Sie sind auf Seite 1von 6

Umweltsurvey 2007: Studie zu Umweltbewusstsein, Umweltverhalten und Lebensgewohnheiten

Das Thema Umwelt ist nicht aus der


Mode gekommen

Sind die Menschen in der Schweiz Zürcherinnen und Zürcher die Klima- Andreas Diekmann, Reto Meyer, Andrea
mit der Umweltqualität in ihrem Le- erwärmung als Bedrohung wahr, sind Diem, Christa Mühlemann
bensumfeld zufrieden? Wird die es heute bereits über 80 Prozent (Grafik ETH Zürich, Professur für Soziologie
Umweltbelastung als Problem wahr- Seite 28 unten). Aus Sicht der Befragten Telefon 044 632 72 63
genommen? Und wenn ja – gibt es ist neben der globalen Klimaerwär- reto.meyer@soz.gess.ethz.ch
Unterschiede im Umweltbewusst- mung das Problem der lokalen Luftver- www.socio.ethz.ch
sein zwischen der eher ländlichen schmutzung am dringlichsten zu lösen.
und der städtischen Bevölkerung? Innerhalb des Kantons Zürichs sind teil- Karl Tschanz
Welche Massnahmen zum Schutz weise deutliche Unterschiede zwischen Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich UGZ
der Umwelt werden als erforderlich der Stadt und dem übrigen Kanton fest- Umweltschutzfachstelle
betrachtet? Der Schweizer Um- stellbar. Städterinnen und Städter nen- Tel. 044 412 43 54, karl.tschanz@zuerich.ch
weltsurvey 2007 – eine landesweite nen das Thema Umwelt häufiger als
Befragung – gibt Antworten auf wichtigstes Problem und verfügen zu- Dr. Hansjörg Sommer
diese und ähnliche Fragen und hat dem über ein höheres allgemeines Um- AWEL, Abteilung Lufthygiene
auch ein paar Überraschungen zu- weltbewusstsein. Dieser Stadt-Land-Ef- Telefon 043 259 29 91
tage gefördert. Der Vergleich mit fekt beim Umweltbewusstsein lässt sich hansjoerg.sommer@bd.zh.ch
der 1994 erstmals durchgeführten schweizweit beobachten. www.luft.zh.ch
Befragung zeigt ausserdem, wie
sich Wahrnehmungen, Einstellun-
gen und umweltbezogenes Verhal- Welche Umweltrisiken werden
ten verändert haben. Die im Kan- als hoch eingeschätzt? Umweltdaten
ton Zürich erhöhte Stichprobe er-
möglicht zudem Vergleiche zwi- Generell werden globale Entwicklun-
schen Stadt und Land sowie mit an-
deren Kantonen.
Wie wichtig sind diese Probleme für die Schweiz heute?

Finanzierung AHV
Das Wichtigste zuerst: Der Grossteil der
Gesundheitskosten
Bevölkerung hat ein ausgeprägtes Um-
weltbewusstsein. Die Belastung der Umweltbelastung

Umwelt steht im Kanton Zürich an drit- Ausländer


ter Stelle und gilt für rund für 80 Prozent
Kriminalität
der Befragten als wichtiges bis sehr
wichtiges Problem (siehe Grafik rechts). Arbeitslosigkeit

Das Umweltthema ist also bei weitem Armut


nicht «aus der Mode» gekommen. Verhältnis zur EU
Der Umweltsurvey malt jedoch durch-
Terrorismus
aus ein gemischtes Bild: Die Fragen zum
allgemeinen Umweltbewusstsein las-
10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
sen eher auf eine Ab- als Zunahme des
Anteil Befragte, die das Problem als «eher wichtig» oder «sehr wichtig» bezeichnen
Umweltbewusstseins im Kanton Zürich (Antworten 4 und 5 auf einer Skala von 1 «überhaupt nicht wichtig» bis 5 «sehr wichtig»)
schliessen. Bei einzelnen Themen dage- Kanton Zürich Übrige Deutschschweiz Gesamte Schweiz
gen, zum Beispiel der Klimaerwär-
mung, ist eine starke Erhöhung der Be-
Die Belastung der Umwelt steht bei der Einschätzung der Wichtigkeit zu lösender Proble-
sorgnis festzustellen. Nahmen 1994 erst me an dritter Stelle und ist für 80 Prozent der Befragten wichtig oder sehr wichtig.
rund die Hälfte (51%) der befragten Quelle aller Grafiken: Umweltsurvey 2007

UMWELTPRAXIS Nr. 55 / Dezember 2008 www.umweltschutz.zh.ch 27


Umweltdaten Lärm

weltbezogenen Risiken skeptischer,


Wie hoch schätzen Sie die Gefahr dieser Technologien
stufen aber die technologischen Risiken
und Umweltprobleme für Mensch und Umwelt ein?
als weniger gefährlich ein.

Gentechnik (Medizin & Forschung)

Gentechnik (Lebensmittel) Zufriedenheit


Atomkraftwerke, Kernenergie mit der Umweltqualität
Handyantennen
Die Befragung zeigt, dass die Bevölke-
Gebrauch von Handys
rung klar zwischen der Gefährdung
Hochspannungsleitungen durch Umweltrisiken und der Einschät-
Autoverkehr zung der lokalen Umweltqualität unter-
(Umweltbelastung & Unfälle)
Teibhauseffekt, Klimaerwärmung
scheidet. So wird trotz dem Bewusst-
sein über die Gefährdung durch Treib-
Verlust der Artenvielfalt
hauseffekt und Klimaerwärmung die
Umweltqualität in der Schweiz generell
10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Anteil Befragte, welche die Gefahr als hoch einstufen als gut empfunden: 84 Prozent der Be-
(Antworten 4 und 5 auf einer Skala von 1 «überhaupt keine Gefahr» bis 5 «sehr hohe Gefahr») fragten aus dem Kanton Zürich sind mit
der Umweltqualität in ihrer Wohnge-
Stadt Zürich Übriger Kanton Zürich
gend «eher» oder «sehr zufrieden». Im
Bei verschiedenen Umweltthemen lässt sich ein deutlicher Stadt-Land-Effekt feststellen. Vergleich zu 1994 zeigt sich ein deutli-
cher Anstieg in der Zufriedenheit mit
der Umweltqualität, sowohl in der
gen, wie die Klimaerwärmung oder der lastung) ist in der Bevölkerung ein ho- ganzen Schweiz als auch spezifisch im
Verlust der Artenvielfalt, als grösste hes Bewusstsein vorhanden. Kanton Zürich (ZH: 72%, CH: 74%;
Risiken eingestuft (82% und 73%, je- Grössere Unterschiede zwischen dem Grafik unten links).
weils Kanton Zürich). Diese ökologi- Kanton Zürich und der übrigen Deutsch- Stellt man die Stadt Zürich den übrigen
schen Risiken werden durchgehend schweiz zeigen sich lediglich in der Ein- Zürcher Gemeinden gegenüber, er-
höher bewertet als die Gefahr von Ne- schätzung des Risikos von Atomkraft- staunt aufgrund der generell höheren
benwirkungen neuer Technologien, werken (47% resp. 53%) und Hoch- Belastung im urbanen Raum kaum,
wie z.B. Mobilfunkantennen (37%), spannungsleitungen (30% resp. 35%), dass die Zufriedenheit mit der lokalen
der Gebrauch von Handys (35%) oder deren Gefahrenpotenzial die Zürcherin- Umweltqualität in der Stadt Zürich ge-
der Einsatz von Gentechnologie in Me- nen und Zürcher um jeweils gut 5 Pro- ringer ist als in den Zürcher Agglomera-
dizin und Forschung (39%). Auch be- zentpunkte geringer einstufen. tionsgemeinden und ländlichen Gebie-
züglich der Risiken des Autoverkehrs Im kantonsinternen Vergleich sind die ten. Während von den Befragten aus
(im Hinblick auf Unfälle und Umweltbe- Städterinnen und Städter bei den um- der Stadt Zürich 76 Prozent mit der Um-

Wie hoch schätzen Sie die Gefahr von Treibhaus- Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der
effekt und Klimaerwärmung für Mensch und Umwelt ein? Umweltqualität in Ihrer Wohngegend?

Befragung 1994 Befragung 1994

Befragung 2007
Befragung 2007

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Anteil Befragte in Prozent
Anteil Befragte in Prozent
5 sehr hohe Gefahr
4 eher hohe Gefahr sehr zufrieden eher nicht zufrieden
3 mittlere Gefahr eher zufrieden überhaupt nicht zufrieden
2 eher keine Gefahr teils / teils
1 überhaupt keine Gefahr
Nur Befragte aus dem Kanton Zürich, 1994: N=437, 2007: N=803 Nur Befragte aus dem Kanton Zürich, 1994: N=441, 2007: N=682

Die Besorgnis über die Klimaerwärmung hat seit der letzten Befra- Die Zufriedenheit mit der Umweltqualität hat sich seit der letzten
gung deutlich zugenommen. Befragung weiter erhöht.

28 UMWELTPRAXIS Nr. 55 / Dezember 2008 www.umweltschutz.zh.ch


Umweltdaten
Lärm

weltsituation im Wohnumfeld «eher» Wohnumfeld. Die Luftbelastung – wie Deutlichere Unterschiede zeigen sich
oder «sehr zufrieden» sind, beträgt die- auch die Lärmbelastung – werden im wiederum zwischen der Stadt Zürich
ser Anteil im restlichen Zürich 87 Pro- Kanton Zürich etwas deutlicher wahr- und den übrigen Gemeinden des Kan-
zent. Im Vergleich mit anderen Gross- genommen als in der übrigen Deutsch- tons: Während sich in der Stadt Zürich
städten schneidet die Stadt Zürich hin- schweiz. Generell fühlen sich die Be- 19 Prozent der Befragten durch die
sichtlich Zufriedenheit mit der Umwelt- fragten durch Feinstaub stärker gestört Luftverschmutzung in ihrem Wohnum-
qualität jedoch gut ab (Grafik Seite 30 (Kanton Zürich 14%, übrige Deutsch- feld stark gestört fühlen, beträgt der
unten): Rund drei Viertel (76%) der schweiz 10%) als durch Ozon oder Luft- Anteil im restlichen Kanton Zürich nur
Stadtzürcherinnen und -zürcher sind verschmutzung im Allgemeinen. 7 Prozent. Analog dazu die Wahrneh-
zufrieden mit der lokalen Umweltqua-
lität, in Basel, Bern, Genf und Lausanne
ist es nur je knapp zwei Drittel der Be- Wahrnehmung des Elektrosmogs (nichtionisierende Strahlung)
fragten. Die Strahlung von Handyantennen wird im Um- In den 11 Prozent der Zürcherinnen und Zür-
weltsurvey überraschenderweise seltener als cher, die sich durch eine sichtbare Antenne ge-
hohe Gefahr für Mensch und Umwelt einge- stört fühlen, versteckt sich aber ein Unter-
Strassenlärm stört mehr als Fluglärm schätzt als andere Umweltrisiken. Inwiefern schied zwischen Stadt- und Landbevölkerung:
fühlen sich die Befragten aber persönlich der In der Stadt Zürich nehmen 17 Prozent der Be-
Der Strassenverkehrslärm erweist sich Strahlung von Mobilfunkantennen ausgesetzt? fragten, die in der Nähe einer Mobilfunk-
beim Lärm durchgehend als grösster Das subjektive Urteil dürfte sich auf be- antenne wohnen, deren Strahlung als starke
Störfaktor. Im Kanton Zürich fühlen sich obachtbare Indikatoren – wie Sichtbarkeit Störung wahr, in den übrigen Gemeinden des
16 Prozent der Befragten durch den oder Distanz zur Handyantenne – stützen. Kantons sind es lediglich 9 Prozent (hochge-
Strassenverkehrslärm tagsüber «eher» Knapp jede dritte befragte Person aus dem rechnet entspricht dies 5 Prozent aller Befrag-
oder «stark» gestört. Kanton Zürich gibt an, dass in der Nähe ihrer ten in der Stadt und zwei Prozent im übrigen
Während sich in der Stadt tagsüber 26 Wohnung mindestens eine Handyantenne Kanton Zürich).
Prozent der Befragten durch Strassen- steht. Davon fühlen sich immerhin 11 Prozent Allerdings beeinflusst die Sichtbarkeit einer
verkehrslärm stark belästigt fühlen, (gesamte Schweiz: 9%) stark gestört durch Mobilfunkantenne die Wahrnehmung der da-
sind es in den übrigen Zürcher Gemein- die Strahlung von Mobilfunkantennen in der von ausgehenden Belastung: Befragte, wel-
den nur 13 Prozent. In der Nacht fühlen Wohngegend. Hochgerechnet auf alle Befrag- che die nahe gelegene Mobilfunkantenne von
sich allgemein weniger Befragte durch ten entspricht dies drei Prozent der Befragten der Wohnung aus sehen, fühlen sich stärker
Strassenverkehrslärm gestört, aber wie- aus dem Kanton Zürich und zwei Prozent der durch die davon ausgehende Strahlung be-
derum wird die Belastung in der Stadt Befragten aus der ganzen Schweiz. lastet als andere.
(13%) stärker wahrgenommen als im
übrigen Zürcher Kantonsgebiet (7%).
Vergleicht man die Lärmwahrnehmung
Wie stark fühlen Sie Sich bei Ihnen zu Hause
von heute mit der Befragung von 1994,
durch die Strahlung von Handyantennen gestört?
zeigt sich ein erfreuliches Bild: Während
im Kanton Zürich damals rund 21 Pro-
zent der Befragten angaben, sich durch
Kanton Zürich
den Strassenverkehrslärm stark gestört
zu fühlen, sind es heute nur noch 16
Prozent. Durch den Fluglärm fühlen sich
heute im Kanton Zürich nicht mehr Zür- Übrige Deutschschweiz
cherinnen und Zürcher gestört als 1994
(damals 10%, heute 9%). Dies ist inso-
fern erstaunlich, als die Fluglärmthema- Gesamte Schweiz
tik in den letzten Jahren in den Medien
sehr präsent war.
0% 20% 40% 60% 80% 100%

Anteil Befragte in Prozent


Luftbelastung stört vor allem
keine Handyantenne in der Nähe 3 teils/teils
in der Stadt
1 überhaupt nicht gestört 4 eher stark gestört
2 eher nicht gestört 5 stark gestört
Neben dem Lärm hat auch die Luftbelas-
tung einen starken Einfluss auf die Zu- Ein überraschendes Ergebnis dieser Studie: Nur ein geringer Teil der Bevölkerung fühlt sich
friedenheit mit der Umweltqualität im durch die Strahlung von Handyantennen gestört.

UMWELTPRAXIS Nr. 55 / Dezember 2008 www.umweltschutz.zh.ch 29


Umweltdaten Lärm

durchschnittlich hohe Zustimmung.


Was halten Sie von den folgenden Massnahmen? Während bei allen abgefragten Mass-
nahmen bei den Stadtzürchern im Ver-
Partikelfilter-Pflicht gleich zum übrigen Kanton Zürich eine
Road Pricing in Stadtzentren
höhere Zustimmung zum Ausdruck
kommt, ist dies im Vergleich zu den
Treibstoffabgabe übrigen Deutschweizer Städten nicht
Parkgebührerhöhung in Städten der Fall. Im Kontrast zu den Städten in
der Romandie zeichnet sich die Stadt
Tempo 100 auf Autobahnen
Zürich aber durch höhere Zustim-
Tempo 80 temporär (Feinstaub) mungsraten bei den verkehrspoliti-
schen Massnahmen aus. Augenfällig ist
Tempo 80 temporär (Ozon)
die grössere Unterstützung von Road
Atom-Moratorium Pricing in Stadtzentren (58% vs. 42%)
und die geringere Befürwortung des
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Atom-Moratoriums (51% vs. 65%).
Anteil Befragte, welche die Massnahme «eher» oder «sehr» befürworten Auffallend ist ausserdem, dass techni-
(Werte 4 und 5 auf einer Skala von 1 «sehr dagegen» bis 5 «sehr dafür» sche Massnahmen allgemein viel grös-
Stadt Zürich Übriger Kanton Zürich sere Akzeptanz finden als solche, die
auf Verhaltensänderungen abzielen.
Bei den Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern finden umweltpolitische Massnahmen
deutlich höhere Zustimmung als im ländlichen Bereich.
Umweltverhalten 1994 und heute

Das Umweltverhalten hat sich seit 1994


Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der teilweise deutlich verändert, eine ein-
Umweltqualität in Ihrer Wohngegend? deutige Tendenz hin zu umweltfreund-
lichem oder umweltschädlichem Han-
deln ist aber nicht auszumachen (siehe
Stadt Zürich Grafik Seite 31). Vielmehr hängen ein-
zelne Umweltaktivitäten stark vom
Stand der Technik (Energiesparlampe),
Städte Basel und Bern der Infrastruktur (Recycling) und den je-
weiligen Handlungsanreizen (öffentli-
che Verkehrsmittel) ab.
So hat zwischen 1994 und 2007 eine
Städte Lausanne und Genf
starke Zunahme der Nutzung von Ener-
giesparlampen stattgefunden. Während
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
heute rund 70 Prozent der Zürcher
Anteil Befragte in Prozent
Haushalte Energiesparlampen verwen-
den, taten dies im Jahr 1994 erst 50 Pro-
sehr zufrieden eher nicht zufrieden
zent.
eher zufrieden überhaupt nicht zufrieden
teils / teils
Einer augenfälligen Zunahme beim PET-
Recycling, welche heute fast vollum-
Stadtzürcherinnen und -zürcher sind im Vergleich mit anderen Städten zufriedener mit der
fänglich (98%) der Wiederverwertung
Umweltqualität in ihrer Wohngegend. zugeführt werden, steht eine Abnahme
der separaten Entsorgung von Grün-
abfällen entgegen (69% heute versus
mung der Ozonbelastung: Die Stadt- Bereitschaft zu Massnahmen 75% im Jahr 1994). Zugenommen ha-
zürcherinnen und Stadtzürcher fühlen ben hingegen auch die Recyclingquo-
sich auch durch Ozon oder Sommer- Trotz der guten Bewertung der Um- ten bei den Konservenbüchsen (von
smog stärker gestört als die übrigen Be- weltqualität in der Stadt Zürich finden 83% auf heute 89%) und beim Alumi-
fragten im Kanton – und dies, obwohl bei den Stadtbewohnerinnen und Stadt- nium (von 75% auf heute 83%).
die Ozonbelastung in der Stadt meist bewohnern umweltpolitische Mass-
tiefer ist als in den ländlichen Gebieten. nahmen (siehe Grafik oben) eine über-

30 UMWELTPRAXIS Nr. 55 / Dezember 2008 www.umweltschutz.zh.ch


Umweltdaten
Lärm

bedingungen gut demonstrieren: Im


Umweltbewusst, Vergleich zur Stadt Zürich werden im In der Stadt ist es einfacher,
aber nicht umweltfreundlich? übrigen Kanton die Lebensmittel- und Ressourcen zu schonen
Wie wichtig für das Verhalten und seine Grünabfälle beinahe doppelt so häufig Die mittlere Nettowohnfläche in der Stadt
Auswirkung auf die Umwelt ist das Um- vom übrigen Abfall getrennt (42% in Zürich ist mit 40 Quadratmetern pro Person
weltbewusstsein? Ein Haushalt kann als der Stadt versus 78% in den übrigen ein Sechstel kleiner als die mittlere Wohn-
umso umweltfreundlicher eingestuft wer- Kantonsgemeinden) – trotz des ten- fläche im übrigen Kanton (48m2). Neben
den, je geringer die (auf die Grösse des denziell höheren Umweltbewusstseins der Wohnfläche wirkt sich auch die Art des
Haushalts) bezogene Umweltbelastung ist. der urbanen Bevölkerung. Die fehlende Hauses auf den Energieverbrauch aus, wo-
Ein Indikator dafür ist z.B. das Ausmass an Möglichkeit für die separate Entsor- bei der Verbrauch in Ein- und Zweifamilien-
CO2-Emissionen. Das folgende Beispiel gung der Rüstabfälle sowie der man- häusern grösser ausfällt als in Mehrfamili-
zeigt, dass die Zusammenhänge komplex gelnde Platz für einen eigenen Kom- enhäusern.
sind: post in der Stadt dürften die Gründe für Städte bringen in diesem Zusammenhang
So wird ein Rentnerhaushalt mit zwei Per- diese Diskrepanz zwischen Bewusstsein mit ihrer Vielzahl von Mehrfamilienwoh-
sonen in einem städtischen Mehrparteien- und Verhalten sein. Dass die Befragten nungen (energie-) günstige Voraussetzun-
haus und unterdurchschnittlichem Einkom- in der Stadt Zürich nicht generell weni- gen mit sich. Die geringere Wohnfläche und
men in der Regel eine günstigere CO2-Bi- ger recyclingwillig sind, zeigen die Quo- der grössere Anteil an Mehrfamilienhäu-
lanz aufweisen als ein Haushalt mit zwei ten bei der Trennung von PET-Flaschen, sern schlagen sich direkt in einem geringe-
berufstätigen, ökologisch orientierten Ehe- Konservenbüchsen und Aluminium. ren Energieverbrauch der Städterinnen und
partnern, die dem oberen Einkommensseg- Die Sammelstellen sind sowohl in der Städter nieder.
ment angehören, in einem renovierten Bau- Stadt wie auch im übrigen Kanton weit Infrastrukturbedingte Ressourceneinsparun-
ernhaus auf 200 m2 Wohnfläche leben und verbreitet; und die Unterschiede zwi- gen können die Stadtbewohner auch bei
täglich weite Strecken zu ihrem Arbeits- schen den Recycling-Raten sind ent- der Mobilität machen. Hier gibt es deutlich
platz zurücklegen. sprechend gering. weniger Haushalte, die über zwei oder
Stadt-Land-Unterschiede im Umwelt- mehr Autos verfügen (15%, übriger Kan-
verhalten ergeben sich nicht nur durch ton: 45%). Zudem legt eine Person in der
Wieso verhalten sich Städter und die Variation direkter Anreize, sondern Stadt Zürich im Mittel bloss 8000 Autokilo-
Landbevölkerung unterschiedlich? auch aufgrund der unterschiedlichen meter pro Jahr zurück, im übrigen Kanton
sozialen Zusammensetzung der Bevöl- sind es 10000 Kilometer.
Am Beispiel der Trennung von Grünab- kerung. Erwartungsgemäss ist der An- Ebenfalls bietet sich den Stadtbewohnern
fällen lässt sich die Abhängigkeit indivi- teil der ausländischen Bevölkerung, der öfter die Gelegenheit, sich indirekt für die
duellen Handelns von lokalen Rahmen- jüngeren Erwachsenen und älteren Per- Umwelt zu engagieren. So zeigen sich deut-
liche Unterschiede bei der Unterzeichnung
von Petitionen und der Teilnahme an Pro-
Umweltverhalten 1994 und heute testaktionen. Auf der anderen Seite zeigen
die Analysen, dass die eher in der Stadt
Konsum

Verwendung von Toilettenpapier aus Altpapier


wohnhaften Personen (Ausländer, Perso-
Verwendung von Umweltschutzpapier
zum Schreiben und Drucken nen ohne Kinder im Haushalt sowie Perso-
Recycling Lebensmittel- und Grünabfälle nen mit höherer Schulbildung und mehr
Recycling PET-Flaschen Einkommen) im letzten Jahr eher geflogen
Abfall

Recycling Konservendosen sind.


Recycling Aluminium
Energie

Licht ausschalten beim Verlassen des Zimmers


Verwendung von Energiesparlampen
sonen in der Stadt höher. Zudem sind
Engagement

Petition zu Umweltfrage unterzeichnet (letzte 5 Jahre)


Geld gespendet für Umweltgruppe (letzte 5 Jahre)
die Stadtbewohner im Durchschnitt
An Protestaktion zum Schutze der Umwelt besser gebildet und verfügen über ein
teilgenommen (letzte 5 Jahre) höheres Einkommen. Im übrigen Kan-
10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% ton ist die mittlere Altersgruppe (40 bis
Anteil Befragte 59 Jahre) mit Kindern im Haushalt stär-
Befragung 1994 Befragung 2007 ker vertreten.
Abschliessend lässt sich jedenfalls sa-
Nur Befragte aus dem Kanton Zürich
gen: Weder in der Stadt noch auf dem
Der Vergleich zwischen 1994 und 2007 zeigt: Umweltaktivitäten hängen deutlich vom Stand Land ist der Umweltschutz aus der Mo-
der Technik, der angebotenen Infrastruktur sowie öffentlichen Handlungsanreizen ab. de gekommen.

UMWELTPRAXIS Nr. 55 / Dezember 2008 www.umweltschutz.zh.ch 31


Umweltdaten Lärm

Der Schweizer Umweltsurvey


Nachgefragt bei Reto Meyer, Autor des Umweltsurvey
Mit dem Umweltsurvey 1994 wurde erst-
schiede auszumachen. So erhalten die ver-
malig eine Vielzahl von Aspekten des Um-
kehrspolitische Massnahmen in der Roman-
weltbewusstseins, des Umweltverhaltens
die nach wie vor weniger Unterstützung als in
und der Lebensgewohnheiten bei der
der Deutschschweiz. Gerade entgegengerich-
Schweizer Bevölkerung erhoben. 2007
tet sind die Meinungen bezüglich Kernkraft
wurde der Umweltsurvey nun mit einem
und Atomstrom. Diesbezüglich ist die Besorg-
stark erweiterten Fragenprogramm und
nis in der Westschweiz grösser und das Atom-
neuen Themen bei einer Zufallsstichprobe
Moratorium findet eine breitere Zustimmung
von 3369 Personen erneut durchgeführt.
als in der Deutschschweiz.
Die Studie wurde als Untersuchung über
Verhalten sich Familien oder Mütter mehr «Lebensverhältnisse in der Schweiz» und
oder weniger umweltbewusst als der Durch- nicht als «Umweltsurvey» angekündigt, um
schnitt? auszuschliessen, dass Personen mit über-
Welche Ergebnisse haben Sie überrascht?
Diese Frage wird in der sozialwissenschaftli- durchschnittlichem Interesse an Umwelt-
Die hohe Einschätzung der ökologischen Risi-
chen Umweltforschung auch unter der Be- fragen häufiger an der Befragung teilneh-
ken im Vergleich zu den Technikrisiken. Weni-
zeichnung «Schatten der Zukunft» diskutiert. men. An ein telefonisches Interview mit
ger erstaunlich war die Risikobeurteilung des
Dabei wird angenommen, dass Eltern sich um einer durchschnittlichen Dauer von 37 Mi-
Klimawandels und Treibhauseffekts als die
den künftigen Zustand der Umwelt, in der ih- nuten schloss sich eine schriftliche Nach-
hohe Gefahreneinschätzung beim Verlust der
re Kinder leben müssen, mehr sorgen als Per- befragung an.
Artenvielfalt, die von über 70 Prozent der Be-
sonen ohne Nachkommen. Werden konkrete Die Aufstockung der Stichprobe im Kanton
fragten als hoch oder sehr hoch eingestuft
Ökologie- und Technikrisiken angesprochen, Zürich (in der Stadt Zürich 367und im übri-
wurde. Das oft diskutierte Thema zum Einfluss
kann diese Hypothese mit den Daten des gen Kanton 442 telefonische Interviews)
der Strahlung durch Handyantennen hinge-
Schweizer Umweltsurveys zwar bestätigt wer- durch eine Kooperation zwischen dem Amt
gen erreichte nur eine Zustimmungsrate von
den, nicht so beim allgemeinen Umweltbe- für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL)
37 Prozent.
wusstsein und den umweltbezogenen Hand- des Kantons und dem Umwelt- und Ge-
Welche soziologischen Faktoren beeinflussen lungen. Beim alltäglichen Verhalten scheinen sundheitsschutz der Stadt Zürich (UGZ) er-
das Bewusstsein? unmittelbar praktische Überlegungen zu möglicht den Vergleich mit der übrigen
Die soziale Basis des Umweltbewusstseins hat überwiegen. Haushalte mit Kindern haben Schweiz sowie die Gegenüberstellung der
sich seit der ersten Erhebung 1994 nicht häufiger mehr als ein Auto, fliegen weniger oft, Ergebnisse aus der Stadt Zürich und dem
grundlegend verändert. Nach wie vor weisen und es steht ihnen mehr Wohnfläche zur Ver- übrigen Kanton. Ein Teil der Fragen wurde
die Frauen und Personen aus dem linken poli- fügung. bereits im Umweltsurvey 1994 gestellt, so
tischen Spektrum ein höheres Umweltbewusst- dass auch zeitliche Vergleiche ermöglicht
Ist es ein Vorurteil, dass sich ausländische oder
sein auf als Männer und Personen, die Mitte werden.
weniger gebildete Bevölkerungsgruppen we-
oder Rechts wählen. Die besser Gebildeten Der Umweltsurvey wurde durch den
niger umweltbewusst verhalten?
schätzen ökologische Risiken als höher ein, Schweizerischen Nationalfonds (SNF; Pro-
Die Ergebnisse des Schweizer Umweltsurveys
und je besser das Einkommen, desto weniger jekt:100012-107835) gefördert und von
zeigen zwar, dass umweltbewusste Einstel-
Sorgen macht man sich um den Zustand der den Bundesämtern für Umwelt (BAFU) und
lungen tendenziell eher zu umweltgerechtem
Umwelt. Doch gibt es einige interessante Ver- Statistik (BFS) finanziell unterstützt.
Verhalten führen, dieser Zusammenhang ist
änderungen. War «Umwelt» Mitte der neun- Bezug der Studie als pdf-Datei auf der Pro-
aber moderat. Eine ganze Reihe dieser um-
ziger Jahre eher bei der jüngeren Generation jektseite:
weltfreundlichen Handlungen haben zudem
ein Thema, können wir heute beim Umwelt- www.socio.ethz.ch/research/umweltsur-
eher symbolischen Charakter, mit dem zwar
bewusstsein keinen Alterseffekt mehr fest- vey/umweltsurvey2007/publications
das Gewissen beruhigt werden kann, die Um-
stellen, und eine Angleichung der verschiede-
welt aber kaum geschont wird. Für den
nen Altersgruppen hat stattgefunden.
tatsächlichen Ressourcenverzehr viel wichti-
Gibt es im Umweltschutz einen Röstigraben? ger sind Entscheidungen in den Bereichen
In der ersten Erhebung des Schweizer Um- Wohnen und Mobilität, die oft auch langfristig
weltsurveys 1994 konnte beim allgemeinen wirkende Bindungen haben. Weil Ausländer
Umweltbewusstsein ein deutlicher Röstigra- eher in den Städten wohnen, in denen die Ar-
ben beobachtet werden. Dieser hat sich ein- beitswege kürzer und die Wohnfläche pro
geebnet, und die lateinische Schweiz ist heute Kopf geringer ist, belasten sie die Umwelt im
auf gleichem Niveau wie die Deutschschweiz. Durchschnitt vermutlich sogar weniger als die
Weiterhin sind aber themenspezifische Unter- Einheimischen.

32 UMWELTPRAXIS Nr. 55 / Dezember 2008 www.umweltschutz.zh.ch

Das könnte Ihnen auch gefallen