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kraus1989
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Wer sich mit den Werken Karl Barths befaßt, wird immer wieder feststel-
len können, welche herausragende Bedeutung dem Alten Testament im
theologischen Denken zukommt.1 Schon in den Anfängen wird fortge-
setzt auf die Tora, auf die Propheten und auf die Psalmen Bezug genom-
men. Diese Tatsache erklärt sch in erster Linie aus der reformatorischen
Tradition und dem Erbe Calvins. Doch im Kontext aktueller theologi-
scher Auseinandersetzungen und zeitgeschichtlich orientierter Fragestel-
lung bekommt die Arbeit am Alten Testament Gewicht, Tiefe und Kon-
tur. Dies kann in drei Phasen des Lebenswerkes Karl Barths festgestellt
und veranschaulicht werden.
Zuerst in der frühen „Theologie der Krisis", wie Barth selbst den Auf-
bruch und Anfang seiner theologischen Arbeit benennt. 2 Im beachtens-
werten Rückblick wird aber auch erklärt, daß „Theologie der Krisis"
nicht länger „als einen Augenblick" sachgerecht und angemessen sein
konnte, weil sie als Reaktion, die sie war, zu stark, zu willkürlich und zu
eigenmächtig sich geäußert hat. Denn sie gab der theologischen Aussage
nur eine einzige Spitze. Dazu Barth: „Die Lehre vom lebendigen Gott er-
trägt nun einmal keine solchen Zuspitzungen.. ,"3 Gleichwohl wird diese
erste Phase, wie sogleich zu zeigen sein wird, als von eminenter Bedeu-
tung auch und gerade für das Alte Testament und sein Verständnis sich
erweisen.
Die zweite Phase kann benennbar werden mit dem Hinweis auf die Er-
fahrungen in der Auseinandersetzimg mit den „Deutschen Christen",
damit aber auch mit jener neuprotestantischen Tradition, die - von
Schleiermacher bis Harnack - das Alte Testament aus der Theologie und
Kirche ausgeschaltet wissen wollte.
Die dritte Phase schließlich ist gekennzeichnet durch das umfangreiche
Werk der „Kirchlichen Dogmatik" und die in diesem Opus wachsende
Bemühimg um die „biblische Denkform" christlicher Lehre, die mehr
und mehr aus genuinem Verständnis des Alten Testaments hervorgeht.
Mit der Kennzeichnung dieser drei Phasen wird den fünf Kapiteln der
vorliegenden Studie eine Orientierungsskizze vorausgeschickt, ohne daß
damit der Anspruch erhoben wird, die Vielzahl und Mannigfaltigkeit der
Entdeckungen und Impulse erfassen zu können.
1
Zum Thema liegt das hervorragende Buch vor: O. Bächli, Das Alte Testament in
der Kirchlichen Dogmatik Karl Barths, Neukirchen-Vluyn 1987; dort weitere Li-
teraturangaben.
2
KD 11/1,717
3
Ebd.
4
K. Barth, Die neue Welt in der Bibel, in: Das Wort Gottes in die Theologie, Mün-
chen 1925,18-32.
5
A.a.O. 21.
6
A.a.O. 22.
7
Ebd.
8
A.a.O. 23.
9
A.a.O. 24.
430
Kbd.
" A.a.O. 27.
12
A.a.O. 32.
13
K. Barth, Der Römerbrief (1919), Zürich 1963, 348.
431
14 K. Barth, Biblische Fragen, Einsichten und Ausblicke, in: Das Wort Gottes und
432
433
22K. Barth, Das erste Gebot als theologisches Axiom, in: Theologische Fragen und
Antworten, Zollikon 1957,132.
434
23 Am Schluß der Predigt über Ex 2 0 , 4 - 6 heißt es: „Aber laßt mich euch das Eine
sagen: ihr werdet doch nur dann recht kämpfen und schließlich gekrönt werden,
wenn ihr gerade auch alle Gottesbilder, vor allem auch die der Theologie - auch
die der Theologie, die ihr bei mir gelernt habt - von euch tut, um ganz frei zu wer-
den für das Wort Gottes selber" (K. Barth, Fürchte dich nicht!, München 1949,
92f).
24 IV. Vischer, Das Christuszeugnis des Alten Testaments I: Das Gesetz, München
1936.
435
25 KD 1/2, 64.
26 A.a.O. 71.
436
27 A.a.O. 102.
28 A.a.O. 98; 102.
437
29
A.a.O. 566.
30
A.a.O. 566f.
31
Vgl. Bächli, § 19ff.
32
Zur „biblischen Denkform": W. Schlichting, Biblische D e n k f o r m in der Dog-
matik. D i e Vorbildlichkeit biblischen Denkens für die Methode der Kirchlichen
Dogmatik Karl Barths, Zürich 1971.
438
33 KD II/2, 217.
34 KD II/2, These § 34.
439
35
KD ΙΠ/1, §41.
36
G. v. Rad, Das erste Buch Mose: Das Alte Testament Deutsch 2, Göttingen 1949,
34ff.
37
KDIII/1,105.
440
38 KDIV/3, 57.
441
39 A.a.O. 58.
40 A.a.O. 76.
442