklungsbe-
darf besteht beispielsweise zum Umgang mit he-
• Bei der Holzernte müssen zunehmend große Men- terogenen und minderen Holzqualitäten oder der
gen von Kalamitätsholz3 verarbeitet werden (siehe Umstellung und Erweiterung von Produktsorti-
Kap. 3.1). Forstliche Dienstleister müssen dabei menten, um vermehrt Kalamitätsholz verarbeiten
sehr kurzfristig auf Nachfrage-Schwankungen re- zu können.
agieren: Von stark erhöhtem Verarbeitungsbedarf
bis zur kurzfristigen Aufkündigung von Verträgen, • Die absehbare Verschiebung des Baumartenspek-
falls die Holzmärkte kollabieren sollten. trums in Richtung von mehr Laubholz wird ab-
sehbar den Bedarf für technische Verfahren zur
• Da große Kalamitätsholzvolumen nicht zeitnah flexibleren Verarbeitung unterschiedlicher Holz-
abtransportiert und verarbeitet werden können, sortimente erhöhen.
kommt dem Wert-Erhalt dieses Holzes eine er-
höhte Bedeutung zu. Entrindungsaggregate di- • Investitionszyklen in neue technische Verarbei-
rekt im Harvester bieten einen problemorientier- tungstechnologien sind lang und müssen daher
ten Lösungsansatz, um die weitere Besiedelung des mit den prognostizierten Entwicklungen im Roh-
Holzes durch Borkenkäfer zu vermeiden und da- stoffsektor gekoppelt werden.
durch eine Trockenlagerung an der Waldstraße zu
ermöglichen. Gleichzeitig werden daduch mit der
Rinde mehr Nährstoffe im Wald belassen. 3.2.2 Wechselbeziehungen und
Anpassungshemmnisse
• Zur Vorbereitung auf künftige Störungen kann
die Lagerinfrastruktur im Wald, an Transportkno- Rohstoffmengen und Holzimport – ausreichende
ten und in den holzverarbeitenden Betrieben ver- Mengen an Nadelholz für Holzverarbeitung
bessert werden. Unterstützend beitragen können
hierzu Investitionen in Digitalisierung, IT-basierte Die möglichst kontinuierliche Belieferung mit Holz
Logistik, und Industrie 4.0 Entwicklungen (Müller der erforderlichen Arten, Dimensionen und Qualitä-
et al. 2019, Reitz et al. 2019, Kemmerer und Labelle ten ist eine Grundvoraussetzung für den Beitrag unse-
2021). rer Wälder zum wirtschaftlichen Wandel in Richtung
Bioökonomie (Kalt 2015). Die Sicherung der Rohstoff-
• Die Holztransport-Logistik ist ein weiterer potenzi- versorgung, auch unter zukünftig unsichereren kli-
eller Flaschenhals in der Bewältigung großer Kala- matischen Rahmenbedingungen, ist damit eine zen-
mitätsholzmengen. Beispielsweise mangelt es ver- trale gesellschaftliche Aufgabe der Forstbetriebe. Sie
breitet an Verladestationen für den Bahntransport. liegt aber ebenfalls in deren ureigenen Interesse, da
die Forstbetriebe zumindest bisher den überwiegen-
• Während aktuell fast überall die Verarbeitungska- den Anteil ihrer Einnahmen aus dem Holzverkauf er-
pazitäten hohe Ausnutzung erfahren, ist bereits zielen. Die Verarbeitung von Holz zu langlebigen Pro-
abzusehen, dass es künftig regional zur Rohstoff- dukten trägt ebenfalls zum gesellschaftlichen Ziel des
knappheit kommen kann, dort wo in Folge der Klimaschutzes bei (WBW 2016).
Borkenkäferkalamität auf großen Flächen Wald- Weniger synergistisch sind jedoch zum Teil die
bestände vorzeitig genutzt wurden. Internationale Wechselbeziehungen zum Naturschutz. Durch Holz-
Kooperation in der Industrie könnte in Zukunft einschlag entstehen zwar auch wichtige Lebensräume
helfen, um fluktuierende Nachfrage aufzufangen für lichtliebende Arten im Wald, die Entnahme des
und dem Wertschöpfungsverlust innerhalb Euro- Holzes aus dem Bestand bedeutet aber auch immer
pas entgegenzuwirken. einen Verlust an Lebensraumpotential für eine ganze
Reihe von Waldarten, insbesondere solchen, die an die
• Untersuchungen zur Verminderung der Aus- Strukturen später Waldsukzessionsphasen gebunden
wirkungen von Klimawandel und verstärkten sind. Diese Konflikte können durch entsprechende

3 Das im Rahmen von zufälligen bzw. ungeplanten Nutzungen in Folge von Störungen (z. B. Windwurf, Borkenkäfer, Feuer) geerntete
Holz. Dabei handelt es sich größtenteils um Holz abgestorbener oder absterbender Bäume. Das Holz kann je nach Art der Störung Beein-
trächtigungen der möglichen Verwendungen im Vergleich zu Frischholz aufweisen bis hin zur Unbrauchbarkeit für bestimmte Verwen-
dungsbereiche (z. B. gebrochenes Holz für Konstruktionsvollholz)

102
3.2 Holzverarbeitende Industrie und Bioökonomie 

Waldbewirtschaftungssysteme wie Retention Fores- Möbelanwendungen gefördert werden. Die derzei-


try, das auf die kontinuierliche Bereitstellung von tige stoffliche Altholzverwendung (Erfassung, Auf-
Waldstrukturen zum Erhalt lebensfähiger Populatio- bereitung) reduziert die Dimensionen der Holzsor-
nen dieser Arten abzielt, abgemildert werden (Guts- timente ab der zweiten Nutzungsstufe auf Schnitzel
tafsson et al. 2020; siehe auch Kap. 3.3). oder Spangrößen. Die Möglichkeiten des dimensions-
Knappheiten in der Rohstoffversorgung, ob auf- erhaltenden Rückführens von Holzsortimenten insbe-
grund des Erreichens natürlicher Ressourcengrenzen sondere aus Bauabbrüchen in der Kaskadennutzung
oder aufgrund von gesellschaftlichen Entscheidun- sind am Markt noch kaum etabliert und müssen dem-
gen über den lokalen Verzicht der Nutzung natürli- zufolge entwickelt werden. Hierbei muss für die stoff-
cher Ressourcen, werden in einer globalisierten Welt liche Weiternutzung eine Schadstofffreiheit von rück-
in der Regel durch Einfuhren gemildert. Das konnte in zuführenden Holzteilen sichergestellt werden. Das
der Vergangenheit beim Außenhandel mit Rohholz be- Einplanen von Rückbaumöglichkeiten und die Ver-
reits gut beobachtet werden. Lösungen möglicher Ziel- meidung von Störstoffen beim späteren Recycling
konflikte für Deutschland dürfen daher die Verlage- kann durch Anpassung der Herstellungs-, Verarbei-
rungswirkungen ins Ausland nicht außer Acht lassen. tungs- und Ausbauprozesse der Primärverarbeitung
Weder beim Klima- noch beim Biodiversitäts- erleichtert werden, muss aber gegenüber Vorbehal-
schutz dürften mit Verlagerungen ins Ausland netto, ten der Marktpartner durchgesetzt werden, die Si-
das heißt aus globaler Sicht, Verbesserungen zu errei- cherheits-, Effizienz- und Traditionsaspekte kompro-
chen sein. Solche klassischen Leakage-Effekte wurden mittiert sehen.
in verschiedenen Studien gerade jüngst aufgezeigt
(Dieter et al. 2020, Fuchs et al. 2020). Wertschöpfungsketten

Erschließung neuer Rohstoffquellen Die Wechselwirkungen zwischen der Waldbewirt-


schaftung, dem Rohholzaufkommen und der Holz-
Die durch Klimawandel und Waldanpassung beding- marktversorgung zeigen bereits unter normalen Pla-
ten Änderungen des Rohstoffangebots haben Auswir- nungsbedingungen unmittelbare Auswirkungen auf
kungen auf die ökonomische Wertschöpfung aus der die Wertschöpfungsketten. Durch klimawandelbe-
Rohholzvermarktung. Die Vielfalt an Holzarten und dingte Extremwetterereignisse werden Störungen der
-qualitäten wird die Sortimentsbildung und -größe für Marktversorgung deutlich zunehmen mit direkten
Holzabnehmer beeinflussen, kleinere Sortimente und Auswirkungen auf die Wertschöpfungsketten.
gegebenenfalls Mischsortimente sind zu erwarten. Die Anpassungsbedarf besteht sowohl in der effizi-
Rohholzbeschaffung wird in größeren Versorgungs- enten und sicheren Holzernte als auch zur temporä-
radien realisiert, unterstützt durch einen weiteren ren Zwischenlagerung von Kalamitätsholz im Wald
Ausbau des elektronischen Informationsaustauschs (Logistik, Lagertechnik, Qualitätserhaltung, Umwelt-
zwischen Holzindustrie und Waldwirtschaft. Zudem aspekte, rechtl. Aspekte, Kosten) und gegebenenfalls
werden neue Sortimentsparameter für die zukünftig als Schnittholz (Herausforderung Lagerflächen, Kapi-
vielfältiger zu nutzenden Holzarten und -mischungen talverzinsung). Analysen zeigen, dass geeignete und
zwischen den Marktpartnern zu definieren sein. ausreichende Lagerräume bzw. -kapazitäten begrenzt
Das kurz- und mittelfristig höchste Potenzial zur sind und die Holzkonservierung mit einem hohen lo-
Generierung neuer Holzquellen zur Kompensation gistischen Aufwand verbunden ist, sodass bisher nur
der waldseitigen Angebotsänderungen wird der Kas- ­qualitativ gute Rohholzsortimente temporär eingela-
kadennutzung und der Altholznutzung beigemessen. gert wurden.
Diese Elemente einer Kreislaufwirtschaft werden den Die im Rahmen der Bioraffinerietechnologien auf-
Rohstoffdruck auf die Waldwirtschaft abmindern und zubauenden Holzproduktewerke werden eine sichere
zur Stärkung weiterer Ökosystemleistungen beitragen. und jahreszeitenunabhängige Belieferung mit den
Diese müssen zukünftig angemessen finanziell abge- spezifischen Rohstoffsortimenten von der Waldwirt-
golten werden, um die ökonomische Tragfähigkeit der schaft fordern. Die Waldbesitzer müssen die Initiali-
Waldwirtschaft bei geringeren Vermarktungspoten- sierung von Wertschöpfungsketten frühzeitig mit den
zialen zu sichern. Ein enormes Anpassungshemmnis Kunden vornehmen und gegebenenfalls neue Sorti-
wird die Umstellung der Holzbautechnologien auf die mentsdefinitionen und -aushaltungen verhandeln. Die
klimabedingt erweiterte Rohholzpalette darstellen. kontinuierliche Belieferung erfordert entweder, dass
Der Altholzmarkt wird von den Gebrauchtholz- die Holzernte ganzjährig betrieben wird, mit Heraus-
mengen generiert. Menge und Qualität zukünftiger Alt- forderungen durch die zu erwartenden Klimaextreme
holzströme können durch eine Förderung der Recycle- (Bodenerweichung, die Arbeitsorganisation der Wald-
und Rückbaubarkeit insbesondere in Holzbau- und bewirtschaftung, und als supply-chain-management

103
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

einschl. der Logistik), oder entsprechend große Kapa- Preis erforderlich.


zitäten zur Zwischenlagerung. Die Bewältigung von Weitere Potenziale für den Einsatz höherwerti-
großen Schadholzmengen wird flexiblere Holztrans- ger Laubholzsortimente liegen z. B. in den Bereichen
port-Logistik benötigen, was angesichts des Mangels Möbel, Fenster und Außentüren, Massivparkett, und
an Verladestationen zum Bahntransport eine Heraus- Massivholzplatten, einhergehend mit der Weiterent-
forderung darstellt. Neue Wertschöpfungsketten wer- wicklung von spezifischen Verarbeitungs- und Ver-
den aus den rückgeführten Gebrauchtholzsortimen- edelungstechnologien, um aus der gegebenen Vielfalt
ten einzurichten sein. der Laubholzarten und -eigenschaften höhere Wert-
schöpfung zu erzielen. Auch Hybridanwendungen
Bioökonomie von Nadel- und Laubhölzern werden zunehmen, müs-
sen aber die zukünftige Trennbarkeit der Komponen-
Mit dem begonnenen Waldumbau zu Mischwäldern ten zulassen.
werden zukünftig vermehrt Laubhölzer verfügbar Die Rolle, Potenziale und Limitationen der holz-
sein. Die Holzwirtschaft mit der Schlüsselverwen- basierten Bioökonomie im wirtschaftlichen Trans-
dung des Bauens mit Holz ist jedoch insbesondere für formationsprozess bilden eine weitere wichtige Öko-
die klimaeffizienten konstruktiven Bauanwendungen systemleistungen der Waldwirtschaft und müssen im
großflächig auf Nadelholz angewiesen. Kontext mit den anderen Ökosystemleistungen disku-
Die zuwachsenden Laubholzsortimente könnten tiert und kommuniziert werden.
zukünftig mit einer höheren Wertschöpfung als heute
in den Bioraffinerietechnologien genutzt werden. Da- Stoffliche Holznutzung im Gebäudebereich
durch ergeben sich Synergien mit der Anpassung der
Wälder an den Klimawandel und einer Verbesserung Holzbau benötigt große Mengen an Nadelholz, das
der Natürlichkeit. Der kurzfristige Konkurrenzdruck nach 2045 nur noch in geringeren Mengen zur Ver-
in der Versorgung gegenüber den Energieholzsorti- fügung stehen wird. Es gibt keine verlässlichen Hoch-
menten wird die Versorgungsplanung stark heraus- rechnungen, ob zu diesem Zeitpunkt die Nachfrage
fordern, denn holzige Biomasse wird nach wie vor für den Gebäudebereich noch in einem Umfang wie
eine bedeutsame erneuerbare Energiequelle sein, heute gegeben ist. Die gesellschaftlichen Transforma-
wenn angesichts der Witterung nur wenig Wind- oder tionsprozesse könnten im Baubereich langfristig dazu
Solar-Energie produziert wird. Mittel- bis langfris- führen, dass mit weniger Neubau zu rechnen ist - für
tig wird sich wahrscheinlich die stoffliche-chemische den dann auch weniger Rohholz benötigt würde. Aber
Nutzung schwach dimensionierten Laubholzes in der auch die Modernisierung des Gebäudebestandes hat
Bioraffinerie durchsetzen, unter anderem weil der schon heute einen großen Anteil and der Holzverwen-
Biomasseanteil im Energiesektor durch einen zuneh- dung (INFRO e. K. 2018).
mend besseren energetischen Standard der Gebäude Vorausgesetzt, dass das klimapolitische Ziel der EU,
abnehmen wird. bis 2045 netto klimaneutral zu sein, erreicht wird, ver-
Die Anpassung der Bioraffinerieprozesse muss mit ringern sich spätestens ab dann die positiven Substi-
prozesstechnologischer Entwicklung und Skalierung tutionseffekte der Holzverwendung. Die Kohlen-
für die Herstellung der Produkte begleitet werden. stoffspeicherung in langlebigen Produkten ist aber
Dabei kommt, neben der Bewertung der techno-öko- weiterhin vorhanden und kann als negative Emission
nomischen Machbarkeit, die mit den ausgewählten ihren Beitrag leisten (Churkina et al. 2020). Bis dahin
Verfahren und den angestrebten Produkten erzielba- ist der Holzbau weiter eine wichtige „Brückentechno-
ren, positiven Auswirkungen auf die Ressourcenscho- logie”, um die Ziele eines klimaneutralen Gebäudebe-
nung und den Klimawandel eine essentielle Bedeu- standes bis 2045 zu erreichen. Deshalb sollten Kom-
tung zu. munen und Städte dazu angeregt werden, kurzfristig
Im Bereich des Holzbaus aber kann Laubholz Na- und flächendeckend mehr Holzbau umzusetzen.
delholz nicht in vergleichbaren Mengen und Quali- Diese Gebäude sollten gezielt sehr energieeffizi-
täten substituieren. Eine Potenzialanalyse für eine ent konzipiert und errichtet werden, um den Wär-
verstärkte Laubholzverwendung hat ergeben, dass meenergiebedarf zu senken und damit Energieholz-
für die stoffliche Laubholznutzung die mit Abstand anteile für andere stoffliche Nutzungen verfügbar zu
größten quantitativen Potenziale bei Verwendungen machen. Auch sollten die im konstruktiven Holzbau
in preiswerten Holzsortimenten bestehen, insbeson- dabei verwendeten Holzprodukte nachweislich aus
dere in den Sektoren Holzwerkstoffe und Verpackung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung stammen.
(Knauf und Frühwald 2020). Für den Laubholzeinsatz Im Sinne einer ressourceneffizienten Verwendung
in diesen Anwendungen ist – neben der Verfügbarkeit des Baustoffes Holz sollte dabei bedacht werden, dass
– ein im Vergleich zu Nadelholz konkurrenzfähiger möglichst viel neu zu schaffender (Wohn-)Raum in

104
3.3 Naturschutzmanagement 

Holzbauweise mit möglichst effizienten und der Bau- am stärksten gefährdet (Willis und Birks 2006)?
aufgabe angepassten Holzkonstruktionen umgesetzt Hinter diesen Fragen verbergen sich wichtige Ma-
wird (Hafner und Schäfer 2018). nagement- und Planungsfragen - zum Beispiel wie
Eine weitere Wechselwirkung ist zwischen lang- man sicherstellen kann, dass (a) potenzielle Verschie-
fristiger Kohlenstoffspeicherung in langlebigen Pro- bungen des Artenspektrums und der Lebensräume in
dukten durch Holzbau, insbesondere vermehrt im der Landschaft möglich sind und (b) die am meisten
mehrgeschossigen Bauen sowie in der Aufstockung, gefährdeten Arten und Regionen identifiziert und, so-
und den unterschiedlichen Landesbauordnungen fern das möglich ist, geschützt werden (Thomas et al.
und deren Behandlung von Brandschutzbelangen im 2004). Aufgrund der Klimaerwärmung verlagern be-
Holzbau zu sehen. Hier besteht der Bedarf die Rege- reits jetzt Arten aus einer Vielzahl von taxonomischen
lungen so weiterzuentwickeln, dass einheitlich eine Gruppen ihr Verbreitungsgebiet in höhere geografi-
abweichungsfreie Bauweise in Holz (bis zur Hoch- sche Breiten und Höhenlagen (z. B. Rosenzweig et al.
hausgrenze) genehmigungsfähig ist und dies in den 2007).
Genehmigungsbehörden und mit den Planenden kom- Obwohl in historischer Perspektive Schutzgebiete
muniziert wird. für den kurzfristigen Erhalt von Arten und Lebensräu-
In der Kommunikation über die biogene Kohlen- men entscheidend waren, wurde bei ihrer Planung mit
stoffspeicherung ist darauf hinzuweisen, dass eine wenigen Ausnahmen nicht die langfristige und groß-
Differenz besteht, wie der Kohlenstoffspeicher auf räumige Dynamik von Ökosystemen als Teil dynami-
nationaler Ebene im LULUCF-Sektor berichterstattet scher Landschaften berücksichtigt (Bengtsson et al
und angerechnet wird und wie der biogene Kohlen- 2003). Das ist insbesondere der Fall in der ausgepräg-
stoff auf Gebäudeebene als materialinhärente Eigen- ten Kulturlandschaft Deutschlands, wo strikte Schutz-
schaft ausgewiesen wird. Nur auf nationaler Ebene gebiete nur einen geringen Flächenanteil ausmachen.
in der Berichterstattungskategorie LULUCF kann der So auch im Wald, in dem bis 2020 streng geschützte
Speicher als Senke fungieren, sofern sich der Speicher Waldschutzgebiete 5 % der Waldfläche ausmachen
über einen definierten Zeitraum vergrößert. Dies ist sollten (BMUB 2007) und bisher ein Flächenanteil von
nicht gleichbedeutend mit den in einem oder meh- ca. 3 % erreicht worden ist (Engel 2019).
reren Gebäuden aktuell gespeicherten Kohlenstoff- Dieses Defizit bestehender Schutzgebiete, die dy-
mengen, die über den gesamten Lebenszyklus der Ge- namische Entwicklung von Ökosystemen abbilden zu
bäude ein Nullsummenspiel darstellen. können, erhält mit dem Klimawandel eine noch grö-
Zusätzlich werden durch Holzbau zukünftig große ßere Dimension. So wird geschätzt, dass global ca.
Mengen an Sekundärmaterial im Gebäudebestand ge- 45 % aller Schutzgebiete in temperierten Laub- und
bunden, diese sollten so gestaltet werden, dass sie im Mischwäldern bis 2070 bisher nicht dagewesene kli-
Sinne einer Kaskadennutzung wiedereingesetzt wer- matische Bedingungen erfahren (Hoffmann et al.
den können. Langfristig wird es auch durch den Wald- 2019). Der Klimawandel wird sich in den Schutzgebie-
umbau zu einer Veränderung der Produktpalette kom- ten in diesen Breiten besonders stark auswirken, weil
men hin zu mehr Laubholz. Allerdings ist noch nicht sie sich in vielen Fällen durch überwiegend kleine Flä-
absehbar, ob die fehlenden Nadelholzmengen dann chen, eine geringe Höhenlage und geringe ökologische
über Importe oder Änderungen in der Produktpalette Heterogenität auszeichnen (Hoffmann et al. 2019). Die
umgesetzt werden. zu erwartenden Verschiebungen der Verbreitungsge-
biete von Arten infolge des Klimawandels können in
den meisten Fällen nicht innerhalb der Schutzgebiets-
3.3 Naturschutzmanagement grenzen erfolgen (Araujo et al. 2011).
Daher kommt dem Schutz von Arten und Lebens-
3.3.1 Erwartete Veränderungen, räumen in der gesamten Waldlandschaft und über
mögliche Anpassungsziele und alle Waldbesitzformen hinweg eine Schlüsselfunktion
Handlungsoptionen bei der Anpassung an den Klimawandel zu (WBW und
WBBGR 2020). Gleichzeitig ist es wichtig zu erkennen,
3.3.1.1 Arten- und Biotopschutz dass die Lebensraumtypen, die wir bisher ausgewie-
sen haben, ein Konstrukt darstellen und sich in der Zu-
Für die Entwicklung von Strategien zum Schutz von kunft so nicht halten werden. Wie bereits jetzt zu beob-
Arten und Biotopen im Klimawandel gibt es zwei zen- achten ist, führt der Klimawandel zu einem selektiven
trale Fragen. 1. Wohin werden sich Arten und Lebens- Verschieben ganz bestimmter Arten auf Grund ihrer
gemeinschaften als Reaktion auf den zukünftigen Eigenschaften (Bässler et al. 2013, Zeuss et al. 2014)
Klimawandel hinbewegen? 2. Welche Arten und Le- und zu einer Verschiebung der Zusammensetzung der
bensräume sind durch den zukünftigen Klimawandel funktionalen Eigenschaften von Artengemeinschaften

105
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

(Blondeel et al. 2021). Daher kommt es zwangsläufig Kronendach (De Frenne et al. 2019). So können Aus-
zu einer Neukombination von Arten in neu entste- wirkungen der makroklimatischen Erwärmung in
henden und nur wenig vorhersehbaren Artengemein- einem gewissen Rahmen durch mikroklimatische Ef-
schaften (siehe Kap. 1.2.1.4). fekte abgepuffert werden. Eine Heterogenität in der
Weiterhin ist es wichtig zu realisieren, dass die Beschaffenheit des Kronendachs in bewirtschafteten
Verbreitungsgebiete und Lebensräume nur bedingt Wäldern könnte so dafür sorgen, dass sowohl licht-
verschiebbar sind. Die Arten, die z. B. in den Hochla- und wärmeliebende Arten wie auch schattentolerante
gen der Mittelgebirge zu finden sind, können mit fort- und temperaturempfindliche Arten erhalten werden
schreitender Erwärmung nicht in höhere Gebirgs- können (De Frenne et al. 2015, Seibold et al. 2016).
lagen ausweichen. Unter diesen Arten zeichnen sich Auch die Restauration der Ökosysteme zur Aufwer-
bereits mögliche „Verlierer“ des Klimawandels ab, z. B. tung des Lebensraums spielt hier eine wichtige Rolle.
Auerhuhn und Ringdrossel, auch wenn bisher nicht Dazu zählt insbesondere die Gestaltung von arten-
in jedem Fall Klimawandeleffekte eindeutig von an- und strukturreichen Wäldern durch die Erhöhung des
deren Einflussfaktoren (Landnutzung, Waldbewirt- Baumartenreichtums, den Erhalt und die Schaffung
schaftung, Prädation, etc.) zu trennen sind (Barras et von Habitatbäumen und Totholz (WBW und WBBGR
al. 2021, Coppes et al. 2019). 2020). Diese Maßnahmen können gut mit der Anpas-
Auch wenig mobile Arten, die an bestimmte Bo- sung von Waldbeständen an den Klimawandel ver-
denbedingungen gebunden sind, z. B. den Wasser- bunden werden. Aufgrund der Wirtsspezifität oder
haushalt, pH-Wert und Nährstoffausstattung, kön- Präferenz taxonomischer und funktioneller Gruppen
nen nur schwerlich in neue, klimatisch zuträgliche wie pilzlicher Pathogene, holzbewohnender Pilze, xy-
Lebensräume mit ähnlichen Bodenbedingungen mig- lobionter Käfer, Mykorrhizapilze oder Herbivoren
rieren, wenn diese durch großflächige Standorte mit (Brändle und Brandl 2001, Ishida et al. 2007, Pura-
anderen Bodenverhältnissen abgetrennt sind (Baur hong et al. 2018) bietet jede Baumart Lebensraum und
und Baur 1993, Dirnböck et al. 2011). Arealverschie- Ressourcen für Hunderte anderer Arten im Nahrungs-
bungen insbesondere von wenig mobilen Arten wer- netz des Ökosystems. Die Anzahl verschiedener Baum-
den zudem durch die Zerschneidung der Landschaft arten ist daher von großer Bedeutung für die Habi-
und Lebensräume behindert oder sogar unmöglich tatvielfalt auf Bestandsebene und somit auch für die
gemacht. Zum Beispiel reduziert die Fragmentierung Zuträglichkeit und Durchlässigkeit für Arten, die ihre
des Waldlebensraums in Europa die Migrationsraten Verbreitungsgebiete verschieben.
von Waldbodenpflanzen auf Werte, die um eine Grö- Schwieriger gestaltet sich die Frage, wie man mit
ßenordnung unter den Migrationsraten liegen, die er- Arten umgehen soll, bei denen aufgrund Ihrer klima-
forderlich wären um mit der Geschwindigkeit der Kli- tischen Toleranz und/oder des klimabedingten Verlus-
mawandels Schritt zu halten (Dullinger et al. 2015). tes an Lebensraum konstatiert werden muss, dass sie
Diese Befunde geben einen deutlichen Hinweis da- lokal aussterben werden. Hier bieten sich eventuell
rauf, dass, anstatt die Schutzbemühungen hauptsäch- Umsiedlungsmaßnahmen an, wenn an anderer Stelle
lich auf Schutzgebiete zu konzentrieren, die Erleichte- passendes, und nicht bereits besetztes Habitat besteht
rung der Bewegung von Arten durch die Landschaft (siehe Kap. 3.3.1.4). Bei vom Klimawandel bedroh-
eine Priorität für den Naturschutz darstellen sollte ten Vorkommen von Arten, die bisher durch aufwän-
(siehe Kap. 3.3.1.3). dige Schutzprogramme gestützt wurden, stellt sich
Angesichts des Klimawandels bieten sich für den die Frage, ob hier Abbruchkriterien definiert werden
Schutz von Arten und Lebensräumen in der Wald- bzw. entwickelt werden sollten, um die knappen Res-
landschaft außerhalb von strengen Schutzgebieten sourcen für den Naturschutz an anderer Stelle zielfüh-
folgende Anpassungsziele und Handlungsoptionen. render einzusetzen.
Zunächst sollten alle Arten in ihren Vorkommen dort Bei Arten, von denen aufgrund vielfältiger Inter-
erhalten werden, wo dies aufgrund der zu erwarten- aktionen wiederum viele andere Arten abhängen,
den klimatischen Veränderungen möglich ist. Dabei zum Beispiel Bäume, sollte nach Möglichkeiten ge-
sollten möglichst große, genetisch diverse Populatio- sucht werden, durch Ersatzarten möglichst vielen die-
nen erhalten oder geschaffen werden. ser abhängigen Arten einen zukünftigen Lebensraum
Da der Klimawandel in den meisten Situationen nur zu bieten. Gegenwärtig sind mehrere einheimische
einer von mehreren Stressfaktoren ist, sollten nega- Baumarten bedroht oder haben einen Rückgang ihrer
tive Einflüsse anderer Faktoren wie Habitatfragmen- Populationen und Verbreitung aufgrund von Krank-
tierung, Nutzungsintensität, invasive Arten, möglichst heiten. Der Verlust solcher strukturbildenden Arten
reduziert werden. Beispielsweise profitieren viele kann zu einem massiven Artenschwund führen.
Waldbodenpflanzen von dem kühleren und ausgegli- Die Holländische Ulmenkrankheit hat in Europa zu
chenen Waldinnenklima unter einem geschlossenen einem hohen Verlust von Ulmen geführt (Potter et al.

106
3.3 Naturschutzmanagement 

2011) und europäische Pinus-Arten inkl. Pinus sylves- benötigt. Auf dieser Grundlage können Entschei-
tris sind durch die Kiefernnematode bedroht (Hopf-Bi- dungen über die Aufnahme bzw. Aufgabe von Ar-
zikis et al. 2016), die bereits auf der iberischen Halb- tenschutzprogrammen getroffen werden. Zu diesem
insel angekommen ist. Die Gemeine Esche, ist durch Zweck sollten aber klare Kriterien entwickelt werden,
das Eschentriebsterben, verursacht durch den Asco- ab wann man sich um neue Arten kümmern sollte. Die
myceten Hymenoscyphus fraxineus, in ganz Europa in Empfehlungen zur Aufnahme bzw. Aufgabe von Ar-
ihrem Bestand bedroht (Kjær et al. 2012). tenschutzprogrammen könnten dann beispielsweise
Untersuchungen im Zusammenhang mit dem nach Konsultationen von Expertinnen und Experten
Eschentriebsterben zeigten, dass mit dem Verschwin- und in Koordination mit Nachbarländern ausgespro-
den der Gemeinen Esche sehr viele andere Arten aus chen werden, um eine europäische Perspektive auf
europäischen Wäldern verloren gehen könnten; al- den Erhaltungszustand der Arten zu berücksichtigen.
lein in Schweden wurden unter Berücksichtigung der
Stärke der Assoziation mit der Esche und des Erhal- 3.3.1.2 Design und Management von
tungszustands der Arten, insgesamt 115 Arten als re- Schutzgebieten
gional stark gefährdet eingestuft (Hultberg et al. 2020).
Um einem solch massiven Artenverlust entgegenwir- Schutzgebiete in ihren unterschiedlichen rechtlichen
ken zu können, untersuchten Mitchell et al. (2016) in Kategorien gelten als die Kernstücke des Flächen-
welchem Umfang der Artverlust durch andere ein- schutzes. Die Festlegung von Schutzzielen ist dabei
heimische Baumarten kompensiert werden kann. Ein die wesentliche Grundlage des Managements dieser
möglichst hoher Anteil (in der Größenordnung von Gebiete. Es ist abzusehen, dass der Klimawandel man-
20 %) der am meisten gefährdeten Arten, die entweder ches Schutzziel beeinträchtigt oder gar obsolet wer-
obligat an der Gemeinen Esche gebunden oder eng mit den lässt. Insofern sind Schutzziele künftig möglichst
ihr assoziiert sind, konnte nur durch den Ersatz der weit zu fassen. Im Falle zu eng gefasster, etwa an ein-
Esche mit einer Kombination mehrerer Ersatzbaum- zelnen Arten festgemachter Schutzziele besteht die
arten erreicht werden. Gefahr des allzu schnellen Wegfalls der Schutzwür-
Um den erheblichen Artenschwund, der mit dem digkeit durch den Klimawandel. Jedenfalls wird es in
Verlust von Baumarten einhergeht, zu vermeiden oder solchen Fällen nötig werden, Schutzziele anzupassen.
zu reduzieren, sollte beim Auftreten neuer Krankhei- Dies ist umso wahrscheinlicher, als die Auswei-
ten und Schadorganismen, die die Existenz bestimm- sung neuer geschützter Gebiete nur in Ausnahme-
ter Baumarten bedrohen können, sehr schnell nach fällen nötig sein wird und bestehende Schutzgebiete
alternativen, funktional ähnlichen Baumarten(kom- nicht beliebig vergrößert und verbunden werden kön-
binationen) gesucht werden. nen. Auch stößt eine klimawandelbedingte Verschie-
Mit dem Klimawandel gehen aber nicht nur Arten bung von Gebieten in bisher noch kühlere Regionen
verloren, sondern es wandern auch neue Arten ein. auf biologische, rechtliche und im Landbesitz liegende
Szenarioanalysen deuten darauf hin, dass die phylo- Hindernisse.
genetische Diversität in Europa aufgrund des Klima- Wie mit Schutzzielen umzugehen ist, wenn diese
wandels insgesamt abnehmen und es zu einer stärke- wegen Klimaänderungen nicht mehr erreicht werden
ren Homogenisierung kommen wird (Thuiller et al. können, muss für die betroffenen Gebiete geklärt wer-
2011). Durch die Migration der Arten wird das Risiko den. Dies gilt nicht für Prozessschutzgebiete. Da hierzu
des Verlusts erheblich reduziert (Thuiller et al. 2005). kaum Erfahrungen vorliegen, ist die Vorabfestlegung
Die Verlagerung der Verbreitungsgebiete der Arten von „Sollbruchstellen“ für Schutzziele derzeit kaum
bedeutet auch, dass sich lokale und regionale Zustän- möglich und am einzelnen Gebiet festzumachen. Aus-
digkeiten für den Schutz bestimmter Arten verändern. drücklich bezieht sich diese Feststellung auf klima-
Wenn neue Arten einwandern, die in ihrem Ge- wandelbedingte Änderungen. In Gebieten, bei denen
samtbestand gefährdet sind, sollten diese in ent- wegen Bewirtschaftungseffekten das Schutzziel nicht
sprechende Artenschutzprogramme aufgenommen zu halten ist oder die Befürchtung dazu besteht, sollte
werden. Daher sollten an zentraler Stelle, z. B. dem die Priorisierung unbedingt dahingehen, im Interesse
Bundesamt für Naturschutz, regelmäßige Überprü- der Erreichung und Bewahrung des Schutzzieles die
fungen des Zustandes von Arten erfolgen, etwa alle Bewirtschaftungsform anzupassen.
5 Jahre, um festzustellen, welche Arten man in einer Im Management von Schutzgebieten kann die An-
Region verliert und welche Arten man dazu gewinnt. passung der Baumartenpalette an zukünftige Kli-
Dafür wird ein robustes Biodiversitätsmonitoring mabedingungen im Rahmen einer „Prestoration4“

4 Restauration, die darauf abzielt, die zukünftige Funktionsfähigkeit der Ökosysteme unter den Bedingungen des Klimawandels durch
geeignete Baumarten(kombinationen) und Strukturen zu gewährleisten

107
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

vorgesehen werden, z. B. in bewirtschafteten FFH- Amphibien und Reptilien, aber auch anderen Grup-
Gebieten, wiederum aber nicht in Prozessschutzge- pen zeigten große zwischenartliche Unterschiede.
bieten. Ein aufkommendes Problem können die für Da das Ausmaß der Klimaerwärmung wesentlich
Natura 2000-Gebiete bestehenden Verschlechterungs- größere Verschiebungen erfordert, ist es von zentraler
verbote werden, wenn die Schutzziele eng gefasst sind Bedeutung, einen funktionierenden Biotopverbund
und Prozesse des Klimawandels dazu führen, dass zu schaffen, welcher klimabedingte Verbreitungsver-
diese so nicht gehalten werden können. Insofern soll- schiebungen ermöglicht und damit gleichzeitig die
ten Prozessschutzgebiete nicht mit Natura 2000-Sta- Biodiversität, ihre Funktionen und Leistungen erhält
tus überlagert werden, da im Zuge des Klimawandels (Drobik et al. 2013).
die Konflikte zwischen Schutzzielen zunehmen wer- Zentrale Elemente des Biotopverbundsystems be-
den, es sei denn, der Prozessschutz und nicht eine be- inhalten die Vergrößerung und qualitative Verbesse-
stimmte Vegetationsform oder ein Lebensraumtyp bil- rung der Kernflächen und die Schaffung von Tritt-
det das Ziel der Unterschutzstellung. steinen und Korridoren (Fahrig 2013, 2019). Hierbei
Problematisch dürften sich insbesondere kleinere sollte im Zuge des Klimawandels neben der qualita-
Schutzgebiete unter dem Einfluss des Klimawandels tiven Verbesserung auch die klimatische Vielfalt der
entwickeln, welche als repräsentative und vielfältige Schutzgebiete berücksichtigt werden, um eine Ver-
Lebensraumtypen in den Landschaften heute durch- schiebung von Arten im Gebiet selber zu ermöglichen.
aus große Bedeutung und Berechtigung haben. Ihnen Hierzu sind große und genetisch diverse Populatio-
gilt im Interesse der Erhaltung der Diversität der nen notwendig (Gregorius 1996, Wagner et al. 2010),
Landschaft besonderes Augenmerk. um überhaupt ausreichend abwandernde Individuen
Für größere Schutzgebiete sind die Gefahren als zu erzeugen. Die Trittsteine und Korridore sollten so
weniger gravierend einzuschätzen. Insofern ist die seit ausgewählt werden, dass klimatisch passende Biotope
Jahrzehnten geführte SLOSS-Debatte (Single Large or Wanderoptionen bieten.
several small reserves) vor allem in Deutschland mit Auch die umgebende Matrix sollte in der Be-
seinen vielen kleinen Naturschutzgebieten nicht ziel- wirtschaftung so angepasst werden, dass die Durch­
führend, wenn das „Oder“ zu Ungunsten von kleinen lässigkeit für Wanderungen optimiert wird. Diese
Gebieten ausgelegt wird. Hierzu schlagen Förschler et kann durch eine systematische Biotopverbundpla-
al. (2013) zu Recht vor, das „Oder“ durch ein „Und“ zu nung mit einer ausreichenden Anzahl segregativer
ersetzen (Single Large and Several Small). Kernflächen eingebettet in eine integrative Matrix er-
reicht werden. Hierbei sollte eher auf mehrere hoch-
3.3.1.3 Biotopverbund wertige Kernflächen mit klimatischer Vielfalt als auf
die Ausweisung einer großen Fläche gesetzt werden
Für viele Pflanzen- und Tierarten wurden Verschie- (Fahrig 2013, 2019).
bungen im Verbreitungsgebiet als Folge der klima-
tischen Veränderungen nachgewiesen (siehe Kap. 3.3.1.4 Assisted Migration, Umsiedlung und
1.2.1.4). Damit dies möglich ist, müssen neben geeig- Neuansiedlung von Arten
netem Lebensraum in klimatisch passenden Regionen
Korridore oder Biotopverbundsysteme vorhanden Auf Grund der langen Nutzungsgeschichte liegen in
sein, die eine Verschiebung in klimatisch passende Deutschland viele Lebensräume nur noch in Fragmen-
Regionen ermöglicht. Viele Waldarten werden diese ten vor. Viele bedrohte Arten harren dabei in Restpo-
Verbreitungsverschiebungen allerdings nicht mitma- pulationen auf noch geeigneten Flächen über zum
chen können, denn die meisten Bäume wandern mit Teil sehr lange Zeiträume aus. Wenn jetzt durch ra-
Geschwindigkeiten von 115 bis 550 m pro Jahr, wobei sche Klimaveränderungen lokale Lebensräume ihre
Bäume der frühen Sukzessionsphase schneller wan- Eignung verlieren, droht ein Aussterben solch isolier-
dern als Bäume der mittleren und späten Sukzessions- ter Vorkommen. Grundsätzlich kann man versuchen,
phase (Feurdean et al. 2013). mit Habitatverbesserungen oder Verbundelementen
Auch viele Waldtierarten wie etwa Schnecken, in der Landschaftsmatrix dagegen anzugehen. Be-
flugunfähige Totholzkäfer, kleine Säugetiere und all- stimmte Habitate, wie beispielsweise alte Bäume, sind
gemein Bodenlebewesen weisen eine geringe Mobili- aber nicht in wenigen Jahrzehnten neu zu schaffen.
tät auf. Aufgrund der fortschreitenden Klimaerwär- Hier ist die aktive Verfrachtung von Arten ein Mittel,
mung konnte mit Daten aus Monitoring-Programmen welches im Bereich von Baum- und Straucharten und
auf den britischen Inseln bei den meisten Arten eine anderen krautigen Pflanzenarten bereits heute regel-
Erweiterung der Verbreitungsgebiete nach Norden mäßig zum Einsatz kommt.
um 20 bis 80 km in etwa 25 Jahren nachgewiesen Anders sieht die Situation bei Insekten oder wenig
werden (Hickling et al. 2006). Die Ausnahme bildeten mobilen Wirbeltieren wie Amphibien und Reptilien

108
3.3 Naturschutzmanagement 

aus. Hier bestehen immer noch große Unsicherhei- 3.3.1.5 Management invasiver Arten
ten über die Erfolgsaussichten und die Notwendig-
keit. Dabei steigt die wissenschaftliche Erkenntnis, Biologische Invasionen werden weltweit als ein wich-
dass derartige Verfrachtungen insbesondere im Kli- tiger Treiber des Verlustes von Biodiversität gesehen,
mawandel notwendig werden und gleichzeitig nur auch in Wäldern. Durch die Globalisierung von Han-
geringe Risiken für andere Arten darstellen (Thomas del und Reisen nimmt die Ausbreitung nicht-heimi-
2011) soweit die Arten heimisch und die Ansiedlung scher Arten weiterhin zu (siehe 1.2.1.4). Ein Teil die-
im projizierten Verbreitungsraum erfolgt (Webber et ser Arten, von Viren und Bakterien bis hin zu Pilzen,
al. 2011). Pflanzen und Tieren, etabliert sich und verursacht
Gleichzeitig können Verfrachtungen auf Grund der schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt, die
geringen Kosten eine effiziente Ergänzung zu Ansät- Wirtschaft und die menschliche Gesundheit (Keller et
zen sein, in denen Lebensräume im Anschluss an be- al. 2011). Im Naturschutz werden solche gebietsfrem-
stehenden Populationen geschaffen werden (Tainio den Arten als invasiv bezeichnet, die erhebliche un-
et al. 2016). Zum Beispiel wurde in England mithilfe erwünschte Auswirkungen auf andere Arten, Lebens-
von Habitatmodellen gezielt neuer Lebensraum für gemeinschaften oder Biotope haben (Nehring et al.
bedrohte Schmetterlingsarten im Klimawandel iden- 2013). Zum Beispiel treten invasive Arten mit einhei-
tifiziert und dort dann neue Populationen bedrohter mischen Arten in Konkurrenz um Lebensraum und
Arten über Verfrachtung erfolgreich etabliert (Wil- Ressourcen und verdrängen diese. Als Schadorganis-
lis et al. 2009). Auch in Finnland wurden erfolgreich men oder Krankheiten beeinträchtigen sie die Vitali-
Schmetterlinge verfrachtet (Kuussaari et al. 2015). In tät anderer Arten bzw. führen zur bestandsbedrohen-
Tschechien wurde eine bedrohte Totholzkäferart (Ce- den Mortalität (z. B. Eschentriebsterben). Sie können
rambyx cerdo), die gleichzeitig als Ökosystem-Ingeni- selbst auch als Überträger von Krankheiten und Pa-
eur fungiert, angesiedelt (Drag und Cizek 2015). Da- rasiten auftreten oder als Räuber können sie die Po-
durch wurden auch weitere bedrohte Arten gefördert. pulationen von Beutetieren negativ beeinflussen, was
Eine Meta-Analyse von 74 verschiedenen Verfrach- insbesondere bei gefährdeten Arten kritisch sein kann
tungsexperimenten von Insekten hat gezeigt, dass der (Kauhala und Kowalczyk 2011, Hulme 2007, Soliman
wichtigste Erfolgsfaktor die Zahl der ausgebrachten et al. 2012).
Individuen war. Als weitere Faktoren wurden Wet- In Bezug auf die Anpassung der Wälder an den Kli-
ter, Klima und Habitatqualität angeführt (Bellis et mawandel sind insbesondere zwei Aspekte von Be-
al. 2019). Die hohen Erfolgsaussichten und gleichzei- deutung: 1) die mögliche Verstärkung der Ausbrei-
tig geringen Kosten gegenüber Verfrachtungsexperi- tung invasiver Arten als Folge des Klimawandels und
menten bei Wirbeltieren legen nahe, dieses Instru- nachfolgende Auswirkungen auf Waldökosysteme,
ment auch für Wirbellose im Klimawandel besser zu 2) die mögliche Etablierung und Ausbreitung invasi-
etablieren. ver Arten, z. B. eingeführter Baumarten, im Zuge von
Bei Pflanzen ist der Erhalt von Arten über Samen- Anpassungsstrategien.
banken und die gezielte Ansiedlung in ehemaligen In ersterem Fall sind insbesondere solche inva-
Verbreitungsgebieten schon länger als Naturschutz- siven Arten von Bedeutung, die als Pathogene und
maßnahme etabliert. Im Klimawandel werden ver- herbivore Insekten Baumarten in ihrem Bestand ge-
schiedene Strategien vorgeschlagen, wie der Erhalt fährden. Viele dieser Invasionen von herbivoren In-
von Pflanzenarten durch aktive Maßnahmen unter- sekten und Krankheitserregern haben erhebliche Ver-
stützt werden kann (Vitt et al. 2010). Pilze verfügen ge- luste von Habitaten und Ökosystemleistungen, die
nerell über eine sehr hohe Ausbreitungsfähigkeit über von Bäumen bereitgestellt werden, sowie wirtschaftli-
ihre Sporen. Trotzdem haben viele spezialisierte Arten che Auswirkungen verursacht. Auch wenn bisher die
Probleme die wenigen geeigneten Lebensräume, bei- Wechselwirkungen zwischen invasiven Schadorganis-
spielsweise im Totholz, erfolgreich zu besiedeln. men und dem Klimawandel nur schwer vorherzusa-
Daher wird auch hier aktive Ansiedlung durch eine gen sind, zeichnet sich ab, dass sich die kumulativen
Beimpfung erfolgreich eingesetzt (Abrego et al. 2016). Auswirkungen auf die Waldökosysteme verschärfen
Letztendlich sollten, auch um Misserfolge zu vermei- (Ramsfield et al. 2016).
den, bei allen aktiven Ansiedlungen auch im Klima- In einer Modellierungsstudie wurde anhand von
wandel die Grundsätze der IUCN Kriterien für Wieder- fünf ausgewählten Schadorganismen und Pathoge-
ansiedlung beachtete werden (IUCN 2013). nen (Asiatischer Laubholzbockkäfer, Anoplophora
glabripennis, Kiefernnematode, Bursaphelenchus xi-
lophilus, Plötzlicher Eichentod, Phytophthora ramo-
rum, ­Buchenkrebs, Phytophthora kernoviae, und Kie-
fernpechkrebs, Fusarium circinatum) gezeigt, dass

109
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

der Klimawandel bei einem moderaten Temperatur- resistenter Individuen und Populationen einzuleiten,
anstieg das potenzielle Verbreitungsgebiet dieser ge- wie dies gegenwärtig bei der Esche der Fall ist (Sol-
bietsfremden, bereits in Europa auftretenden Arten lars et al. 2017, Enderle et al. 2019). Wie im Falle der
deutlich vergrößern würde (Seidl et al. 2018). Das Nordamerikanischen Esskastanie (Castanea dentata),
Schadpotenzial dieser Arten, vor allem der beiden erst- die vom Kastanienrindenkrebs (Cryphonectria pa-
genannten, auf die lebende Baumbiomasse wird ähn- rasitica) in ihrem Bestand bedroht ist, demonstriert
lich gravierend eingeschätzt, wie das derzeitige natür- wurde, kann auch durch die Hybridisierung mit einer
liche Störungsregime in Europa, das im Wesentlichen verwandten, resistenten Art der gleichen Gattung (C.
durch Stürme, Feuer und Borkenkäfer bestimmt wird. mollissima) und nachfolgender Rückkreuzung eine
Welche Auswirkungen eine weitere Verbreitung die- Baumart entwickelt werden, die die ökologischen
ser Arten auf die Biodiversität haben könnte, ist bis- Funktionen der ursprünglichen Art übernehmen
her nicht bekannt. kann (Jacobs et al. 2013).
Während Störungen, die für mehr Licht und Tot- Um Wälder an den Klimawandel anzupassen, wird
holz in den Wäldern sorgen, in vielen Fällen zunächst in der Waldwirtschaft neben bisher seltenen einhei-
positive Auswirkungen auf die Diversität vieler Wald- mischen auch auf eingeführte Baumarten zurückge-
arten haben (Hilmers et al. 2018), können über den griffen (Vor et al. 2015, Thurm et al. 2018, Albrecht
regionalen oder den weitgehend vollständigen Ver- und de Avila 2018). Die Verwendung nicht heimischer
lust von Baumarten über invasive Krankheiten und Arten wird aus naturschutzfachlicher Sicht häufig kri-
Schadorganismen massive Verluste der Biodiversität tisch gesehen, da diese Baumarten, bei einem gerin-
eintreten. Die Abschätzungen der Verluste einheimi- gen Grad der Verwandtschaft mit heimischen Baum-
scher Arten mit dem Verschwinden der Esche (Fra- arten (Gossner 2016), in der Regel weniger heimischen
xinus excelsior) durch das Eschentriebsterben für Arten Habitat bieten und einige von ihnen als invasiv
Großbritannien und Schweden geben ein eindrückli- oder potenziell invasiv angesehen werden (Felton et
ches Bild der möglichen Konsequenzen (Mitchell et al. al. 2013, Dumas 2016).
2014, Hultberg et al. 2020). Die Habitat- und Ökosys- Für die bereits in der Vergangenheit eingeführten
temfunktionen einer Baumart können dabei nicht ein- Baumarten liegen eine Reihe von Beurteilungen ihrer
fach durch eine andere Baumart übernommen wer- (potenziellen) Invasivität vor (Nehring et al. 2013, Vor
den, insbesondere wenn, wie im Falle der Esche, die et al. 2015). Diese Beurteilungen divergieren teilweise
der einzige ­Vertreter der Gattung in einer Waldgesell- erheblich, unter anderem weil unterschiedliche Krite-
schaft ist (Mitchell et al. 2016, Broome et al. 2019). rien verwendet und gleiche Kriterien unterschiedlich
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, gewichtet werden, viele Bewertungen auf einer unzu-
dass ein Verlust von Baumarten mit erheblichen ne- reichenden Datenbasis zur Quantifizierung von Inva-
gativen Konsequenzen für die Waldbiodiversität und sionsrisiken vorgenommen werden und vielfach nicht
die Funktionalität unserer ohnehin relativ baumar- zwischen Risiken, die von eingeführten Baumarten
tenarmen Wälder einhergehen wird. Daher müssen auf verschiedenen Standorten bzw. in unterschiedli-
die Anstrengungen darauf konzentriert werden, die chen Ökosystem ausgehen, differenziert wird (Binde-
Einschleppung von Arten zu vermeiden, das Auftreten wald et al. 2020).
neuer Krankheiten und Schadorganismen möglichst Grundsätzlich kann man aufgrund bisheriger Ri-
früh zu erkennen, und die weitere Ausbreitung be- sikobewertungen zwischen solchen Baumarten unter-
reits eingeschleppter invasiver Organismen m ­ öglichst scheiden, die a) als eindeutig invasiv eingestuft wer-
zu unterbinden. den (z. B. Prunus serotina, Fraxinus pennsylvanica), b)
Bisher war unsere Gesellschaft in den meisten als nicht invasiv eingestuft werden (z. B. Larix kaemp-
­Fällen nicht in der Lage, rechtzeitig und in effekti- feri), c) bei denen ein potenzielles Risiko als gering und
ver Weise zu reagieren, um diese neuen und invasi- durch die Waldbewirtschaftung kontrollierbar einge-
ven Krankheiten zu stoppen (Stenlid et al. 2011). Die schätzt wird (z. B. Pseudotsuga menziesii), und d) bei
Empfehlungen, die sich daraus zum Schutze der Biodi- denen die Informationsgrundlage zu dürftig ist, um zu
versität ableiten lassen, entsprechen weitgehend den einer abschließenden Einschätzung zu gelangen (z. B.
­Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Waldschut- Paulownia tomentosa) (Vor et al. 2015).
zes (siehe Kap. 4.2). In waldbaulichen Anpassungsstrategien sollte man
Während die forstliche Produktion zum Teil auf Er- sich daher auf Baumarten der Kategorien b) und c) fo-
satzbaumarten ausweichen kann, ist dies für die hei- kussieren und gleichzeitig die Informationsgrundlage
mische Biodiversität nur bedingt möglich. Hier ist es für Risikobewertungen durch ein explizites Monito-
notwendig, bei Auftreten artbedrohender Krankhei- ring dieser Baumarten in verschiedenen Inventuren
ten zügig Forschungsprogramme zur Identifizierung (z. B. Bundeswaldinventur, Betriebsinventuren, Bio-
von Resistenzen und wenn möglich zur Züchtung topkartierungen) laufend verbessern (Bindewald et

110
3.3 Naturschutzmanagement 

al. 2021). Letzteres erscheint vor allem in Hinblick auf an ein zukünftiges Klima als notwendig angesehen
die Unsicherheiten geboten, die mit der Populations- wird, wird seitens des Naturschutzes häufig eine pas-
entwicklung eingeführter Arten unter zukünftig ver- sive Anpassung über natürliche Verjüngungs- und
änderten Störungsregimen einhergehen. Sukzessionsprozesse bevorzugt (Reif et al. 2010).
Die wenigen bisherigen Untersuchungen in Mittel- Ein weiterer Zielkonflikt ergibt sich aus dem
europa, können die Rolle von Störungen als Auslöser Schutz temperaturempfindlicher Arten durch den Er-
für biologische Invasionen durch eingeführte Baum- halt eines geschlossenen Kronendachs auf der einen
arten nicht bestätigen (Dyderski et al. 2018). Eine Be- Seite (z. B. de Frenne et al. 2021) und der Förderung
wertung des Risikos einer potenziellen Invasivität von Vorverjüngung durch Auflockerung des Kronen-
(oder anderer negativer ökologischer Auswirkungen) dachs, um die Resilienz des Systems gegenüber Stö-
sollte fester Bestandteil der Überprüfung der Anbau- rungen zu erhöhen (Bauhus et al. 2013). Diese unter-
würdigkeit von Baumarten sein, wie dies bereits in schiedlichen Ziele lassen sich offensichtlich nur durch
den meisten Fällen geschieht (Albrecht und de Avila eine räumliche Separation der verschiedenen Bestan-
2018). Für bereits in der Vergangenheit eingeführte, desstrukturen erreichen.
als invasiv eingestufte Baumarten sind waldbauliche In Bereichen des amtlichen und nichtamtlichen Na-
Systeme und Bewirtschaftungsplanungen auf Land- turschutzes besteht vielfach die Vorstellung, dass die
schaftsebene zu entwickeln, die geeignet sind, diese Natürlichkeit von Prozessen (z. B. Naturverjüngung)
Arten zurückzudrängen bzw. eine weitere Verbrei- im Sinne einer Eigendynamik für die Anpassung der
tung und negative Auswirkungen auf die Ökosysteme Wälder an den Klimawandel von größerer Bedeutung
zu kontrollieren und zu reduzieren (Petersen 2014, sei als ein aktiver Waldumbau, mit dem gezielt stand-
Quadt et al. 2016). Vielfach fehlt es hier noch an den ortsangepasste Baumarten eingebracht werden, die
erforderlichen Grundlagen (Felton et al. 2013). eine höhere Toleranz gegenüber zukünftigen klimati-
schen Bedingungen aufweisen (BfN 2020). Dies wird
3.3.2 Wechselbeziehung und vor allem mit einer hohen genetischen ­Diversität be-
Anpassungshemmnisse gründet, wobei die Frage der genetischen Eignung der
Baumarten in den Hintergrund tritt. Möglicherweise
Konflikte zwischen waldwirtschaftlichen und besteht hier auch ein Misstrauen gegenüber model-
naturschutzfachlichen Zielen lierten zukünftigen Baumartenverteilungen, aus
denen Entscheidungen zu der Baumartenzusammen-
Vor dem Hintergrund der Anpassung der Wälder und setzung abgeleitet werden.
Waldwirtschaft an den Klimawandel ergeben sich ei- Eine Überschätzung des Potenzials der bisherigen
nige mögliche Konflikte mit anderen Zielen wie bei- am Standort vorkommenden Baumarten sich in kur-
spielsweise naturschutzfachlichen Zielen (Reif et al. zer Zeit „anzupassen“, kann durch die Verjüngungs-
2010). Dazu gehört eine vermehrte Verwendung ein- freudigkeit dieser Baumarten begründet sein. Dabei
geführter Baumarten, die in eine geringere Habi- wird leicht verkannt, dass es zu einer Entkopplung
tatfunktion als einheimische Baumarten aufweisen kommen kann zwischen der Fähigkeit, sich zu ver-
können und teilweise auch als potentiell invasiv an- jüngen, und dem Potenzial, sich am Standort in reife
gesehen werden (Vor et al. 2015). Die Diskussion über und alte Bäume zu entwickeln, denn viele der Klima-
eingeführte Arten zwischen Forstwirtschaft und Na- risiken betreffen insbesondere große und alte Bäume.
turschutz wird nach wie vor sehr emotional geführt, Diese Art von Entkopplung ist z. B. bei einigen Krank-
was zum guten Teil auch an der mangelnden Evidenz heiten wie dem Ulmensterben oder der Buchenrin-
liegt (Gossner 2016). dennekrose (Elenitski et al. 2020) zu erkennen. Die
Ein weiterer Bereich, in dem waldbauliche An- sehr konkurrenzfähige Verjüngung einer Baumart
passungsstrategien mit naturschutzfachlichen Zielen wie der Buche kann daher sogar als „Anpassungs-
potenziell in Konflikt stehen, ist die Verkürzung der bremse“ wirken, wenn sie die künstliche oder natürli-
Produktionszeiten zur Verminderung der Vulnerabi- che Verjüngung anderer, besser angepasster Baumar-
lität gegenüber Stürmen und Trockenstress (Reif et ten behindert.
al. 2010). Zur Abmilderung dieser Zielkonflikte kann
die Bereitstellung von Habitat in Form von alten und Anpassungshemmnisse im
großen Bäumen durch separate Ausweisungen von Schutzgebietsmanagement
Habitatbäumen, Altholzinseln und ähnliche integra-
tive Naturschutzinstrumente erfolgen (Bollmann und Obwohl das Problem seit einiger Zeit bekannt ist, wur-
Braunisch 2013, Gustafsson et al. 2020). Während von den regionale Klimawandelszenarien bei der Auswei-
forstlicher Seite in vielen Fällen ein aktiver Waldum- sung von Schutzgebieten bisher so gut wie nicht bzw.
bau zur Anpassung der Baumartenzusammensetzung unzureichend berücksichtigt (Hoffmann et al. 2019).

111
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

Aufgrund ihrer vielfach geringen Größe bzw. einer Erhöhung der Biomasse- und Totholzvorräte würde
geringen topographischen Variation, werden viele le- hier sehr wahrscheinlich zu einer erhöhten Einfuhr
bensraumtypische Arten dort zukünftig keine geeig- von Holz führen, die nicht zu einer Verbesserung des
neten Habitatbedingungen mehr vorfinden, so dass Klimaschutzes führt (WBW 2021). Auch um das knappe
für bestimmte Schutzkategorien auch der Schutz- Gut Wasser wird die Konkurrenz zunehmen. Wäh-
zweck hinterfragt werden kann. Das Problem wird da- rend trockener und heißer Witterung steigt der Be-
durch verschärft, dass eine Ausweitung bestehender darf für Wasser zur Kühlung in der industriellen Pro-
Schutzgebiete wegen unterschiedlicher Waldbesitz- duktion, der Bewässerung in der Landwirtschaft und
verhältnisse bzw. der Fragmentierung der Landschaft zum Verbrauch in privaten Haushalten. Dies führt zu
häufig nicht möglich ist. vermehrter Entnahme von Grundwasser unter Wald.
Der häufig sehr statische Ansatz in der Planung Diese Grundwasserentnahme führt zur Schwächung
und der Bewirtschaftung von Schutzgebieten er- der Vitalität und Erhöhung der Baummortalität in den
schwert zudem die Anpassung. Dies betrifft z. B. auch betroffenen Wäldern (Skiadaresis et al. 2021). Davon
das Verschlechterungsverbot in Natura 2000 Gebieten, sind insbesondere alte Bäume betroffen.
wo nach §33 BNatSchG alle Handlungen von Wald-
bewirtschaftern, die zu Verschlechterungen von Na- Synergien zwischen waldwirtschaftlichen und
tura 2000-Schutzgütern in den Natura 2000-Gebieten naturschutzfachlichen Strategien
führen, verboten sind. Werden klima- oder störungs-
bedingte Verschlechterungen gegenüber einem im Zwischen waldwirtschaftlichen und naturschutzfach-
Managementplan beschriebenen Referenzzustand lichen Anpassungsstrategien gibt es eine Vielzahl von
festgestellt, so sind diese nicht den Waldbewirtschaf- Synergien (z. B. Reif et al. 2010). Dazu gehört die Di-
tern anzulasten, da sie nicht durch ein aktives Handeln versifizierung der Baumarten, die Erhöhung der Mi-
des Bewirtschafters verursacht wurden, z. B. das Ab- schungsanteile und der strukturellen Diversität in
sterben eines FFH-Buchenwaldes aufgrund von Tro- naturnahen Wäldern sowie die stärkere Berücksichti-
ckenstress. Mehr Totholz in Form der abgestorbenen gung von bisher seltenen Baumarten im Waldumbau,
Buchen könnte kurz- bis mittelfristig zunächst eine weil eine höhere Baumartendiversität die Diversität
Aufwertung, also eine Verbesserung des Waldlebens- anderer Artengruppen im Wald stärkt (Ampoorter et
raumtyps bedeuten. Wenn jedoch Waldbesitzende die al. 2020).
abgestorbenen Buchen zur Begründung eines Folge- Klimawandelbedingte Störungen sind zunächst
bestandes einschlägt, um klimaangepasste Baumarten kein Problem für den Naturschutz. Vielfach bieten sie
zu pflanzen, die nicht zu den lebensraumtypischen Strukturen und Auflichtungen, die für eine Erhöhung
Gehölzen gehören, kann dies als Verschlechterung in- der Diversität vieler Waldarten sorgen (z. B. Hilmers
terpretiert werden. et al. 2018, Neff et al. 2021). Allerdings führen groß-
Bisher bestehen keine Konzepte für temporäre flächige Störungen in aller Regel zu erheblichen wirt-
Waldschutzgebiete, um einige der Probleme mit sta- schaftlichen Einbußen der Waldbesitzenden, die sie
tischen Schutzgebieten zu überwinden. Temporäre möglicherweise darin beeinträchtigen, naturschutz-
Schutzgebiete könnten ein sinnvolles Konzept dar- fachlichen Maßnahmen durchzuführen. Durch im Kli-
stellen, wenn a) absehbar ist, dass die Schutzgüter mawandel abnehmende Möglichkeiten, mit der Pro-
nur von begrenzter Dauer sind wie z. B. eine totholz- duktion von Holz Einkommen zu erzielen, könnten
reiche, frühsukzessionale Phase der Bestandesentwi- Waldbesitzende verstärkt bemüht sein, Maßnahmen
cklung nach Störung (WBW und WBBGR 2020) oder des Vertragsnaturschutzes zu implementieren (z. B.
b) die mittel- bis langfristige Erfüllung des Schutzzwe- Ökokonto-Maßnahmen), besonders auf Grenzertrags-
ckes vor dem Hintergrund der klimawandelbedingten standorten, wo häufig ohnehin die Wälder mit der
Veränderungen zu unsicher ist und daher einer Über- höchsten Biodiversität vorzufinden sind.
prüfung bedarf. Weitere Synergien sind auch durch mögliche
­Anpassungsmaßnahmen in der Landwirtschaft zu er-
Konflikte naturschutzfachlicher Ziele mit warten, die geeignet sind den Biotopverbund in der
weiteren Sektoren Kulturlandschaft zu verbessern, beispielsweise durch
Formen der Agroforstwirtschaft wie Hecken oder „Al-
Weitere Zielkonflikte mit naturschutzfachlichen Zie- ley-Cropping“ (z. B. Thaler et al. 2012, Hernández-Mor-
len bestehen auch mit anderen Sektoren. Andere cillo et al. 2018).
Sektoren (Energie, Gebäude, Industrie) sind auf die
Verwendung von Holz für die Erreichung ihrer Emis-
sionsminderungsziele angewiesen. Eine Reduktion
der Nutzung von Holz aus heimischen Wäldern zur

112
3.4 Erholung, Sport, Gesundheitsvorsorge und Tourismus 

3.4 Erholung, Sport, sie sich auf diesem Wege regenerieren; sie gehen
Gesundheitsvorsorge und dabei 63 verschiedenen Tätigkeiten nach (Hermes et
Tourismus al. 2021). Diese Begeisterung für die naturbezogene
Erholung resultiert jährlich in 3,3 Mrd. Tripps bzw.
Die Gründe für einen privaten Waldbesuch sind viel- 16,6 Mrd. Stunden Aufenthalt in der Natur (ebd.). Wäl-
fältig. Untersuchungen betonen vor allem die Rolle dern kommt in diesem Feld eine besondere Bedeutung
des Aufenthaltes in der Natur bzw. im Wald für die zu. Sie wurden und werden traditionell für Freizeit-
persönliche Regeneration (Hartig et al. 2003, Bowler betätigungen wie Wandern, Spaziergänge, Naturbeob-
et al. 2010). Verschiedene Faktoren tragen im Zusam- achtung oder das Sammeln von Beeren und Pilzen ge-
menspiel zu gut belegten gesundheitlichen Wirkungen nutzt (Hahne et al. 2012).
bei, etwa die Anregung zur Bewegung im Wald, das als In den letzten Jahrzehnten hat sich das waldbezo-
angenehm empfundene Waldinnenklima, die Lärm- gene Freizeitverhalten deutlich diversifiziert. Wälder
dämpfung oder die Naturgeräuschkulisse (Hahne et bilden zunehmend auch die Kulisse für diverse Sport-
al. 2012, Schraml 2009, Ensinger et al. 2013). Im Um- arten wie Joggen und Walken, Mountainbiken und in-
feld der Städte liegt ein Schwerpunkt der entsprechen- ternetbasierte Freizeitbetätigungen wie Geocachen.
den Nachfrage nach ruhiger Walderholung sowie Flä- Zunehmende Digitalisierung und Elektromobilität er-
chen für Sport und Training (Baumeister et al. 2020, weitern die Vielfalt der Tätigkeiten sowie das räum-
Janeczko 2020, Konijnendijk 2003, Nowak und Dwyer lich-zeitliche Muster der Nutzung. Die Vermarktung
2007). von naturbasierten Freizeitaktivitäten gilt als Wachs-
Während beim Thema „Erholung im Wald“ in der tumsmarkt (Kirig & Schick 2008, Strasdas 2006). Vor
Regel die wohnortnahe Regeneration der Bevölkerung allem Gesundheitsvorsorge bzw. Gesundheitstouris-
im Mittelpunkt steht, umfasst der „waldbezogene Tou- mus haben diesbezüglich in den letzten Jahren eine
rismus“ Reisetätigkeiten und stellt als Wirtschaftssek- größere Aufmerksamkeit erfahren, beispielsweise in
tor die Wertschöpfung für Unternehmen und Kom- Form des sogenannten „Waldbadens“ und diverser
munen durch auswärtige Gäste in den Vordergrund therapeutischer Angebote in Wäldern (Bachinger &
(Arnberger et al. 2016). Im Sinne der Daseinsvorsorge Rau 2019, Schuh & Immich 2019, Pröbstl-Haider et al.
(v.a. Erholung) und der Stärkung der Wirtschaftskraft 2021, Ihlow & Lamminger 2020).
ländlicher Räume (v.a. Tourismus), gilt es beide Öko- Dass die Inanspruchnahme von Wäldern als Erho-
systemleistungen auch unter den Bedingungen des lungsraum dabei nicht nur neu aufkommende Trend-
Klimawandels zu erhalten (siehe Auftrag der Bundes- sportarten und Freizeitaktivitäten widerspiegelt, son-
und Landeswaldgesetze, Forest Europe 2019, Abiy et dern insgesamt stark vom gesellschaftlichen Kontext
al 2015, Raumordnungsgesetz ROG § 2 Abs. 1 und 4). beeinflusst wird, wurde während des durch die Co-
Die diversen Nutzungsansprüche im Bereich Er- rona-Pandemie bedingten „Lockdowns“ im Frühjahr
holung und Tourismus werden neben verschiedenen 2020 deutlich. Exemplarisch wurde in einer Studie im
gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen - Bonner Kottenforst nachgewiesen, dass sich die Besu-
etwa Digitalisierung oder aktuell die Pandemie - maß- cherzahlen in diesem Zeitraum mehr als verdoppel-
geblich durch den Klimawandel beeinflusst (Hannam ten und bislang wenig waldaffine Gruppen - auch in
et al. 2021, Gössling et al. 2020, Wang et al. 2012, Larsen Ermangelung anderer Freizeitalternativen - den Wald
et al. 2007, Gössling & Hall 2006). Die Wirkungsweise für sich entdeckten (Derks et al. 2020, Weinbrenner et
und deren Intensität sind mit Blick auf die witterungs- al. 2021).
bedingten Voraussetzungen der einzelnen Aktivitäten Es ist zu erwarten, dass Wälder und ihr Manage-
sowie die jeweiligen räumlichen Gegebenheiten ver- ment im Zuge der klimatischen Veränderungen wei-
schieden. Anpassungsmaßnahmen sollten in erster ter an Bedeutung gewinnen werden (Bell et al. 2005).
Linie darauf zielen, die wichtige Funktion des Waldes Wenn Städte im Zuge des Klimawandels zu Hitzein-
als Ort für Erholung, Sport und Tourismus zu erhalten. seln werden, steigt auch der Bedarf an einem im Wald
erlebbaren klimatischen Ausgleich. Die zu erwarten-
3.4.1 Erwartete Veränderungen, den, im Kapitel 1.2.2.6 beschriebenen Veränderungen
mögliche Anpassungsziele und in Ökosystem bzw. Bioklima können sich dabei sowohl
Handlungsoptionen limitierend als auch förderlich auf waldbezogene
Freizeit- und Erholungsaktivitäten auswirken. Zur Be-
3.4.1.1 Erwartete Veränderungen im urteilung der Sensitivität von waldbezogenem Touris-
waldbezogenen Freizeitverhalten mus und Erholung gegenüber klimatischen Verände-
rungen lassen sich teilweise vorliegende Ergebnisse
Naturbezogene Erholung spielt in Deutschland eine aus der Tourismusdestinationsforschung heranzie-
große Rolle. Über 80 % der Deutschen geben an, dass hen (Pröbstl-Haider 2021, Fleischhacker & Formayer

113
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

2007, Wolff 2005) und auf den Waldkontext übertra- Veränderungen konnte hier zunächst nicht festgestellt
gen. Dabei sind die folgenden Themen von Relevanz: werden (ebd.).
Akzeptanzprobleme von Veränderungen im Land-
Veränderungen gewohnter Wald- und schaftsbild bleiben gegebenenfalls ohne nachteilige
Landschaftsbilder Wirkungen auf Tourismus und Erholung, wenn sie
kommunikativ ausreichend begleitet werden (Aschen-
Für das Erholen im Wald spielt die persönliche Wahr- brand & Michler 2019). Die Erholungswirkung des Wal-
nehmung der Waldnatur eine große Rolle (Kaplan & des zu erhalten, bedeutet damit auch, die Waldnutzen-
Kaplan 1989). Eine wesentliche Voraussetzung für po- den durch eine aktive Informationspolitik frühzeitig
sitiv erlebte Freizeitaktivitäten im Wald sind somit als mit anstehenden Veränderungen der Waldbilder ver-
attraktiv bewertete Wald- und Landschaftsbilder, die traut zu machen und Neugier auf neue Waldbilder zu
als attraktiv empfunden werden. Diese Bewertung ist wecken.
individuell und kulturell verschieden, zugleich zeigen
Untersuchungen jedoch, dass über individuelle Unter- Veränderungen von Wintersportaktivitäten
schiede hinweg Vorlieben für bestimmte Waldbilder
existieren, die breit geteilt werden. So werden lich- Wintersportarten sind aufgrund ihrer Abhängig-
tere Strukturen, der Zugang zu Wasser, eine moderate keit von der Entwicklung der Schneeverhältnisse am
Baumartenvielfalt und alte Bäume generell besonders stärksten vom Klimawandel betroffen. Steigende Tem-
geschätzt und demzufolge auch als zentrale Elemente peraturen können hier sowohl für abnehmende natür-
eines funktionsgerechten Erholungswaldes gesehen liche Schneedecken, als auch für eine Beschränkung
(Edwards et al. 2012, Hahne et al. 2012, Stölb 2005). der von niedrigen Temperaturen abhängigen techni-
Auch das Management hat Einfluss auf Wohlbefin- schen Beschneiung sorgen. Saisonverkürzungen oder
den und Erholung der Waldbesuchenden. Während -ausfall sind insbesondere in niedrigeren Lagen zu
Martens & Bauer (2010) auf der Basis eines Experi- erwarten (Steiger et al. 2021). Auch wenn mit einem
ments mit 200 Personen zu dem Schluss kommen, der Rückgang der Wintersportaktivitäten in ihrer derzei-
Erholungswert sei in einem „gepflegten“ Wald größer tigen Form zu rechnen sei, bedeute der Klimawandel
als in einem „verwilderten“ Wald, deutet die Studie kein zwangsläufiges Aus für den Wintersport, so Stei-
von Kühne (2014) auf die Veränderlichkeit der ästhe- ger et al. 2021.
tischen Waldbewertung hin. Jüngere Personen bevor- Es wird davon ausgegangen, dass sich die Gäste an
zugten den Studienergebnissen zufolge Waldbilder die veränderte Situation anpassen, z. B. durch das Aus-
mit als natürlich betrachteten Elementen, während weichen auf schneesichere Gebiete, andere Saison-
für Ältere „Ordnung“ einen höheren Wert darstelle. zeiten oder Freizeitaktivitäten wie z. B. Winterwan-
Auch Arbeiten, die sich damit befassen, wie groß- dern. Fachleute vermuten, dass diese Anpassung nicht
flächige vom Borkenkäfer befallene Waldbestände auf langsam und kontinuierlich erfolgt, sondern relativ
Touristinnen und Touristen bzw. Waldbesuchende wir- rasch, wenn bestimmte Grenzwerte wie z. B. Schnee-
ken, transportieren kein einheitliches Meinungsbild höhen unterschritten seien (Gössling & Hall 2006).
der Befragten. Auf der einen Seite wird großflächiger Auswirkungen für den Wald und das Waldmanage-
Borkenkäferbefall in vielen Regionen von Besuchern ment können sich aus dem Ausweichen von Gästen
als negativ empfundene Landschaftsveränderung aus Wintersportgebieten auf andere, bewaldete Re-
wahrgenommen (Arnberger et al. 2017 und 2018a, gionen ergeben. Damit könnte es zu Verschiebungen
2018b). Eine solche Veränderung erschwert nach Ein- im räumlichen und zeitlichen Muster der Inanspruch-
schätzung von Fachleuten auch die touristische Be- nahme von Waldgebieten kommen.
werbung einer Region, für die konstant vorhandene
Landschaftsstereotypen wichtig seien (Aschenbrand Veränderungen bei sportlichen Aktivitäten im
& Michler 2019). Eine Einschätzung, die sich auch in Frühjahr, Sommer und Herbst
den Befürchtungen touristischer Akteure widerspie-
gelt (Böhr 2015, Job et al. 2019). Tatsächlich zeigen Im Vergleich zu zahlreichen Studien in Bezug auf
die Reaktionen der Besuchenden und Anwohnenden Wintersportaktivitäten sind Tourismus- bzw. Erho-
­
auf den Anblick abgestorbener Bergfichtenbestände lungsaktivitäten in den anderen Jahreszeiten weniger
etwa in der Nationalparkregion Bayerischer Wald ein untersucht (Hahne et al. 2012). Unstrittig ist jedoch,
„stark polarisiertes Meinungsbild“ (Müller et al. 2008: dass Aktivitäten wie Wandern und Radfahren im Ver-
102). Während ein Teil der Besuchenden die Verände- gleich zum Wintersport weniger von klimatischen
rung als negativ und zerstörerisch erlebte, empfan- Rahmenbedingungen beeinflusst werden und ihre
den andere den gleichen Anblick als einzigartiges Na- Ausübung stärker individuell geprägt ist, z. B. durch
turerlebnis. Ein Rückgang der Gästezahlen infolge der mögliche unterschiedliche körperliche Fitness und

114
3.4 Erholung, Sport, Gesundheitsvorsorge und Tourismus 

Bekleidung (Wolff 2005). Wandern gilt demzufolge Wiederherstellung bei Kranken, der spezifische The-
als Vier-Jahreszeiten-Aktivität mit Schwerpunkt auf rapieangebote enthält (Rau & Bachinger 2020, Rulle et
dem Herbst; für das Radfahren werden Frühling bis al. 2010). In beiden Bereichen dient die Nutzung ge-
Herbst als Aktivitätszeiträume angesehen (Formayer sundheitsbezogener Dienstleistungen als Reisemotiv.
& Kromp-Kolb 2009). Mildere Temperaturen bieten die Der Trend hin zur Inanspruchnahme waldbezoge-
Möglichkeiten der Ausweitung des Radfahrens in den ner Gesundheitsangebote führt zu Etablierung eines
Winter hinein. eigenen Marktes mit der Entwicklung spezifischer
Dies gilt ebenso für Aktivitäten wie Walken, Jog- Qualitätskriterien und Anforderungen an die Politik
gen und Geocachen. All diese naturbezogenenen Ak- (Dodev et al. 2020). Es ist zu erwarten, dass dieser sich
tivitäten werden von ähnlichen Klimafaktoren (nach neu formierende Markt infolge seiner direkten Abhän-
Hahne et al. 2012: Temperatur, Niederschlag, Sonnen- gigkeit vom Wald von den klimawandelbedingten Ver-
scheindauer, Extremwetterereignisse) bestimmt, ent- änderungen im Ökosystem Wald betroffen sein wird.
sprechend lassen sich die Ergebnisse einer wanderbe- In aktuellen Veröffentlichungen zum Thema werden
zogenen Studie als Grundlage zur Beurteilung ihrer diese Betroffenheit und mögliche Handlungsoptionen
Klimasensitivität heranziehen. Danach werden von bislang nicht thematisiert.
Wandernden eine hohe tägliche Sonnenscheindauer
sowie trockene Witterung bevorzugt (Wolff 2005). Bedeutung stadtnaher Wälder für
Die durch den Klimawandel zu erwartende Ver- Gesundheitsförderung bzw. Milderung von
längerung der Saison, eine längere tägliche Sonnen- Hitzeauswirkungen
scheindauer und moderat wärmere Temperaturen
können sich förderlich auf Aktivitäten wie Wandern Wälder sind nicht nur betroffen von klimabedingten
und Radfahren auswirken. Extreme Hitzeereignisse Veränderungen, sie können diese für den Menschen
dagegen führen auch im Wald zu gesundheitlichen auch erträglicher machen. Vor allem stadtnahen Wäl-
Risiken bei sportlicher Betätigung. Dagegen können dern kommt für die wohnortnahe Erholung eine be-
sich Extremwetterereignisse wie Starkregennieder- sondere Rolle zu. Wälder tragen infolge der Filter-
schläge oder Sturmwurf einschränkend auf die Nutz- wirkung des Blattwerks in Bezug auf Pollen - je nach
barkeit und Qualität der Wegeinfrastruktur auswir- Baumartenzusammensetzung und Witterungsver-
ken (Hahne et al. 2012). hältnissen in unterschiedlichem Maß - zu einer Redu-
zierung des Allergie- und Erkrankungspotenzials bei
3.4.1.2 Nachfrage nach Gesundheitsförderung (Schuh & Immich 2019).
im Wald Wälder und Grünflächen können insbesondere
bei der Abmilderung der erwarteten Hitzewellen eine
Die gesundheitsfördernde Wirkung von Wäldern wird wichtige Rolle einnehmen. Denn basierend auf regi-
seit einigen Jahren nicht nur als positive „Nebenwir- onalen Zukunftssimulationen wird für Deutschland
kung“ des individuellen Waldbesuches gesehen, Auf- eine Verdreifachung der Zahl der jährlichen Hitze-
enthalt im Wald wird systematisch als Instrument der wellentage auf fast 40 Tage bis zum Ende des 21. Jahr-
Prävention und der Therapie konzipiert (Rajoo et al. hunderts angenommen (Zacharias & Koppe 2015). Be-
2020). Dabei erfahren die folgenden Themen aktuell sonders ältere Menschen – eine Bevölkerungsgruppe
besondere Aufmerksamkeit: die aufgrund des aktuellen Altersaufbaus der Gesell-
schaft kontinuierlich zunimmt5 – sind gefährdet. Wäl-
Waldbasierter Gesundheitstourismus / Waldbaden der reflektieren Wärme und Licht, spenden Schatten
und Kühlung und geben Wasser durch Verdunstung
Die Neuentdeckung der Waldtherapie hat die Verbrei- in die Umgebung ab.
tung eines waldbasierten Gesundheitstourismus be- Stadtnahe Wälder können so die negativen Auswir­
fördert, der die Verbindung zum Wald als Erfahrungs- kungen von Hitzewellen in städtischen Gebieten zu-
raum mit allen Sinnen ermöglichen will. Dieser kann mindest teilweise reduzieren. Folglich kommt der
in zwei Bereiche unterteilt werden: in einen präven- Bewirtschaftung dieser Wälder und der engen Verzah-
tiven Bereich zur Erhaltung von Wohlbefinden und nung von forstbetrieblicher Planung und städtischer
Gesundheit, z. B. durch Waldbaden als angeleitetes Erholungsplanung eine besondere Rolle im Umgang
„Eintauchen in die Waldatmosphäre“ (Schuh & Im- mit Hitzewellen zu. In Anbetracht einer alternden Ge-
mich 2019: 22) und einen kurativen Bereich zu deren sellschaft ist insbesondere auf eine gute Erreichbarkeit

5 „Die Zahl der Menschen im Alter ab 67 Jahren stieg bereits zwischen 1990 und 2018 um 54 % von 10,4 Millionen auf 15,9 Millionen.
Sie wird bis 2039 um weitere 5 bis 6 Millionen auf mindestens 21 Millionen wachsen und anschließend bis 2060 relativ stabil

115
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

stadtnaher Wälder und das Vorhandensein barriere­ intensivere Verbreitung der produzierten Allergene
freier Zugänge in stadtnahe Wälder zu achten. sein (ebd.).
Im Zeitraum von 2008 bis 2011 wurde die Sensi-
Einfluss von Biodiversität auf die Gesundheit bilisierung der Bevölkerung gegenüber 50 verbreite-
ten Einzelallergene untersucht. Danach waren 18,1 %
Während der Zusammenhang zwischen Naturkon- der Erwachsenen gegen Lieschgraspollen sensibili-
takt, bioklimatischer Wirkung von Wäldern und siert; 17,4 % gegen Birkenpollen (Haftenberger et al.
menschlichem Wohlbefinden gut belegt ist, ist der Ein- 2013). Eine auf Daten einer paneuropäischen Studie
fluss von Biodiversität auf die Gesundheit erst in den beruhende Publikation belegt, dass etwa 90 Prozent
letzten Jahren in den Fokus wissenschaftlicher Unter- der gegen Gräser­bzw. Baumpollen sensibilisierten
suchungen gerückt (Marselle 2019). Auch politische Patienten in Deutschland bei Pollenkontakt auch tat-
Aktivitäten, wie die Sensibilisierungskampagne von sächlich entsprechende allergische Beschwerden ent-
Biodiversitätskonvention CBD und Weltgesundheits- wickeln (Burbach et al. 2009).
organisation WHO zur Bewusstmachung des Einflus- Die mit dem Klimawandel einhergehende Verlän-
ses von Biodiversität auf die Gesundheit, wurden in gerung der Vegetationsperiode7 führt von ehemals
den letzten Jahren initiiert (WHO und CBD 2015). saisonalen Pollenflugereignissen zu einem fast ganz-
Aktuelle Studien, wie z. B. Untersuchungen des eu- jährigen Pollenflug (Behrendt 2008). Zudem belegte
ropäischen Forschungsverbundes „Dr. Forest“6, un- eine in Innsbruck durchgeführte Studie für den zwi-
tersuchen, wie sich der Zusammenhang zwischen schen 1980 und 2001 gemessenen Anstieg der mittle-
der Biodiversität von Wäldern (z. B. in Bezug auf die ren Temperatur um 1,5°C eine damit einhergehende
Baumartenzusammensetzung) und Gesundheit er- Zunahme der Pollenzahl um das 6,5-fache bei Eschen
klären lässt. Daran beteiligte Forschende gehen dabei sowie um das 1,2-fache bei Birken (Bortenschlager &
davon aus, dass artenreiche Wälder Einfluss auf die Bortenschlager 2005). Zusätzlich ist infolge der klima-
Erholung haben, indem sie in besonderem Maß zur bedingten Verschiebung von Pflanzenarealen in Rich-
Verminderung von Stress, Ozon- und Feinstaubgehalt tung Norden bzw. innerhalb der Höhenstufen von
und einem angenehmen Mikroklima beitragen (Mar- Gebirgen auch von einer Verschiebung der Pollenflug-
selle et al. 2021). belastungen auszugehen. Während der Pollenflug im
norddeutschen Tiefland infolge der bei Hitze bereits
3.4.1.3 Gesundheitsgefährdungen vor der Blüte verdorrenden Gräser voraussichtlich
abnimmt, wird von einer Intensivierung von Gräser-
Wälder bieten Schutz vor gesundheitlichen Auswir- blüte und Pollenflug in Alpenrandnähe bzw. höheren
kungen klimatischer Veränderungen, zugleich aber Lagen ausgegangen (Behrendt 2008).
werden auch Veränderungen in den Waldökosyste- Auch mit der Zunahme wärmeliebender allerge-
men erwartet, die neue oder erhöhte Gesundheits- ner Arten wie der vermehrt auch an Waldrändern
gefährdungen mit sich bringen. Wissenschaftliche und -wegen vorkommenden Beifuß-Ambrosie (Amb-
Studien bzw. Diskussionsbeiträge gehen dabei von fol- rosia artemisiifolia) ist zu rechnen. Pollen der Beifuß-­
genden Entwicklungen aus: Ambrosie führen im Vergleich zu Gräserpollen und
Birkenpollen bereits bei deutlich geringeren Konzent-
Erhöhung des Allergiepotenzials durch Pollenflug rationen zu allergischen Beschwerden (Höflich 2018).
und Schadorganismen Für die Beifuß-Ambrosie ist auch eine vermehrte Pol-
lenbildung bei erhöhter CO2-Konzentration belegt
Allergische Sensibilisierungen, die zu pollen-assoziier- (Behrendt 2008).
ten Erkrankungen wie Heuschnupfen (Allergische Rhi- Schadorganismen, die sich negativ auf die Wald-
nitis) und allergischem Asthma führen können, gehen gesundheit auswirken, können auch Auswirkungen
in Deutschland vor allem auf Gräser- und Baumarten auf die menschliche Gesundheit haben. So können
zurück (Höflich 2018). Es wird erwartet, dass entspre- die Brennhaare der Raupen des Eichenprozessions-
chende gesundheitliche Probleme im Zuge des Klima­ spinners (Thaumetopoea processionea), die das Nes-
wandels zunehmen (Lake 2017). Ursachen dafür kön- selgift Thaumetoporin enthalten, z. B. Hautausschlag,
nen ein verändertes Artenspektrum, eine höhere Bindehautentzündung, Atemwegsreizungen, Fie-
Pollenproduktion, veränderte Zeiträume sowie eine ber oder Schwindel, in Einzelfällen auch allergische

6 https://www.dr-forest.eu/
7 Bereits 2003 ging die WHO in einem Bericht von einer europaweiten Vorverlagerung der Vegetationsperiode um zehn bis elf Tage in
den vorangegangenen 30 Jahren aus (WHO 2003).

116
3.4 Erholung, Sport, Gesundheitsvorsorge und Tourismus 

Schockreaktionen auslösen (UBA 2016). Der ursprüng- tung und Klimaentwicklung, die eine tendenzielle Ab-
lich in Südeuropa vorkommende, wärmeliebende Ei- nahme von FSME in Mitteleuropa annehmen, der
chenprozessionsspinner breitet sich seit den 90er Jah- derzeitig zu beobachtenden Ausbreitung des Virus wi-
ren zunehmend auch in trockenwarmen Regionen in dersprechen (Petney et al. 2011 mit Verweis auf Ran-
Deutschland aus (Lobinger 2010). dolph und Rogers 2000).
Auch die durch den Pilz Cryptomstroma corticale Diskutiert wird auch die Wahrscheinlichkeit, dass
ausgelöste Ahorn-Russrindenkrankheit hat sich in- sich tropische Krankheiten wie Malaria, Dengue- oder
folge trockener Sommer deutlich verbreitet. Sie kann Gelbfieber infolge höherer Temperaturen verstärkt
im letzten Stadium der Pilzinfektion auch für den in Deutschland ausbreiten. So wird die in Südeuropa
Menschen gefährlich werden. Eingeatmete Sporen mittlerweile verbreitete asiatische Tigermücke (Aedes
können zu Entzündungen der Lungenbläschen füh- albopictus), die diese und weitere Krankheitserreger
ren, die sich durch Reizhusten, Schüttelfrost, Fieber überträgt, durch Wärme sowie die im Zuge der Klima­
und Atemnot äußern können (Burgdorf 2019). wandelanpassung gewollte Wasserretention etwa in
Auwäldern begünstigt. Eine Ausbreitung nach Norden
Etablierung und Zunahme von Vektoren und ist zu beobachten, wird aber vor allem dem Waren-
Infektionskrankheiten und Reiseverkehr, nicht dem Klimawandel zuge-
schrieben (UBA 2015).
Zu den indirekten Auswirkungen des Klimawandels Letztlich ist bei der Betrachtung vektorübertrage-
zählen auch Veränderungen in der Ausbreitung vek- ner Krankheiten von einem komplexen Beziehungs-
torbasierter Erkrankungen. Vektoren übertragen Pa- geflecht verschiedener Faktoren auszugehen. Hierzu
rasiten, Viren oder Bakterien von einem Wirt auf den gehören klimabedingte Faktoren wie Temperatur,
Menschen. Während Stechmücken oder Zecken durch Niederschlagsmenge und Luftfeuchtigkeit, ökologi-
Blutsaugen Krankheitserreger von befallenen Wild- sche Faktoren wie Biotopstruktur und Nahrungsan-
tieren auf den Menschen übertragen können, kann in gebot für Wirte und Vektoren sowie anthropogene
anderen Fällen der bloße Kontakt mit infizierten Tie- Faktoren wie z. B. das menschliche Risikoverhalten
ren oder mit deren Ausscheidungen zu einer Infek- (Müller et al. 2019). Aufgrund der geschilderten Kom-
tion führen. Als wichtigste Vektoren human- und vete- plexität ist eine Vorhersage der weiteren Ausbreitung
rinärmedizinisch bedeutsamer Krankheitserreger in von vektorübertragenen Infektionen kaum möglich
Europa gelten Zecken (Petney et al. 2011). (Eis et al. 2010). Ein kontinuierliches Monitoring er-
Wärmeres Klima verkürzt generell die Genera­ folgt auf internationaler, europäischer und nationaler
tionszeiten heimischer Vektoren und sorgt damit für Ebene (WHO 2017, EFSA 2007, RKI 2020).
längere Aktivitätsperioden der Krankheitsüberträger. Aktuelle Forschungsprojekte untersuchen den Zu-
Insofern wird in Publikationen ganz allgemein von sammenhang zwischen Baumartenvielfalt und der
einer Zunahme entsprechender Infektionskrank­ Häufigkeit von Zecken und Eichenprozessionsspin-
heiten im Zuge des Klimawandels ausgegangen (UBA nern in Wäldern und gehen dabei bislang von der
2010, LUBW 2021). Dass die Informationslage lineare Hypothese aus, dass eine hohe Biodiversität zu einer
Rückschlüsse jedoch kaum zulässt, macht eine 2011 Abnahme von Schadorganismen führen8. Insgesamt
veröffentlichte Literaturrecherche zum Thema Ze- legen diese Studien und der im Zuge der Corona-Pan-
cken und durch Zecken übertragene Krankheiten demie vermehrt ins öffentliche Bewusstsein gerückte
deutlich (Petney et al. 2011). So seien erhöhte Fallzah- One-Health-Ansatz9 nahe, verstärkt Synergien zwi-
len an durch Zeckenstich übertragener Frühsommer- schen Gesundheitswesen, Klimawandelanpassung
Meningoenzephalitis (FSME) des Jahres 2006 statis- und Naturschutzmanagement zu suchen (Marselle
tisch nicht wie vermutet auf klimabedingte et al. 2019). Von den geschilderten Vektoren betrof-
Veränderungen, sondern vielmehr auf vermehrte fen sind vor allem Personen, die sich beruflich oder
menschliche Freizeitaktivitäten bei bestimmten Wet- in ihrer Freizeit im Wald aufhalten und die daher in
terlagen rückführbar gewesen (ebd. mit Verweis auf besonderem Maß bei der Konzipierung von Präventi-
Studien von Sumilo et al. 2007, Randolph et al. 2008 ons- und Kontrollmaßnahmen berücksichtigt und in-
und Randolph 2000). Auch würden Aussagen von Mo- formiert werden sollten.
dellen zur Korrelation zwischen Krankheitsausbrei-

8 https://www.dr-forest.eu/
9 Der im letzten Jahrzehnt entwickelte, interdisziplinär angelegte One Health-Ansatz zielt darauf ab, die „menschliche Gesundheit
ganzheitlich unter Einbeziehung der Tiergesundheit und einer gesunden Umwelt zu schützen. …] Hierbei wird auch die Integration von
Themen der biologischen Vielfalt immer entscheidender.“ (Doyle et al. 2020: 65)

117
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

Gewährleistung der Verkehrssicherheit & Kleiber 2002) – ein Trend, der durch den Klima-
wandel weiter forciert wird. Die verstärkte Nachfrage
Durch Extremwetterereignisse wie Starkregen, Sturm, kann zu Konflikten sowohl mit anderen Waldnutzun-
Dürre oder Waldbrand, aber auch auftretende Krank- gen, als auch zwischen verschiedenen Freizeit- und
heiten und Insektengradation kommt es vermehrt zu Erholungsnutzungen (wie z. B. Mountainbiken und
herabfallenden Ästen oder umstürzenden Bäumen. Jagen) führen. Die folgenden Aspekte sind im Umgang
Dadurch wird nicht nur die Wegequalität, sondern vor mit Konflikten bzw. zur Nutzung von Synergien von
allem auch die Verkehrssicherheit für die Waldbesu- besonderer Bedeutung:
chenden und die im Wald Beschäftigten beeinträch-
tigt. Zum Schutz vor herabfallenden Ästen oder um- Konflikte zwischen Erholungsnutzung und
stürzenden Bäumen müssen Waldgebiete wenigstens Waldwirtschaft
temporär für Waldbesucherinnen und -besucher ge-
sperrt werden. Im Zuge des Klimawandels ist allein wegen der soge-
Die Aufrechterhaltung der Wegequalität und der nannten Kalamitätsnutzungen mit einer zeitlichen
Verkehrssicherheitspflicht nach Extremwetterereig- und räumlichen Ausweitung der forstbetrieblichen
nissen führen zu einem höheren Arbeitsaufwand Arbeiten im Wald zu rechnen. Diese können auch mit
der verantwortlichen Waldeigentümer bzw. Forstbe- erheblichen Belastungen für Waldbesuchende einher-
triebe. Hier setzen Programme zur Förderung der We- gehen (Lärm, Wegebeschaffenheit, Sperrungen). Ein
geinstandsetzung an, wie z. B. auf Bundesebene die Grund für die verbesserungsfähige Rücksichtnahme
Förderung von „Maßnahmen zur Bewältigung der auf die Belange von Erholungssuchenden ist die feh-
durch Extremwetterereignisse verursachten Folgen lende Datengrundlage über Bedürfnisse und Aktivi-
im Wald“ im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Ag- täten der Freizeitaktiven im Wald. In diesem Bereich
rarstruktur und Küstenschutz (GAK) und ergänzende wird derzeit in Deutschland– auch im Vergleich zu
Programme der Länder. dem in Finnland, Dänemark und Schweden betriebe-
Neben der Kostenbewältigung stellen sich den nen Langzeitmonitoring oder dem soziokulturellen
Waldbesitzenden auch Fragen der Haftung. Hier ist Monitoring in der Schweiz - noch ein erhebliches De-
die Rechtsprechung im Kontext des Klimawandels ge- fizit gesehen (Lupp et al. 2016, Wissenschaftlicher Bei-
fordert, die Grenzen zwischen höherer Gewalt und rat Waldpolitik beim BMEL (2020).
der Verantwortung des Waldeigentümers neu auszu- Hier bietet die in Baden-Württemberg von der
loten und zu definieren, welche waldtypischen Gefah- Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt ent­
ren von den Waldbesuchenden in Kauf zu nehmen wickelte Kartierung von Ökosystemleistungen b ­ ietet
sind (Staatsbetrieb Sachsenforst 2013). Auch die Mög- Möglichkeiten der Verschneidung von Erholungs­
lichkeit einer Priorisierung der Verkehrssicherungs- daten mit forstbetrieblichen Daten (Gerstenberg et
maßnahmen in Wäldern, d. h. einer bevorzugten al. 2019). Auch Beispiele der Einbindung von Wald-
Behandlung von Wäldern mit starker Freizeit- und Er- besuchenden in die Kartierung (z. B. durch deren Be-
holungsnutzung, sollte juristisch geprüft werden, um nennung von Aktivitäten, in Anspruch genommenen
Aufwand und Kosten überschaubar zu halten. Ökosystemleistungen oder Störfaktoren) und die Auf-
bereitung der Daten für die Forsteinrichtung liegen
3.4.2 Wechselbeziehung und vor (Gerstenberg & Schubert 2020).
Anpassungshemmnisse Waldbesitzende und Forstbetriebe erleben wiede-
rum eine besonders Betroffenheit durch die steigen-
Der Wald in Deutschland wird von einer großen Mehr- den Erholungs-, Sport- und Freizeitansprüchen (Leib-
heit der deutschen Bevölkerung für Freizeit- und Er- fried & Schraml 2018). Die mangelnde Erkennbarkeit
holungsaktivitäten genutzt: In einer Online-Unter- der Eigentumsverhältnisse im jederzeit frei zugängli-
suchung von 2021 waren es 87 % der Befragten, die chen Wald trägt zudem dazu bei, dass die Heterogeni-
aussagten, gern Zeit im Wald zu verbringen (SINUS- tät der Waldbesitzenden und ihrer Leistungsfähigkeit
Institut & YouGov 2021). Die 2018 aktualisierte Erho- in der öffentlichen Debatte um die Erholungsleistung
lungswaldkartierung von Baden-Württemberg belegt des Waldes kaum Berücksichtigung finden. Dabei geht
eine Ausweitung der intensiv für Zwecke der Erho- die Bundesplattform „Wald – Sport, Erholung, Gesund-
lung genutzten Wälder von 28 % (Stand 1989/1990) auf heit“ (WaSEG) davon aus, dass allein die Betriebe im
jetzt 71 % der Waldfläche des Landes (Schraml 2019). Privat- und Körperschaftswald Kosten in Höhe von
Diese Zahlen belegen die Bedeutung und intensive 100 Mio. € pro Jahr für die Bereitstellung von Erho-
Nutzung der Wälder für Erholungszwecke. lungsleistungen erbringen (WaSEG 2019).
Dabei steigt die Inanspruchnahme von Wäldern Insbesondere in stadtnahen Wäldern überneh-
mit zunehmender Nähe zu Ballungsgebieten (Bilecen men die Forstbetriebe Mehraufwendungen für

118
3.4 Erholung, Sport, Gesundheitsvorsorge und Tourismus 

Erholungsleistungen, wie z. B. für zusätzlichen We- jedoch gerecht ist, muss auf politischer Ebene beur-
geunterhalt und Baumkontrolle (Bilecen und Kleiber teilt werden.
2002, Bernasconi et al. 2003, Dög et al. 2016). Hier ist Das am Thünen-Institut entwickelte Modell zur
infolge eines klimawandelbedingt vermutlich steigen- Regionalisierung ökonomischer Werte von Waldleis-
den Erholungsbedarfs im Wald sowie der Auswirkun- tungen (ReWaLe) zeigt auf, wie unterschiedlich sich
gen zu erwartender Extremwetterereignisse auf die dieser Wert und damit die Erholungs- und Freizeit-
Infrastruktur mit steigenden Mehraufwendungen zu leistung des Waldes regional verteilt. Schwerpunkte
rechnen. ergäben sich demnach im Umfeld städtischer Bevöl-
Öffentliche Waldbesitzer können sich vor dem Hin- kerungsschwerpunkte, dagegen konzentrierten sich
tergrund der zu erwartenden zunehmenden Bedeu- Rohholzproduktion und Klimaschutzleistungen im
tung von Wäldern im Klimawandel auf Teilen ihrer ländlichen Raum. Das ReWaLe-Modell empfiehlt, das
Fläche bewusst für eine Schwerpunktsetzung zuguns- hohe Nachfragepotenzial in Ballungsräumen zu nut-
ten der Bereitstellung von Erholungsräumen für ihre zen, um neue Märkte für Leistungen wie Sportange-
Bevölkerung entscheiden. Diese Schwerpunktsetzung bote, Friedwälder oder Waldkindergärten zu schaffen
ist häufig mit höheren Kosten bzw. dem Verzicht auf und die Erholungsleistung des Waldes damit in einem
Einnahmen verbunden, die anderweitig ausgeglichen Mix aus Märkten und staatlichen Zahlungen zu hono-
werden müssen. Privatwaldbesitzende haben diese rieren (Elsasser et al. 2020).
Möglichkeit selten.
Bislang bestehen kaum praktizierte Finanzie- Konflikte der Erholungsnutzung mit dem Arten-,
rungsmodelle für Freizeit und Erholung im Wald (Wil- Natur- und Wildtierschutz
kes-Allemann & Pütz 2017). Mehraufwendungen für
die allgemeine Freizeit- und Erholungsnutzung der Das steigende Interesse am Aufenthalt in der Natur
Wälder gemäß § 14 BWaldG bedürfen aus Sicht der hat Auswirkungen auf die Qualität von Wildtierle-
Waldbesitzenden eines finanziellen Ausgleiches, ins- bensräumen bzw. die Lebensraumnutzung durch
besondere in Zeiten kalamitätsbedingter Mehrauf- diese Wildtiere (Marion et al. 2020, Bateman & Fle-
wendungen und Mindereinnahmen im traditionel- ming 2017). Es sind viele Wirkungen von Outdoorak-
len Marktsegment der Holzproduktion. Die Nutzung tivitäten sowohl auf Wildtierindividuen wie auch auf
der Wälder für kommerzielle Gesundheits- und Sport- Populationsebene beschrieben. Dazu zählen neben
angebote ist dagegen nicht durch das allgemeine Be- der veränderten Lebensraumnutzung etwa das ge-
tretungsrecht nach § 14 BWaldG abgedeckt, weshalb steigerte Fluchtverhalten, der Verlust von Energie
dafür bereits heute Ausgleichzahlungen von den bzw. Fitness, reduzierte Fürsorge für den Nachwuchs
Forstbetrieben verlangt werden können. Hierzu lie- sowie eine insgesamt geringere Reproduktion (Filla
gen beispielweise Wertermittlungen mit Vorschlägen et al. 2017, Houston 2012, Sato et al. 2013, Steven et
zur Unterteilung unterschiedlicher Kategorien von al. 2011). In Summe kann die Störung durch Freizeit-
Wäldern (Bernasconi et al. 2003) sowie Untersuchun- aktive somit ähnliche Wirkungen auf Wildtiere und
gen zur Zahlungsbereitschaft von Erholungssuchen- deren Populationen haben, wie es für die Prädation
den vor (Elsasser, Weller 2013, Naturkapitel Deutsch- beschrieben ist (Frid &Dill 2002).
land - TEEB DE 2016, Bösch et al. 2018). Für einzelne Arten oder Artengruppen sind Stö-
Für Deutschland geht das Thünen-Institut basie- rungen in einem Umfang belegt, die eine intensive
rend auf einer repräsentativen Umfrage von 2013 Erholungsnutzung von Waldlebensräumen auch zu
von einer jährlichen Zahlungsbereitschaft von 30 € einem artenschutzrechtlichen Problem machen (Cop-
pro Person für Wälder im eigenen Wohnumfeld aus; pes et al. 2017, Coppes et al. 2018). So sind die Hochla-
hochgerechnet auf die gesamte deutsche Bevölkerung gen der Mittelgebirge sind in Deutschland seit langer
ergibt sich eine Zahlungsbereitschaft von 2,4 Mrd. € Zeit ein touristischer Magnet. Hier kommt es bereits
pro Jahr (Elsasser et al. 2021). Bezogen auf den Hektar jetzt zu vielfältigen Konflikten zwischen Nutzung der
Waldfläche in Deutschland liegt damit der Nutzen des Wälder für Tourismus und Freizeit und naturschutz-
Waldes als Naherholungsraum (aggregierte Zahlungs- fachlichen Belangen, z. B. des Artenschutzes (Rösner
bereitschaften) bei 211 €/ha. Die Kosten des Waldbe- et al. 2014). Für bestimmte Artengruppen und Ökosys-
sitzes (hier konkret des Privatwaldbesitzes) in Form teme, deren Verbreitungsgebiete sich im Zuge des Kli-
von Mehraufwendungen und Mindererträgen liegen mawandels nach oben verschieben werden, wo dann
hingegen bei 13 €/ha (Dög et al. 2016). Die Bereitstel- auch eine geringere Fläche zur Verfügung steht, ver-
lung der Erholungsleistung des Waldes ist somit ge- schärfen sich dadurch möglicherweise diese Konflikte.
samtwirtschaftlich lohnend, da der Nutzen deutlich Aus Sicht der Freizeitaktiven und deren Interes-
über den Kosten liegt. Ob der Ausschluss der Wald- senvertretung sowie des touristischen Destinations-
besitzenden von dem gesamtwirtschaftlichen Nutzen managements ergeben sich aus diesen Problemen

119
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

bisweilen ein hoher Aufwand in der Vorbereitung von Cheng & Wu 2015). Insofern gewinnt der oft zitierte
Veranstaltungen oder der Genehmigung von dauer- Satz, dass nur das effektiv geschützt wird, was Men-
hafter Infrastruktur. Für das Management von Schutz- schen kennen und schätzen, tatsächlich eine empiri-
gebieten ist umgekehrt die Durchsetzung von Regeln sche Basis.
eine große Herausforderung (Tomczyk 2013, Mehri et
al. 2017, D´Antonio 2013).
3.5 Monitoring
Synergien zwischen Waldbewirtschaftung und
Freizeit- und Erholungsnutzungen Das Forstliche Umweltmonitoring ist in Deutschland
eine gesetzliche Aufgabe des Bundes und der Länder
Das Wissen um die Präferenzen der Waldbesuchen- (BWaldG §41a). Die Verordnung über Erhebungen zum
den kann auch zu Synergien zwischen Waldbewirt- forstlichen Umweltmonitoring (ForUmV, 20.12.2013)
schaftung und Freizeit- und Erholungsnutzungen sowie ein zwischen dem Bund und den Ländern ab-
führen. So schaffen waldbauliche Strategien, die auf gestimmtes Durchführungskonzept definiert die Min-
klimaangepasste und strukturreiche Wälder abzielen, destkriterien der Erhebungsdaten sowie die anzuwen-
mittel- und langfristig Waldbilder und Waldstruktu- denden Verfahren. Danach ist die Bereitstellung von
ren, die von weiten Teilen der Bevölkerung geschätzt Umweltinformationen zur Vitalität der Wälder und zu
werden und deren Naturbewusstsein entsprechen Wirkungszusammenhängen in Waldökosystemen für
(Kleinhückelkotten et al. 2009, BfN 2011, Lupp et al. folgende elf Parametergruppen vorgeschrieben (Fo-
2016). Zugleich deuten Studien darauf hin, dass Arten- rUmV, § 1):
vielfalt und Strukturreichtum von Wäldern eine po-
sitive Auswirkung auf das Erholungspotenzial haben 1.) Kronenzustand (WZE10, Level 1)
und zu einer Abnahme von Schadorganismen führen
können (Marselle et al. 2021). 2.) Baumwachstum (BWI11, Level 2)
Synergien zwischen verschiedenen Sektoren las-
sen sich auch in Bezug auf den Schutz von Boden- und 3.) Nadel- und Blattanalysen (BWI, Level 2)
Kulturdenkmalen herstellen. Mit der Aufnahme der
Denkmale in die Waldfunktionenkartierung (siehe 4.) Bodenvegetation (BWI, Level 2)
Projektgruppe Waldfunktionenkartierung der AG
Forsteinrichtung 2015) ergibt sich die Möglichkeit, 5.) atmosphärische Stoffeinträge (Level 2)
diese auch in die im Gutachten vorgeschlagene Digi-
talisierung von Forstwegen und Rückegassen zu inte- 6.) Streufall (Level 2)
grieren (siehe Kap. 4.5) Zum Schutz von Waldboden
und Denkmalen können so bei Räumungsarbeiten im 7.) Bodenwasser nach Menge und Zusammensetzung
Nachgang von Extremwetterereignissen besonders (Level 2)
bodenpflegliche Arbeitsverfahren beziehungsweise
Forstmaschinen eingesetzt werden. 8.) Bodenzustand (BZE12, Level 2)
Auch auf die Zusammenhänge zwischen dem
Aufenthalt in der Natur und einem umweltfreundli- 9.) meteorologische Parameter (Level 2)
chen Verhalten wurde immer wieder hingewiesen. Es
wurde gezeigt, dass die Erholung in der Natur tatsäch- 10.) Phänologie (Level 2)
lich eine gute Basis für die Entwicklung von umwelt-
freundlichem Verhalten darstellt (Larson et al. 2018, 11.) Luftqualität (Level 2)

10 Die Waldzustandserfassung wird seit 1980 bundesweit jährlich nach einer einheitlichen Methode im Juli und August auf einem syste-
matischen Stichprobennetz (Level 1) von mind. 16km *16 km durchgeführt. Manche Bundesländer haben das Netz verdichtet.
11 Die Bundeswaldinventur ist eine forstliche Großrauminventur, die durch das Bundeswaldgesetz (BWaldG § 41a) vorgeschrieben ist
und als terrestrische Stichprobeninventur deutschlandweit durchgeführt wird. Sie erfasst die großräumigen Waldverhältnisse und forstli-
chen Produktionsmöglichkeiten und liefert eine unentbehrliche Grundlage für forst-, handels- und umweltpolitische Planungen und Ent-
scheidungen.
12 Im Rahmen der bundesweiten Bodenzustandserhebung werden der Zustand und die Veränderung von Waldböden, Vegetation, Kro-
nenzustand und der Waldernährung untersucht. Die Erhebung der ersten bundesweiten BZE fand von 1987 bis 1992 statt. In den Jahren
2006–2008 fand eine Folgeinventur (BZE II) statt. Eine Unterstichprobe im 16 km*16 km Raster ist identisch mit der WZE.

120
3.5 Monitoring 

Ebenso sind als Mindestkriterien das 16 km x 16 Forstwirtschaft.


km-Stichprobenraster für die Kronenzustandserhe- Vor dem Hintergrund zunehmender Witterungs-
bung (WZE, ForUmV § 2) sowie die Auswahl von einer anomalien muss auch das Forstliche Umweltmoni-
Intensiv-Beobachtungsfläche pro 256 tausend Hek- toring an die neuen Herausforderungen angepasst
tar Waldfläche festgelegt (Level 2, ForUmV § 3). Die werden. Dem Mangel an Wissen zur künftigen Wald-
öffentlich verfügbaren Ergebnisse dienen vordring- entwicklung und zu den Auswirkungen ungekannter
lich der Politikberatung in Bund und Ländern, flie- Extremwetterereignisse auf Wälder muss durch eine
ßen aber auch gleichfalls in das internationale Moni- Intensivierung des Monitorings entgegengewirkt wer-
toring unter ICP Forests (International Co-operative den, um rechtzeitige Korrekturen an den Handlungs-
Programme on Assessment and Monitoring of Air Pol- empfehlungen zu ermöglichen.
lution Effects on Forests) ein. Folgende Schwachstellen des forstlichen Monito-
Die langen, teilweise bis zu 30-jährigen Zeitreihen rings sind aktuell zu identifizieren:
des Forstlichen Umweltmonitorings ermöglichen ein-
zigartige Analysen zum Zustand und der Entwicklung • Die verfahrensbedingte Ausrichtung auf Haupt-
der Wälder in Deutschland in den letzten Jahrzehn- baumarten (bzw. Zusammenfassung zu „Neben-
ten, deren Auswertung erst am Anfang steht. Grund- baumarten“) führt zu einem Informationsmangel
lage hierfür sind die Vielfalt von Erhebungen auf ver- zur Vitalitätsentwicklung von weniger häufigen
schiedenen räumlichen Ebenen, die langen Zeitreihen Baumarten, die aber im Zuge des Klimawandels
der Beobachtungen und die erfolgreiche Zusammen- zunehmend an Bedeutung gewinnen können.
arbeit von Einrichtungen des Bundes und der Länder.
U. a. bietet die Kombination aus Rasternetzerhebun- • Mit der räumlichen und zeitlichen Eingrenzung
gen (Level 1: WZE, BZE) sowie Intensiv-Monitoring der Beobachtung auf Rasterpunkte und Aufnah-
(Level 2) zeit-, ereignis- und raumbezogene Abschät- mephasen sinkt die Aussagesicherheit bei klei-
zungen der Waldentwicklung. ner werdendem Raumbezug (Bundesland->
Wachsende Ansprüche an die Datengrundlagen, Landkreis->Forstbetrieb->Waldbestand).
z. B. hervorgerufen durch die internationale Klima-
rahmenkonvention haben dazu geführt, dass zwi- • Im Zuge des Klimawandels steigt der Informati-
schen dem zehnjährigen Turnus der Bundeswaldin- onsbedarf zur Vitalitätsentwicklung von Wald-
ventur (BWI) und der Bodenzustandserhebung (BZE) beständen aller Eigentumsarten zu ganzjährigen
zusätzlich Kohlenstoffinventuren durchgeführt wer- bzw. ereignisbezogenen (Sturm, Kalamitäten) Zeit-
den. Diese Kohlenstoffinventuren sind methodisch punkten, in unterschiedlichen Ökosystemtypen,
identisch zur Bundeswaldinventur, konzentrieren Bewirtschaftungssystemen und Waldstrukturen
sich jedoch nur auf die zu berichtenden Kohlenstoff- (Rein- und Mischbeständen). Physiologisch aussa-
pools ober- und unterirdisch lebender Biomasse sowie gekräftige Stressindikatoren mit hoher räumlicher
Totholz. Zur Erfüllung der europäischen Fauna-Flora und zeitlicher Auflösung werden benötigt (Schuldt
Habitat-Richtlinie verpflichten sich die Mitgliedstaa- et al. 2020)
ten in Art. 11 zur Überwachung des Erhaltungszustan-
des der Lebensraumtypen und -arten von europäi- • Die Aufnahme meteorologischer Daten zur Ermitt-
schem Interesse. lung des Waldinnenklimas sollte intensiviert wer-
Für den Nationalen FFH-Bericht wurde die Bun- den, dabei sollte auf automatisierte Messungen
deswaldinventur um eine Methodik zur Erfassung zurückgegriffen werden, die auch die Bodentem-
und Bewertung verbreiteter Waldlebensraumtypen peratur erfassbar machen. Ebenso sollte die Quan-
(WLRTen) ergänzt. Erstmals bei der vierten Bundes- tifizierung des Bestandesniederschlags im Mess-
waldinventur werden zudem DNA-Proben zur Ermitt- netz des DWD gefördert werden.
lung der genetischen Vielfalt gesammelt. Abhängig
vom Bundesland und Waldbesitzart werden zudem • Eine Verknüpfung von Verfahren und Ergebnissen
ein Waldschutzmonitoring, Verbissmonitoring, Gen- des Forstlichen Umweltmonitorings mit anderen
monitoring bzw. eine Betriebsinventur regelmäßig Monitoringprogrammen z. B. zur Biodiversitätmo-
durchgeführt. In Schutzgebieten, wie z. B. in Natio- nitoring, zum Verbissmonitoring, zum Waldschutz-
nalparks findet außerdem ein sehr intensives floris- monitoring und zum Genetischen Monitoring fehlt
tisches und faunistische Monitoring statt. Im Testbe- weitgehend.
triebsnetz Forst (TBN-Forst) erheben die Länder (für
den Bund) betriebswirtschaftliche Daten aus Forst- • Erschwerend kommt hinzu, dass in den begleiten-
betrieben aller Eigentumsarten und erfüllen so den den Monitoringerhebungen auf Länderebene (z. B.
waldgesetzlichen Auftrag zu Berichterstattung über Verbissmonitoring, Waldschutzmonitoring) keine

121
3  Anpassung an den Klimawandel in unterschiedlichen Bereichen

zwischen Bund und Ländern abgestimmten Ver- Bei vielen der Monitoringerhebungen werden haupt-
fahren angewendet werden. amtliche von ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kar­­
tie­rern unterstützt.
Parallel zur terrestrischen stichprobenartigen Zum nationalen Ausbau des Biodiversitätsmonito-
Waldzustandserfassung ist die forstliche Fernerkun- rings wurde im Frühjahr 2021 vom Bundesumwelt-
dung seit mehreren Jahrzehnten bestrebt, diese In- ministerium das Nationale Monitoringzentrum zur
formationslücke zu schließen. Erfassung des Wald- Biodiversität (NMZB) in Leipzig eröffnet. Ziel ist es
zustandes durch Befliegung und unter Verwendung Monitoringakteure zu vernetzen, mit ihnen das bun-
von z. B. Multispektralkameras ist seit vielen Jah- desweite Biodiversitätsmonitoring weiterzuentwi-
ren erprobt und wird großflächig für ganze Bundes- ckeln, die Monitoringpraxis und -forschung zusam-
länder eingesetzt. Die Auswertung der Luftbilder er- menzubringen, Methoden weiterzuentwickeln sowie
folgt meist teilautomatisiert mittels traditioneller Informationen über die Aktivitäten zum Biodiversi-
Bildverarbeitungsmethoden. tätsmonitoring bereitzustellen. Im Rahmen des inter-
Mit der Verbesserung der Bildauflösung, neuester nationalen Biodiversitätsmonitorings wurden von Pe-
Sensoren und Kameras (z. B. hyperspektral, LiDAR), reira et al. (2013) bereits ein Konzept der Essentiellen
kostenfreiem Zugang zu zeitlich hochaufgelösten Sa- Biodiversität Variablen (EBV) vorgeschlagen, was die
tellitenzeitreihen (Sentinel, Landsat), dem kosten- Basis für ein weltweites Biodiversitätsmonitoringpro-
günstigen Einsatz von eigenen Fluggeräten (z. B. Droh- gramm sein soll.
nen) und der verbesserten Datenspeicherung und Auch das sogenannte Testbetriebsnetz Forst (TBN-
-verarbeitung steigen die Einsatzmöglichkeiten von Forst) erfüllt einen gesetzlichen Auftrag, denn gem. §
Fernerkundungsverfahren für die Vitalitätsbewer- 41 BWaldG ist die Bundesregierung verpflichtet, dem
tung von Gehölzen. Allerdings ist die Unterscheidung Deutschen Bundestag auf Grund der Wirtschaftser-
von Baumarten bzw. -gattungen besonders in Misch- gebnisse der Staatsforstverwaltungen und der Forst-
beständen und eine differenzierte Abschätzung des betriebsstatistik über die Lage und Entwicklung der
Vitalitätszustands mittels Satellitendaten noch immer Forstwirtschaft und der Struktur der Holzwirtschaft
nicht problemlos operationell einsetzbar. des Bundesgebiets sowie über die zur Förderung der
In Artikel 11 der europäischen Fauna-Flora-Habi- Forstwirtschaft erforderlichen Maßnahmen zu be-
tat-Richtlinie (FFH) ist die Überwachung des Erhal- richten. Dieser Bericht erstreckt sich auch auf die Be-
tungszustandes (Monitoring) der Lebensraumtypen lastungen aus der Schutz- und Erholungsfunktion.
(LRT) (Anhang I) und Arten (Anhänge II, IV und V) von Das TBN Forst wurde bereits im Jahr 1951 einge-
europäischem Interesse vorgesehen. Es liegen dazu richtet, um Buchführungsdaten von deutschen Forst-
zwischen Bund und Ländern abgestimmte Bewer- betrieben zu erfassen, auszuwerten und in der Ent-
tungsschemata mit Empfehlungen zum methodischen wicklung zu beobachten. Das Testbetriebsnetz Forst
Vorgehen für die Erfassung und Bewertung des Erhal- befindet sich seit dem Jahr 1976 im Zuständigkeits-
tungsgrades einzelner Vorkommen vor (BfN 2017). In bereich des heutigen BMEL. Es wird durch den Bund
den deutschen FFH-Gebieten sind die Wald-Lebens- und die Länder betrieben. Die Länder sind im Wesent-
raumtypen mit einer Gesamtfläche von ca. 800.000 lichen zuständig für die Datenerhebung bei den Forst-
ha vertreten, zu denen alle sechs Jahre ein Bericht, betrieben und die Datenplausibilisierung. Der Bund
unter der Verantwortung der Länder, erstellt wird. ist im Wesentlichen zuständig für Datenmanagement
Die Qualität einzelner Vorkommen wird regelmäßig und -auswertungen sowie die Berichterstattung und
in einer repräsentativen Stichprobe im Rahmen des Dokumentation (Bauer et al. 2016).
bundesweiten FFH-Monitorings erhoben. Häufigere Beim Testbetriebsnetz Forst handelt es sich um
Lebensraumtypen und Arten werden in mindestens eine freiwillige Beurteilungsstichprobe. Nach dem
63 Stichproben je biogeografischer Region untersucht, „Bedarfsplan“ des Testbetriebsnetz Forst wird, neben
während bei seltenen Arten und Lebensraumtypen der Teilnahme der 13 Staatswaldbetriebe der Flächen-
alle bekannten Vorkommen erfasst werden. bundesländer, die Teilnahme von rund 270 Forstbe-
Darüber hinaus existieren bundesweit weitere für trieben des Körperschaftswaldes und 160 Forstbetrie-
den Wald relevante Monitoringprogramme, die alle ben des Privatwald, differenziert nach Bundesländern
das Ziel haben, durch ein systematisches Vorgehen und Flächengrößenklassen, angestrebt (Seintsch et al.
­re­präsentative Daten über die Veränderung der Natur 2017). Die tatsächliche Teilnahme war in den vergan-
und Landschaft zu erheben. Zu nennen sind hier bei- genen Jahren jedoch deutlich geringer und beständig
spielhaft das Insektenmonitoring, Tagfaltermoni­ rückläufig, wobei sich der Negativtrend in jüngster
toring, Vogelmonitoring, Monitoring häufiger bzw. sel- Zeit deutlich verstärkt hat. Diese Negativentwicklung
tener Brutvögel, WILD Monitoring, Wolfmonitoring, beim Testbetriebsnetz Forst verdeutlicht den drin-
Bodenzustandserhebung (BZE), ­Bodendauererhebung. genden Handlungsbedarf zur Weiterentwicklung

122
3.5 Monitoring 

des Testbetriebsnetz Forst, um diese bedeutende und


zwingend erforderliche Datenquelle zu erhalten,
denn die amtliche Statistik, die Forstpolitik des Bun-
des und der Länder aber auch die Forstbetriebe selbst
und deren Interessenvertretung sind auf valide forst-
betriebswirtschaftliche Informationen angewiesen.
Die aktuellen forstwirtschaftlichen Herausforde-
rungen durch die großflächigen Waldschäden und
den Klimawandel aber auch die allgemeinen gesell-
schaftlichen Entwicklungen (demografischer Wan-
del, Schutzes der Biodiversität, Förderung der Bioöko-
nomie, Honorierung von Ökosystemleistungen etc.)
machen die Lösung dieses Problems noch dringen-
der. Darüber hinaus müssen die Prozesse zur Infor-
mation der Öffentlichkeit (EU Inspire-Richtline, Geo-
datenzugangsgesetz, Umweltinformationsgesetz) zum
Zustand und zur Entwicklung der Wälder optimiert
und an moderne Kommunikationsmedien angepasst
werden.

123
Robinia
4
Handlungsempfehlungen
4.0 Einführung und Zusammenfassung Auswirkungen sie auf Wald und Gesellschaft im Ein-
der wichtigsten Empfehlungen zelnen haben werden, lassen sich aufgrund der Viel-
zahl notwendiger Annahmen nicht glaubwürdig dar-
Die Empfehlungen, die der Wissenschaftliche Bei- stellen. Selbst sehr weit entwickelte Klimamodelle
rat (WBW) in diesem Kapitel zur Anpassung an den können Extremwetterereignisse, die einen entschei-
Klimawandel ausspricht, basieren auf den vorange- denden Einfluss auf Wälder und ihre Ökosystemleis-
gangenen Kapiteln. Dort wurden die Auswirkungen tungen haben, nur unzureichend abbilden. Techni-
der Klimaänderungen auf Wälder und ihre Ökosys- sche und gesellschaftliche Entwicklungen wie zum
temleistungen analysiert (Kap. 1.2), die für die Kli- Beispiel die Umsetzung der bis zum Jahr 2045 geplan-
maanpassung relevanten Strukturen, Politiken und ten Klimaneutralität oder die zukünftige Nachfrage
Steuerungsinstrumente dargestellt (Kap. 2), die zu er- nach Ökosystemleistungen sind ebenfalls sehr schwie-
wartenden Veränderungen in den verschiedenen, von rig zu prognostizieren. Gleichzeitig haben unsere ge-
den Ökosystemleistungen des Waldes abhängigen Be- genwärtigen Bedürfnisse und auch unsere Vorstel-
reichen (Forstwirtschaft, Holzverarbeitung, Bioöko- lungen der Zukunft Einfluss darauf, wie Wälder und
nomie, Naturschutz, Gesundheitsvorsorge, Erholung unsere Beziehung zu ihnen zukünftig aussehen.
und Tourismus) ergründet und die für diese Bereiche
identifizierten möglichen Wechselbeziehungen und
Anpassungshemmnisse erörtert (Kap. 3).
Die Empfehlungen erstrecken sich dabei auf drei- Gesellschaftliche Einfluss von
Veränderungen Umweltveränderungen
zehn verschiedene Handlungsfelder. Sie richten sich
nicht nur an die Politik auf Ebene des Bundes, der Län-
der, Landkreise und Kommunen, sondern auch an an-
dere Akteure in den oben genannten Bereichen, die
einen relevanten Beitrag zu den notwendigen Trans-
Was die heutige
formationen leisten können. Da die Generationenauf- Generation Die Fähigkeit der
für sich und Nachhaltige, Wälder Ökosystem-
gabe der Anpassung unserer Wälder und ihrer Be- anpassungsfähige leistungen
zukünftige
wirtschaftung an den Klimawandel zur Sicherung der Generationen Ökosysteme bereitzustellen
Ökosystemleistungen viele Bereiche betrifft, finden erwünscht
sich in den Handlungsempfehlungen entsprechend
zahlreiche und zum Teil detaillierte Empfehlungen.
An dieser Stelle werden zunächst die wichtigsten
Empfehlungen zusammengefasst.
Unsere Empfehlungen spiegeln ein Leitbild für den Abb. 30:  Nachhaltige, anpassungsfähige Wälder als Schnittmenge von
Wald der Zukunft sowie für die Art und Weise wider, gesellschaftlichen Werten und nachgefragten Ökosystemleistungen
wie er zum Wohle der Gesellschaft nachhaltig genutzt einerseits sowie der Kapazität der Wälder diese Ökosystemleistungen
werden sollte. Die zukünftige Entwicklung des Waldes bereitzustellen. Veränderungen der Umwelt und Gesellschaft beeinflus-
sen den Überlappungsbereich, in dem gesellschaftliche Anforderungen
in diesem Jahrhundert könnte auf sehr unterschiedli-
von den Ökosystemen auch bedient werden können. Das Ziel einer auf
chen Pfaden verlaufen. Diese Entwicklungspfade wer-
Nachhaltigkeit ausgerichteten Waldpolitik und -bewirtschaftung muss
den nicht nur vom Klimawandel, sondern auch von
es sein, diesen Überlappungsbereich jetzt und in Zukunft möglichst groß
den Änderungen der Ansprüche der Waldbesitzer/
zu gestalten (verändert nach Bauhus et al. 2017b).
innen und Gesellschaft an den Wald sowie vom tech-
nischen Fortschritt beeinflusst werden. Die Treiber
dieser Entwicklungen wurden bereits vom WBW in Die Empfehlungen des WBW zielen darauf ab, die
seiner Stellungnahme „Eckpunkte der Waldstrategie Entscheidungen und Handlungen für eine Klimaan-
2050“ (WBW 2020) skizziert. Konkrete Entwicklungs- passung unserer Wälder darauf auszurichten, dass
pfade, die sich aus den vielfältigen Kombinationen der zukünftige Generationen die gleichen Optionen auf
verschiedenen Einflussfaktoren ergeben, und welche die Ökosystemleistungen der Wälder haben wie die

125
4 Handlungsempfehlungen

heutige. Bei der nachhaltigen Steuerung des Ökosys- funktionaler und genetischer Diversität geht es dabei
tems Wald mit den langen Lebenszeiten von Bäumen auch um den Struktur- und Artenreichtum allgemein.
und ausgedehnten Produktionszeiträumen spielt das Denn vielfältige Waldökosysteme weisen aufgrund
Nachhaltigkeitsprinzip der Generationengerechtig- der Risikostreuung und der vielfältigen Interaktio-
keit eine besondere Rolle für eine nachhaltige Trans- nen tendenziell eine höhere Resistenz, Resilienz und
formation. Auch wenn es durch den Wandel von Klima in der Regel auch Anpassungsfähigkeit auf. Der Schutz
und Gesellschaft sehr wahrscheinlich zu Veränderun- der Waldböden und ihrer Funktionen trägt wesentlich
gen in den Gewichtungen zwischen den verschiede- zur ökologischen Stabilität der Wälder bei. Die Emp-
nen Ökosystemleistungen kommen wird, sollten un- fehlungen des WBW zielen darauf ab, die Waldbesitz-
sere Wälder auch in Zukunft ein Hort der Biodiversität enden mit den notwendigen Ressourcen in die Lage zu
sein, so dass wir dort weitgehend die gleichen Arten versetzen, diese erforderliche Anpassung der Wälder
vorfinden werden wie heute, wenngleich in verän- bei gleichzeitigem Schutz von Biodiversität (siehe 4.4)
derten ökologischen Gemeinschaften und möglicher- und Böden (siehe 4.5) auf einer gesicherten wissen-
weise an anderen Orten in der Landschaft. Die Wäl- schaftlichen Grundlage voranzutreiben. Damit Wäl-
der sollten nach wie vor in ausreichenden Mengen der auch unter den Bedingungen des Klimawandels
sauberes Trinkwasser liefern, Böden schützen, CO2 in als Orte für die Freizeit- und Erholungsnutzung gut
Biomasse, Böden und Holzprodukten speichern, der geeignet sind, müssen neben den Ökosystemverän-
Gesellschaft von morgen einen Raum für Erholung, derungen die gesellschaftlichen Ansprüche und Ver-
Gesundheit und Freizeitaktivitäten bieten, Waldbesit- änderungen gleichermaßen adressiert werden (siehe
zer/innen eine Einkommensquelle ermöglichen und 4.7).
mit der Bereitstellung der erneuerbaren Ressource
Holz den bereits eingeschlagenen Weg zur Klimaneu- 2. Verbesserung des Risikomanagements.
tralität der Wirtschaft befördern. Nicht jeder Wald
wird in gleicher Weise all diese verschiedenen Ökosys- Walderhalt setzt in vielen Fällen auch voraus, die Wäl-
temleistungen bieten können, noch werden sie über- der aktiv vor biotischen und abiotischen Gefahren zu
all in ähnlicher Intensität nachgefragt werden. Daher schützen, die voraussichtlich in Zukunft zunehmen
wird es, wie bereits auch jetzt, durch die verschiede- werden (siehe 4.2). Daher bedarf es einer deutlichen
nen Waldbesitzer/innen und unterschiedlichen stand- Verbesserung des Risikomanagements (siehe 4.3) in
örtlichen Voraussetzungen zu Schwerpunktsetzungen enger Verknüpfung mit einem zeitlich und räumlich
kommen. Aufgrund der kleinräumigen Vermischung hoch aufgelösten Monitoring (siehe 4.9). Sowohl Risi-
der unterschiedlichen Waldbesitzformen und auch ken als auch eingetretene Störungen müssen besser
der Standortvielfalt in Deutschland kann jedoch ein als bisher rechtzeitig erkannt, lokalisiert und hinsicht-
Ausgleich und eine Erreichung der übergeordneten lich ihrer wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen
Ziele auf Landschaftsebene erfolgen. Folgen bewertet werden, um rechtzeitig Präventions-,
Vorsorge-, und Bekämpfungsmaßnahmen einleiten zu
Die Empfehlungen des WBW zielen darauf ab, diese können. Neue Verfahren des Waldschutzmonitorings
Optionenvielfalt für Ökosystemleistungen lang- spielen dabei eine große Rolle. Da Störungen trotzdem
fristig sicherzustellen. Sie lassen sich wie folgt eintreten werden, sind auch Strukturen und Kapazi-
zusammenfassen: täten, wie zum Beispiel Nasslagerplätze dauerhaft in
einsatzfähigem Zustand vorzuhalten, um zukünftige
Schäden effektiv zu bewältigen. Zur Stärkung des Ri-
1. Erhalt und Entwicklung diverser, resilienter und sikomanagements im Privat- und Körperschaftswald
anpassungsfähiger Wälder. sollte die Erstellung von betrieblichen Risikomanage-
mentplänen im Rahmen der GAK (Gemeinschaftsauf-
Funktionsfähige und produktive Ökosysteme sind gabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten-
die Grundlage für Ökosystemleistungen. Daher müs- schutzes) gefördert werden.
sen Wälder, die heute als nicht anpassungsfähig an-
gesehen werden, in diese Richtung entwickelt werden 3. Aufbau eines überbetrieblichen, hoch
(siehe 4.1). Da die natürlichen Anpassungsprozesse in aufgelösten Waldmonitorings (siehe 4.9).
vielen Fällen nicht mit der Geschwindigkeit des Kli-
mawandels Schritt halten können, muss dieser Pro- Waldmonitoring nimmt nicht nur aufgrund s­einer
zess, wenigstens zum Teil, aktiv gesteuert und unter- Bedeutung im Risikomanagement, zum Beispiel bei
stützt werden. Dabei geht es vor allem um den Erhalt der Identi­fizierung von Risiken und Quantifizierung
und die Entwicklung vielfältiger Wälder. Neben der von Schäden, eine Schlüsselstellung in dem Prozess
Vielfalt standortsangepasster Baumarten und deren der Anpassung der Wälder ein. Es kann auch der

126
4.0 Einführung und Zusammenfassung der wichtigsten Empfehlungen 

Quantifizierung von Waldentwicklungen, der Biodi- fast ausschließlich auf Erlösen aus dem Holzverkauf
versität, Ökosystemleistungen und ihrer Inanspruch- beruhen, wohingegen andere Leistungen für Klima-
nahme sowie der Überprüfung der Wirksamkeit schutz, Wasserschutz, Naturschutz, Erholung etc. für
forstlicher Maßnahmen dienen. In Ergänzung von In- die Forstbetriebe in der Regel als Lasten wahrgenom-
venturen auf Betriebsebene liefert es dadurch auch men werden, da ihre Bereitstellung nicht zu Einnah-
die Evidenzbasis für ein adaptives Management und men, sondern meist zu Erlöseinbußen oder Mehrkos-
gesellschaftliche Diskurse über Waldwirtschaft. Da ten führen. Daher empfehlen wir, dass die öffentliche
das gegenwärtige Waldmonitoring, das im Wesentli- Hand Finanzierungs- und Geschäftsmodelle unter-
chen aus Waldzustandserfassung, Bodenzustandser- stützt, die den Forstbetrieben langfristig planbare Ein-
hebung, Bundeswaldinventur und Testbetriebsnetz nahmen aus der Bereitstellung von Ökosystemleistun-
Forst besteht, den aktuellen und künftigen Anforde- gen ermöglichen. Eine grundsätzliche Möglichkeit
rungen an räumliche und zeitliche Auflösung in vie- hierfür sehen wir darin, die Anpassung bzw. Ange-
len Fällen nicht mehr gerecht wird, soll es durch passtheit der Wälder an den Klimawandel, welche die
moderne Methoden der Digitalisierung und Ferner- Grundlage für die zukünftige Erbringung aller Öko-
kundung, der Artidentifikation und Monitorings sozi- systemleistungen darstellt, zu honorieren. Diese Art
aler und ökonomischer Indikatoren so erweitert wer- der Honorierung sollte in Ergänzung zur Förderung
den, dass flächenbezogene Aussagen ermöglicht, die nach GAK erfolgen. Im Gegensatz zur GAK würden
Vernetzung möglichst vieler Elemente des forstlichen nicht die einzelnen Maßnahmen, die zur Anpassung
Monitorings gewährleistet, die Bereitstellung von In- führen (z. B. Waldumbau), sondern das Ergebnis ho-
formationen beschleunigt, und das Artenspektrum noriert werden. Forstbetriebe erhielten somit für den
der Zielorganismen erweitert wird. Dies erfordert er- Teil ihrer Wälder eine laufende Honorierung, der als
hebliche Investitionen in Forschung und den Aufbau hinreichend resilient und anpassungsfähig betrach-
von Kapazitäten. tet werden kann. Für ein solches System wäre eine
gewisse Differenzierung nach dem Grad der Ange-
4. Anpassung von institutionellen Strukturen passtheit und Anpassungsfähigkeit möglich, beispiels-
(siehe 4.10). weise in Form eines Ampelsystems. Ein solches Sys-
tem sollte unterscheiden zwischen Wäldern, die nach
Zunehmende Schadereignisse, eine Reduktion der Pro- jetzigem Wissensstand als weitgehend resilient und
duktivität der Wälder und Veränderungen im Baumar- anpassungsfähig betrachtet werden können, solchen,
tenspektrum werden bei gleichzeitig steigenden Kos- die durch Waldumbaumaßnahmen in diese Richtung
ten für Anpassung, Risikomanagement, Monitoring entwickelt werden, und solchen, die als Risikobesto-
und die Bereitstellung von Ökosystemleistungen die ckung einzustufen sind. Die für diese Einstufungen er-
Erträge aus der traditionellen Waldbewirtschaftung forderlichen Kriterien und valide und standardisiert
mit Fokus auf Rohholzproduktion langfristig reduzie- zu erhebenden Indikatoren, müssten wissenschaftlich
ren. Diese Entwicklungen verschärfen die ohnehin fundiert von einer breit aufgestellten Arbeitsgruppe ,
schon bestehenden strukturellen Probleme im klein- zum Beispiel mit Vertreterinnen und Vertretern der
parzellierten Privat- und Körperschaftswald und er- Wissenschaft, der forstlichen Praxis, sowie der Zertifi-
fordern die Schaffung stabiler institutioneller Struktu- zierungsunternehmen entwickelt und dem BMEL als
ren, welche langfristig finanziell abgesichert sind. Nur Vertreter des Bundes vorgeschlagen werden.
so können private und körperschaftliche Kleinwald-
besitzer dauerhaft die vielfältigen Ansprüche an den 6. Nachhaltige Holzverwendung fördern
Wald erfüllen. Dafür empfehlen wir die Etablierung (siehe 4.6).
stabiler, leistungsfähiger Strukturen für die Betreu-
ung des Nichtstaatswaldes und den Aufbau von Infor- Eine für die Gesellschaft wesentliche Ökosystemleis-
mationsplattformen, die Schaffung von Anreizen zur tung der Wälder ist die Bereitstellung von Holz. Die in
aktiven Waldbewirtschaftung und Bildung von größe- diesem Gutachten vorgeschlagenen Anpassungsmaß-
ren Bewirtschaftungseinheiten, sowie eine effizien- nahmen verändern das Holzangebot in seiner Menge
tere Gestaltung der forstlichen Förderung. und Zusammensetzung. Damit sie überhaupt reali-
siert werden können und nicht an Marktwiderstän-
5. Ökosystemleistungen honorieren (siehe 4.8). den scheitern, ist eine Anpassung der nachgelagerten
Holzwirtschaft und Holzverwendung an die geänderte
Die aktuell größte forstpolitische Herausforderung Produktivität und Baumartenzusammensetzung der
auf dem Weg zu einer raschen und effektiven Anpas- Wälder, an andere Sortimente und einen höheren An-
sung der Wälder an den Klimawandel sehen wir darin, teil zufälliger Nutzungen erforderlich. Für den Erhalt
dass die Einnahmen der Forstbetriebe gegenwärtig und Ausbau dieser Ökosystemleistung nachhaltige

127
4 Handlungsempfehlungen

Versorgung mit Holz müssen zeitnah Wertschöpfungs-


ketten etabliert werden, die die wirtschaftliche und
klimawirksame Nutzung aus einheimischen Holzroh-
stoffen optimieren und damit die Transformation zu
einer Bioökonomie maßgeblich stützen. Dabei sollten
Anreizsysteme stärker für die stoffliche als für die di-
rekte energetische Nutzung ausgebildet werden. Eine
zentrale Rolle spielt dabei der Holzbau, dessen Anteil
an Baukonstruktionen durch die rasche Umsetzung
einer möglichst hohen und langfristigen Verwendung
von Holz im Baubereich signifikant gesteigert werden
sollte. Weiterhin sind technische Verfahren zu entwi-
ckeln, die geeignet sind, bisher schwer zu vermark-
tende Holzsortimente wie Kalamitätsholz, Nadelstark-
holz oder Laubholz, mit hoher Wertschöpfung zu
verarbeiten. Um die in Zukunft im Inland zurückge- 4.1 Resiliente und anpassungsfähige
hende Bereitstellung von Nadelholzsortimenten teil- Wälder erhalten und entwickeln
weise ersetzen zu können, müssen Voraussetzungen
für die Generierung neuer Holzstoffquellen aus Ge- Eine Förderung und Ausweitung resilienter, anpas-
braucht- und Altholz geschaffen werden. sungsfähiger Wälder kann im Wesentlichen während
der Verjüngungsphase von Wäldern, aber auch mit
7. Forschungskapazitäten stärken, besser Maßnahmen in der Bestandespflegephase gefördert
vernetzen und neu ausrichten (siehe 4.13). werden. Daher sind die folgenden Empfehlungen auf
diese beiden Phasen aufgeteilt.
Um die Forschung zur Anpassung von Wäldern, Forst- Mit geeigneten Verjüngungsmaßnahmen können
und Holzwirtschaft und anderen relevanten Sektoren wesentliche Weichen zur Erhöhung der Resistenz,
an den Klimawandel effektiv und effizient zu gestal- Resilienz und Anpassungsfähigkeit von Waldbestän-
ten, wird eine Neuausrichtung forstwissenschaftli- den gestellt werden. Dazu wird den sich ändernden
cher, waldökologischer und holzproduktbezogener Umweltfaktoren eine möglichst große Anzahl gene-
Forschung empfohlen. Dabei geht es nicht primär tisch verschiedener Individuen zur Selektion gegen-
um neue Forschungsinhalte, die sich aus den Her- übergestellt. Dies kann über die Zusammensetzung
ausforderungen ergeben, sondern um eine verstärkt der Verjüngung aus verschiedenen Baumarten, un-
strategische Ausrichtung und die Entwicklung neuer terschiedlichen Herkünften einer Baumart, einer in-
Forschungsansätze im Sinne einer an Dringlichkeit, dividuenreichen Naturverjüngung einer Baumart
Lösungsorientierung und Implementierung ausge- sowie durch unterschiedliche Verjüngungsalter er-
richteten Nachhaltigkeitsforschung, die Schaffung reicht werden. Wichtige Voraussetzung dafür sind: (1)
von entsprechend langfristig angelegten Forschungs- Dynamisierung der Waldentwicklungstypen und Ver-
infrastrukturen und Kapazitäten beispielsweise in wendung standortgerechter Baumarten unter Berück-
regionalen Clustern angesiedelten und in Verbund- sichtigung des Klimawandels, (2) eine kontinuierliche
forschungsvorhaben bearbeiteten Waldlaboren, der Förderung von Verjüngung und Vorausverjüngung
besseren Vernetzung und Kooperation zwischen be- bestehender Bestände, (3) der Erhalt und die Erweite-
stehenden Forschungseinrichtungen sowie der ver- rung der Baumartendiversität, (4) die Sicherung und
besserten Bereitstellung und dem verstärkten Aus- gezielte Verbesserung einer hohen genetischen Viel-
tausch von Daten und Modellen, unter anderem um falt, (5) die Nutzung von Störungen zur Umgestaltung
gemeinsame Synthesen zu befördern. der Wälder, (6) sowie eine Änderung bestehender Re-
gelungen zur Verlängerung der Wiederbewaldungs-
Zur Beförderung des Transformationsprozesses spre- fristen nach Ernte bzw. Störungen. Bei der Neuanlage
chen wir darüber hinaus Empfehlungen zu Änderun- von Wald und Wiederaufforstung sollte zudem die (7)
gen in der Aus- und Weiterbildung (siehe 4.12) und Vernetzung und Erweiterung von Habitaten berück-
zur Kommunikation von Klimaanpassungsstrategien sichtigt werden. Empfehlungen zum Waldschutz und
(siehe 4.11) aus. Die Empfehlungen sind im Einzelnen Risikomanagement, die dem Aufbau und Erhalt resili-
in den folgenden Unterkapiteln dargestellt. enter Wälder dienen, finden sich unter 4.2 und 4.3. Zur
Erhöhung der Resilienz und Anpassungsfähigkeit der
Wälder in den Bestandesentwicklungsphasen, die sich
an die gesicherte Verjüngung anschließen, empfehlen

128
4.1 Resiliente und anpassungsfähige Wälder erhalten und entwickeln 

wir zusätzlich (8) Pflegemaßnahmen zur Entwicklung gelangen können. Die Etablierung von Pionieren
strukturierter, ökologisch stabiler Mischbestände. und seltenen Baumarten als zukünftige Samen-
quellen in die Bestandesmatrix sollte ebenso ge-
Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen fördert werden wie der Erhalt alter Samenbäume.
empfohlen:
• Zur Förderung von strukturierten, artenreichen
1. Eine dynamische Zieltypenplanung für und produktiven Wäldern sollte auf ausreichend
Waldbestände auf standörtlicher Grundlage großen Waldflächen, welche auch mehrere Be-
entwickeln stände umfassen können, der Verjüngungsprozess
zeitlich ausgedehnt und räumlich differenziert er-
• Waldentwicklungstypen bzw. Betriebszieltypen folgen. Die entstehenden Mehrkosten durch häufi-
sind eine wichtige Grundlage für die waldbauliche gere Pflegeeingriffe sollten im Rahmen der beste-
Planung und Beratung. Sie bieten die Möglichkeit, henden Förderung der Jungbestandspflege durch
Baumarten mit unterschiedlichen Anteilen und bei an längere Zeiträume angepasste Fördersätze kom-
gleichzeitiger hoher Überlebenswahrscheinlich- pensiert werden.
keit unter aktuellen und künftigen Standortbedin-
gungen zu kombinieren. Die bisherigen bundes- 3. Baumartendiversität erhalten und erweitern
landspezifischen Waldentwicklungstypen sollten,
sofern noch nicht geschehen, dringend auf der • Zur Streuung von Risiken und Stärkung der Anpas-
Grundlage von Baumarteneignungsmodellen dy- sungsfähigkeit sollte die Verjüngung der Wälder
namisiert werden. Für die Einschätzung des zu- baumartenreich, genetisch divers und angepasst
künftigen Bodenwasserhaushalts unter verschie- sein. Innerhalb des gewählten Waldentwicklungs-
denen Szenarien des Klimawandels sind vielfach typs sollten zukünftige Bestände mit wenigsten
zusätzliche bodenbezogene Informationen not- drei standortgerechten Baumarten in stabilen Mi-
wendig (siehe 4.5). schungsformen begründet werden, wo das stand-
örtlich möglich ist. Die Mischung sollte eine Be-
• Die den Waldentwicklungstypen zugrundeliegen- dingung für die Gewährung von Förderung der
den Klima- und Baumarteneignungsmodelle soll- Verjüngungsmaßnahmen sein. Für diese Baum-
ten künftig auf regionaler bzw. Bundesebene mitei- artenkombinationen sollten geeignete bzw. sta-
nander vergleichbar gemacht werden. Dies würde bile Mischungsformen empfohlen werden. Die
die Beratungssicherheit erhöhen und den Wissens- verschiedenen Baumarten des jeweiligen Wald-
transfer vereinfachen. Regelmäßige Revisionen entwicklungstyps sollten unterschiedlichen funk-
der Waldentwicklungstypen sollten zunehmende tionalen Typen hinsichtlich ihrer Stress- und
Information zu genetischer Variation innerhalb Störungstoleranz angehören, um so die Reaktions-
von Baumarten sowie dokumentierte Praxiserfah- muster in Bezug auf Störungen zu diversifizieren,
rungen integrieren. zum Beispiel die Vermeidung von drei Nadelbaum-
arten, die in ähnlicher Weise durch Trockenheit,
2. Verjüngung und Vorausverjüngung Hitze und Borkenkäfer gefährdet sind. Da auf vie-
kontinuierlich fördern len Standorten das Anbaurisiko einiger standorts-
heimischer Baumarten deutlich zunehmen wird,
• Die Resilienz der Wälder sollte durch die Etablie- sollte die Baumartendiversität, wo nötig, durch In-
rung von Vorausverjüngung erhöht werden. Da- tegration zusätzlicher Baumarten aufrechterhal-
durch können vielfältige Probleme und hohe ten bzw. erhöht werden.
Aufwendungen die mit der Verjüngung nach Stö-
rungen verbunden sind, vermieden werden. Ins- • Die Frage der Baumartenwahl spielt eine zent-
besondere Risikobestände sollten konsequent im rale Rolle bei der Anpassung der Wälder, da viele
Rahmen von Waldumbaumaßnahmen mit Baum- Ökosystemleistungen eng mit den Baumarten ver-
arten des jeweiligen Waldentwicklungstyps vor- knüpft sind. Viele unterstützende und regulierende
verjüngt werden. Schattenintolerante Baumarten, Ökosystemleistungen sind eng mit den vielfältigen
die sich unter Schirm nicht oder nur schlecht vor- Interaktionen und der Biodiversität des gesam-
verjüngen lassen, sollten so in die Bestandesma- ten Ökosystems verbunden. Sie werden daher ins-
trix integriert werden, zum Beispiel entlang von besondere von heimischen Baumarten befördert.
äußeren und inneren Waldrändern wie Forststra- Bei einigen bereitstellenden Ökosystemleistungen
ßen, dass sie nach Störungen über natürliche Sa- kommt es auf spezifische Eigenschaften der Baum-
menverbreitung auf die zu verjüngenden Flächen arten an, z. B. Nadelholz für die Bereitstellung

129
4 Handlungsempfehlungen

von sägefähigem Stammholz für den Holzbau. besonderer Bedeutung. Insbesondere ist die Ar-
Daher muss die Wahl der Baumarten am konkre- tenliste der dem FoVG unterliegenden Baumar-
ten Standort sowie die Planung der Baumarten- ten unter Beibehaltung der derzeitigen Katego-
anteile in der Waldlandschaft die Bereitstellung rien zu erweitern. Dieses hat konsequenterweise
der Ökosystemleistungen im Wald sowie für Wert- für alle im Wald zukünftig für den Anbau vorge-
schöpfungsketten im Blick haben. Dort wo wir ein- sehenen Gehölzarten zu gelten. Weiterhin sind die
heimische Baumarten verlieren (z. B. Esche), soll- Herkunftsgebiete neu zu strukturieren, so dass für
ten alternative Baumarten in der Lage sein, einem alle Gehölzarten eine gleiche Anzahl von einheit-
möglichst großen Teil der Arten, die von den hei- lichen Herkunftsgebieten existiert. Hierfür bieten
mischen Baumarten abhängen, eine Grundlage sich die 46 ökologischen Grundeinheiten in Verbin-
zu bieten. Zum Schutze der Biodiversität sollte zu- dung mit einer Höhenzonierung an. Von einer Wie-
nächst das genetische Potenzial der heimischen dereinführung der Kategorie „Quellengesichert“
Baumarten, inklusive bisher seltener Arten, und wird abgeraten. Stattdessen könnten für ausge-
ihrer Provenienzen ausgeschöpft werden. Dort wo wählte Gehölzarten bei einigen der Mindestkrite-
Anpassungsziele mit diesen Arten nicht erreicht rien für die Zulassung von Ausgangsmaterial der
werden können, sollten Baumarten eingesetzt wer- Kategorie „Ausgewählt“ Abstriche in der Forstver-
den, die durch ihre nahe Verwandtschaft zu hei- mehrungsgut-Zulassungsverordnung (FoVZV) ge-
mischen Arten am ehesten erwarten lassen, dass macht werden.
ein großer Teil der abhängigen Biodiversität unter-
stützt wird (z. B. Zerreiche, Türkische Tanne). Dort • Die nach jetzigem Kenntnisstand meistverspre-
wo Baumarten mit wichtigen Produktionsfunktio- chenden, alternativen Baumarten mit bisher ge-
nen ausfallen (z. B. Fichte), sollten Alternativbaum- ringer Anbauerfahrung, sind dringend in koordi-
arten diese Funktion übernehmen können (z. B. nierten Verbundversuchen in Deutschland bzw.
Tanne, Douglasie). Mitteleuropa auf einem möglichst breiten Stand-
ortsspektrum zu prüfen. Die Empfehlungen der
• Dort wo eingeführte Baumarten angebaut werden, Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Forstliche Genres-
sollten diese in eine Matrix einheimischer Baum- sourcen und Forstsaatgutrecht“ zu den Arbeitsauf-
arten eingebettet und ihre Flächenanteile an Be- trägen der Waldbaureferenten der Länder bilden
ständen und Landschaften auf ein Maß begrenzt dafür eine gute Grundlage, die um weitere Baum-
werden, das die heimische Biodiversität nicht ge- arten erweitert werden sollte.
fährdet. Diese Anteile sind bisher weitgehend un-
bekannt und sollten daher erforscht werden. In • Praxisanbauversuche mit neuen Baumarten soll-
jedem Fall sollten für verwendete Alternativbaum- ten nur dann gefördert werden, wenn bestimmte
arten eine Güterabwägung zwischen Anbauwür- Kriterien bezüglich des Versuchsdesigns (z. B. Min-
digkeit und -risiken durchgeführt werden. Diese destgröße der Versuchsfelder, Verbissschutz, Über-
sollte auf langfristige Erfahrungen und Risiko- schirmung, Referenzbaumarten) und der Baum-
abschätzungen, zum Beispiel zur Invasivität, in arten erfüllt werden und eine Mindestlaufzeit,
Deutschland, anderen Anbaugebieten und im na- wissenschaftliche Begleitung und Dokumentation
türlichen Verbreitungsgebiet beruhen. Diese Gü- sichergestellt ist.
terabwägung sollte in Leitlinien der Länder zur
Förderfähigkeit alternativer Baumarten berück- 4. Die genetische Vielfalt sichern und erhöhen
sichtigt werden (Positiv- bzw. Negativlisten).
• Neben der Baumartenvielfalt ist die innerartli-
• Zu den Alternativbaumarten gehören standortsge- che phänotypische Plastizität eine entscheidende
rechte (seltene) einheimische Baumarten, bereits Grundlage für die Anpassungsfähigkeit auf der
eingeführte Baumarten (z. B. Roteiche oder Doug- Populationsebene. Für phänotypische Merkmale,
lasie), Arten aus angrenzenden Regionen Süd(ost) die eine (epi-)genetische Basis (Vererbbarkeit)
europas, sowie andere Baumarten, für die bisher haben (z. B. diverse Stresstoleranzen, phänologi-
noch keine oder nur eine geringe Anbauerfahrung sche Merkmale), ist daher die Funktion des geneti-
in Mitteleuropa vorliegt. Dabei müssen geeignete schen Systems (Blüte, Samenbildung und -verbrei-
Herkünfte und bei Bäumen, die nicht dem Forst- tung, Migration u. a.) und die Aufrechterhaltung
vermehrungsgutgesetz (FoVG) unterliegen, geeig- der genetischen Vielfalt essenziell. Dies bedeu-
nete Vorkommensgebiete verwendet werden. Vor tet zunächst, die Quellen der Saatgutproduktion
dem Hintergrund des Klimawandels sind die recht- (“Ausgewählte Bestände”, Samenplantagen) hin-
lichen Regelungen zum Forstvermehrungsgut von sichtlich ihrer Anpassungsfähigkeit zu prüfen und

130
4.1 Resiliente und anpassungsfähige Wälder erhalten und entwickeln 

gegebenenfalls neu zu bewerten oder zu ersetzen. starken Fluktuation und Zufälligkeit unterworfen,
Gleichzeitig sollten ihre aktuellen Standortbedin- die nicht leicht zu synchronisieren sind. Bei Baum-
gungen in den Erntezulassungsregistern miter- arten bei denen das Saatgut lagerfähig ist, sollten
fasst werden. Dies wäre eine Voraussetzung, um daher ausreichende Saatgutreserven zum Beispiel
bei künstlicher Verjüngung gezielt standortange- durch die staatlichen Forstbetriebe angelegt wer-
passtes und nicht nur „herkunftsgesichertes“ Ver- den. In diesem Zusammenhang kommt auch dem
mehrungsgut verwenden zu können. Aufbau von Saatgutreserven z. B. in staatlichen
Baumschulen zur Überbrückung von kalamitätsbe-
• Die Herkunftsempfehlungen, einschließlich der dingten Engpässen bei der Erzeugung von Pflanzen
Empfehlung von Austauschherkünften („klimaan- eine größere Bedeutung zu. Um die Produktions-
gepasste Saatgutbestände“) bzw. die gezielte Mi- kapazitäten in privaten Baumschulen dauerhaft zu
schung von Vermehrungsgut aus verschiedenen erhöhen, könnten staatliche Forstbetriebe, die nur
Herkunftsgebieten sind neu zu konzipieren. Vor eine geringe eigene Anzuchtkapazität haben, lang-
dem Hintergrund der Standortvielfalt innerhalb fristige Lieferverträge mit Mindestabnahmemen-
von Herkunftsgebieten ist die Tauglichkeit der be- gen mit privaten Baumschulen abschließen. Dies
stehenden Grenzen des Herkunftsgebietes mittel- würde einerseits den Baumschulen Sicherheit ge-
fristig zu überdenken. währen und andererseits den Verlust von wertvol-
lem Vermehrungsgut entgegenwirken.
• Um die Einbringung europäischer Alternativbaum-
arten einschließlich der Gewinnung von Vermeh- • Die Knappheit von Pflanzen zur Wiederbewaldung
rungsgut aus angepassten heimischen Beständen von Störungsflächen kann auch dadurch gemildert
zu erleichtern, sollten für Deutschland Herkunfts- werden, dass die Wiederbewaldungsfristen ver-
gebiete bzw. ein Herkunftsgebiet ausgewiesen wer- längert oder zunächst Vorwälder begründet wer-
den. Dies gilt für Baumarten, die nur im europäi- den (siehe Punkt 6). Zudem kann der Bedarf von
schen, nicht aber im deutschen Forstsaatgutrecht Pflanzgut für die Wiederbewaldung durch eine Re-
geregelt sind wie beispielsweise Zerreiche, Flaum- duktion der Pflanzenzahlen je Flächeneinheit ver-
eiche und diverse Kiefernarten. Darüber hinaus ringert werden. Zu diesem Zweck eignen sich bei-
muss die Ausweisung von geeigneten Erntebestän- spielsweise Trupppflanzungen in Kombination mit
den nach Forstsaatgutrecht für Baumarten ermög- natürlicher Verjüngung zwischen den Trupps.
licht werden, die bisher keiner saatgutrechtlichen
Regelung unterliegen, beispielsweise Elsbeere. • Die klimatischen Bedingungen auf den nach Stö-
Notwendig ist die Initiative zur Beschaffung von rung entstandenen Freiflächen sind häufig extrem
Saatgut geeigneter Herkünfte/Baumarten im Aus- und können zu großen Schwierigkeiten bei der
land unter anderem auf der Grundlage von ver- Verjüngung eines Folgebestandes führen. Relikti-
traglichen Vereinbarungen und Mindeststandards. sche Strukturen wie tote stehende und liegende
Bäume, hohe Stubben, Kronentotholz, etc. könnten
5. Störungen zur Umgestaltung der Wälder nutzen genutzt werden, um Verjüngungsprozesse durch
Reduktion der Ein- und Ausstrahlung, der Windbe-
• Großflächige Störungen wie die Trockenschäden wegung und auch des Verbisses zu fördern. Hier
der Jahre 2018 – 2020 stellen einerseits große He- fehlt es allerdings noch an gesicherten Erkenntnis-
rausforderungen für die Bewältigung der Schäden sen zur Effektivität diese Strukturen; diese sollten
und Verjüngung der Schadflächen dar, anderer- durch gezielte Forschung gewonnen werden. Der
seits bieten sie auch die Gelegenheit, die geplante erhöhte Aufwand infolge des Belassens bzw. der
Anpassung der Wälder substantiell voranzutrei- Gestaltung dieser Strukturelemente sollte ebenso
ben. Um Störungen für die Anpassung durch gefördert werden wie die Anlage von Vorwäldern.
künstliche Verjüngung nutzen zu können, sind al- Die Schulung zu waldbaulichen Steuerungsmög-
lerdings entsprechende Kapazitäten für die rasche lichkeiten im Zuge einer Wiederbewaldung nach
Anzucht einer hohen Anzahl von Individuen ge- Störung sollten verstärkt in Weiterbildungspro-
wünschter Baumarten/Herkünfte erforderlich. Da grammen angeboten werden.
sich in den vergangenen Jahrzehnten die natürli-
che Verjüngung auf den meisten Flächen – derzeit 6. Wiederbewaldungsfristen verlängern
85 % – in deutschen Wäldern durchgesetzt hatte,
sind die Produktionskapazitäten für Pflanzgut • Waldbesitzer sind gesetzlich zur rechtzeitigen Wie-
entsprechend zurückgegangen. Die Verfügbarkeit derbewaldung von Kahlflächen verpflichtet. Unbe-
und der Bedarf an Saat- und Pflanzgut sind einer stockte Waldflächen müssen je nach Landesgesetz

131
4 Handlungsempfehlungen

in der Regel innerhalb von 2 – 3 (in wenigen Fäl-


len 5 – 6) Jahren wieder aufgeforstet bzw. er-
folgreich verjüngt werden. Bei unvollständiger
Verjüngung muss diese innerhalb von 5 Jahren er-
gänzt werden. Zur Erzielung strukturierter, un-
gleichaltriger Bestände sind deutlich längere Zeit-
räume nötig und sinnvoll. Daher empfehlen wir,
dort wo dies unter Berücksichtigung des Boden-
schutzes möglich ist, eine Anpassung der Landes-
waldgesetze, um längere Zeiträume für die Wie-
derbewaldung bis zu 10 Jahren zu ermöglichen.
Ausgedehnte Verjüngungszeiträume würden die
Möglichkeit eröffnen, der natürlichen Verjün-
gung einen Etablierungsfortschritt einzuräumen,
und diese erst anschließend, wo das notwendig
ist, durch künstliche Verjüngung gezielt zu er- 4.2 Den Waldschutz gegenüber
gänzen. Längere Verjüngungszeiträume bedür- ­biotischen Risiken verbessern
fen allerdings eines intensiven Monitorings des
Verjüngungsfortschritts und der Entwicklung der Der Klimawandel führt bei langlebigen Organismen
Begleitvegetation damit das Zeitfenster für eine wie Bäumen immer wieder zu einer erhöhten Prädis-
unproblematische Etablierung der Jungpflanzen position für den Befall durch Pathogene und phyto-
ohne kostspielige Bekämpfung der Konkurrenzve- phage Insekten. Zusätzlich fördert die Erwärmung die
getation nicht verpasst wird. Aktivität und Populationsentwicklung vieler relevan-
ter Arten einschließlich Insekten, Säugetiere und Pilze.
7. Vernetzung und Biotopverbund bei der Massenvermehrungen in Beständen mit prädisponier-
Neuanlage von Wald und Wiederaufforstung ten Bäumen ermöglichen dann auch den Befall vitaler
berücksichtigen Individuen. Darüber hinaus sind durch die Kombina-
tion aus Globalisierung und Klimawandel auch neue
• Bei der Neuanlage von Wald sowie bei der Wieder- Arten und Artenkombinationen zu erwarten.
aufforstung sollte die Vernetzung bzw. die Erwei- Als wichtigste vorbeugende Strategie werden
terung von Habitatflächen berücksichtigt werden, heute struktur- und baumartenreiche Wälder und
um die Migration von Arten und den genetischen Waldlandschaften angesehen (siehe Kap. 4.1). Wichtig
Austausch von Populationen zu verbessern. ist auch die Überwachung der Populationen und der
Schadwirkungen auf Bäume (siehe Kap. 4.9). Die sehr
8. Pflege zur Entwicklung strukturierter, unterschiedlichen Lebenszyklen und Habitatpräfe-
ökologisch stabiler Mischbeständen fördern renzen der einzelnen Arten machen räumlich, zeitlich
und technisch sehr differenzierte Strategien notwen-
• Zum Erhalt von strukturierten, ökologisch stabilen dig. Dabei wird eine Beseitigung von Populationen
Mischbeständen ist eine kontinuierliche und an- nur bei eingeschleppten Arten angestrebt beispiels-
fänglich intensive Pflege notwendig. Dies erhöht weise bei Quarantäne-Schadorganismen wie dem Asi-
die Einzelbaumvitalität und -stabilität, verkürzt atischen Laubholzbockkäfer. Bei heimischen Schador-
die Produktions- und Gefährdungszeiträume, ganismen reichen die Ziele von der lokalen Reduktion
beugt einer Entmischung vor und trägt zum Erhalt zum Schutz einer Baumgruppe wie beim Eichenpro-
klimaangepasster Baumarten bei. Wirtschaftlich zessionsspinner, über den Schutz eines Bestandes wie
defizitäre Bestandespflegeeingriffe zur Entwick- beim Schwammspinner, bis hin zu einer landschafts-
lung resistenter, resilienter und anpassungsfähi- weiten Kontrolle zur Abwehr von Schäden an vitalen
ger Wälder sollten daher durch die Programme Bäumen, zum Beispiel vor Buchdruckern.
des Bundes und der Länder im Privat- und Körper-
schaftswald gefördert werden.

132
4.2 Den Waldschutz gegenüber ­biotischen Risiken verbessern 

Um diese sich verschärfende Situation abzumildern, Ausweitung der Anbaufläche mit einem wachsen-
werden konkret folgende Vorschläge zum den Waldschutzrisiko zu rechnen, welches es ab-
Waldschutzmanagement und der Kontrolle und zuschätzen gilt.
Bekämpfung von Schadorganismen gemacht:
2. Schadorganismen besser kontrollieren
1. Waldschutzmanagement auf überregionaler
Ebene etablieren und Strategien • Waldschutz sollte grundsätzlich dem Lösungsan-
wissenschaftlich begleiten satz eines integrierten Pflanzenschutzes folgen.
Dabei kommen Kombinationen von waldbauli-
• Da Schadorganismen sich nicht an Besitzgrenzen chen, mechanisch/technischen sowie biologischen
orientieren, können Waldschutzmaßnahmen nur oder biotechnischen Verfahren zum Einsatz und,
besitzübergreifend organisiert werden. In der Kri- bei akuter Gefährdung von lokalen Schutzgü-
sensituation der Jahre 2018 – 2020 hat sich gezeigt, tern, auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
dass die aktuellen Strukturen insbesondere im Pri- (PSM). Dabei ist das vorrangige Ziel, die Populati-
vat- und Körperschaftswald nicht geeignet sind, onen von Schadorganismen unter einer definier-
die Herausforderungen im Bereich des Waldschut- ten Schadensschwelle zu halten und Kollateral-
zes einschließlich der Verkehrssicherung zu meis- schäden, zum Beispiel an anderen Organismen als
tern. Vor diesem Hintergrund wird empfohlen, ein den Zielarten oder dem Grundwasser, so gering
flächendeckendes eigentumsartenübergreifen- wie möglich zu halten. Verfahren, die bisher keine
des Waldschadens-Monitoring und Waldschadens- ausreichende Evidenzbasis haben, sollten durch
Management einschließlich der Sicherung der Fi- replizierte, wissenschaftliche Studien mit Kontroll-
nanzierung zu etablieren; siehe dazu auch die flächen begleitet werden.
Stellungnahme des WBW (2019) zum Thema „Ri-
sikovorsorge und der Umgang mit Extremereignis- • Forstwirtschaft ist für die Hersteller von Pflan-
sen in der Forstwirtschaft“. zenschutzmitteln ein wirtschaftlich unbedeuten-
der Sektor. Daher sind nur relativ wenige Pflan-
• Dabei sollte die Prävention gegenüber Schadens- zenschutzmittel zugelassen. Selbst bei bewährten
bekämpfung und Katastrophenmanagement Vor- Mitteln wird oft eine Verlängerung der Zulassung
rang haben. Wir empfehlen, dass lange vor dem wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht
Eintreten von Massenvermehrungen Musterver- angestrebt. Hier sollte sichergestellt werden, dass
fahren mit klaren Abläufen, Schwellenwerten, Ge- für die wichtigsten Anwendungsbereiche von
nehmigungen aber auch Ausschlussflächen für Be- Pflanzenschutzmitteln in der Forstwirtschaft dau-
kämpfungsmaßnahmen erarbeitet werden sollten. erhaft eine ausreichende Anzahl geeigneter Mittel
Dabei ist eine Differenzierung des Schutzgrades zur Verfügung steht. Wenn nötig, sollte hier eine
beziehungsweise der Wertigkeit der Bestände auf staatliche Förderung der Entwicklung und Zulas-
überregionaler Ebene pro oder contra Bekämp- sung der Pflanzenschutzmittel erfolgen, idealer-
fung vorzunehmen, beispielsweise für Saatgut- weise auf EU-Ebene.
bestände, Vorkommen hochbedrohter Arten oder
Wälder mit hoher Bedeutung für Erholung und • Gerade die Einschleppung von Schaderregern im
Tourismus. Zuge der Globalisierung sowie deren Einwande-
rung in Folge des Klimawandels macht ein Über-
• Da die Wirksamkeit sowie die ökologischen und denken der immer restriktiveren politischen und
ökonomischen Auswirkungen vieler Praxisstra- verwaltungsseitigen Rahmensetzungen für den
tegien oft unklar sind, sollten alle wesentlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Wald not-
Waldschutzstrategien auf überregionaler Ebene wendig. Dies gilt insbesondere dann, wenn ganze
von den zuständigen forstlichen Versuchsanstal- Waldbestände und ihre natürliche Verjüngungs-
ten der Länder wissenschaftlich begleitet werden, fähigkeit durch Schaderreger gefährdet werden.
um eine entsprechende, öffentlich zugängliche Eine schnelle Ausbreitung von Schaderregern in
Evidenzbasis zu erstellen. neue Räume verhindert naturgemäß, dass sich
die Waldbäume dort als Wirtspflanzen an sie an-
• Bei den Empfehlungen für die waldbauliche Ver- passen können. Bei Waldbäumen sind die Repro-
wendung rezent eingeführter Baumarten sind duktionszeiten so lang, dass sie gegenüber den
von Beginn an Erkenntnisse der Invasionsbiologie sich viel schneller reproduzierenden Schador-
zu berücksichtigen. So ist bei vielen Baumarten, ganismen kaum anpassungsfähig sind. Vor die-
auch bei bisher seltenen einheimischen Arten, bei sem Hintergrund ist es unbedingt notwendig,

133
4 Handlungsempfehlungen

dass die politischen Voraussetzungen für die Be-


reitstellung, Neu- und Weiterentwicklung, Zulas-
sung und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
für die Anwendung im Wald geschaffen und durch
die Förderung von Forschungs- und Entwicklungs-
projekten unterstützt werden und dass bei der Ge-
nehmigung ihrer Zulassung und ihres Einsatzes
Aspekte der Umweltverträglichkeit, der Ökonomie
und der Walderhaltung angemessen berücksich-
tigt werden.

3. Verbissschäden an der Verjüngung effektiv


abwehren

• Die in den letzten Jahrzehnten stetig gestiege-


nen Schalenwildpopulationen sind vielerorts das 4.3 Risikomanagement zum Umgang
Haupthindernis für das Aufwachsen einer arten- mit Extremereignissen
reichen Naturverjüngung. Die gesellschaftliche weiter­entwickeln
und politische Debatte zu diesem Thema hat bisher
keine substanzielle Veränderung der Situation be- Im Zuge klimawandelbedingter Änderungen tre-
wirkt. Daher sollte der Bau von Zäunen zum Schutz ten häufiger Extremereignisse mit höherer Ampli-
von Kulturen und Naturverjüngungsflächen im tude auf. Um den daraus resultierenden Störungen
Privat- und Körperschaftswald wo nötig gefördert zu begegnen, bedarf es eines systematischen Risiko-
werden. Darüber hinaus sollten ökonomische An- managements. Grundlage jedes Risikomanagements
reize für die erfolgreiche Etablierung artenreicher ist die Definition von Schutzgütern, also Menschen,
Verjüngung ohne Zaun geschaffen werden. Gene- Ökosystemleistungen, Waldvermögen sowie Infra-
relle Verbote des Zaunbaus im Staatswald sollten struktur. Das eigentliche Risikomanagement umfasst
aufgehoben werden. Zusätzlich sind die Jagdge- (1) die Analyse und Bewertung von Risiken, also Auf-
setze so anzupassen, dass Waldbesitzer die Mög- tretenswahrscheinlichkeit und Ausmaß des Risikos
lichkeiten haben, die Wildbestände in ihren Wäl- sowie seine wirtschaftlichen, sozialen und ökologi-
dern so anzupassen, dass die Verjüngung aller schen Folgen), (2) die Entwicklung von Präventions-
Baumarten auch ohne Verbissschutzmaßnahmen strategien wie die Erhöhung der Widerstandsfähig-
möglich ist. keit des Ökosystems oder Eindämmungsmaßnahmen,
(3) Vorsorge und Bereitschaft mittels Frühwarnsys-
temen, Reaktionsinfrastruktur, Mobilisierungs- und
Koordinationsplänen und kompetentem Personal (4)
als auch erste Reaktion sprich Bekämpfung und (5)
die Bewältigung der Störung im Schadensfall. Unsere
Empfehlungen zielen sowohl auf Änderungen in die-
sen verschiedenen Komponenten des Risikomanage-
ments ab, wie auch auf die Verbesserung des betrieb-
lichen Risikomanagements insgesamt (6). Zu den mit
dem Risikomanagement eng verknüpften Aspekten
des ­Monitorings verweisen wir auf die Empfehlungen
in Kapitel 4.9.

Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen


empfohlen:

1. Risiken analysieren und bewerten

• Zur Unterstützung der Prävention und Vorberei-


tung werden belastbare Analysen der Vulnerabi-
lität von Wäldern und Modelle für die Auftretens-
wahrscheinlichkeit sowie die mögliche Ausbreitung

134
4.3 Risikomanagement zum Umgang mit Extremereignissen weiter­entwickeln 

verschiedener Störungen wie Feuer, Borkenkäfer Apps zur Dokumentation der Schäden zu lokalisie-
oder Sturm in Abhängigkeit von klimatischen Fak- ren und zu quantifizieren, um betriebliche Gegen-
toren, Böden, Bestockung, und Landschaftskontext maßnahmen bzw. administrative Maßnahmen zur
einschließlich Topographie, benötigt. Diese Mo- Unterstützung der Waldbesitzer bei der Aufarbei-
delle könnten insbesondere von den forstlichen tung und Behebung der Schäden sowie dem Wie-
Versuchsanstalten in enger Abstimmung und Ko- deraufbau der Wälder einzuleiten (siehe Kap. 4.2
operation (weiter)entwickelt und regelmäßig aktu- und Kap. 4.9).
alisiert werden, und ihre Ergebnisse, zum Beispiel
in Form von Risikokarten und Simulationen, allen • Um auf großflächige Störungen adäquat reagieren
Waldbesitzern zugänglich gemacht werden. zu können, bedarf es gut ausgebildeten Personals,
der Schaffung und des Erhalts überbetrieblicher
• Die Konkretisierung der Risikoanalyse und situa- Infrastruktur zur Bekämpfung von Schäden, wie
tionsabhängig notwendiger Überprüfungsinstru- beispielsweise im Falle eines Waldbrandes Lösch-
mente sollte bestandesbezogen im Rahmen der teiche, Wasserzapfstellen, etc. sowie zur Bewälti-
Forsteinrichtung erfolgen. gung von Schäden, wie beispielsweise ausreichend
Nasslagerplätze nach eingetretenen Sturmschä-
2. Präventionsmaßnahmen ausbauen und den). Da die Risikovorsorge in der Regel sehr kos-
weiterentwickeln tenintensiv ist und nur im Rahmen eines nachhal-
tigen Waldmanagements umgesetzt werden kann,
• Bereits jetzt gibt es Instrumente, um Präventions- wird empfohlen, die entsprechenden Maßnahmen
maßnahmen in Betrieben durchzuführen und im überwiegend kleinstrukturierten Privat- und
auch zu fördern (GAK), um das Störungsrisiko in Körperschaftswald mit einer angemessenen För-
Wäldern zu reduzieren, z. B. durch Anlage und Un- derung zu unterstützen, ähnlich wie gegenwärtig
terhalt von vegetationslosen Schutzstreifen oder im GAK Rahmenplan vorgesehen (siehe Punkt 6).
Laubholzriegeln zum Waldbrandschutz, den Laub- Überbetriebliche Infrastruktur zur Bekämpfung
holz-Unter- und Voranbau in Nadelholzbeständen, von Schäden sollte im Rahmen der hoheitlichen
Schaffung von Mischbeständen etc. (siehe auch Aufgaben von zuständigen Landesbehörden er-
Empfehlungen zu resilienten und anpassungsfä- richtet und unterhalten werden. Zur Vorsorge ge-
higen ­Wäldern, Kap. 4.1). Allerdings gibt es viele, hören auch die Entwicklung und fortlaufende Ak-
vor allem kleinere Betriebe, denen es sowohl an tualisierung von Einsatzplänen und der Aufbau
Bewusstsein wie auch Kapazitäten fehlt, um solche von Kommunikationsnetzwerken, inklusive kom-
Präventionsmaßnahmen umzusetzen. pletter Netzabdeckung im Wald. Regionale Katas-
trophenpläne sollten unter Einbeziehung der loka-
• Zur Prävention von großflächigen Störungen wie len Forstbetriebe erstellt werden. Die Förderung
beispielsweise durch Feuer oder Borkenkäfer be- der Waldschutzinfrastruktur sollte dauerhaft an-
darf es zudem der Entwicklung und Implementie- gelegt sein und ihre Tauglichkeit im Ernstfall durch
rung überbetrieblicher Präventionsmaßnahmen. regelmäßige Übungen überprüft werden.
Dazu gehört die Planung von Waldbrandriegeln
und Bekämpfungslinien auf Landschaftsebene, die • Ein wichtiges Instrument der betrieblichen Risiko-
Räumung von Munitionsresten in belasteten Wäl- vorsorge ist die Bildung angemessener finanzieller
dern, die sowohl das Waldbrandrisiko erhöhen als Rücklagen. Daher sollten die gesetzlichen Grund-
auch die Bekämpfung erschweren sowie Unterhal- lagen so geändert werden, dass private Forstbe-
tung von technischer Infrastruktur (siehe Punkt 3). triebe im Sinne der Eigenvorsorge eine steuerfreie
Rücklage bilden können. Die steuerpflichtige In-
• Zur Prävention gehört auch, dass die Forstwege, anspruchnahme dieser Rücklage sollte den Forst-
die für die Bewirtschaftung der Wälder gebaut und betrieben ganz allgemein überlassen bleiben. Im
unterhalten werden, so ausgelegt sind, dass sie Ext- öffentlichen Wald sollten zur Risikovorsorge die
remwetterereignissen standhalten. Satzungen und Errichtungsgesetze entsprechend
angepasst werden.
3. Vorsorge für den Katastrophenfall treffen
• Auch die Übertragung von existenzgefährdenden,
• Im Schadensfall ist es erforderlich, das Ausmaß seltenen Gefahren auf Versicherungen sollte als
der Schäden möglichst rasch und genau mittels Instrument der betrieblichen Risikovorsorge ge-
Fernerkundung mittels Drohnen-, Flugzeug- und fördert werden. Es hilft insbesondere einen hohen
Satelliten gestützten Verfahren, sowie mobiler Liquiditätsbedarf nach einem Schadereignis zu

135
4 Handlungsempfehlungen

decken, beispielsweise für eine Wiederauffors- von 2018 – 2020 passiert ist. Wo keine Notwendig-
tung. Die anteilige Förderung von Waldschadens- keit der Entnahme dieser Bäume besteht und Ein-
Versicherungen kann bei den Waldbesitzern die schränkungen der künftigen Bewirtschaftung nicht
Bereitschaft zum Versicherungsabschluss deutlich zu erwarten sind, kann das Schadholz in Form von
erhöhen. Die Förderung von Versicherungslösun- stehendem und liegendem Totholz auch gänzlich
gen ließe sich durch das öffentliche Interesse an oder partiell auf der Fläche belassen werden, um
einer raschen Wiederbewaldung und der damit damit freilandähnliche Verhältnisse zu vermeiden,
verbundenen Aufrechterhaltung oder schnellst- Böden zu schützen und Biodiversität sowie natür-
möglichen Wiederherstellung der Waldleistungen liche Regenerationsprozesse zu fördern. Der ge-
rechtfertigen. Die Förderung einer Versicherungs- zielte Erhalt dieser Totholzstrukturen könnte im
lösung durch die öffentliche Hand erscheint ver- Rahmen betrieblicher Waldnaturschutzkonzepte
waltungsmäßig deutlich einfacher zu handhaben, erfolgen und im Privat- und Körperschaftswald
als jeweils nach Kalamitätsereignissen einzelfall- über Vertragsnaturschutzmaßnahmen honoriert
weise politische Aushandlungen und Umsetzun- werden.
gen zu organisieren.
• Störungsflächen bieten, dort wo erforderlich, auch
4. Intervention und Einleitung von die Möglichkeit eines beschleunigten Waldumbaus
Sofortmaßnahmen verbessern mit klimaangepassten, lichtliebenden Baumarten,
die auf Freiflächen gute Wachstumsbedingungen
• Bestimmte Arten der Störung können weitere Stö- finden. Die Wiederaufforstung wird daher bereits
rungen befördern; so kann Sturmwurf in Nadel- jetzt im Rahmen der GAK gefördert. Um diese un-
holzbeständen zu Borkenkäferkalamitäten oder regelmäßig auftretenden Situationen infolge von
einer Erhöhung des Waldbrandrisikos führen. Störungen tatsächlich nutzen zu können, müssen
Daher sind hier besonders rasche Reaktionen entsprechende Kapazitäten für die Anzucht der ge-
erforderlich. wünschten Baumarten und Herkünfte aufgebaut
und vorgehalten werden, damit kurzfristig aus-
• Der gezielte Einsatz von Sofortmaßnahmen erfor- reichende Stückzahlen der benötigten Baumarten
dert eine genaue und zeitnahe Lokalisierung und aus den vorgesehenen Herkunftsgebieten und mit
Quantifizierung von Störungen und Schäden und ausreichender genetischer Diversität bereitgestellt
die effiziente Abstimmung zwischen Einsatzkräf- werden können; siehe dazu Empfehlungen zur
ten. Dies kann nur durch ein flächendeckendes, Entwicklung resilienter Wälder, Kap. 4.1.
besitzübergreifendes Monitoring gewährleistet
werden; siehe Empfehlungen zu „Früherkennung 6. Betriebliches Risikomanagement fördern
von Störungen und zeitnahe Informationsbereit-
stellung“ in Kap. 4.9. Für die Entwicklung und Un- • Die sorgfältige, umfassende Planung unter Berück-
terhalt der notwendigen Monitoringsysteme sind sichtigung der oben aufgeführten Komponenten ist
die Forstlichen Versuchsanstalten der Länder ent- eine notwendige und gleichzeitig kostenintensive
sprechend mit Personal und Infrastruktur auszu- Grundlage des Risikomanagements. Daher emp-
statten und ihre Monitoringsysteme aufeinander fiehlt der WBW die Förderung der Erstellung von
abzustimmen, so dass die Information problemlos betrieblichen Risikomanagementplänen im Privat-
auf überregionaler und Bundesebene aggregiert und Körperschaftswald im Rahmen der GAK. Im
werden kann. Rahmen der Förderung dieser Pläne sollten Min-
deststandards im Risikomanagement gesetzt und
5. Nachsorge und Restauration optimieren die Berücksichtigung überbetrieblicher Aspekte
eingefordert werden.
• Dort wo befallene oder abgestorbene Bäume eine
Gefahr für menschliches Leben oder benachbarte
Wälder darstellen, sollten diese unverzüglich be-
seitigt werden. In diesem Fall sollte die Aufarbei-
tung des Holzes möglichst hoch mechanisiert erfol-
gen, um die im Wald arbeitenden Menschen soweit
wie möglich zu schützen. Sofern die Maßnahmen
notwendig erscheinen aber nicht kostendeckend
durchgeführt werden können, sollten sie geför-
dert werden, wie dies bereits in Folge der Schäden

136
4.4 Biodiversität sichern und erhöhen 

Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen


empfohlen:

1. Wertvolle Waldbiotope, -habitate und


-ökosysteme erhalten, erweitern und
entwickeln

• Maßnahmen, um Wälder an den Klimawandel an-


zupassen, können wie beim Prozessschutz sowohl
passiver oder wie beim Habitatmanagement auch
aktiver Natur sein. Generell gilt es, möglichst viele,
naturschutzfachlich wertvolle Waldbiotope, -habi-
tate und -ökosysteme so zu entwickeln, erweitern
und zu sichern, dass diese eine hohe Überlebens-
fähigkeit im Klimawandel aufweisen. Zu diesem
4.4 Biodiversität sichern und erhöhen Zweck sind Waldnaturschutzstrategien weiterzu-
entwickeln und mit Strategien zur Anpassung an
Bei der Anpassung der Wälder an den Klimawandel den Klimawandel abzustimmen (siehe Kap. 4.1).
muss das Ziel sein, die Biodiversität von der geneti- Insbesondere im öffentlichen Wald empfiehlt sich
schen bis zur Ökosystemebene umfassend zu erhal- die Beteiligung von Stakeholdern in diese Strate-
ten. Dazu muss (1) auf ganzer Fläche, auch außerhalb gie- und Planungsprozesse.
von Schutzgebieten, die Vielfalt an Biotopen, Habita-
ten und Ökosystemen erhalten und gefördert werden. 2. Zielvorgaben und Szenarien zur Restauration
Dies beinhaltet (2) die Restauration strukturarmer von Waldökosystemen erarbeiten
und wenig anpassungsfähiger Wälder im Sinne einer
„Prestoration“, also eine Restauration, die darauf ab- • Um eine zukunftsorientierte Restauration der
zielt, die zukünftige Funktionsfähigkeit der Ökosys- Waldökosysteme zu ermöglichen, müssen zu-
teme unter den Bedingungen des Klimawandels durch nächst Ziele und Modelle für zukünftige Wälder
geeignete Baumarten(kombinationen) und Struktu- auf der Grundlage des Verständnisses der Zusam-
ren zu gewährleisten. Um klimawandelbedingte Ver- menhänge zwischen Waldstruktur, Habitatange-
schiebungen von Arten und Lebensgemeinschaften in bot, sowie Ökosystemfunktionen und -leistung ent-
der Landschaft zu ermöglichen, sollte (3) eine Durch- wickelt werden. Dieses Verständnis, das bisher
lässigkeit und Vernetzung von Ökosystemen gewähr- nur unzureichend vorhanden ist, muss durch For-
leistet werden. Bei Arten, deren Verbreitungsareale schung und Monitoring weiterentwickelt werden.
und Populationen durch den Klimawandel schwin- Die Restauration sollte insbesondere bei Risikobe-
den und die nicht in der Lage sind, neue geeignete Le- ständen und bereits durch Klimawandel geschä-
bensräume auf natürliche Weise zu besiedeln, sollte digten Wäldern ansetzen (siehe Kap. 4.1 und 4.3).
(4) die gezielte Ansiedlung gefördert werden. (5) Die
Auswirkungen des Klimawandels auf Schutzziele und 3. Durchlässigkeit und Vernetzung von
-güter müssen auch im Waldnaturschutz berücksich- Waldökosystemen gewährleisten
tigt werden. Aspekte des Biodiversitätsschutzes, die
mit der Baumartenwahl verbunden sind, wurden be- • Um klimawandelbedingte Verschiebungen von
reits unter Kap. 4.1 behandelt. Um die Auswirkungen Arten und Lebensgemeinschaften sowie einen ge-
von Klimawandel und Anpassungsmaßnahmen auf netischen Austausch zwischen Populationen in der
die Biodiversität verfolgen zu können, müssen zudem Landschaft zu ermöglichen, bedarf es der Durch-
Ansätze für ein repräsentatives Biodiversitätsmonito- lässigkeit und Vernetzung von Waldökosystemen.
ring entwickelt werden (siehe Kap. 4.9). Die Empfeh- Bei der Ausweisung von Naturschutzvorrangflä-
lungen in diesem Bereich basieren zu einem großen chen, auch außerhalb des Waldes, ist in Zukunft
Teil auf der 2020 veröffentlichten Stellungnahme des stärker auf deren Vernetzungscharakter zu ach-
WBW und WBBGR „Wege zu einem effizienten Wald- ten, sowie auch deren Beitrag für die Vernetzung
naturschutz in Deutschland“. zu berücksichtigen, wie etwa von Hecken, Knicks,
Alleen, Parks etc.

137
4 Handlungsempfehlungen

4. Arten gezielt an- und umsiedeln

• Um die Biodiversität zu unterstützen, kann eine


gezielte An- und Umsiedlung von Arten geför-
dert werden, insbesondere von solchen, die wenig
mobil sind und solchen, die einen wichtigen Bei-
trag zur Struktur- und Habitatbildung sowie zur
Funktions- und Leistungsfähigkeit des Ökosystems
liefern können.

5. Schutzgebiete für die Untersuchung einer


passiven Anpassung der Wälder nutzen

• Schutzgebiete, in denen der Prozessschutz das vor-


rangige Schutzziel ist, werden wertvolle Laborato-
rien für die Untersuchung einer passiven Anpas- 4.5 Boden und Wasser schützen
sung der Wälder an den Klimawandel darstellen;
hier wird das Schutzziel nicht durch den Klima- Der Erhalt der Waldfläche bedeutet Schutz des Bo-
wandel gefährdet. In Schutzgebieten, in denen dens sowie des Wasser- und Nährstoffkreislaufs und
der Erhalt bestimmter Lebensräume und Arten gleichzeitig fördert der Bodenschutz die Vitalität und
das vorrangige Schutzziel ist, kann der Klimawan- die Resilienz der Wälder. Die Kohlenstoffspeicherung
del die Erreichung dieser Ziele gefährden bzw. in Waldböden trägt entscheidend zur Klimaschutz-
in Frage stellen. In FFH-Gebieten, deren Auswei- wirkung der Wälder bei. Waldböden und ihre Wasser-
sung sich primär an natürlichen Pflanzengesell- speicherkapazität sind essentiell, um längere Trocken-
schaften unter konstanten Standortsbedingungen phasen auszugleichen und den damit einhergehenden
orientierte, wird man in Zukunft auch mit Ver- Trockenstress bzw. Schäden für Wälder zu vermei-
schlechterungen der Habitatstrukturen, des le- den. Die lockere Lagerung und intensive Durchwur-
bensraumtypischen Arteninventars und anderen zelung der Oberböden bilden die Voraussetzung der
klimawandelbedingten Veränderungen rechnen Funktion als Wasserspeicher. Diese Wasserspeicher-
müssen. Hier müssen Ansätze entwickelt wer- kapazität sowie den Zugang von Bäumen zum Grund-
den, um klar zwischen bewirtschaftungs- und kli- wasser gilt es in Anbetracht zunehmender Trocken-
mawandelbedingten Verschlechterungen zu un- perioden zu erhalten und zu fördern. Gleichzeitig
terscheiden und um Referenzsysteme wie zum mindert Wald negative Einflüsse auf Böden und deren
Beispiel das lebensraumtypische Arteninventar mikrobielle Gemeinschaft, die entscheidend ist für die
anzupassen. Waldernährung.
Zu diesem Zweck sind (1) standortsbezogene Ent-
scheidungsgrundlagen bereitzustellen, (2) negative
Effekte forstlicher Maßnahmen auf den Kohlenstoff-,
Nährstoff- und Wasserhaushalt zu vermeiden, (3) Bo-
denverdichtung zu vermeiden und (4) Kontamination
zu verhindern, (5) Entwässerung, wo möglich zu re-
duzieren und es sollen (6) Grundwasserentnahmen
unter Wald beschränkt werden.

Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen


empfohlen:

1. Standortsbezogene Entscheidungsgrundlagen
bereitstellen

• Die forstliche Standortskartierung ist eine bedeu-


tende Grundlage für Managemententscheidungen,
von der Baumartenwahl bis zum Bodenschutz.
Für die Baumartenwahl sowie die Bewertung
der Klimarisiken für Boden und Wasser sind

138
4.5 Boden und Wasser schützen 

standortspezifische Empfehlungen und Leitlinien Verminderung der Infiltrationskapazität und der


essentiell. Daher sollte die forstliche Standortkar- Speicherung pflanzenverfügbaren Wassers, soll-
tierung durch Einbeziehung neuer Forschungsan- ten auch bei der forstlichen Planung bezüglich
sätze weiterentwickelt werden. Besonders wichtig Waldbau, Holzernte, Wegebau etc., stets berück-
sind dabei Ansätze, die der Dynamik der Standort- sichtigt werden.
eigenschaften gerecht werden. Fördermittel für
die Standortkartierung zur Schließung von Kartie- • Nach natürlichen oder direkt anthropogen beding-
rungslücken, zur Aktualisierung alter Kartierungs- ten Störungen wie Windwurf, Trockenschäden,
werke und ihrer Fortschreibung müssen insbeson- Massenvermehrungen von Schadorganismen oder
dere auch für den Privat- und Kommunalwald und Feuer, sollte die Humusauflage möglichst wenig
in digitaler Form bereitgestellt werden. Zur An- gestört und die Vegetationsdecke rasch wieder-
passung an die Trockenheit ist die Verbesserung hergestellt werden, um Bodenabtrag und Oberflä-
des Kenntnisstandes über die räumliche Verbrei- chenabfluss von Wasser zu verhindern. Bei Ent-
tung des Wasserspeichervermögens von Waldbö- scheidungskonflikten sollte hier der Schutz von
den von großer Bedeutung (einschließlich Skelett- Boden und Wasserhaushalt priorisiert werden bei-
gehalt, Gründigkeit, Benetzungshemmung sowie spielsweise durch Anlage von Vorwäldern, da es
Zwischenabfluss in hängigen Lagen). Viele der sonst zu irreversiblen Schäden von Wäldern und
im Folgenden aufgeführten Maßnahmen müssen Gewässern kommen kann.
standortgerecht umgesetzt werden. Dies ist nur
auf Basis dieser standörtlichen Informationen • Um den Export organischer Substanz zu reduzie-
möglich. ren, sollte keine Vollbaumernte stattfinden, son-
dern Holz unterhalb der Derbholzgrenze im Wald
2. Negative Effekte forstlicher Maßnahmen auf verbleiben, sofern dem keine Aspekte des Wald-
den Kohlenstoff-, Nährstoff- und schutzes entgegenstehen. Das Belassen von Rinde
Wasserhaushalt vermeiden im Wald kann durch den Einsatz von Harvester-
köpfen mit Entrindungskapazitäten gefördert
• Bei der Baumartenwahl muss der langfristige Ein- werden, wie beispielsweise durch das BMEL „In-
fluss auf Böden und Grundwasserneubildung ins- vestitionsprogramm Wald“. Entsprechende Um-
besondere bezüglich der Nährstoffverfügbarkeit, rüstungsmaßnahmen an Harvestern sollten geför-
dem Porenvolumen und dem Humusgehalt be- dert werden. Mittelfristig, sollte dies, wo möglich
rücksichtigt werden. Dazu sollte vorhandenes Wis- und sinnvoll, zum Standard erhoben werden. Diese
sen bei der forstlichen Planung entsprechend ge- Maßnahmen dienen auch der Nährstoffnachhal-
nutzt und wo nötig erweitert werden. Um mögliche tigkeit und Reduktion des Forstschutzrisikos.
Risiken von Baumarten mit unbekannten Einflüs-
sen auf Böden und Wasser (zum Beispiel Einfluss 3. Bodenverdichtung vermeiden
auf den N-Haushalt, Protonenbilanz, Humusbilanz,
Benetzungshemmung, mikrobielle Gemeinschaft • Förderung technischer Weiterentwicklung von bo-
des Bodens) zu minimieren, sollte deren Anteil in denungebundenen Verfahren der Holzernte wie
Mischbeständen begrenzt und erst schrittweise zum Beispiel Seilkransysteme.
entsprechend den gewonnenen Erkenntnissen er-
höht werden. • Betriebe sollen in Hinblick auf eine schonende,
hochmechanisierte Holzernte unterstützt werden,
• Aus Sicht des Boden- und Grundwasserschutzes z. B. durch Anreizsysteme wie Prämien für Waldei-
empfehlen wir die Förderung strukturreicher Wäl- gentümer und Forstunternehmern, die dem Schutz
der. Ihre Ökosystemkompartimente wie Totholz, der Böden dienen. Nicht nur durch geeignete tech-
ausgeprägte Krautschicht, Bestandeslücken oder nische Ausstattung, sondern vor allem auch durch
die Humusauflage fördern die Kohlenstoffspeiche- eine verbesserte Organisation beim Einsatz von
rung, die Grundwasserneubildung oder den Was- Forsttechnik können wesentliche Beiträge zur Bo-
serrückhalt im Bestand. denschonung geleistet werden. Dabei können Bo-
den-Witterungsmodelle helfen, die mit lokalem
• Bodenrisiken wie eine negative Nährstoffbilanz, Bezug zu entwickeln sind.
Bodenverdichtung, Erosion oder Humuszehrung
und negative Einflüsse auf den Wasserhaushalt • Durch die Digitalisierung von Rückegassen und die
wie Benetzungshemmung der Waldböden bei Aus- Schaffung von Informationsplattformen kann die
trocknung, Erhöhung des Oberflächenabflusses, bestehende Walderschließung auch nach flächigen

139
4 Handlungsempfehlungen

Störungen wie Windwürfen dauerhaft und zielge- ökologischen Potenzials gedacht werden, die sol-
nau genutzt werden, so dass keine neuen Befah- che Infrastruktur bietet wie kurzlebige Kleinstge-
rungslinien angelegt werden müssen. Die Erstel- wässer als Laichplätze.
lung digitaler Karten für den zukünftigen Einsatz
von Ernte- und Rückemaschinen sowie ebenso der • Zum Schutz und zur Renaturierung von Waldmoo-
Einsatz von Globalen Positionsbestimmungssys- ren bedarf es finanzieller Anreize, um den Kohlen-
temen (GPS) sollte daher im Privat- und Körper- stoffgehalt der Böden zu erhöhen bzw. Moore als
schaftswald gefördert werden. Ökosystem und Wasserspeicher in Abstimmung
mit anderen Ökosystemleistungen zu erhalten.
4. Kontamination verhindern
6. Grundwasserentnahmen unter Wald
• Der chemische Zustand der Böden ist entscheidend beschränken
für die Resilienz im Klimawandel. Daher ist für die
Klimaanpassung der Wälder auch der Schutz vor • Eine schädigende Intensivierung der Grundwas-
stofflicher Kontamination essentiell. Wichtig ist serentnahmen unter Wald sollte vermieden wer-
dabei die Reduktion der Stickstoffeinträge und Ver- den. Auf keinen Fall dürfen diese zu flächigen und
meidung der Belastung der Waldökosysteme durch so starken Absenkungen des Grundwasserstandes
organische Schadstoffe. Der Eintrag von Stickstoff führen, dass dadurch der kapillare Anschluss der
aus angrenzenden, vor allem landwirtschaftlich Baumwurzeln betroffener Bestände an das Grund-
genutzten Systemen muss weiter reduziert wer- wasser unterbrochen wird. Dies ist besonders in
den. Dazu sind entsprechende Regelungen mit der Gegenden zu berücksichtigen, wo das Trocken-
Landwirtschaft notwendig. heitsrisiko für Wälder hoch ist. Dort muss gege-
benenfalls die Grundwasserentnahme den klima-
• Der Austrag von organischen Lasten wie Phenole tischen Bedingungen angepasst und reduziert
oder Polterschutzmittel, ist bei der Anlage von werden. Da Grundwasserentnahmen durch Land-
Holzlagerplätzen zu berücksichtigen, um Schä- wirtschaft, Industrie und für den privaten Ver-
den an Böden und Grundwasser zu vermeiden. Bei brauch besonders in trockenen und heißen Zeiten
Maschineneinsätzen sollte die Verwendung von steigen, sind hier Sektor übergreifende Regelun-
biologisch abbaubaren Betriebsstoffen Standard gen erforderlich.
werden.

5. Entwässerung wo möglich reduzieren und die


Wasserspeicherfunktion erhalten und
verbessern

• Der Einfluss von Entwässerungsmaßnahmen im


Bestand auf den Wasserhaushalt von Standorten,
auf Wassereinzugsgebiete und die Einspeisung in
Vorflutsysteme sollte stärker berücksichtigt wer-
den. Wo durch diese Maßnahme nicht die Stabi-
lität der Wälder reduziert und Teillebensräume
bedrohter Arten wie zum Beispiel Amphibien, ge-
fährdet werden, sollte der Rückbau von Entwässe-
rungsgräben im Bestand erfolgen. Betriebe sollten
bei der Planung auch den Erhalt von Wasserspei-
chern berücksichtigen.

• Im Zuge der Walderschließung ist auf die Erhal- 4.6 Nachhaltige Holzverwendung
tung bzw. Erhöhung der Wasserhaltekapazität fördern
hinzuwirken, das heißt Wasser sollte aus Entwäs-
serungsgräben, die zum Schutz von Infrastruk- Die Änderungen in der Produktivität, Baumartenzu-
tur angelegt wurden, in den Wald rückgeleitet sammensetzung, den Sortimenten und dem Anteil
oder zur Speisung von Kleingewässern, Weihern zufälliger Nutzungen erfordern eine Anpassung der
und Löschteichen verwendet werden. Bei diesen nachgelagerten Holzwirtschaft und Holzverwendung.
Maßnahmen sollte auch an die Optimierung des Zur Etablierung und zum Ausbau der nachhaltigen

140
4.6 Nachhaltige Holzverwendung fördern 

Verwendung von Holz sollten zeitnah Wertschöp- durch normkonforme Nachweise der CO2-Bilanz,
fungsketten etabliert werden, die die wirtschaftliche sollte mit einer Förderung auf dieser Grundlage,
und klimawirksame Nutzung aus einheimischen Holz- zum Beispiel dem Gebäudeenergiegesetz mit Be-
rohstoffen optimieren und damit die Transformation rücksichtigung der materialbezogenen CO2-Emissi-
zu einer Bioökonomie maßgeblich stützen. Beglei- onen über den Lebenszyklus, verbunden werden.
tende Anreizsysteme sollten stärker auf die stoffliche
als auf die direkte energetische Nutzung ausgerichtet • Die Vergrößerung des Kohlenstoffspeichers in Ge-
werden. Eine zentrale, unmittelbar verfügbare Tech- bäuden sollte durch Anreizsysteme honoriert wer-
nologie zur Speicherung von Kohlenstoff ist vor allem den, zum Beispiel in Form eines zusätzlichen För-
der Holzbau (1) (siehe Kap. 3.2.1.4.), dessen Anteil an dertatbestandes in der KfW-Förderung für die
Baukonstruktionen bundesweit durch die sofortige Einlagerung von Kohlenstoff in Gebäuden.
Umsetzung von möglichst zahlreichen Holzbauten im
mehrgeschossigen Wohn-, sowie im Gewerbe-, Büro- 2. Reaktionsfähige und aufnahmebereite Märkte
und Industriebau bis 2050 signifikant gesteigert wer- sowie Logistik- und Lagerstrukturen schaffen
den kann. und Lagerkapazitäten zur Abpufferung von
Um die benötigten Holzmengen und -qualitäten Holzmarktfluktuationen vorhalten
aus einheimischer Waldwirtschaft verfügbar zu ma-
chen, sind (2) reaktionsfähige und aufnahmebereite • Als Grundlage sind Prognosemodelle über die Res-
Märkte sowie geeignete Logistik- und Lagerstrukturen sourcenverfügbarkeiten und Rohstoffpotenziale
zu schaffen, insbesondere für die Werterhaltung von mittels mengen- und zeitaufgelöster Stoffströme
Stammholz aus Störungsereignissen und gegebenen- durch die Fachstellen des Bundes- und der Länder
falls Holzhalbwaren. Es sind (3) technische Verfahren bereitzustellen und über Forschungsarbeiten sind
zur flexibleren Verarbeitung unterschiedlicher, bisher Holzaufkommensszenarien mit Störungseinflüs-
schwer vermarktbarer Holzsortimente wie Kalami- sen zu ergänzen. Damit könnten die starken Preis-
tätsholz, Nadelstarkholz oder Laubholz, einzuführen. reaktionen nach den Kalamitätsjahren abgemin-
(4) Um den von der Industrie benötigten Nadelholzan- dert werden.
teil zu erhalten, ist ein ausreichender Anteil von kli-
matisch angepassten Nadelbaumarten erforderlich. • Zusätzlich zur Verbesserung der Kapazitäten für
(5) Die Voraussetzungen für die zukünftige Generie- Frischholz-Nasslagerung (siehe Kap. 4.3) sollten
rung neuer Holzstoffquellen aus Gebraucht- und Alt- ähnliche Förderinstrumente zur Einrichtung von
holz ist voranzutreiben, um zurückgehende Nadel- Lagerungskapazitäten für Halbwaren wie bei-
holzsortimente teilweise ersetzen zu können und (6) spielsweise Schnittholz in Betrieben der Nutzungs-
vorhandene Chancen der bioökonomischen Holznut- kette etabliert werden.
zung zu realisieren. Dazu gehört auch, Zielkonflikte
zwischen Holzverwendung und Naturschutz in der • Die Transportlogistik sollte sich auf vermehrt auf-
Kommunikation zu adressieren (siehe Kap. 4.11). tretende ungeplante Nutzungen in Folge von Stö-
rungen vorbereiten, beispielsweise durch För-
Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen derung des Erhalts oder Wiedereinrichtung von
empfohlen: Verladestationen für Bahntransport von Kalami-
tätsholz. „Kabotage”, also Transportdienstleistun-
1. Förderung des konstruktiven Holzbaus gen innerhalb eines Landes, die von ausländischen
weiterführen, konkretisieren sowie Anreize Verkehrsunternehmen erbracht werden, sollte er-
verbessern möglicht werde. Dabei sind die EU-rechtlichen Vor-
gaben einzuhalten, um Preis- und Lohndumping
• Eine Steigerung der Holzbauquote durch sofortige zu vermeiden.
Umsetzung von möglichst zahlreichen Holzbauten
im mehrgeschossigen Wohn-, sowie im Gewerbe-, 3. Technische Verfahren zur flexibleren stofflichen
Büro- und Industriebau bis 2050 ist eine aktive Kli- Verarbeitung unterschiedlicher Holzsortimente
maschutzleistung durch stoffliche Substitution und entwickeln und einführen
Erhöhung des Kohlenstoffspeichers in langlebigen
Produkten. Hierbei sollte im Sinne der Ressourcen- • Eine Erweiterung von Produktsortimenten auch
effizienz das Ziel verfolgt werden, möglichst viel aus Laubholz ist anzustreben. Deshalb sollten
Wohn- oder Nutzraum aus der eingesetzten Holz- Förderzentren durch Public-Private-Partners-
menge zu schaffen. Eine Begrenzung der Treib- hips aufgebaut und Investitionsanreize für die
hausgasemissionen für Gebäude, nachgewiesen Umstellung der Produktion von Nadelholz- auf

141
4 Handlungsempfehlungen

Laubholztechnologien in der holzverarbeitenden 6. Potentiale und Herausforderungen der


Industrie weiterentwickelt werden. holzbasierten Bioökonomie im Dialog mit
verschiedenen Akteursgruppen herausarbeiten
• Kurzfristig müssen Technologien und Verfahren
zur stofflichen Aufarbeitung der vorhandenen • Erarbeitung wissenschaftlich fundierten Informa-
Starkholzvorräte in Holzbauprodukten errichtet tionsmaterials über die Potentiale und Herausfor-
werden. Hierzu sollten privatwirtschaftlich regi- derungen der holzbasierten Bioökonomie unter
onale Infrastrukturen und Technologien für die Einbeziehung breiter Interessensgruppen (ins-
kombinierbare Nutzung von starkem Nadel- und besondere des Naturschutzes, öffentlicher Ver-
Laubstammholz in konstruktiven Produkten ge- waltungen, Planer, Entscheider). Dies kann am
schaffen werden. Zusätzlich sollten durch öffent- Beispiel der Holznutzung im Bauwesen (Best prac-
liche Anreizsysteme Pilot- und Demonstrationsan- tices) sowie bestehender ökologischer „Safegu-
lagen für regionale Holzproduktewerke inklusive ards“ vollzogen werden.
der notwendigen Infrastruktur und Logistik etab-
liert werden. Aktives Cross-Cluster Innovationsma-
nagement für die Nutzung der aufgeschlossenen
Holzbestandteile (Cellulose, Lignin) einheimischer
Holzarten in bisher holzfernen Technologiesek-
toren (Chemie, Pharmazie, Energiespeicherung,
Elektronik) sollte über die landesspezifische Wirt-
schaftsförderung betrieben werden.

• Förderung einer Startup-Kultur in der Holzwirt-


schaft durch Einrichtung eines Risiko-Kapitalfonds
zur Finanzierung dieser Startups.

4. Grundlagen für die zukünftige Versorgung mit


benötigten Holzsortimenten schaffen

• Die Waldumbaukonzepte zur Förderung resilien-


ter und anpassungsfähiger Mischbestände sollten
den risikoarmen Anbau klimaangepasster Nadel- 4.7 Wälder als Orte für Erholung,
baumarten berücksichtigen. Sport und Tourismus entwickeln

• Erforschung der Eigenschaften und Verwendungs- Damit Wälder auch unter den Bedingungen des Klima-
möglichkeiten von Alternativbaumarten. wandels als Orte für die Freizeit- und Erholungsnut-
zung gut geeignet sind, müssen die erwarteten bzw.
5. Neue Holzstoffquellen aus Altholz generieren bereits erlebbaren Ökosystemveränderungen glei-
chermaßen adressiert werden wie die gesellschaftli-
• Für eine flächendeckende stoffliche Weiternut- chen Ansprüche und Veränderungen. Hierfür sollten
zung von Gebraucht- und Altholz in der Holzwerk- (1) Informationen über die Freizeit- und Erholungs-
stoffindustrie braucht es privatwirtschaftliche nutzung flächendeckend zur Verfügung stehen, um sie
Anreize für effiziente Rückbau-, Aufbereitungs-, systematisch in die forstbetriebliche Planung integrie-
Reinigungs- und Sortierverfahren mit Schadstoff- ren zu können, (2) sich die lokale Erholungsplanung
entfrachtung. Um die nötige Sicherstellung der sowie die Kommunikation mit den Waldbesuchenden
Versorgung mit ausreichenden Mengen zu sichern, auf ein sozialwissenschaftliches Monitoring sowie den
müssen die Bestimmungen der Altholzverordnung Dialog mit den Nutzungsgruppen stützen können, (3)
angepasst werden. Leistungen von Waldbesitzenden honoriert und neue
Verantwortungszusammenhänge hergestellt werden
• Die recyclinggerechte Entwicklung und Verwen- sowie (4) die Erholungsinfrastruktur an den sich än-
dung von Holzprodukten und Holzkonstruktionen dernden Bedarf und erwartete Extremereignisse an-
soll durch angepasstes Produkt- und Verbindungs- gepasst sein.
design im Sinne des „Design for Reuse/Recycling“
erweitert werden.

142
4.7 Wälder als Orte für Erholung, Sport und Tourismus entwickeln 

Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen erkannt werden (siehe Kap. 4.9). Ein solches Mo-
empfohlen: nitoring ist nicht als zusätzliche Aufgabe der Forst-
betriebe, sondern als öffentliche Aufgabe zu sehen.
1. Informationen über kulturelle Dabei ist deutlich zu machen, dass mit der Erfas-
Ökosystemleistungen der Wälder sung von Nutzungsansprüchen keine Umsetzungs-
flächendeckend erheben, um diese garantie durch Waldeigentümerschaft bzw. Forst-
Informationen in die forstbetriebliche Planung betriebe verbunden ist.
integrieren zu können
• Mit dem Monitoring der Aktivitäten und Erwartun-
• Insbesondere in urbanen und intensiv für Erho- gen werden auch Grundlagen für die - im Idealfall
lung, Sport, Gesundheit und Tourismus genutz- digital unterstützte - Lenkung des Besucherverhal-
ten Wäldern bedarf es einer systematischen Er- tens geschaffen sowie Zielgruppen und Inhalte für
fassung der Freizeit- und Erholungsnutzung. So die Kommunikation der Forstbetriebe mit den Be-
können die Perspektiven der Nutzer und Nutzerin- suchenden identifiziert.
nen für die forstbetriebliche Planung aufbereitet
und Interessenkonflikte frühzeitig ausgeglichen • Dialogprozesse zwischen den vor Ort fachlich Ver-
werden. Damit werden – neben forstwirtschaftli- antwortlichen sowie den anderen Nutzerinnen und
chen und naturschutzfachlichen Daten – Informa- Nutzern des Waldes sind – vor dem Hintergrund
tionen über die soziale bzw. kulturelle Dimension der starken Identifizierung der Bürgerschaft mit
der Waldnutzung zu einer weiteren Informations- wohnortnahen Wäldern und des insgesamt gestie-
quelle für die Forsteinrichtung und die Planung genen Mitspracheanspruchs – in den Wäldern der
der Anpassung der Wälder. Zu klären ist dabei, wie öffentlichen Hand zu stärken. So kann klassische
die Erhebungen und Abstimmungsprozesse prag- Fachexpertise um örtliches Erfahrungswissen der
matisch in die Forsteinrichtung integriert werden Nutzenden erweitert werden. Thematisiert wer-
können und wer für den erhöhten Aufwand der den sollten dabei auch die unterschiedlichen Ei-
Einbindung von Waldbesuchenden außerhalb des gentumsverhältnisse im Wald, um zu verhindern,
Staatswaldes aufkommt. dass die an öffentliche Eigentümer von Wäldern
gestellten Ansprüche auf den Privatwald übertra-
• Die Erfassung von Daten zur Nutzung von Wäldern gen werden. Dialogprozesse können aber auch den
für Sport und Erholung dient zugleich als fachliche Umgang mit Unsicherheit und Veränderung the-
und argumentative Grundlage für eine angemes- matisieren, zum Beispiel in Bezug auf Schad- und
sene Honorierung kultureller Ökosystemleistun- Krankheitserreger, sowie das Management von
gen von Wäldern (siehe Punkt 3). Sie zeigt insbe- Nutzungskonflikten selbst zum Thema haben.
sondere qualitative und quantitative Trends der
Entwicklung auf und ermöglicht eine räumliche 3. Leistungen von Waldbesitzenden honorieren
Differenzierung in der Abschätzung der von den und neue Verantwortungszusammenhänge
Waldbesitzenden erduldeten Belastungen bzw. herstellen
deren entsprechenden Aufwand für die Bereitstel-
lung dieser Leistungen. • Die erheblichen Mehraufwendungen und Minder-
erträge, die mit der Erholungsnutzung von Wald
2. Die lokale Erholungsplanung sowie die für die Eigentümer verbunden sind, sollten steu-
Kommunikation mit den Waldbesuchenden auf erfinanziert kompensiert werden, um damit auch
sozialwissenschaftliches Monitoring und den der durch den Klimawandel erschwerten Bewirt-
Dialog mit den Nutzern stützen schaftung und einem erhöhten Betriebsrisiko bei
gleichzeitig steigender Nachfrage gerecht zu wer-
• Ein proaktives Management von Konflikten zwi- den. Neue Honorierungsmodelle können basie-
schen den einzelnen Freizeit- und Erholungsnut- rend auf den in Kap. 3.4.2 vorgestellten Vorschlä-
zungen, aber auch zwischen Waldanpassung, Be- gen der Bundesplattform „Wald – Sport, Erholung,
wirtschaftung und Erholungsnutzung setzt ein Gesundheit“ (WaSEG) und dem am Thünen-Insti-
systematisches Monitoring zur Gewinnung von tut entwickelten Modell zur Regionalisierung öko-
Daten als Kommunikations-, Entscheidungs- und nomischer Werte von Waldleistungen (ReWaLe)
Evaluierungsgrundlage voraus. Mit sozialwissen- fachlich weiterentwickelt und politisch begründet
schaftlichem Monitoring können Muster von Nut- werden.
zungsverhalten abgebildet, in ihrer Veränderung
beschrieben und Erholungskonflikte frühzeitig

143
4 Handlungsempfehlungen

• Kartierungen der tatsächlichen Freizeit- und Nutzungen Vorrang hat, können beispielsweise
Erholungsnutzung und sozialwissenschaftliche
­ durch eine moderate Strukturvielfalt, einen locke-
Monitoringsysteme sind geeignet, Datengrundla- ren Kronenschluss, geschwungene Waldränder,
gen für eine je nach Intensität der Nutzung regi- Freiflächen sowie alte Bäume allgemein bekannte
onal differenzierte flächenbezogene Prämie zu Präferenzen von Waldbesuchenden aufgreifen.
liefern.
• Die Erholungsinfrastruktur basiert im W
­ esentlichen
• Wie die WaSEG spricht sich auch der WBW gegen auf dem vorhandenen Forstwegenetz, das regional
eine alleinige Finanzierung der Alltagserholung im auch barrierefreie Angebote umfassen sollte. Die
Wald durch die Nutzer („Waldmaut“) aus, sondern Planung sowie die Instandhaltung der Infrastruk-
plädiert für eine zweistufige Finanzierung der er- tur müssen an häufigere Extremwetterereignisse
holungsbedingten Aufwendungen. Die erste Stufe angepasst werden und so gestaltet sein, dass kein
beinhaltet einen pauschalen Kostenausgleich, der erhöhter Wasserabfluss aus den Wäldern erfolgt.
Waldbesitzende in Abhängigkeit von der jeweili-
gen lokalen Besucherfrequentierung für das all-
gemeine Waldbetretungsrecht entschädigt. Diese
Prämie könnte in die Strukturen der Gemein-
schaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur
und des Küstenschutzes GAK integriert werden.
Mit der zweiten Stufe sollen gezielt Anreize für
freiwillige Mehrleistungen zur Verbesserung der
Erholungswirkung des Waldes geschaffen werden,
die dann vor allem von den konkreten Nutzergrup-
pen bzw. deren Interessengemeinschaften, etwa
über Mitgliedsbeiträge von Vereinen, Crowd Fun-
ding, oder Sponsoring, auf vertraglicher Basis be-
zahlt werden müssten.

4. Erholungsinfrastruktur an den sich ändernden


Bedarf und die erwarteten Extremereignisse
anpassen
4.8 Ökosystemleistungen honorieren
• Das Betretungsrecht, das sich aus Wald- und Na-
turschutzgesetzen ableitet, sollte länderübergrei- Das aktuell größte forstpolitische Problem wird vom
fend harmonisiert werden, um Waldbesuchenden WBW darin gesehen, dass Wälder zukünftig wich-
die Rechtskenntnis zu erleichtern und die Chance tige Ökosystemleistungen wie Klimaschutz, Wasser-
auf regelkonformes Verhalten zu erhöhen (WaSEG schutz, Naturschutz, Erholung nicht mehr in dem ge-
2019). Diesem Ziel dienen generell verständliche, sellschaftlich gewünschten Maß erbringen können,
gut begründete und überregional ähnliche Rege- wenn nicht verstärkt in die Anpassung der Wälder in-
lungen, die im Zweifelsfall auch im Interesse des vestiert wird. Das ist mit Erlöseinbußen oder Mehr-
Eigentums beziehungsweise des Natur- und Ar- kosten für den Waldbesitz verbunden. Die Einnahmen
tenschutzes mit Sanktionen durchgesetzt werden der Forstbetriebe beruhen aber fast ausschließlich
sollten. auf Erlösen aus dem Holzverkauf, die gesellschaftlich
ebenfalls wichtigen Leistungen für Klimaschutz, Was-
• Urbanes Grün und stadtnahe Wälder sollten auf serschutz, Naturschutz, Erholung etc. erfahren kaum
Grundlage einer regionalen Erholungsplanung eine Honorierung.
stärker verzahnt werden. Dabei gilt es, disziplinäre Vor diesem Hintergrund kann es wegen mangeln-
und administrative Grenzen etwa zwischen Grün- der Finanzierung und fehlender Anreizwirkung zur
bzw. Gartenbauämtern und Forstverwaltungen zu gesellschaftlichen Fehlsteuerung (Marktversagen)
überwinden. kommen. Dieses Problem wird durch die aktuelle
Krisensituation mit langen Dürreperioden und den
• Traditionell gilt Ästhetik als wichtiger Maßstab verbreiteten, massiven Waldschäden, wie sie auch
bei der Gestaltung und Bewirtschaftung von stadt- langfristig im Klimawandel zu erwarten sind, deut-
nahen Wäldern und Grünflächen. Vor allem Wäl- lich verschärft. Deshalb erscheint es dringend gebo-
der, in denen die Erholung gegenüber anderen ten, dass die öffentliche Hand Finanzierungs- und

144
4.8 Ökosystemleistungen honorieren 

Geschäftsmodelle unterstützt, die den Forstbetrieben Kohle, oder Erdöl im Vergleich zu dem mit gerin-
langfristig planbare Einnahmen aus der Bereitstel- geren CO2-Emissionen verbundenen Rohstoff Holz
lung von Ökosystemleistungen ermöglichen. teurer, was insgesamt Anreize für die nachhaltige
Waldbewirtschaftung und Holznutzung setzt. Des-
Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen halb begrüßt der WBW die Einführung und ge-
empfohlen: plante Anpassung eines CO2-Preises. Im Rahmen
des Gesetzes über einen nationalen Zertifikathan-
1. Zuständigkeiten für die Honorierung del für Brennstoffemissionen (Brennstoffemissi-
gesellschaftlicher Leistungen klären und onshandelsgesetz - BEHG) als Ergänzung des Eu-
umsetzbare Mechanismen entwickeln ropäischen Emissionshandelssystems (European
Emission Trading System) hat die Bundesregie-
• Die Honorierung von Leistungen, die überregional rung eine solche CO2-Bepreisung zwischenzeitlich
wirken und für die der Bund auch eine Leistungs- eingeführt.
verpflichtung gegenüber Anderen – in aller Regel
der internationalen Staatengemeinschaft – einge- • Da die Wälder und deren Klimaschutzfunktion
gangen ist, sollte bundeseinheitlich geregelt wer- durch den Klimawandel bedroht werden, sollte
den. Hierunter fallen in erster Linie die Leistungen ein Teil der Einnahmen des Bundes aus der CO2-
zum Schutz des globalen Klimas, durch CO2-Bin- Abgabe für die Anpassung der Wälder an den Kli-
dung im Wald und in Holzprodukten sowie durch mawandel und damit zur Sicherung der Klima-
Substitution, sowie Leistungen zum Schutz der bio- schutzleistung durch die Wälder und nachhaltige
logischen Vielfalt oder Naturschutzleistungen. Holznutzung eingesetzt werden. In diesem Sinne
ist die im Jahr 2020/21 von der Bundesregierung
• Es gibt aber auch Ökosystemleistungen, für die mit einem Volumen von 500 Mio. Euro im Rah-
eine regionale Nachfrage besteht, wie beispiels- men des Konjunkturpakets für den Erhalt und
weise die Erholungsleistung der Wälder. Für diese die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder etab-
sind vorrangig örtlich wirksame Mechanismen lierte „Nachhaltigkeitsprämie Wald“ weiterzuent-
zur Honorierung zu etablieren; die Zuständigkei- wickeln und zu verstetigen.
ten liegen entsprechend auf Länder-, Kreis- oder
Gemeindeebene. • Derzeit findet im politischen Raum eine rege Dis-
kussion alternativer Konzepte zur Honorierung
• Insbesondere für die Honorierung von Leistungen, von Ökosystemleistungen statt. Für die Entwick-
die überregional wirken, sind zusätzlich zu den be- lung und Umsetzung eines solchen Konzeptes, wel-
stehenden nationalen Inventursystemen wie Bun- ches die Waldwirtschaft in Deutschland auf eine
deswaldinventur oder Bodenzustandserhebung neue Finanzierungbasis stellen würde, sind klare
fernerkundungsbasierte Monitorringsysteme zu politische Zielvorgaben und auch langfristig trag-
erarbeiten, die valide Indikatoren für die jewei- fähige Finanzierungskonzepte erforderlich. Wich-
ligen Kriterien wie Klimaschutzleistung, Anpas- tig ist auch, dass ein solches Konzept praktikabel in
sungsfähigkeit oder Vorhandensein bestimmter der Umsetzung sein muss und nicht mit zu hohen
Waldstrukturen für den Naturschutz ohne aufwen- Transaktionskosten belastet sein darf. Mit einem
dige terrestrische Aufnahmen bestimmen lassen solchen Konzept sollten die konkreten GAK-För-
(siehe Kap. 4.9). Die dafür notwendige technische dermaßnahmen nicht ersetzt, sondern sinnvoll er-
Infrastruktur und Verarbeitungskapazitäten sind gänzt werden.
gezielt vom Bund zu fördern und, wenn vorlie-
gend, für die Leistungskontrollen einzusetzen. • Eine grundsätzliche Möglichkeit hierfür sieht der
WBW darin, die Anpassungsfähigkeit bzw. Ange-
2. Klimaschutzleistung und Anpassung der Wälder passtheit der Wälder an den Klimawandel, welche
honorieren die Grundlage für die zukünftige Erbringung aller
Ökosystemleistungen darstellt, zu honorieren.
• Ein wichtiges Instrument der Klimapolitik ist die Die Begründung ist, damit öffentliche Mittel für
CO2-Bepreisung. Um die erstrebte Internalisierung die Aufrechterhaltung und Sicherung des öffent-
der negativen externen Effekte zu erreichen, muss lichen Gutes Klimaschutz einzusetzen. Um diese
dabei der CO2-Preis für alle Aktivitäten soweit an- Art der Honorierung von einer Förderung nach
gehoben werden, bis er die gesellschaftlichen Kos- GAK sinnvoll abzugrenzen, würden nicht die ein-
ten abbildet. Durch den CO2-Preis werden die Subs- zelnen Maßnahmen, die die Anpassungsfähigkeit
titutionsprodukte wie Stahl, Beton, Aluminium, erhöhen, wie beispielsweise Waldumbau, sondern

145
4 Handlungsempfehlungen

das Ergebnis bzw. der Zustand honoriert werden. 3. Instrumente zur Honorierung von
Forstbetriebe erhielten somit für den Teil ihrer Naturschutzleistungen im Wald entwickeln und
Wälder eine laufende Honorierung, der nach ak- anwenden
tuell vorliegenden Erkenntnissen als hinreichend
resilient und anpassungsfähig betrachtet werden • Auch über die Honorierung von Naturschutzleis-
kann. Für ein solches System wäre eine gewisse tungen lässt sich die Klimaanpassung unserer Wäl-
Differenzierung der Zahlungshöhe nach dem Grad der effektiv unterstützen. Zum einen ist davon
der Angepasstheit bzw. Anpassungsfähigkeit mög- auszugehen, dass Wälder mit höherer Biodiversi-
lich. Exemplarisch könnte in Form eines Stufen- tät auch eine höhere Resilienz gegenüber dem Kli-
systems unterschieden werden zwischen Wäldern, mawandel haben. Zum anderen würden Zahlun-
die nach jetzigem Wissensstand als weitgehend gen für Naturschutzleistungen, beispielsweise zur
resilient und anpassungsfähig betrachtet werden Wiedervernässung, im Wald auch dazu beitragen,
können, solchen, die durch Waldumbaumaßnah- dass Forstbetriebe in die Lage versetzt werden, die
men in diese Richtung entwickelt werden, und sol- notwendigen Maßnahmen für die Klimaanpas-
chen, die derzeit als Risikobestockung einzustufen sung ihrer Wälder zu finanzieren.
sind Um einen Anreiz für einen möglichst niedrig-
schwelligen Einstieg in die Anpassung der Wälder • Naturschutz ist zudem eine weitere gesellschaftlich
zu bieten, könnte auch eine gewisse Honorierung wichtige Ökosystemleistung der Wälder. In einem
für solche Bestände bereitgestellt werden, für die gemeinsamen Gutachten über Wege zu einem ef-
bereits eine verbindliche Planung zur Anpassung, fizienten Waldnaturschutz in Deutschland haben
zum Beispiel im Rahmen der Forsteinrichtung, die beiden Wissenschaftlichen Beiräte für Wald-
vorliegt. Valide und standardisiert zu erhebende politik sowie für Biodiversität und Genetische Res-
Indikatoren für die Quantifizierung der Kriterien sourcen dem BMEL Vorschläge unterbreitet, wie
Resilienz und Anpassungsfähigkeit müssten wis- ein Instrument zur Honorierung von Naturschutz
senschaftlich fundiert von einer breit aufgestell- im Wald ausgestaltet sein sollte; siehe WBW und
ten Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertre- WBGR 2020, Kapitel 3.4.
tern der Wissenschaft, der forstlichen Praxis, Bund
und Ländern, sowie der Zertifizierungsorganisati- • Basierend auf diesen sowie anderen vorliegenden
onen, entwickelt und dem BMEL als Vertreter des Vorschlägen sollte die Politik konkrete Instrumente
Bundes vorgeschlagen werden. zur langfristigen Finanzierung von Naturschutz-
leistungen im Wald entwickeln und umsetzen. In
• Waldflächen, die mit Baumarten bzw. Herkünften Anbetracht der großen naturschutzfachlichen Be-
bestockt wurden, für die naturgemäß noch keine deutung und der großen flächenbezogenen Betrof-
gesicherten Erfahrungen über deren Eignung im fenheit der Forstbetriebe durch die FFH-Richtlinie
Klimawandel vorliegen, sollten ebenfalls in die- sowie der Höhe der wirtschaftlichen Belastungen
ses Honorierungsinstrument einbezogen werden, sollte die Honorierung von Naturschutzleistun-
zum Beispiel ähnlich wie Bestände mit begonne- gen im Wald insbesondere auch die FFH-Gebiets-
nem Waldumbau eingestuft werden. kulisse bzw. FFH-Lebensraumtypen einbeziehen.
Das FFH-Monitoring ist dafür so weiterzuentwi-
• Solange die energetische Holznutzung nicht zu ckeln, dass dessen Ergebnisse für diese Honorie-
einer Reduktion der durchschnittlichen Biomas- rung zugrunde gelegt werden können. Hierbei ist,
sevorräte der Wälder führt und somit nur das wie bereits unter Kapitel 4.4 ausgeführt, darauf zu
der Luft zuvor entnommene CO2 wieder freisetzt, achten, dass zwischen klimawandelbedingten und
sollte die Verbrennung von Holz aus nachhaltiger bewirtschaftungsbedingten Änderungen des Er-
Forstwirtschaft weiterhin, wie aktuell im Brenn- haltungszustandes unterschieden wird.
stoffemissionshandelsgesetz umgesetzt, von CO2-
Abgaben befreit bleiben. Gegenüber der direkten
Verbrennung von Holz wird eine höhere Klima-
schutzleistung aber durch Kaskadennutzung mit
energetischer Nutzung an deren Ende erreicht.
Daher sollten Anreize entwickelt werden, Holz so-
weit wie möglich und sinnvoll zuerst stofflich zu
nutzen, bevor es verbrannt wird (siehe Kap. 4.6).

146
4.9 Monitoring optimieren 

beispielsweise durch die Forstlichen Versuchsan-


stalten. Anhand dieser Bewertung kann dann mit
Risikokarten eine Priorisierung und gegebenen-
falls Neueinrichtung von Monitoringpunkten, -flä-
chen und -maßnahmen erfolgen. Solche aktuellen
Risikobewertungen bieten die Grundlage für an-
gepasste Präventivmaßnahmen, zum Beispiel für
ein angepasstes Vegetationsmanagement entlang
von kritischen Infrastrukturen wie Straßen, Bahn-
linien oder Energietrassen.

2. Wirksamkeit von waldbaulichen Anpassungs-


und Präventivmaßnahmen und deren Wirkung
auf Ökosystemleistungen überprüfen

4.9 Monitoring optimieren • Das aktuelle forstliche Monitoring klammert die


Beobachtung der Auswirkung waldbaulichen
Das Waldmonitoring ist eine wesentliche Grundlage Handelns, wie der Nutzungsintensität (Frequenz
zur Wahrnehmung und Bewertung von Risikofakto- und Intensität der Eingriffe) oder der Pflege- und
ren und ihren Wirkungen, von Waldentwicklungen Schutzmaßnahmen wie Läuterung oder Zäunung
sowie Ökosystemleistungen und zur Überprüfung der aus. Informationen hierüber werden aus dem
Wirksamkeit forstlicher Maßnahmen. Es nimmt daher forstlichen Versuchswesen und der Naturwaldfor-
eine Schlüsselstellung in den Anpassungsstrategien schung bereitgestellt (siehe Kap 4.14). Auf der Öko-
zum Klimawandel ein. Jeglicher Handlungsbedarf systemebene sollte die Dynamik der Entwicklung
u. a. zur Entwicklung von Waldbaustrategien, Förder- bewirtschafteter Wälder und der bereitgestellten
maßnahmen, Forschungsthemen und Gesetzesände- Ökosystemleistungen neben entsprechenden Ex-
rungen entsteht auf der Grundlage von Beobachtun- perimenten auch langfristig unter den methodi-
gen. Das gegenwärtige forstliche Monitoring wird den schen Grundsätzen des Monitorings beobachtet
aktuellen und künftigen Anforderungen an räumliche werden, beispielswese unter der Federführung
und zeitliche Auflösung in vielen Fällen nicht mehr ge- der forstlichen Versuchsanstalten. Eine wichtige
recht (siehe Kap 3.5). Grundlage hierfür bilden die Waldentwicklungsty-
Aufbauend auf dem aktuellen Stand des forstlichen pen für bewirtschaftete Wälder und das Netzwerk
Umweltmonitorings in Deutschland und der Vielzahl nicht bewirtschafteter Wälder (Naturwaldreser-
der erhobenen Indikatoren soll die Aussagekraft des vate, Bannwälder). Auch ein breit angelegtes forst-
Waldmonitorings daher verstärkt und zu einem trans- betriebliches Monitoring auf der Basis eines wei-
parenten Instrument der Risikoanalyse weiterentwi- terentwickelten Testbetriebsnetzes Forst kann hier
ckelt werden. Zu diesem Zweck werden Maßnahmen einen wichtigen Beitrag leisten.
vorgeschlagen, die flächenbezogene Aussagen ermög-
lichen, die Vernetzung möglichst vieler Elemente des • Bisher im forstlichen Umweltmonitoring weit-
forstlichen Monitorings gewährleisten, die Bereitstel- gehend unberücksichtigt ist die Quantifizierung
lung von Informationen beschleunigen und das Arten- von Ökosystemleistungen. Hierzu müssen ent-
spektrum der Zielorganismen erweitern. sprechende Konzepte in Kooperation von Wis-
senschaft, Forstwirtschaft, Zertifizierungsunter-
Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen nehmen, Waldbesitzern und den Nachfragern der
empfohlen: Ökosystemleistungen erarbeitet werden (siehe Ka-
pitel 4.13).
1. Aktuelle, bundesweite Risikobewertungen für
Sturm, Waldbrand, Insektenkalamitäten und • Das im forstlichen Monitoring bisher erfasste
Trockenstress bereitstellen Baumartenspektrum sollte hinsichtlich potenziell
klimatoleranterer Arten erweitert werden. Beide
• Zur Verbesserung der bestehenden Monitoring- Monitoringebenen, Level 1 und 2, der Forstli-
konzepte sowie der Präventivmaßnahmen sollten chen Umweltbeobachtung sind auf wenige Haupt-
bundesweite, regelmäßig aktualisierte Risikobe- baumarten fokussiert (siehe Kap. 3.5). Für die
wertungen für Sturm, Waldbrand, Insektenkala- Indikatoren Vitalität, Wachstum und Fruktifika-
mitäten und Trockenstress durchgeführt werden, tion muss auf der autökologischen Ebene das zu

147
4 Handlungsempfehlungen

beobachtende Baumartenspektrum insbesondere quantifizieren. Dazu muss bei den zuständigen


hinsichtlich potenziell klimatoleranterer Arten Einrichtungen wie den Forstlichen Versuchsan-
wie Hainbuche, Douglasie, Rot-Eiche, und Ahorn- stalten, Thünen Institut, Forstplanungsämtern und
arten erweitert und hierzu repräsentative Moni- Nationalparks, die Kompetenz und Infrastruktur
toringkonzepte entwickelt werden. Da dies kaum im Bereich Fernerkundung und Statistik weiter
durch eine Verdichtung der Rasternetze erfolgen ausgebaut und gebündelt werden.
kann, müssen hierzu repräsentative Monitoring-
bestände ausgewählt werden. • Zudem müssen die Monitoringdaten zur Kalibrie-
rung und Validierung der Fernerkundungsverfah-
3. Monitoringdaten und Datenbereitstellung zum ren frei zur Verfügung gestellt werden, um die Ver-
besseren Verständnis komplexer fahren zu verbessern.
Waldveränderungen auf Ökosystem- und
Landschaftsebene verknüpfen • Da die Fernerkundung kein direktes Messverfah-
ren am Objekt ist, ist es immer mit bestimmten Un-
• Die etablierten Monitoringverfahren laufen ange- sicherheiten verbunden. Diese sollten stets bei der
sichts unterschiedlicher Teilziele weitgehend par- Ergebnisdarstellung mit den in der Praxis gängi-
allel, mit unterschiedlichen Zuständigkeiten und gen Unsicherheitsmaßen quantifiziert werden.
teilweise auf verschobenen Rasternetzen (z. B.
Bundeswaldinventur und Waldzustandserhe- 5. Kompetenzen zur Früherkennung von
bung). Dies erschwert die Verknüpfung von Daten Störungen ausbauen, Informationen zeitnah
und bedeutet einen Informationsverlust. Um das bereitstellen
Verständnis komplexer Waldveränderungen auf
Ökosystem- und Landschaftsebene zu verbessern, • Die Zeiträume vom Auftreten bis zum umfassenden
müssen die verschiedenen Monitoringergebnisse Erkennen und Bewerten von Störungsereignissen
zueinander in Beziehung gesetzt werden können. wie Waldbrand, Sturm, Insektenkalamitäten etc.,
Dafür bedarf es der frühzeitigen und kontinuierli- müssen weiter verkürzt werden, insbesondere um
chen Abstimmung mit der Entwicklung von Moni- diese rasch an Entscheidungsträger zu kommuni-
toringinitiativen anderer Fachressorts (Landwirt- zieren. Bei der Überführung von neuen Verfahren
schaft, Naturschutz). Hierfür sind auf Bundes- und und Forschungsmethoden in die Routineanwen-
Länderebene die notwendigen Strukturen ressort- dung nehmen die Forstlichen Versuchsanstalten
übergreifend zu entwickeln. der Bundesländer eine Schlüsselstellung ein. Diese
müssen über die hierzu notwendigen personellen
4. Fernerkundungsverfahren zum Erhalt und technischen Ressourcen verfügen.
flächenbezogener Aussagen erweitern und
anwenden • Dies betrifft unter anderem den Ausbau des Wald-
brandmonitorings zur frühzeitigen Erkennung
• Das aktuelle, überregionale forstliche Monitoring von Waldbränden als Voraussetzung zur Reduk-
basiert überwiegend auf terrestrischen Stichpro- tion des Schadausmaßes mit moderner terrestri-
beninventuren mit einem weitmaschigen Ras- scher und satellitenbasierter Fernerkundung.
ter um Aussagen für große Straten zu generie-
ren (BZE, WZE, BWI). Die Ableitung von Aussagen • Speziell für wirtschaftlich relevante Schadorga-
für konkrete Waldflächen ist auf der Grundlage nismen ist ein bundesweit einheitliches Wald-
von Punktdaten mit relativ großen Unsicherhei- schutzmonitoring und -meldewesen aufzubauen.
ten verbunden. Daher sollen die terrestrischen Dabei sind sowohl (1) artspezifische Schwellen-
Verfahren durch Fernerkundungsverfahren, zum werte wie lokale Populationsdichten an Messpunk-
Beispiel durch kostenfreie Satellitenbilder, mit un- ten abzugleichen als auch (2) das Schadausmaß,
terschiedlicher räumlicher und zeitlicher Auflö- wie Blattverlust, Mortalität auf ganzer Fläche,
sung ergänzt werden, um (1) jährlich bundesweit durch biotische Schadorganismen z. B. mit Hilfe
flächendeckend den Zustand der Wälder abschät- von Fernerkundungsverfahren zu quantifizieren.
zen zu können, (2) ereignisbasierte Störungen wie Diese Abstimmung könnte durch eine Bund-Län-
Feuer, Sturm, Trockenheit oder Insektenkalami- der Arbeitsgruppe vorangetrieben werden.
täten zeitnah zu quantifizieren, sowie (3) weitere
Flächeninformationen wie Baumart, Biomasse • Vor dem Hintergrund globaler Ausbreitungs-
oder Strukturvielfalt, bereitstellen zu können, wege muss Forstpersonal weitergebildet werden,
um zum Beispiel den Grad der Angepasstheit zu um auch frühzeitig neue Schadorganismen zu

148
4.9 Monitoring optimieren 

erkennen. Zusätzlich müssen die Versuchsanstal- einem Wald-Verjüngungsmonitoring mit verein-


ten mit Ressourcen ausgestattet werden, um auch heitlichten Aufnahmeverfahren weiterentwickelt
moderne Methoden wie das DNA-Barcoding von werden.
Insekten und Pathogenen in Routineverfahren an-
wenden zu können. • Punktuelle, fach- und ressortspezifische Erhebun-
gen zum Vorkommen und zur Populationsdyna-
• Auf Länder- und Bundesebene müssen stabile Kom- mik von Pflanzen-, Tier- und Pilzarten sollten zu
munikationswege und einheitliche Erfassungsver- einem Biodiversitätsmonitoring auf Landschafts-
fahren für großflächige Störungsereignisse entwi- ebene entwickelt werden. Dafür bedarf es einer
ckelt beziehungsweise ausgebaut werden. ressortübergreifenden bundesweiten Konzeption
und Koordinierung beispielsweise im Nationalen
6. Indikatoren bestehender Monitoringverfahren Monitoringzentrum zur Biodiversität in Leipzig.
an neue Erfordernisse anpassen
• Im Rahmen mehrerer Projekte wurde in Deutsch-
• Zur Gewährleistung von Zeitreihen ist jegliches land das Genetische Monitoring für Buche und
Monitoring definitionsgemäß auf die wiederholte Fichte entwickelt, das unter anderem den Einfluss
Aufnahme von Zielgrößen mit identischen Verfah- von Klimavariablen auf das genetische System (Be-
ren angewiesen. Im Laufe der Zeit können sich je- stäubung, Blüte, Fruktifikation) und die genetische
doch Monitoringziele ändern und neue Methoden Struktur von Populationen überwacht. Dieses Pro-
entwickelt werden. Dadurch ergibt sich die Heraus- gramm muss über den Projektstatus hinaus als
forderung, Monitoringverfahren an die Erfassung Daueraufgabe fortgesetzt und auf andere Baumar-
neuer Risiken anzupassen und gleichzeitig beste- ten ausgeweitet werden.
hende, wertvolle Zeitreihen fortzuführen. Vor die-
sem Hintergrund empfiehlt der WBW das intensive 8. Soziales Monitoring zur Abbildung von
Forstliche Monitoring (ICP Forests Level II), wel- Nutzungsmustern und -konflikten etablieren
ches in Folge der Waldschäden der 1970 – 1980er
Jahre entwickelt wurde und unter anderem auf Ak- • Mit dem Klimawandel wird sich auch die Nut-
kumulationsindikatoren, wie zum Beispiel Stick- zung der Wälder durch die Bevölkerung ändern,
stoff, Schwefel, Aluminium, aufbaut, um Reakti- was gleichzeitig Auswirkungen auf die Nutzung
onsindikatoren (zum Beispiel physiologische und haben wird. Ein proaktives Management von Kon-
genetische Marker) zu ergänzen. Nur so können flikten setzt Monitoring zur Schaffung von Daten
vor dem Hintergrund des Klimawandels und der als Kommunikations-, Entscheidungs- und Evalu-
sich damit ändernden abiotischen Einflussfakto- ierungsgrundlage voraus. Hierzu gehört auch ein
ren wie Trockenheit, Hitze, Sturm, die Ursache- soziales Monitoring, das zum Beispiel Muster von
Wirkungs-Beziehungen abgeleitet und Frühwarn- Nutzungsverhalten und -konflikten in Bezug auf
systeme (siehe Pkt. 5) entwickelt werden. Für die die Inanspruchnahme verschiedener Ökosystem-
bisherigen Akkumulationsindikatoren können bei- leistungen abbildet (siehe Kap. 4.7).
spielsweise über die Streckung von Aufnahmein-
tervallen Kosten eingespart werden. 9. Monitoring der wirtschaftlichen Situation der
Forstbetriebe sicherstellen
7. Waldverjüngung, Biodiversität und genetische
Struktur von Populationen in das Monitoring • Die Umsetzung der in diesem Gutachten vorge-
einbeziehen schlagenen Maßnahmen zur Anpassung der Wäl-
der an den Klimawandel einschließlich der damit
• Das aktuelle forstliche Monitoring ist überwie- verbundenen Maßnahmen zum Erhalt der biolo-
gend auf ausgewählte Indikatoren des Hauptbe- gischen Vielfalt, zum Boden- und Wasserschutz
standes der Hauptbaumarten ausgerichtet. Bun- sowie zur Konfliktlösung und Kommunikation
desweit fehlt es an Informationen insbesondere wird im Wesentlichen auf Ebene der Forstbetriebe
für kürzere Zeitintervalle als die der Bundeswald- erfolgen. Dies setzt hohe fachliche Kenntnisse in
inventur zur Waldverjüngung und Artenvielfalt den Betrieben voraus und diese müssen auch kon-
außerhalb geschützter Biotope. Das in den Bun- tinuierlich weiter ausgebaut werden. Zum ande-
desländern bisher mit unterschiedlichen Zielset- ren ist zu erwarten, dass der betriebliche Aufwand
zungen und Verfahren stattfindende Verbissmoni- für die Umsetzung der Maßnahmen erheblich sein
toring (bzw. Verbiss- und Schälschadeninventur) wird. Um rechtzeitig erkennen zu können, ob die
soll in Abstimmung von Bund und Ländern zu Forstbetriebe diesen Aufwand tragen können – als

149
4 Handlungsempfehlungen

Voraussetzung für die Umsetzung der hier vorge- Zur Verbesserung der institutionellen Rahmen­
schlagenen Maßnahmen, ist auch ein Monitoring bedingungen für den Nicht-Staatswald werden im
der wirtschaftlichen Situation der Forstbetriebe Einzelnen die folgenden Maßnahmen empfohlen:
dringend geboten. Vor dem Hintergrund des dras-
tischen Rückgangs der Teilnehmerzahlen am Test- 1. Langfristig stabile Strukturen zur Betreuung des
betriebsnetz Forstwirtschaft des BMEL sollten Nichtstaatswaldes etablieren
daher unverzüglich Konzepte zur Weiterentwick-
lung oder gangbare Alternativen für ein flächen- • Die bisher überwiegend durch die staatlichen
deckendes und repräsentatives wirtschaftliches Forstverwaltungen der Länder erbrachte indirekte
Monitoring der Forstbetriebe entwickelt und vom Förderung des Privat- und Körperschaftswaldes in
Bund und den Ländern auch umgesetzt werden. Form von kostengünstigen beziehungsweise kos-
tenfreien Leistungsangeboten wird in den Län-
dern derzeit zu einer den kartell- und beihilfe-
rechtlichen Vorgaben entsprechenden direkten
Förderung umgestaltet. Das erfordert langfristig
eine ungeschmälerte und unbürokratische Bereit-
stellung entsprechender öffentlicher Finanzmittel
(siehe WBW 2018).

• Wegen der gesellschaftlichen Bedeutung von Wald-


erhaltung, Waldpflege und Holznutzung für die flä-
chendeckende Bereitstellung von Ökosystemleis-
tungen ist die gemeinschaftliche Betreuung und
Bewirtschaftung des (kleinstrukturierten) Privat-
und Kommunalwaldes finanziell langfristig ab-
zusichern. In diesem Zusammenhang sollte man
das Leitbild der „befristeten Hilfe zur Selbsthilfe“
aufgeben, welches bisher die Förderpolitik bezüg-
lich der „forstlichen Selbsthilfeeinrichtungen“, ge-
4.10 Institutionelle Strukturen meint sind hier Forstbetriebsgemeinschaften, für
anpassen den Nicht-Staatswald bestimmt hat. Dies ist auch
deshalb erforderlich, weil es vor dem Hintergrund
Zwei Entwicklungen verschärfen die ohnehin schon der Urbanisierung, zunehmender Mechanisierung
bestehenden Probleme der Waldwirtschaft insbe- und technischer Spezialisierung sowie der rapi-
sondere im kleinparzellierten Privat- und Körper- den Erosion des Erfahrungswissens sowie der Un-
schaftswald. Erstens werden im Klimawandel auf- sicherheiten aufgrund des Klimawandels für die
grund zunehmender Risiken und des erforderlichen Waldbesitzer ohnehin zunehmend schwerer wird,
Baumartenwechsels die Erträge aus der traditionellen im Wald „selber Hand anzulegen“.
Waldbewirtschaftung mit Fokus auf Rohholzproduk-
tion abnehmen. Zweitens entstehen zusätzliche Kos- • Forstbetriebsgemeinschaften und andere For-
ten durch Anpassungsmaßnahmen beim Waldumbau, men überbetrieblicher forstlicher Kooperation,
bei der Waldpflege und beim Waldschutz einschließ- zum Beispiel genossenschaftliche Waldbewirt-
lich der Verkehrssicherung, die mehr Aktivitäten und schaftung, sollten durch öffentlich finanzierte,
Akteure auf der Fläche vor Ort erfordern. Aus diesem langfristig gesicherte Waldpflege-, Holzmobilisie-
Grund müssen insbesondere im kleinstrukturierten rungs- oder Ökosystemleistungsprämien beim Auf-
Privat- und Körperschaftswald dringend stabile in- bau und Erhalt personeller und organisatorischer
stitutionelle Strukturen geschaffen werden, welche Strukturen unterstützt werden. Dies ist eine we-
langfristig finanziell abgesichert sind. Darauf hat der sentliche Voraussetzung für die Entwicklung an-
WBW bereits im Juni 2018 in der Stellungnahme „Be- passungsfähiger Wälder im kleinstrukturierten
treuung und Förderung im kleinstrukturierten Privat- Privatwald.
und Körperschaftswald“ ­hingewiesen.
• Auch der Aufbau und Unterhalt von Informati-
ons-Plattformen für nicht-staatliche Waldbesit-
zer ist eine wichtige, langfristig öffentlich mitzu-
finanzierende Aufgabe. So ist beispielsweise die

150
4.11 Anpassungsstrategien kommunizieren, Konfliktmanagement gestalten 

Fortführung der Internet-Plattform „Wald wird beispielsweise um forstliche Dienstleistungsunter-


mobil“, einer im Jahr 2007 als öffentlich-private nehmen. Wenn es sich für Unternehmer lohnt, im
Partnerschaft für die Kleinprivatwaldmobilisie- Wald Initiativen für Waldumbau, Waldschutz (Ka-
rung gegründeten gemeinnützigen GmbH, nach lamitätsholz), Waldpflege etc. zu ergreifen, werden
Auslaufen der Projektförderung aktuell gefährdet. diese in Abstimmung mit den Flächeneigentümern
Hier könnte zur langfristigen institutionellen Ab- umgesetzt. Das könnte beispielsweise auch bei der
sicherung gegebenenfalls auch über ein Stiftungs- Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im Wald
modell nachgedacht werden. hilfreich sein, beispielsweise der Anlage und Pflege
von Waldrändern, Blühstreifen im Wald etc.
2. Organisatorische und finanzielle Anreize zur
Übertragung der Waldbewirtschaftung schaffen

• Es sollten organisatorische und finanzielle Anreize


geschaffen werden, welche es „inaktiven“ Wald-
besitzern ermöglichen, das Waldmanagement
beispielsweise durch Waldpacht- oder Waldpfle-
geverträge längerfristig Dritten zu übertragen. Ent-
sprechende Anreize könnten beispielsweise davon
ausgehen, dass sie in diesem Fall von der Zahlung
der Beiträge für die Berufsgenossenschaft freige-
stellt werden.

3. Forstliche Förderung effizienter gestalten

• Die forstliche Förderung in Deutschland sollte


durch mehr Beständigkeit in den Regelungen,
mehr Austausch und Abstimmung zwischen den
Ländern über Best-Practice-Verfahren bezüglich 4.11 Anpassungsstrategien
der Förderinhalte und organisatorischer Prozesse kommunizieren,
und Vereinfachung und Standardisierung bei den Konfliktmanagement gestalten
Inhalten und Verwaltungsabläufen effektiver und
effizienter gestaltet werden. Wälder haben in unserer Gesellschaft einen hohen
Stellenwert. Veränderungen und Störungen der Wald-
• Die öffentliche Förderung sollte vorrangig auf den ökosysteme werden daher, insbesondere wenn sie be-
gesellschaftlichen Nutzen der Ökosystemleistun- liebte Ausflugsregionen betreffen, in der Öffentlich-
gen des Waldes fokussieren, wobei auch die Holz- keit bzw. von den betroffenen Nutzergruppen teils mit
produktion als Beitrag zu Klimaschutz, Beschäfti- starken emotionalen Reaktionen begleitet. Die gesell-
gung und regionaler Wertschöpfung etc. dabei ein schaftlichen Ansprüche an Wälder sind gestiegen; der
sehr wesentlicher Aspekt ist. Andere gemeinwohl- Aufenthalt in den klimaausgleichend wirkenden Wäl-
relevante Aspekte sind beispielsweise die Anpas- dern wird weiter an Beliebtheit gewinnen. Diesem Be-
sung der Wälder an den Klimawandel, der Schutz deutungszuwachs entsprechend stieg in den letzten
der Wälder vor großflächigen Störungen oder der Jahren auch das Mitsprachebedürfnis waldinteres-
Schutz der biologischen Vielfalt. sierter Laien in Bezug auf die Gestaltung und Bewirt-
schaftung der Wälder. Wie auch in Fachkreisen diver-
• Gefördert werden sollten nicht nur die jeweiligen gieren die Meinungen gesellschaftlicher Gruppen zur
Maßnahmenkosten, sondern auch die Organisati- adäquaten Anpassung der Wälder an den Klimawan-
onskosten. Darüber hinaus sollte die Förderung für del im Spannungsfeld zwischen passiver und aktiver
die Waldbesitzer attraktiver gestaltet werden, bei- Anpassung.
spielsweise durch Verminderung des Eigenanteils Um daraus resultierenden Konflikten entgegen-
und die Reduktion der Risiken bezüglich der Rück- zuwirken und zu tragfähigen Konzepten der Anpas-
zahlung beispielsweise im Falle einer unverschul- sung von Wäldern an den Klimawandel zu kommen,
deten Nichterreichung der Verjüngungsziele. bedarf es einer verstärkten Kommunikation des The-
mas in der Öffentlichkeit und der aktiven Gestaltung
• Auch sollte der Kreis der von der forstlichen von Konfliktlösungsprozessen. Dies umfasst auch das
Förderung Begünstigten erweitert werden, aktive Führen einer gesellschaftlichen Debatte, die

151
4 Handlungsempfehlungen

sowohl Fachwissen und aktuelle Forschungsansätze, positiv aufgreifen, ersetzt werden. Jahrzehntelang
als auch Nutzungsansprüche verschiedener gesell- kultivierte Gegensätze von Forstwirtschaft und
schaftlicher Gruppen einbezieht. Naturschutz sollten als konstruktive Debatten um
Ziel einer solchen, auch dem gesellschaftlichen Zu- Zukunftswaldbilder begriffen und damit nutzbar
sammenhalt dienenden Kommunikation in der Öf- gemacht werden. Auch rückwärtsgewandte Fokus-
fentlichkeit sollte es sein, (1) neue, dem Klimawandel sierungen der Forstwirtschaft auf Wald- und Forst-
angepasste Leitbilder von Wald und Waldwirtschaft geschichte müssen überwunden und an die fort-
zu entwickeln und zentrale Kommunikationsbotschaf- schreitende Dynamik der natürlichen Prozesse
ten dafür zu erarbeiten, (2) die Kommunikation zur angepasst werden nach dem Motto: „Wald entwi-
Anpassung von Wäldern an den Klimawandel in der ckelt sich dynamisch – wir auch“. Zugleich bedarf
forstlichen Aus- und Weiterbildung zu verankern (3) es der Erarbeitung und Vermittlung von Kriterien,
Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation in einer die auch in dynamischen Prozessen handlungs-
großen Bandbreite zu fördern, (4) Dialogprozesse zur und kommunikationsleitend sind. Der teils ne-
Waldanpassung, insbesondere auf kommunaler bzw. gativen Bewertung von Waldbewirtschaftung in
regionaler Ebene zu initiieren und (5) bürgerschaftli- der Bevölkerung die Bedeutung funktionsfähi-
ches Engagement im Wald zu ermöglichen. ger Forstbetriebe für Walderhalt und Klimaanpas-
sung, die Bereitstellung von Ökosystemleistungen
Hierzu werden die folgenden Strategien und und die Rolle von Wald und Holz im Kontext des
Maßnahmen empfohlen: Klimaschutzes gegenüberzustellen, ist eine wei-
tere zentrale Kommunikationsaufgabe, die z. B.
1. Leitbilder dynamisieren, zentrale Kommunikati- über das Darstellen von Fortschritten bei der An-
onsbotschaften herausarbeiten passung der Forstbetriebe an den Klimawandel
und das Erzählen guter Beispiele erfolgen kann.
Die Kommunikation der für das Thema Klimawandel
und Wald verantwortlichen Verwaltungen sowie sich • Vernetztheit und Trade-Offs der Maßnahmen zur
in diesem Bereich engagierenden Verbände und Ver- Klimaanpassung kommunizieren: Maßnahmen
eine sollte der Dynamik der sich derzeit vollziehen- zur Klimaanpassung von Wäldern erfolgen nicht
den sozial-ökologischen Prozesse angepasst sein, und nur in den Wäldern selbst. Durch Handlungsver-
die folgenden Inhalte aufgreifen und in Kommunika- änderungen im sozial-ökologischen System, in das
tionsbotschaften übersetzen: Wälder eingebettet sind, werden wesentliche Vor-
aussetzungen für den Erfolg der Klimaanpassung
• Klimawandel umfasst alle Ökosystemleistungen geschaffen. Beispiele sind etwa die Reduktion der
des Waldes. In der öffentlichen Debatte zum Kli- Nutzung von Grundwasser, die Vermeidung der
mawandel im Wald dominieren derzeit einzelne Einschleppung von Schadorganismen durch den
Fragestellungen, wie die Suche nach zukünftig Warenverkehr, oder die Regulierung von Schalen-
passenden Baumarten oder der Umgang mit ver- wildbeständen um die Waldverjüngung zu ermög-
stärkt auftretenden Störungen. Information und lichen. Diese systemischen Wirkungen und Zusam-
Kommunikation müssen hier breiter ansetzen und menhänge gilt es ebenso zu kommunizieren, wie
verdeutlichen, dass der Klimawandel alle Ökosys- Konkurrenzen und trade-offs zwischen anderen
temleistungen des Waldes betrifft und deren Ver- Ökosystemleistungen und Klimaanpassung.
fügbarkeit für zukünftige Generationen gefährdet.
• Emotionale Bedeutung von Wäldern in die Kom-
• Dynamische Leitbilder von Wald und Forstwirt- munikation einbeziehen: Wälder erbringen auch
schaft entwickeln: Das Bild der Öffentlichkeit wichtige kulturelle Ökosystemleistungen. So bie-
von Wald und Waldökosystemen ist geprägt von ten sie Heimat, Rückzugsräume, Begegnungsorte.
Wald- und Naturbildern, die den klimabedingten Waldbezogene Umwelt- und Klimawandelkom-
Änderungen nicht standhalten. Beispiele hierfür munikation sollte daher den Wandel dieser emo-
sind die Bezeichnung „Buchenland Deutschland“, tionalen Bezüge durch Klimaauswirkungen bzw.
die Definition statischer Erhaltungszustände in Klimaanpassungsmaßnahmen thematisieren und
Schutzgebieten und die Dichotomie von heimisch Wertschätzung für die emotionale Bindung von
und fremd bzw. von natürlich im Sinne von gest- Menschen an den Wald zeigen.
rig/unbeeinflusst und nicht natürlich im Sinne von
durch den Menschen beeinflusst. Diese gewohnten
Denkmuster sollten durch dynamische Leitbilder,
die auch Fragen von Nichtwissen und Unsicherheit

152
4.11 Anpassungsstrategien kommunizieren, Konfliktmanagement gestalten 

2. Kommunikation zur Anpassung von Wäldern an infolge mangelnder Verkehrssicherheit. Hier kann
den Klimawandel in der forstlichen Aus- und an vertraute Formate, wie die Besprechung von
Weiterbildung verankern Waldthemen in Gemeinderatssitzungen, klassische
Beteiligungselementen der forstlichen Planung
• Das im Wald tätige Forstpersonal ist eine der ersten oder Exkursionen durch Revierverantwortliche
Anlaufstellen für Waldbesuchende und sollte die angeknüpft werden. Zugleich bieten Walddialoge
oben dargestellten zentralen Botschaften glaub- auch einen Resonanzraum für die emotionale Be-
haft verkörpern können. Hierzu wurden in den ziehung von Menschen zu den sie umgebenden
letzten Jahren Formate wie z. B. eine Seminarreihe Wäldern und die Möglichkeit eines intensiveren
zur Verbesserung der Kommunikation im forst- Austauschs zwischen Forstfachleuten und Laien
lichen Arbeitsalltag1 ins Leben gerufen, die wei- schon vor einem möglichen Konfliktfall.
terentwickelt und etabliert werden sollten (siehe
auch Kap. 4.12). 5. Gesellschaftliches Engagement im Wald
ermöglichen
3. Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation in
ganzer Breite fördern • Ein direkter Bezug der Bevölkerung zum Wald
kann zum Verständnis für die Veränderung von
• Die Aufbereitung und Vermittlung komplexer Wis- Waldökosystemen beitragen. Geeignete und för-
senszusammenhänge im Kontext Klima und Wald derwürdige Formate sind zum Beispiel Wald­
gehört zum staatlichen Bildungsauftrag. Sie ist patenschaften, neue Formen des Eigentums wie
zeitintensiv und bedarf gezielter Förderung. So- Waldgenossenschaften und Möglichkeiten der pri-
wohl staatliche Forsteinrichtungen, freie Bildungs- vaten Finanzierung von Maßnahmen im Wald, z. B.
träger, als auch wald- und umweltbezogene For- unter dem Stichwort Waldklimaprojekte im Rah-
schungseinrichtungen können über die Förderung men eines freiwilligen Kohlenstoffmarktes. Zur
von derartigen Angeboten im Wald sowie Internet- Adressierung interessierter Bevölkerungsgrup-
plattformen, Infokampagnen oder Wettbewerbe pen eignen sich Pflanzaktionen zur Wiederauf-
in ihren Kommunikationsaktivitäten unterstützt forstung abgestorbener Wälder oder Aktivitäten
werden. Insbesondere auch die Arbeit mit Online- im Bereich Citizen Science wie beispielsweise das
Angeboten und den sozialen Medien ist zu stärken, Biodiversitätsmonitoring.
um jüngere Generationen schulisch und außer-
schulischen besser zu erreichen und dabei auch
‚in den Wald zu führen‘. Bündnisse mit Akteuren
aus dem Bereich der Bildung für nachhaltige Ent-
wicklung, „Waldfluencern“ oder Klimaschutzakti-
ven können hier ebenso hilfreich sein wie der Auf-
bau von Medienpartnerschaften.

4. Dialogprozesse zur Waldanpassung auf


kommunaler bzw. regionaler Ebene initiieren

• Walddialoge können auf kommunaler bzw. regio-


naler Ebene ein geeignetes Element sein, um zum
einen unterschiedliche Ansprüche verschiedener
Interessen- bzw. Nutzungsgruppen zu adressie-
ren, wie zum Beispiel an Holzernteverfahren und
-zeitpunkte. Zum anderen können sie dazu dienen,
Waldentwicklungen plastisch zu machen und mit
interessierten Bevölkerungsgruppen zu diskutie-
ren sowie durch den Klimawandel nötige Maßnah-
men verständlich zu machen, wie beispielsweise
die Einschränkung des Zugangs zu Waldgebieten

1 https://www.fnr.de/presse/pressemitteilungen/aktuelle-mitteilungen/aktuelle-nachricht/wie-man-in-den-wald-hineinruft [Zugriff am
05.07.2021]

153
4 Handlungsempfehlungen

Waldbesitzer und Forstsachverständige deutlich zu


erhöhen, (3) Aspekte der Digitalisierung und Kom-
munikation stärker als bisher in der Ausbildung der
Forstwirte/innen zu integrierten, (4) der Umgang mit
Unsicherheiten und Nichtwissen explizit in Aus- und
Weiterbildungsprogrammen und in die Beratung zu
integrieren.

Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen


empfohlen:

1. Curricula forstlicher Studiengänge an


Hochschulen auf aktuelle
Kompetenzerfordernisse ausrichten

4.12 Ausbildung und lebenslanges • Die Inhalte forstlicher Studiengänge an Hochschu-


Lernen neu aufstellen len sollten neben Aspekten des Klimawandels
und der Anpassung noch stärker auf Forschungs-
Die Halbwertszeit unseres Wissens nimmt ständig ab. kompetenzen, Methodenwissen, Interdisziplina-
Traditionelle Konzepte zum Schutz und der Bewirt- rität und Problemlösungsfähigkeit ausgerichtet
schaftung der Wälder sind jedoch tief verankert. Prak- werden. Dafür bedarf es eines intensiven Austau-
tische Veranschaulichungen funktionieren nur be- sches zwischen forstlicher Praxis und Hochschu-
grenzt bei sich schnell ändernden klimatischen und len, u. a. hinsichtlich der Anforderungsprofile an
standörtlichen Rahmenbedingungen. Ein empirisch Absolventen/innen.
basiertes Management, das auf traditionellen „evi-
denzbasierten“ Ansätzen beruht, kann sich daher 2. Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote
nicht schnell genug entwickeln, um effektive zukünf- für Forstbetriebe, Fachbehörden sowie für
tige Bewirtschaftungsoptionen zu bieten. Durch die Waldbesitzer und Forstsachverständige
Beschleunigung des Klimawandels mit seinen Auswir- ausbauen
kungen auf Waldökosysteme und Forstwirtschaft und
Prozesse wie die Digitalisierung nimmt dieser Ver- • Um die Weiterbildungs- und Qualifizierungsange-
lust der Relevanz von Erfahrungswissen zusätzlich an bote für Fachpersonal in Forstbetrieben und rele-
Fahrt auf. Gleichzeitig nimmt die Komplexität vieler vanten Fachbehörden (Naturschutz, Jagd, Wasser,
zu lösender Probleme zu. Daher gewinnen die Fähig- etc.) sowie für Waldbesitzer und Forstsachverstän-
keiten, sich neues Wissen rasch anzueignen und Pro- dige zu erhöhen, müssen die Kapazitäten und Kom-
bleme interdisziplinär zu lösen im Vergleich zu Fak- petenzen in diesem Bereich ausgebaut werden,
ten- und Erfahrungswissen oder rein disziplinären beispielsweise in der Didaktik. Die regelmäßige
Problemzugängen deutlich an Bedeutung. Daher muss Teilnahme der Bediensteten an Weiterbildungs-
die Vermittlung dieser Kompetenzen noch stärker als maßnahmen sollte durch eine entsprechende Mo-
bisher in den Fokus der Ausbildung rücken und neues tivation und Anerkennung durch die Institution
Wissen unter Berücksichtigung des Erfahrungswis- intensiviert werden. Ein rascher Ausbau der An-
sens auch schneller und effektiver in den Institutio- gebote könnte durch eine bessere Arbeitsteilung
nen, die sich mit der Bewirtschaftung von Wald befas- und Vernetzung auf überregionaler Ebene, insbe-
sen, verbreitet und aufgenommen werden, damit sich sondere durch den Einsatz neuer Medien, erreicht
auch die Akteure mit ihren Kompetenzen laufend an- werden. Nicht jedes Thema muss von allen Institu-
passen können. Gleichzeitig bietet die Notwendigkeit tionen in Eigenregie entwickelt werden. Zur Wahr-
zum lebenslangen Lernen in forstlichen Berufen die nehmung solcher Angebote müssen bisherige Bar-
Möglichkeit, diese attraktiver zu gestalten. rieren, zum Beispiel Bundeslandbegrenzungen der
Zu diesem Zweck sind (1) die Curricula forstli- Angebote und Teilnahmen, beseitigt werden.
cher Studiengänge noch stärker als bisher auf For-
schungskompetenzen, Methodenwissen, Interdiszipli-
narität und Problemlösungsfähigkeit auszurichten, (2)
die Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote für
Fachpersonal in Forstbetrieben und relevanten Fach-
behörden (Naturschutz, Jagd, Wasser, etc.) sowie für

154
4.13 Forschungskapazitäten stärken, besser vernetzen und neu ausrichten 

3. Aspekte der Digitalisierung und


Kommunikation stärker als bisher in der
Ausbildung und Weiterbildung des
Fachpersonals integrierten

• Durch die zunehmenden Waldschäden und die of-


fensichtliche Umgestaltung der Wälder gewinnt
die Kommunikation der im Wald tätigen Forstleute
mit Waldbesuchern und einer sensibilisierten Öf-
fentlichkeit an Bedeutung (siehe Kap. 4.11). Dafür
muss auch das technische Forstpersonal in diesem
Bereich stärker geschult werden.

• Da bei der Erfassung und dem Monitoring der kli-


mawandelbedingten Gefahren und Veränderun-
gen sowie bei neuen Arbeitsverfahren verstärkt 4.13 Forschungskapazitäten stärken,
digitale und sensorbasierte Technologien zum Ein- besser vernetzen und neu
satz kommen, müssen in der Aus- und Weiterbil- ausrichten
dung des Fachpersonals in der gesamten Wert-
schöpfungskette die entsprechenden Kompetenzen Um die Forschung zur Anpassung von Waldökosys-
vermittelt werden. temen, Forst- und Holzwirtschaft und anderen rele-
vanten Sektoren an den Klimawandel effektiv und
4. Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie effizient zu gestalten, wird eine Neuausrichtung forst-
Beratung zum Umgang mit Unsicherheiten wissenschaftlicher, wald- und holzproduktbezoge-
etablieren ner Forschung nicht nur in Hinblick auf neue For-
schungsinhalte, sondern auch für (1) die strategische
• Eine der großen Herausforderungen des Waldma- Entwicklung neuer Forschungsansätze, (2) die Schaf-
nagements im Klimawandel ist der Umgang mit fung von langfristigen Infrastrukturen und Kapazitä-
Unsicherheiten und Nichtwissen. Dies betrifft die ten, der (3) Vernetzung und Kooperation, auch zur ge-
Forschungs-, Planungs- und Ausführungsebene. meinsamen Nutzung von Infrastrukturen, sowie (4)
Daher sollten diese Aspekte insbesondere auch in dem Austausch von Daten und Informationen und der
den Aus- und Weiterbildungsprogrammen einen Förderung von Synthese-Arbeiten empfohlen. Eine
entsprechenden Raum einnehmen. Ausrichtung der Forschungsinhalte an aktuelle Prob-
lemfelder erfolgt ohnehin kontinuierlich und ist daher
• In einer Zeit in der selbst Fachleute verunsichert nicht Gegenstand dieser Empfehlungen. Die Empfeh-
sind, wissen viele Waldeigentümer, insbesondere lungen zielen auf eine Ergänzung, nicht den Ersatz be-
im Kleinprivatwald, nicht mehr was sie tun sollen. stehender Programme wie beispielsweise Waldklima-
Da eine Anpassung der Wälder und ihrer Bewirt- fond oder die Förderprogramme der Fachagentur für
schaftung selten unter großer Unsicherheit erfolgt, Nachwachsende Rohstoffe oder der Länder ab.
resultiert häufig eher die Aufgabe der Bewirtschaf-
tung. Daher sollte der Umgang mit Unsicherheiten Im Einzelnen werden die folgenden Maßnahmen
insbesondere auch in der Beratung der Waldeigen- empfohlen:
tümer/innen einen wichtigen Platz einnehmen.
1. Neue Forschungsansätze formulieren

• Viele Herausforderungen des Klimawandels und


der Anpassung daran sind nicht auf einzelne Sek-
toren beschränkt. Daher werden Forschungspro-
gramme benötigt, die eine Förderung transsektora-
ler Projekte in der Land- und Forstwirtschaft sowie
im Naturschutz, ermöglichen wie zum Beispiel zu
Fragen der Steuerung des Landschaftswasserhaus-
halts oder des Schutzes der Biodiversität.

155
4 Handlungsempfehlungen

• Die vielfach drängenden Anpassungsnotwendig- benötigt. Dazu zählen insbesondere auch langfris-
keiten erfordern zudem eine enge Vernetzung von tige Verbundversuche und Beobachtungsflächen
Forschenden mit Entscheidungsträgern und ande- mit einheitlichem Design und vergleichbarer Ins-
ren Akteuren und Stakeholdern im Rahmen von trumentierung zur überregionalen Auswertung.
transdisziplinären Projekten zur Ermöglichung des Die Förderung dieser Infrastruktur muss über die
schnellen Transfers zwischen Wissenschaft und Einrichtung und kurzfristige Projektzeiträume hi-
Praxis und Anwendung des Wissens für praxisre- naus ermöglicht werden, ähnlich wie beim Netz-
levante Lösungen. Die Beförderung von Interdis- werk für ökologische und ökosystemare Langzeit-
ziplinarität zwischen Natur-, Technik-, Sozial und forschung LTER (Long Term Ecological Research).
Geisteswissenschaften sowie Transdisziplinari- Die Möglichkeiten zur Kooperation zwischen Bund
tät in Forschungsprojekten erfordert eine andere und Ländern sollten genutzt werden, um Verein-
Form der Begutachtung und andere Indikatoren barungen zu treffen, die überregionale Forschung
zur Bewertung des Erfolges als dies in klassischen, zur Anpassung an den Klimawandel gemeinsam zu
disziplinären Projekten der Fall ist. finanzieren. Fragestellungen, die in dieser Weise
bearbeitet werden sollten, finden sich im nächs-
• Zudem können viele Fragen der Anpassung an den ten Punkt.
Klimawandel nur durch langfristige Forschung be-
antwortet werden wie zum Beispiel die Identifi- 3. Vernetzung und Kooperation verbessern
zierung geeigneter Baumarten und Provenienzen
durch Anbauversuche, Auswirkungen von Anpas- • Aufgrund der föderalen Struktur und Organisation
sungsmaßnahmen auf die Biodiversität und Be- des Staatswaldes hat auch die anwendungsorien-
reitstellung von Ökosystemleistungen. Daher soll- tierte, forstliche Forschung traditionell einen an
ten in den relevanten Forschungsprogrammen den Bundesländern orientierten und damit einen
des Bundes und der Länder Optionen für die För- regionalen Bezug. Für gemeinsame Fragestellun-
derung längerfristiger Verbundforschungsvorha- gen gab es aber auch bereits in der Vergangen-
ben, ähnlich wie die Sonderforschungsbereiche heit abgestimmte, koordinierte Versuchsanlagen
der Deutschen Forschungsgemeinschaft, bereitge- zwecks einer länderübergreifenden Auswertung.
stellt werden. Gegenwärtig ist ein Mangel an koordinierten Ver-
bundversuchen zu wichtigen Fragen der Anpas-
2. Forschungskapazitäten erhöhen sung der Wälder an den Klimawandel mit einem
Design, das eine gemeinsame Auswertung ermög-
• In vielen forst- und holzwissenschaftlichen Diszi- licht, festzustellen. Gerade die Identifizierung von
plinen, die für die Bearbeitung wichtiger zukünfti- geeigneten Baumarten und Herkünften sollte von
ger Forschungsfragen eine tragende Rolle spielen, möglichst vielen Akteuren in der Forschung gleich-
gibt es nur wenig wissenschaftlichen Nachwuchs zeitig betrieben werden, um die standörtliche Va-
zum Beispiel in der Pathologie, Forstschutz, Forst- riation möglichst vollständig zu erfassen, und um
genetik, Forstpflanzenzüchtung. Das hat auf der die erheblichen Kosten für Etablierung und lang-
einen Seite damit zu tun, dass es in einigen die- fristige Betreuung der Versuche zu verteilen. Wei-
ser Bereiche für längere Zeiträume keine Profes- tere relevante Fragestellungen für bundesweite
suren an den Universitäten mehr gegeben hat. Auf koordinierte Verbundversuche sind zum Beispiel
der anderen Seite gibt es für den wissenschaft- die Performance von Mischbestandstypen und Mi-
lichen Nachwuchs aufgrund der wenigen fach- schungsformen in Hinblick auf Ökosystemleistun-
spezifischen Stellen in den meisten forstwissen- gen oder der Einfluss der Bewirtschaftungsinten-
schaftlichen Disziplinen nur sehr eingeschränkte sität auf Biodiversität und Resilienz gegenüber
Möglichkeiten, wissenschaftliche Karrieren zu ent- Extremereignissen. Neben gemeinsam entwickel-
wickeln oder verlässlich zu planen. Kurz- bis mit- ten Versuchsanlagen sollte auch die Entwicklung
telfristig könnte dieses Problem durch die gezielte innovativer und komplexer Methoden zum Wald-
Förderung von Nachwuchsgruppen in Bereichen, zustands- und Waldentwicklungsmonitoring in
die für die Erforschung der Anpassung der Wäl- schlagkräftigen Forschungsverbünden erfolgen.
der an den Klimawandel von besonderer Bedeu-
tung sind, abgemildert werden. So können lang- • Die Vernetzung und Kooperation zu den drän-
fristig die benötigten Disziplinen durch personelle genden Fragen der Anpassung der Wälder und
Kapazitäten wieder aufgebaut und entwickelt wer- Waldwirtschaft an den Klimawandel sind nicht
den. Zusätzliche Kapazitäten werden auch drin- auf Deutschland beschränkt. Der Erkenntnisfort-
gend im Bereich von Forschungsinfrastruktur schritt und die notwendige Kooperation würden

156
4.13 Forschungskapazitäten stärken, besser vernetzen und neu ausrichten 

sehr beflügelt, wenn Förderung in den bedeutsa- und Daten verbunden werden. Bei der Bereitstel-
men nationalen Forschungsprogrammen der FNR lung von Wissen und Information für die Praxis
und im Waldklimafonds auch für internationale sollte auf bewährte und bekannte Plattformen ge-
Verbundvorhaben für Fragestellungen mit Rele- setzt werden wie zum Beispiel Informationsdienst
vanz für Deutschland zur Verfügung gestellt wür- Holz, Waldwissen, statt zusätzliche, parallele Platt-
den, beispielsweise für Arbeiten zu Genressour- formen zu schaffen.
cen europäischer Baumarten oder im Umgang mit
Störungen.

4. Austausch, Synthese und Sichtbarkeit von


Daten verbessern

• Eine wichtige Grundlage für die Vernetzung und


Kooperation ist der Austausch und die gemein-
same Auswertung von Daten. Die Zusammenarbeit
im Rahmen der Analyse großer, gemeinsamer Da-
tensätze findet innerhalb Deutschlands bisher nur
eingeschränkt und projektspezifisch statt. Aus-
tausch und Verfügbarmachung von Daten, auch
solchen, die mit öffentlichen Mitteln erhoben wur-
den, wird häufig durch Konkurrenzgedanken und
mangelndes Vertrauen beeinträchtigt. Die Ver-
fügbarmachung und Veröffentlichung von Daten-
sätzen, die im Rahmen von Drittmittelprojekten
erhoben werden, wird nicht von allen Forschungs-
förderungseinrichtungen verlangt. Gemeinsame
Analysen und Synthesen basierend auf existieren-
den Daten könnten durch eine systematische Ver-
öffentlichung beziehungsweise Zugänglichkeit von
Daten, die von den Forschungseinrichtungen mit
öffentlichen Mitteln erhoben worden sind, beför-
dert werden. Da es sehr viele ältere Datensätze
gibt, die teilweise noch nicht in Datenbanken vor-
liegen oder nicht ausreichend qualitätsgeprüft
sind, müsste man die Aufbereitung dieser Daten
für konkrete Auswertungsziele entsprechend för-
dern. In diesem Zusammenhang sollten von Dritt-
mittelgebern auch explizit Syntheseprojekte geför-
dert werden, deren Ziel es ist, bestehende Daten
auszuwerten. Die Förderung von Forschungspro-
jekten durch öffentliche Mittel sollte konsequent
von der Einhaltung der FAIR Grundsätze (Findabi-
lity, Accessibility, Interoperability, and Reuse of di-
gital assets) im Forschungsdatenmanagement ab-
hängig gemacht werden.

• Vielfach werden wichtige Forschungsergeb-


nisse von Forschungseinrichtungen „nur“ in der
deutschsprachigen, nicht wissenschaftlich begut-
achteten Literatur, sogenannte „graue Literatur“,
publiziert oder werden gar nicht veröffentlicht.
Da diese fehlende Sichtbarkeit und Auffindbarkeit
den allgemeinen Erkenntnisgewinn deutlich be-
hindert, sollten mit der Forschungsförderung klare
Auflagen zur Veröffentlichung von Ergebnissen

157
Salix
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Akkumulationsindikatoren Attributionsstudie
Anreicherungsindikator, der sowohl für die Anreiche- Mit Attributionsstudien lässt sich mittels statistischer
rung in Organismen als Bioindikatorverwendet wird, Analysenabschätzen, inwieweit der vom Menschen
als auch der Rekonstruktion rezenter oder vorzeit- verursachte Klimawandel für das Auftreten indivi-
licher Vorgänge dient. Letzteres erfolgt anhand der dueller Wetter- oder Klimaextreme verantwortlich
erhöhten Konzentration ausgewählter Stoffe in be- ist. Dafür werden sehr lange Datenreihen benötigt,
stimmten Kompartimenten eines Ökosystems. um eine robuste statistische Basis für die Abschät-
https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/ zung sich ändernder Wahrscheinlichkeiten seltener
akkumulationsindikator/402 Ereignisse zu erhalten. Um die notwendigen Zeitrei-
hen zu generieren, werden Klimamodellsimulatio-
Anpassungsfähigkeit nen verwendet. Zur Abschätzung der Bandbreite der
Fähigkeit von Systemen, Institutionen, Menschen und natürlichen Variabilität von Extremereignissen wird
andere Lebewesen, sich auf potentielle Schädigungen eine Vielzahl von Simulationen mit gleichen klima-
einzustellen, Vorteile zu nutzen oder auf Auswirkun- tischen Rahmenbedingungen benötigt. Die Simulati-
gen zu reagieren. onen des vergangenen Klimas werden einmal unter
IPCC (2013/14) Verwendung aller bekannten Klimaantriebe und ein
zweites Mal ausschließlich mit den natürlichen Klima-
Assisted Migration antrieben und ohne Berücksichtigung der vom Men-
Die vom Menschen unterstützte Wanderung von Arten schen veränderte Antriebe durchgeführt. Durch den
als Reaktion auf den Klimawandel. Dies umfasst eine Vergleich der statistischen Analysen beider Klimata
Vielzahl von Maßnahmen umfasst, die sich in Bezug lassen sich etwaige Unterschiede bezüglich der Häu-
auf Risiken, ökologische Auswirkungen und politische figkeit des Auftretens von Wetter- oder Witterungsex-
Erwägungen erheblich unterscheiden. Dabei kann es tremen dem menschlichen Handeln zuschreiben.
sich um folgende Ansätze handeln: a) Unterstützte Po- DWD, https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/
pulationsmigration - Verlagerung von Samenquellen klimaforschung/spez_themen/attributionen/node_
oder Populationen an neue Standorte innerhalb des attribs.html
historischen Verbreitungsgebiets der Art, b) Unter-
stützte Ausweitung des Verbreitungsgebiets - Verlage- Bestandesbegründung
rung von Samenquellen oder Populationen aus ihrem Die Verjüngung von Waldbeständen auf natürliche
derzeitigen Verbreitungsgebiet in geeignete Gebiete oder künstliche Weise.
knapp jenseits des historischen Verbreitungsgebiets
der Art, wobei die natürliche Ausbreitung erleichtert Bestandesebene
oder nachgeahmt wird, c) Unterstützte Artenwande- Die räumliche Betrachtungsebene, die den einzelnen
rung (auch Artenrettung, gesteuerte Umsiedlung oder Waldbestand im Fokus hat. Dabei ist ein Bestand ein
unterstützte Fernwanderung) - Umsiedlung von Sa- Ausschnitt der Waldlandschaft, der sich durch ähnli-
menquellen oder Populationen an einen Ort weit au- che Struktur, Baumartenzusammensetzung, Altersauf-
ßerhalb des historischen Verbreitungsgebiets der Art, bau und Behandlungsgeschichte auszeichnet. Somit
jenseits von Orten, die durch natürliche Ausbreitung kann dieser räumliche Ausschnitt aus der Waldland-
erreichbar sind. schaft auch in Zukunft in ähnlicher Weise waldbau-
https://www.fs.usda.gov/ccrc/topics/assisted-migration lich behandelt werden. Bestände sind somit Grundein-
heiten der waldbaulichen Planung und Behandlung.

Bestandesentwicklungsphasen
Werden auch natürliche Altersstufen genannt. Sie
umfassen in chronologischer Abfolge den Jungwuchs,
Jungbestand, Stangenholz, schwaches, mittleres und
starkes Baumholz sowie die Alters- und Zerfallsphase.

184
Glossar

Bestandesmatrix Bodenzustandeserhebung
Die (Wald)landschaft, in die einzelne Bestände ein- Im Rahmen der bundesweiten Bodenzustandserhe-
gebettet sind. Die Eigenschaften und ökologischen bung werden der Zustand und die Veränderung von
Prozesse eines Bestandes sind durch die Beschaf- Waldböden, Vegetation, Kronenzustand und der Wald-
fenheit der benachbarten Bestände in dieser Matrix ernährung untersucht. Die Erhebung der ersten bun-
beeinflusst. desweiten BZE fand von 1987 bis 1992 statt. In den Jah-
ren 2006–2008 fand eine Folgeinventur (BZE II) statt.
Bestandespflege Eine Unterstichprobe im 16 km*16 km Raster ist iden-
Die Bestandespflege umfasst alle waldbaulichen Maß- tisch mit der WZE.
nahmen nach der erfolgreichen Etablierung der Ver- https://www.thuenen.de/de/wo/projekte/bodenschutz-
jüngung und vor dem Beginn der Ernte der hiebsreifen, und-waldzustand/projekte-bodenzustandserhebung/
zielstarken Bäume. Zu diesen Maßnahmen gehören bundesweite-bodenzustandserhebung-im-wald/
im Wesentlichen Durchforstungen, die Mischwuchs-
regulierung, Ästung oder die Förderung einer Unter- Brückentechnologie Holzbau
und Zwischensandes. Mit Brückentechnologie ist hier gemeint, dass der
Holzbau aktuell die einzige anwendungsreife Tech-
Bestandesstruktur nologie (negative emission technology) ist, die es er-
Beschreibt die horizontale und vertikale Verteilung möglicht, Kohlenstoff in nennenswertem Umfang au-
der Bestandteile eines Bestands, einschließlich der ßerhalb von Ökosystemen zu speichern. „Brücke“
Höhe, des Durchmessers, der Kronenschichten und bedeutet hierbei, dass diese Technologie deshalb ab
der Baumstämme, Sträuchern, krautigem Unter- sofort eingesetzt werden sollte, um diese Kohlenstoff-
wuchs, Baumstümpfen, Totholz und Lücken. speicherung umzusetzen bis in der Zukunft mögli-
Helms JA (1998) Dictionary of forestry. Society of cherweise andere Technologien wie beispielsweise
American Foresters. carbon capture and storage oder carbon capture and
usage Technologien in eine Anwendungsreife (TRL 9)
Biodiversität kommen. Dies bedeutet nicht, dass danach der Holz-
Die Vielfalt des Lebens auf unserer Erde (oder kurz: bau keine Bedeutung mehr hat, aber der Begriff unter-
Biodiversität) ist die Variabilität lebender Organismen streicht die Dringlichkeit, diese Möglichkeit der Koh-
und der von ihnen gebildeten ökologischen Komplexe. lenstoffspeicherung sofort einzusetzen.
Sie umfasst die folgenden drei Ebenen: 1) die Vielfalt
an Ökosystemen beziehungsweise Lebensgemein- Bundeswaldinventur
schaften, Lebensräumen und Landschaften, 2) die Ar- Die Bundeswaldinventur ist eine forstliche Großraum-
tenvielfalt und 3) die genetische Vielfalt innerhalb der inventur, die durch das Bundeswaldgesetz (BWaldG §
verschiedenen Arten. 41a) vorgeschrieben ist und als terrestrische Stichpro-
https://www.ufz.de/teebde/index.php?de=43784 beninventur deutschlandweit durchgeführt wird. Sie
erfasst die großräumigen Waldverhältnisse und forst-
Bioökonomie lichen Produktionsmöglichkeiten und liefert eine un-
Erzeugung, Erschließung und Nutzung biologischer entbehrliche Grundlage für forst-, handels- und um-
Ressourcen, Prozesse und Systeme, um Produkte, Ver- weltpolitische Planungen und Entscheidungen. Die
fahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen BWI I wurde 1987, II 2002, III 2012 abgeschlossen, für
Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirt- die BWI IV starteten die Aufnahmen im Frühjahr 2021.
schaftssystems bereitzustellen. https://de.wikipedia.org/wiki/Bundeswaldinventur
https://www.bmbf.de
DNA-Barcoding
Bodenschutzkalkung Das DNA-Barcoding ist eine Methode zur Identifizie-
Kalkung von Waldböden mit dem Ziel der Kompensa- rung von Arten anhand eines kurzen DNA-Abschnitts
tion anthropogen bedingter Bodenversauerung und eines bestimmten Gens oder bestimmter Gene. Die
der Regeneration von natürlichen Bodenfunktionen Prämisse des DNA-Barcoding besteht darin, dass eine
v. Wilpert et al. (2013) einzelne Sequenz durch den Vergleich mit einer Re-
ferenzbibliothek solcher DNA-Abschnitte (auch „Se-
quenzen“ genannt) zur eindeutigen Identifizierung
eines Organismus bis hin zur Art verwendet werden
kann.
https://en.wikipedia.org/wiki/DNA_barcoding

185
Glossar

Erntefestmeter Efm Habitatbaum


Maß für das Volumen geschlagenen Holzes ohne Bäume, die besondere Lebensräume (Biotope, Habi-
Rinde. tate) für andere Lebewesen anbieten. Hierbei han-
delt es sich oft um sehr alte, zum Teil auch bereits ab-
FFH Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sterbende oder tote Bäume. Insbesondere Bäume mit
Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union Spechthöhlen oder mit Horsten baumbrütender Vo-
(Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992). gelarten, sogenannte Horstbäume, zählen dazu. Aber
Ziel der Richtlinie ist die Erhaltung wildlebender auch Bäume mit besonderen Wuchsformen, mit grö-
Tier- und Pflanzenarten, die Erhaltung ihrer Lebens- ßeren Stamm- oder Rindenverletzungen oder mit
räume sowie der Aufbau eines zusammenhängen- hohem Totholzanteil („Mikrohabitaten“) bieten vie-
den Systems von Schutzgebieten (Vernetzung, Natura len Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen einen
2000-Gebiete). Lebensraum.
https://www.ufz.de/teebde/index.php?de=43784 https://de.wikipedia.org/wiki/Biotopbaum

Forstbetriebsgemeinschaft Halbwaren
Privatrechtlicher Zusammenschluss von Waldbesit- Die Warengruppe der Halbwaren umfasst in der Holz-
zern, der den Zweck verfolgt, die Bewirtschaftung wirtschaft Furniere, Sperr- und Schnittholz, Span, -Fa-
der angeschlossenen Waldflächen und der zur Auf- serplatten, Zellstoff, Holzschliff und den Handel mit
forstung bestimmten Grundstücke zu verbessern, ins- Schnittholz und sonstigem Holz.
besondere die Nachteile geringer Flächengröße, un- https://de.wikipedia.org/wiki/Holzwirtschaft
günstiger Flächengestalt, der Besitzzersplitterung, der
Gemengelage, des unzureichenden Waldaufschlusses Herbivoren
oder anderer Strukturmängel zu überwinden (§  16 Pflanzenfresser. Bei Kleinlebewesen eher die Bezeich-
Bundeswaldgesetz – BWaldG). nung Phytophage.
https://de.wikipedia.org/wiki/Forstbetriebsgemeinschaft
Holzschliff
GAK Zusammenfassende Bezeichnung für Faserstoffe, die
Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruk- durch mechanische Zerfaserung aus Holz gewonnen
tur und des Küstenschutzes. und für die Herstellung bestimmter Sorten von Pa-
https://www.bmel.de/ pier, Karton und Pappe verwendet werden.

Genotyp Holzsortiment
Gesamtheit der Gene eines Organismus. Er repräsen- Einteilungskategorie für Rohholz, das entsprechend
tiert dessen exakte genetische Ausstattung, die sämtli- Qualität und/oder Abmessung für einen bestimmten
che in diesem Individuum vorhandenen Erbanlagen Verwendungszweck geeignet ist.
umfasst.
Holzwerkstoff
Gestaffelte Durchforstung Holzwerkstoffe sind Werkstoffe, die durch Zerkleinern
Zunächst starke, dann mäßige Eingriffe in der ers- von Holz und anschließendes Zusammenfügen der
ten Hälfte des Bestandeslebens, Übergang zur Strukturelemente erzeugt werden. Größe und Form
Niederdurchforstung in der zweiten Hälfte des der Holzpartikel entscheiden über die Art des Holz-
Produktionszeitraumes. werkstoffes und seine Eigenschaften. Die Holzparti-
kel können ohne oder mit Bindemitteln oder mecha­
Gruppendurchforstung nischen Verbindungen miteinander verbunden sein.
Durchforstungsverfahren, das davon ausgeht, dass https://dewiki.de/Lexikon/Holzwerkstoff
sich Bäume in häufig vorkommenden Biogruppen
aus ca. 2 bis 10 eng zusammenstehenden Individuen
(nicht zu verwechseln mit „Gruppe“ im o.g. Sinne!) in
ihrem Wachstumsverhalten gegenseitig positiv beein-
flussen. Bei der Gruppendurchforstung werden diese
Biogruppen bewusst erhalten und gefördert. Sie führt
damit zu einer horizontalen Strukturierung der Be-
stände, da sich in der Folge dichtere und lichtere Be-
standespartien entwickeln.
https://landeszentrumwald.sachsen-anhalt.de

186
Glossar

Humusauflage Jungwuchs
Die Humusauflage beschreibt abgestorbene Pflanzen­ Verjüngungsflächen mit jungen Bäumen in einer Höhe
kompartimente in unterschiedlichen Zersetzungs- von 1,5 - 3 m. Diese Waldentwicklungsphase endet mit
und Transformationsstadien, die dem Mineralboden dem Eintritt des Kronenschlusses.
aufliegen. Die Humusauflage ist aus morphologisch
unterscheidbaren Lagen oder Horizonten zusammen- Kalamitätsholz
gesetzt. Je nach Mächtigkeit und Morphologie dieser Das im Rahmen von zufälligen bzw. ungeplanten Nut-
Lagen unterscheidet man die Humusformen Mull, zungen in Folge von Störungen (z. B. Windwurf, Bor-
Moder und Rohhumus und ihre Übergangs­ formen. kenkäfer, Feuer) geerntete Holz. Dabei handelt es sich
Die Mächtigkeit und ökologische Funktion der Humus­ größtenteils um Holz abgestorbener oder absterben-
auflagen hängt von abiotischen (Temperatur, Nieder- der Bäume. Das Holz kann je nach Art der Störung
schlag, Ausgangsgestein, Azidität) aber auch b
­ iotischen Beeinträchtigungen der möglichen Verwendungen
Steuergrößen (Baumarten, Bodenorga­nismen) ab. im Vergleich zu Frischholz aufweisen bis hin zur Un-
brauchbarkeit für bestimmte Verwendungsbereiche
Industrie 4.0 (z. B. gebrochenes Holz für Konstruktionsvollholz).
Marketingbegriff, der für ein „Zukunftsprojekt“ der
deutschen Bundesregierung steht. Wesentliche Be- Kalamitätsnutzung
standteile sind eingebettete Systeme sowie (teil-)au- Holznutzungen, die infolge höherer Gewalt (Sturm,
tonome Maschinen, die sich ohne menschliche Steu- Insekten, Eis-/Schneebruch, Trockenheit...) entstan-
erung in und durch Umgebungen bewegen und den sind.
selbstständig Entscheidungen treffen.
https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/ Kaskadennutzung
industrie-40-54032 Nutzung eines Rohstoffs über mehrere Stufen. Auf
diese Weise soll eine besonders nachhaltige und effizi-
Interzeption ente Ressourcennutzung sowie eine Einsparung beim
Vorgang, bei dem Niederschlag durch den Benetzungs- Einsatz von Rohstoffen erreicht werden. Rohstoffe
effekt von der Vegetation (Kronendach, Streuschicht) oder daraus hergestellte Produkte werden so lange
aufgefangen und vorübergehend gespeichert wird. wie möglich im Wirtschaftssystem genutzt.
Dieser Niederschlagsanteil gelangt zum größten Teil https://de.wikipedia.org/wiki/Kaskadennutzung
durch Verdunstung (Interzeptionsverdunstung) in die
Atmosphäre zurück, ohne den Erdboden zu erreichen. Klimaanpassung
https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/ Anpassung von natürlichen oder anthropogen gesteu-
interzeption/7668 erten Systemen an den Klimawandel mit dem Ziel die
Resistenz und Resilienz dieser Systeme gegenüber den
Invasive Arten Folgen des Klimawandels sowie deren zur Resilienz
Pflanzen- und Tierarten, die sich in einem Gebiet beitragenden dynamische Reaktionsfähigkeit auf den
außerhalb ihres bisherigen Areals und von diesem Klimawandel zu erhöhen.
durch Barrieren getrennt spontan ausbreiten und na-
türliche Ökosysteme beeinträchtigen. Die Überwin- Klimaprojektion
dung der Ausbreitungsbarrieren gelingt vor allem Berechnung des zukünftigen Klimas anhand von Kli-
mithilfe von Transportmitteln des Menschen auf Ver- mamodellen und Szenarien, die auf unterschiedlichen
kehrs- und Handelswegen. Haben sich invasive Arten Annahmen zur zukünftigen Konzentration der Treib-
in einem neuen Gebiet etabliert, werden sie als Neo- hausgase beruhen. Die Ergebnisse sind daher keine
phyten bzw. Neozoen bezeichnet. Prognosen.
https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/ https://www.dwd.de/DE/forschung/klima_umwelt/
invasive-arten/3864 klimaprojektionen/klimaprojektionen_node.html

Jungbestandspflege Künstliche Verjüngung


Pflegemaßnahmen in jungen Waldbeständen bis ca. Ausbringen von Samen oder Pflanzen durch den Men-
12 m Baumhöhe z. B. für einen gleichmäßigen Auf- schen zur Begründung eines Waldbestandes.
wuchs, dem Schutz vor Schäden, der Mischungsregu-
lierung, der Stammzahlreduzierung oder Zurückdrän-
gung bzw. Entfernung qualitativ schlechter Bäume.
Diese Waldentwicklungsphase endet mit dem Beginn
der Durchforstungen.

187
Glossar

Kurzumtriebsplantage Multifunktionalität der Wälder


Anpflanzung schnell wachsender Bäume auf land- Sie basiert auf der Mehrzwecknutzung der vorhande-
wirtschaftlichen Flächen mit dem Ziel, innerhalb nen Waldressourcen und ihrer ökologischen Funkti-
eines kurzen Produktionszeitraums (ca. 3 - 10 Jahre) onen. Das Prinzip der Multifunktionalität ist auf eine
holzige Biomasse zu erzeugen. Die Verjüngung erfolgt nachhaltige Waldbewirtschaftung ausgerichtet, die
über Stockausschlag. Sie ist kein Wald im Sinne des ökologische, wirtschaftliche und soziale Faktoren
Bundeswaldgesetzes. berücksichtigt.

Leakage-Effekt Nährstoffnachhaltigkeit
Ein Begriff aus dem Klimaschutz, der sich auch die Nachhaltige Nutzung von Wäldern im Hinblick auf
Verlagerung von Emissionen bezieht. Carbon Leakage das Nährstoffangebot des Bodens. Meist wird dar-
liegt vor, wenn die Treibhausgasemissionen in einem unter verstanden, dass die Menge der anthropogen
Land ansteigen, weil ein anderes Land mit einer stren- entfernten Nährstoffe nicht größer ist als die Nach-
gen Klimapolitik die Emissionen reduziert. Dies hat lieferung mit dem Niederschlag und durch die Ge-
zum Ergebnis, dass netto keine Emissionen reduziert steinsverwitterung. Neuere Untersuchungen deuten
werden oder die Emissionen sogar ansteigen. jedoch darauf hin, dass die Betrachtung nicht nur die
https://en.wikipedia.org/wiki/Carbon_leakage Mengenbilanz der Nährstoffe sondern auch die an
der Waldernährung beteiligten natürlichen Prozesse
Logistikkette der Nährstoffmobilisierung und Immobilisierung ein-
Die Logistikkette bezeichnet die Gesamtheit aller nö- schließen muss.
tigen Geschäftsaktivitäten, damit ein Produkt seinen
Weg vom Hersteller bis zum Endkunden findet. Dazu Nasslagerung
zählen sämtliche logistische sowie produktionstechni- Methode zur Zwischenlagerung von eingeschlagenem
sche Prozesse der einzelnen Glieder (beteiligte Unter- Holz, bei dem die Baumstämme zur Konservierung
nehmen) einer Wertschöpfungskette. und Erhalt wichtiger Holzeigenschaften künstlich be-
https://logistikknowhow.com regnet werden. Nasslagerung wird in der Regel ver-
wendet um ungünstige Marksituationen für die Ver-
LULUCF käufer von Rohholz zeitlich zu überbrücken.
„Land Use, Land Use Change and Forestry“ = „Landnut-
zung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ Ökologische Stabilität
wird vom Klimasekretariat der Vereinten Nationen Fähigkeit von Ökosystemen, exogene Belastungen und
definiert als ein „Sektor des Treibhausgasinventars, Störungen zu tolerieren.
der die Emissionen und den Abbau von Treibhausga-
sen erfasst, die sich aus der direkten, vom Menschen Ökosystemfunktion
verursachten Landnutzung ergeben, z. B. durch Sied- Das Funktionieren eines Ökosystems spiegelt die kol-
lungen und gewerbliche Nutzung, Landnutzungsän- lektiven Lebensaktivitäten von Pflanzen, Tieren und
derungen und forstwirtschaftliche Aktivitäten Mikroben und die Auswirkungen dieser Aktivitäten
(UN 2021, Glossary of climate change acronyms and (z. B. Ernährung, Wachstum, Fortbewegung, Ausschei-
terms, https://unfccc.int/process-and-meetings/ dung von Abfallstoffen) auf die physikalischen und
the-convention/glossary-of-climate-change-acronyms- chemischen Bedingungen ihrer Umwelt wider. Öko-
and-terms#l, letzter Zugriff am 14.08.2021. systemfunktionen (manchmal auch als Ökosystem-
prozesse oder ökologische Prozesse bezeichnet) sind
Meta-Analyse ein integraler Bestandteil der biologischen Vielfalt
Eine Meta-Analyse ist eine Form von systematischem und können daher im weitesten Sinne als die biolo-
Review. Sie bezieht sich auf die statistische Analyse der gischen, geochemischen und physikalischen Prozesse
Daten aus unabhängigen Primärstudien, die sich mit definiert werden, die in einem Ökosystem ablaufen
derselben Frage befassen, um eine quantitative Schät- oder auftreten.
zung des untersuchten Phänomens, z. B. der Wirksam- https://geobon.org/ebvs/working-groups/
keit der Intervention, zu erhalten. ecosystem-function/
Gopalakrishnan, S., & Ganeshkumar, P. (2013).
Systematic reviews and meta-analysis: understanding
the best evidence in primary healthcare. Journal of
Family Medicine and Primary Care, 2(1), 9.

188
Glossar

Ökosystemleistung Prestoration
Abgekürzt ÖSL, engl. ecosystem service, Ökosystem- Restauration, die darauf abzielt, die zukünftige Funk-
dienstleistung bezeichnet direkte und indirekte Bei- tionsfähigkeit der Ökosysteme unter den Bedingungen
träge von Ökosystemen zum menschlichen Wohl- des Klimawandels durch geeignete Baumarten(kom-
ergehen, das heißt Leistungen und Güter, die dem binationen) und Strukturen zu gewährleisten
Menschen einen direkten oder indirekten wirtschaft-
lichen, materiellen, gesundheitlichen oder psychi- Produktionszeit
schen Nutzen bringen. In Abgrenzung zum Begriff Die Lebensdauer von Bäumen in Wirtschaftswäldern
Ökosystemfunktion entsteht der Begriff Ökosystem- von der Verjüngung bis zum Erreichen der gewünsch-
leistung aus einer anthropozentrischen Perspektive ten Dimensionen (Zielstärke).
und ist an einen Nutzen des Ökosystems für den Men-
schen gebunden. PSM
https://www.ufz.de/teebde/index.php?de=43784 Pflanzenschutzmittel, die zum Schutz von Nutzpflan-
zen und deren Produkte eingesetzt werden. Dazu zäh-
Perzentilwert len Insektizide, Fungizide, Rodentizide und Herbizide.
Lagemaß aus der Statistik. Durch die Perzentile wird
ein der Größe nach geordneter Datensatz in 100 um- Quarantäneschadorganismus
fangsgleiche Teile zerlegt. Für das 20 % Perzentil be- Schadorganismus von potentiell wirtschaftlicher Be-
deutet das zum Beispiel, dass 20 % der Werte unter- deutung für das durch ihn gefährdete Gebiet, der in
halb oder gleich dieses Perzentils liegen. diesem Gebiet noch nicht vorkommt oder zwar schon
https://www.dwd.de vorkommt, aber nicht weit verbreitet ist und amtli-
chen Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen
Phänologie unterliegt.
Die Phänologie befasst sich mit den im Jahresablauf Bundesgesetzblatt zur Novelle des Pflanzenschutzgetzes
periodisch wiederkehrenden Entwicklungserschei- 2004: Jahrgang 2004 Teil II Nr. 26, Seite 1159
nungen in der Natur. Für einen phänologischen Kalen-
der werden charakteristischen Entwicklungsstadien Renaturierung
wie Blüte oder Blattaustrieb typischer phänologischer Wiederherstellung von naturnahen Lebensräumen
Zeigerpflanzen verwendet. aus kultivierten, genutzten Bodenoberflächen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ph %C3 %A4nologie https://de.wikipedia.org/wiki/Renaturierung

Phänotyp Resilienz
Phänotyp oder Erscheinungsbild ist in der Genetik Fähigkeit von sozialen, Wirtschafts- oder Umweltsys-
die Menge aller Merkmale eines Organismus. Er be- temen, ein gefährliches Ereignis bzw. einen solchen
zieht sich nicht nur auf morphologische, sondern auch Trend oder eine Störung zu bewältigen und dabei der-
auf physiologische Eigenschaften und ggfs. auf Ver- art zu reagieren bzw. sich zu reorganisieren, dass ihre
haltensmerkmale. Der Phänotyp wird durch das Zu- Grundfunktion, Identität und Struktur erhalten blei-
sammenwirken von Erbanlagen und Umweltfaktoren ben und sie sich gleichzeitig die Fähigkeit zur Anpas-
(Modifikation) bestimmt. sung, zum Lernen und zur Transformation bewahren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ph %C3 %A4notyp IPCC (2013/14)

Phytophage Insekten Resistenz


Allgemein Insekten, die sich von lebendem Pflanzen- Die Widerstandsfähigkeit von Organismen, Ökosyste-
gewebe (zum Teil auch von abgestorbenen Pflanzen- men gegenüber Stress und Störungen.
teilen) ernähren.
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/ Risikomanagement
phytophagen/51682 Management von Unternehmensrisiken durch deren
Identifikation, Analyse, Quantifizierung, Aggrega-
Polterspritzung tion, Beurteilung, Kommunikation und abschließende
Einsatz von Borkenkäfer-Insektiziden zur Verhinde- Risikobewältigung.
rung eines Befalls lagernden Holzes https://de.wikipedia.org/wiki/Risikomanagement

189
Glossar

Rohholz Standortangepasst
Zusammenfassender Begriff für gefällte Bäume und Beschreibt die Eigenschaft von Pflanzen, an die abio-
die daraus gefertigten Verwertungssorten vor dem in- tischen Umweltbedingungen des Standortes (Klima,
dustriellen Einsatz. Boden, Ausgansgestein) aber auch die biologischen
https://landeszentrumwald.sachsen-anhalt.de Bedingungen, die von den Umweltbedingungen beein-
flusst werden (Schadorganismen, Bodenorganismen)
Rundholz durch evolutive Prozesse angepasst zu sein.
Geschlagene Stämme nach Entfernung der Äste; meist
nach handelsüblichen Gebräuchen in bestimmte Län- Standortheimische Baumart
gen abgeschnitten und so zu Sortimenten gemacht. Baumart, deren jeweiliger Wuchsstandort sich im na-
https://landeszentrumwald.sachsen-anhalt.de türlichen Verbreitungsgebiet der betreffenden Art be-
findet oder in der Nacheiszeit befand.
Sägeholz
Spezielles, höherwertiges Holzsortiment mit stär- Standortaufnahme
keren Durchmessern; oft Produktionsziel in der Die forstliche Standortsaufnahme umfasst die Erfas-
Waldbewirtschaftung. sung, Bewertung und Darstellung aller für die Exis-
tenz von Waldökosystemen relevanten physikalischen
Schadholz und chemischen Eigenschaften ihrer Umwelt. Für die
Bei Störungen anfallendes Holz, das im Vergleich zu Erfassung ist es zunächst unerheblich, ob diese Um-
Frischholz entweder bereits durch den Störungsein- weltmerkmale von Natur gegeben sind oder von der
fluss hinsichtlich seiner Verwendung an Qualität ein- Tätigkeit des Menschen beeinflusst oder bestimmt
gebüßt hat (z. B. Bruchholz oder Sturmholz), oder werden. Die Kenntnis der Umweltbedingungen, denen
rasch entwertet werden kann (z. B. Käferholz). die Waldökosysteme unterliegen, ist Voraussetzung
für ein zielorientiert ressourcenschonendes, nachhal-
Schadorganismus tiges und rationelles Management der Wälder.
Lebewesen (z. B. Insekt, Nagetier, Unkraut, Pilz oder Michiels (2015)
Virus), das eine schädliche Wirkung auf Pflanzen und/
oder deren Produkte ausübt (EFSA 2021, https://www. Standortseignung
efsa.europa.eu/de/glossary/pest). Im Kontext dieses Die Fähigkeit von Baumarten, unter den jeweiligen
Gutachtens kann der Begriff erweitert werden auf sol- Standortseigenschaften zu wachsen. In den Konzep-
che Lebewesen, die die Bereitstellung von Ökosystem- ten zur Baumarteneignung wird zusätzliche die Stand-
leistungen beeinträchtigen. ortspfleglichkeit berücksichtigt, die den Einfluss der
Baumarten auf die Bodeneigenschaften beschreibt.
Schwachholz
Stämme von geringem Durchmesser, die in der Regel Starkholz
nicht mehr von der Sägeindustrie verwendet werden Baumstämme mit einem Brusthöhendurchmesser
können. Die Durchmessergrenze ist je nach Baumart (BHD) ab ca. 50 cm .
unterschiedlich. Zum Schwachholz im weitesten Sinn
zählen auch starke Äste von Laubbäumen oder das Stoffliche Holznutzung
Kronenholz von Nadelbäumen. Nutzung von Holz für die Herstellung von Halbwaren.
Zu den stofflichen Nutzern zählen vor allem die Sä-
Senkenleistung geindustrie, die Holzwerkstoffindustrie und die Holz-
Die Leistung (der Waldökosysteme) CO2 zumindest stoff- und Zellstoffindustrie.
mittelfristig zu speichern, beispielsweise in mehrjäh- forst.fnr.de
rigen Biomassekompartimenten oder in der organi-
schen Bodensubstanz. Störung großflächig
Ereignis auf großer Fläche, das eine Änderung der Bio-
Stammholz masse oder anderer messbarer Parameter eines Öko-
Langholz einschließlich Langholzabschnitte und systems zur Folge hat. Im Wald wird es vorwiegend
Schwellen, außer Stangen- und Industrieholz lang. durch Sturmwurf oder Kahlschlag hervorgerufen.

Substitution
Ersatz eines Grundstoffes durch andere Stoffe.

190
Glossar

Synergien Vermehrungsgut
Beschreibt das Zusammenwirken verschiedener hier forstliches Vermehrungsgut: Saatgut (aus Zapfen,
Kräfte zu einer Gesamtleistung. Häufig wird erwartet, Früchte und Samen), Pflanzenteile (Stecklinge, Ex-
dass diese Gesamtleistung höher liegt als die Summe plantate und Embryonen) sowie Pflanzgut aus Saat-
der Einzelleistungen. gut oder Pflanzenteilen angezogene oder aus Natur-
verjüngung gewonnene Bäume und Sträucher.
Testbetriebsnetz Forst
Zentrale Datenquelle zur Beurteilung der wirtschaftli- Vertragsnaturschutz
chen Lage der deutschen Forstwirtschaft. Es nehmen Strategie der Naturschutzbehörden, die Kulturland-
Forstbetriebe des Privat-, Körperschafts- und Staats- schaft oder bestimmte Lebensräume für Tiere und
waldes ab 200 ha Waldfläche auf freiwilliger Basis teil. Pflanzen im freiwilligen Zusammenwirken mit den
https://www.bmel-statistik.de Grundstücksbesitzern zu erhalten. Sie stellen für den
Vertragszeitraum eine angepasste Nutzung einer Flä-
Toleranz che im Sinne des Naturschutzes sicher und ergän-
Fähigkeit eines Systems, Störungen zu tolerieren. zen naturschutzrechtliche Verbote, Anzeige- und
Bewilligungspflichten.
Triade https://de.wikipedia.org/wiki/Vertragsnaturschutz
Gruppe aus drei Einheiten
Vitalität von Bäumen
Trupppflanzung Ein maßgebliches Kriterium bei Waldschadensinven-
Bei dieser Art von gruppenweiser Pflanzung werden turen. Zur Beurteilung der Vitalität wird häufig der
ca. 15 – 20 Bäume in sogenannten Trupps in engen Ver- Kronenzustand (Belaubungsdichte und Blatt- oder
bänden mit ca. 1 m Abstand gepflanzt. Die Anzahl der Nadelverfärbungen) der Bäume herangezogen. Das
Trupps auf einer Fläche entspricht meistens der An- Wachstum oder physiologische Prozesse können als
zahl der Bäume im Endbestand. Dazwischen befinden weitere Indikatoren verwendet werden.
sich temporär Zwischenfelder mit spontaner Verjün-
gung oder einigen gepflanzten, dienenden Baumarten. Vorverjüngung
Die natürliche oder künstliche (Pflanzung oder Saat)
Umweltindikator Verjüngung von Bäumen in Waldbeständen vor Be-
Methodisches Konstrukt, das auf messbare Ersatzgrö- ginn der Erntephase. Für eine erfolgreiche Vorverjün-
ßen zurückgreift, um einen ansonsten schwer greifba- gung unter dem Schirm des Hauptbestandes sind in
ren Umwelt-Sachverhalt zu beschreiben. der Regel nur solche Baumarten geeignet die wenigs-
https://de.wikipedia.org/wiki/Umweltindikator tens ebenso schattentolerant sind als die Baumarten
des Hauptbestandes.
Urproduktion
Primärer Sektor in einer sektoralen Wirtschaftsstruk- Vorwald
tur neben dem sekundären Sektor (Industrie, Hand- Begründung oder Verwendung bereits vorhandener
werk und Baugewerbe) und dem tertiären Sektor Pionierbaumarten auf freigelegten Waldflächen zur
(Dienstleistungen und Staates). Befasst sich mit der besseren Etablierung der Verjüngung mit schatten-
Gewinnung von rohen Naturprodukten (Grundstof- toleranten Baumarten späterer Sukzessionsphasen
fen, Rohstoffen) aus Land- und Forstwirtschaft, Jagd, („Zielbaumarten“). Letztere sind in der Regel weniger
Fischerei und auch dem Bergbau. stresstolerant (z. B. Spätfrost, Hitze) und ihre Etablie-
rung wird daher durch den lockeren Schirm eines Vor-
Verbreitungsgrenze waldes begünstigt.
Grenze des Verbreitungsgebietes, oft auch Areal ge-
nannt, in dem eine bestimmte Pflanzen- oder Tierart Vulnerabilität
lebt und durch Beobachtungen festgestellt wurde. Neigung oder Prädisposition eines Systems, nachteilig
https://de.wikipedia.org/wiki/Verbreitungsgebiet betroffen zu sein. Vulnerabilität umfasst eine Vielzahl
von Konzepten und Elementen, wie unter anderem
Verjüngungszeitraum Empfindlichkeit oder Anfälligkeit gegenüber Schädi-
Geplanter oder effektiver Zeitraum in Jahren von der gung und die mangelnde Fähigkeit zur Bewältigung
Einleitung bis zur erfolgreichen Etablierung einer und Anpassung.
Verjüngung oder bis zur vollständigen Räumung des IPCC (2013/14)
Altbestandes.

191
Glossar

Waldentwicklungstyp
Waldentwicklungstypen umfassen Waldbestände mit
vergleichbarem waldbaulichen Ausgangszustand
und vergleichbarer Zielsetzung. Sie beschreiben die
zweckmäßigsten Verfahren zur Erreichung dieser
Zielsetzung unter Beachtung der Funktionenvielfalt
des Waldes.
Landesbetrieb Forst Baden-Württemberg (2014)
Richtlinie landesweiter Waldentwicklungstypen.
Stuttgart.

Waldkrankheit
Jede schädliche Abweichung, die durch einen dau-
erhaften Erreger verursacht wird und die normalen
Funktionen von Bäumen beeinträchtigt. Typische Pa-
thogene, die Waldkrankheiten verursachen sind Pilze,
Bakterien, Phytoplasmen und Viren.

Waldschutz
Waldschutz (auch Forstschutz) umfasst alle Maßnah-
men der Waldbewirtschaftung zum Schutz von Be-
ständen und Wäldern vor Schäden, die zu Beeinträch-
tigungen der Bereitstellung von Ökosystemleistungen
des Waldes führen.

Waldumbau
Die waldbauliche Umgestaltung der Wälder, um die
Erreichung der Bewirtschaftungsziele zu verbessern.
In der Regel ist der Waldumbau mit einer Veränderung
der Baumartenzusammensetzung und häufig auch
mit einer Umgestaltung der Waldstruktur verbunden.
Der ökologische Waldumbau zielt in der Regel auf die
Umwandlung von Nadelholzreinbeständen und Ent-
wicklung von ungleichaltrigen Mischbeständen ab.
Angesichts der Herausforderung der Anpassung der
Wälder an den Klimawandel kommt in Zukunft ins-
besondere dem Baumartenwechsel und der Entwick-
lung von gemischten Wäldern eine große Bedeutung
zu, nicht nur dort wo Nadelholzreinbestände die Aus-
gangslage sind.

Waldzustandserfassung
Teil des Forstlichen Umweltmonitorings. Jährliche Er-
hebung des Kronenzustandes und der Blatt- oder Na-
delverfärbung zur Beurteilung der Vitalität fest mar-
kierter Probebäume.

Wertschöpfungskette
Stellt die Stufen der Produktion als eine geordnete Rei-
hung von Tätigkeiten dar. Diese Tätigkeiten schaffen
Werte, verbrauchen Ressourcen und sind in Prozessen
miteinander verbunden.

192
Wissenschaftlicher Beirat
für Waldpolitik

Der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik (WBW) berät und unterstützt die Bundesregie-
rung bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der
Wälder. Er ist mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener wissenschaftlicher Fachdiszi-
plinen besetzt, die die gesellschaftlichen Anforderungen an den Wald widerspiegeln.

Aufgabe des Beirats ist es, die Ziele und Grundsätze der nationalen und internationalen Wald-
politik zu prüfen. Er unterbreitet Vorschläge für die Weiterentwicklung der waldpolitischen
Rahmenbedingungen. Darüber hinaus bemüht er sich um einen Ausgleich zwischen den ver-
schiedenen gesellschaftlichen Ansprüchen an den Wald und fördert den wissenschaftlichen
Diskurs über eine nachhaltige, multifunktionale Bewirtschaftung der Wälder. Auch werden von
ihm Zustände diskutiert und bewertet, Impulse bei Veränderungsbedarf gegeben und Initiati-
ven aus unterschiedlichen Wissenschafts- und Gesellschaftsbereichen aufgegriffen. Die Politik
berät er hauptsächlich durch Gutachten und Stellungnahmen.

ISBN 978-3-00-070408-6

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