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GLOBALISIERUNG
ab Klasse 9
mit didaktischem Kommentar
www.boeckler.de
Autoren
Prof. Dr. Tim Engartner | Prof. Dr. Andreas Nölke
engartner@soz.uni-frankfurt.de | noelke@soz.uni-frankfurt.de
Redaktion
Anke Thiel
anke-thiel@boeckler.de
Telefon +49 211 7778-151
www.boeckler-schule.de
Fachliche Beratung
Dr. Barbara Fulda
Gestaltung
Signum communication GmbH, Mannheim
Katrin Imhof, Köln
Bestellnummer 30477
Didaktisch-methodischer Kommentar 58
Legende
1 Lange Zeit bezeichnete der Begriff „Globalisierung“ tionsstandorten sowie Arbeits- und Finanzmärkten
nur das stärkere Zusammenwachsen der Volkswirt- gemeint. In neuester Zeit treten nun auch noch glo-
schaften durch internationalen Handel. Seit einigen bale Klimaherausforderungen und Risiken, etwa
Jahren ist damit auch der globale Wandel von Infor- durch Pandemien und Naturkatastrophen, hinzu.
5 mationsströmen über digitale Medien, von Produk
Seite 4
4
3
Fotos 1–6: picture alliance
Fotoanalyse
A1 Analysieren Sie die Fotos, indem Sie sich an
dem nebenstehenden Raster zur Fotoanalyse • W
as ist auf dem Bild (alles) zu sehen? Zur Beantwortung
orientieren. Bedenken Sie dabei, dass nicht jede der Frage ist es hilfreich, den Vorder-, Mittel- und Hinter-
Frage für jedes Foto beantwortet werden kann. grund separat zu betrachten. Ist dies nicht möglich oder
sinnvoll, kann man das Foto auch in gleichmäßige Flächen
aufteilen und diese zunächst einzeln beschreiben.
• W
as sind Ihre ersten Eindrücke beim Betrachten des Fotos?
Um möglichst detaillierte Antworten auf diese Frage geben
zu können, empfiehlt es sich, den Aufbau und die Atmo-
sphäre des Fotos zu schildern.
• In welchen historischen Kontext lässt sich das Bild einord-
nen? Was wissen wir über jene Zeit?
• Ist das Foto arrangiert, d. h. wussten die Fotografierten,
dass sie fotografiert wurden? Überlegen Sie, ob – und wenn
ja, inwieweit – Beziehungen zwischen den Fotografierenden
und den Fotografierten bestehen.
• Gibt es Bildinhalte, die Sie erwartet hätten, die aber nicht
(offensichtlich) vorhanden sind?
Gesellschaft
Bedeutungsverlust von Nationalstaaten
Die Welt als „global village“
Seite 6
M2 Globalisierung – Megatrend von gestern?
1 Die Globalisierung, wie wir sie kennen, setzt ihren 25 wachsende ökonomische Ungleichheit. So steigen die
Siegeszug nicht weiter ungebremst fort. Dafür sorgen Löhne selbst in wirtschaftsstarken Nationen wie den
tiefgreifende ökonomische Veränderungen […]. Hin- USA oder Deutschland seit langem deutlich langsa-
zu kommen politische Faktoren, die die Globalisie- mer als früher und als die Gewinne der Unternehmen
5 rung bremsen. So bemühen sich Regierungen seit oder aus Kapitalerträgen. In der Folge wächst das
Jahrzehnten vergeblich um eine weitere weltweite 30 Misstrauen gegen die Globalisierung, und der inter-
Handelsliberalisierung, weil Industrie- und Schwel- nationalen Politik fällt es zunehmend schwerer, die
lenländer ihre Interessenskonflikte nicht überwinden Märkte weiter zu öffnen. […] Entnervt vom chroni-
können. […] Inzwischen setzten viele Unternehmen schen Misserfolg setzten die großen Wirtschaftsnatio-
10 andere Prioritäten. […] Einig ist sich die Fachwelt, nen zunächst auf regionale Handelsabkommen als
dass die Dynamik im weltweiten Austausch von Gü- 35 Alternative zu globalen Vereinbarungen. Die USA zo-
tern und Dienstleistungen nachlässt. Umstritten ist, gen sich davon unter Trump aber wieder zurück […].
inwieweit dieser Befund weitreichende Schlussfolge- Umso energischer beschreitet die EU diesen Weg. Mit
rungen für das Auslaufen der alten Globalisierung zu- Kanada schloss sie CETA, mit Japan ein weitreichen-
15 lässt. […] des Abkommen zum Wegfall fast aller Zölle zwi-
Die Unternehmensberatung McKinsey warnt je- 40 schen den Wirtschaftsräumen ab. […] Keine Chance
doch davor, das Ende der Globalisierung auszurufen. hat bis auf weiteres der Multilateralismus, die gemein-
[…] Im 21. Jahrhundert aber würden nicht mehr der same Verständigung aller großen Wirtschaftsregio-
Güterhandel und Kapitalströme die Weltwirtschaft nen auf den Abbau von Zöllen und den Wegfall ande-
20 zusammenhalten, sondern überschreitende Daten- rer Handelshemmnisse. […]
transfers. […] Die digitalen Ströme für den Handel,
für Information […] und für den Datenverkehr inner- Markus Sievers, Globalisierung – Megatrend von gestern?,
halb von Konzernen werden laut dieser Prognose wei- Dossier Freihandel versus Protektionismus, Bundeszentrale für politische
Bildung, 18.09.2018, www.bpb.de
ter boomen. […] Viele Indikatoren sprechen für eine
A1 Lesen Sie den Text M2 und schlagen Sie alle Begriffe nach, die Ihnen unklar sind.
Nutzen Sie dazu ein Wirtschaftslexikon (z. B. www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-
wirtschaft). Notieren Sie die Begriffe und ihre Erläuterungen. Am Ende der Unterrichts
einheit haben Sie dann ein individuelles Wirtschaftslexikon.
A2 Die Überschrift des Textes M2 stellt die Frage „Globalisierung – Megatrend von
gestern?“ Erörtern Sie die Frage mithilfe des Textes und der Grafik. Nutzen Sie zur Interpre-
tation der Grafik die folgenden Kriterien. Machen Sie sich Notizen, bevor Sie die Haupt
aussagen in ganzen Sätzen formulieren.
Quelle der Grafik Was wird dargestellt? Welchen Eindruck macht die Darstellung
Herausgeber Werden Entwicklungen, Vergleiche, auf die Betrachter:innen?
Erscheinungsdatum Strukturen oder Anteilsverhältnisse einer Welche Wirkung geht vom Zusammen-
Titel, Untertitel Gesamtheit aufgezeigt? spiel der inhaltlichen Aussagen und der
Thema Welche Aussagen können formuliert grafischen Gestaltung aus?
Art des Zahlenmaterials (absolute werden? Manipuliert die Darstellung den Sach-
Zahlen/Prozentzahlen/Schätzungen) Welche Schlussfolgerungen lassen sich verhalt?
Gewählte Diagrammform ziehen?
Symbole Fehlen Informationen, die die Aussage-
Bilder/Farbwahl kraft des Schaubildes erhöhen könnten?
Vordergrund
Hintergrund
Weitere Hinweise zur Interpretation von Grafiken finden sich hier: www.cornelsen.de/magazin/beitraege/diagramme-richtig-lesen
Seite 8
M3 Globalisierung und Corona
Seite 10
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 11
fotolia
Seite 12
A1 In der Infografik „Das Jeansgeschäft“ auf
S. 10/11 sehen Sie, dass zwei Jeans zu sehr unter-
schiedlichen Preisen verkauft werden. Erläutern
Sie, wo die größten Kostenunterschiede im Pro-
duktionsprozess zu verzeichnen sind und erklären
Sie, wie der Preisunterschied zustande kommt.
Finden Sie dafür mögliche Erklärungen. Recher-
chieren Sie ggf. auf den Homepages der Anbieter,
wo diese produzieren lassen, um ihre Thesen mit
Argumenten zu stützen. Nutzen Sie auch die
nebenstehende Weltkarte.
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 13
M5 Profiteure des Freihandels
Entwickelte Länder und Entwicklungsländer: nur Länder mit Bevölkerungszahl > 1 Mio. | Daten: World Trade Organization (WTO), WTO Statistics Database, data.wto.org/
Grafik: Atlas der Globalisierung. Welt in Bewegung, Le Monde diplomatique, Berlin 2019
Seite 14
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 15
A1 Die Infografik auf S. 14/15 illustriert die weltweiten Warenströme.
Stellen Sie zunächst Vermutungen im Hinblick auf den Inhalt der welt-
weiten Arbeitst eilung zwischen den drei Ländergruppen an und über-
prüfen Sie diese anschließend mit Hilfe der folgenden Informationen:
a] I n Tabelle 1 finden Sie die drei wichtigsten deutschen Import- und
Exportgüter, vgl. dazu Statistisches Bundesamt, www.destatis.de
(Themen -> Wirtschaft -> Außenhandel -> Exporte und Importe),
b] in Tabelle 2 die sieben großen Wirtschaftsregionen der Erde in der
Rangordnung ihrer Warenexporte unter Nennung ihrer beiden
jeweils führenden Exportländer, vgl. dazu die Infografik auf S. 14/15.
Tabelle 1
Importprodukte Exportprodukte
1. 1.
2. 2.
3. 3.
Tabelle 2
1. 1.
2.
2. 1.
2.
3. 1.
2.
4. 1.
2.
5. 1.
2.
6. 1.
2.
7. 1.
2.
Seite 16
Tabelle 3
GUS-Staaten (Ex-Sowjetunion) - -
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 17
Thomas Plaßmann
Seite 18
M6 Deutschland im Standortwettbewerb
* Der Global Competitiveness Index (Wachstumswettbewerbsfähigkeitsindex) ist ein Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit
Staaten. „Wettbewerbsf ähigkeit“ wird dabei definiert als „Gesamtheit der Institutionen, politischen Maßnahmen und Faktoren,
die das Produktivitätsniveau eines Landes bestimmen“.
World Economic Forum, The Global Competitive Index, Davos 2019, english.hani.co.kr/arti/english_edition/e_international/912587.html,
abgerufen am 21.01.2021
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 19
A1 Sichten Sie die beiden Grafiken auf S. 19
und 20. Was überrascht Sie, welche Fragen haben
Sie an die Grafiken und was sind die für Sie
wichtigsten Erkenntnisse?
Seite 20
M7 Zum Freihandel gezwungen
1 Weltweit werden Freihandelsabkommen forciert. schritt steigt die Mindestgröße, die eine Fabrik haben
Auch die EU ist bestrebt, mit Ländern auf allen Kon- muss, stetig. Selbst große Länder wie Argentinien
tinenten Verträge abzuschließen. Um Zölle geht es sind längst zu klein, um eine eigene Autofabrik auf-
dabei kaum noch, denn sie sind schon niedrig. […] zumachen. […] Kleinere Entwicklungsländer können
5 Nicht die Zölle sind das Problem, sondern die soge- 30 diesen Weg nicht mehr gehen – und befinden sich in
nannten nichttarifären Handelshemmnisse, also Pro- einer Falle. Sie sind auf den weltweiten Freihandel an-
duktvorschriften, die den Güteraustausch behindern. gewiesen, damit sie für ihre Produkte einen hinrei-
Die Automobilindustrie ist ein gern zitiertes Beispiel: chend großen Markt finden. Gleichzeitig begünstigt
Seitenspiegel in Deutschland müssen einklappbar aber genau dieser Freihandel vor allem die etablierten
10 sein – das gilt in vielen anderen Ländern nicht. Diese 35 Industrieländer, die technologisch überlegen sind
nichttarifären Handelshemmnisse sollen nun durch und daher Konkurrenz nicht fürchten müssen. […] Es
eine neue Welle von Freihandelsabkommen beseitigt ist also höchst unfair, wenn die heutigen Freihandels-
werden. abkommen stets davon ausgehen, dass eine Symmet-
Die Industrieländer handeln im Eigeninteresse rie bei den Vereinbarungen herrschen müsse […]. Faire
15 […]. Denn Zölle und nichttarifäre Handelshemmnis- 40 internationale Abkommen müssten die unterschied
se verzerren den Wettbewerb und sind teuer für die lichen Entwicklungsstufen berücksichtigen. […] Das
Konsumenten. […] Doch jede Regel kennt auch ihre Gegenteil aber ist der Fall: Ausgerechnet das reichste
Ausnahme. Wie die Geschichte zeigt, kann es sehr Land der Welt, die USA, kehrt einseitig zum Protekti-
sinnvoll sein, gezielt auf Protektionismus zu setzen. onismus zurück. US-Präsident Donald Trump droht
20 Dies gilt vor allem für Entwicklungsländer, die den mit immer neuen Zöllen und propagiert „America
technologischen Abstand zu den Marktführern auf- first“. […]
holen wollen. […]
Die heutigen Entwicklungsländer haben es aller- Ulrike Hermann, Zum Freihandel gezwungen. In: Atlas der
dings ungleich schwerer, die technologische Kluft zu Globalisierung. Welt in Bewegung, Le Monde diplomatique, Berlin 2019
Daten: UN Conference on Trade and Development (UNCTAD), Trade and Development Report 2018. Power, Platforms and the Free Trade Delusion, 2018, Atlas der Globalisierung.
Welt in Bewegung, Le Monde diplomatique, Berlin 2019
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 21
M8 Die Welthandelsorganisation (WTO): Erfolg oder Misserfolg?
WTO
Sekretariat, Arbeitsgruppen,
Ausschüsse, Räte, Ministerkonferenzen
5 gierung von US-Präsident Donald Trump nach einem EU-Vergeltungszölle sollen nach einer bereits bei der
Vergeltungsschritt aus Brüssel zusätzliche Branchen WTO eingereichten Liste auf US-Produkte wie Whis-
key, Erdnussbutter, Motorräder, Jeans oder Tabakpro-
dukte erhoben werden. Auch Stahlerzeugnisse, Schiffe
30 und Boote wären betroffen. Der geplante Zusatzzoll-
satz würde 25 Prozent betragen. […] „Die USA lassen
uns keine andere Wahl“, sagte Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker. […]
Fall 2
1 Seit 2018 belastet der schwelende Handelsstreit das
Verhältnis zwischen den USA und China. Doch die
Strafzölle, die die US-Regierung unter Präsident Do-
nald Trump in mehreren Schritten auf Waren aus
5 China verhängt hatte, sind aus Sicht der Welthandels-
organisation (WTO) nicht rechtens. Das Streitschlich-
tungsgremium der WTO kam zu dem Schluss, dass
Foto: picture alliance
die verhängten US-Zölle einen Verstoß gegen das All-
wie die exportstarke deutsche Autoindustrie mit hö- gemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) dar-
heren Abgaben belegt. Beobachter mahnen zur Be- 10 stellen. Zum einen wurden sie in wesentlich größe-
sonnenheit: Solange es vor allem um Stahl gehe, sei rem Umfang von Trumps Regierung beschlossen, als
10 Europa vergleichsweise wenig betroffen. Die US-Son- ursprünglich von den USA zugesichert worden war,
derzölle auf Einfuhren von Stahl (25 Prozent) und begründete die WTO ihre Entscheidung. Zum ande-
Aluminium (10 Prozent) aus der EU traten am Frei- ren hätten die USA nicht ausreichend begründet, in-
tagmorgen in Kraft. Auch Mexiko und Kanada – 15 wiefern die Zölle notwendig seien, um den eigenen
größter Stahllieferant der USA – fallen darunter. Alle Markt vor dem „unfairen Wettbewerb“ zu schützen,
15 drei Handelspartner Washingtons halten dies für un- den Trump China wiederholt vorgeworfen hatte.
gerechtfertigt. Die Bundesregierung beurteilt die Anfang Juli 2018 verhängten die USA Zölle in Höhe
neuen Zölle als rechtswidrig. Die EU reichte am Frei- von 25 Prozent auf chinesische Waren im Wert von
tag Klage gegen die US-Sonderzölle bei der Welthan- 20 34 Milliarden US-Dollar. Und es folgten weitere Auf-
delsorganisation WTO ein. „Die Europäische Union schläge auf Importe aus der Volksrepublik […]. China
20 muss ihre Interessen eindeutig vertreten“, sagte die reagierte seinerseits mit Strafzöllen, unter anderem
Seite 22
A1 Stellen Sie auf Grundlage der Grafik und
eigener Recherchen die Aufgaben der WTO dar.
• z . B. Formalitäten im Abfertigungsverfahren • s ystematischer und langfristiger Verkauf • in öffentlichen Verzeichnissen (Tarifen)
an den Grenzen, Vorgabe bestimmter eines Produkts im Ausland zu Preisen unter aufgelistete Abgaben oder Begrenzungen
technischer Standards (Normen), Gesund- dem Marktpreis im Erzeugerland. Die Kon- von Ein- oder Ausfuhren
heitsprüfungen, Umweltschutzvorschriften kurrenz zielt darauf, den Markt des Import-
1. Z ölle: Abgaben, die beim grenzüber
landes zu erobern. Dann werden die Preise
• z um Schutz der Konsumenten oder zur schreitenden Warenverkehr vom Staat
erhöht und frühere Verluste kompensiert.
Erleichterung des Handels durch Verein- erhoben werden (Schutzzölle, Finanzzölle,
heitlichung; auch diskriminierender •D
urch diese Preisdifferenzierung entste- Wertzölle, Im- und Exportzölle)
Gebrauch möglich hen Wettbewerbsverzerrungen. Allerdings
2. S chwellenpreise: Marktpreise, zu denen
können ausgleichende Anti-Dumping-Zölle
•D
ie Bedeutung dieser Maßnahmen wächst, Agrarprodukte in die EU importiert werden
ebenfalls protektionistisch eingesetzt
da es schwer ist festzustellen, inwieweit dürfen (oberhalb des Weltmarktpreises)
werden.
solche Vorschriften tatsächlich den Zielen
3. K ontingente: mengenmäßige Einfuhr
Sicherheit, Gesundheit oder Umweltschutz
beschränkungen
dienen.
4. A
usfuhrverbote und Einfuhrverbote:
Subventionen: aus dem Lateinischen für
z. B. Waffen in Konfliktgebiete oder Kokain
„zu Hilfe kommen“; finanzielle staatliche
Zuschüsse, ohne direkte Gegenleistung.
Subventioniert werden insbesondere
Unternehmen. Es gibt sie in direkter sowie
indirekter Form: Finanzhilfen bzw. Steuer
vergünstigungen.
in Anlehnung an: Klaus-Peter Kruber, Globalisierung. Wochenschau-Heft Nr. 6, Schwalbach/Ts. 2010 und Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik
Deutschland unter: www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/202192/subventionen, abgerufen am 02.10.2020
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 23
M9 Perspektiven von Gewinnern und Verlierern
Abweichungen zur Gesamtzahl rundungsbedingt; International Labour Organization (ILO), Global Estimates of Child Labour 2012–2016
Seite 24
16-jähriger Junge aus Mali berichtet von
„Wir schliefen auf dem Boden einer Hütte aus Schlamm und seiner Arbeit auf einer Kakaoplantage,
Stroh. Wir durften sie nur zur Arbeit in den Feldern verlassen. Die zitiert nach: Tanja Dückers, Kinderschokolade,
Amnesty Journal Dezember 2013,
Arbeitszeiten waren sehr hart, von Sonnenaufgang bis Sonnenun- www.amnesty.de
tergang, und manchmal, wenn Vollmond war, sogar bis zehn Uhr
abends. Uns wurde Lohn versprochen, aber sie sagten, dass wir
erst die Kosten der Reise zurückzahlen müssten. Ich habe mich
dort zwei Jahre lang abgerackert, ohne jemals Geld zu bekom-
men. Kinder, die sich weigerten zu arbeiten, wurden mit dem Mo-
torgurt des Traktors geschlagen oder mit Zigaretten verbrannt.
Wir bekamen kaum etwas zu essen […]. Einige Kinder sind vor Er-
schöpfung zusammengebrochen. Diejenigen, die krank wurden,
wurden fortgeschafft. Wir haben sie nie wieder gesehen.“
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 25
United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), World Investment Report 2016, Grafik der Bundeszentrale für politische Bildung,
Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/, www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/globalisirungil52633/die-groessten-mnu?zahlenfakten=detail, abgerufen am 03.03.2021
Seite 26
50 ten Personen in der Regel auf eine Vielzahl von Staa- 65 (2 plus Hongkong), Brasilien, Malaysia, Mexiko, Süd-
ten verteilen: Die Zahl der Staaten, in denen die Top korea und Taiwan). 1993 hatte von den 100 größten
100 MNU im Jahr 2015 mit Tochterunternehmen ver- MNU kein einziges Unternehmen seinen Hauptsitz
treten waren, lag im Durchschnitt bei mehr als 50. in einem ökonomisch sich entwickelnden Staat. Von
Die zehn größten MNU des Jahres 2015 hatten ih- den 100 größten MNU, die im Jahr 2014 ihren Haupt-
55 ren Hauptsitz alle in einem ökonomisch entwickelten 70 sitz in den ökonomisch sich entwickelnden Staaten,
Staat (USA (4), Vereinigtes Königreich (3), Japan, in Süd-Osteuropa oder der GUS hatten, entfielen 33
Frankreich und Deutschland). Von den 100 größten auf China (darunter 17 auf Hongkong), 10 auf Singa-
MNU hatten im selben Jahr 58 ihren Hauptsitz in Eu- pur, jeweils 8 auf Indien und Taiwan, jeweils 7 auf
ropa (darunter 17 im Vereinigten Königreich, 13 in Südafrika und Südkorea sowie jeweils 5 auf Brasilien
60 Deutschland, 9 in Frankreich und 5 in der Schweiz). 75 und Malaysia. Darauf folgten Mexiko (4), die Vereinig-
21 MNU hatten ihren Hauptsitz in den USA, 11 in Ja- ten Arabischen Emirate (3), Russland (2) und acht wei-
pan und jeweils ein MNU war in Australien und Isra- tere Staaten, in denen jeweils ein MNU ansässig war.
el ansässig. Acht MNU hatten ihren Hauptsitz in ei-
nem ökonomisch sich entwickelnden Staat (China Multinationale Unternehmen, Bundeszentrale für politische Bildung
2017, 15.09.2020, www.bpb.de
c) Beschäftigte (Teil A)
1 […] Ein Vorwurf: Die Globalisierung nutzt Großkon-
zernen und wenigen Gutverdienern, während durch-
schnittlich bezahlte Arbeitsplätze wegfallen, weil sie
zum Beispiel nach China verlegt werden. Diese Wahr-
5 nehmung, sagt jetzt erstmals die Industrieländer-Or-
ganisation OECD, ist zumindest teilweise berechtigt.
[…] In fast allen OECD-Staaten schwanden demnach
zwischen 1995 und 2015 Jobs der Mitte, während im
Niedriglohnsektor, aber auch im Hochlohnsektor,
10 neue Arbeitsplätze entstanden. […] Zur Globalisie-
rungsangst vieler Menschen beitragen dürfte die Tat-
sache, dass Menschen mit niedriger und mittlerer
Qualifikation beim Verlust ihres Arbeitsplatzes we-
sentlich schlechtere Chancen auf Weiterbildung ha-
15 ben als Hochqualifizierte. Die OECD vermutet, dass
neben der Globalisierung auch der technische Fort- Foto: picture alliance
schritt, vor allem die Digitalisierung, dazu geführt
hat, dass sich die Schere zwischen guten und schlech-
ten Jobs öffnet.
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 27
c) Beschäftigte (Teil B) 20 Sicherung und ohne ausreichenden Arbeitsschutz
1 Viele Menschen sind trotz Erwerbstätigkeit arm. Per- […]. In den ökonomisch entwickelten Staaten gelten
sonen, die vom Problem ‚Armut trotz Arbeit‘ betrof- diejenigen als ‚working poor‘, deren Einkommen
fen sind, werden auch als ‚working poor‘ bezeichnet. trotz Erwerbstätigkeit unter der jeweiligen Armuts-
Im Jahr 2017 lebten in den ökonomisch sich entwi- schwelle liegt. So gehörten beispielsweise in den USA
5 ckelnden Staaten 704 Millionen arbeitende Personen 25 nach Angaben des U.S. Department of Labor bzw.
in Haushalten mit einem Einkommen von unter des U.S. Bureau of Labor Statistics im Jahr 2016
3,10 US-Dollar pro Tag und Kopf – im Jahr 2005 wa- 7,6 Millionen Erwerbstätige zur Gruppe der ‚working
ren es noch 1,1 Milliarden. Bezogen auf die Beschäf- poor‘. Weiter lebten 4,1 Millionen Familien unterhalb
tigten insgesamt hat sich der Anteil der ‚working der offiziellen Armutsgrenze, obwohl mindestens ein
10 poor‘ in fast allen Weltregionen reduziert. Dennoch 30 Familienmitglied mehr als die Hälfte des Jahres Ar-
ist in den ökonomisch sich entwickelnden Staaten beit hatte. In Deutschland waren im Jahr 2016
immer noch ein Viertel der Beschäftigten trotz Arbeit 9,1 Prozent aller Erwerbstätigen trotz Arbeit armuts-
arm (25,5 Prozent). Dabei sind die Regionen subsaha- gefährdet. 2005 lag dieser Wert noch bei 5 Prozent
risches Afrika und Südasien besonders betroffen: Der (Vollzeitbeschäftigte: 4 Prozent, Teilzeitbeschäftigte:
15 Anteil der ‚working poor‘ an allen Beschäftigten lag 35 8 Prozent).
2017 bei 64,0 bzw. 44,8 Prozent.
Viele ,working poor‘ arbeiten im informellen Sek- Armut trotz Arbeit, Bundeszentrale für politische Bildung, 20.07.2020,
tor, also in einem meist schlecht bezahlten Beschäfti- www.bpb.de
gungsverhältnis ohne regulären Vertrag, ohne soziale
Copyright © 2020 International Labour Organization (ILO): Employment by economic class, sex and age, Share of employment by economic class, sex and age in total employment,
Grafik der Bundeszentrale für politische Bildung, www.bpb.de, abgerufen am 04.03.2021
Seite 28
Copyright © 2020 International Labour Organization (ILO): Employment by economic class, sex and age, Share of employment by economic class, sex and age in total employment,
Grafik der Bundeszentrale für politische Bildung, www.bpb.de, abgerufen am 04.03.2021
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 29
e) Frauen sourcen der unbezahlten Arbeit an Personen, die da-
1 Viele Frauen können nur deshalb Karriere machen, für Geld bekommen. […]
weil sie Haushalt und Fürsorge auslagern – an weni- Die kalifornische Soziologin Arlie Russell Hoch-
ger privilegierte Frauen. Gleichberechtigung erreicht 25 schild hat in der Analyse auf diese Fragen den Begriff
man so nicht. Was könnte ein Umdenken bewirken? „Global Care Chains“ geprägt, der beschreibt, das
5 Für die eine Form des Arbeitens wird die Person Arbeitsmigrant*innen – meistens Frauen – in den
entlohnt, die andere verrichtet sie unbezahlt. Zur un- Zielländern Care-Aufgaben übernehmen und in ih-
bezahlten Arbeit, die im Gegensatz zur Erwerbsarbeit ren eigenen Familien eine Lücke hinterlassen, die oft
auch als Care-Arbeit oder reproduktive Arbeit be- 30 von weiblichen Verwandten wie ihren eigenen Müt-
zeichnet wird, zählen Tätigkeiten wie Putzen, Ein- tern oder ältesten Töchtern geschlossen wird. An die-
10 kaufen, Rasenmähen, das Sich-Kümmern um Kinder sem Globalisierungseffekt wird besonders deutlich,
oder die Pflege von Familienmitgliedern. Menschen dass die Sorgearbeit nicht geschlechtergerecht neu
organisieren unterschiedlich, wer wie viel von der un- verteilt, sondern länderübergreifend unter Frauen
bezahlten Care-Arbeit übernimmt, und zusätzlich 35 weitergegeben wird: von wohlhabenden Frauen an
weicht stark voneinander ab, wie viel dieser Arbeit für ärmere Frauen und von diesen Frauen an weibliche
15 eine Person überhaupt anfällt. […] Verwandte. In den Betreuungsketten nimmt die
Befinden sich die Frauen im Streik? Sicherlich ha- finanzielle Wertschätzung des Sich-umeinander-
ben insbesondere berufstätige Frauen die Ansprüche Kümmerns zudem stufenweise ab und hält die be-
an sich selbst zurückgefahren. Doch auf die Verhal- 40 treuenden Familienangehörigen von einer eigenen
tensstarre der Männer, die nicht häuslicher werden, Erwerbstätigkeit ab. […]
20 damit ihre Frauen Karriere machen können, gibt es
noch eine weitere Reaktion zu akzeptieren: das Out- Teresa Bücker, Ist es radikal, alle Care-Arbeit selbst zu erledigen?,
Süddeutsche Zeitung Magazin, 15.01.2020,
https://sz-magazin.sueddeutsche.de
Foto: bramgino/AdobeStock
Seite 30
M10 Corona und Lieferketten
Hans-Böckler-Stiftung: Im Zuge der Ausbreitung kann dessen Anfälligkeit im Hinblick auf Lieferaus-
des Corona-Virus ist immer wieder von einem fälle reduziert werden. Außerdem zeigt sich gerade,
möglichen Zusammenbruch der globalen Liefer- und wie problematisch der weitgehende Verzicht auf
Wertschöpfungsketten die Rede. Wie beurteilen Lagerhaltung, um Lagerkosten zu reduzieren, sein
Sie die Lage? kann. Die Umstellung hin zur „just in time“-Anliefe-
rung durch Logistikunternehmen und -Produktion
durch die Vorproduzenten macht den Herstellungs-
Barbara Fulda: Sobald auch nur ein einzelnes Glied prozess auch im Fall kurzzeitiger Lieferausfälle
in globalen Wertschöpfungsstrukturen fehlt, anfällig.
stockt der ganze Prozess. Genau dies beobachten
wir für viele Produkte und Dienstleistungen derzeit.
Unabhängig davon, ob Wertschöpfung global Liegt die Lösung in einer Verkürzung der Lieferket-
oder national stattfindet: Sie erfolgt in den meisten ten oder gar autarker Produktion jedes National-
Fällen in mehreren Schritten. Je länger und staats?
komplexer Wertschöpfungsstrukturen sind, desto
wahrscheinlicher ist eine Unterbrechung und desto
anfälliger sind sie für Änderungen von Rahmenbe- Eine Verkürzung könnte in manchen Fällen sinnvoll
dingungen – sei es wegen der Erhöhung von Zöllen, sein, autarke Produktion sicherlich nicht. Ich
aufgrund von Handelsstreitigkeiten, Pandemien schlage vor, nach kritischen Nadelöhren zu suchen:
oder Naturkatastrophen. Wo gibt es nur einen oder wenige regional konzent-
rierte Hersteller für ein Produkt? Wo gibt es
störungsanfällige Transportwege, wie die Straße
Worin unterscheidet sich die Coronakrise von von Hormus? Zudem bedeutet übrigens auch
vergangenen Krisen? autarke Produktion regional konz ent riert e Produk
tion und damit Anfälligkeit. Anstatt dessen könnte
man darüber nachdenken, dieselben Produkte an
Lieferausfälle und damit Produktionseinbrüche unterschiedlichen Standorten herzustellen. Dies
haben verdeutlicht, wie unübersichtlich und setzt natürlich eine gute grenzüberschreitende
vielgliedrig Wertschöpfungsprozesse mittlerweile Zusammenarbeit von Gewerkschaften voraus, um
sind. Sicherlich: Globaler Handel ist seit Jahrtau- das Ausspielen von Standorten gegeneinander zu
senden Realität. Man denke nur an die Seidenstra- vermeiden. Es würde aber vor Lieferausfällen
ße. Die Komplexität und das Ausmaß globalen schützen. Für Firmen mit Stammsitz in Deutschland
Handels sind jedoch neu. […] ergibt eventuell ein Standbein eigener Fertigung in
Produktionsstätten in Deutschland Sinn, um in
räumlicher Nähe Produkte herzustellen.
Sollten wir also aus der Krise lernen, dass unsere
Wertschöpfungs- und Lieferketten aufgrund ihrer
Störanfälligkeit nicht krisenfest sind und daher Interview mit Barbara Fulda, Lieferketten: „Je komplexer, desto
anfälliger“, Internetseite der Hans-Böckler-Stiftung, 23.3.2020,
grundlegend überdacht werden sollten? www.boeckler.de
boeckler-schule.de · Themenheft Globalisierung · [B] Globalisierung von Handel und Produktion Seite 31
[C] Globalisierung der Finanzmärkte
M11 Dimensionen und Ursachen der Finanzglobalisierung
1 Eine besonders aggressive Form der Globalisierung nagerherrschaft?“ oder „Shareholder Value“. Ein
geht von den Finanzmärkten aus. Im Vergleich zu wichtiger Teilaspekt der Finanzialisierung beschäftigt
den Gütermärkten ist hier sowohl das Ausmaß der 20 sich mit den Versuchen der Kapitaleigner und des Ma-
grenzüberschreitenden Verlagerungen als auch deren nagements, sich einen größeren Anteil an den Unter-
5 Geschwindigkeit deutlich höher, da diese Prozesse nehmensgewinnen anzueignen. Typische Instrumente
durch Digitalisierung ganz besonders unterstützt sind Aktienoptionen, Bonuszahlungen oder Aktien-
werden. Damit einher geht ein Machtzuwachs für die rückkaufprogramme, aber auch die Restrukturierung
Besitzer von Finanzanlagen, da diese ihre Anlagen 25 von Unternehmen auf Betreiben von Private Equity-Ge-
rasch abziehen können. Seit der Finanzkrise wird der sellschaften und aktivistischen Hedgefonds oder in
10 Prozess der Finanzialisierung, definiert als Bedeu- Form einer feindlichen Übernahme. Unterstützt wird
tungszuwachs von Finanzmotiven, Finanzinstitutio- dieser „Finanzmarkt-Kapitalismus“ durch die Samm-
nen und Finanzeliten in der Funktionsweise der Öko- lung des Kapitals in Investment-Fonds und die Infor-
nomie, in der Öffentlichkeit viel deutlicher und 30 mationsverarbeitung durch Analysten und Rating-
ambivalenter wahrgenommen als zuvor. Deutschen agenturen.
15 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind Aspek-
te dieses Prozesses allerdings schon seit den 1990er Autorentext, in Anlehnung an Andreas Nölke, Finanzialisierung als
Jahren geläufig, unter Stichworten wie „Ende der Ma- Kernproblem eines sozialen Europas. In: Hans-Böckler-Stiftung,
WSI-Mitteilungen 1/2016
Seite 32
M12 Finanzglobalisierung
1 Die Philippinen spielen im globalen Handel keine große Workers) sparen sich in der Fremde jeden Dollar vom
Rolle, aber einen Exportschlager haben sie zu bieten: Mund ab, oft wird mehr als die Hälfte des Verdienstes
ihre arbeitsfähige und Englisch sprechende Bevölke- 30 nach Hause überwiesen, damit die Kinder oder die
rung. Filipinos singen in den Kasinos von Macau, bauen jüngeren Geschwister zur Schule gehen können oder
5 Stadien für die Fußball-WM in Katar, fahren Trucks in das von einem Taifun beschädigte Haus wiederaufge-
Iran, putzen die Häuser reicher Araber oder befahren baut werden kann. […] Vor allem […] die Golfstaaten
die Weltmeere als Seeleute. […]. Seit vielen Jahren sind sind erpicht auf die an harte Arbeit gewöhnten Filipi-
es um die 10 Prozent der Gesamtbevölkerung, die in der 35 nos. […] Dabei sind gerade diese Länder berüchtigt
Ferne Geld verdienen. […] Für die Arbeitsmigration in dafür, fremde Arbeitskräfte auszunutzen. Berichte
10 solch enormen Ausmaß gibt es mehrere Ursachen, die von 18-Stunden-Tagen, Schlägen, Nahrungsentzug
eng miteinander verknüpft sind: Hohes Bevölkerungs- oder sexueller Belästigung finden sich regelmäßig in
wachstum und zu wenige Jobs führen dazu, dass etwa den philippinischen Medien. […] Der Exodus arbeit-
ein Viertel der Bevölkerung nach Angaben der Asiati- 40 suchender Filipinos hat noch andere Schattenseiten.
schen Entwicklungsbank unterhalb der Armutsgrenze Viele Kinder wachsen ohne Eltern auf, weil die im
15 lebt. In den ausufernden Slums der Großstädte hausen Ausland malochen. Ehen zerbrechen, weil ein Part-
Millionen Familien in erbärmlichen Unterkünften, in ner jahrelang nicht nach Hause kommt. Ältere Ge-
der Regel ohne Zugang zu Wasser oder Strom. […] schwister müssen sich dem Druck beugen und zum
Reich ist das Land indes an Kindern […]. 45 Prozent der 45 Wohl ihrer Familie einen Job im Ausland annehmen.
Bevölkerung sind jünger als 24 Jahre, weitere 40 Prozent Das Sozialgefüge der Philippinen, in dem die Großfa-
20 jünger als 55. milie die zentrale Säule ist, bekommt zusehends Ris-
Doch wohin mit den Millionen an arbeitsfähigen se. Viele Filipinos bedauern das, doch der Dauerzu-
Menschen? Auf den Philippinen werden sie schwer stand, dass ein gutes Zehntel der Bevölkerung im
fündig, und wenn doch, dann sind es häufig lausig 50 Ausland arbeiten muss, wird als notwendiges Übel
bezahlte Tätigkeiten […]. So beginnt die Arbeitssuche empfunden […].
25 oft von Neuem – ein Kreislauf, den die Politik seit Jah-
ren zu beenden verspricht […]. Die in der Heimat als Hilja Müller, Exportgut Arbeitskraft. In: Atlas der Globalisierung. Welt in
„neue Helden“ gefeierten OFW (Overseas Filipino Bewegung, Le Monde diplomatique, Berlin 2019
Seite 34
M14 Migration und Geschlecht
1 Während Recherchen in Katar hat Amnesty Interna- 15 national: „Während weltweit versucht wird, die Coro-
tional Massenunterkünfte für ausländische Arbeiter na-Pandemie einzugrenzen, sitzen Arbeitsmigranten
Innen im Industriegebiet von Doha besucht. Dort in Massenunterkünften, wie denen in Katar, fest und
sind große Gruppen ausländischer Arbeitskräfte in sind dort extrem gefährdet, sich mit dem Virus anzu-
5 sehr schlechten Unterkünften untergebracht. Sie stecken. Die lagerartigen Massenunterkünfte zur Un-
schlafen in Stockbetten in überfüllten Räumen, es 20 terbringung von ausländischen Arbeitskräften sind
gibt nur unzureichende Sanitäranlagen und zum Teil ständig überfüllt und es mangelt dort an einer ange-
weder Strom noch fließendes Wasser. Zu den Berich- messenen Wasser- und Sanitärversorgung. Dadurch
ten, dass Teile des Industriegebiets von Doha – Stand- können sich diese Arbeitskräfte grundsätzlich
10 ort einer großen Anzahl von Massenunterkünften für schlechter vor dem Virus schützen. In den völlig über-
ArbeitsmigrantInnen – abgeriegelt wurden, nachdem 25 füllten Unterkünften können sie keinerlei Abstand
hunderte BauarbeiterInnen dort mit Corona infiziert zueinander halten.“ […]
wurden, sagte Steve Cockburn, stellvertretender Lei-
ter der Abteilung Globale Themen bei Amnesty Inter- Amnesty International, Höchste Ansteckungsgefahr für
Arbeitsmigranten, 23.03.2020 www.amnesty.ch
Arbeitsmigration
A1 Schildern Sie die Situation der Arbeits
migrant:innen während der Coronakrise in eigenen Eine der zentralen Wanderungsformen ist
Worten. die Einreise in ein Land, um dort zu arbeiten
(befristet oder dauerhaft). Meistens gehen
A2 Auch im Rahmen der Fußballweltmeister- Arbeitsmigrant:innen als ungelernte
schaft in Katar rückt das Thema Arbeitsmigration Saisonarbeiter:innen Tätigkeiten nach, die
in den Mittelpunkt der Betrachtung, so u. a. in der den einheimischen Arbeitskräften zu
britischen Tageszeitung The Guardian: Lesen Sie schlecht bezahlt, zu schmutzig oder zu
den Beitrag „Revealed: 6,500 migrant workers gefährlich sind. Gelegentlich handelt es sich
have died in Qatar since World Cup awarded“ bei Arbeitsmigrant:innen aber auch um
unter bit.ly/2O1hxee. Schildern Sie die Arbeits hoch qualifizierte Manager:innen,
umstände und nennen Sie die Missstände. Recher- Wissenschaftler:innen oder Techniker:innen.
chieren Sie, wie sich die Corona-Pandemie auf
die Arbeitsmigration vor Ort ausgewirkt hat.
Seite 36
M16 Zwischen Elend und Hoffnung: Arbeits-
platzstandards in der Textilindustrie
TIPP
Mode ist immer auch politisch. Was Mode
mit Globalisierung zu tun hat, behandelt das
fluter-Heft Mode, erschienen 2020. Was
bedeuten billige Mode und Fast Fashion für
die Beschäftigten der Textilindustrie?
Wer verdient in der Mode das meiste Geld?
Wie wird Mode nachhaltiger und gerechter?
www.fluter.de/heft76
Seite 38
M17 „Die meisten leben auf neun Quadratmetern, ohne Fenster“
Fortsetzung auf S. 40
Die Regierung warf uns damals staatsfeindliche Viele Textilunternehmer finden es falsch, dass ein
Aktivitäten vor. Meine zwei Kollegen und ich internationaler Zusammenschluss Richtlinien
wurden auf Kaution freigelassen. 2014 wurden alle vorschreibt. Manche sagen, es sei kolonialistisch.
Vorwürfe fallen gelassen. Aber in der Zeit wurde
mein Kollege entführt und brutal ermordet. Ein
Mann wurde dafür verurteilt, er hat jedoch
offensichtlich nichts damit zu tun. Es ist ein Solche Argumente bringen mich zur Weißglut. In
politischer Fall, über den niemand offen reden kann. einem theoretischen Debattenbeitrag kann man
Bislang haben wir noch keine Gerechtigkeit darüber diskutieren, ob es kolonialistisch ist. Aber
erfahren. wo war denn unsere Regierung, als Arbeiter in den
Fabriken gestorben sind? Rana-Plaza-Mitarbeiter
weigerten sich, das Gebäude zu betreten, nachdem
sie Risse im Fundament entdeckt hatten. Ein
In den Textilfabriken arbeiten zu etwa 80 Prozent staatlicher Ingenieur gab sein Okay. Weniger als
Frauen. Wie hat sich deren Stand in der Gesell- hundert Minuten später stürzte die Fabrik ein.
schaft verändert?
Seite 40
A1 Analysieren Sie die Sichtweise von Kalpona
Akter mit Blick auf die Rolle der Gewerkschaften.
Fashion-Revolution-Kampagne 2019,
www.sustainablefashionmatterz.com | Foto: Cherie Birkner
Seite 42
[E] Globalisierung und Klima
M19 Die Klimafrage
Primärenergieverbrauch
1965–2017, in Mrd. Tonnen Öleinheit¹
Daten: BP Statistical Review of World Energy 2018, 2018, in: Atlas der Globalisierung. Welt in Bewegung, Le Monde diplomatique, Berlin 2019
1. Eine Öleinheit ist die Energiemenge, die beim Verbrennen von einem Kilogramm Erdöl freigesetzt wird. Sie beträgt ungefähr 1200 Kilojoule
1 Die Europäische Union ist stolz wie Bolle auf ihre lohnländer auslagerten. […] Die globale Emissionsver-
Klimabilanz. In ihrem jüngsten Inventarbericht, den 25 schiebung durch Konzerne – im Englischen „leakage“
sie im Mai 2019 beim Sekretariat der UN-Klimarah- genannt – trug erheblich dazu bei, dass Entwicklungs-
menkonvention ablieferte, meldete sie Vollzug. Ihr und Schwellenländer in ihrer Gesamtheit seit Mitte
5 Minderungsziel der Treibhausgasemissionen […] könn- der 2000er-Jahre mehr Treibhausgase emittierten als
te sie danach sogar übertreffen. […] Beim wichtigsten die Industriestaaten […]. Allerdings: Trotz dieser Verla-
Treibhausgas Kohlendioxid (CO₂) – auf das entfallen 30 gerung blieben die Pro-Kopf-Emissionen in den meis-
81 Prozent der EU-Emissionen – habe die Minderung ten Entwicklungsländern weit niedriger als in Indust-
21 Prozent betragen. Ein toller Erfolg, könnte man riestaaten wie den USA oder Deutschland. […]
10 meinen. Doch die EU profitiert in besonderem Maße […] Doch der Blick auf den weltweiten Netto-
von der international vereinbarten Methodik der Emis- transfer der Treibhausgase stellt vor allem für die EU
sionsbilanzierung, die ihr Klimakonto erheblich 35 einen äußerst wunden Punkt dar. Denn er zeigt: Die
schönt. Denn in die Bilanzen, die bei der Klimarah- EU ist der weltweit größte Nettoimporteur von CO₂-
menkonvention gemeldet werden, gehen nur die Emis- Emissionen, noch weit vor den USA. Das Selbstbild
15 sionen ein, die im Gebiet des berichtenden Staates oder vom Vorreiter beim Klimaschutz würde wie ein Kar-
Staatenbunds anfallen. Diese Methodik nennen die tenhaus zusammenbrechen, wenn der EU die impor-
KlimaforscherInnen territoriale Bilanzierung. Das Pro- 40 tierten Emissionen angelastet werden müssten. […]
blem aber: Bei der territorialen Treibhausgasbilanz fal- Würden der EU ihre ins Ausland verlagerten Emissio-
len jene Emissionen raus, die bei der Erzeugung und nen angelastet, müsste ihr Beitrag zur globalen Emis-
20 dem Transport von importierten Waren und Dienst- sionsreduktion deutlich höher ausfallen. […]
leistungen anfallen. Das begünstigt die EU, denn sie
importiert besonders viele Emissionen, vor allem seit Thomas Fritz, Der globale Emissionstransfer. Warum die EU-Klimabilanz
ihre Konzerne große Teile der Produktion in Billig- nicht die handelspolitische Wahrheit sagt, November 2019, https://
thomas-fritz.org
Territoriale CO₂-Emissionen
in Milliarden Tonnen
Seite 44
M21 Klimagerechtigkeit bedeutet
Generationengerechtigkeit
A1 Lesen Sie den Textausschnitt und erklären
Sie, inwiefern Klimag erechtigkeit mit Genera
1 Die Aktivist*innen von Fridays for Future nehmen
tionengerechtigkeit in Verbindung gebracht
auf ihrer Homepage Bezug zu den Themen Klima
werden kann. Recherchieren Sie dazu weitere
gerechtigkeit und Generationengerechtigkeit. Dieser
Argumente und beziehen Sie Stellung.
Ausschnitt ist Teil der Kampagne #keingradweiter,
die im Rahmen des regelmäßig stattfindenden welt
5
weiten Klimastreiks auf die Notwendigkeit einer
A2 Beschreiben Sie verschiedene Gerechtig
keitsprinzipien und diskutieren Sie im Anschluss
Reduktion von CO₂-Emissionen auf maximal 1,5 Grad
in der Klasse, welche Prinzipien Sie in der
verweist.
Debatte über Klimagerechtigkeit am wichtigsten
Laut einer Studie des World Economic Forums
finden. Wie positioniert sich die Bewegung #FFF
10 von 2017 ist der Klimawandel weltweit eine der größ-
in dieser Frage?
ten Sorgen Jugendlicher – noch vor Terrorismus,
a] Leistungsgerechtigkeit
Krieg, Armut und Arbeitslosigkeit. Diese elementare
b] Chancengerechtigkeit
Sorge um unser aller Zukunft ist berechtigt, denn
c] Bedarfsgerechtigkeit
eine UN-Studie zeigt: Die Klimakrise ist eine unmit-
d] Ergebnis-/Verteilungsgerechtigkeit
15 telbare Bedrohung für alle Kinder auf der Welt, kein
e] globale Gerechtigkeit
Land der Welt schützt seine Kinder ausreichend. Die
f] Generationengerechtigkeit
Expert*innen warnen, dass die Klimakrise zu zusätz-
Erörterungen zu Gerechtigkeitsv orstellungen
lichen Gesundheitsgefahren wie tödlichen Hitzewel-
finden Sie z. B. hier:
len und der vermehrten Ausbreitung von Tropen-
• S tefan Hradil, Soziale Gerechtigkeit,
20 krankheiten führe, was die Gesundheitslage der
www.bpb.de, 31.05.2012, abgerufen am
Kinder und ihre Zukunft zusätzlich belaste. Deshalb
21.02.2021, bit.ly/2M5IlJf
riefen die Wissenschaftler*innen die Weltgemein-
• H ans-Böckler-Stiftung, Dimensionen
schaft auf, die Reduzierung der CO₂-Emissionen mit
sozialer Gerecht igkeit, Böckler Impuls 20/2009,
höchster Dringlichkeit anzugehen. „Die Entschei-
bit.ly/368jOdi
25 dungsträger der Welt lassen die Kinder und Jugendli-
chen von heute im Stich: Sie versagen beim Schutz ih-
rer Gesundheit, beim Schutz ihrer Rechte und beim
A3 Hören Sie den Podcast
„Globale Gerechtigkeit – Theorie
Schutz ihres Planeten“, sagt WHO-Chef Tedros Adha-
einer gerechten Welt“ von
nom Ghebreyesus.
Hörsaal – Deutschlandfunk Nova
30 Die Klimakrise ist eine globale, umfassende Men-
apple.co/2YfcJ6k
schenrechtskrise. Sie schränkt das Recht auf Gesund-
heit ein. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisati-
on zufolge könnten ab 2030 jährlich 250.000
Menschen durch Folgen des Klimawandels wie eine
35 stärkere Verbreitung von Malaria, Mangelernährung
oder Hitzestress sterben. Die Klimakrise nimmt uns
Lebensgrundlagen wie den Zugang zu sauberem
Wasser. Bereits jetzt leben 3,6 Milliarden Menschen, Der Philosoph Rainer Forst Podcast „Globale Gerechtigkeit –
also fast die Hälfte der Weltbevölkerung in Gebieten, bes chäftigt sich darin mit der Theorie einer gerechten Welt“
Foto: Deutschlandradio/Chrissie Salz
40 in denen mindestens einen Monat pro Jahr Wasser- Frage „Was ist fair und was
knappheit herrscht, in 30 Jahren könnten es 5,7 Milli- gerecht?“ und denkt über trans
arden Menschen sein. […] nationale Ger echtigkeit nach. Machen Sie sich
Notizen, während Sie den Podcast hören, und
Zeit für Klimagerechtigkeit #KeinGradWeiter – Teil IV: Eine gerechtere beschreiben Sie im Anschluss in eigenen Worten,
Zukunft, www.fridaysforfuture.de, 16.09.2020, abgerufen am was Forst unter transnation aler Gerechtigkeit
20.02.2021
versteht. Beurteilen Sie, inwief ern diese Über
legungen wichtig sind im Kontext Globalis ierung
und/oder Klimawandel.
Gesamtinternetbandbreite
nach Regionen, in Terabit/s Tera: 10¹² (1 000 000 000 000).
100
Europa
Asien, Australien/Ozeanien
75
50
25
International Telecommunication Union (ITU), World Telecommunication Indicators Database 2017. In: Atlas der Globalisierung. Welt in Bewegung,
Le Monde diplomatique, Berlin 2019
1 Das Internet stinkt. Es riecht nach einer Substanz, die Herzen der Internetkultur wie auf einem nächtlichen
für all das steht, was das digitale, elektronische Zeital- 25 Autobahnparkplatz, wo die Trucks mit laufenden
ter eigentlich abschaffen wollte: nach Diesel. Mit Motoren parken.
nichts hätte man in einer Serverfarm, einem der gro- […] Mehr als eine Milliarde Menschen googeln je-
5 ßen Rechenzentren vor der Stadt, weniger gerechnet den Tag etwas, laden etwas auf Facebook hoch und hin-
als mit Verbrennungsmotoren – was auch daran liegt, terlassen, wie der Internetkonzern kürzlich mitteilte,
dass man sich das Internet als etwas eher Immateriel- 30 5,8 Milliarden Like-Rückmeldungen. Wie viel Energie
les und daher auch nicht Umweltschädliches vorstellt, jede von ihnen verbraucht, wurde vorsichtshalber nicht
wo Bilder und Daten aus einer luftigen »Cloud« auf erwähnt; man will den Usern kein schlechtes Gewissen
10 die User herabregnen. Doch diese Cloud hat einen machen. Doch das Internet wächst zu einem der größ-
ziemlich großen Auspuff, denn all die Onlineüber- ten Energiefresser der Welt heran. […] Dass es an
weisungen, Instagram-Fotos, Facebook-Einträge und 35 Problembewusstsein für Online-Umweltverschmutzung
Google-Suchen brauchen enorme Mengen Speicher- fehlt, ist nur psychologisch zu erklären – niemand, der
platz, und Datenspeicher brauchen viel Energie. Der jemandem via WhatsApp ein Foto schickt, denkt daran,
15 Bedarf nach Orten, an denen die Datenmengen ge- dass diese Aktion weltweit Rechner anspringen und
speichert und verarbeitet werden können, wächst dra- Kraftwerke rußen lässt. […] Die Rechenzentren müssen
matisch und lässt vor der Stadt die größten Bauten 40 effizienter und ökologischer werden. Doch bisher tau-
der Gegenwart entstehen: festungsartige Data Center. chen sie im öffentlichen Bewusstsein selten auf, obwohl
Damit die Daten im Fall eines Stromausfalls immer sie allein von der Baumasse jedes spektakuläre Hoch-
20 noch abrufbar sind, brauchen sie Notstromaggregate – haus übertreffen. […]
meistens Dieselmotoren von der Größe einer Dampf-
lokomotive. Weil die in regelmäßigen Abständen zu Niklas Maak, Klimakiller Internet. In: Atlas der Globalisierung.
Probeläufen gestartet werden müssen, riecht es im Welt in Bewegung, Le Monde diplomatique, Berlin 2019
Seite 46
3,14
Internetnutzer
2015, in Mrd.
1,71
Eritrea (1,2 %)
Lateinamerika/Karibik
Australien/Ozeanien
0,56 Internetnutzer
Falklandinseln (99,0 %)
Nordamerika
Asien
10–28 80–99
Welt
International Telecommunication Union (ITU), World Telecommunication Indicators Database 2017. In: Atlas der Globalisierung. Welt in Bewegung,
Le Monde diplomatique, Berlin 2019
internationale Internetbandbreite
2016, pro Internetnutzer, in Kilobit/s
A1 Analysieren und interpretieren Sie die
Afrika 51 Schaubilder. Welche Aussagen lassen sich
Arabische Länder 39 in Verbindung mit dem Text über die Umwelt
belastung durch das Internet treffen?
Asien, Australien/Ozeanien 48
Europa 178 A2 Recherchieren Sie den Speicherplatz Ihrer
Accounts, beispielsweise für Instagram, TikTok,
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) 59
WhatsApp, Facebook, Fotosammlung.
Latein- und Nordamerika 91
Industrieländer 140
Entwicklungsländer 53
am wenigsten entwickelte Länder 6
1 Anhänger wirtschaftsliberaler Handelstheorien argu- die Integration der Länder des globalen Südens in welt-
mentieren, die Verlängerung der Wertschöpfungsket- weite Wertschöpfungsketten nicht automatisch zu einem
ten schaffe Wohlstand in weniger entwickelten Län- Aufholprozess in diesen Ländern führt. Lasse man den
dern: Wenn dort für große Unternehmen aus den Marktmechanismus gewähren, steige nur die Ungleich-
5 Industrieländern produziert werde, komme Geld und 25 heit zwischen entwickelten und weniger entwickelten
Knowhow ins Land, was ein allgemeines wirtschaft Ländern sowie innerhalb der jeweiligen Ländergruppen
liches und soziales „Upgrading“ bewirke – also zum an. Ein zentrales Ergebnis des Forschungsprojektes sei,
einen die Basis für eine eigenständige industrielle dass ökonomisches Upgrading nur durch umfangreiche
Entwicklung schaffe und zum anderen den Lebens- Industriepolitik und soziales Upgrading durch starke
10 standard erhöhe. […] Automatisch funktioniert das 30 Gewerkschaften sowie gute – und durchgesetzte – Ar-
erhoffte Upgrading [jedoch] nicht. Ob Zulieferbetrie- beitsgesetze in den jeweiligen Ländern erreicht wurde.
be oder Produktionsstätten der großen Konzerne aus Bemühungen in dieser Richtung können vom globalen
den Industrieländern nennenswert zur wirtschaftli- Norden unterstützt werden, auch durch die Gewährung
chen und sozialen Entwicklung beitragen oder nicht, von mehr Freiheiten für weniger entwickelte Länder in
15 hängt von den Rahmenbedingungen ab. Etwa von 35 Sachen Industriepolitik.
der Art und Weise, wie investiert wird, von der Stärke
der örtlichen Gewerkschaften, der nationalen Wirt- Petra Dünhaupt/Hansjörg Herr/Fabian Mehl/Christina Teipen,
schaftspolitik oder den von internationalen Organisa- Entwicklungschancen durch Integration in globale Wertschöpfungs
ketten, In: Hans-Böckler-Stiftung, WSI-Mitteilungen 6/2019
tionen durchgesetzten Mindeststandards. […] Aus ih-
20 ren Beobachtungen folgern die Forscherinnen, dass
Seite 48
M24 Die Gegenspieler
1 Weltweit wächst die Zahl […] zivilgesellschaftliche[r] mehr wissen, ihre Lage besser einschätzen sowie Ziele
Gruppen. Für 1980 registrierte die Union of Internatio- 30 für sich und ihre Gruppe formulieren, sind sie weniger
nal Associations noch rund 4000 internationale NGOs, bereit, sich Politik von Eliten vorsetzen zu lassen – und
2010 waren es schon 7700 und 2015 etwa 9000. Ähnli- erheben Selbstvertretungsansprüche. […] Indem sie par-
5 che Entwicklungen sind auch auf nationaler Ebene zu tikularen Interessen Ausdruck verleihen, können NGOs
verzeichnen. Allgemein gefasst sind NGOs Gruppen, einen Beitrag dazu leisten, dass Politik sich stärker an
die über organisatorische Strukturen verfügen – also 35 den Interessen der Bürgerinnen und Bürger orientiert.
etwa eine Rechtsform besitzen, Mitglieder rekrutieren, Zugleich wird es dadurch für die Politik immer schwie-
ein eigenes Büro unterhalten und ihre Mitarbeiterinnen riger, kollektiv bindende Entscheidungen zu finden. […]
10 bezahlen. Sie kommen aus der Zivilgesellschaft und ver-
folgen kein Gewinninteresse. Staatliche und staatsnahe Hannes Koch, Lagerwelten. In: Atlas der Globalisierung. Welt in
Institutionen sowie Parteien, aus denen sich Regierun- Bewegung, Le Monde diplomatique, Berlin 2019
gen rekrutieren, gehören nicht dazu, ebenso wenig Un-
ternehmen. […] Die einflussreichsten Gruppen bewe-
15 gen sich mittlerweile auf Augenhöhe mit Regierungen A1 Welche Funktion haben NGOs (Nichtregierungsorganisationen)?
und Vorständen transnationaler Konzerne. […] NGOs Wieso werden sie hier als „Gegenspieler“ bezeichnet?
gewinnen an Zahl und Bedeutung, auch weil die Binde-
kraft von Volksparteien und Volkskirchen abnimmt. A2 Welche NGOs sind Ihnen bekannt? Machen Sie sich Notizen.
Die entstehende Lücke bietet Raum für viele neue Inte
20 ressengruppen. Sie artikulieren neue soziale Bedürfnisse A3 Tauschen Sie sich paarweise aus und recherchieren Sie weitere
und organisieren sich. […] Aber auch der Rechtsruck NGOs. Welchen Themen widmen sich die Organisationen? Erstellen
fördert das Wachstum: Nationalismus, ethnische Identi- Sie eine Mindmap, die die verschiedenen Themen und Organisationen
tätspolitiken und die Abschottung gegen den Einfluss übersichtlich macht. Fügen Sie auch Links hinzu, damit sich andere
von außen sowie von suprastaatlichen Organisationen über die NGOs informieren können.
25 wie der EU haben ein neues Spektrum zivilgesellschaft-
licher Gruppen entstehen lassen. […] Zum Aufstieg der A4 Welches Thema scheint Ihnen besonders wichtig, vor allem
NGOs trägt nicht zuletzt das in fast allen Ländern dieser in Hinblick auf Herausforderungen durch die Globalisierung? Begründen
Welt steigende Bildungsniveau bei. Wenn Menschen Sie Ihre Einschätzung.
Daten: Union of International Associations (UIA), Yearbook of International Organizations, 2016. In: Atlas der Globalisierung. Welt in Bewegung,
Le Monde diplomatique, Berlin 2019
09:22
Video der Hans-Böckler-Stiftung, Globale Rahmenvereinbarungen als Instrument der
Mitbestimmung, „Was sagen Aufsichtsräte?“, www.youtube.com/watch?v=PrK5n8DLSYc
Mindestalter (1973)
A1 Schauen Sie das Video. Warum gibt es mit Blick auf die Globa
lisierung der Produktion Handlungsbedarf auf Seiten der Beschäftigten
und ihrer Vertreter:innen?
Seite 50
M26 Global Governance: Die Globalisierung politisch gestalten
1 Staaten können heute im Alleingang weder die großen 25 (zum Beispiel das Handelsrecht der Welthandelsorga-
Chancen der Weltwirtschaft nutzen, noch die großen nisation, WTO). Aber auch informelle Abstimmun-
Herausforderungen meistern. Nationale Alleingänge gen (zum Beispiel G7, G20) und loser Gedankenaus-
sind zum Scheitern verurteilt. Viele Themen benötigen tausch (beispielsweise Weltwirtschaftsforum) können
5 eine intensive globale Zusammenarbeit. Die Umset- zu einer effektiven Global Governance beitragen. He-
zung des Pariser Klimaabkommens, die Gewährleistun- 30 rausragende Formate der Global Governance sind die
gen fairer Handelsbedingungen sowie die Bekämpfung G7 und die G20. Deren Themenportfolio erstreckt
von Korruption und Kriminalität sind nur drei Heraus- sich von der Koordinierung von Finanz- und Wirt-
forderungen globalen Ausmaßes, die die Relevanz inter- schaftspolitik über den Klimaschutz bis hin zu sozial-
10 nationaler Institutionen verdeutlichen. […] Wenn man und arbeitsmarktpolitischen Themen. Doch es sind
von Global Governance spricht, so meint man den inter- 35 bei weitem nicht nur Staaten und ihre Regierungen,
nationalen Rahmen, der – basierend auf Institutionen, die sich in der Global Governance engagieren. Gesell-
Gesetzen, Prinzipen und Regeln – die internationale schaftliche Akteure haben in den vergangenen Jahren
Ordnung gewährleistet. Solch ein Netzwerk, basierend eine Vielzahl an eigenen Formaten aufgebaut, mit de-
15 auf formellen und informellen Strukturen und Instituti- nen sie die offiziellen politischen Formate flankieren.
onen, ist notwendig, um die zwischen Staaten auftreten- 40 […] Die Beteiligung der Zivilgesellschaft ist zumeist
den Probleme und Konflikte sowie globale Herausforde- auf Konsultationen und die Möglichkeit der Eingabe
rungen gemeinsam zu bewältigen. Zudem gibt es eine von Positionen beschränkt und geht seltener auch bis
Vielzahl an Themen, die im nationalen Kontext nicht hin zu Mitentscheidungsrechten. […].
20 gelöst werden können, weil ihre Ursachen oder Auswir-
kungen globaler Natur sind oder zumindest mehrere Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI), Global Governance:
Staaten umfassen. Die Globalisierung politisch gestalten, Februar 2020, bdi.eu/artikel/
news/global-governance-die-globalisierung-politisch-gestalten/,
Global Governance tritt in verschiedenen Formen abgerufen am 06.10.2020
auf, so zum Beispiel durch völkerrechtliche Verträge
1 Donald Trump wettert gegen den Freihandel. Er kün- handelsabkommens Nafta, das Trump zuvor als
digt internationale Verträge auf. Und er verhängt „schlechtesten Deal aller Zeiten“ kritisiert hatte. Wel-
Strafzölle gegen ausländische Produkte. Es sieht alles che Druckmittel hat Trump in der Hand? Die USA
danach aus, als wolle der US-Präsident die USA gegen 20 haben ein riesiges Handelsbilanzdefizit angehäuft, sie
5 den Rest der Welt abschotten. Doch dieser Eindruck importieren weit mehr, als sie exportieren. […] Das
trügt […] Die Trumpschen Drohungen dienten vor al- stelle nicht zwangsläufig ein Zeichen von Schwäche
lem der Einschüchterung […]. Wenn der US-Präsi- dar […]. Denn hinter den großen Mengen, die die
dent über die angeblich „unfairen“ Handelspraktiken Amerikaner importieren, stecke eben auch eine im-
anderer Nationen schimpft, dann gehe es ihm in 25 mense Kaufkraft. Länder wie China, Deutschland
10 Wahrheit darum, die internationalen Handelspartner oder Mexiko seien darauf angewiesen, dass Amerika-
unter Druck zu setzen und zu Zugeständnissen zu ner ihre Produkte kaufen. Mit der Drohung, den Zu-
zwingen. Die Neuverhandlung von Freihandelsver- gang zum US-Markt zu beschränken, sorge Trump
trägen solle US-Unternehmen den Zugang zu auslän- zuerst für Nervosität unter den Handelspartnern, um
dischen Märkten erleichtern. Beobachten lasse sich 30 sie anschließend in Verhandlungen gefügig zu ma-
15 dieses Muster beispielsweise bei den Verhandlungen chen. „Mit dem größten Markt und dem höchsten
um eine Fortführung des nordamerikanischen Frei- Handelsbilanzdefizit sind die USA in einer starken
Die Handelsbilanz entspricht der Differenz von Warenexporten und -importen; Quelle: WTO 2017; Böckler Impuls 20/2017
Seite 52
Position gegenüber anderen Nationen“, schreiben die
Experten. Nur die Europäische Union könne dem et-
35 was entgegensetzen – aus diesem Grund verhandele
A1 Geben Sie in eigenen Worten wieder,
weshalb Donald Trump protektionistische Maß
Trump lieber mit den einzelnen Mitgliedstaaten als
nahmen ergriffen hat. Nennen Sie Beispiele für diese
mit der EU. […] Auch in der Trade Agenda 2017, die
Maßnahmen.
die handelspolitische Strategie der aktuellen US-Re-
gierung skizziert, liege die Betonung auf dem „Nie-
40 derreißen von unfairen Handelsbarrieren auf ande-
A2 Wer war von diesen Maßnahmen betroffen –
innerhalb und außerhalb der USA?
ren Märkten“. […] An erster Stelle stehe die Sicherung
des geistigen Eigentums amerikanischer Unterneh-
men. Auf der Prioritätenliste folgten der ungehinder-
A3 Recherchieren Sie, ob die Regierung
von Präsident Biden sich in Bezug auf die Handels-
te Datenfluss und die grenzüberschreitende Erbrin-
politik anders verhält als die Trump-Regierung.
45 gung von Dienstleistungen. […].
1 a] Kritikphase
Was missfällt? Hier wird zusammengetragen und
dokumentiert (z. B. auf einer Wandzeitung), was
als störend empfunden und für verbesserungswür-
dig gehalten wird. Nachdem jede*r seine Kritik-
punkte benannt hat, erfolgt eine Festlegung auf
bestimmte Aspekte.
c] Verwirklichungsphase
Die in der vorherigen Phase entwickelten Ideen
und Wünsche werden wieder in die Normalität
und den Alltag zurückgeholt. Dabei gilt es, fol-
gende Fragen zu stellen: Welche Ideen sind beson-
ders interessant und lohnt es sich zu verfolgen?
Zudem sollten Fragen der Art „Gibt es in der Praxis
bereits Ansätze, die in die gewünschte Richtung
weisen?“, „Welche Beharrungskräfte müssen
überwunden werden?“ und „Wie beurteilen Fach-
leute die Erfolgschancen unserer Idee?“ umfas-
send beantwortet werden, um Durchsetzungsstra-
tegien zu entwickeln.
Seite 54
3 4
Positives
Extremszenario
Trendszenario
Negatives
Extremszenario
Zeit
abgebildet nach: Thomas Retzmann (1996), Die Szenario-Technik. Eine Methode für ganzheitliches
Lernen im Lernfeld Arbeitslehre, in awt-info, 15. Jg., Heft 2
Seite 56
Die folgende Darstellung soll Ihnen helfen, die Einflussfaktoren zu unterscheiden.
Einflussfaktoren
durch andere Faktoren wenig bis gar nicht sehr stark stark schwach
Best-Case-Szenario Worst-Case-Szenario
Globalisierung betrifft die Lebenswelt der Lernenden in vielfältiger Art und Weise.
Schüler:innen sind zunächst durch ihren Konsum direkt betroffen, mittelfristig aber
auch als Beschäftigte und Steuerzahler:innen – ggf. auch als Migrant:innen. Beson-
ders wichtig ist dabei die Identifikation von Handlungsmöglichkeiten, denn Globalisie-
rung wird nicht nur durch nationale, europäische oder globale Politik gestaltet,
sondern auch im Alltagsleben, etwa durch die Entscheidung für oder gegen bestimm-
te Konsumgüter oder das Engagement in der Zivilgesellschaft. Dementsprechend
erfordert auch die unterrichtliche Bearbeitung einen kontrovers angelegten, multi
perspektivischen, interdisziplinären und problem- bzw. konfliktorientierten Zugang,
der das Leben in der globalen Gesellschaft beleuchtet und dabei die Chancen
sowie Risiken für das Subjekt herausstellt. Um sich in dieser Gesellschaft orientieren
und mündige Entscheidungen treffen zu können, sind Analysekompetenzen zur
Untersuchung und Einschätzung von Rahmenbedingungen und Handlungsmöglich-
keiten zentral, die in der didaktisch-methodischen Ausrichtung des Themenhefts eine
wichtige Rolle spielen.
Die Struktur des Themenhefts folgt der Überlegung, dass Globalisierung in verschie-
denen Bereichen von Wirtschaft und Politik unterschiedlich stark ausgeprägt ist und
spezifische Auswirkungen hat. Die Globalisierung der Finanzmärkte ist beispielsweise
viel weiter fortgeschritten als die der Arbeitsmärkte. Das Themenheft wird eingeleitet
durch ein einführendes Kapitel [A], das einen ersten Zugang zum Thema erlaubt.
Im Kern behandelt das Heft dann die Globalisierung von Handel und Produktion [B],
der Finanzmärkte [C], des Arbeitsmarktes [D] und das Klima [E] – mit einem Fokus auf
wirtschaftlicher Globalisierung. Im letzten Kapitel [F] geht es um die Handlungsmög-
lichkeiten der Politik in Zeiten der Globalisierung.
Das Heft greift insbesondere die Themenbereiche auf, bei denen sich seit der frühen
Globalisierungsdiskussion der 1980er- und 1990er-Jahre gravierende Veränderungen
ergeben haben, und ergänzt so existierende Materialien. Im Vordergrund steht
dabei, dass die Globalisierung durch den Aufstieg der Schwellenländer und die damit
einhergehende internationale Arbeitsteilung in eine neue Phase getreten ist. Die
Schüler:innen sollen erkennen, dass die traditionellen Mitgliedsländer der OECD –
also die USA, die Staaten Westeuropas und Japan – insbesondere seit der globalen
Finanzkrise nicht mehr so eindeutig die Weltwirtschaft dominieren, wie es viele
Jahrzehnte der Fall war. Das Heft greift zudem Veränderungen durch die Coronakrise
auf, auch wenn der entsprechende Prozess noch nicht abgeschlossen ist.
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Didaktische Kommentierung der einzelnen Materialien
M2 richtet einen kritischen Blick auf aktuelle Entwicklungen wie den grenzüberschrei-
tenden Warenhandel und wirft die Frage auf, inwiefern die Globalisierung in den
letzten Jahren an Fahrt verloren hat. In zwei Aufgaben erweitern die Schüler:innen
zunächst ihr Begriffs- und Faktenwissen, indem sie ein Wirtschaftslexikon anlegen. In
Aufgabe 2 erörtern sie materialgestützt die Frage, ob Globalisierung ein der Vergan-
genheit angehörender Trend ist, und entwickeln so ihre Text- und Urteilskompetenz.
M8 ermöglicht den Lernenden einen Einblick in die Rolle der WTO im internationalen
Handel. In zwei Aufgaben sollen sie die zentralen Aufgaben der WTO benennen
(Abbau von Handelshemmnissen, Förderung internationalen Handels, Streitschlich-
tung in Handelskonflikten). Anhand zweier Fallstudien (der Konflikt zwischen EU und
USA über Strafzölle auf Stahl und Aluminium sowie der Konflikt zwischen China und
USA über Strafzölle auf chinesische Waren) erarbeiten die Schüler:innen aktuelle
Konflikte bzw. Probleme im internationalen Handel, analysieren Ursachen und skizzie-
ren Lösungsvorschläge, die die WTO als Konfliktlösungsinstanz berücksichtigen.
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M9 fordert die Schüler:innen auf, in einer arbeitsteiligen Gruppenarbeit eine spezifi-
sche Perspektive zu untersuchen und zu beurteilen, ob und inwiefern bestimmte
Gruppe vom Standortwettbewerb profitieren oder darunter leiden. In den Blick ge-
nommen werden Kinder, multinationale Unternehmen, Arbeitnehmer:innen,
Konsument:innen und Frauen. Die Lernenden präsentieren ihre Ergebnisse in Form
eines (digitalen) Posters.
M10 wirft abschließend einen Blick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf
globale Lieferketten und regt die Schüler:innen an zu diskutieren, wie die globale
Wirtschaft zukünftig krisenfester gestaltet werden sollte.
M11 skizziert den Prozess der Finanzialisierung und bietet eine Grundlage für die
folgenden vier Aufgaben, in denen die Lernenden die verschiedenen Elemente des
Finanzmarkt-Kapitalismus kennenlernen und hinterfragen, wieso die Globalisierung
auf den Finanzmärkten weiter vorangeschritten ist als auf den Gütermärkten. Sie
erschließen den Begriff „Finanzialisierung” und recherchieren typische Instrumente
des Finanzmarkt-Kapitalismus.
M12 stellt zunächst grafisch die Anteile in- und ausländischer Investoren an DAX-Un-
ternehmen dar. Die Schüler:innen sind aufgefordert zu erklären, wie sich der Deut-
sche Aktienindex (DAX) zusammensetzt, um anschließend das Schaubild zu analysie-
ren. In den Aufgaben 3 und 4 werden die Auswirkungen der Finanzialisierung auf
Eigentümerstrukturen beleuchtet sowie Vor- und Nachteile der Veränderung der
Aktionärsstruktur von DAX-Unternehmen diskutiert.
M14 stellt die besonderen Herausforderungen dar, denen sich Frauen als Arbeitsmig-
rantinnen, die weltweit Tätigkeiten in der Care-Arbeit übernehmen, stellen müssen.
Kritisch beurteilen die Schüler:innen, welche Probleme sich für Deutschland ergeben
würden, gäbe es keine Arbeitsmigration von Frauen.
M15 wirft ein Schlaglicht auf die besondere Gefährdung von Arbeitsmigrant:innen
in Zeiten der Corona-Pandemie, sensibilisiert die Schüler:innen für deren Situation
und fördert somit ihre Empathiefähigkeit. Weiterführend beschäftigen sich die
Schüler:innen mit Formen der Arbeitsmigration, Arbeits- und Lebensumständen der
Arbeitsmigrant:innen und Lösungen für Probleme, die im Kontext von Arbeits
migration entstehen.
M17 kann ergänzend zu den vorherigen Aufgaben bearbeitet werden, damit die
Schüler:innen ihre Perspektive um die Sichtweisen erweitern, die durch die Aktivistin
und Gewerkschafterin Kalpona Akter in dem Interview vermittelt werden.
M18 beleuchtet das Phänomen „Crowdwork”. In zwei Aufgaben werden die damit
verbundenen Chancen und Herausforderungen – auch für Clickworker in Deutsch-
land – erarbeitet.
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Kapitel E: Globalisierung und Klima
Liberale Demokratie und kapitalistische Marktwirtschaft haben zu einer beispiellosen
Zunahme materiellen Wohlstands in westlichen Industrienationen geführt. Diese
Entwicklung weist inzwischen aber Brüche auf: Probleme sind nicht nur die wachsen-
de soziale Ungleichheit, ein massiver Strukturwandel in der Arbeitswelt und Macht-
verschiebungen weg vom Staat hin zu (Digital-)Unternehmen, sondern auch die
Zerstörung der Natur sowie der Klimawandel. Zu beobachten sind z. B. zunehmende
Dürren, Überflutungen und damit verbunden Migration und Armut, aber auch ein
Verlust an Biodiversität, der im schlimmsten Fall zum Zusammenbruch ganzer Öko-
systeme führen kann, ohne die der Mensch wiederum nicht leben kann. Das liegt
auch daran, dass unsere Produktions-, Konsum-, Mobilitäts- und Essgewohnheiten
nicht nachhaltig sind. Dieses Kapitel wirft einen Blick auf die Auswirkungen der
Globalisierung auf Klima und Umwelt.
M19 zeigt eine 12-minütige Dokumentation zur Seeschifffahrt, die als Rückgrat der
Globalisierung gilt. Die Lernenden sollen Chancen und Probleme, u.a. für das Klima,
bewerten.
M21 thematisiert die Forderung #KeinGradWeiter der Aktivist:innen von Fridays for
Future für mehr Klima- und Generationengerechtigkeit und fordert die Schüler:innen
auf, Stellung zu nehmen. Darauf aufbauend werden in Aufgabe 2 Gerechtigkeits
prinzipien diskutiert und zur Vertiefung in Aufgabe 3 Fragen globaler Gerechtigkeit
mit Bezug auf die Globalisierung und den Klimawandel erörtert.
M22 wirft ein Schlaglicht auf das Problem des enorm hohen Energieverbrauchs von
Speicherorten für Daten und Rechenzentren, das bisher kaum im Bewusstsein der
Öffentlichkeit angekommen zu sein scheint – trotz der enormen Umweltbelastungen,
die daraus entstehen. Materialgestützt und an ihre Lebenswelt anknüpfend erschlie-
ßen die Schüler:innen das Problem.
M23 zeigt auf, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in weniger entwickel-
ten Ländern kein Automatismus verlängerter Wertschöpfungsketten ist. Vielmehr
müsse der Marktmechanismus flankiert sein von starken Gewerkschaften und guten
internationalen Arbeitsgesetzen. Im Rückgriff auf bereits erworbenes Wissen erarbei-
ten die Lernenden an konkreten Beispielen, wo mehr staatliche Regulierung in Län-
dern des globalen Südens sinnvoll wären.
M24 nimmt die Rolle von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) genauer in den Blick
und fordert die Schüler:innen auf, sich mit verschiedenen NGOs vertraut zu machen
und deren Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen durch die Globalisierung
zu erklären.
M26 leitet in die Thematik internationaler Ordnung ein und zeigt Beispiele, auf welche
Weise und bei welchen Themen Staaten und gesellschaftliche Akteure ihr Handeln
koordinieren, um die Weltwirtschaft zu gestalten. Die Schüler:innen untersuchen,
inwiefern Global Governance Probleme der Globalisierung lösen kann.
M27 greift vertiefend das Thema Protektionismus auf und nimmt dabei neben den
USA auch Entwicklungsländer in den Blick. Die Schüler:innen sollen die Bedeutung
des Multilateralismus einschätzen, auch vor dem Hintergrund zunehmender national-
staatlicher Tendenzen im Zuge der Corona-Pandemie.
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Weiterführende Literatur
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MATERIALIEN
FÜR EINEN
GUTEN
UNTERRICHT
Fachlich geprüftes Lehrmaterial
ab Klasse 9
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