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Weltwirtschaft und Weltwirtschaftsräume im Globalisierungsprozess • DDie Weltwirtschaft im Globalisierungsprozess
Bereiche der ökonomischen Globalisierung Globalisierung auf dem Produktionssektor. Ein ausländische
Weltweite wirtschaftliche Verflechtungen sind entscheidender Motor der wirtschaftlichen Direktinvestitionen
im Prinzip nichts Neues, da der Austausch von Globalisierung sind die ausländischen Direkt- ADI (G)
Gütern schon immer einen wichtigen Bestand- investitionen ADI, die besonders seit den 1980er
teil in den Beziehungen zwischen Staaten dar- Jahren zugenommen haben. Entwickelten sich
stellte. Neu an der Globalisierung ist jedoch die Welthandel und Direktinvestitionen anfäng-
Dynamik, Intensität und Reichweite, in der die lich im Gleichschritt, Beleg dafür, dass die Di-
grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Aktivi- rektinvestitionen seinerzeit vornehmlich Ex-
täten ablaufen. port begleitende Aktivitäten waren, so sind sie
mittlerweile zu einem eigenständigen Faktor
„Die treibende Kraft der Globalisierung der internationalen Arbeitsteilung geworden.
ist der Kapitalismus mit dem freien Spiel der Immer mehr Unternehmen nutzen die Kosten-
Marktkräfte – je mehr Kompetenzen dem Markt vorteile, die andere Länder bieten. Inzwischen
überlassen werden und je mehr ein Land seine wird also nicht nur der Absatz globalisiert, son-
Volkswirtschaft dem freien Handel und der Kon- dern auch die Produktion.
kurrenz öffnet, um so effizienter und dynami-
scher wird sie. Globalisierung meint in diesem
Zusammenhang die Ausbreitung des marktwirt- Globalisierung auf den Finanzmärkten. Mit au-
schaftlichen Kapitalismus auf so gut wie jedes ßerordentlicher Dynamik verläuft auch die Ent-
Land der Erde.“ [1] wicklung der weltwirtschaftlichen Verflech-
tungen im Finanzbereich. Diese Tendenz auf
Die ökonomische Globalisierung findet auf den Finanzmärkten ist vor allem auf die Libe-
mehreren Ebenen und Märkten statt. ralisierung des Kapitalverkehrs und die Fort-
schritte in der modernen Kommunikations-
Globalisierung auf den Gütermärkten. Um die technologie zurückzuführen. Sie ermöglichen
Vorteile der internationalen Arbeitsteilung zu es den Unternehmen und Privatanlegern heute,
nutzen, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Vermögen weltweit dort zu platzieren, wo es
Handelshemmnisse weltweit verstärkt abge- die höchsten Erträge bringt. Gigantische Sum-
baut. Internationale Verträge zum Abbau von men jagen praktisch ohne Zeitverzögerung
Handelsbarrieren, wie z. B. die GATT-Abkom- und Transaktionskosten rund um den Globus. GATT
men, führten zu einer bis dahin unbekannten Im Jahre 2007 wurden täglich im Durchschnitt
Expansion des Welthandels. So war 2006 das 5 000 Mrd. US-$ gehandelt.
Volumen der Weltexporte 26-mal so hoch wie
1950, während die Weltwirtschaftsleistung nur M 3 Welthandel als Schrittmacher der Globalisierung
um das Achtfache und die binnenwirtschaftli-
che Produktion, aus der die Exportgüter stam-
men, lediglich um das Fünffache stiegen.
Diese Werte sind zum einen Ausdruck der inten-
sivierten internationalen Arbeitsteilung, zum
anderen verdeutlichen sie die „Schrittmacher-
rolle“, die dem Handel für die weltwirtschaft-
liche Entwicklung zukommt. In jüngerer Zeit
wird der „klassische“ Außenhandel mit Wa-
ren jedoch zunehmend durch den Handel mit
Dienstleistungen ergänzt.
Globalisierung –
Welthandel ohne Grenzen?
Der Welthandel mehrt den Wohlstand und ver-
tieft zugleich die Kluft zwischen Arm und Reich
in der Welt! Diese von Globalisierungsgegnern
häufig vorgebrachte Kritik mag zunächst er-
staunen, war es doch gerade der Welthandel,
der in der Vergangenheit den beteiligten Völ-
kern enormen Wohlstand brachte. Denken wir
z. B. an den Städtebund der Hanse und an Han-
delshäuser wie die Fugger, die den Handel in
Europa im Mittelalter und der frühen Neuzeit
beherrschten und reiche Handelsstädte her-
vorbrachten, oder an die Zeit der Industriellen
Revolution, als der Freihandel in einer nur kur- M 5 Der Hafen von Hamburg – Drehscheibe im internationalen Handel
zen Phase maßgeblich zum wirtschaftlichen
Aufschwung der Industrieländer beitrug. M 6 Entwicklung des Weltexportvolumens nach Re-
Und heute? Profitieren wir nicht alle von den gionen
Industriegüterexporten, die zahlreiche Arbeits-
plätze sichern, oder von den preiswerten Kon-
sumgüterimporten, die unser Leben lebenswer-
ter machen?
Ist die obige Kritik also ungerechtfertigt? Um
diese Frage zu beantworten, müssen wir vorab
einen Blick auf die Entwicklung des Welthan-
dels und seine heutige Struktur werfen.
Osteuropa
60 60
Nordamerika und Mexiko EU, Norwegen, Schweiz GUS
Afrika
Äquator
0 0
Ein Grundstein für die rasante Expansion des Mit der Gründung der WTO – ihr gehören in-
Welthandels seit den 1950er Jahren wurde durch zwischen 45 Industrieländer und über 100 Ent-
das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen wicklungs- und Schwellenländer an, wobei
GATT GATT (= General Agreement on Tariffs and allerdings die USA und die EU die größten Ein-
Trade) gelegt, in dessen Rahmen die mengenmä- flussmöglichkeiten haben – erhielten die Be-
ßigen Handelsbeschränkungen (Kontingente) strebungen des GATT nicht nur eine verbesserte
und die tarifären Handelshemmnisse (Zölle) organisatorische Grundlage. Darüber hinaus
weitgehend beseitigt wurden. So sind z. B. die wurden auch die Zuständigkeiten erheblich
Importzölle auf Produkte der Verarbeitenden In- ausgeweitet. Die Liberalisierung erfasste erst-
dustrie aus den Industrieländern von etwa 40 % mals auch den traditionell geschützten Han-
Mitte der 1950er Jahre auf weniger als 5 % gefal- del mit Agrarerzeugnissen und mit Textilien.
len. Bei den nichttarifären Handelshemmnissen Neu getroffen wurde ferner ein Abkommen zum
fällt die Bilanz allerdings schlechter aus. Handel mit Dienstleistungen sowie zu handels-
Auf der letzten GATT-Runde, der so genannten bezogenen Fragen von Schutzrechten geistigen
Uruguay-Runde (1986 – 1994), wurde das GATT Eigentums, wie Patenten und Copyrights. Den-
durch die Welthandelsorganisation WTO (World noch gibt es bis heute eine Reihe von Handels-
WTO (G) Trade Organization) abgelöst, um den neuen hemmnissen, unter denen besonders die Ent-
Herausforderungen, die durch die Globalisie- wicklungsländer zu leiden haben, da die reichen
rung der Wirtschaft gestellt wurden, besser ge- Nationen ihre Handelsbarrieren in vielen Berei-
recht zu werden. chen nicht abbauen.
Protektionismus Demgegenüber sind alle anderen Regionen na- Protektionismus. Vor allem im Agrarhandel
hezu bedeutungslos, mit Ausnahme der Roh- schützen viele Länder ihre Märkte nach wie vor
nichttarifäre Han- stoffexporteure Mexiko, Australien, Russland durch Zölle und nichttarifäre Handelshemm-
delshemmnisse (G) und Saudi-Arabien, die von den gestiegenen nisse. So verhindern z. B. protektionistische Ag-
Rohstoffpreisen profitieren. rarmarktordnungen in den Industrieländern,
Die ärmsten und am wenigsten entwickelten insbesondere in der EU und in den USA, die
Länder (LDC) haben einen Anteil am weltwei- Einfuhr von Agrarprodukten aus den Entwick-
ten Handel von nicht einmal zwei Prozent. Die lungsländern, während die Industrieländer ih-
Chancen auf eine Verbesserung ihrer Stellung rerseits ihre Industrie durch Importrestriktionen
im Welthandel werden allgemein als äußerst vor der Konkurrenz billiger produzierender Ent-
gering gesehen. Dies gilt insbesondere für die wicklungs- und Schwellenländer schützen, z. B.
meisten Länder Afrikas südlich der Sahara. Sie um Arbeitsplätze zu erhalten. Dadurch gehen
gehören eindeutig zu den Verlierern der welt- den Entwicklungsländern Einnahmen verloren,
weiten Liberalisierungsprozesse. die sie für die Finanzierung von Entwicklungs-
projekten dringend benötigen. Grundsätzlich
Trotz Liberalisierung weiterhin Probleme werden hierdurch die Prinzipien des GATT und
Handelsliberalisie- „Zunehmend wird der freie Welthandel der WTO massiv verletzt.
rung durch die Bildung von Wirtschaftsblöcken und Verschärft wird die Situation noch zusätzlich
Freihandelszonen, also durch Regionalisierungs- dadurch, dass viele Länder versuchen, mit Sub-
tendenzen, sowie durch staatlichen Protekti- ventionen und Steuerbegünstigungen ihren ei-
onismus behindert. Freihandelszonen, Wirt- genen Waren im internationalen Wettbewerb
schafts- und Zollunionen, wie z. B. die EU in Vorteile zu verschaffen. Davon sind allerdings
Europa, die NAFTA in Nordamerika, Mercusor nicht nur die Handelsbeziehungen zwischen
in Lateinamerika, ASEAN in Südostasien oder den Industrieländern und den Entwicklungs-
SACU in Südafrika, fördern zwar die Integration ländern betroffen, sondern auch der Handel
ihrer Mitglieder und den Handel innerhalb der zwischen den Industrieländern selbst, wie u. a.
jeweiligen Union, wirken aber diskriminierend der nun schon seit Jahren andauernde Streit
gegenüber Drittländern, denen der ungehin- zwischen den USA und der EU im Agrarhandel
derte Marktzugang versperrt wird.“ [2] zeigt.
M 9 Protektionistische Maßnahmen gegenüber Ex- A 2 Arbeiten Sie aus der Karte M 7 die Hauptaus-
porten aus Entwicklungsländern (in % der Exporte sagen heraus und erläutern Sie den Ausdruck „re-
aus den LDC) gionale Asymmetrie des Welthandels“.
A 3 Erläutern Sie am Beispiel des Weltzuckerhan-
dels Interessenkonflikte im Welthandel, insbeson-
dere zwischen der EU und den Ländern Mosambik
und Brasilien.
A 4 Diskutieren Sie das Für und Wider protektio-
nistischer Maßnahmen im Welthandel.
A 5 Gestalten Sie eine Präsentation über Kampag-
nen zur Unterstützung der Entwicklungsländer in
ihrer Forderung nach einer stärkeren Einbindung
in den Welthandel (Internetrecherche bei Organi-
sationen wie attac oder Transfair*).
A 6 Mögliches fächerübergreifendes Referatsthema:
Phasen des Welthandels zwischen Protektionismus
und Liberalismus.
[2] Der Fischer Weltalmanach M 9 nach Jürgen W. Wolff: Ent- * Links zu A 5
2007. Frankfurt am Main: Fischer wicklungsländer und Entwick- www. attac.de,
Taschenbuch Verlag 2006, S. 689 lungspolitik im Rahmen globaler www.transfair.org,
und politischer Strukturen und beide Nov. 2007
Prozesse. Paderborn: Schöningh
2003, S. 279
M 12 Steckbrief des Global Players M 14 Hauptstandorte der adidas-Gruppe weltweit und Mitarbeiter nach Regionen 2007
adidas AG
Reebok-CCM Hockey Reebok International Ltd.
adidas Hauptsitz Lancaster / GB
North America Inc. Montreal, Quebec / CA Taylor Made Golf Co. Ltd.
Die adidas-Gruppe ist einer der weltweit Portland, Oregon /USA
adidas UK Ltd. adidas AG Tokyo / JP
Stockport / GB Konzernzentrale adidas Ltd.
führenden Anbieter in der Sportartikel- Herzogenaurach / DE Moskau / RU
adidas
Japan K.K.
Onfield Apparel Taylor Made Golf Ltd. Tokyo / JP
industrie und unterhält ein sehr umfas- Group L.L.C. Basingstoke / GB adidas
Indianapolis, Suzhou Co. Ltd.
sendes Produkt-Portfolio um die drei Indiana /USA adidas Suzhou / CN
France S.a.r.l.
Reebok adidas
Kernsegmente adidas, Reebok und Taylor- Taylor Made Golf Co. Inc. Landersheim / FR
Spain S.A.
adidas Emerging
Markets L.L.C. Sourcing Ltd.
Hauptsitz Alicante / ES Xianggang / CN
Made-adidas Golf. Das Unternehmen ist Carlsbad, Kalifornien / USA Abu Dhabi / AE
Reebok Reebok International Ltd. Reebok
seit über 80 Jahren ein Teil der Welt des de Mexico SA de CV Hauptsitz India Company Reebok
Naucalpan / MX Canton, Massachusetts /USA Neu-Delhi / IN Korea Ltd.
Sports auf allen Ebenen mit Sportmarken, The Rockport Company Seoul / KR adidas
adidas Hauptsitz Korea Ltd.
die auf Leidenschaft für den Sport sowie Latin America S.A. Canton, Massachusetts /USA Äquator Seoul / KR
Panama City / PA
sportlichem Lifestyle basieren. Produkte
der adidas Gruppe umfassen Sportschuhe, adidas do Brasil Ltda.
São Paulo / BR
Bekleidung und Zubehör auf dem neues- adidas Argentina S.A.
Buenos Aires / AR Mitarbeiter nach Regionen
ten Stand der Technik und sind in nahezu Ende 2006 = 26376
jedem Land der Welt erhältlich. Europa- Lateinamerika 4 % = 1 055
adidas-Salomon
weit ist das Unternehmen der größte An- Sitz der Asien 19 % = 5 011 Europa
Konzernzentrale 42 % = 11 078
bieter von Sportartikeln und Sportbeklei- 0 2000 4000 km Nordamerika
wichtiger Standort 35 % = 9 232
dung. Die Gruppe mit Sitz in Herzogen-
aurach beschäftigt derzeit (2008) mehr
als 34 000 Mitarbeiter weltweit und gene- M 15 Globale Marken – globale Verant- M 16 adidas-Mitarbeiter nach Funktions-
rierte im Geschäftsjahr 2007 einen Umsatz wortung bereichen 2007
in Höhe von 10,3 Mrd. Euro.
„Die adidas Gruppe und ihre Marken ar-
beiten mit unterschiedlichen Geschäfts-
M 13 Zur Geschichte der adidas-Gruppe partnern weltweit zusammen. Das Unter-
nehmen operiert mit einem internationa-
1949: Gründung durch Adolf Dassler, der len Netz von Zulieferern und übernimmt
als Produktnamen die ersten beiden Sil- Verantwortung dafür, wie und unter wel-
ben seines Vor- und Zunamens wählte chen Bedingungen die Produkte herge-
(‚adi’ für Adolf, ‚das’ für Dassler) stellt werden. In diesem Bewusstsein hat
1993: Übernahme durch den Franzosen die adidas-Gruppe eine Reihe von Richt-
Robert Louis-Dreyfus linien in Bezug auf Arbeitsbedingungen,
1995: Gang an die Börse Sicherheit, Gesundheitsschutz und Um-
1997: Übernahme des Skiherstellers Sa- welt für ihre unabhängigen Zulieferer auf-
lomon, zu dem u. a. die Golfmarke Taylor- gestellt – die ‚Workplace Standards‘. Diese
Made gehört Richtlinien basieren auf den Konventionen
2005: Verkauf von Salomon einschließlich der Internationalen Arbeitsorganisation
der dazu gehörigen Tochtergesellschaften und stellen klare Verhaltensregeln dar,
Mavic, Bonfire, Arc’teryx und Cliché die sich auf Themen wie Umwelt, Arbeits- A 10 Erläutern Sie am Beispiel von adi-
2006: Akquisition* von Reebok Interna- sicherheit, Kinderarbeit und Arbeitszeiten das Kennzeichen eines Global Players.
tional; durch die Zusammenführung mit beziehen. Ein Team von über 60 Mitarbei- A 11 Mögliches Referatsthema: Erstel-
Reebok profitiert adidas nicht nur von ei- tern der adidas-Gruppe sowie unabhän- len Sie ein Profil (Geschichte, Organi-
ner weltweiten Plattform, sondern auch gige Organisationen überprüfen die Ein- sation, Standorte, Unternehmensphilo-
einer breiteren Produktpalette. haltung der Standards.“ sophie) eines Global Players ihrer Wahl
aus Deutschland (s. Links S. 358).
M 14 und M 16 nach adidas- * Akquisition: hier Kauf eines Un- Anmerkung alle Materialien die-
Gruppe: Geschäftsbericht 2007 ternehmens ser Seite aktualisiert in Abstim-
auf www.adidas-group.com/de/ mung mit der Abt. PR der adidas
investor/_downloads/pdf/an- M 15 nach www.adidas-group.com/ Group
nual_reports/2007/GB_2007_ de/sustainability/welcome.asp,
De.pdf, Aug. 2008 Aug. 2008