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Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010

Retailing & Consumer Goods Marketing


Dezember 2010

Impulse für Handel und Konsumgüterindustrie


Inhalt
Editorial
● Editorial 1
Dies ist die erste Ausgabe eines neuen Newsletters, der künftig
● Erfolgreiche Handelsstrategien: etwa zweimal jährlich erscheinen wird. Studien, wissenschaftli-
Gestern – Heute – Morgen 2
che Forschungsergebnisse sowie Reflektionen der Herausgeber
● Markteintrittsstrategien der zu Handel und Konsumgütermarketing sollen den Leserinnen und
größten Handelsunternehmen 6 Lesern Impulse für ihre eigenen Strategien und Entwicklungen
geben.
● Kundenkontakte im
Multi-Channel-Marketing 10
● Erfolgreiches KAM gegenüber Marktorientiertes Management in 2007 hat Univ.-Professor Dr. Dirk
internationalen Handelskunden 13 der Konsumgüterwirtschaft ist der Morschett den Lehrstuhl für In-
Schwerpunkt der Forschungs-, ternationales Management der
● Vielfältige Angebotsformen Lehr-, Vortrags- und Beratungstä- Universität Fribourg in der
im Online-Handel 17 tigkeit der vier an dieser Publika- Schweiz inne und seit 2009 hält
tion beteiligten Lehrstühle. Dabei Univ.-Professorin Dr. Hanna
● Chancen im chinesischen
wird traditionell das Management Schramm-Klein den Lehrstuhl für
Online-Handel 22
und Marketing von Handels- Marketing der Universität Siegen.
● Der Einfluss des Web 2.0 unternehmen untersucht, und
Damit verbinden die Herausgeber
auf das Konsumentenverhalten 25 zudem liegt – vor dem Hinter-
die langjährige Tätigkeit am
grund der zunehmenden Koopera-
H.I.MA., viele gemeinsame For-
● Digitale Einkaufsbegleiter: tion in der Wertschöpfungskette –
schungs- und Beratungsaktivitä-
Die Nutzung von Smartphones 29 auch die Perspektive von Kon-
ten sowie eine Vielzahl gemein-
sumgüterherstellern und deren
● Online-Adgames in der samer Bücher, sowohl Lehr- als
Marketing- und Distributionsakti-
Marketingkommunikation 32 auch eher praxisorientierte Bü-
vitäten in unserem Fokus.
cher im Bereich des Handels und
● Kundenerfolg eines globalen Die Gemeinsamkeit der vier Her- des Konsumgütermarketing.
Corporate Branding 35 ausgeber, die Lehrstühle an ver-
Unsere Forschungsinteressen sind
schiedenen Universitäten inneha-
● Versorgungssicherheit als ben, sind Wurzeln an der Univer-
bis heute sehr ähnlich geblieben,
strategische Herausforderung 39 sodass wir die wichtigsten Ergeb-
sität des Saarlandes. Unter der
nisse und Überlegungen unserer
● Entstehung neuer Leitung von Univ.-Professor Dr.
Arbeit künftig in dieser Form
Betriebstypen im Handel 43 Joachim Zentes, der seit langem
gemeinsam veröffentlichen wol-
Direktor des Instituts für Handel
len.
● Buchpublikationen 47 & Internationales Marketing
(H.I.MA.) der Universität des Dirk Morschett
● Transfer zwischen Forschung Saarlandes ist, promovierten und Universität Fribourg/Schweiz
und Praxis 49 habilitierten sich Bernhard Swo- Bernhard Swoboda
boda, Dirk Morschett und Hanna Universität Trier
● Impressum 52 Schramm-Klein.
Hanna Schramm-Klein
Seit 2002 führt Univ.-Professor Universität Siegen
Dr. Prof. h.c. Bernhard Swoboda
den Lehrstuhl für Marketing und Joachim Zentes
Handel der Universität Trier, seit Universität des Saarlandes
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Erfolgreiche Handelsstrategien:
Gestern – Heute – Morgen

Stefan Kolb & Sebastian Rittinger


Das Institut für Handel & Internationales Marketing (H.I.MA.) der Universität des Saarlandes führte
im 1. Quartal 2010 in Kooperation mit dem Handelsverband Deutschland (HDE) eine bundesweite
Befragung deutscher Einzelhandelsunternehmen durch. Ziel der Studie war zum einen, zentrale
Erfolgsfaktoren im Einzelhandel zu identifizieren und im Zeitablauf zu analysieren. Zum anderen
sollten Strategien analysiert werden, die in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur das Überleben,
sondern auch den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen sicherten.

Ansatzpunkt der Untersuchung den wird (siehe Abbildung 1). Epoche vom Phänomen der zu-
sind Handelsunternehmen, die nehmenden Globalisierung und
nach dem Zweiten Weltkrieg Die Phase „Früher“ fasst den einem steigenden Grad weltweiter
gegründet bzw. wieder gegründet Zeitraum zwischen dem Ende des Vernetzung durch digitalen Da-
wurden und die bis heute erfolg- Zweiten Weltkriegs und dem Jahr tenaustausch. Die dritte Phase,

1945-1989 1990-2010 2011-2020

@ …
Globalisierung und
„Old Economy“
Digitalisierung

Früher Heute Zukunft

Abbildung 1: Zeithorizont der Studie (Quelle: Zentes/Kolb/Rittinger 2010, S. 26)

reich sind. Dies schließt kleine 1989 zusammen. Diese Zeitspan- zusammengefasst unter „Zu-
und mittlere Unternehmen ne war u.a. geprägt durch das kunft“, umfasst die Zeitspanne
(KMU) sowie (heutige) Großun- Wirtschaftswunder sowie den von 2011 bis zum Jahr 2020. Hin-
ternehmen ein. Gesamthaft er- Wandel vom Verkäufer- zum sichtlich dieses Zeitraums wurden
streckt sich die Studie auf einen Käufermarkt. Die zweite Phase die Respondenten bezüglich ihrer
Zeitraum von 75 Jahren, wobei („Heute“) beginnt mit der Wie- Einschätzungen für die kommen-
zwischen drei Phasen unterschie- dervereinigung und reicht bis ins den zehn Jahre befragt. Neben der
Jahr 2010. Begleitet wird diese schriftlichen Befragung, mittels
eines standardisierten Fragebo-
gens, wurden insgesamt 68 Ex-
Autoren perteninterviews mit Inhabern,
Geschäftsführern und Vorständen
Dipl.-Kfm. Stefan Kolb und Dipl.-Kfm. Sebastian Rittinger sind Wissenschaftli- von Einzelhandelsunternehmen
che Mitarbeiter am H.I.MA. der Universität des Saarlandes, Saarbrücken. aus allen relevanten Branchen
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(Food, Near-Food und Non-Food)


in Deutschland geführt. Personal 40
Werbung 40

Erfolgsfaktoren im Ein­ Sortiment 35


Service 28
zelhandel Standort 28
Kooperation 20
Die Identifikation der zentralen Führung 18
Erfolgsfaktoren basiert auf den 68 Organisation 12
Expertengesprächen. Abbildung 2 Innovation 12
fasst die meistgenannten Erfolgs- Strategie 10
faktoren der Unternehmensvertre- Einkauf 8
ter zusammen. Die zehn meistge- Ladengestaltung 7
nannten Erfolgsfaktoren wurden Multi-Channel-Ansatz 6
mittels einer multiplen Regressi- Kapitalverfügbarkeit 6
on hinsichtlich ihres Erfolgsbei- Spezialisierung 5
trags in den Zeiträumen „Früher“
und „Heute“ untersucht. Im Er- n = 68, Mehrfachnennungen
0 10 20 30 40 50
gebnis kann aufgezeigt werden,
dass nicht ein bestimmter Erfolgs- Abbildung 2: Meistgenannte Erfolgsfaktoren
faktor innerhalb der betrachteten (Quelle: Zentes/Kolb/Rittinger 2010, S. 26)
Zeiträume von herausragender
Bedeutung war, sonder vielmehr,
mit einer hohen strategischen chenwechseln, die sie mehr oder
dass ein Zusammenspiel einzelner
Kontinuität. Sie sind seit jeher weniger häufiger praktizieren.
Faktoren den Erfolg der Unter-
dem gleichen Standort treu, be- Die Multiplizierer entsprechen
nehmen ausmacht. Der Vergleich
halten ihren traditionellen Sorti- hinsichtlich ihrer Strategie der
der beiden Zeiträume zeigt zu-
mentsfokus bei und verzichten Kontinuität der Optimierer, reprä-
dem, welche der Erfolgsfaktoren
bewusst auf sämtliche Arten von sentieren jedoch eine Abwand-
im Zeitverlauf tendenziell an
Expansion. Die Modifizierer wei- lung dieses Strategietypus, da sie
Bedeutung gewonnen haben und
sen eine enge Verwandtschaft zu ihr Konzept, anders als die Opti-
welche eher in früheren Zeiten für
dieser Strategie auf, legen biswei- mierer, beispielsweise durch
die Unternehmen als erfolgsent-
len jedoch eine sehr ausgeprägte mehrere Filialen vervielfältigen.
scheidend einzustufen sind. Wäh-
Experimentierfreude im Hinblick Die Diversifizierer stellen eine
rend heute beispielsweise der
auf strategischen Wandel an den Kombination der Strategien der
Standort sowie die angebotenen
Tag. Dies äußert sich beispiels- Modifizierer und der Multi-
Services einen großen Einfluss
weise in Standort- oder Bran- plizierer dar. Sie zeichnen sich
auf den Unternehmenserfolg ha-
ben, war dies in der Zeit nach
dem Zweiten Weltkrieg nahe
liegender Weise insbesondere das
Expansion

Sortiment.
Multiplizierer Diversifizierer

Erfolgsstrategien im Ein­
Wachstum

zelhandel
Im Zuge der Analyse der Erfolgs-
Stabilität

strategien wurden die Unterneh-


men einer dynamischen Betrach- Optimierer Modifizierer
tung unterzogen, wobei eine Sys-
tematisierung anhand der Dimen-
sionen „Wachstum“ und „Wan-
del“ schließlich zu vier grundle- Adaption Mutation
genden Einzelhandelsstrategien
Wandel
führte (siehe Abbildung 3).

Die Optimierer repräsentieren die Abbildung 3: Systematik erfolgreicher Handelsstrategien


klassischen Traditionsgeschäfte (Quelle: Zentes/Kolb/Rittinger 2010, S. 108)
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zum einen durch eine hohe Expe- wicklungsmuster aufgezeigt und gewinnen, welche Strategie den
rimentierfreude hinsichtlich der den einzelnen Entwicklungspfa- größten Unternehmenserfolg mit
Unternehmensstrategie aus, was den zugeordnet. sich bringen, wird auch dieser
sich darin äußert, dass sie neben innerhalb der drei Zeiträume
ihrem ursprünglichen Unterneh- Außerdem wird die Analyse der „Früher“, „Heute“ sowie „Zu-
men weitere Geschäfte aus ande- Erfolgsfaktoren auf die vier iden- kunft“ analysiert und zwischen
ren Branchen oder gar in Form tifizierten Handelsstrategien aus- den einzelnen Strategien vergli-
anderer Betriebstypen betreiben. geweitet. Damit wird ein Ver- chen. Auch wenn für alle Strate-
Zum anderen expandieren sie ihre gleich der verschiedenen Erfolgs- gien in sämtlichen der betrachte-
Konzepte, beispielsweise durch faktoren innerhalb der Strategien ten Zeiträume Unternehmen exis-
die Gründung weiterer Filialen. ermöglicht. So kann beispielswei- tieren, die einen herausragenden
se gezeigt werden, dass die Opti- Erfolg vorweisen konnten, lassen
Die Studie fokussiert jedoch nicht mierer ihr Serviceniveau seit dem sich dennoch einige Tendenzen
nur auf eine Kategorisierung von 2. Weltkrieg bis heute kontinuier- erkennen. So zeigt sich bei-
Unternehmensstrategien anhand lich gesteigert haben. Bei einem spielsweise, dass die in der Praxis
der beschriebenen Merkmale, strategieübergreifenden Vergleich oftmals auch als Traditionsge-
sondern zeigt auch die Entwick- der Erfolgsfaktoren zeigte sich schäfte bezeichneten Optimierer
lungspfade auf, die Unternehmen außerdem, dass beispielsweise die in der Zeit nach dem Zweiten
einschlagen, wenn sie sich bei- Modifizierer, einhergehend mit Weltkrieg den größten Erfolg zu
spielsweise vom Optimierer zum ihrer ausgeprägten Experimentier- verzeichnen hatten, während die
Modifizierer wandeln, um freude, in der Tendenz auch als Diversifizierer am optimistischs-
schließlich dieses neue, gegebe- innovativer einzustufen sind als ten in die Zukunft blicken, was
nenfalls wesentlich erfolgreichere die Optimierer, oder dass die den künftigen Unternehmenser-
Konzept dann als Multiplizierer Diversifizierer noch intensivere folg anbelangt (siehe Abbildung
zu vervielfältigen. Darüber hinaus Kooperationen pflegen als die 4). Zur Veranschaulichung der
werden auch die mit einer Expan- Multiplizierer. vier identifizierten Handels-
sion oder Mutation in der Praxis strategien werden diese jeweils
einhergehenden, zeitlichen Ent- Um Anhaltspunkte darüber zu mit „Good-Practice“-Beispielen

4.0
3.9
Früher 3.8
3.9

3.4
3.3
Heute 3.3
3.8

3.0
2.9
Zukunft 3.4
4.2

1 2 3 4 5
Optimierer Modifizierer Multiplizierer Diversifizierer
n = 102

Abbildung 4: Vergleich der subjektiven Erfolgseinschätzung erfolgreicher Handelsstrategien


(Quelle: Zentes/Kolb/Rittinger 2010, S. 178)
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unterlegt. In diesem Kontext wer- trachtung unterzogen. Ebenfalls nehmen für eine Liberalisierung
den Unternehmen porträtiert, die analysiert werden in diesem Zu- der Öffnungszeiten. Auch plädie-
innerhalb ihrer verfolgten Strate- sammenhang die potenziellen ren die kleineren Unternehmen
gie als überdurchschnittlich er- Herausforderungen, denen sich beispielsweise für eine verant-
folgreich einzustufen sind. Als deutsche Einzelhandelsunterneh- wortungsbewusstere Standortpoli-
Unternehmensporträts werden das men seit dem Zweiten Weltkrieg tik, während die größeren Unter-
Bekleidungshaus Wibbel aus gegenüber sehen, angefangen von nehmen die Vereinfachung von
Leonberg-Eltingen, das Küchen- der Schwierigkeit, geeignetes Genehmigungsverfahren für gro-
reich Schmitt aus dem badischen Personal zu finden, bis hin zur ße Einzelhandelsflächen fordern.
Bietigheim, die Parfümerie Alb- Herausforderung einer bedarfsge- Einigkeit zwischen den beiden
recht aus Frankfurt a.M., dm rechten Unternehmensfinanzie- Strategiegruppen herrscht hin-
drogeriemarkt und das Musik- rung. sichtlich der meistgenannten For-
fachgeschäft Rock Shop aus derung überhaupt: der Steuerent-
Karlsruhe sowie die NBB Dienst- Vor diesem Hintergrund artikulie- lastung. Sowohl die kleinen/mitt-
leistungssysteme AG aus ren die befragten Unternehmen leren als auch die größeren Un-
Rodenberg vorgestellt. auch ihre Forderungen an die ternehmen fordern Entlastungen
Politik. Um ein homogeneres Bild auf der Steuerseite, um zukünftig
Herausforderungen für zu generieren, wurden die Strate- handlungsfähig zu bleiben.
Einzelhandel und Politik gien nach den Größen der ihnen
zugeordneten Unternehmen sor-
tiert, sodass die Strategien mit Auszüge dieser Studie wurden am 28.
Dass der Unternehmenserfolg Juni 2010 auf dem HDE-Mittelstandstag,
aber nicht nur durch die gewählte den tendenziell größeren Unter-
nehmen (Multiplizierer und der „TIME 2010“, präsentiert.
Strategie bestimmt wird, sondern
auch maßgeblich vom Unterneh- Diversifizierer) sowie diejenigen, Die detaillierten Ergebnisse sind in
mensumfeld und den herrschen- denen eher kleinere Unternehmen Buchform im Verlag Martin
den Rahmenbedingungen ab- zugeordnet werden (Optimierer Meidenbauer erhältlich
hängt, zeigt eine Analyse der und Modifizierer), zusammenge- (Zentes, J.; Kolb, S.; Rittinger, S. (2010):
Wettbewerbsentwicklung im fasst wurden. Die Analyse bringt Erfolgreiche Handelsstrategien –
Zeitablauf. Dabei werden Fakto- teilweise fundamentale Unter- Gestern – Heute – Morgen, Verlag
schiede innerhalb der Ergebnisse Martin Meidenbauer: München).
ren wie die Rivalität zwischen
den Wettbewerbern einer Bran- beider Gruppen hervor. Während
che, die Verhandlungsmacht der sich die eher kleineren Unter-
Lieferanten oder das Anspruchs- nehmen beispielsweise ausdrück-
niveau der Konsumenten an die lich gegen eine Lockerung des
Händler einer dynamischen Be- Ladenschlussgesetzes ausspre-
chen, sind die größeren Unter-
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Internationale Markteintrittsstrategien der 30 welt-


weit größten Handelsunternehmen

Stefan Elsner
Die Internationalisierung des Handels bildet einen zentralen Forschungsschwerpunkt der Professur
für Marketing und Handel der Universität Trier. Sie ist ein vielschichtiger, dynamischer Prozess,
der eine Reihe von Teilentscheidungen umfasst. In dieser Studie werden Markteintrittsstrategien
aufgegriffen, d.h. die Wahl der institutionellen Arrangements, welche den Rahmen der Leistungser-
stellung zum Eintrittszeitpunkt in einem Auslandsmarkt konturieren und erfolgsrelevant sind.

Einleitung Datenbasis lich zugänglichen Quellen wie


NationMaster oder Earthtrends
Die Wahl der Markteintritts- Die Untersuchungsbasis stell- genutzt.
strategie ist eine der drei typi- ten die Markteintritte der
schen Entscheidungen zum weltweit 30 größten Lebens- Markteintritts­
Zeitpunkt eines erstmaligen mittelhändler dar. Insgesamt strategien der Unter­
Eintritts in einen Auslands- konnten 314 Markteintritte nehmen im Zeitverlauf
markt, nämlich der Wahl des von 18 Handelsunternehmen
zu bearbeitenden Marktes, der in 83 verschiedenen Ländern Für den Lebensmittelhandel
Wahl der Markteintritts- bis zum Jahr 2008 verzeichnet sind fünf Markteintritts-
strategie und der Marktbear- werden. Zwölf der Top-30 strategien relevant: eigene
beitungsstrategie. Die Frage Unternehmen blieben unbe- Filialen/Tochtergesellschaften,
nach der Wahl der Markt- trachtet, da sie entweder nur in Akquisitionen, Joint Ventures,
eintrittsstrategie im Zuge des einem Auslandsmarkt tätig Franchising/lizenzartige Kon-
„going international“ ist im waren (z.B. Sears, Safeway, trakte sowie Minderheitsbetei-
Internationalen Marketing und Woolworth), weniger als 1% ligungen. Sie unterscheiden sie
Management sowie im Kon- Auslandsumsatz verzeichneten sich nach Kapitalintensität,
text produzierender Unter- (z.B. Kroger, Target, Wal- Kontrollmöglichkeit, Risiko
nehmen oft gestellt worden. greens) oder untypische histo- und Kapitalrückfluss. So kön-
rischer Entwicklungen nah- nen Filialisierung und Akqui-
Im Handel liegen hierzu weni-
men, z.B. übernahm bei Se- sitionen als Eintrittsstrategien
ge Erkenntnisse vor. Wir
ven&I der größte Franchise- mit hoher Kapitalintensität,
widmen uns den Einflussfak-
nehmer den Franchisegeber. hoher Kontrollmöglichkeit,
toren der Wahl der Marktein-
trittsstrategie. In Erweiterung Die Sekundärdaten resultieren höherem Risiko und höherem
bisheriger Studien wird der aus den jährlichen Studien der Kapitalrückfluss charakteri-
These gefolgt, dass im Handel European Grocery Retailing siert werden, während die
nicht ein Bündel simultan des Institute of Grocery and Ausprägungen bei Joint Ven-
betrachteter Determinanten die Distribution (IGD) sowie des tures, lizenzartigen Kontrakten
Strategiewahl beeinflusst, Instituts M+M Eurodata. Für und Minderheitsbeteiligungen
sondern die Wahl auf Grund- die 18 Schlüsselakteure wer- gegenteilig ausgeprägt sind.
satzentscheidungen, d.h. einer den von der IGD durchgängig Die Verteilung der 314 Markt-
präferierten Strategie, beruht. seit Jahrzehnten Daten erfasst. eintritte auf die einzelnen
Dennoch sind externe und Weitere Daten wurden aus Markteintrittsstrategien über
interne Faktoren wichtig. Geschäftsberichten und öffent- alle Unternehmen hinweg
sieht wie folgt aus:
Autor
● Mehr als die Hälfte aller
Markteintritte wurde durch
Dipl.-Kfm. Stefan Elsner ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl
eine Errichtung eigener Fi-
für Marketing & Handel der Universität Trier.
lialen bzw. Tochtergesell-
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schaften vollzogen strategie (siehe Tabelle 1). ab, bei der Akquisition von
(53,2%). Hofer in Österreich sowie
● Dahinter folgen Joint Ven- Demnach nutzt etwa die Trader Joe’s in den USA. Car-
tures mit 22,2% und Ak- Schwarz Gruppe bis auf eine refour hingegen nutzt alle fünf
quisitionen mit 15,3%. Ausnahme ausschließlich die Markteintrittsstrategien. Dies
● Franchising (hier als Filialisierung, während Tesco kann einen Wettbewerbsvor-
franchiseähnliche Kon- überwiegend mit Akquisitio- teil darstellen, wenn unterstellt
trakte begriffen) spielt im nen in neue Märkte eintritt und wird, dass das Unternehmen
Lebensmittelhandel mit auch Wal-Mart hat Akquisiti- für das jeweilige Land die
5,4%, und im Gegensatz onen gerade in besonders gro- „passende“ Eintrittsstrategie
zu Unternehmen des Non- ßen Märkten wie Mexiko, wählt und über entsprechende
Food-Handels, eine unter- Japan, Großbritannien oder Kompetenzen verfügt.
geordnete Rolle. Deutschland getätigt.
● Auf Minderheitsbeteili- Nachfolgend ist interessant,
gungen entfallen 3,9% der Jeder der Händler nutzt min- unter welchen Bedingungen
beobachteten Fälle. destens zwei unterschiedliche Händler von der präferierten
Strategien. Beispielsweise Strategie abweichen bzw. wel-
Viele Handelsunternehmen nutzt Aldi die Filialisierung als che Determinanten die Nut-
haben eine starke Präferenz für präferierte Markteintrittsstra- zung der präferierten Strategie
eine bestimmte Markteintritts- tegie. Von dieser weicht das verstärken.
Unternehmen in zwei Fällen

Unternehmen Kennzahlen Markteintrittsstrategie


aus Top-30
Umsatz Auslands- Filiali- Akqui- Joint Franch- Minder- Gesamt
in Mrd. $ umsatz sierung sition Venture ising heits- (n=314)
in % beteiligung
AEON (Japan) 40 5 0 0 3 0 1 4
Ahold (Niederlande) 33 65 6 3 20 0 0 29
Aldi (Deutschland) 51 41 15 2 0 0 0 17
Auchan (Frankreich) 51 50 12 2 3 0 0 17
Carrefour (Frankreich) 110 56 19 2 16 2 2 41
Casino (Frankreich) 37 32 6 5 2 1 1 15
Costco (USA) 71 22 1 0 6 0 0 7
Delhaize Gruppe (Belgien) 24 77 3 4 2 0 3 12
Edeka (Deutschland) 40 5 4 1 1 0 1 7
Intermarché (Frankreich) 44 10 7 1 0 1 0 9
Leclerc (Frankreich) 46 6 0 0 1 4 0 5
Schwarz Gruppe (Deutschland) 69 49 21 1 0 0 0 22
Metro Gruppe (Deutschland) 86 61 27 2 2 0 0 31
Rewe Gruppe (Deutschland) 61 29 9 4 1 0 1 15
Spar (Niederlande) 37 56 26 3 2 3 0 34
Tengelmann (Deutschland) 30 42 8 5 0 3 2 18
Tesco (Großbritannien) 85 27 1 10 3 0 0 14
Wal-Mart (USA) 342 25 2 4 10 0 1 17

Tabelle 1: Markteintrittsstrategie nach Handelsunternehmen


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Externe Determinanten bilden die bevorzugte Markt- Unternehmen mit großer in-
eintrittsstrategie in Volkswirt- ternationaler Erfahrung über-
Externe, gastlandspezifische schaften mit einem hohen BIP, proportional bevorzugt wird.
Determinanten führen zum d.h. die oben genannten Dur- Handelsunternehmen mit we-
abweichenden Verhalten. schnittwerte werden übertrof- nig bis mittelgroßer internati-
fen. Eine Begründung hierfür onaler Erfahrung setzen eher
Dies gilt für hochattraktive kann darin gesehen werden, auf ein Bündel von Strategien.
Märkte, wie im Fall von Wal- dass es sich bei diesen Län-
Mart angedeutet, aber auch für dern meist um Industriestaaten Schlussfolgerungen
Märkte, welche eine abwei- handelt, die durch eine moder- für die Praxis
chende Kultur aufweisen oder ne Handelsstruktur gekenn-
ansonsten hohe Investitionen zeichnet sind und tendenziell Diese Studie stützt die Aus-
durch ausländische Firmen aus durch Akquisitionen betreten gangsthese, wonach nicht ein
unterschiedlichen Branchen werden, um die kritische Mas- Bündel an Determinanten die
aufweisen. Demgegenüber se zu erreichen. Wahl der Markteintrittsstrate-
spielt zum Beispiel die geo- gie im Handel beeinflusst,

BIP zum Zeitpunkt des Markteintritts (in Mrd. €)


Markteintrittsstrategie 0-49 50-199 200-499 500-1.000 >1.000
Filialisierung 60,6 47,4 51,8 45,8 71,6
Akquisition 12,8 18,9 12,5 25,8 17,1
Joint Venture 14,7 25,3 30,4 20,8 8,6
Franchising 10,1 5,3 1,8 4,2 0,0
Minderheitsbeteiligung 1,8 3,2 3,6 3,3 2,7

Tabelle 2: Markteintrittsstrategie der Handelsunternehmen nach BIP im Zielmarkt

graphische Distanz zu den Interne Determinanten sondern eine präferierte Stra-


Auslandsmärkten keine Rolle tegie dominiert. Elf der acht-
im Hinblick auf ein abwei- Interne Determinanten ver- zehn Unternehmen verfolgen
chendes Verhalten von einer stärken die Wahl einer präfe- zur Erschließung von Aus-
präferierten Strategie. rierten Strategie. Vor allem landsmärkten primär eine
Unternehmen, die schnell in- Filialisierungsstrategie, so bei
Tabelle 2 zeigt exemplarisch, ternationalisieren wählen eine den Discountern Aldi und
dass die gewählte Marktein- immer gleiche Strategie (z.B. Schwarz Gruppe (80% und
trittsstrategie in Abhängigkeit die Metro mit über 20 Markt- 95% aller Markteintritte) und
des Bruttoinlandsproduktes eintritten seit den neunziger bei Intermarché, Leclerc, Met-
(BIP) zum Zeitpunkt des Jahren). Auch die internationa- ro Gruppe, Spar und Tesco
Markteintritts (als Indikator le Erfahrung verstärkt die Nut- (alle mit mehr als 60% aller
für Marktattraktivität) ab- zung einer präferierten Markt- Markteintritte). Unternehmen
weicht. Die Errichtung eigener eintrittsstrategie. Tabelle 3 wie AEON, Ahold und Costco
Filialen und Akquisitionen zeigt, dass Filialisierung bei bevorzugen Joint Ventures

Internationale Erfahrung zum Zeitpunkt des Markteintritts


Markteintrittsstrategie 0 – 9 Jahre 10 – 19 Jahre 20 – 29 Jahre ≥ 30 Jahre
Filialisierung 49,1 55,4 43,2 74,6
Akquisition 22,3 16,2 11,4 6,8
Joint Venture 17,0 23,0 36,4 10,2
Franchising 7,1 1,4 5,7 6,8
Minderheitsbeteiligung 4,5 4,1 3,4 1,7

Tabelle 3: Markteintrittsstrategie der Handelsunternehmen


nach internationaler Erfahrung (in Prozent)
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 9

(über 70% der Markteintritte ten werden. Im ersten Fall in der Praxis jedoch teilweise
entfallen hierauf), während führt dies zu weiteren Konse- nur schwer durchführbar. Dem-
Tesco Akquisitionen (72%) quenzen. Demzufolge müssen zufolge wurden in dieser Studie
und Leclerc Franchising be- Manager sich fragen, ob sie einige wenige Faktoren identifi-
vorzugt (80%). Bei sieben vielversprechende Länder ziert, die nachhaltig zu einem
Unternehmen ist eine eindeu- anhand bestimmter Kriterien Überdenken der bisher präfe-
tige Präferenz nicht zu erken- selektieren oder ob sie Länder rierten Markteintrittsstrategie
nen: Carrefour, Casino, selektieren die am vielverspre- führen können. Die Marktat-
Delhaize Gruppe, Edeka, Re- chendsten im Hinblick auf ihre traktivität ist in der Regel vor
we, Tengelmann und Walmart. präferierte Markteintrittsstra- dem Markteintritt bekannt und
Damit wäre widerlegt, das die tegie sind. Haben Handelsun- kann so in Strategieselektion
Wahl der Markteintrittsstrate- ternehmen wohlmöglich Nach- einbezogen werden, während
gie simultan auf eine breite teile gegenüber Konkurrenten, z.B. kulturelle Unterschiede
Palette interner und externer die zuerst die attraktivsten häufig nicht so einfach ex-ante
Determinanten zurückzufüh- Märkte auswählen und erst identifiziert werden können.
ren ist, was vor allem eine dann die effizienteste Markt- Desweiteren hängt die Bedeu-
neue wissenschaftliche Er- eintrittsstrategie? Letztlich tung einer präferierten Markt-
kenntnis ist. sollte Managern bewusst sein, eintrittsstrategie von der interna-
dass die Wahl der Marktein- tionalen Erfahrung eines Han-
Des Weiteren lässt die Studie trittsstrategie langfristig ent- delsunternehmens ab. Zusam-
einige Implikationen für die scheidend den Erfolg in einem menfassend kann somit konsta-
Unternehmenspraxis zu. Zum betretenen Markt beeinflusst tiert werden, dass Handelsun-
einen sollte Expansionsmana- wie bisherige empirische Stu- ternehmen ein breites Verständ-
gern im Handel logischerweise dien nachgewiesen haben. nis über die wechselseitigen
die eigene präferierte Markt- Beziehungen zwischen den
eintrittsstrategie bewusst sein, Zum anderen kann geschluss- Herausforderungen der interna-
die einen effizienten Weg der folgert werden, dass Handelsun- tionalen Expansion „which
internationalen Expansion ternehmen den Einfluss und das market to select, how to enter,
darstellen kann. Fraglich ist Ausmaß des institutionellen and how to serve a market“
allerdings, ob auf dieser Basis Drucks der internen und exter- benötigen, um international
neue Märkte ausgewählt wer- nen Umwelt identifizieren und erfolgreich zu sein.
den oder ob neue Märkte auf- verstehen müssen, um diese
grund anderer Faktoren betre- strategisch zu managen. Dies ist

„Take­aways“
● Handelsunternehmen nutzen für ihre Auslandsexpansion überwiegend eine präferierte Markteintrittsstra-
tegie. Unter bestimmten externen, länderspezifischen Bedingungen weichen sie hiervon jedoch ab und
diese Determinanten sollten CEOs und Expansionsmanager frühzeitig kennen und managen!
● Zudem haben nicht alle der Top-30 Unternehmen eine präferierte Strategie, sondern einige nutzen das
gesammte Portfolio der Strategien für den Markteintritt. Hier ist zu fragen, ob diese Wettbewerbsvorteile
haben?
● Handelsmanagern sollte bewusst sein, dass die Markteintrittsstrategie wesentlich den Erfolg im Aus-
landsmarkt bestimmt. Für den Erfolg benötigen sie ein breites Verständnis der Interdependenzen zwischen
den Entscheidungen zu „which market to select, how to enter, and how to serve a market“.
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Kundenkontakte im Multi-Channel-Marketing

Sascha Steinmann & Hanna Schramm­Klein


Ein tiefgreifendes Verständnis des Käuferverhaltens im Multi-Channel-Marketing setzt eine detail-
lierte Kenntnis aller Kontakte zwischen Anbieter und Kunden sowie deren Funktionen und Bedeu-
tung innerhalb eines Kaufprozesses voraus. Die Kontakte liefern Informationen über die Qualität
der Kundenbeziehung und geben dem Anbieter Hinweise, ob die Gestaltung des Multi-Channel-
Marketing den Kundenbedürfnissen entspricht.

Kundenkontakte im Funktionen und verwenden. Die Anbahnung und


Multi­Channel­Marketing Bedeutung der Kunden­ Abwicklung von Kaufprozessen
kann somit in unterschiedlichen
kontakte im Multi­ Kanälen eines Anbieters erfolgen.
Wer im Wettbewerb bestehen und
Channel­Marketing Hierbei ist davon auszugehen,
seine Ziele erreichen will, muss
sich an den Interessen, Erfolgen dass die Kontaktpunkte, in Ab-
Entlang des Kaufprozesses erfül- hängigkeit von ihrer Gestaltung
und Verhaltensweisen seiner ak- len die Kontaktpunkte unter-
tuellen und potenziellen Kunden durch den Anbieter, für die Kun-
schiedliche Funktionen für An- den im Kaufprozess unterschied-
orientieren. Hierbei zählt das bieter und Kunden. Während für
Wissen über die Kunden – die lichen Nutzen stiften. Sie unter-
die Anbieter v.a. Funktionen für scheiden sich also im Hinblick
Kundenkenntnis – zu den wich- die Anbahnung und Abwicklung
tigsten strategischen Erfolgsfakto- auf ihre Bedeutung für die Kun-
einer Transaktion im Vorder- den im Kaufprozess.
ren. Das zentrale Element für den grund stehen, nutzen die Kunden
Aufbau von Kundenkenntnis ist die Kontaktpunkte, um sich all-
der Kontakt zwischen einem An- Weiß ein Anbieter um diese Un-
gemein über die Leistungen des terschiede, kann er daraus wichti-
bieter und seinen Kunden an un- Anbieters zu informieren, gezielte
terschiedlichen Kundenkontakt- ge Erkenntnisse über die Qualität
Informationen über Produkte oder der Kontakte im Kaufprozess
punkten seines Multi-Channel- Dienstleistungen in der engeren
Marketing. Allgemein wird von ziehen und Hinweise ableiten, ob
Wahl einzuholen, Preise zu ver- die Gestaltung einzelner Kanäle
Multi-Channel-Marketing ge- gleichen, verschiedene Service-
sprochen, wenn mehrere Marke- sowie des gesamten Multi-
leistungen in Anspruch zu neh- Channel-Marketing den Anforde-
tingkanäle (z.B. das Ladenge- men und selbstverständlich um zu
schäft, Internet oder unterschied- rungen der Kunden entlang des
kaufen. Allerdings kann nicht Kaufprozesses entspricht.
liche Formen der Anbieter- jeder Kanal die unterschiedlichen
Werbung) gleichzeitig von einem
Anbieter mit dem Ziel der Leis-
Anforderungen und Präferenzen Relevanz der Kunden­
der Kunden entlang des Kaufpro-
tungserbringung sowie des Auf- zesses gleichermaßen erfüllen.
kontakte für das Multi­
baus und der Pflege von Kunden- Kunden können sich diese Unter- Channel­Marketing
beziehungen für die Marktbear- schiede innerhalb des Kaufpro-
beitung eingesetzt werden, also zesses zu Nutze machen, indem Will man das Käuferverhalten im
insbesondere Information, Kom- sie die Kanäle im Multi-Channel- Multi-Channel-Marketing verste-
munikation und Vertrieb. Marketing - ihren Präferenzen hen, ist der Aufbau einer umfas-
entsprechend - komplementär senden Kundenkenntnis erforder-
lich. Von besonderem Interesse
sind die Art und Anzahl, die
Funktionen sowie die Bedeutung
Autoren
aller Kundenkontakte zwischen
Anbieter und Kunden von beson-
Dr. Sascha Steinmann ist Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Mar-
derem Interesse. Durch das Wis-
keting der Universität Siegen. sen um die Abhängigkeiten zwi-
schen den Kundenkontakten wird
Univ.-Professorin Dr. Hanna Schramm-Klein ist Inhaberin dieses Lehrstuhls.
eine Antizipation zukünftiger
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 11

Kundenkontakte im Kaufprozess Kunden kombinieren bei ihren für Preisvergleiche und Beratun-
und somit auch die „Steuerung“ Kaufprozessen die unterschiedli- gen genutzt.
der Kunden im Kaufprozess mög- chen Kontaktpunkte entsprechend
lich. Ein Anbieter kann somit ihrer jeweiligen Bedürfnisse (sie- Dies zeigt, dass sich die Vorteil-
proaktiv auf zukünftige Kunden- he Abbildung 1). Sie nutzen für haftigkeit eines weit gefächerten
bedürfnisse eingehen, was positi- jede Problemstellung, die sich in Multi-Channel-Systems nicht von
ve Effekte auf die Kundenzufrie- den unterschiedlichen Phasen des alleine bzw. nicht allein durch die

90

80

70

60

Laden
50
Verkaufspersonal
Servicepersonal
40
Anbieter‐Homepage

30 sonstige Internetseiten

20

10

0
Vorkaufphase Kaufphase Nachkaufphase

Abbildung 1: Nutzung von Kundenkontaktpunkten in den Phasen des Kaufprozesses

denheit, die Kundenloyalität so- Kaufprozesses ergibt, den am Quantität im Portfolio der ange-
wie das Vertrauen in den Anbie- besten geeigneten Kontaktpunkt. botenen Kontaktpunkte ergibt. Es
ter nach sich ziehen kann. Je mehr Kontaktpunkte ein Un- ist hingegen erforderlich, die
ternehmen also bietet, umso treff- Kontakte multifunktional auszu-
Erste empirische Untersuchungen genauer kann es die Bedürfnisse gestalten, weil die Kunden mit
zu Kundenkontakten, deren Funk- der Kunden erfüllen. Die Nutzung diesen Kontaktpunkten alternative
tionen und Bedeutung im Handel der Kontaktpunkte durch die Funktionen verbinden und sie
zeigen, dass solche Unternehmen Kunden variiert dabei im Rahmen somit multifunktional nutzen: Die
im Vorteil sind, die ihren Kunden des Kaufprozesses. Kunden beurteilen nämlich solche
eine Vielzahl von Kontaktpunk- Kontakte im Rahmen ihrer Kauf-
ten bieten. Beispiele für wichtige Naturgemäß sind die Fragestel- prozesse als besondere wichtig,
Kontaktpunkte von Händlern sind lungen, die im Rahmen der Vor- die sie in ihren Kaufprozessen
die Ladengeschäfte, die Unter- kaufphase und der Kaufphase häufig nutzen und die ihnen viel-
nehmens-Homepage, Call-Center, seitens der Kunden auftreten, am fältige Funktionen erfüllen. Es
Off- und Online-Vermittler (z.B. weitesten gefächert (siehe Abbil- besteht also ein Zusammenhang
ebay.de oder amazon.de). Weitere dung 2). Entsprechend erfüllen zwischen den dominierenden
Kontaktpunkte können Printkata- die Kontakte in der Vorkauf- und Kontaktfunktionen und der Be-
loge, Prospekte, Anzeigen und der Kaufphase die meisten unter- deutung eines Kundenkontakt-
Beilagen in Tageszeitungen, An- schiedlichen Funktionen. Neben punkts für die Kunden.
zeigenblättern und Zeitschriften der eigentlichen Transaktion wer-
sein und nicht zuletzt auch die den die Kontaktpunkte in diesem Die Bedeutung und Wirkung der
Servicemitarbeiter des Unterneh- Abschnitt des Kaufprozesses vor Kundenkontakte hängt dabei mit
mens. allem für den Erhalt gezielter und Alter und Geschlecht der Kunden
allgemeiner Informationen sowie zusammen: Je älter die Kunden
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 12

90

80

70

60

allgemeine Informationen
50
gezielte Informationen
Preisvergleiche
40
Hilfestellung & Beratung

30 Beschwerde

20

10

0
Vorkaufphase Kaufphase Nachkaufphase

Abbildung 2: Funktionen der Kundenkontaktpunkte in den Phasen des Kaufprozesses

sind, umso höher ist im Durch- funde positive Effekte der Anzahl sondern auch das Wissen um die
schnitt die Anzahl der gesuchten persönlicher Kundenkontakte auf Kontakte und deren Funktionen
Kundenkontakte und umso höher die Kundenloyalität. an weiteren Kontaktpunkten im
ist auch die Anzahl unterschiedli- Multi-Channel-Marketing.
cher Kontaktfunktionen. Ebenso Implikationen
zeigen sich Effekte des Ge- Darüber hinaus deuten die Ergeb-
schlechts. Frauen realisieren Die Befunde zeigen Unterschiede nisse auf vielfältige horizontale
demnach häufiger Kontakte mit hinsichtlich der Anzahl und der und vertikale Abhängigkeiten
der Anbieter-Werbung und mes- Anteilen an Kontakten mit unter- zwischen den einzelnen Kunden-
sen diesen Kontaktpunkten eine schiedlichen Kundenkontakt- kontakten, ihren Funktionen und
höhere Bedeutung bei als dies bei punkten entlang des Kaufprozes- Bedeutung entlang des Kaufpro-
Männern der Fall ist. Weiterhin ses. Die Ergebnisse liefern eben- zesses hin, was eine sequenzana-
zeigen sich Effekte der bisherigen falls Hinweise auf Unterschiede lytische Auseinandersetzung mit
Erfahrungen mit dem Anbieter hinsichtlich der Funktionen und dem Käuferverhalten im Multi-
auf die Realisation von Kunden- Bedeutung der Kundenkontakte. Channel-Marketing nahelegt (z.B.
kontakten. Je häufiger ein Kunde Die zukünftige Forschung im Markov Modelle, Assoziations-
beim Anbieter bereits gekauft hat, Multi-Channel-Marketing muss analysen). Derartige Analysen
umso weniger Kontakte sucht er diese Unterschiede berücksichti- ermöglichen wichtige Erkenntnis-
bei nachfolgenden Kaufprozes- gen, um zu einem tiefgreifenden se über die Dynamik des Kun-
sen. Verständnis des Käuferverhaltens denverhaltens im Zeitablauf so-
in Mehrkanalsystemen der Han- wie über potenziell vorhandene
Interessant ist weiterhin, dass eine dels- und Dienstleistungsbranche Synergien zwischen den Kanälen
steigende Anzahl an Kontakten zu gelangen. Weiterhin leisten die im Multi-Channel-Marketing.
die Kundenzufriedenheit negativ Ergebnisse einen erheblichen Weiterhin ermöglichen solche
beeinflusst, insbesondere in der Beitrag zur Steigerung der Kun- Ansätze eine verhaltensbezogene
Nachkaufphase. Dies hat wichtige denkenntnis beim Anbieter. Es Kundensegmentierung basierend
Auswirkungen auf die Nachkauf- zeigt sich, dass nicht nur die per- auf der Abfolge der Kundenkon-
betreuung von Kunden, da sich sönlichen Kontakte mit dem Ver- takte – der Kundenkontaktse-
die Frage stellt, in welcher Art kaufs- und Servicepersonal für quenz – entlang des Kaufprozes-
und Weise hier ein Relationship- den Aufbau einer umfassenden ses.
Management aufgebaut werden Kundenkenntnis relevant sind,
kann. Weiterhin zeigen die Be-
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 13

Erfolgreiches KAM gegenüber internationalen


Handelskunden

Andrea Schlüter
KAM ist ein Ansatz der Kundenpriorisierung der – wie Studien zeigen – zur höheren durchschnitt-
lichen Kundenprofitabilität und zu höheren ROIs führt. Diese Studie fokussiert auf das internationa-
le KAM (IKAM), das bezüglich der Koordinationsanforderungen über das nationale KAM hinaus-
geht und komplex wird, wenn beide – Kunde und Lieferant – globale Unternehmen sind. Nur sechs
empirische Studien adressieren bisher die Organisation des IKAM, keine die Spezifika der Kon-
sumgüterdistribution, in der u.a. ein Endkundenmarketing vom Trademarketing abzugrenzen ist.

Einleitung Internationalisierung des Handels. kung der Gestaltung der IKAM-


IKAM wird aber oft mit einem Organisation (Strategie/Struktur)
Internationale Konsumgüterher- erhöhten Koordinationsaufwand auf den IKAM-Erfolg, (2) Deter-
steller haben bekanntlich ihre verbunden, mit steigendem Druck minanten der Gestaltung (Aktivi-
Marken- und Vertriebsorganisati- auf Preise durch kumulierte Auf- täten von Handel/Hersteller), und
onen reorganisiert, z.B. regionale träge und durch Preistransparenz (3) situative Faktoren.

Aktivitäten Handelskunde
Zentralisierung
Beschaffung
Gestaltung IKAM-Strategie
Standardisierung
Marktbearbeitung
Intensität
Integration
Prozesse Proaktivität
Grad der IKAM-Erfolg
Internationalisierung Standardisierung
Effizienz
Aktivitäten Hersteller Gestaltung IKAM-Struktur Effektivität
Abhängigkeit vom
Händler Zentralisierung
Standardisierung
Marktbearbeitung Formalisierung

Kundenorientierung Spezialisierung

Grad der
Internationalisierung

Situation des Unternehmens und der Länder

Abbildung 1: Bezugsrahmen der Studie

Headquarters gebildet, Marken-


portfolios bereinigt. Eine (Neu-) über Ländergrenzen hinweg. Un- Zwei Fragen werden nachfolgend
Gestaltung des bisher oft nur na- sere Forschungsstudie beantwor- adressiert:
tionalen KAM erfolgt vor dem tet eine Reihe von Fragen wie in
Hintergrund der zunehmenden Abbildung 1 angedeutet: (1) Wir- ● Wie stark ist die Bereitschaft
internationaler Handelskun-
Autorin den zur Zusammenarbeit und
welche ihrer Aktivitäten de-
terminieren die Gestaltung
Dipl.-Kffr. Andrea Schlüter war von 2008 bis 2010 Doktorandin am Lehrstuhl
des IKAM?
für Marketing & Handel der Universität Trier.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 14

● Wie gestalten Konsumgüter- Nachfolgend werden die im ven Anpassung an Handelswün-


hersteller IKAM-Strategie IKAM erfolgreichsten Hersteller sche – erfolgversprechender ist
und -Struktur erfolgreich? (Top 15%) als Benchmark her- (siehe Abbildung 2).
vorgehoben. Sie wurden anhand
Datenbasis von Erfolgsgrößen zur IKAM Die Aktivitäten der Händler im
Effektivität und Effizienz ermit- Ausland bestimmen direkt die
Dieser Studie liegen 172 Mana- telt. Teilweise werden auch Er- IKAM-Gestaltung.
gerurteile (61% CEOs, Leiter gebnisse der Lieferanten von
Vertrieb/KAM und 39% KA-Ma- Discountern hervorgehoben. ● Die Zentralisierung der inter-
nager) zum jeweils (gemäß dem nationalen Beschaffung von
Umsatz) wichtigsten internationa- Determinanten der Handelsunternehmen wirkt
am stärksten auf das IKAM.
len Handelskunden zugrunde. IKAM­Gestaltung
Hiermit können Handelsun-
Vorab wurden alle in Deutschland Die Verhandlungsposition des ternehmen ihre Verhand-
präsenten internationalen Kon- Handels bestimmt die IKAM- lungsmacht stärken und Kos-
sumgüterhersteller identifiziert, Gestaltung. Sie wird üblicherwei- tensenkungen durch die Aus-
die mit internationalen Handels- se mit der Abhängigkeit des Her- nutzung regionaler Preisdiffe-
unternehmen zusammenarbeiten. stellers abgebildet, die im Durch- renzen erreichen. Sie sind
Im Jahr 2009 wurden nach Vor- schnitt hoch ist. Aber es existie- aber weniger an Kundenbe-
kontakt 670 CEOs angeschrieben, ren beachtliche Unterschiede. Im dürfnisse adaptiert als solche
mit der Bitte, den Fragebogen KAM erfolgreiche Hersteller mit dezentraler, z.B. länder-
schriftlich oder elektronisch zu (Top 15%) sind stärker abhängig spezifischer Beschaffung.
beantworten oder an zuständige (siehe Abbildung 2). Aber die Zentralisiert werden primär
Mitarbeiter weiterzuleiten. Meh- Handelskunden der erfolgreichen Preis-/Konditionenver-
rere Nachfragen folgten. Die Un- Top 15% sind offener für Koope- handlungen, gefolgt von der
ternehmen repräsentieren meis- rationen. Beschaffung und Logistik,
tens Food-/Near-Food-Branchen weniger Category Manage-
und die Hersteller haben höhere Es ist dennoch zu schlussfolgern, ment (CM) und Marketing.
Auslandsumsatzanteile. dass eine initiative Kundenorien- Handelskunden der Top 15%
tierung – im Gegensatz zur passi- zentralisieren stärker.

Mittelwert
(Skala 1-5)

Gesamt (N=172) 26.8 24.4 48.8 3,4


Der Verlust des Kunden
würde unseren Gesamtumsatz Top 15% (N=26) 23.0 77.0 3,7
erheblich beeinträchtigen. Discounter (N=22) 13.6 13.6 72.7 4,2
Abhängigkeit vom
Handelskunden? Gesamt (N=172) 14.5 22.1 63.3 3,7
Wir sehen den Kunden als
einen unserer wichtigsten Top 15% (N=26) 15.4 19.2 65.4 4,0
Kunden. Discounter (N=22) 9.1 9.1 81.8 4,4

Gesamt (N=172) 30.8 29.1 40.1 3,1


Der Kunde ist nur interes-
siert, was die Produkte Top 15% (N=26) 38.5 19.2 42.3 3,0
kosten. Discounter (N=22) 22.7 31.8 45.5 3,3

Bereitschaft zur Gesamt (N=172) 21.5 29.1 49.4 3,3


Der Kunde ist bereit zusätz-
Zusammenarbeit? liche Leistungen bei der Top 15% (N=26) 11.5 19.2 69.2 3,9
Verhandlung zu akzeptieren. Discounter (N=22) 45.5 18.2 36.4 2,9

Der Kunde hat Interesse an Gesamt (N=172) 12.8 25.6 61.6 3,6
einer Zusammenarbeit über Top 15% (N=26) 16.9 15.4 67.7 4,3
Preise/ Konditionen hinaus.
Discounter (N=22) 22.7 22.7 54.5 3,4

(1) gar nicht und (2) (3) weder/noch (4) zutreffend/


eher nicht zutreffend (5) voll zutreffend

Abbildung 2: Bereitschaft zur Zusammenarbeit


Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 15

● Lebensmittelhandelsunter- struktureller Gestaltungselemente passt werden. Preis-/Konditionen-


nehmen standardisieren Be- gefasst (siehe Abbildung 3). systeme werden stark standardi-
triebstypen, Sortimente oder siert, vor allem die Preisstellung,
selbst die Kommunikation in- Strategische Gestaltungselemente die Konditionen-/Rabattge-
ternational relativ stark, er- staltung und die Netto-Netto-
neut am stärksten bei den Die Intensität der IKAM-Akti- Preise. Weitere IKAM-Akti-
Kunden der Top 15% und den vitäten ist bei Preisen/ Konditio- vitäten werden stärker an lokale
Discountern. Dies bestimmt nen ausgeprägt, weniger bei Märkte angepasst. Die Top 15%
die IKAM-Gestaltung, aber SCM, CM oder Marketing. Die- weisen eine deutlich stärkere
nur halb so stark wie die Be- ses stützt die Einschätzung, dass Standardisierung auf, primär bei
schaffungszentralisierung. die Handelsinternationalisierung CM und Marketing.
● Die Integration von Prozessen mit einem erhöhten Preisdruck
(z.B. CM, SCM) führt natio- verbunden wird. Die Top 15% Strukturelle Gestaltungselemente
nal zur Professionalisierung agieren leicht intensiver.
der Lieferantenbeziehungen. Die Zentralisierung sagt aus,
International wird die IKAM- Die Proaktivität zeigt, inwiefern inwieweit die IKAM-
Gestaltung geringer determi- die Initiative vom Hersteller aus- Koordination zentral oder dezent-
niert. Unsere Erklärung ist, geht. Marketing/CM gehen stär- ral in Landesgesellschaften er-
dass Prozessintegration in vie- ker auf die Initiative der Herstel- folgt. Die Top 15% zentralisieren
len Auslandsmärkten noch ler und Konditionen/SCM stärker stärker, nicht nur strategisch
weniger bedeutend ist. auf die Initiative der Händler (Preise/Konditionen, Kundenstra-
zurück. Die Top 15% sind in al- tegie, -informationen, -control-
Erfolgreiche IKAM­ len Bereichen leicht proaktiver. ling), sondern auch taktisch (CM,
SCM, Marketing) deutlich stär-
Organisation Der Grad der Standardisierung ker. Auch die Lieferanten von
Strategie und Struktur sagt aus, inwiefern die IKAM- Discountern zentralisieren stark,
Aktivitäten für einen Handels- aber aus anderen Motiven, denn
Die Organisation des IKAM wur- kunden international standardi- sie adaptieren die Kundenvorga-
de mittels sechs strategischer und siert oder auf seine individuellen ben.
Bedürfnisse in den Ländern ange-

Mittelwert
(Skala 1-5)

Gesamt n=172 19.2 44.2 36.6 3,2


Intensität top 15% n=26 3.8 50.0 46.2 3,4
Discounter n=22 22.7 40.9 36.4 3,3
Gestaltung Gesamt n=172 22.7 47.7 29.6 3,0
Internationaler Proaktivität top 15% n=26 23.1 34.6 42.3 3,1
KAM-Strategie? Discounter n=22 31.8 45.5 22.7 2,7
Gesamt n=172 34.9 36.6 28.5 2,9
Standardisierung top 15% n=26 11.5 46.2 42.3 3,4
Discounter n=22 18.1 36.4 45.5 3,3
Gesamt n=172 36.7 30.2 33.1 2,9
Zentralisierung top 15% n=26 11.5 30.8 57.7 3,6

Discounter n=22 9.1 18.2 72.8 3,9


Gestaltung Gesamt n=172 27.9 36.6 35.5 3,1
internatinaler Spezialisierung top 15% n=26 38.5 61.5 3,8
KAM-Struktur?
Discounter n=22 18.2 40.9 40.9 3,4

Gesamt n=172 34.3 37.2 28.5 2,9


Formalisierung top 15% n=26 15.4 42.3 42.3 3,3

Discounter n=22 18.2 22.7 59.1 3,3

(1) gar nicht und (2) (3) weder/noch (4) zutreffend/


eher nicht zutreffend (5) voll zutreffend

Abbildung 3: Internationale KAM-Struktur und KAM-Strategie


Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 16

Der Grad der Speziali-


sierung drückt aus, in-
IKAM-Strategie IKAM-Strategie
wiefern Generalisten
oder auch Spezialisten Proaktivität Proaktivität
(aus Controlling, Mar- Standardi- Standardi-
Intensität + Intensität +
keting, Logistik, usw.) +
sierung -
sierung
- +
im IKAM einbezogen
sind. Die Top 15% nut- Effektivität Effizienz
++ + ++ -
zen wesentlich häufiger
+ -
Spezialisten. Zentralisierung Formalisierung Zentralisierung Formalisierung

Spezialisierung Spezialisierung
Die Formalisierung
betrifft die interne Ko- IKAM-Struktur IKAM-Struktur
ordination, ist aber auch
kundengerichtet, da hier
Ansprechpartner und Abbildung 4: Erfolgsfaktoren
Verantwortlichkeiten
definiert werden. Vor allem die Profitabilität und Marktanteil schen Gestaltungselementen
formalen Kommunikationswege beim Kunden) und Effizienz (Op- determiniert. Die Zentralisie-
werden vorgegeben, weniger die timierung der Kundenbeziehun- rung ist erneut der Haupter-
Richtlinien zur Zusammenarbeit gen) unterteilt werden. Dies ist folgsfaktor neben der Proakti-
mit Handelskunden. Die Top 15% sinnvoll, da Konsumgüterunter- vität und der Standardisie-
investieren deutlich mehr in die nehmen Effektivität und/oder rung.
Entwicklung der Richtlinien der Effizienz in der Kundenbezie-
Kommunikation gegenüber Han- hung unterschiedlich gewichten Diese Erfolgsfaktoren dürften mit
delskunden. können. Folgende Erfolgsdeter- zunehmender Handelsinternatio-
minanten liegen vor (siehe Abbil- nalisierung an Bedeutung gewin-
Effektivität und Effizienz dung 3): nen. Sie variieren zudem situativ,
im Vergleich kleinerer vs. großer
Fast 40% des IKAM-Erfolges ● IKAM-Effektivität hängt do- Hersteller, deutscher vs. globaler
sind auf die IKAM-Organisation minant von strukturellen Ge- Hersteller etc. Folgerichtig sind
zurückzuführen. Hierbei dominie- staltungselementen ab. Die sie in der Praxis unternehmensin-
ren die strukturellen Gestaltungs- Zentralisierung der IKAM- dividuell zu bewerten und in
elemente und vor allem die Zent- Aktivitäten ist der Hauptfak- Kombination auszuwählen, denn
ralisierung der IKAM-Aktivi- tor für eine effektive Koordi- Strategie und Struktur sind aufei-
täten. Sie erklären den IKAM- nation internationaler Han- nander abzustimmen. Dies ist
Erfolg doppelt so stark wie die delskunden. Relevant sind aber ein anderer Zugang zu die-
Strategie (vgl. Abbildung 4). ferner Formalisierung und sem Thema.
Spezialisierung.
Der IKAM Erfolg kann in Effek- ● IKAM-Effizienz wird von
tivität (Maximierung von Umsatz, strukturellen und strategi-

„Take­aways“
● Der Handel internationalisiert dynamisch, aber nicht alle internationalen Handelsunternehmen sind für
Kooperationen offen und nicht alle Hersteller haben ein erfolgreiches Internationales Key Account
Management (IKAM); letztere verzichten nachweisbar auf Zusatzgewinne!
● Die internationale Beschaffungsorganisation und die Verhandlungsposition der Handelsunternehmen
bestimmen dominant die Gestaltung der IKAM-Organisation der Konsumgüterindustrie!
● Die IKAM-Organisation bestimmt den Erfolg des KAM, wobei die Struktur doppelt so bedeutend ist
wie die Strategie, jedoch Strukturen schwerer anzupassen sind als Strategien!
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 17

Vielfältige Angebotsformen im Online-Handel

Im Internet kristallisieren sich unterschiedliche Betriebstypen heraus

Dirk Morschett
Weltweit wächst der Online-Handel stetig und schnell an. Für Deutschland prognostiziert der HDE
für dieses Jahr einen Internetumsatz von 23,7 Mrd. EUR und für 2011 von 26,1 Mrd. EUR. In der-
artig dynamischen Bereichen entstehen Innovationen. Im Online-Handel hat sich in den letzten Jah-
ren eine Reihe von spezifischen Betriebstypen entwickelt, die in diesem Beitrag skizziert werden.

Entstehung erlebnisori­ Online-Bekleidungshändler aus Hier wird über Outdoor-Trends,


entierter Online­Shops Großbritannien, verkörpert diesen Outdoor-Produkte, Reisen, etc.
Typ. Catwalk-Videos von berichtet und dabei die
Bei erlebnisorientierten Shops Produkten, ausführliche Berichte, Produktberatung in multimedialer
steht das Einkaufserlebnis im Trendreports, etc. gleichen eher Form unmittelbar mit dem
Vordergrund. Der Kunde soll einem interaktiven Modemagazin Produktkauf verbunden.
beim Kauf emotional angespro- als einem Geschäft.
chen werden, er soll unterhalten Derartige Erlebnisshops werden

Abbildung 1: Derzeitige Angebotsformen im Online-Handel

werden, er soll diese Webseiten


auch besuchen, wenn er über- Bei Globetrotter ist der Online- in unterschiedlichen Formen in
haupt nicht einkaufen will. Shop eng mit 4seasons-TV, den nächsten Jahren boomen.
einem unternehmenseigenen
ASOS, einer der führenden WebTV-Channel verknüpft. Online­Shops
mit Customizing
Autor
Eine Reihe von Online-Händlern
(häufig Hersteller, die über das
Univ.-Professor Dr. Dirk Morschett ist Inhaber des Lehrstuhls für Internationa-
Internet direkt vertreiben) hat
les Management – Liebherr/Richemont Endowed Chair der Universität Fri-
erfolgreich Customizing
bourg/Schweiz.
aufgegriffen.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 18

Ein schon seit vielen Jahren Shops ist ModCloth.com, ein Sortimentsorientierte
erfolgreiches Beispiel ist Nike, Händler für Damenbekleidung. Online­Shops
die online über NikeID dem Mit “Be the Buyer” werden
Kunden ermöglichen, Produkte zu potenzielle Designs vorgestellt Die Gruppe der sortiments-
designen und diese dann direkt zu und die Online-Besucher können orientierten Online-Shops umfasst
kaufen. Zazzle, ein Erfolgs- abstimmen. Bei genügend Händler, bei denen der Kunde
beispiel aus den USA, bietet Stimmen wird das Design bestimmte Produkte sucht, deren
individualisierte Geschenkartikel, produziert und innerhalb einiger Warenkompetenz für ihn von zen-
T-Shirts und weitere Produkte an. Wochen nach dem Voting ist es traler Bedeutung ist, die für
Auch Lebensmittel werden im Online-Shop verfügbar. Das bestimmte Sortimente stehen oder
mittlerweile customized, wie die bringt den Community-Gedanken eben für eine sehr breite
erfolgreichen Beispiele my m+m in sehr interessanter Weise nach Produktauswahl.
in den USA und mymuesli in vorne. Die Community wird zum
Deutschland belegen. “Co-Producer” und dies bringt Dies sind z.B. die Spezial-
nicht nur einen sehr guten Sensor geschäfte bzw. Nischenanbieter.
Obwohl Online-Shops, die sich in den Markt, sondern auch eine Ein recht bekanntes Beispiel ist
auf Customizing spezialisieren, starke Bindung der Kunden. diapers.com, ein Baby-
vermutlich auch dauerhaft Windelversand aus den USA, der
Nischen bleiben werden, können 2004 gegründet wurde und 2010
sie sich künftig sicherlich noch in etwa 300 Mio. USD mit Windeln
weitere Bereiche ausdehnen.

Community­basierte
Online­Shops Sortimentsorientierte
Shops
Alle Studien zum Thema Online-
Kommunikation zeigen klar, dass
für die Internet-Nutzer die Glaub-
würdigkeit anderer User erheblich Spezialgeschäfte/
höher ist als ihr Vertrauen in Nischenanbieter
klassische Werbebotschaften.

Einige Online-Händler nutzen


nun Social Communities als Basis
ihres Geschäftsmodells. So ist
z.B. Smatch.com, die zur Otto- Fachmärkte
Gruppe gehören, eine führende
Produktsuche für die Segmente
Mode, Wohnen und Lifestyle mit
über 1,5 Millionen Produkten. Sie
verbindet die direkte Produkt- Universal-
suche mit Komponenten aus dem
Social-Shopping, wie beispiels-
kaufhäuser
weise Produktempfehlungen und
der Möglichkeit für User, sich
untereinander über neueste
Shoppingtrends auszutauschen.
Smatch.com greift Social Marktplätze/
Commerce intensiv auf und bietet Shopping-Center
seit neuestem – als weltweit erster
Anbieter – sogar eine Produkt-
suche unmittelbar in Facebook
an.
Abbildung 2: Unterschiedliche Typen
Ein anderes Beispiel eines Social-
sortimentsorientierter Online-Shops
Community-fokussierten Online-
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 19

und anderem Babybedarf erlösen


wird. Im November wurde das
Unternehmen für über 500 Mio. Preis-Formate
USD von Amazon bekauft. Ein
weiteres Beispiel ist OneStop-
Plus.com, ein Unternehmen, das
zu Redcats gehört. Erst vor zwei
Jahren in den USA gegründet, ist Auktionen
dieser Nischenanbieter für Mode
in Übergrößen einer der am
schnellsten wachsenden Mode-
Online-Händler dort.
Shopping-Clubs
Nischen, welche für Ladenge-
schäfte zu eng sind, können
online (ohne geografische
Begrenzung des Einzugsgebietes) Liveshopping
durchaus erfolgreich bearbeitet
werden – eine Manifestation des
sogenannten „Long Tail“ im E-
Commerce.
Gruppenrabatte
Weiter gibt es die Fachmärkte,
die sich vor allem dadurch von
den Spezialgeschäften unter-
scheiden, dass sie eine breite und Outletstores
zugleich tiefe Auswahl in einem
Warenbereich anbieten. Pixmania
für Consumer Electronics,
Zalando, ein Online-Schuh-
Händler, der zwei Jahre nach sonstige
seiner Gründung schon auf 50
Mio. EUR Umsatz geschätzt
wird, und Decathlon stehen Abbildung 3: Unterschiedliche Typen von Preis-Formaten
exemplarisch für diesen Online-
Betriebstyp.
Die Begrenzung der Ladenfläche Marktführer ist. Ebenso agiert der
Den Betriebstyp des Online- ist eben im Online-Shop nicht japanische Riese Rakuten
Universalkaufhauses kann man gegeben und die Ware muss auch ausschließlich als Plattform.
am besten anhand Amazon er- nicht vollständig im eigenen
Lager verfügbar sein, sondern bei Bei Amazon sind mittlerweile die
läutern. Das Unternehmen ist mit
außergewöhnlichen Produkten Übergänge fließend. Denn nur
Abstand der größte Online-
akzeptiert der Kunde durchaus noch 66% der bestellten Artikel
Händler der Welt. Bereits 2008
längere Lieferfristen, sodass be- werden über den eigenen Verkauf
erklärte Jeff Bezos, Gründer von
stimmte Sortimente erst nach der realisiert, den Rest erzielen
Amazon stolz, dass er „die größte
Kundenbestellung vom Liefe- zahlreiche Partnershops, die über
Auswahl der Welt“ biete. Und im
ranten bezogen werden. die Amazon-Plattform verkaufen.
ersten Quartal 2010 hat der
frühere Online-Buchhändler
Marktplätze und Shopping-Center
erstmals mehr Elektronik und
bieten ebenfalls umfassende
andere Waren als Medien-
Sortimente, allerdings verkaufen
produkte verkauft. Weitere Bei-
sie diese Sortimente nicht selbst,
spiele für diesen Betriebstyp sind
sondern agieren als Plattform für
WalMart.com und Schlecker
Drittanbieter. Shopping24.de ist
online.
ein deutsches Beispiel hierfür.
So erleben Kaufhäuser eine Taobao ist eine riesige Plattform
Renaissance im Online-Handel. in China, die mit weitem Abstand
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 20

Innovative Preisformate eine Gebühr zahlen, aber im sich dieses Konzept schnell aus-
Gegenzug noch extremere gebreitet. Der deutsche Markt-
In den letzten 2-3 Jahren Preisreduktionen geboten führer Brands4Friends wird 2010
entstanden zahlreiche neue bekommen. Hier kommt ein ca. 150 Mio. EUR Umsatz er-
Betriebstypen, die auf unter- starkes Entertainment-Element zielen. BuyVIP, ein spanisches
schiedliche Art das Thema Preis zur Auktion hinzu. Unternehmen, wurde im Oktober
in den Vordergrund rücken. 2010 Amazon akquiriert, was
Natürlich will der Kunde auch Online-Shopping-Clubs sind ein belegt, dass auch die großen
dort ein Produkt kaufen, aber der neueres Preisformat. Hier werden Player in diesem Geschäftsmodell
USP dieser Formate liegt auf registrierten Mitgliedern noch eine spannende Entwicklung
einer besonderen Art, ein hochwertige Markenartikel mit sehen.
Schnäppchen zu machen oder auf Preisreduktionen von bis zu 70%
einem besonderen Preismecha- angeboten, in Kooperation mit Beim Liveshopping bietet ein
nismus, nicht so sehr auf dem den Herstellern, bei denen die Online-Shop seinen Kunden für
Produkt oder der Warengruppe. Shopping-Clubs die Ware erst kurze Zeit extreme Rabatte auf
nach Abschluss der Kampagne einen einzelnen oder wenige

Umsatzprognose für 2010 in Mio. EUR

Brands4Friends 130.0

Vente Privée 75.0


(+19,2%)

Buy VIP 40.0


(+11,7%)
Limango 25.0

(+3,8%)
Pauldirekt 13.5

sonstige 20.0

Quelle: Bloomberg/Handelsblatt, Oktober 2010.

Abbildung 4: Shopping-Clubs in Deutschland

Und auch diese Gruppe von einkaufen. Durch die geschlos- Artikel an (oft nach dem Motto
Online-Betriebstypen hat sich in senen Clubs tauchen die ent- „One Day – One Deal“). Woot ist
den letzten Jahren weiter aus- sprechenden Preise nicht in den der Prototyp dieses Geschäfts-
differenziert. So gibt es die fast Preissuchmaschinen auf, sodass modells, das international
schon traditionellen Auktions- die Herstellermarken ohne hundertfach kopiert wurde. 2010
seiten wie Ebay. Es gibt aber größere Imageprobleme derartige wurde Woot von Amazon
auch modernere Formen der Aktionen unterstützen können. übernommen, agiert aber
Auktion, wie Swoopo, bei denen Vor ca. vier Jahren von Vente weiterhin autonom.
Konsumenten für jedes Gebot Privée in Frankreich erfunden, hat
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 21

Ein weiterer Typ der Preisformate So gibt es etwa – als Unterseite ist), das ist derzeit noch nicht
hat sich mit den Anbietern von der Homepage – ein Best Buy abzusehen.
Gruppenrabatten herausgebildet. Outlet Center und ein Sears
Bei Groupon aus den USA, dem Outlet. Fazit und Ausblick
weltgrößten Anbieter, werden
hohe Rabatte angeboten, die Daneben werden sich sicherlich Online-Handel ist nach ca. 15
jedoch nur dann gewährt werden, weitere Angebotsformen Jahren eine reife, wenn auch noch
wenn eine vorher definierte entwickeln und finden sich heute sehr dynamische Branche mit
Anzahl von Personen kauft. auch schon vereinzelt. Ein einem hohen Umsatzvolumen.
Während des Zeitraums der Beispiel sind Online-Discounter,
Aktion ist ständig eingeblendet, die wie Lidl.de günstige Non- Die genannten 5 Gruppen von
wie viele Käufer es bereits gibt food-Produkte offerieren. Ein Betriebstypen haben sich
und wie viele es noch braucht, weiteres Beispiel sind Ebay’s 5- mittlerweile herauskristallisiert
bevor das Geschäft für alle Dollar-Deals. Diese imitieren das und die meisten der neu ent-
zustande kommt. Konzept der Dollar-Stores, die im stehenden Formen wird man hier
stationären Handel in den USA einordnen können. Trotzdem ist
Ein weiter interessanter Typ sind sehr erfolgreich wachsen, indem zu erwarten, dass nicht nur inner-
die Outlet-Stores, die Restanten, alle angebotenen Produkte für halb der erwähnten Typen neue
umgetauschte oder ausgelistete genau 5 USD verkauft werden. Online-Shops entstehen, sondern
Ware verkaufen. Overstock.com innovative Unternehmer auch
gehört zu den größten Online- Welche dieser Preisformate sich völlig neue Kategorien erfinden
Shops der USA und auch zu den dauerhaft durchsetzen können, werden.
beliebtesten Online-Brands. Als welche wieder verschwinden,
interessante Entwicklung zeigt welche Akteure innerhalb jeder
sich in den letzten Monaten, dass dieser Formen sich durchsetzen Auszüge dieser Studie wurden auf dem
Händler selbst – stationäre oder können (nach einer Konsoli- 2. Europäischen Online-Handels-
Pure Player – auch mit einem dierungswelle, die zu erwarten kongress am 27. Oktober 2010 in Berlin
Outlet Store am Markt auftreten. präsentiert.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 22

Chancen im chinesischen Online-Handel:


Markt wächst überaus dynamisch

wächst dynamisch auf 24 Mrd. Euro

Hsiang­Ting Lee & Dirk Morschett


Die vorliegende Studie zeigt ein erhebliches Marktpotenzial im extrem wachsenden Internet-Handel
in China. Die Studie wurde erstellt im Rahmen eines Praktikums bei CBC Marketing Research in
Shanghai, China. Sie ist das Ergebnis einer Kooperation von CBC Marketing Research und dem
Lehrstuhl für Internationales Management der Universität Fribourg.

Der chinesische Online-Handel Mittlerweile fördert die chinesi- gewohnte Reihenfolge: Beklei-
ist im vergangenen Jahr mit einer sche Regierung auch den Inter- dung, Bücher, CDs und DVDs,
Steigerung von knapp 90% auf netzugang in den ländlichen Ge- Kosmetik und Elektronik stellen
24 Mrd. EUR (238.8 Mrd. RMB) bieten. Das Land investiert heftig die wichtigsten Kategorien im
angewachsen. Damit überholt er in den Ausbau der Telekommuni- Online-Handel dar.
erstmals das deutsche Marktvo- kationsinfrastruktur, um so die
lumen. In den nächsten drei Jah- Stadt-Land-Kluft zu verringern. Online-Shopping in China ist im
ren wird mit einer Verdreifachung Insgesamt führen diese Bemü- Wesentlichen eine Domäne der
dieses Wertes gerechnet. hungen dazu, dass allein der jähr- jungen, gebildeten Bevölkerungs-
liche Zuwachs an Internetnutzern schichten mit relativ hohem Ein-
Chinas rapides ökonomisches in China der gesamten Bevölke- kommen. Über 50% der Online-
Wachstum in den letzten beiden rung Deutschlands entspricht Käufer haben einen Bachelor-
Dekaden hat zu einem deutlich (siehe Abbildung 1). Titel; 70% sind höchstens 30
erhöhten verfügba- Jahre alt. Mehr als die Hälfte
ren Einkommen Jeder vierte davon sind Frauen (54,4%). Geo-
Allein der jährliche
vieler Haushalte Online-Nutzer grafisch ist der Online-Handel
geführt. Damit ein- Zuwachs an (24,8%) kauft auch noch stark konzentriert: Rund ein
her gingen erhöhte Internetnutzern in online ein. Bis Drittel des gesamten Online-
Ausgaben für mo- China entspricht Mitte 2009 war die Umsatzes wurde 2008 in den drei
derne Technologie – der gesamten Zahl der Internet- Metropolen Shanghai, Peking und
nicht zuletzt das Bevölkerung nutzer, die in den Guangzhou realisiert. Allerdings
Internet. Mit 338 Deutschlands. vergangenen sechs haben gerade die 15 sogenannten
Millionen Internet- Monaten auch „zweitrangigen“ Städte, zu denen
nutzern (25,5% der Bevölkerung) online gekauft hatten, bereits auf viele Provinzhauptstädte gehören,
stellt das bevölkerungsreichste 88 Mio. angestiegen war. Bezüg- die besten Wachstumschancen.
Land der Erde auch die meisten lich der gekauften Produktgrup-
Online-Nutzer. pen findet sich auch in China die 51,1% der Online-Shopper haben
ein monatliches Gehalt von mehr
als 2,000 RMB (200 EUR). Dies
Autoren
sind doppelt so viele wie bei den
Internetnutzern allgemein – ein
Hsiang-Ting Lee ist Studentin im MA in European Business an der Univer-
klares Zeichen der Relevanz des
sität Fribourg/Schweiz. verfügbaren Einkommens für die
Möglichkeit zum Online-Kauf.
Univ.-Professor Dr. Dirk Morschett ist Inhaber des Lehrstuhls für Interna-
Die jährlichen Online-Ausgaben
tionales Management – Liebherr/Richemont Endowed Chair der Universität
lagen 2008 im Durchschnitt bei
Fribourg/Schweiz.
1,600 RMB (160 EUR) pro Per-
son, 57% höher als 2007.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 23

Taobao ist Marktführer nen Handel akzeptiert man andere durch Reputation und die Mei-
Händler auf seiner Webseite und nungen der Online-Community
Der Online-Handel Chinas wird entwickelt sich so zum Online- überprüft wird. Ebenso sind
von Taobao.com dominiert, einer Shopping-Center. Preisvergleiche schnell und ein-
C2C-Plattform, die sich an das fach möglich, sodass chinesische
Geschäftsmodell von eBay an- Zusammen realisieren diese vier Kunden, gerade wegen des ver-
lehnt. C2C stellt mit rund 93% Player mehr als 50% des chinesi- gleichsweise niedrigen Einkom-
des Umsatzes noch die wichtigste schen B2C-Umsatzes, wobei sie mens, noch wesentlich stärker als
Form des Online-Handels in Chi- durch ihre Plattformstrategien in westlichen Ländern auf die
na dar. Über Taobao.com werden zugleich interessante Kooperati- Preiswürdigkeit des Händlers
rund 170 Mrd. RMB (17 Mrd. onspartner für westliche Unter- achten.
EUR) Transaktionsvolumen gene- nehmen darstellen. In der derzei-
riert. tigen extremen Wachstumsphase Chancen für europäische
kämpfen alle Marktteilnehmer Unternehmen
Allerdings wird der B2C-Handel darum, ihre hohen Marktanteile
immer wichtiger und er wird mit- zu zementieren. Marketinginitia- Durch die niedrigen Marktein-
telfristig ca. 40% des Gesamtum- tiven der einzelnen Online- trittsbarrieren und die im chinesi-
satzes einnehmen. 2009 erreichte Plattformen (wie Preisnachlässe schen Online-Markt häufig zu
er rund 32 Mrd. RMB (3,2 Mrd. oder kostenloser Versand) werden findende undifferenzierte Mas-
EUR) und er soll bis 2012 auf ca. darum schnell von den anderen senware können ausländische
292 Mrd. RMB (29 Mrd. EUR) kopiert. Unternehmen (Händler oder Her-
anwachsen. Auch in diesem Be- steller) mit qualitativ hochwerti-
reich ist Taobao.com, hier als Kaufgründe im chinesi­ gen und differenzierten Produkten
Plattform für Online-Händler, schen Markt und bekannten Marken recht ein-
Marktführer. Über Taobao ver- fach mit chinesischen Anbietern
kaufen rund 10.000 registrierte Die wichtigsten Einflussfaktoren konkurrieren. Dabei ist zu raten,
Händler. Der größte Spezialist im auf den Online-Kauf sind in Chi- sich zunächst auf die großen Küs-
B2C-Markt, der selbst handelt, ist na ähnlich wie in anderen Län- tenstädte und auf die bereits be-
360buy.com, ein Home- dern: Die Reputation des Anbie- stehenden Online-Shopper (also
Electronics-Händler. Zwei weite- ters, der Service, Kommentare Angestellte mit relativ hohem
re wichtige Player sind Amazon- anderer Nutzer, der Preis und die Einkommen) zu konzentrieren,
Joyo und Dangdang.com, das Lieferqualität werden als Ent- die für westliche Produkte emp-
„chinesische Amazon“. Beide scheidungskriterien am häufigsten fänglicher sind.
verfolgen eine Strategie, die genannt. Wie in anderen Ländern
Amazon auch in Europa und den wird also auf die Vertrauenswür- Der Mangel an Marktkenntnissen
USA vormacht: Neben dem eige- digkeit des Händlers geachtet, die kann durch Kooperationen mit

(Mio.)
400

350 338
298
300

250
210
200

150 137
111
94
100 79,5
59,1
50 22,5 33,7

0
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Jun 09

Abbildung 1: Anzahl der Internetnutzer in China


Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 24

etablierten Partnern kompensiert ist auch für ausländische Unter- Paketdienst der chinesischen Post,
werden. nehmen einfach zu realisieren. eine sehr gute Abdeckung.
Lokale Online-Zahlungssysteme
Um im chinesischen Online-
Handel erfolgreich zu sein, muss
ein Anbieter ein auf die lokale
Kultur angepasstes Marketing
betreiben, um seine Marken zu
penetrieren. Angemessene Quali-
tät, westliche Marken, aber zu
möglichst niedrigen Preisen, sind
wichtige Wettbewerbsfaktoren.
Zugleich ist der chinesische
Markt äußerst dynamisch. Schnel-
le Reaktionen auf Kundenwün-
sche, insbesondere in der Auslie-
ferung, ist ein Muss, aber auch
schnelle Produkteinführungen
und Dynamik im Sortiment sind
notwendig. Kundenservice per
Real-Time-Chat wird in China
von vielen angeboten und dies ist
Abbildung 2: Wichtigste Player im Online-Handel Chinas notwendig, um bequemen und
schnellen Support zu bieten.
Die Geschäftsmodelle von sind mit Abstand die häufigste
Taobao, Dangdang und Amazon Zahlungsmethode im chinesi- Daneben gelten auch im chinesi-
machen es einfach, die hohe schen Online-Handel; fast 50% schen Markt die bekannten Er-
Kundenfrequenz dieser Websei- davon laufen über AliPay, das folgskriterien: an die lokalen
ten für den eigenen Handel zu zum gleichen Konzern wie Verhältnisse angepasstes Marke-
nutzen. Der Handel in China er- Taobao.com gehört. Die Nutzung ting, flexible und schnelle Reak-
fordert jedoch eine lokale Reprä- des Marktführers bietet sich gera- tionen auf Kundenwünsche und
sentanz oder lokale Partner, die de für ausländische Händler an. innovatives Wettbewerbsverhal-
auch die Zollabwicklung und die ten sind notwendige Vorausset-
lokale Finanzabwicklung über- Für die Auslieferung kann man zungen, um ein Stück vom größ-
nehmen. Selbstverständlich müs- neben vielen lokalen Anbietern ten Online-Markt der Welt er-
sen Importregelungen vorab ge- auch auf die bekannten, aber auch obern zu können.
prüft werden; diese stellen jedoch teureren Versender DHL oder
in der Regel kein größeres Prob- FedEx zurückgreifen. In ländli-
lem dar. Die Zahlungsabwicklung chen Gegenden hat EMS, der
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 25

Der Einfluss des Web 2.0 auf das Konsumentenver-


halten im E-Commerce – Eine experimentelle Un-
tersuchung am Beispiel virtueller Communities

Peter Domma
Neue Anwendungen und Technologien im Internet, wie bspw. virtuelle Communities, markieren
einen wesentlichen Wendepunkt im Nutzungsverhalten des Internet durch die Konsumenten. Auf
Grund dieser tief greifenden Veränderungen ergibt sich für Handelsunternehmen die gewichtige
Frage, in welcher Art und Weise das Web 2.0 den Online-Handel verändern wird und welche Hand-
lungsfelder und Profilierungspotenziale sich dadurch ergeben.

Empirische Relevanz der Commerce ist dabei von außer- Beantwortung folgender for-
Thematik gewöhnlich hoher Wichtigkeit: schungsleitender Fragestellungen
Das Entstehen neuartiger Nut- ab:
Während noch in der jüngeren zungsmuster und Anwendungen
Vergangenheit über die Bedeut- im Internet, die üblicherweise mit ● In welcher Art und Weise
samkeit des Internet für den Han- dem Begriff „Web 2.0“ um- wirkt sich die Integration von
del diskutiert wurde, ist dessen schrieben werden. Neue Anwen- Web 2.0-Instrumenten in ei-
hohe strategische Relevanz so- dungen und Technologien im nen Online-Shop auf das Ver-
wohl in der Unternehmenspraxis Internet, wie bspw. Blogs, virtuel- halten der Konsumenten aus?
als auch in der Handelsforschung le Communities oder sog. soziale ● Wie sind die entsprechenden
inzwischen unumstritten. Die Netzwerke, markieren einen we- Web 2.0-Instrumente bei ei-
schnelle und umfassende Diffusi- sentlichen Wendepunkt im Nut- ner Implementierung durch
on des Internet und dessen Ak- zungsverhalten des Internet durch Online-Händler auszugestal-
zeptanz in der Gesellschaft haben die Konsumenten. Auf Grund ten, um eine möglichst positi-
dazu geführt, dass neben dem dieser tief greifenden Verände- ve Wirkungsweise auf die
Entstehen und schnellen Wachsen rungen des Informations-, Nut- Wahrnehmung der Konsu-
sog. „Pure Player“ im Online- zungs- und Kaufverhaltens der menten zu erreichen?
Handel auch für viele der etab- Konsumenten ergibt sich für
Handelsunternehmen die gewich- Der vorliegende Beitrag be-
lierten stationären Händler die
tige Frage, in welcher Art und schränkt sich auf die Darstellung
Nutzung des Internet als Distribu-
Weise das Web 2.0 den Online- eines Teilbereichs der Untersu-
tionskanal im Rahmen von Multi-
Handel verändern wird und wel- chungsphase 1 der empirischen
Channel-Systemen massiv an
che Handlungsfelder und Profilie- Studie, so der experimentellen
Bedeutung gewonnen hat (vgl.
rungspotenziale sich dadurch Untersuchung der Wirkung der
Zentes 2006, S. 10f.).
ergeben. Die hier auszugsweise Integration und Ausgestaltung
Eine aktuelle Veränderung der dargestellte Forschungsarbeit zielt von virtuellen Communities als
Rahmenbedingungen im E- daher im Wesentlichen auf die Ausprägungsform des Web 2.0 in
einen Online-Shop.

Autor Aufbau der experimen­


tellen Untersuchung
Dipl.-Kfm. Peter Domma ist Mitarbeiter im Marketing der CosmosDirekt
Versicherung, einem Unternehmen der Generali Deutschland Holding AG. Auf Basis der existierenden Lite-
ratur zu virtuellen Communities
Er war von 2005 bis 2010 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand
wurden drei unabhängige Variab-
am Institut für Handel & Internationales Marketing (H.I.MA.) der Universi-
len für das Experiment identifi-
tät des Saarlandes, Saarbrücken.
ziert, um Erkenntnisse darüber zu
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 26

gewinnen, welche Faktoren in Als Untersuchungsinstrument des Forums auch ein Eintrag des
welcher Art und Weise einen diente ein eigens erstellter Onli- Händlers selbst. In den Gruppen,
Einfluss auf die Wahrnehmung ne-Shop, in dem die Respon- die einen moderaten Einfluss des
der Konsumenten haben: (1) die denten per Internet eine gestellte Händlers wahrnehmen sollten,
Einflussnahme des Händlers auf Experimentalaufgabe absolvier- wurde in 50 Prozent der Threads
die virtuelle Community, (2) die ten. Im Anschluss wurden diese auch ein Beitrag des Händlers
Qualität der virtuellen Communi- zu einem standardisierten Online- integriert, während die Faktor-
ty und (3) der Grad der Soziabili- Fragebogen weitergeleitet, der die stufe „keine Einflussnahme“
tät der virtuellen Community. abhängigen Variablen und die durch ein vollständiges Fehlen
nötigen Manipulation Checks für von Beiträgen des Händlers ope-
Als abhängige Variablen wurden die jeweiligen Experimentalsti- rationalisiert wurde.
sechs Wahrnehmungsdimensio- muli erfasste. Im Untersuchungs-
nen gewählt, die die Beurteilung zeitraum von September bis Ok- Die Operationalisierung der
des Online-Shops durch die Kon- tober 2009 konnte für das Expe- Qualität der virtuellen Communi-
sumenten in Abhängigkeit von riment insgesamt ein Datensatz ty erfolgte durch die Veränderung
der Gestaltung der virtuellen von n=477 gewonnen werden. des Umfangs und der Aktualität
Community erfassen: Die wahr- Zur Manipulation der Einfluss- der bereitgestellten Inhalte. Da

Treatments
Gruppen-Nr. Faktor 1: Faktor 2: Faktor 3:
Einflussnahme Qualität der VC Soziabilität der VC
1 keine gering niedrig

2 moderate hoch niedrig

3 starke gering niedrig

4 keine hoch niedrig

5 moderate gering niedrig

6 starke hoch niedrig

7 keine gering hoch

8 moderate hoch hoch

9 starke gering hoch

10 keine hoch hoch

11 moderate gering hoch

12 starke hoch hoch

Abbildung 1: Versuchsplan zum Experiment

genommene Einfachheit der Nut- nahme des Händlers wurde eine der Faktor mit zwei Abstufungen
zung und die wahrgenommene unterschiedliche Ausgestaltung untersucht wurde, wurde für die
Nützlichkeit des Online-Shops als des in der virtuellen Community betreffenden Gruppen grundsätz-
funktionale Qualitätskriterien, das vorhandenen Diskussionsforums lich zwischen zwei Gestaltungen
wahrgenommene Risiko beim vorgenommen, in dem eine Dis- der virtuellen Community unter-
Kauf sowie das wahrgenommene kussion verschiedener Produkte schieden: Respondenten, die einer
Vergnügen, die wahrgenommene durch die Kunden des Online- Gruppe zugewiesen wurden, in
soziale Präsenz und die wahrge- Shops gezeigt wurde. In den der eine hohe Qualität der virtuel-
nommene Interaktivität des Onli- Gruppen, in der eine hohe Ein- len Community wahrgenommen
ne-Angebotes. flussnahme des Händlers auf die werden sollte, fanden ein Diskus-
virtuelle Community simuliert sionsforum mit mehr als 100 Bei-
wurde, fand sich in jedem Thread trägen vor (Umfang), wobei kei-
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 27

ner der Einträge in dem Diskussi- ßend auf Konsistenz hinsichtlich ses Web 2.0-Instrumentes, insbe-
onsforum zum Zeitpunkt der Un- Alter, Geschlecht etc. geprüft. sondere auf Grund seiner relati-
tersuchung älter als einen Abbildung 2 zeigt Ausschnitte ven Neuartigkeit, ein hohes Diffe-
Monatwar (Aktualität). dieses Teilbereichs der virtuellen renzierungspotenzial birgt. Für
Respondenten in den Gruppen mit Community. alle gewählten Beurteilungskrite-
einer geringen Qualität der virtu- rien der Konsumenten gilt, dass
ellen Community besuchten ein Ausgewählte Ergebnisse diese von denjenigen Konsumen-
Diskussionsforum, in dem nur ten, die die virtuelle Community
zehn Einträge vorhanden waren, Auf alle im Rahmen der empiri- besucht haben, besser bewertet
die zudem ausnahmslos vor mehr schen Untersuchung ermittelten wurden, als von denjenigen, die
als neun Monaten verfasst worden Wirkungsbeziehungen und die die Community nicht besucht
waren. Art der gewählten Analysen so- haben.
wie Implikationen für die Unter-
Zur Operationalisierung des letz- nehmenspraxis kann im Rahmen In einem ersten Detaillierungs-
ten Faktors des Experimentes, der des vorliegenden Beitrags nicht schritt lassen sich für die konkrete
Soziabilität der virtuellen Com- eingegangen werden. Vielmehr Umsetzung der Integration einer
munity, wurde in Anlehnung an sollen einige wesentliche Ergeb- virtuellen Community durch ei-
eine Studie von Zhang/Hiltz nisse aus einer praxisorientierten nen Online-Händler insbesondere
(2003, S. 411) die Integration Sichtweise heraus überblicksartig Empfehlungen zur Steuerung der
eines Teilbereichs in die virtuelle dargestellt werden. Inhalte einer virtuellen Communi-
Community vorgenommen, in ty ableiten. Dabei kann Online-
dem sich die Mitglieder der virtu- Die Prüfung der Basisannahme Händlern grundsätzlich empfoh-
ellem Community mit Profilfotos, für den konkreten Untersu- len werden, nur in einem be-
Angaben zu ihrer Person und chungsgegenstand der virtuellen schränkten Maße selbst innerhalb
einem persönlichen Gästebuch Community, dass Kunden, die der Community in Erscheinung
vorstellen. Alle Inhalte der Profile einen solchen Bereich eines Onli- zu treten, sodass die Kunden die
wurden aus existierenden sozialen ne-Shops besuchen, diesen positi- Unabhängigkeit der dort bereitge-
Netzwerken im Internet zufällig ver bewerten, konnte bestätigt stellten Informationen als glaub-
zusammengestellt und anschlie- werden, sodass die Nutzung die- haft annehmen. Darüber hinaus

Abbildung 2: Ausschnitte der virtuellen Community mit einem hohen Grad der Soziabilität
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 28

zeigten die Ergebnisse, dass für Unter Beachtung der Bedeu- Die aufgezeigten Ergebnisse ma-
zentrale Prädispositionen des tungszunahme sozialer Netzwerke chen deutlich, dass der oftmals in
Kauf- und Nutzungsverhaltens, im Nutzungsumfeld der Konsu- der Handelspraxis proklamierte
wie die wahrgenommene Ein- menten bietet die Forschungsar- und intuitiv vermutete Nutzen der
fachheit der Nutzung, die wahr- beit erste Erklärungsansätze zur Integration von Web 2.0-
genommene Interaktivität und das Wirkungsweise der Integration Instrumenten in Online-Shops
wahrgenommene Risiko, in Ab- solcher Teilbereiche einer virtuel- empirisch belegt werden kann.
hängigkeit von dem Grad der len Community in einen Online- Gleichermaßen ist aber auf Grund
Einflussnahme des Händlers ein Shop. Die Ergebnisse zeigten, des derzeitigen Erkenntnisstandes
(umgekehrt) u-förmiger Verlauf dass die Nutzung solcher Formen der beteiligten wissenschaftlichen
vorliegt. Somit ist als Handlungs- virtueller Communities einen Disziplinen festzuhalten, dass
empfehlung hinsichtlich der Ein- positiven Ausstrahlungseffekt auf eine umfassende Untersuchung
flussnahme abzuleiten, dass ein die Gesamtbeurteilung des betref- des Phänomens „Web 2.0“ und
Online-Händler zwar ein gewis- fenden Online-Shops hat. Hierbei seiner Einsatzpotenziale im
ses Maß an Beteiligung in der bieten sich für Online-Händler, E-Commerce, die sowohl von
virtuellen Community zeigen v.a. mit Blick auf die Inszenie- hoher wissenschaftlicher und im
sollte, jedoch stets kritisch zu rung erlebnisorientierter Shops, besonderen Maße auch von hoher
prüfen ist, ab welchem Ausmaß weit reichende Möglichkeiten, praktischer Relevanz ist, weiter
die Kunden die Einflussnahme als das Vergnügen bei der Nutzung aussteht.
störend empfinden und somit die zu erhöhen und insbesondere
positiven Effekte der virtuellen auch ein soziales Erlebnis zu Literatur
Community abnehmen. schaffen. Des Weiteren konnte
die Untersuchung zeigen, dass die Farquhar, J.; Rowley, J. (2006):
Die Qualität der virtuellen Com- Bereitstellung solcher sozialer Relationships and online con-
munity, definiert als der Umfang Räume in einem Online-Shop sumer communities, in: Business
und die Aktualität der Inhalte, auch ein geeignetes Instrument Process Management Journal,
stellt, wie bereits durch For- zur Reduktion des durch die Kon- 12. Jg., Nr. 2, S. 162-177.
schungsarbeiten zu den sumenten empfundenen Risikos
Erfolgfaktoren virtueller Com- beim Kauf in diesem Online-Shop Leimeister, J. M.; Sidiras, P.;
munities im Allgemeinen identi- darstellt. Darüber hinaus verdeut- Krcmar, H. (2006): Exploring
fiziert (vgl. Farquhar/Rowley lichten die Ergebnisse, dass die Success Factors of Virtual Com-
2006; Leimeister/Sidiras/Krcmar Risikowahrnehmung der Konsu- munities, in: Journal of Organiza-
2006), auch bei einem Einsatz im menten bei der Integration einer tional Computing & Electronic
E-Commerce-Kontext einen we- virtuellen Community hoher So- Commerce, 16. Jg., Nr. 3/4,
sentlichen Erfolgsfaktor dar. Das ziabilität und einer starken Ein- S. 279-300.
Experiment zeigte, dass die posi- flussnahme nahezu gleich ist wie
tive Wirkungsweise der Integrati- bei einer moderaten Einflussnah- Zentes, J. (2006): Dynamik des
on einer virtuellen Community me. Somit bieten sich in diesem Handels, in: Zentes, J. (Hrsg.):
stark davon abhängig, ob die Zusammenhang für den Händler Handbuch Handel, Wiesbaden,
Kunden diese als lebendige, akti- Möglichkeiten, eine stärke Steue- S. 3-22.
ve Gemeinschaft erleben. Somit rung der Inhalte einer virtuellen
ist bei einer Implementierung in Community hoher Soziabilität, Zhang, Y.; Hiltz, S. R. (2003):
der Praxis darauf zu achten, durch bspw. auch eine stärkere Werbe- Factors That Influence Online
geeignete Anreizsysteme aktivität oder Beeinflussung des Relationship Development in a
schnellstmöglich eine „kritische Kaufverhaltens der Konsumenten, Knowledge Sharing Community,
Masse“ an Teilnehmern zu rekru- vorzunehmen, ohne dass die posi- in: Proceedings of the Ninth
tieren, um so den nur bei einer tiven risikoreduzierenden Effekte Americas Conference on Infor-
virtuellen Community hoher Qua- maßgeblich vermindert werden. mation Systems.
lität existierenden Mehrwert für
die Kunden zu gewährleisten.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 29

Digitale Einkaufsbegleiter: Die Nutzung von


Smartphones zur Entscheidungsunterstützung im
Rahmen von Kaufprozessen

Hanna Schramm­Klein & Gerhard Wagner


Smartphones spielen für immer mehr Kunden eine wichtige Rolle bei Kaufentscheidungen. Hanna
Schramm-Klein und Gerhard Wagner beleuchten die Bedeutung von Smartphones im Kaufprozess
und zeigen durch die Auswertung von Nutzungsdaten einer mobilen Applikation, dass die Shopper
auf diesem Wege zusätzliche Informationen vor allem für Lebensmittel, Beauty & Kosmetik sowie
für Bücher abrufen.

Smartphones werden immer be- dung zu berücksichtigen. Nicht kaufbezogene Suchanfragen zu


liebter – und halten zunehmend zuletzt wegen Apps wie barcoo Kosmetik und Beauty-Produkten
Einzug in unseren Alltag. In ist zu erwarten, dass Shopper ihr über das stationäre Internet pro
Deutschland nutzen inzwischen Smartphone nun auch direkt am Stunde alleine in Deutschland
80 Prozent der Erwachsenen (bei Point of Sale (PoS) nutzen, um gestellt werden.
insgesamt 110 Millionen Mobil- zusätzliche Informationen zu den
funkanschlüssen) ein Mobiltele- Produkten im Regal abzurufen. Bezüglich der kaufrelevanten
fon (BITKOM 2010). Dabei be- mobilen Nutzung des Internets
legen aktuelle Zahlen, dass das Trotz dieser enormen Bedeutung auf Smartphones liegen kaum
klassische Handy zunehmend der Smartphones für den Alltag gesicherte Erkenntnisse vor. So
durch internetfähige und um Zu- vieler Menschen gibt es kaum bleibt zurzeit unklar, ob das stati-
satzprogramme (sog. Apps) er- wissenschaftliche Untersuchun- onäre Nutzungsverhalten auch auf
weiterbare Smartphones ersetzt gen zur Nutzung von den mobilen Zugriff übertragen
wird (Gartner 2010). Hiermit geht Smartphones im Rahmen von werden kann. Dabei ist die Unter-
auch ein verändertes Nutzungs- Kaufprozessen. Aus Studien zur scheidung zwischen stationärem
verhalten einher: So steigt in den stationären Nutzung des Internet und mobilem Zugriff auf das In-
letzten Jahren stetig der Anteil ist allerdings bekannt, dass poten- ternet durchaus von großer Be-
der Handynutzer, die E-Mail- zielle Kunden über ihren Compu- deutung für das Marketing.
Dienste in Anspruch nehmen oder ter zur Vorbereitung ihrer Einkäu- Smartphones ermöglichen näm-
mobil auf das Internet zugreifen fe auf das Internet zugreifen. So lich eine mobile, ortsunabhängige
(BITKOM 2010). Auf diese Wei- nutzen Shopper oftmals auf die- Informationsbeschaffung. So
se haben Kunden mittels sem Wege das Internet, um Pro- können Kaufinteressierte direkt
Smartphones die Möglichkeit, zu duktinformationen zu suchen, am PoS und unmittelbar vor der
jeder Zeit und ortsunabhängig auf Preisvergleiche anzustellen oder Kaufentscheidung relevante In-
eine Vielzahl unterschiedlicher Kundenbewertungen zu lesen. In formationen abrufen. Auf diese
Informationen zurückzugreifen der Kosmetikbranche wird z.B. Weise treffen bspw. die Lebens-
und diese bei ihrer Kaufentschei- davon ausgegangen, dass rd. 500 mittelampel, Vergleichspreise
oder die Nachhaltigkeit des Her-
stellers auf die Shopper oftmals
Autoren kurz vor einer Kaufentscheidung.
Die zeitliche und räumliche Nähe
Univ.-Professorin Dr. Hanna Schramm-Klein ist Inhaberin des Lehrstuhls zum tatsächlichen Kauf lässt es
für Marketing der Universität Siegen. dabei wahrscheinlich erscheinen,
dass die auf diese Weise abgeru-
Dipl.-Kfm. Gerhard Wagner ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehr- fenen Informationen die Kaufent-
stuhl für Marketing der Universität Siegen. scheidung maßgeblich mitent-
scheiden.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 30

Bisher sind dabei jedoch wichtige Barcode zu erfassen, um somit und schließlich dem Nutzer des
Fragen offen: Wie nutzen Shop- das konkrete Produkt sowie die Smartphones angezeigt wurden.
per mobile Dienste bei Kaufent- dazugehörigen Informationen Nur 5 % dieser Abfragen erfolg-
scheidungen? Wo und wann wer- innerhalb weniger Sekunden an- ten über die manuelle Suche, also
den zusätzliche Informationen per gezeigt zu bekommen. Dabei der Eingabe der Artikelbezeich-
Smartphone abgerufen? Und wel- wird jeder Scan- und Suchvor- nung in das Suchfeld der Appli-
chen Einfluss haben diese auf die gang in Logfiles gespeichert. Aufkation. Die restlichen 95% der
Kaufentscheidung? Steve diese Weise liegen für jede Nut- Abfragen wurden durch das
Yankovich, Vice President bei zung der Applikation eine eindeu-Scannen des EAN-Barcodes aus-
eBay Mobile, beschreibt die tige ID, das auf dem Smartphone gelöst. Dieses Ergebnis über-
Problemstellung wie folgt: "Es installierte Betriebssystem, der rascht kaum, bedenkt man, dass
geht darum zu verstehen, die manuelle Eingabe den
wo der Konsument sich gesuchten Artikel nicht
befindet, wenn er beginnt, immer eindeutig identifi-
sich für ein Produkt zu ziert und deshalb mit
interessieren, das gekauft einer geringeren Erfolgs-
oder verkauft werden soll. quote bei der Artikelsu-
Meiner Meinung nach che einhergeht. Daneben
befinden wir uns zumeist erspart das Scannen des
nicht vor einem Laptop" EAN-Barcodes die hän-
(zitiert nach Sawall 2010). dische Eingabe, welches
in der Regel mehr Auf-
Ziel unserer Arbeit war es, wand verursacht. Tat-
den Antworten auf diese sächlich wurde vor allem
Fragen näher zu kommen, dann auf die manuelle
indem wir Nutzungsmuster Eingabe der Artikelbe-
mobiler Dienste im Rah- zeichnung zurückgegrif-
men von Kaufentschei- fen, wenn ein Produkt
dungsprozessen erfassten aus den Kategorien ge-
und auswerteten. Für die sucht wurde, für die am
Untersuchung dieser Prob- PoS oftmals keine EAN-
lemstellung konnten wir Barcodes zur Verfügung
auf die anonymen Ereig- stehen: So wurden insbe-
nisprotokolldaten sondere Kühlschränke
(Logfiles) der mobilen und andere Geräte, die
Applikation barcoo des unverpackt in den Rega-
Unternehmens checkit- len stehen, auf diese
mobile zurückgreifen, die Weise abgefragt. Interes-
für verschiedene Mobilte- sant ist in diesem Zu-
lefon- bzw. Smartphone- sammenhang, dass sich
plattformen verfügbar ist Abbildung 1: Die mobile Anwendung
Shopper bei der Nachfra-
(siehe Abbildung 1). barcoo von checkitmobile ge von Zusatzinformatio-
nen offensichtlich auch
Mittels dieser Applikation EAN-Code, der Name und die dann nicht vom Abruf
können Shopper zeit- und ortsun- Kategorie des gescannten Produk- dieser Informationen abhalten
abhängig Produktinformationen tes, dessen günstigster Preis in lassen, wenn die Eingabe weniger
sowie Zusatzinformationen (z.B. Online-Shops sowie die Zeit und einfach und problemlos erfolgt.
Nutzerkommentare, Kundenre- das Datum vor.
zensionen, Nährwerttabellen) Betrachtet man sich die Katego-
abrufen und Preisvergleiche mit Der von checkitmobile zur Ver- rien, für deren Produkte Zusatzin-
Online-Shops oder anderen Ge- fügung gestellte Ausschnitt der formationen abgerufen wurden,
schäften durchführen. Die Appli- Logfiles umfasst 2.053.655 aktu- erstaunt zunächst der sehr hohe
kation erlaubt es den Benutzern elle Such- oder Scanvorgänge, in Anteil an Lebensmitteln. Mit
sowohl nach Artikelbezeichnun- der jeweils Informationen zu ei- insgesamt 64 % aller erfolgrei-
gen zu suchen, als auch mittels nem Produkt angefragt, in der chen Suchvorgänge wurden Arti-
Scanvorgängen den EAN- barcoo-Datenbank zugeordnet kel aus dieser Kategorie häufiger
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 31

abgefragt als alle anderen Katego- deren Funktionsweise ausprobie- http://www.bitkom.org/files/docu


rien zusammen. Ein Drittel der ren wollten und ihnen leicht zu- ments/BITKOM_PK_Mobile_Wo
Suchvorgänge in der Kategorie gängliche Produkte abfragten. rld_Vortrag_Herbert_Merz_11_0
Lebensmittel bezog sich auf Ge- Lebensmittel gehören neben Ge- 2_2010.pdf, Stand: 30.08.2010.
tränke. An zweiter Stelle aller tränken sicherlich zu den am
Abfragen folgten Artikel aus der leichtesten zugänglichen Produk- Gartner (2010): Smartphone-
Kategorie Beauty & Kosmetik ten, die uns oft umgeben. Dane- Absatz hat sich im zweiten Quar-
und Bücher (jeweils 8 %). Artikel ben bietet die barcoo-Applikation tal 2010 verdoppelt,
aus diesen drei Kategorien um- mit der Lebensmittelampel und http://www.zdnet.de/news/
fassten bereits 80 % aller Suchab- zusätzlichen Nachhaltigkeitsin- digitale_wirtschaft_internet_
fragen der Nutzer. Daneben stan- formationen über die Hersteller ebusiness_gartner_smartphone_
den vor allem Artikel aus den einen interessanten Zusatznutzen, asatz_hat_sich_im_zweiten_
Kategorien Tabakwaren sowie der über Preisvergleiche hinaus- quartal_2010_verdoppelt_story-
Datenträger (DVDs, CDs) im geht. Insbesondere bei Lebens- 39002364-41536163-1.htm,
Fokus des Interesses. mitteln spielen diese Informatio- Stand: 30.08.2010.
nen sicherlich eine besondere
Der Hohe Anteil an Suchabfragen Rolle. Interessant wird es sein, an Rupley, S. (2005): Comparison
zu Artikeln aus der Kategorie dieser Stelle die Ergebnisse einer shopping. PC Magazine 5 Octo-
Lebensmitteln ist vor allem des- gerade von uns durchgeführten ber, 86–87.
halb überraschend, weil gerade in experimentellen Studie abzuwar-
dieser Kategorie Preisvergleiche ten, in der wir die Bedeutung Sawall, A. (2010): eBay über-
mit Online-Shops eine eher un- dieser Informationen für die nimmt Barcode-Scanner-App,
tergeordnete Rolle spielen sollten. Kaufentscheidung untersucht http://www.golem.de/showhigh2.
Wahrscheinlicher sind aus unse- haben. php?file=/1006/75983.html&wort
rer Sicht zwei andere Gründe für []=ebay&wort[]=%FCbernimmt&
die Häufung der Informationsab- Literatur wort[]=Barcode-Scanner, Stand:
rufe von Lebensmitteln. Zum 30.08.2010.
einen lässt sich vermuten, dass BITKOM (2010): Pressekonfe-
manche Nutzer nach der Installa- renz zu Mobile Communications
tion der Applikation zunächst – Daten und Trends,
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 32

„Spiel mit mir!“


Online-Adgames in der Marketingkommunikation

Hanna Schramm­Klein & Celina Steffen


Bei kaum einer anderen Tätigkeit als beim Spiel ist der Mensch stärker mit Emotion, Ehrgeiz und
Freude bei der Sache. Dieses starke Involvement zu nutzen, um die eigene Marke oder die eigenen
Produkte zu positionieren ist das Ziel von Online-Adgames (Ad = Advertising). Das hohe Potenzial,
das sich hinter Werbung in und mit Computerspielen verbirgt, wird bisher jedoch in der Praxis we-
nig genutzt. Zudem ist das Phänomen Werbespiele wissenschaftlich kaum untersucht wurden. Auf
der Basis einer Studie des Lehrstuhls für Marketing der Universität Siegen mit rd. 5.500 Probanden,
die in Kooperation mit einer führenden Brauerei durchgeführt wurde, wurde die Effektivität von
Werbespielen zur Kommunikation von Marketingbotschaften gezeigt.

Warum überhaupt Spie­ ders die Einbettung der Werbe- Spielen fokussieren wir hier auf
le? botschaft bzw. der Marke in einen virtuelle Spiele (Spiele, die mit-
Entertainment-Kontext, stellt eine tels Computer, z.B. PC oder Han-
Die heute auf Konsumenten ein- mögliche Antwort auf dieses dy gespielt werden). Zudem be-
strömenden Werbebotschaften Verhalten von Konsumenten dar. trachten wir nur Computerspiele,

Abbildung 1: Beispiele für Online-Adgames

führen oft nicht zu einer positiven


Wahrnehmung, sondern bewirken Eine spezifische Form der Below- bei denen der Spieler beim Spie-
in vielen Fällen ein aktives, teils the-Line-Kommunikation stellt len „online“ (= mit dem Internet
aggressives Nicht-Beachten oder die Werbung in Spielen dar. In- verbunden) ist. Adgames sind
zumindest ein Ignorieren. Below- nerhalb dieser Gruppe der Wer- Werbespiele, die speziell für ein
the-Line-Kommunikation, beson- bemaßnahmen im Kontext von Unternehmen entwickelt oder
gezielt auf dieses angepasst wer-
den, um vornehmlich eine Wer-
Autoren
bebotschaft zu kommunizieren.
So geht es z.B. um das alleinige
Univ.-Professorin Dr. Hanna Schramm-Klein ist Inhaberin des Lehrstuhls
Bewerben einer Marke, oder ei-
für Marketing der Universität Siegen.
nes Produktes. Das Produkt X
(sagen wir ein Auto) taucht also
Dipl.-Volksw. Celina Steffen ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an diesem
nicht als Werbung in einem Spiel
Lehrstuhl.
auf (= In-Game Advertising), das
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 33

einen ganz anderen Zweck hat, Die Studie ein Online-Spiel initiiert. Unter
sondern bei einem Adgame dreht Verwendung eines standardisier-
sich das ganze Spiel um Produkt In der Studie wurde das in Abbil- ten Fragebogens wurde eine On-
X (siehe Abbildung 1). dung 2 dargestellte Untersu- line-Umfrage unter den Spielern
chungsmodell herangezogen. durchgeführt. Auf diese Weise
Ein interessantes Phänomen, dem Kern der Untersuchung war es zu konnten 5.522 verwertbare Fra-
besondere Aufmerksamkeit in- analysieren, ob Adgames tatsäch- gebögen für die Untersuchung
nerhalb der Studie gewidmet lich in der Lage sind, die Einstel- gewonnen werden. Insgesamt
wurde, ist der "Flow"-Zustand - lung der Konsumenten gegenüber nahmen 68,6% männliche und
eine intrinsische Motivation bzw. einer Marke positiv zu beeinflus- 31,4% weibliche Probanden an
die Freude an einer Tätigkeit, die sen und damit langfristig positive der Online-Befragung teil. Das
dazu führt, dass der Spieler völlig Wirkungen auf das Kaufverhalten Durchschnittsalter der Teilnehmer
in dieser Handlung aufgeht. Ge- haben. betrug 43 Jahre.
rade Computerspiele sind prädes-

Beurteilung des
Loyalität
Adgames

Einstellung
Flow-Erfahrung gegenüber der
Marke

Beurteilung der Kaufverhalten


Marke

Abbildung 2: Untersuchungsmodell

tiniert dafür, solche Flow- Das Untersuchungsmodell dieser Zentrale Ergebnisse


Erfahrungen hervorzurufen. Studie ist besonders auf den Ein-
Wichtig für die Marketingkom- fluss des Flow-Erlebnisses auf die Der unterstellte Flow-Zustand
munikation ist dies vor allem, Beurteilung des Spiels sowie der tritt bei einer sehr großen Anzahl
weil davon ausgegangen werden Marke fokussiert. Zusätzlich wird von spielenden Konsumenten auf.
kann, dass die Konsumenten, der Zusammenhang zwischen der Dieser Flow hat einen stark posi-
wenn sie in einen Flow-Zustand Beurteilung des Adgames und der tiven Einfluss auf die Beurteilung
geraten, sowohl das Spiel als auch Beurteilung der Marke sowie der des Adgames und einen etwas
die Marke positiver beurteilen. direkte und der indirekte Einfluss geringeren positiven Einfluss auf
der Spielbeurteilung auf die Ein- die Beurteilung der Marke. Darü-
Vor diesem Hintergrund wurde in stellung gegenüber der Marke, die ber hinaus zeigen die Ergebnisse,
dieser Studie überprüft, welchen Kundenloyalität sowie das Kauf- dass sich eine positive Beurtei-
Einfluss das Spielen eines verhalten betrachtet. Damit kann lung des Adgames positiv auf die
Adgames auf die Beurteilung und ein Rückschluss gezogen werden, kurzfristige Beurteilung der Mar-
die Einstellung gegenüber der wie effektiv Online-Adgames ke auswirkt, allerdings nur in
Marke, die Loyalität und das tat- tatsächlich im Rahmen der Mar- geringem Maße direkt die lang-
sächliche Kaufverhalten der Kon- kenkommunikation sind. fristige Einstellung der Konsu-
sumenten ausübt. menten gegenüber der Marke
Um das Modell zu testen, wurde beeinflusst. Die Einstellung wird
in Zusammenarbeit mit einer stärker indirekt - über den positi-
führenden europäischen Brauerei
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 34

ven Effekt auf die Markenbeurtei- wird erst im Laufe der Zeit gebil- sind, die Werbebotschaft weniger
lung - durch das Spiel unterstützt, det und unterliegt vielen weiteren aufdringlich zu vermitteln, kom-
was wiederum in der Konsequenz Einflüssen. Somit ist die lediglich biniert mit einem Umfeld, in dem
zu einer Steigerung der Loyalität schwache Ausprägung des Ein- positive Gefühle und Empfindun-
und zu einer Verbesserung des flusses der Beurteilung des gen dominieren. Zudem kann sich
Kaufverhaltens der Nachfrager Adgames auf die Einstellung der Spieler aktiv entscheiden, ob
führt. nicht überraschend. er denn das Adgame spielen
möchte oder nicht, was schon
Das Spielen eines Adgames hat Zudem konnte gezeigt werden, grundsätzlich dazu führt, dass
einen positiven Einfluss auf die dass Spieloriginalität und Interak- erstens mit einer positiven Ein-
Einstellung gegenüber der Marke, tivität wichtige Bestandteile eines stellung der Werbebotschaft ge-
die Kundenloyalität sowie das Adgames sind, da dies zu einer genübergetreten wird und zwei-
tatsächliche Kaufverhalten. Zwar positiven Beurteilung zunächst tens diese auch intensiver reflek-
hat die Spielbeurteilung in dieser des Spiels und langfristig der tiert wird.
Untersuchung nur einen relativ Marke führen.
geringen Einfluss auf die Einstel- Somit belegt die Studie eine hohe
lung gegenüber der Marke, dies Den Flow-Zustand, den der Spie- Bedeutung von Online-Adgames
kann jedoch durch den hohen ler während des Spielens erlebt, als Instrument einer effektiven
Bekanntheitsgrad der in der Stu- lässt den kommerziellen Charak- Werbestrategie. Diese Ergebnisse
die betrachteten Bier-Marke bei ter des Adgames in der Wahr- haben sowohl für die Manage-
den Probanden erklärt werden. nehmung des Spielers in den Hin- ment Praxis als auch für die zu-
Außerdem handelt es sich bei der tergrund treten. Folglich kann künftige Forschung eine hohe
Einstellung der Konsumenten davon ausgegangen werden, dass Bedeutung.
gegenüber der Marke um ein - im Gegensatz zur klassischen
langfristiges Konstrukt. Dieses Werbung - Adgames in der Lage
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 35

Enormer Kundenerfolg eines globalen Corporate


Branding

Bernhard Swoboda & Markus Meierer


Immer mehr Unternehmen standardisieren ihre Corporate Brand international, ja sogar weltweit. Da
weit weniger deren Wirkung in verschiedenen Ländern periodisch kontrollieren verzichten sie auf
die Effekte, die mit dem Einsatz einer standardisierten Corporate Brand auf die Kunden erzeugt
werden können. Diese Studie zeigt, dass aus Kundensicht eine Standardisierung möglich ist und sie
das Kaufverhalten der Kunden positiv beeinflusst.

Einführung vor der Herausforderung ver- foods haben ihre Markenstrategie


schiedener länderspezifischer international entsprechend ausge-
Die Bedeutung des Corporate oder kultureller Besonderheiten. richtet. Sogar Procter & Gamble,
Brand Managements (CBM) er- Würde es indessen gelingen, das oftmals als Prototyp für Einzel-
wächst aus wissenschaftlicher CBM zentralisiert, standardisiert produktmarkenstrategie gesehen,
Sicht in mehreren betriebswirt- und formalisiert über einzelne stellt seine Unternehmensmarke
schaftlichen Disziplinen. Neben Auslandsmärkte hinweg zu ge- aktiv gegenüber asiatischen Kon-
den traditionell im Marketing stalten, dann würden in vielen sumenten heraus.
behandelten Markenwert- Unternehmen Millionenbeträge
modellen, werden u.a. Wirt- zu bergen sein. Im Gegensatz zu Produktmarken
schaftsprüfer vor die Herausfor- sind Unternehmensmarken dabei
derung der Markenbewertung – Im Vorfeld steht jedoch die in ihrer Ausrichtung grundsätz-
als Teil des Gesamtunterneh- Kenntnis der Wahrnehmung einer lich global. Diesen Aspekt auf-
menswertes – gestellt. Die Unter- Corporate Brand/Reputation in greifend, wird in unserer Studie
nehmensführung steht entspre- unterschiedlichen Kulturen oder der länderübergreifende Einfluss
chend vor der Herausforderung Ländern. Von besonderer Bedeu- von standardisierten Unterneh-
einer wertorientierten Führung tung ist, welche Beziehungen mensmarken untersucht. Aufbau-
ihrer Unternehmen(smarke). zwischen der Corporate Brand end auf wenig Erkenntnissen
und den Product Brands existiert. werden zwei forschungsleitende
Zugleich sind international tätige Stützt die Corporate Brand – län- Fragestellungen, beantwortet:
Unternehmen vor besondere Her- derübergreifend und länderspezi-
ausforderungen gestellt. Oft wer- fisch gesehen – eher die Product ● Ist eine länderübergreifende
den in Heimatmärkten Milliar- Brands oder ist dies umgekehrt. Standardisierung der Unter-
denbeträge in das CBM investiert, In der Praxis gewinnt die CBM nehmensmarke möglich?
während es parallel in Tochterge- insofern an Bedeutung, weil im ● Zahlt sich die Kommunikati-
sellschaften der Selbstorganisati- traditionell von Produktmarken on der Unternehmensmarke –
on überlassen wird, oft nur in den dominierten Konsumgüterbereich in Ergänzung der jeweiligen
Bandbreiten eines Corporate De- Unternehmen zunehmend ihre Produktmarke – aus?
signs. Eine Standardisierung, wie Unternehmensmarke gegenüber
sie in der Literatur idealtypisch den Konsumenten kommunizie- Datenbasis
vorgesehen ist, steht international ren. Henkel, Unilever und Kraft-
Die Basis für diese Studie bildet –
nach einem Pretest mit je 200
Autoren
Konsumenten in fünf Ländern –
einerseits eine Befragung von je
Univ.-Professor Dr. Prof. h.c. Bernhard Swoboda ist Inhaber des Lehrstuhls
1.200 Konsumenten in fünf Län-
für Marketing & Handel der Universität Trier.
dern. Ergänzend wurde eine
Längsschnittanalyse mit je 525
Dr. Markus Meierer hat bei Univ.-Professor Dr. Bernhard Swoboda promo-
Konsumenten in Deutschland und
viert und ist nun Oberassistent an der Universität Zürich.
Rumänien zu drei Zeitpunkten
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 36

Unternehmensassoziationen
Kundenorientierung
Guter Arbeitgeber
Unternehmensimage Produktloyalität
Qualität der Produktpalette
Verlässliches und finanziell starkes Unternehmen
Soziale Verantwortung

Abbildung 1: Konzeptioneller Rahmen – Studie 1

durchgeführt (Panel-Studie). Alle im Entscheidungsprozess sowohl (1) die länderübergreifend homo-


Befragungen waren repräsentativ spezifische Unternehmensasso- gene Wahrnehmung der Unter-
für die jeweiligen Länder. Den ziationen als auch das Unterneh- nehmensmarke (Unternehmensas-
Gegenstand der Befragung bildete mensimage als aggregiertes Ge- soziationen) und
die 2001 international samtbild des Unternehmens. Al-
standardisierte Unternehmens- lerdings betrachten bisherige Stu- (2) der länderübergreifend positi-
marke Henkel. In jedem Land dien selten, wie diese länderüber- ve Effekt der Unternehmensmar-
wurden zusätzlich 12-15 Pro- greifend interagieren und das ke auf die Wiederkaufentschei-
duktmarken in jedem der drei Konsumentenverhalten bedingen. dung des Konsumenten.
Geschäftsfelder von Henkel be- Dieses Wissen ist für Unterneh-
trachtet. men, die ihre Unternehmensmar- Zur Überprüfung der Hypothesen
kenstrategie international stan- zum Einfluss spezifischer Unter-
Studie 1 dardisiert haben, von besonderer nehmensassoziationen auf das
Bedeutung. Gesamtbild des Unternehmens,
Ist eine länderübergreifende das Unternehmensimage, sowie
Standardisierung der Unterneh- Zwei Aspekte sind entscheidend, deren jeweiliger Einfluss auf die
mensmarke möglich? um beurteilen zu können ob die Kundenloyalität, wird auf die
länderübergreifende Standardisie- Konsumentenbefragung in
Bei der Entscheidung zum rung der Unternehmensmarke als Deutschland, Frankreich, Russ-
Wiederkauf eines Produktes be- erfolgreich anzusehen ist (siehe land, Rumänien und den USA
rücksichtigen die Konsumenten Abbildung 1): zurückgegriffen.

Deutschl. Frankreich Rumänien Russland USA


Unternehmensimage → Produktloyalität +++ +++ +++ +++ ++
Kundenorientierung → Unternehmensimage +++ ++ ++ + ++
Guter Arbeitgeber → Unternehmensimage + ++ +++ +++ +
Qualität der Produktpalette → Unternehmensimage +++ ++ +++ +++ +++
Verl. & finanz. starkes Unternehmen → + + +++ + +++
Unternehmensimage
Soziale Verantwortung → Unternehmensimage ++ + +++ +++ +++
Kundenorientierung → Produktloyalität n.s. n.s. n.s. n.s. +
Guter Arbeitgeber → Produktloyalität n.s. n.s. n.s. n.s. n.s.
Qualität der Produktpalette → Produktloyalität +++ ++ +++ +++ +++
Verl. & finanz. starkes Unternehmen → Produktloyalität n.s. n.s. n.s. n.s. ++
Soziale Verantwortung → Produktloyalität + ++ n.s. n.s. n.s.

+++ starker Zusammenhang, ++ mittlerer Zusammenhang, + geringer Zusammenhang, n.s. kein Zusammenhang

Tabelle 1: Länderspezifische Parameterschätzer – Studie 1: Wirkungen des Corporate Branding


Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 37

Produktorientierter Marketing‐Mix Unternehmensassoziationen

Kunden‐ Guter Finanziell Qualität der Soziale


Werbung Distribution Preis Produkt orientierung Arbeitgeber starke Verantwortung
Produkte
Firma

Unter‐
Produkt‐
nehmens‐
image
image

Produkt‐
loyalität

Abbildung 2: Konzeptioneller Rahmen – Studie 2

Die Ergebnisse (siehe Tabelle 1) sistente internationale Unterneh- Potential in der Abstimmung
belegen, dass spezifische Unter- mensmarkenführung zu gewähr- entsprechender Marketingmaß-
nehmensassoziationen einen ver- leisten. nahmen zu nutzen.
gleichbaren Einfluss auf das Un-
ternehmensimage in verschiede- Studie 2 Zwei Aspekte sind entscheidend,
nen Ländern ausüben. Jedoch um beurteilen zu können, ob sich
variiert sowohl der Einfluss der Zahlt sich die Kommunikation der die Kommunikation der Unter-
Unternehmensassoziationen als Unternehmensmarke – in Ergän- nehmensmarke in Ergänzung der
auch der Einfluss des Unterneh- zung zu der jeweiligen Produkt- jeweiligen Produktmarke länder-
mensimages auf das Konsumen- marke – aus? übergreifend auszahlt (siehe Ab-
tenverhalten in den Ländern. Die bildung 2):
Ergebnisse erlauben eine Gegen- Unternehmen kommunizieren
überstellung der Länder. Der gegenüber Konsumenten verstärkt (1) die wahrgenommene positive
deutsche Heimatmarkt kann dabei ihre international standardisierte Wechselwirkung von Produkt-
als Referenzmarkt gesehen wer- Unternehmensmarke ergänzend marken und Unternehmensmarke
den. zu ihren lokalen, regionalen und und
internationalen Produktmarken.
Eine internationale Standardisie- In bisherigen Studien wurde den- (2) der länderübergreifend positi-
rung der Vermarktung der Unter- noch weder die Wechselwirkun- ve direkte und indirekte Effekt der
nehmensmarke ist somit möglich, gen zwischen Unternehmens- und Produktmarken und Unterneh-
wenn sich die länderspezifische Produktmarke noch der Einfluss mensmarke auf die Widerkaufent-
Umsetzung an die Vorgaben der auf das Konsumentenverhalten im scheidung des Konsumenten.
länderübergreifenden Kommuni- länderübergreifenden Kontext
kationsstrategie orientiert. betrachtet. Eine solche Analyse Hier wurde Studie 1 insofern
würde Unternehmen die Mög- ergänzt, als dass zusätzlich eine
Es gilt jedoch zusätzlich bei der lichkeit bieten, bisher ungenutztes Längsschnitterhebung von jeweils
Unternehmensmarkenführung
deren unterschiedliche Relevanz
für das Konsumentenverhalten zu
beachten und entsprechende Unternehmensimage Produktimage
Schwächen die Bekanntheit bzw.
Relevanz der Unternehmensmar-
ke als Ganzes betreffend durch
gezielte, länderspezifische Kom-
munikationsmaßnahmen zu ad- Produktloyalität
ressieren. Der dargestellte Ansatz
zeigt eine flexible Möglichkeit
solche länderspezifischen
Schwachstellen zu identifizieren Abbildung 3: Konzeptioneller Rahmen – Studie 2
und zu adressieren, um eine kon-
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 38

525 Konsumenten in Deutschland tent durch die Konsumenten führung von Unternehmens- und
und Rumänien zu drei Zeitpunk- wahrgenommen wird, einen eige- Produktmarke ist möglich, wenn
ten durchgeführt wurde. nen Beitrag zur Erhöhung der Unternehmen verstehen, welche
Kundenloyalität leistet und sich Assoziationen Konsumenten län-
Die Ergebnisse belegen die län- durch eine positive Wechselwir- derübergreifend mit einem Un-
derübergreifende Bedeutung der kung mit den entsprechenden ternehmen und dessen Produkten
wechselseitigen Beziehung von Produktmarken auszeichnet. Es verbinden und wie diese das
Unternehmens- und Produktmar- zeigt sich, dass die gleichzeitige Kaufverhalten beeinflussen.
ke. Jedoch wird auch deutlich, Kommunikation von Unterneh-
dass deren Einfluss auf das Kon- mensmarke und Produktmarken – Eine Identifikation von länder-
sumentenverhalten erheblich die von Unternehmen wie Hen- spezifischen Schwachstellen bzw.
zwischen den Ländern variiert. kel, Nestlé oder Unilever verfolgt Stärken bei der Umsetzung der
So fiel Frankreich aus dem Bild, wird – Erfolgspotential ver- Markenstrategie ist mittels der
da hier kein Effekt der Produkt- spricht, jedoch gleichzeitig nach vorgestellten Methodik möglich.
marken auf die Unternehmens- einem Instrumentarium zur län- Auch bietet sie die Verknüp-
marken nachgewiesen werden derübergreifende Erfolgskontrolle fungsmöglichkeit mit Daten aus
konnte. In Experteninterviews verlangt. Kundenloyalitätsprogrammen, um
konnte festgestellt werden, dass die erhobenen Einstellungsdaten
eine mangelnde Assoziation der Manager können durch die Be- direkt mit „objektiven“ kunden-
Unternehmensmarke mit den antwortung der eingangs genann- spezifischen Kaufdaten zu ver-
Produktmarken die Ursache dafür ten Fragen unter Rückgriff auf binden.
ist. Diese wiederum ist dem An- das vorgestellte denkbare Steue-
schein nach der widersprüchli- rungsinstrumentarium, den Erfolg
chen Umsetzung der Unterneh- ihrer Markenstrategie länderüber-
mensmarkenstrategie zuzuschrei- greifend bewerten. Dabei wurde Ausgezeichnete Forschung
ben. aufgezeigt, wie die Konsistenz Corporate Branding gehört zu den For-
des Unternehmensmarkenimage schungsschwerpunkten des Lehrstuhls
Implikationen für die über verschiedene Ländermärkte für Marketing & Handel der Universität
Praxis und wie das Potential einer er- Trier, für den dieser bereits mehrfach
gänzenden Kommunikation der ausgezeichnet wurde.
Zusammenfassend wurde festge- Unternehmensmarke zur Stärkung So sind Bernhard Swoboda, Dirk Mor-
stellt, dass eine international der jeweiligen Produktmarken schett, Markus Meierer und Margot Lö-
standardisierte Unternehmens- evaluiert werden kann. Eine er- wenberg auf der Sommertagung der
marke länderübergreifend konsis- folgreiche internationale Marken- American Marketing Association (AMA)
in Chicago für den Beitrag „Endorsing
product brands through a standardized
corporate brand – Cross national
perceptions and effects“ mit dem „Best
Track Paper Award“ im Track „Global &
Cross Cultural Marketing” ausgezeichnet
„Take­aways“
worden.
● Eine länderübergreifende Standardisierung der Corporate Brand wird von den Die Diplomarbeit von Margot Löwen-
Kunden honoriert. berg zum Thema Internationales Corpo-
● Eine international standardisierte Unternehmensmarke verstärkt die Produkt- rate Brand Management wurde zudem
markenloyalität der Kunden länderübergreifend in unterschiedlichem Ausmaß. mit dem Ökonomiepreis der Hand-
● Es bestehen Wechselwirkungen zwischen einer standardisierten Corporate werkskammer Trier ausgezeichnet.
Brand und der Produktbeurteilung des Unternehmens, d.h. die international
standardisierte Corporate Brand stützt die Produktmarken und vice versa in un-
terschiedlichen Ländern.
● Eine erfolgreiche internationale Führung von Unternehmens- und Produktmarke
ist aber nur möglich, wenn Unternehmen verstehen und berücksichtigen, welche
Assoziationen Konsumenten länderübergreifend mit einem Unternehmen und
dessen Produkten verbinden und wie dies das Kaufverhalten beeinflusst.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 39

Versorgungssicherheit als strategische Herausfor-


derung für Handel und Konsumgüterindustrie

Jonas Bastian
Das Institut für Handel & Internationales Marketing (H.I.MA.) führte gemeinsam mit dem Compe-
tence Center Retail & Consumer der PricewaterhouseCoopers AG im 2. Quartal 2010 eine großzah-
lige Erhebung unter Handels- und Konsumgüterunternehmen durch, die den Themenkomplex der
Versorgungssicherheit in der Konsumgüterwirtschaft zum Gegenstand hat.

Jahrzehntelang war der Beschaf- in Osteuropa und Südostasien. lässt sich derzeit eine nicht unkri-
fungsmarkt in Handel und Kon- tische Kombination aus unzurei-
sumgüterindustrie von einer Käu- Auf Seite der Beschaffungsstrate- chenden Agrarinvestitionen
fermarktsituation geprägt, bei der gien westlicher Konsumgüterher- (Weltbank 2008), abnehmenden
einer begrenzten Zahl institutio- steller und Händler führten diese Steigerungsraten durch den tech-
neller Abnehmer in der Konsum- Entwicklungen zu einer fort- nologischen Fortschritt (FAO
güterindustrie bzw. im Handel schreitenden Internationali- 2002), begrenzten Ackerflächen
eine deutlich größere Zahl an sierung, häufig aber auch zu einer (FAO 2002) sowie einen zuneh-
Zulieferern und Produzenten auf Verkürzung der Vertragslaufzei- menden Wassermangel feststel-
den vorgelagerten Wertschöp- ten. Für Abnehmer war es in der len. Viele der Faktoren dürften
fungsstufen gegenüberstand. Für Regel vorteilhaft die Vertrags- durch den vom Menschen verur-
Unternehmen der Konsumgüter- laufzeiten kurz zu halten, um von sachten Klimawandel sowie einen
wirtschaft bestand somit die sinkenden Preisen und der hohen zumeist sorglosen Umgang mit
Hauptaufgabe darin, aus dem Konkurrenz unter den Anbietern natürlichen Ressourcen – z.B.
reichhaltigen Portfolio an mögli- zu profitieren. Diese Entwicklung durch Brandrodungen verursachte
chen Lieferanten und Liefermen- ging bei vielen Unternehmen mit Bodenerosionen oder die fortge-
gen die richtige Auswahl zu tref- einer Reduktion der eigenen führte Überfischung der Welt-
fen. Wertschöpfungstiefe einher. meere – verstärkt werden.

Wichtige Ursachen dieser ver- Veränderung der Be­ Auf der Nachfrageseite trifft die-
gleichsweise komfortablen Situa- schaffungsmärkte ses limitierte Angebot auf enorm
tion waren der enorme technische steigende Abnahmemengen, die
Fortschritt sowie hohe Investitio- Heute stellen sich die Rohstoff- vor allem in dem weltweiten Be-
nen in die Landwirtschaft, durch märkte deutlich anders dar. Vieles völkerungswachstum sowie dem
die im Zeitraum zwischen den spricht dafür, dass die Entwick- Wirtschafts- und Wohlstands-
1970er-Jahren und der Jahrtau- lung real sinkender Agrarroh- boom in bevölkerungsreichen
sendwende die realen Rohstoff- stoffpreise sowie der stetige An- Schwellenländern begründet sind.
preise fast stetig sanken. Starke stieg der frei am Markt verfügba- Dies führt bspw. bei Nahrungs-
Preisschwankungen traten fast ren Mengen ein Ende gefunden mitteln zu einem um 70 % stei-
nur bei Energie- und einzelnen hat. Die Gründe hierfür liegen genden Bedarf bis zum Jahr 2050
industriellen Rohstoffen auf. sowohl auf der Angebots- als (OECD/FAO 2010, S. 14). Weite-
Gleichzeitig führten politische auch auf der Nachfrageseite und re Faktoren sind der hohe Ölpreis
Veränderungen und die weit rei- betreffen fast alle in der Konsum- und die Bemühungen um den
chende Liberalisierung des Welt- güterwirtschaft verarbeiteten Klimaschutz, die zu einer wach-
handels zu einer steigenden Zahl Rohstoffe. Auf der Angebotsseite senden industrielen Nutzung
geeigneter Anbieter, insbesondere pflanzlicher Rohstoffe führen.

Autor Die Schwellenländer und die dort


ansässigen Unternehmen gewin-
Dipl.-Kfm. Jonas Bastian ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am H.I.MA. der nen in den nächsten Jahren enorm
Universität des Saarlandes, Saarbrücken. an politischem und ökonomi-
schem Einfluss und treten ver-
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 40

Entwicklung der Rohstoffpreisindizes, 2005=100, Gewichtung im Gesamtindex in Klammern


210
190
170
150
130
110
90
70
50
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Q2 2010

Preisindex für Nahrungsmittel (16,7 %) Preisindes für Getränke (1,8 %)


Preisindex für industrielle pflanzliche Rohstoffe (7,7 %) Preisindex für Metalle (10,7 %)
Preisindex für Energie (63,1 %) Gesamtindex Hauptrohstoffe (100 %)

Quelle: FAO 2010.

Abbildung 1: Entwicklung der Rohstoffpreise seit dem Jahr 2000

stärkt als machtvolle Nachfrager ● Der gesellschaftliche Druck, Die Themen Versorgungsicher-
auf. Für westliche Unternehmen verantwortungsvoll und nach- heit und Nachhaltigkeit sind so-
ergibt sich dadurch zukünftig eine haltig zu wirtschaften wächst. mit sowohl über die reale Knapp-
völlig veränderte Markt- und ● Produkte und Leistungen heit natürlicher Ressourcen als
Konkurrenzsituation. Die Welt- müssen zukünftig hohen auch über konkrete Konsumen-
wirtschaft tritt in eine neue Phase Nachhaltigkeitsanforderungen tenwünsche verknüpft.
ein. Die Zeit günstiger Rohstoffe gerecht werden.
und nahezu unbegrenzter Mengen ● Viele Unternehmen entwi- Aus den beschriebenen Entwick-
dürfte für absehbare Zeit vorbei ckeln aus eigenem Antrieb lungen und Rahmenbedingungen
sein. und strategischen Überlegun- lässt sich das folgende multidi-
gen ambitionierte Nachhaltig- mensionale Konzept der Versor-
Die mit der immer intensiver keitsstrategien und agieren gungssicherheit ableiten, dem für
werdenden Nutzung, wenn nicht selbst als Treiber des Themas. die Zukunft eine hohe Bedeutung
gar Ausbeutung, der natürlichen für die Beschaffung in der Kon-
Ressourcen und der ungleichen
Verteilung des Wohlstands ver-
bundenen ökologischen Problem-
bereiche und sozialen Spannun-
gen haben unterdessen in unter- Versorgungssicherheit
schiedlichen Bereichen der Ge-
sellschaft zu einem Umdenken
geführt. Marktkräfte, die auf eine Mengen Qualitäten Kosten

nachhaltige Entwicklung hinwir-


ken, gewinnen zunehmend an
Bedeutung: Produkt-/ Rohstoff-/
Rohstoffsicherheit Nachhaltigkeit
Produktqualität

● Politische und ökonomische


Rahmenbedingungen verän-
dern sich. Abbildung 2: Bestandteile der Versorgungssicherheit
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 41

sumgüterbranche zugeschrieben Wettbewerb wird sich in den ● Einige Hersteller und Händler
werden kann (vgl. Abbildung 2). kommenden Jahren stark auf die – insbesondere im Food-
Wahl der Beschaffungsstrategien Bereich – sind bestrebt, vor-
Betrachtet man das dargestellte auswirken, wie der Vergleich gelagerte Wertschöpfungsstu-
Marktszenario, so überrascht es zwischen der aktuellen Nutzung fen zu integrieren.
wenig, dass auch die im Rahmen und der für 2015 geäußerten Nut- ● Relationales und kooperatives
der Erhebung befragten Unter- zungsabsicht unterschiedlicher Beschaffungsverhalten wird
nehmen für die nächsten fünf Beschaffungsstrategien zeigt: stark zunehmen. Dies schließt
Jahre mit sich stark verschlech- auch die Integration von
ternden Bedingungen auf den ● Klassische, transaktionsorien- NGOs in die Wertschöp-
Beschaffungsmärkten rechnen tierte Lieferant-Abnehmer- fungsaktivitäten mit ein.
(siehe Abbildung 3). Für die Un- Beziehung zwischen Handel
ternehmen ergibt sich hierdurch und Herstellern bzw. Groß- Abbildung 4 fasst die Beschaf-
eine Komplexitätszunahme und händlern verlieren an Bedeu- fungsstrategien zusammen, bei
gleichzeitig wächst die Bedeu- tung. denen für das Jahr 2015 die
tung der Beschaffung für den ● Die Einflussnahme auf Pro- höchsten Nutzungsabsichten vor-
Unternehmenserfolg (vgl. Abbil- duktionsprozesse und die liegen. Veränderungen innerhalb
dung 3). Vorgaben von Produktmerk- der Rangordnung gegenüber 2010
malen und Produktionsbedin- sind in Klammern angegeben.
Veränderung der Be­ gungen nimmt stark zu.
schaffungsstrategien ● Der Handel wird hart mit den Als Indikator dafür, wo die Un-
(Marken-)Herstellern um die ternehmen den höchsten Hand-
Diese Kombination aus an- Vorherrschafft in der Supply- lungsbedarf sehen, können die
spruchsvollen und schnell wach- Chain ringen und wird dabei Unterschiede in Bezug auf die
senden Absatzmärkten, einem nur die Umsatzanteile mit Han- Nutzungsabsicht unterschiedli-
schwer auszudehnenden Angebot delsmarken ausweiten sowie cher Beschaffungsstrategien zwi-
und einem härter werdenden einen starken Einfluss auf die schen 2010 und 2015 herangezo-
Produktentwicklung nehmen. gen werden, die ebenfalls erfragt

Mittelwerte:
1= „stark rückläufig“ bis
5= „stark steigend“

Bedeutung der Beschaf fungsleistung f ür den


Unternehmenserf olg
1 19% 51% 29% 4,08

Volatilitäten (Schwankungen) der Rohstof fpreise 2 19% 52% 27% 4,03

Höhe der Weltmarktpreise für Rohstoff e 18% 72% 10% 3,92

Höhe der Beschaff ungspreise des eigenen


Unternehmens
2 29% 63% 6% 3,72 keine Angaben
1% stark rückläufig
Anteil der Beschaff ungskosten am
Unternehmensumsatz
40% 46% 11% 3,68 rückläuf ig
1%
gleich bleibend
Verhandlungsmacht geeigneter Lief eranten 1 9% 49% 33% 8% 3,37
steigend
Wahrscheinlichkeit/Gef ahr von stark steigend
Versorgungsengpässen bei wichtigen Waren
1 16% 40% 39% 3% 3,28

Anzahl, der f ür das eigene Unternehmen geeigneten


Lief eranten
2 36% 51% 11% 2,71

am Markt f rei verfügbare Rohstoff mengen 1 43% 40% 15% 1 2,72

Verf ügbarkeit spezieller Rohstof fqualitäten 5% 32% 40% 20% 3% 2,86

n = 89 0% 20% 40% 60% 80% 100%

Abbildung 3: Entwicklung der Beschaffungssituation bis zum Jahr 2015


Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 42

wurden. Hier zeigt sich wiederum Veränderungen bei den Wettbe- OECD; FAO (Hrsg.) (2010):
die hohe Bedeutung, die das werbsstrategien der einzelnen OECD-FAO Agricultural Outlook
Thema Nachhaltigkeit in den Unternehmen aber auch in der 2010–2019, Paris und Rom.
nächsten Jahren einnehmen wird. Branche insgesamt führen. Für
Die Unternehmen sind verstärkt die Unternehmen stellt sich die PwC; H.I.MA.(2010): Genug für
bemüht, über Zertifikate und Herausforderung mit dem verän- alle da? - Wie gehen Händler und
konkrete Vorgaben einen starken derten Wettbewerbsumfeld um- Konsumgüterhersteller mit Ver-
Einfluss auf die Prozesse auf vor- zugehen und die Strategien an die sorgungsrisiken um?, Frankfurt
gelagerten Stufen zu nehmen und neuen Marktbedingungen anzu- a.M.
hierdurch das Risiko von Skanda- passen. Zwar reagieren bereits

sehr geringe Nutzung sehr hohe Nutzung


Rang 2015 (2010): 1 2 3 4 5

Aufbau/Pflege langf ristiger


1 (1) Partnerschaf ten mit Lief eranten
4.3

Einforderung von Zertif izierungen


zu Qualitäts- und
2 (4) Sicherheitsstandards bei 4.2
Lief eranten und Vorlief eranten

Nutzung mehrerer
3 (3) Beschaff ungsquellen/Lief eranten f ür 4.0
das gleiche Produkt

4 (2) Direktbezug von


Herstellern/Anbauern
4.0

Einforderung von Zertif izierungen


5 (8) im Hinblick auf
Nachhaltigkeitsstandards bei 3.8
Lief eranten und Vorlief eranten

geplante Nutzung 2015


n = 89

Abbildung 4: Die meistgenutzten Beschaffungsstrategien im Jahr 2015

len und unzureichenden Qualitä- viele Unternehmen indem sie ihre World Bank (Hrsg.) (2008):
ten zu steuern. Kooperationen Beschaffungsstrategien anpassen Double Jeopardy: Responding to
bzw. Mitgliedschaften in Zertifi- und bspw. neue Kooperationen high food and fuel prices. G8
zierungsorganisationen werden eingehen, gleichzeitig fehlen bei Hokkaido-Toyako Summit,
dabei eine immer wichtigere Be- der Mehrzahl der Unternehmen Toyako.
deutung einnehmen. jedoch noch Lösungsansätze,
Prozesse und Systeme zum kon-
Fazit kreten Umgang mit den erheblich
zunehmenden Versorgungsrisi-
ken. Der vorliegende Beitrag basiert einer
Wie aufgezeigt werden Bemü-
Studie, die das H.I.M A. in Zusammenar-
hungen um die Gewährleitung der
beit mit PwC erarbeitet hat. Der Titel der
Versorgungssicherheit in den Literatur Studie ist „Genug für alle da? – Wie ge-
nächsten Jahren eine hohe Bedeu- hen Händler und Konsumgüterhersteller
tung für die Konsumgüterwirt- FAO (Hrsg.) (2002): World agri- mit Versorgungsrisiken um?“
schaft einnehmen und zu starken culture: towards 2015/2030, Rom.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 43

Entstehung neuer Betriebstypen im Handel

Dirk Morschett
Innovationen können im Handel an vielen Stellen des Geschäfts entwickelt werden, z.B. im Sorti-
ment, in der Preispolitik, in der Ladengestaltung. Letztlich sind aber die Verkaufskanäle die Pro-
dukte des Handels, mit denen er sich am Markt präsentiert. Wirklich große Veränderungen im Han-
del und Erfolge haben sich stets dann ergeben, wenn Innovationen auf der Ebene der Verkaufskon-
zepte des Handels, also seiner Betriebstypen, in den Markt eingeführt wurden.

Theoretische Modelle ziert, bei der ein Betriebstyp neu die entstehenden Betriebsty-
entwickelt wird, der genau pen tatsächlich sind:
Der Wandel von Betriebstypen im dort seine Schwerpunkte
Handel ist seit langem ein wichti- setzt, wo der erste Betriebstyp ● In der Unternehmensperspek-
ger Forschungsgegenstand. Es Schwächen hat (z.B. Discoun- tive gibt es die Möglichkeit,
wurden verschiedene Modelle zur ter). Schließlich entsteht häu- dass bereits genutzt Betriebs-
Erklärung entwickelt, die hier in fig eine „Synthese“, bei der typen einfach multipliziert
aller Kürze dargestellt werden sich die Stärken beider Be- werden, dass sie modifiziert
sollen: triebstypen kombinieren (so werden oder dass Betriebsty-
z.B. Fachmärkte). pen eingeführt werden, die für
● Im „Wheel-of-Retailing“ von ● Ein weiteres Modell ist das das Unternehmen selbst neu
McNair wurde postuliert, dass Lebenszyklus-Modell der Be- sind.
neue Betriebstypen stets mit triebstypen. Hier wird postu- ● In der Marktperspektive muss
einer aggressiven Preisstrate- liert, dass innovative Be- man unterscheiden, ob es ei-
gie in den Markt eintreten. triebstypen – analog zu den nen Betriebstyp bereits in ei-
Durch ein Trading-up nähert klassischen Produktlebens- nem Land gibt, ob er neu für
man sich dann nach und nach zyklusmodellen – nach ihrer einen Ländermarkt ist oder ob
den etablierten Playern an, Einführung zunächst in einer der Betriebstyp tatsächlich
wodurch am unteren Ende Wachstumsphase dynamisch völlig neu für die Welt insge-
wieder Raum für neuere wachsen bis zu einer Reife- samt ist.
Wettbewerber entsteht. Aus bzw. Sättigungsphase, in der
Sicht des Verfassers ist dieses sie ihren Zenit erreichen. An- Kombiniert man diese beiden
Modell viel zu eng, um heuti- schließend gibt es eine Dimensionen (logisch ist es dabei
ge Entwicklungen zu erklä- Abschwungphase. Letztlich allerdings unmöglich, dass ein
ren. ist die Grundüberlegung, dass Verkaufskonzept völlig neuartig
● Durchaus interessant ist auch auch Betriebstypen eine be- für die Welt ist, aber für das Un-
heute noch das „Dialektik- grenzte Lebenszeit haben. ternehmen selbst keine Innovati-
Modell“. Dieses postuliert, on darstellen würde), ergibt sich
dass Handelsentwicklungen Arten von Innovationen eine Matrix, in der Handelsinno-
vationen kategorisiert werden
oft in einem dialektischen im Handel
Dreisprung entwickelt wer- können (siehe Abbildung 1).
den. Zunächst steht die „The- Eine interessante Perspektive auf
se“, also ein Betriebstype, der Betriebstypeninnovationen im Breakthrough
sehr stark fokussiert ist (z.B. Handel ergibt sich, wenn man Innovations
Fachgeschäfte). Dadurch wird einmal detailliert betrachtet, wie
oft eine „Antithese“ provo- Im Feld der „Breakthrough-
Innovations“, die für die Welt
Autor völlig neuartig sind, kann im
Rückblick der 1990er Jahre z.B.
Univ.-Professor Dr. Dirk Morschett ist Inhaber des Lehrstuhls für Internati- der Online-Buchhandel Amazon
onales Management – Liebherr/Richemont Endowed Chair der Universität oder die Online-Verkaufs-
Fribourg/Schweiz. plattform Ebay gesehen werden.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 44

• Online-Shop von Zara • Tierbedarf-Fachmärkte von • Amazon Online-


(2010) Fressnapf in Deutschland Buchhandel (90er)
• Tankstellenshops von (1990) • Kaufland Groß-
Betriebstyp
Spar Austria (2009) • Baumärkte in Europa (60er) flächendiscount in
neu für das • Online-Shopping-Club Deutschland (80er)
Unternehmen Brands4Friends in
Unternehmens-

Deutschland (2007)
perspektive

• (an Land angepasste) • (an Land angepasste)


Supermärkte von Hypermarchés u. Super-
Ahold oder Delhaize stores von Carrefour und
Betriebstyp
in USA (80er/90er) Tesco in Asien (Ende 90er)
modifiziert • auf Profis ausgerichtete
Baumärkte von Brico Dépôt
in Frankreich (90er)
• Online-Shop von GAP • Kaufland Großflächen-
in Großbritannien discounter in Osteuropa
Betriebstyp (2010) (90er)
• Harddiscounter
bereits
Aldi in CH (2005)
eingesetzt

Betriebstyp Betriebstyp neu Betriebstyp neu


bekannt für den Ländermarkt für die Welt
im Ländermarkt
Marktperspektive
Abbildung 1: Typen von Betriebstypeninnovationen

Dell’s Direktvertrieb über das vernachlässigen. Die Fläche ist


Expansion der eigenen
Internet stellt eine ähnliche Inno- mit 4.000 m2 geringer als das Betriebstypeninnovation
vation dar. Derartige Konzepte klassischer SB-Warenhäuser. Das ins Ausland
waren vorher kaum bekannt, Konzept, das oft auch als „Groß-
wenngleich erste kleinere Online- flächendiscounter“ bezeichnet In vielen Fällen sind Betriebsty-
Shops, allerdings ohne große wird, differenziert sich damit peninnovationen zwar neu in
Bedeutung, bereits bestanden. deutlich von anderen SB- einem bestimmten Ländermarkt,
Warenhäusern (wie Real oder aber nicht für das Unternehmen.
Betrachtet man den stationären Globus). Wie die Lebensmittel In diesem Fall werden bewährte
Handel kann man auch das inno- Zeitung vor kurzem richtig an- Betriebstypenkonzepte, mit denen
vative Großflächenkonzept von merkte, ist „der Großflächendis- ein Unternehmen bereits erfolg-
Kaufland als Innovation sehen, counter mit seinen aggressiven reich in einem Land agiert (meist
die man so vorher nicht kannte. In Preisen und geringeren Kosten in seinem Heimatmarkt) agiert,
Deutschland ist dieses Unterneh- quasi ein eigenständiges Format“. ins Ausland übertragen.
men seit mehr als einer Dekade
überaus dynamisch gewachsen Wirkliche Breakthrough- Die Einführung von SB-
und weitaus schneller als andere Innovationen, bei denen Handels- Warenhäusern und Hypermarchés
Großflächen und sogar stärker als unternehmen völlig neue Be- in Osteuropa durch Unternehmen
die Discounter. Im Kern beruht triebstypen kreieren, sind äußerst wie Tesco, Real oder Delhaize in
das Konzept auf einer Orientie- selten, aber letztlich sind fast alle den 1990er Jahren ist ein solches
rung am Discount – z.B. in der neuen Betriebstypen irgendwann Beispiel. Die Einführung von
Warenpräsentation und v.a. der einmal so entstanden. Kaufland in Osteuropa im glei-
Preispolitik – ohne aber die Sor- chen Zeitraum kann hier ebenfalls
timentsvielfalt der Großfläche zu genannt werden.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 45

Und auch die Markteintritte von


Aldi und Lidl in die Schweiz 120
können als Beispiel für diesen
Innovationstyp aufgeführt wer-
den. So stellte der Betriebstyp des 100
Harddiscount eine Neuheit in der 100
97
Schweiz dar.
89
Die Einführung von Tesco Super- 82
stores oder Carrefour Hyper- 80
marchés in Südostasien fällt in 71
eine ähnliche Kategorie.
63
60
Hier wurden aber durchaus in 55
größerem Maße nationale Anpas- 52
sungen am Betriebstypenkonzept
43
vorgenommen, bevor man diesen 40
im Markt einsetzte. Aber wirkli- 34
che Innovationen für das Unter-
26
nehmen selbst stellen die neuen 25
Verkaufskonzepte in diesen Fäl- 20
17
len nicht dar.
9
6
Imitation eines im Aus­ 0 1 2
land bestehenden Be­
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
triebstyps im eigenen
Heimatmarkt
Abbildung 2: Wachstum eines modifizierten Betriebstyps –
Ein für die Innovation im Handel Verkaufsstellen von Brico Dépôt in Frankreich
typischer Vorgang ist in der Mitte
der oberen Reihe dargestellt. Hier Ausnahme von Großbritannien – reich von Vente Privée erfunden
existieren die Betriebstypen be- die Rolle des Pioniers im europäi- worden. In Deutschland wurde es
reits seit längerem (für die Welt schen Markt für Tiernahrung und vor drei Jahren von Brands4-
stellt der Betriebstyp also keine -zubehör. Heute, rund 20 Jahre Friends in den Markt eingeführt.
Innovation dar), aber das Unter- nach Unternehmensgründung, hat Bis heute ist es dem Unternehmen
nehmen „importiert“ den Be- sich die Fressnapf-Gruppe mit gelungen, deutlich vor Vente
triebstyp, den es bei einem Kon- einem rasanten Tempo zu Euro- Privée (die mittlerweile auch in
kurrenten im Ausland beobachtet pas größtem Player „rund ums Deutschland aktiv sind) Markt-
hat, in sein Heimatland. Tier“ entwickelt. führer in Deutschland zu sein.
Historisch kann man beobachten, In jüngeren Jahren findet sich Man mag puristisch einwenden,
dass Betriebstypeninnovationen – dieser Innovationstyp im Online- dass es sich in diesen Fällen nicht
gerade in Europa – oft aus den Shopping sehr häufig. Es gibt um wirkliche Innovationen han-
USA stammen. Die Baumärkte in sogar Venture Capital-Gesell- delt; letztlich ist das aber nicht
den 1960er und 1970er Jahren schaften, die sich darauf speziali- von zentraler Bedeutung: „All
sind ein offensichtliches Beispiel. sieren, Startups zu finanzieren, business is local“, das gilt insbe-
die erfolgreiche Online-Betriebs- sondere für den Einzelhandel.
Tierbedarf-Fachmärkte sind ein typen aus dem Ausland kopieren. Und die erfolgreiche Übertragung
weiteres Beispiel. Dieses Konzept von Erfolgskonzepten aus dem
wurde vom Unternehmensgründer Als Beispiel für derartige Strate- Ausland in den eigenen Heimat-
von Torsten Toeller, Gründer von gien im Online-Geschäft kann markt – man kann durchaus von
Fressnapf, auf einer Markterkun- man den Online-Shopping-Club Imitation sprechen – ist eine legi-
dungsreise in die USA entdeckt Brands4Friends sehen. Das Kon- time Innovationsstrategie, die
und anschließend in Deutschland zept der Online-Shopping-Clubs vielen Unternehmen großen Er-
eröffnet. Mit dieser Art von Inno- ist vor ca. vier Jahren in Frank- folg beschert hat. Denn dem
vation sicherte sich Toeller – mit
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 46

Kunden ist es meist egal, ob ein Modifikation bestehen­ tion und Design umgestellt, oder,
Konzept in den USA oder Japan der Vertriebskonzepte wie es bei Castorama bildlich
bereits früher bestand; was für ihn ausgedrückt wird, man fokussiert
zählt, ist die Neuheit im eigenen für neue Zielgruppen statt auf „the house to build“ auf
Markt. „the house to live in“.
Innovationen entstehen oft auch,
indem etablierte Betriebstypen
Innovation für das Un­ modifiziert werden, um sich an
Hornbach und Bauhaus dagegen
ternehmen, aber nicht fokussieren wesentlich stärker auf
neue Märkte und/oder Zielgrup- Profis. In Großbritannien ist
den Ländermarkt pen anzupassen. Kingfisher z.B. sehr erfolgreich
mit der Screwfix-Kette, die
Oftmals stellen Betriebstypenin- Z.B. expandierten die belgische Handwerker anspricht. Der Erfolg
novationen auch nur eine Innova- Delhaize-Gruppe und die nieder- derartiger Konzepte wird am Bei-
tion für das eigene Unternehmen ländische Aold-Gruppe in den spiel der französischen Brico
dar, während das Konzept bereits 1980er und 1990er Jahren in die Dépôt-Läden deutlich.
im Markt bekannt ist. So hat die USA und eröffneten dort Super-
Inditex-Gruppe im September märkte. Supermärkte waren natür- Diese Ladenkette, die ebenfalls
2009 einen Online-Shop für seine lich für die USA keine Neuheit zu Kingfisher gehört, wurde An-
umsatzstärkste Marke Zara lan- und auch die beiden Unternehmen fang der 1990er Jahre lanciert und
ciert zu starten. Den Beginn kannten diesen Betriebstyp seit spricht ebenfalls vor allem
machten die Volumen-Märkte langem. Trotzdem wurden eine Handwerker und größere Projekte
Deutschland, Spanien, Frank- Reihe von Anpassungen an den an („the house to build“). Der
reich, Großbritannien, Italien und wichtigen amerikanischen Markt Erfolg dieser Betriebstypeninno-
Portugal machen; danach ist der mit seinen spezifischen Verbrau- vation, die im Wesentlichen in
Rollout in allen Zara-Märkten cherbedürfnissen vorgenommen. einer Modifikation des bestehen-
geplant. den Konzepts bestand, zeigt sich
Ähnlich zeigt sich im Bereich der in Abbildung 2.
Online-Shops sind in diesen Baumärkte, dass in vielen Län-
Märkten, auch im Bereich Be- dern die Absatzmärkte weitestge-
kleidung, keine wirkliche Neu- hend gesättigt sind und daher Fazit
heit; das Unternehmen selbst traditionelle Baumärkte kaum
Wie eingangs gesagt, ist der Han-
eröffnet sich durch die Nutzung noch wachsen. Wie es Kingfisher
del darauf angewiesen, schnell
dieser Innovation aber weitere hinsichtlich seiner Baumärkte in
auf Kundenbedürfnisse zu reagie-
Wachstumschancen. Frankreich feststellte: „A winning
ren. Betriebstypeninnovationen –
concept until the end of the 90’s
Ähnlich stellt sich die Situation durch Modifikation bestehender
which no longer fits the market in
auch dar, wenn der Betriebstyp Betriebstypen oder die Entwick-
2002“, wie Kingfisher in einer
eigentlich auch für das Unter- lung völlig neuer Typen – dienen
Strategiepräsentation ausführte.
nehmen keine wirklich Innovati- als Wachstumsmotor.
on darstellt, sondern in einigen Man kann nun beobachten, dass
Für viele Händler ist dies auch die
Ländern schon genutzt wird. Z.B. systematisch neue Zielgruppen
logische Folge des Betriebstypen-
hat die GAP-Gruppe im Herbst gesucht werden. Frauen auf der
lebenszyklus‘, denn auch Be-
2010 ihren Online-Shop (den sie einen Seite und Profis (also
triebstypen haben oftmals eine
in den USA schon länger nutzt) in Handwerker) auf der anderen
begrenzte Lebenszeit, wie in ver-
Großbritannien lanciert. Für GAP Seite bilden bislang vernachläs-
schiedenen Ländern Westeuropas
im spezifischen Markt Großbri- sigte Zielgruppen. Daher werden
derzeit die Kaufhausbetreiber
tannien war dies durchaus eine in dieser Branche Verkaufskon-
schmerzlich feststellen. Zumin-
innovative Expansion des eigenen zepte entwickelt, die klar auf eine
dest ist es so, dass auch Betriebs-
Betriebstypenportfolios, aber dieser Zielgruppen fokussieren.
typen Sättigungsgrenzen errei-
weder für das Unternehmen noch
Zum Beispiel spricht Kingfisher chen. In diesen Fällen ist für ein
für den britischen Markt stellen
mit seiner Retail Brand Casto- Handelsunternehmen ein weiteres
derartige Online-Shops noch eine
rama in Frankreich neuerdings Marktwachstum nur durch eine
grundsätzliche Innovation dar.
vor allem Frauen an. Vom Haus- Veränderung des Betriebstypen-
bau wird zunehmend auf Dekora- portfolios zu erreichen.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 47

Buchpublikationen

Fallstudien­Sammlung zum Thema Dissertation an der Universität Trier


Nachhaltigkeit zu „Dynamische Prozesse der Inter­
nationalisierung“
In fünf Fällen werden die Ausprägungen einer
nachhaltigen Unternehmensstrategie am Beispiel Dr. Martin Jager analysiert die internationale
des Henkel-Konzerns betrachtet, beispielsweise Entwicklung mittelständischer Unternehmen, so
bezüglich der Wertkettengestaltung, der Wirkung den Wandel interner Strukturen, Systeme und
auf das Käuferverhalten oder der Hersteller- Kultur sowie den internationalen Erfolg. Er unter-
Handels-Beziehungen. streicht die Erfolgsbedeutung des Fit zwischen
internationaler Situation und der strukturellen,
Swoboda, Bernhard; Lö- systemischen und kulturellen Organisation und
wenberg, Margot (2010): offeriert für das Management Einblicke in die
Die weltweite Nachhaltig- erfolgreiche Internationalisierung.
keitsinitiative „Qualität &
Verantwortung“ und das Jager, Martin (2010):
Konzept Performance ba- Dynamische Prozesse
sed on Sustainability – Das der Internationalisierung
Beispiel Henkel, Eigenver- – Theoriegeleitete empi-
lag: Trier-Düsseldorf. rische Analyse familien-
geführter KMU, Gabler:
Wiesbaden (Reihe Han-
del und Int. Marketing).
Dissertation an der Universität Trier
zu „International Corporate Brand
Management“
Dr. Markus Meierer untersucht in seiner Dissertati-
on den länderübergreifenden Einfluss von Corpora- Englischsprachiges Lehrbuch zum
te Brands. Mit der Beantwortung der Fragen, ob Internationalen Management
eine länderübergreifende Standardisierung der Un-
ternehmensmarke möglich ist und ob sich die The book Strategic International Management
Kommunikation der Unternehmensmarke in Er- takes a global perspective and covers the major
gänzung zu der jeweiligen Produktmarke auszahlt aspects of international business strategies. It in-
werden aus Forschungs- und Praxissicht relevante, troduces the complexity of international business
aber bisher vernachlässigte Fragestellungen aufge- based on the perspective of Multinational Corpo-
griffen. rations as inter- and intra-organisational networks.
In 20 lessons and 20 cases, a comprehensive
Meierer, Markus (2010): overview of all key issues is given.
International Corporate
Brand Management – Morschett, Dirk;
Evaluating Standardized Schramm-Klein, Hanna;
Corporate Branding Zentes, Joachim (2010):
across Countries, Gabler: Strategic International
Wiesbaden (Reihe Handel Management – Text and
und Int. Marketing). Cases, 2nd ed., Gabler:
Wiesbaden.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 48

Sammelwerksreihe mit begutachte­ Lehrbuch zum Internationalen Mar­


ten Beiträgen zum Handels­ keting
management
Die zweite Auflage des Buches „Internationales
EUROPEAN RETAIL RESEARCH is a bi-annual Marketing“ ist Anfang 2010 erschienen. Die
that is in the tradition of the reputable book series Autoren widmen sich ausführlich den Grundlagen,
“Handelsforschung” which has been published by den konzeptionellen Ansätzen sowie den modernen
Prof. Dr. Volker Trommsdorff in Germany for Methoden des Internationalen Marketing. Schwer-
more than two decades. Since 2008, this punkte des Werkes liegen u.a. auf den Ent-
publication is edited by a team of five retail scheidungsfeldern des Internationalen Marketing,
researchers from Austria, Germany, and den Optionen des Marktengagements, den Betäti-
Switzerland. In the most recent volume (2010, Vol. gungsformen auf ausländischen Märkten, der
24, Issue II), there are 5 articles of reputable Bearbeitung ausländischer Märkte sowie der
international researchers on issues like the Implementierung der Internationalen Marketing-
conceptualisation of distribution services, on strategie und der Koordination und Führung. Mit
specific aspects of online-retailing seinen zahlreichen
and on loyalty programmes. Praxisbeispielen und
Furthermore, two extensive Fallstudien wendet sich
country reports on the retail das Buch sowohl an die
industry in Spain and in Italy are Wissenschaft als auch an
included in the book. die Praxis.

Morschett, Dirk; Rudolph, Tho- Zentes, Joachim; Swobo-


mas; Schnedlitz, Peter; Schramm- da, Bernhard; Schramm-
Klein, Hanna; Swoboda, Bernhard Klein, Hanna (2010):
(2010): European Retail Research Internationales Marke-
2010, Volume 24 Issue II, Gabler: ting, 2. Aufl., Vahlen:
Wiesbaden. München.

Studie des H.I.MA. und des HDE zu Studie von H.I.MA. und PwC zur Ver­
Handelsstrategien sorgungssicherheit
Das Buch „Erfolgreiche Handelsstrategien“ stellt Das Institut für Handel & Internationales Marke-
die Kernergebnisse einer Studie dar, deren ting führte gemeinsam mit dem Competence Cen-
Zielsetzung es war aufzuzeigen, wie sich ter Retail & Consumer der PricewaterhouseCoo-
Einzelhandelsunternehmen seit dem Zweiten pers AG 2010 eine großzahlige Erhebung unter
Weltkrieg entwickelt haben, welche Strategien sie Handels- und Konsumgüterunternehmen durch,
einsetzen und welche Erfolgsfaktoren sie die den Themenkomplex der Versorgungssicher-
auszeichnen. Dies schließt kleine und mittlere heit in der Konsumgüterwirtschaft zum Gegen-
Unternehmen (KMU) sowie (heutige) stand hat. Betrachtet wurden sowohl die Einschät-
Großunternehmen ein. zungen von Managern hinsichtlich künftiger Ent-
wicklungen als auch
Verteilt auf drei Zeitabschnitte die Unternehmensstra-
fokussiert die Studie insgesamt auf tegien.
einen Zeitraum von 75 Jahren.
PricewaterhouseCoo-
Zentes, Joachim; Kolb, Stefan; pers; Institut für Han-
Rittinger, Sebastian (2010): Er- del & Internationales
folgreiche Handelsstrategien – Marketing (Hrsg.)
Gestern – Heute – Morgen, Verlag (2010): Genug für alle
Martin Meidenbauer: München. da? Wie gehen Händ-
ler und Konsumgüter-
hersteller mit Versor-
gungsrisiken um?,
Frankfurt a.M.
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 49

Transfer zwischen Forschung und Praxis

Die beteiligten Institute und Lehrstühle fühlen sich alle dem Transfer von Forschungsergebnissen in
die Praxis, dem Transfer von Erkenntnissen und Praktiken aus den Unternehmen in die eigene For-
schung und Lehre und dem intensiven Kontakt mit Handel und Konsumgüterherstellern verpflich-
tet. Darüber hinaus werden Forschungsergebnisse selbstverständlich auf Konferenzen im In- und
Ausland präsentiert. Einen kleinen Ausschnitt dieser Tätigkeit zeigen wir im Folgenden.

Gastvorträge von Managern an Universitäten


Im Februar 2010 hat der Vorstandsvorsitzende der to-Consumer-Marketing unterstrich er die Wich-
expert AG, Herr Volker Müller, an der Universi- tigkeit von Investitionen in starke Marken. Dies
tät Trier einen Vortrag zum Thema „Kooperatio- gilt insbesondere im Bereich der FMCG, da die
nen/Verbundgruppen im Einzelhandelsumfeld Kaufentscheidung hier meist in Sekundenschnelle
Deutschland“ gehalten. Herr Müller thematisierte getroffen wird. Seit dem Jahr 2001 positioniert
die Rolle von Verbundgruppen im deutschen Ein- Henkel sich mit dem Slogan “A Brand like a
zelhandel, indem die Bedeutung der Gemeinschaft Friend“. Dies greift das Ziel auf, dem Konsumen-
in der hart umkämpften Einzelhandelslandschaft ten starke Marken für alle Lebensbereiche zu bie-
hervorgehoben wurde. Am Erfolgsbeispiel der ten. Henkel geht noch einen Schritt weiter und hat
expert AG präsentierte V. Müller, wie Verbund- eine Nachhaltigkeitsstrategie auf Corporate-Ebene
gruppen im Spannungsfeld zwischen Kosteneffi- entwickelt: Alle Produkte aus den unterschiedli-
zienz und heterogener Gesellschafterstruktur be- chen Unternehmensbereichen unterliegen einer
Nachhaltigkeitsnorm. Henkel
schafft somit die Grundlage
Wachstum und Innovation
langfristig und nachhaltig zu
erreichen.

Der Gastvortrag „Wenn


Preise sprechen lernen und
warum es keine Rabatte
V. Müller, T. Schuffenhauer, P. Warnking,
auf Tiernahrung gibt –
Vorstandsvorsitzender Corporate Director Vorstand
Einblicke ins Käuferver-
expert AG Henkel Praktiker
halten bei Praktiker“ wurde
von Pascal Warnking, Mit-
stehen können. Die Quintessenz des Vortrages
glied des Vorstandes der Praktiker Bau- und
war, dass ein so genannter Systemkopf nicht ohne
Heimwerkermärkte Holding AG, im Mai 2009
die Gesellschafter der Verbundgruppe umgesetzt
an der Universität Trier gehalten. Thematisiert
werden kann. Demnach betonte Müller: „Unsere
wurde zunächst die auf drei Säulen basierende
Gesellschafter haben das letzte Wort.“ Somit setzt
Unternehmensstrategie: Praktiker Deutschland,
die expert AG neben einem standardisierten Han-
Max Bahr Deutschland und Praktiker Internatio-
delskonzept auf die Eigenverantwortung seiner
nal. Warnking stellte das durch Kunden wahrge-
Mitglieder.
nommene Preisniveau über die Jahre hinweg vor.
Thomas Schuffenhauer, Corporate Director Mit einer Preisoffensive im Jahr 2002 und dem
Global Marketing Unit Laundry & Homecare im Slogan „Geht nicht gibt’s nicht“ oder „Alles außer
Henkel-Konzern, referierte im Mai 2010 an der Tiernahrung“ verbesserte sich die Preiswahrneh-
Universität Trier über „Herausforderungen für mung und Werbeeffizienz enorm. Die Quintes-
ein Markenartikelunternehmen: Nachhaltiges senz des Vortrages zeigte dabei, dass ein hervor-
Wirtschaften und Verbrauchernähe in neuer ragend wahrgenommenes Preisniveau nicht
Dimension“. Im Rahmen der Vorlesung Business- gleichbedeutend mit einer Globalzufriedenheit der
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 50

Konsumenten ist. Hierauf aufbauend wurden eine unterstützen, die Anwender (also z.B. Architek-
umfassende Studie (an dreißig Praktiker- ten) darin zu schulen, die Produkte richtig zu ver-
Standorten) und ein Workshop mit Studenten im stehen und zu verwenden. Am Beispiel der Fuß-
Rahmen ihres einjährigen Projektstudiums durch- ballweltmeisterschaft in Südafrika zeigte Kälin
geführt. zudem die hohe Bedeutung des Projektgeschäfts
(beim Bau von Hotels, Stadien, etc.), die neben
Im Rahmen der Vorlesung Marketing an der Uni- dem Handelskanal eine wesentliche Säule der
versität Siegen referierte Lars Dammertz, Pro- Verkaufsaktivitäten von Geberit darstellt.
duktmanager der Krombacher Brauerei, im Ja-
nuar 2010 zu der Marketingstrategie sowie den
Marketinginstrumenten von Cab, der Biermix-
Marke von Krombacher. In diesem Vortrag stellte
er den Prozess der Entwicklung einer Marketing-
strategie und der Umsetzung im operativen Mar-
keting-Mix in allen Phasen dar. Dammertz disku-
tierte dabei auch Aspekte der Führung von Mar-
kenportfolios und machte deutlich, warum es für
die Krombacher Brauerei notwendig war, unter E. Kälin, R. Frefel,
einer neuen Marke in den Biermixgetränke-Markt Area Sales Manager Category Management
einzutreten. Dabei gab er interessante Einblicke in Geberit Coop
Entscheidungen der Produkt- und Programmpoli-
tik und zeigte die Entstehung eines Werbefilms Am 30. November 2010 hielt Roland Frefel,
von der ersten Idee bis hin zur Ausstrahlung. L. Leiter Coop Category Management Grundnah-
Dammertz thematisierte auch die Bedeutung von rungsmittel und Getränke, auf Einladung von
quantitativen Auswertungen für das Treffen von Prof. Morschett an der Universität Freiburg einen
Marketingentscheidungen und schlug so eine Brü- Vortrag über die Strategie von Coop. Er ging da-
cke zwischen Theorie und Praxis. bei auf die unterschiedlichen Betriebstypen von
Coop ein, diskutierte die unterschiedlichen Ent-
An der Universität Fribourg sprach Erwin Kälin, wicklungen verschiedener Betriebstypen, erläuter-
der bei Geberit für die Märkte des Nahen Ostens te die Category-Management-Prozesse bei Coop
und Afrikas zuständig ist, im November 2010 zum und die Handelsmarkenpolitik des Unternehmens.
Thema „Distribution in Foreign Markets“. Besonders hob er das Thema Nachhaltigkeit her-
Hr. Kälin zeigte am Beispiel des südafrikanischen vor, das bei der Coop seit langem einen wichtigen
Marktes auf, wie das Unternehmen Geberit in Teil der Unternehmensstrategie darstellt und das
Auslandsmärkte eintritt, dort Push- und Pull- seit einiger Zeit auch ausdrücklich in die Missio-
Aktivitäten aufbaut und seine Aktivitäten an die nen der Coop aufgenommen wurde.
jeweiligen nationalen Gegebenheiten anpasst.
Zentral ist es dabei, die Distributeure dabei zu

Vorträge und Projekte mit Unternehmen


Unter der Leitung von Prof. Dr. Prof. h.c. Bernhard Das Forschungsprojekt an der Universität Trier zu
Swoboda und Dipl.-Kffr. Bettina Berg wurde in „Retailing in China“ untersucht, wie sich die
Zusammenarbeit mit der Praktiker Deutschland Bewertung und letztlich der Markenwert westeu-
GmbH ein Projekt zum Thema „Marktbasierter ropäischer, asiatischer und lokaler Retailer dar-
Kundenerfolgskompass“ durchgeführt. Befragt stellt. Unter der Leitung von Prof. Bernhard Swo-
wurden Konsumenten an 30 Standorten in ganz boda und Dipl.-Kffr. Karin Pennemann und in
Deutschland zu der Wahrnehmung von Handels- Zusammenarbeit mit dem Statistischen Büro in
marketinginstrumenten, Corporate und Store China und THINK!DESK China Research Con-
Brands des jeweiligen Marktes sowie zum Kauf- sulting wurden 1.500 Konsumenten in drei chine-
verhalten. Die Ergebnisse des Projekts geben Hin- sischen Städten befragt.
weise zur standortspezifischen Filialsteuerung.
Die Internationalisierung des Handels stand auch
Seit der Öffnung des chinesischen Marktes für im Mittelpunkt eines Tagesworkshops, den Prof.
ausländische Retailer ist China als einer der lukra- Swoboda im Rahmen des METRO Business Pro-
tivsten Märkte noch immer hoch fragmentiert. gram Advanced an der WHU, Vallendar, durch-
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 51

führte. An dem Workshop zum Thema “Retailing Gemeinsam mit Checkitmobile wird unter der
in Central and Eastern Europe” nahmen Area Leitung von Prof. Schramm-Klein die Bedeutung
Manager der Metro Group aus über 17 Ländern von mobilen Applikationen auf Smartphones als
teil. Einkaufshelfer untersucht. Themenfelder, die hier
betrachtet werden, reichen von der Analyse der
Die derzeitige Aktualität der Thematik zeigt sich Akzeptanz und Nutzung derartiger mobiler Ein-
an einem weiteren Vortrag von Prof. Swoboda kaufshilfen am Point of Sale bis zur Wirkung der
anlässlich des Deutschen Nonfood-Kongresses auf diese Weise gewonnen Informationen auf die
2010 in Berlin zum Thema „Dynamik der Inter- Entscheidungsqualität der Konsumenten.
nationalisierung des Food und Nonfood Han-
dels - Chancen, Risiken, Tendenzen“. Unter Leitung von Prof. Schramm-Klein hat der
Lehrstuhl für Marketing eine Vertriebsstrategie
Ein Thema, das seit Jahren aktuell ist, ist die Ko- für einen international tätigen Armaturenher-
operation zwischen Unternehmen. Zu diesem steller erarbeitet. Zentrale Fragestellungen waren
Thema führte Prof. Dirk Morschett in diesem Jahr die Optimierung von Effizienz und Effektivität
verschiedene Workshops mit Geschäftsführern des Vertriebs bei Vorliegen von diversifizierten
und Inhabern von Großhandelsunternehmen Kundenstrukturen.
durch, um Strategien für eine intensivere Koope-
ration zu entwickeln. Ein für den Einzelhandel weiterhin aktuelles
Thema ist die Frage, welche Betriebs- und Ver-
Ein weiteres Thema des Chair for International triebstypen die Unternehmen nutzen sollen, um
Management ist der Online-Handel (wie man am ihre Kunden anzusprechen. Die Frage ob und wie
Beispiel der beiden Beiträge des Lehrstuhls zu Multichannel-Strategien realisiert werden kön-
diesem Thema in diesem Newsletter sehen kann). nen und müssen, stellen sich v.a. viele kleinere
Zu diesem Thema hielt Prof. Morschett in den oder regional agierende Einzelhändler. Zu diesem
letzten Monaten verschiedene Vorträge. Unter Themenfeld führte Prof. Schramm-Klein ver-
anderem hatte er den Vorsitz des 2. Europäischen schiedene Vorträge und Workshops durch.
Online-Kongresses 2010 in Berlin inne, bei dem
er auch den Auftaktvortrag zu „Trends im Onli- Viele Städte leiden unter Leerständen von ehe-
ne-Handel“ hielt. maligen Einzelhandelsflächen oder unter dem
Rückgang der Zentralität. Vor allem kleine Städte
Welche Bedeutung Adgames für das Konsumen- und Städte in peripheren Lagen stehen hier vor
tenverhalten haben, untersucht der Lehrstuhl für großen Herausforderungen. Diese Problemstel-
Marketing der Universität Siegen unter der Lei- lung diskutierte Prof. Schramm-Klein gemeinsam
tung von Prof. Hanna Schramm-Klein gemeinsam mit Städten, Einzelhändlern und Dienstleistungs-
mit den Unternehmen Krombacher und Adidas unternehmen im Rahmen verschiedener Vortrags-
als Praxispartner. Vor allem interessiert, wie un- veranstaltungen.
terschiedliche Arten von Online-Spielen (z.B.
Shooter, Lernspiele, Ratespiele) den Markenwert
beeinflussen. Aber auch der Kontext, in dem die
Spiele präsentiert werden (z.B. Unternehmens-
Homepage, Facebook), ist Teil der Projekte.

Internationale Seminare, Vorträge und Preise


Prof. Bernhard Swoboda Business-Schools in China.
unterrichtete mit Dipl.-Kffr.
Karin Pennemann an der Im Jahr 2010 wurden Forschungsarbeiten der
University Xiamen im In- Lehrstühle unter anderem bei der Jahreskonferenz
ternational MBA mit Vorle- der European Marketing Academy (EMAC), der
sungen zu den Themen Academy of Marketing Science Annual Confe-
„International Marketing- rence (AMS), der Winter- und Sommerkonferenz
Management“ und „Market der American Marketing Association (AMA), der
Research“. Laut Forbes Association for Consumer Research (ACR), der
Universität Xiamen, gehört die School of Mana- Conference on Recent Advances in Retailing and
China gement zu den besten zehn Services Science (EIRASS) sowie der Marketing
Retailing & Consumer Goods Marketing - Dezember 2010 52

Science Conference (INFORMS) präsentiert. nationalisierungsprozessen von deutschen Mittel-


Darüber hinaus waren die Lehrstühle bei den ständlern.
wichtigsten Konferenzen im Bereich International
Business mit eigenen Beiträgen präsent, der An- Dr. Sascha Steinmann vom Lehrstuhl für Marke-
nual Conference der Academy of International ting der Universität Siegen wurde auf der „17th
Business (AIB) und der European International International EIRASS-Conference on Recent
Business Academy (EIBA). Advances in Retailing and Services Science“ in
Istanbul mit dem Award für das „Most Innovative
Neben dem vorne bereits erwähnten Best Paper Paper” ausgezeichnet. Die Studie „Measuring and
Award für die Forschung im Bereich Corporate Clustering Customer Contact Sequences - Results
Branding wurde Bernhard Swoboda zusammen of a Customer Survey in Retailing” zeigt einen
mit Johannes Flecker, Thomas Foscht und Cesar neuen Ansatz für die Analyse des Käuferverhal-
Maloles für den Beitrag „Using Music to Create tens im Multi-Channel- Marketing.
and Enhance Brand Personality” mit dem „Best
Paper Award“ geehrt. Der Preis wurde auf der Schließlich erhielten Dr. Sandra Maus sowie Dr.
Winterkonferenz der American Marketing Lambert Scheer vom H.I.MA. für ihre Dissertati-
Association (AMA) in Tampa, Florida im „Track onen zum Thema „Kundenbeziehungsmanage-
Brand Marketing & Communications“ verliehen. ment im Großhandel - Eine empirische Untersu-
Zudem erhielten in diesem Jahr Margot Löwen- chung der dyadischen und der Netzwerkebene am
berg und Edith Olejnik vom Lehrstuhl für Marke- Beispiel des Automotive-Aftermarket" bzw.
ting & Handel der Universität Trier für ihre Dip- „Antezedenzen und Konsequenzen der Koordina-
lomarbeiten den lokalen Ökonomiepreis. Während tion von Unternehmensnetzwerken – Eine Unter-
Frau Löwenberg einen Beitrag zum internationa- suchung am Beispiel von Franchise-Systemen und
lem Corporate Brand Management schrieb, be- Verbundgruppen“ den Preis der Gesellschaft der
fasste sich Frau Olejnik in ihrer Arbeit mit Inter- Förderer des Instituts für empirische Wirtschafts-
forschung an der Universität des Saarlandes.

Impressum

Jg. 1, 2010, Heft Nr. 1


Retailing & Consumer Goods Marketing wird herausgegeben von

Univ.-Professor Dr. Dirk Morschett, Inhaber des Lehrstuhls für Internationales Management – Liebherr/Richemont
Endowed Chair der Universität Fribourg, Schweiz,

Univ.-Professorin Dr. Hanna Schramm-Klein, Inhaberin des Lehrstuhls für Marketing der Universität Siegen,

Univ.-Professor Dr. Prof. h.c. Bernhard Swoboda, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing & Handel der Universität Trier,

Univ.-Professor Dr. Joachim Zentes, Direktor des Instituts für Handel & Internationales Marketing (H.I.MA.) der
Universität des Saarlandes, Saarbrücken.

Für die Redaktion der vorliegenden Ausgabe ist der Lehrstuhl für Internationales Management der Universität Fri-
bourg/Schweiz verantwortlich.

Layout: Andrea Brügger, Universität Fribourg

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