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Malte Mienert

Heidi Vorholz

Gespräche mit Eltern


Entwicklungs-, Konflikt- und
Informationsgespräche

1. Auflage

Bestellnummer 50086
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Bildungsverlag EINS
Sieglarer Straße 2, 53842 Troisdorf

ISBN 978-3-427-50086-5

© Copyright 2007: Bildungsverlag EINS GmbH, Troisdorf


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Titelfoto: Project Photos, Augsburg


Illustrationen: Cornelia Kurtz
2 Die Grundlagen von
Elterngesprächen im
Kita-Alltag
Eine Familie hat seit einigen Wochen mit vermehrten Schwierigkeiten zu kämpfen.
Seitdem der Vater in der Stadt seinen Arbeitsplatz verloren hat und nun täglich
zum Pendeln gezwungen ist, hat besonders die Mutter versucht, das Familienleben
neu zu organisieren. Seit einer Woche ist nun auch die Mutter unter Druck geraten.
Ihr Arbeitgeber hat sie aufgefordert, die Wochenstundenzahl von 20 auf 30 zu
erhöhen. Ihren Hinweis auf die angespannte familiäre Situation tat der Arbeitgeber
mit der Bemerkung ab, dass die Kinder doch bereits aus dem Gröbsten heraus
seien. Trotz dieser Schwierigkeiten versucht die Familie, ihren Kindern weiterhin
viel Zeit und Zuwendung zu geben. In der Kita bleibt diese Veränderung nicht
unbemerkt. Der Jüngste (3) streitet sich häufiger als bisher mit den Spielkamera-
den. Einige Mütter beschweren sich darüber bei der Erzieherin, die daraufhin die
Mutter zum Elterngespräch einlädt. Nach dem Gespräch berichtet die Mutter
einer guten Freundin: „Die Erzieherin hat mir zunächst viele positive Dinge über
meinen Sohn erzählt. Ich hatte aber die ganze Zeit das Gefühl, das dicke Ende
kommt noch. Irgendetwas wollte sie mir sagen, aber sie druckste nur herum.
Schließlich kam sie, weil ich darauf bestand, auf die Situation in der Gruppe zu
sprechen. Eltern hätten sich über meinen Jungen beschwert. Sie könne mir nur den
gut gemeinten Rat geben, ich solle mich doch endlich mal wieder mehr um meinen
Sohn kümmern. Da hab ich angefangen zu weinen.“

2.1 Allgemeines zu Elterngesprächen


Nicht alle Alltagsgespräche gelingen

Kennen Sie diese oder ähnliche Situationen?


Ein gut geplantes Gespräch, lang und gründ-
lich vorbereitet, funktioniert nicht so, wie
man es sich vorgestellt hat, und im Nachhin-
ein weiß keiner mehr, was sich genau abge-
spielt hat. Zurück bleiben ein ungutes Gefühl
auf beiden Seiten und manchmal auch das
Bedürfnis, dem anderen Gesprächspartner
erst einmal ein paar Tage aus dem Weg zu
gehen. Das ist eine für alle unbefriedigende
Situation. Es wurde zwar alles gesagt, aber
keiner weiß, wie er mit den benannten Tat-
sachen umgehen soll.
Elterngespräche sind schwierig, weil beide
Seiten unsicher sind und jeder ganz
bestimmte Vorstellungen und Erwartungen
von und an den anderen hat; da diese jedoch
selten formuliert werden, können Häufiger als sonst kommt es zum
komplizierte Missverständnisse entstehen. Streit.

Die Grundlagen von Elterngesprächen im Kita-Alltag 20


Wie hätte das Gespräch in unserem Eingangsbeispiel gelingen können?
쮿 Vielleicht hätte das Gespräch eine andere Wendung genommen, wenn die
Erzieherin die Mutter einfach gefragt hätte, wie es ihr gerade geht. Vielleicht
hätte die Mutter ihr dann tatsächlich anvertraut, wie es in ihr aussieht.
쮿 Vielleicht hätte die Erzieherin die Mutter auch nach den Gefühlen fragen sollen,
die sie gerade in Bezug auf die Kita hat.
쮿 Vielleicht wäre es am besten gewesen, die Mutter zu fragen, was ihr Sohn
momentan zu Hause von der Kita erzählt.

Es gibt zahlreiche weitere Möglichkeiten, an dieses Gespräch heranzugehen. Im


Nachhinein die „richtige“ Lösung für eine nicht gelungene Gesprächssituation
zu finden, ist nahezu unmöglich. Dieses Beispiel mit seinen unterschiedlichen
Lösungswegen verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich vor den Elterngesprächen
Gedanken darüber zu machen, wie Gespräche verlaufen können und was es dabei
zu beachten gilt. Dafür ist theoretisches Wissen über die Grundlagen von Kommu-
nikation und Gesprächsführung hilfreich. In den folgenden Abschnitten sollen Sie
sich mit solchen Grundlagen von Gesprächsführung auseinandersetzen, um sie für
sich nutzen zu können.

Gesprächsführung ist nichts „Zusätzliches“

Gemeinsame Gespräche zwischen Erzieherinnen und Eltern sind keine zusätzliche


pädagogische Arbeit, sondern die notwendige Grundlage jeder partnerschaftlichen
Zusammenarbeit mit Eltern. Sie sollen also nicht „mehr“ Gespräche mit Eltern
führen, sondern die Gespräche, die Sie mit Eltern führen, besser vorbereiten, ver-
stehen und nachvollziehen können. Sie werden merken, Ihre Arbeit reduziert sich
dadurch sogar. Ein funktionierender Dialog mit den Eltern macht auch die Arbeit
mit den Kindern erheblich leichter.

2.1.1 „Warum reden wir aneinander vorbei?“


Sie werden in den nächsten Abschnitten viele alltägliche Erfahrungen aus Ihrer
Praxis wiederfinden, die wir durch theoretische Passagen ergänzen möchten.
Gute Theorien helfen uns dabei, den Alltag besser zu verstehen. Theorien zur
Gesprächsführung verdeutlichen uns, wie Gespräche funktionieren und warum
sie manchmal auch schiefgehen können. Manches davon wird Ihnen sehr alltags-
nah und praktisch erscheinen. Lassen Sie sich aber auch nicht abschrecken, wenn
Ihnen die Theorie zur Gesprächsführung etwas empfiehlt, was Ihrem „Bauchge-
fühl“ zunächst gar nicht entspricht. „Bauchgefühl“ und Gesprächsführungstheorie
können sich wunderbar ergänzen, wenn beides gründlich durchdacht ist.

„Bauchgefühl“ gegen trockene „Theorie“

Natürlich ist es nicht falsch, sich auf sein Bauchgefühl zu verlassen. Jeder Mensch
erhält oft ganz wichtige Impulse für sein Handeln aus der eigenen Intuition heraus.
Es ist also nicht unbedingt das schlechteste Vorgehen in einem Elterngespräch.
Aber manchmal kann ein solches Gespräch eben auch anders verlaufen als geplant,
und spätestens dann kann das Wissen um zusätzliche Handlungskompetenzen in
der Gesprächsführung sehr hilfreich sein. Ihr eigenes Bauchgefühl können Sie
anhand unserer Ausführungen selbst überprüfen. Darüber hinaus sollen die folgen-
den Abschnitte Ihnen Gesprächsalternativen nahebringen, die Sie dazu anregen,
in konkreten Gesprächssituationen neue Vorgehensweisen in Betracht zu ziehen.
Zudem dienen die im Folgenden aufgeführten Gesprächsgrundlagen einer all-
gemeinen Professionalisierung Ihrer Gespräche mit Eltern und soll Sie zu echten
„Elterngesprächsprofis“ machen. Zu Beginn ist es durchaus sinnvoll, sich ver-
schiedene Fragen zu stellen:

2.1 Allgemeines zu Elterngesprächen 21


Was ist eigentlich „Gesprächsführung“?

Als Gesprächsführung bezeichnen wir das gewählte Vorgehen, um innerhalb eines


Gesprächsprozesses mit einer anderen Person in Kontakt zu kommen. Die einzelne
Person wählt auf Grund ihres Vorwissens, ihrer Erfahrungen und ihrer Handlungs-
kompetenz unterschiedliche Methoden und Vorgehensweisen aus, um diesen
Kommunikationsprozess zu beginnen und zu befördern.

In dieser Begriffsbestimmung sind die wesentlichen Dinge angesprochen, die 왘 Gespräche müssen
uns in dieser Handreichung gemeinsam beschäftigen sollen. Es wird um Ge- „geführt“ werden.
sprächsprozesse gehen, in denen verschiedene Personen im Kontakt zueinander Im Gegensatz zu Alltagsge-
stehen. Für diese Gesprächsprozesse werden unterschiedliche Gesprächsmetho- sprächen bedürfen Elternge-
den eingesetzt. Diese Methoden sollen dazu dienen, die Kommunikation in Gang spräche einer aktiven Führung
durch die Erzieherin. In den
meisten Fällen leiten Sie das
zu setzen und aufrechtzuerhalten. Welche Methoden dabei verwendet werden,
Gespräch ein, halten es auf-
ist von den beteiligten Personen abhängig. Und damit ist schon wieder ein neuer
Begriff aufgetaucht, der mit einer weiteren Frage verbunden ist: recht und schließen es ab.
Lassen Sie Gespräche nicht
einfach so geschehen. Über-
nehmen Sie die Führungsrolle
im Gespräch ganz bewusst
Was ist denn nun „Kommunikation“?
und gut durchdacht.
Der Begriff „Kommunikation“ taucht in ganz unterschiedlichen Ausprägungen in
der Technik, in der Natur und im Zusammenleben von Menschen auf. Von beson-
derer Bedeutung für uns ist der letzte Aspekt – Kommunikation im Zusammenle-
ben von Menschen. Hier gilt Folgendes:

Als Kommunikation bezeichnen wir das Übermitteln von Informationen zwischen


einem Sender und einem Empfänger. Kommunikation ist somit ein wechselseitiger
Austausch und das gemeinsame Verfertigen von Ideen und Gedanken in Sprache,
Gestik, Mimik, Schrift oder Bild.
Kommunikation zwischen Menschen hat die Ziele, aufmerksam zu machen,
Informationen und Wissen zu vermitteln sowie Partnerschaften und Beziehungen
zu begründen.

Wozu brauchen Sie im Alltag der Kindertagesstätte


Wissen über Gesprächsführung und Kommunikation?

Ihr beruflicher Alltag hat sich in den letzten Jahren massiv verändert, die Arbeit 왘 Wer fragt, führt.
mit Eltern und Familien wird zunehmend wichtiger und intensiver. Sie sind wahr- In den meisten Gesprächen ist
scheinlich Erzieherin geworden, weil Sie mit Kindern arbeiten wollten. Genau in leicht zu erkennen, wer führt
diesem Punkt hat sich Ihr Beruf jedoch am stärksten gewandelt: und wer geführt wird:
Gespräche mit Eltern, die aktive Auseinandersetzung mit ihren unterschiedlichen Gesprächsführer ist immer
derjenige, der die meisten
Fragen stellt und Antworten
Lebensrealitäten und das Miteinbeziehen der Eltern in den Kita-Alltag haben das
erwartet. Nutzen Sie dieses
Berufsbild der Erzieherin verändert. Von Ihnen wird erwartet, sich in immer neue,
unterschiedliche Gesprächsprozesse mit Eltern zu begeben. Wissen für sich, wenn Ihnen
Das bedeutet für Sie aber auch, nicht abzuwarten, sondern aktiv die Kommunika- eine Gesprächsführung zu ent-
tion mit den Eltern zu suchen. Als Erzieherin sind Sie schließlich die Fachfrau für gleiten droht. Agieren Sie
eine professionelle Kommunikation mit den Eltern, die wiederum Experten für ihre durch aktives Fragen, statt
Kinder sind. durch Antworten nur zum
Reagieren gezwungen zu sein.

Was bedeutet dies konkret für den Alltag in der Kita?

Sie suchen aktiv den Kontakt mit Eltern, führen unterschiedliche Gespräche mit
ihnen über ihre Kinder, ihren Familienalltag und ihre Erziehung. Das können z. B.
Entwicklungsgespräche sein, die auch in den Orientierungs- und Bildungsplänen
genannt werden und von uns an anderer Stelle ausführlich behandelt werden

Die Grundlagen von Elterngesprächen im Kita-Alltag 22


(siehe Kapitel 2.7). Bei dieser Gesprächsform ergreifen Sie gegenüber den Eltern
왘 Der Begriff der
die Initiative, um mit ihnen über ihr Kind zu sprechen. „Professionalität“
Professionalität ist das, was
Professionalität bedeutet nicht, dass Sie sich nur nach den Bedürfnissen der Eltern
richten sollen, sondern dass Sie mit den Eltern immer im Gespräch über ihre Fachleute von Laien unter-
Kinder bleiben und gemeinsam das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen. scheidet. Profis haben eine
Professionalität bedeutet z. B., in einem Gespräch die Rollen klar zu definieren: systematische Ausbildung
Sie sind die Fachfrau für eine professionelle Kommunikation mit Eltern! Eltern absolviert, sie machen die
können hier Fehler machen, denn Pädagogik, Kommunikation und professionelle Arbeit in der Regel gegen
Gesprächsführung gehören nicht zu den elterlichen Grundkompetenzen. Ihre Bezahlung, und es wird von
ihnen erwartet, dass sie die
Arbeit besser/anders verrich-
Professionalität zeigt sich darin, dass sie das eigene Kind kennen und lieben und
ten als Amateure. Mitunter
Experten für ihr Kind sind.
Behalten Sie deshalb die Ruhe und reagieren Sie gelassen, wenn Eltern in einer wird Professionalität auch
Gesprächssituation einen Fehler machen oder über das Ziel hinausschießen. Leuten zugesprochen, die
Machen Sie sich immer wieder klar, dass Eltern Sie in den meisten Fällen nicht persön- etwas perfekt können, auch
lich angreifen wollen, sondern immer nur das „Beste“ für ihr Kind möchten. Als Erzie- wenn sie dazu nicht ausge-
herin benötigen Sie hier ein fundiertes Wissen über Gesprächsführung und Kommuni- bildet sind.
kation, um einerseits Ihre eigenen Grenzen deutlich zu machen, aber um andererseits
auch solche durchaus schwierigen Gespräche sicher und reflektiert führen zu können.
왘 „Sie tun es nicht,
um uns zu ärgern.“
Was bedeutet es, sich mit einer Gesprächsführungstheorie Eltern haben tausend Gründe,
auseinanderzusetzen? warum sie sich gerade so ver-
halten – schwierig, störrisch,
unangepasst, anmaßend oder
auch zuvorkommend und
Sich mit einer Gesprächsführungstheorie auseinanderzusetzen, bedeutet zunächst,
hilfsbereit. Einen Grund
dass wir unsere Alltagspraxis überprüfen und mitunter auch selbstkritisch in Frage
stellen müssen. Eine solche Überprüfung des eigenen Verhaltens verunsichert in haben sie jedoch sicher nicht –
der Regel erst einmal jeden. die Erzieherin persönlich
Zu einer Überprüfung des eigenen Verhaltens zählt zum Beispiel, ärgern zu wollen. Der Blick
쮿 viele der leicht dahin gesagten Bemerkungen einmal kritisch unter die Lupe zu der Eltern ist eben nur auf das
nehmen. eigene Kind gerichtet!
왘 „Frau D., Ihr Sohn hat in letzter Zeit aber ordentlich an Gewicht zugelegt.“
왘 „Herr S., vertrauen Sie mir einfach, ich habe Erfahrung mit solchen Verhal-
tensweisen von Kindern.“
왘 „Bei uns wird immer noch gegessen, was auf den Tisch kommt.“
쮿 das, was Sie sagen, einmal kritisch zu durchleuchten und auf
seine Sinnhaftigkeit zu überprüfen.
„In unserer Einrichtung wird nach konstruktivistischem
Grundverständnis der Selbstbildungsprozess der Kinder durch
aktive Partizipation gefördert.“
„Mittagsschlaf braucht jedes Kind.“
왘 „Wenn Kinder nicht frühzeitig lernen, die Regeln einzuhal-
ten, ist ihre weitere Entwicklung gefährdet.“
쮿 das eigene Gesprächsverhalten kritisch zu reflektieren, genau
hinzuschauen, was in der entsprechenden Situation gesagt
wurde, dies zu überprüfen und möglicherweise Alternativen
zu entwickeln. Dabei kann ruhig etwas „Wortklauberei“ betrie-
ben werden, um manchen Dingen auf die Spur zu kommen.
왘 „Frau L., wir hatten uns darüber doch verständigt.“ Hatten
Sie sich wirklich „verständigt“? Waren Sie sich wirklich
einig? Oder haben Sie der Mutter lediglich mitgeteilt, was
Sie sich wünschen und ihr Einverständnis dabei stillschwei-
gend vorausgesetzt?
쮿 zu vermeiden, sich jedes Problem persönlich anzueignen, d. h.
jede Aussage der Eltern als direkte Aufforderung zu verste- „In unserer Einrichtung wird nach konstruktivisti-
hen, sofort tätig zu werden. schem Grundverständnis der Selbstbildungsprozess
왘 „Mein Peter hat ja ganz nasse Ärmel!“ – „Tut mir Leid, ich der Kinder durch Partizipation gefördert.“
muss zwanzig Kinder betreuen, da kann es schon mal vor-
kommen, dass ein Kind Unsinn macht. Sie können nicht von
mir erwarten, Ihr Kind jederzeit im Auge zu behalten!“

2.1 Allgemeines zu Elterngesprächen 23


쮿 sich darüber Gedanken zu machen, warum bestimmte Eltern manchmal einfach
왘 Gesprächsverhalten ist
nicht so reagieren, wie Sie es sich in dieser Situation erhofft oder vorgestellt kulturabhängig
Auf die vielen kulturellen
haben, obwohl Ihr Gesprächsverhalten bei anderen Eltern sehr gut funktioniert,
쮿 für die unterschiedlichen Gesprächssituationen ein breiteres Handlungsspek- Unterschiede werden wir in
trum zu gewinnen. diesem Buch nicht detailliert
eingehen können. Sich damit
All dies macht Sie sicherer und schafft Freiräume für weitere Kommunikationspro- auseinanderzusetzen, hilft
zesse. Sie merken bereits: Die Kenntnis einer Theorie macht einem das eigene Ihnen jedoch zu verstehen,
Handeln bewusster. Sie bietet die Chance, das Gesagte noch einmal zu reflektieren warum z.B. asiatische Eltern
ihre Familienprobleme nie
öffentlich machen würden
und dadurch herauszufinden, wieso ein bestimmtes Gesprächsverhalten funktio-
oder warum viele arabische
niert und warum ein anderes Verhalten nicht funktioniert. In den weiteren Ab-
schnitten werden wir uns mit folgenden, wichtigen Aspekten auseinandersetzen: Eltern bei Familienproblemen
1. Theoretische Grundlagen der Gesprächsführung eher einen Schlichter aus der
2. Grundlagen zum Thema Gesprächshaltung eigenen Familie hinzuziehen,
3. Schaffung eines geeigneten Gesprächsrahmens statt die Erzieherin.
4. Gesprächsanfänge und weshalb sie oft die Garantie für ein gutes Gespräch sind
5. Möglichkeiten der Selbstreflexion

2.1.2 Grundlagen der Gesprächsführung


Wie Kommunikation funktionieren könnte!

„Die liegen ganz auf meiner Wellenlänge!“, „Die Chemie zwischen den beiden
stimmt!“, „Die haben einen guten Draht zueinander!“, diese oder ähnliche Rede-
wendungen zeigen, wie einfach Kommunikation im Alltag manchmal gelingen
kann, wenn zwei Menschen ihre Botschaften und Informationen ohne Störungen
als Sender und Empfänger hin und her schicken können (Sie erinnern sich
bestimmt noch an die Begriffsbestimmung von „Kommunikation“). Dieses einfa-
che Gelingen wünschen wir uns für jede Kommunikation. Tatsächlich kann jede
Kommunikation gelingen, wenn das, was wir sagen, auch so, wie wir es meinen, bei
unserem Gegenüber ankommt.

Nicht jede Kommunikation gelingt so einfach

Aber sicher kennen Sie auch andere Gesprächsverläufe: Sie reden und reden, aber 왘 Verstanden werden –
Sie haben das Gefühl, dass nichts davon bei Ihrem Gegenüber ankommt. „Was ich ein Grundbedürfnis
sage, stößt auf taube Ohren!“, „Die finden keinen Draht zueinander!“, „Mein Ge- Schon Babys signalisieren uns
genüber hat auf Durchzug geschaltet!“, so werden in der Alltagssprache schwierige ihr Wohlbefinden, wenn wir
Kommunikationssituationen beschrieben. Die Gefühle, die ein solches Aneinander- ihre Bedürfnisse – und damit
sie als Person – verstehen. Sie
zeigen dies oft auch körper-
vorbeireden auslösen kann, reichen von Unwohlsein bis hin zu Wut und Ärger.
lich, indem sie sich vertrauens-
Aus Ihrem Kita-Alltag sind Ihnen diese Gefühle bestimmt auch aus dem Umgang
mit Kindern und aus Gesprächen mit Kolleginnen bekannt. Als besonders belas- voll an uns kuscheln. Erwach-
tend werden sie jedoch in Elterngesprächen empfunden: sene kuscheln nicht mehr so
왘 „Das habe ich schon 100 Mal gesagt!“ häufig, aber ein zufriedener
왘 „Ich rede mir noch den Mund fusslig!“ Gesichtsausdruck, eine Kör-
왘 „Wenn die doch nur einmal richtig zuhören würden!“ perhaltung, die Erleichterung
zeigt, und Äußerungen wie
„Genau das meinte ich!“ ver-
deutlichen, dass auch Erwach-
In diesen Redewendungen zeigt sich ganz deutlich ein Gefühl der Ohnmacht von
sene diese Verständigung mit
demjenigen, dessen Botschaften beim Gegenüber nicht ankommen.
dem Gesprächspartner suchen
und genießen.
Wie Kommunikation gelingen kann

Lassen Sie uns jetzt herausfinden, wie Sender und Empfänger zu einer gelungenen
Kommunikation kommen können. Dafür schauen wir uns zunächst noch einmal
unsere Begriffsbestimmung von Kommunikation an:

Die Grundlagen von Elterngesprächen im Kita-Alltag 24


Gesprächspartner 1 Gesprächspartner 2

Sender Empfänger

Botschaften
Informationen

Empfänger Sender

Der Sender schickt zunächst eine Botschaft zum Empfänger und hofft, dass sie 왘 Wie beim Radio
dort richtig ankommt. Das klingt doch eigentlich ganz unkompliziert. Warum Das Kommunikationsmodell
erreichen im Alltag trotzdem so viele Botschaften den Empfänger nicht? Warum eines Senders und eines Emp-
hören Eltern vieles von dem, was die Erzieherin sagt, entweder gar nicht, nicht fängers ist aus der Radiotech-
richtig oder nur bruchstückhaft? Wenn wir uns einmal genau überlegen, wodurch nik entnommen. Die Über-
tragung auf die menschliche
Kommunikation bereitet
die Übermittlung einer Botschaft gestört werden kann, werden solche Verständi-
jedoch auch einige Schwierig-
gungsschwierigkeiten vielleicht erklärbar. Dafür müssen wir unseren Blick auf die
gesamte Gesprächssituation richten. keiten. In den meisten Ge-
sprächssituationen ist jeder
Sender auch gleichzeitig Emp-
Die offenen und verschlüsselten Botschaften fänger. Beide Rollen wechseln
ganz schnell. Ähnlich wie bei
Wie Sie an unserer Abbildung schon sehen konnten, gibt es in jedem Gespräch einem Radio kann aber in
menschlichen Gesprächen der
„Empfang gestört“ sein, wenn
zwei Dinge, die grundsätzlich zu berücksichtigen sind: 1. die sachliche Botschaft,
Sender und Empfänger nicht
die vermittelt werden soll, und 2. die Personen, die diese Botschaften hin und her
schicken. In jeder Gesprächssituation müssen also zwei Fragen auseinandergehal- „auf einer Wellenlänge“ liegen.
ten werden:

1. Wer ist die Person, die mir eine Botschaft schickt?

쮿 Was sind ihre Interessen, ihre Absichten?


쮿 Wie sehen ihre Lebenswelt, ihre bisherigen Erfahrungen aus?
쮿 In welcher Beziehung stehe ich zu der Person?
Diese Ebene wird auch als „Beziehungsebene“ bezeichnet, da sie die Beziehung
zwischen den Gesprächspartnern beschreibt.

2. Was ist die Nachricht, die mir die Person übermittelt?

쮿 Worum geht es sachlich in der Nachricht?


쮿 Was wird mir inhaltlich mitgeteilt? 왘 Botschaften entschlüsseln.
Da es hier um sachliche Informationen geht, wird diese Ebene auch als Im Alltag ist es nahezu un-
„Sachebene“ bezeichnet. möglich, jede Botschaft sofort
richtig zu entschlüsseln. Dafür
muss man schon ganz konkre-
te Rückfragen stellen (z. B.
„Habe ich richtig verstanden,
„Lassen Sie uns doch mal ganz sachlich bleiben!“
dass …?“, „Ich verstehe das
Viele Menschen sind der Meinung, dass, wenn man sich auf der Sachebene Gesagte so, ...“). Ohne diese
versteht, auch die Beziehungsebene problemlos funktioniert. Rückfragen ist der Empfänger
Eine Trennung dieser beiden Ebenen ist jedoch kaum möglich, denn beide – Sach- auf seine Interpretationsfähig-
botschaft und Beziehung – sind miteinander verwoben. Deshalb ist es wichtig, im keit angewiesen. Dies sagt
Gespräch immer wieder klarzustellen, worüber Sie gerade sprechen – über die dann aber meist mehr über
Sache selbst oder über die Beziehung zum Gesprächspartner. Das gilt besonders den Empfänger und seine per-
sönliche Interpretation aus als
über die eigentliche Botschaft
dann, wenn die Beziehung zwischen den Gesprächspartnern ohnehin schon ange-
des Senders.
spannt ist. In diesem Fall fällt es meistens sehr schwer, wenigstens in sachlicher
Hinsicht miteinander klarzukommen.

2.1 Allgemeines zu Elterngesprächen 25


Denken Sie an unser eingangs angeführtes Beispiel (Seite 20). Die Erzieherin
könnte deutlich machen, dass es ihr um „sachliche“ Beobachtungen geht, dass sie
aber trotzdem weiß, dass die Mutter das Gesagte auf der Beziehungsebene hört
und deshalb scheinbar „unsachlich“ reagieren wird. Sie kann der Mutter auch zu
verstehen geben, dass ihr Verhalten in Ordnung sei, denn es geht um ihr Kind, und
die Sach- und Beziehungsebenen lassen sich hier nicht so leicht trennen.

Das Aneinander-Vorbeireden

Die Sachebene und die Beziehungsebene zu trennen, ist ein erster Schritt, um im
Elterngespräch nicht Gefahr zu laufen, aneinander vorbeizureden. Wenn Sie jedoch
weiterhin das Gefühl haben, dass Ihre Botschaft nicht oder nur falsch bei den
Eltern ankommt, kann es helfen, Ihre Botschaft noch einmal in einer veränderten
Form abzuschicken:
Sie können Ihre Körperhaltung und die Art, wie Sie Ihre Botschaft kommunizieren, 왘 Sender können sich ändern
ändern und so nonverbal Einfluss auf Ihre Botschaft nehmen, Sie können Ihre Der Sender kann seine Form
Botschaft aber auch umformulieren und andere, durchaus auch unkonventionelle, der Kommunikation in jeder
Methoden nutzen. Hierbei ist die Kreativität des Senders gefragt. Situation jederzeit ändern. Er
Zu den Möglichkeiten, eigene Botschaften so zu verändern, dass sie den ist der Art und Weise, wie sei-
ne Nachrichten den Empfän-
ger erreichen, nicht hilflos aus-
Empfänger doch noch richtig erreichen, gehört z. B.:
geliefert.
쮿 das Gesagte umzuformulieren,
쮿 das Gesagte nochmals genauer und näher zu erläutern,
쮿 dem Empfänger zu sagen, warum Sie diese Botschaft schicken,
쮿 Missverständnisse offen anzusprechen,
쮿 Fragen zu stellen, statt Aussagen zu treffen,
쮿 Rückfragen zu stellen („Wie ist das, was ich gesagt habe, bei Ihnen
angekommen?).

Sie können als Senderin zwar Ihr Verhalten, Ihre Körperhaltung oder Ihre Formulie-
rung ändern, aber den Empfänger – die Eltern – können Sie nicht verändern. Sie
müssen also immer wieder neu überprüfen, was bei den Eltern als Botschaft ange-
kommen ist und ob die Eltern Ihre Nachricht so interpretieren, wie Sie es gemeint
haben.

Jede Nachricht hat vier Seiten

Von Friedemann Schulz von Thun stammt eine Kommunikationstheorie, die davon 왘 Verständigung ist
ausgeht, dass menschliche Gespräche niemals ganz eindeutig sein können. Die schwierig
menschliche Kommunikation wird von einer Vielzahl verschiedener Faktoren Angesichts der vielen Klippen,
beeinflusst, die es in Gesprächssituationen zu beachten gilt. die in Gesprächen lauern kön-
Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: nen, staunen nicht nur Kom-
munikationsexperten darüber,
wie häufig wir uns im Alltag
doch verstehen. Müsste nicht
Sie befinden sich in der Garderobe einer Kindertagesstätte.
Die Erzieherin Frau K. und eine Mutter Frau M. stehen sich gegenüber. Die Erzie- das ganze Zusammenleben
von Menschen voller Missver-
herin sagt zu der Mutter: „Die Hausschuhe von Friedrich sind ihm zu klein.“
ständnisse sein?
Frau M. reagiert indem sie antwortet: „Das weiß ich schon längst!“

Eine schwierige Situation. Auf die eigentlich sachliche Aussage der Erzieherin hat
die Mutter völlig anders reagiert, als von ihr erwartet.
Dafür könnte die gemeinsame Erfahrung verantwortlich sein, die beide im Umgang
miteinander gemacht haben. Der Hinweis der Erzieherin ist möglicherweise nicht
nur ein Hinweis auf die Hausschuhe, sondern beinhaltet auch eine Aussage über
die Mutter: „Ich habe Ihnen doch schon mehrmals gesagt, dass die Hausschuhe
nicht mehr passen!“ oder „Sehen Sie das denn nicht selbst?“. Daran können wir
sehen, dass mit jeder Mitteilung (jeder Nachricht, wie die Kommunikationswissen-

Die Grundlagen von Elterngesprächen im Kita-Alltag 26


schaftler sagen) nicht nur ein Sachverhalt transportiert wird, sondern dass jede
Nachricht dem Empfänger einen Spielraum für Interpretationen lässt – er kann die
Nachricht also auf ganz verschiedene Arten verstehen.

Die vier Seiten einer Nachricht

Friedemann Schulz von Thun geht davon aus, dass jede Nachricht mindestens vier
Seiten hat, die jeweils einen besonderen Aspekt betonen. Bildlich gesprochen
hätte jeder Mensch nicht nur einen, sondern vier unterschiedliche Münder,
mit denen er Nachrichten aussprechen kann.
Diese vier „Münder“ (oder wissenschaftlich „Ebenen“) nennt der Autor
쮿 die Sachebene, 왘 Mit einem Mund sprechen.
쮿 die Beziehungsebene, Achten Sie darauf, dass Sie
쮿 die Selbstoffenbarungsebene, Ihre Nachrichten an die Eltern
쮿 die Appellebene. ganz eindeutig formulieren.
Verstecken Sie keine Bezie-
hungsbotschaften in Sach-
Apellebene botschaften oder Appelle in
Selbstoffenbarungen. Wider-
sprüchliche Botschaften ver-
wirren Ihre Gesprächspartner.
Selbstoffen- Versuchen Sie immer, klar aus-
Beziehungsebene zudrücken, ob es sich um eine
barungsebene
Bitte (Appell), eine sachliche
Information, eine Aussage
über Ihre Person oder um eine
Aussage über Sie und den
Sachebene Gesprächspartner (Beziehung)
handelt.

Lassen Sie uns das Beispiel noch einmal ganz genau betrachten. Welche Ebenen
könnten in der Botschaft der Erzieherin versteckt sein? Und was könnte die
Erzieherin der Mutter mitteilen wollen?
Auf der Sachebene könnte die Botschaft der Erzieherin einfach gelautet haben:
왘 „Die Hausschuhe von Friedrich sind ihm zu klein.“ (Als sachliche Mitteilung)
왘 „Es wäre gut für Friedrich, wenn er Hausschuhe hätte, die eine Nummer
größer wären“.
Auf der Beziehungsebene könnte die Erzieherin vielleicht andere Botschaften an 왘 Die Beziehungsebene ist
die Mutter geschickt haben: die gefährlichste
왘 „Ich nehme Friedrich aufmerksamer als Sie wahr. Sonst wäre Ihnen auch auf- Viele Botschaften, die im All-
gefallen, dass Friedrichs Hausschuhe zu klein sind.“ tag gesendet werden, sprechen
왘 „Ich bin es, die Ihnen Ratschläge zum Kaufen neuer Schuhe für Ihr Kind geben die Beziehungsebene an.
Gefährlich daran ist, dass auf
der Beziehungsebene immer
muss.“
beide Seiten, Sender und Emp-
Auf der Selbstoffenbarungsebene wären vielleicht noch weitere Botschaften
denkbar: fänger gleichzeitig beurteilt
왘 „Ich bin als Erzieherin wirklich überlastet. An alles muss ich selbst denken.“ werden.
왘 „Ich achte gründlich auf die Füße und Schuhe der Kinder in meiner Einrich-
tung, ich bin eine gute Erzieherin.“
Auf der Appellebene könnte sich der Wunsch der Erzieherin verbergen, die Mutter
zu einer bestimmten Handlung zu bewegen:
왘 „Mutter, kauf dem Kind endlich vernünftige Schuhe!“
왘 „Mutter, achte mehr auf die Schuhe Deines Kindes!“

Welche Absicht die Erzieherin mit ihrer Botschaft tatsächlich verfolgt hat, wissen
wir als Außenstehende nicht. Ebenso wenig wissen wir, wie die Botschaft bei der
Mutter angekommen ist. Die möglichen Botschaften der verschiedenen Ebenen
sind vom Sender nicht immer gewollt; sie können auch erst im Kopf des Empfän-
gers dadurch entstehen, dass er die Aussage des Senders überprüft und bewertet.
Es gibt also neben den vier Mündern auch noch vier „Ohren“, mit denen ein Emp-
fänger die Botschaften hören kann, die ihn erreichen.

2.1 Allgemeines zu Elterngesprächen 27


Über das Sachohr würde die Empfängerin in unserem Beispiel die Nachricht
왘 Mit vier Ohren hören
Während Sie nur mit einem
befragen:
Mund sprechen sollen, sollten
왘 „Was sagt sie über die Sache?“
Über das Beziehungsohr würde die Empfängerin die ankommende Nachricht Sie in Elterngesprächen mit
befragen: allen vier Ohren gleichzeitig zu
왘 „Was sagt sie über unsere Beziehung? Was sagt sie über mich?“ hören versuchen. Hören Sie
genau hin, was die Eltern mit
Mit dem Selbstoffenbarungsohr befragt die Empfängerin die ankommende Nach- ihrer Nachricht meinen könn-
richt: ten. Scheuen Sie sich nicht,
왘 „Was sagt sie über die Senderin selbst aus?“ nachzufragen. Und seien Sie
auch für andere Interpretatio-
nen des Gesagten offen, auch
Und mit dem Appellohr befragt die Empfängerin die ankommende Nachricht mit:
왘 „Was möchte sie, dass ich tun soll? Was soll ich machen?“ wenn Sie meinen, eine der vier
möglichen Interpretationen am
Apellohr deutlichsten herausgehört zu
haben. Interpretieren Sie im
Zweifelsfall immer eher wohl-
wollend.

Selbstoffen-
Beziehungsohr
barungsohr

Sachohr

Welche Botschaft könnte die Mutter gehört haben. Sie könnte sich beim Hören 왘 Aus dem Gehörten werden
der Botschaft die folgenden Fragen stellen: schnell Verallgemeine-
쮿 „Was sagt sie über die Sache?“ Hier hört sie: „Die Hausschuhe sind zu klein.“ rungen
쮿 „Was sagt sie über unsere Beziehung? Was sagt sie über mich?“ Hier hört sie: Je nachdem, wie die Mutter die
„Sie kümmern sich nicht um die Hausschuhe Ihres Kindes.“ Botschaft der Erzieherin hört,
macht sie sich verschiedene
Gedanken über die Erzieherin.
쮿 „Was sagt die Erzieherin über sich (Selbstoffenbarung)?“ Hier hört sie: „Die
Dies reicht von „Danke für die
Erzieherin hat offensichtlich gerade einen schlechten Tag.“
쮿 „Was möchte sie, dass ich tun soll? Was soll ich machen?“ (Appell) Hier hört Information“ über „Was bildet
sie: „Sie will, dass ich sofort losgehe und Schuhe kaufe.“ die sich eigentlich ein?“ bis hin
zu „Ich muss jetzt schnell
Schuhe kaufen!“
Die „Lieblingsohren“ von Eltern und Erzieherinnen

Eine Mutter sagt zu Ihnen: „Mein Kind reagiert allergisch auf Tomaten.“ Entschei-
den Sie sich schnell: Was ist Ihr erster Gedanke als Erzieherin?

Zwar wird jeder Mensch mit allen „vier Ohren“ geboren, im Laufe der eigenen 왘 Eltern haben ein großes
Lebensgeschichte bilden sich aber bei jedem Menschen bestimmte „Lieblings- Beziehungsohr
ohren“ heraus. Überprüfen Sie sich hier wieder selbst. Mit welchem Ohr hören Sie Sicher ist Ihnen im Kinder-
bevorzugt die Botschaften von Eltern? Gelingt es Ihnen jederzeit, nur das Sachliche gartenalltag schon aufgefallen,
einer Botschaft zu hören? Dann verfügen Sie über ein sehr starkes „Sachohr“ (das dass viele Eltern ein überemp-
findliches Beziehungsohr
haben: Selbst beziehungsneu-
beobachten wir übrigens bei vielen Männern). Oder fühlen Sie sich leicht angegrif-
trale Mitteilungen der Erziehe-
fen, nehmen jeden Satz schnell persönlich und beziehen alles sofort auf sich? Dann
besitzen Sie offensichtlich ein starkes „Beziehungsohr“. Wenn Sie dagegen wie ein rin werden oft auf die eigene
Arzt oder Therapeut alles Gehörte als Problem des anderen wahrnehmen, dann Person und das eigene Kind
haben Sie ein ausgeprägtes „Selbstoffenbarungsohr“ entwickelt. Häufig verbreitet bezogen. Das erschwert die
ist unter Erzieherinnen das „Appellohr“, das uns sofort aufspringen und zu Diens- Kommunikation um ein Viel-
ten sein lässt. Wofür haben Sie sich in unserer Eingangsfrage entschieden? Ist faches, da auch Erzieherinnen
diese Entscheidung typisch für Sie? Wie könnte es Ihnen gelingen, Ihr Lieblingsohr oft dazu neigen, dieses Ohr in
den Mittelpunkt ihrer Kom-
munikation zu stellen.
einfach einmal zu schließen und mit einem anderen Ohr zu hören? Auch hier ist
wieder Selbstreflexion gefragt.

Die Grundlagen von Elterngesprächen im Kita-Alltag 28

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