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SCHRIFTLICHE ARBEIT
Ich versichere, dass ich diese schriftliche Arbeit selbständig und nur mit den angege-
benen Hilfsmitteln angefertigt habe und dass ich alle Stellen, die dem Wortlaut oder
dem Sinn nach anderen Werken entnommen sind, durch Angabe der Quellen als Ent-
lehnung kenntlich gemacht habe.
Meine Arbeit kann in die Bibliothek des Seminars für Schulpädagogik aufgenommen
werden. Ich erkläre darüber hinaus mein Einverständnis, dass der Titel der Arbeit im
Zentralkatalog der Prüfungsarbeiten aus Seminaren für Gymnasien und berufliche
Schulen (IPTS-Katalog) veröffentlicht werden kann.
Quellenangaben XI
Abstract XVII
1. Einleitung 1
4. Anhang 35
4.4. Epilog 85
Danksagungen
Kontakt: b_stange@gmx.de
Verzeichnis der Abbildungen
ALLGEMEINES
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DESTILLATION
KREITMEIER, PETER et al. (2006): „Arbeitsmethoden in der Organischen Chemie“. Berlin: Lehmanns,
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(31.05.2007)
SCHILLING, BERND (1999): „Praktikum Elemente Chemie“. Stuttgart: Klett, S. 100 – 101.
Das Gruppenpuzzle (engl. jigsaw ) wurde von einer Forschergruppe um den amerika-
nischen Sozialpsychologen ELLIOT ARONSON als Unterrichtsmethode für die Schule ent-
wickelt. Mit dieser kooperativen Lernmethode sollte prosoziales Verhalten in multi-
ethnischen Klassen gefördert und der Selbstwert der Schüler gesteigert sowie ihre Lei-
stungen verbessert werden. Aus dem Gruppenpuzzle wurde eine Vielzahl weiterer ko-
operativer Methoden entwickelt.
Das Gruppenpuzzle wird in dieser Arbeit benutzt, um mit Schülerinnen und Schülern
der Eingangsklasse eines Technischen Gymnasiums auf experimentellem Wege drei
physikalische Trennverfahren (Chromatographie, Destillation und Extraktion) in einem
zeitlichen Umfang von acht Unterrichtsstunden zu vertiefen. Eine schriftliche Wieder-
holungsarbeit rundet das Projekt als Kontrolle ab. Eine intensive Internetrecherche
ergibt, dass zu Projekten dieser Art („experimentelles Gruppenpuzzle“) bislang keine
Publikationen und Verweise existieren
Das Projekt zeigt, dass die Schülerinnen und Schüler konzentriert über einen längeren
Zeitraum an einem Thema erfolgreich arbeiten können. Nach überwiegender Einschät-
zung der Lernenden ist die Auseinandersetzung mit physikalischen Trennverfahren in
Form eines Gruppenpuzzles ein Erfolg.
Die statistische Analyse der Testergebnisse unter Berücksichtigung der zuvor besuch-
ten Schulform zeigt, dass ein erheblicher Leistungsgradient zwischen ehemaligen Gym-
nasiastinnen und Gymnasiasten und Schülerinnen und Schülern der Werkrealschule be-
steht: Absolventinnen und Absolventen der Werkrealschule schneiden in allen Berei-
chen bedeutend schlechter ab. Schülerinnen und Schüler, die von der Werkrealschule
auf das Technische Gymnasium wechseln, müssen daher speziell in der Eingangsklasse
besonders gefördert werden, um die Chancengleichheit zu wahren.
1. Einführung
1. Einführung 2
Die oben auszugsweise wiedergegebenen Stellenanzeigen der jüngsten Zeit1 verdeutlichen selbst
in ihrer Knappheit, dass zu Beginn des 21. Jahrhunderts andere Erwartungen an AbsolventInnen
von Schulen und Hochschulen gestellt werden, als noch vor 20 oder 25 Jahren (DIETZEN 1999a-d
und DOBISCHAT & NAEVECKE 2000).
Streng arbeitsteilige Strukturen mit hohem Bedarf an SpezialistInnen sind integrativen Arbeitskon-
zepten mit komplexen Tätigkeitsprofilen gewichen, die ein hohes Maß von Kooperation innerhalb
einer (Arbeits-)Gruppe, aber auch zwischen verschiedenen Teams verlangen. Als eine der wichtig-
sten Schlüsselqualifikationen (und grundlegende Voraussetzung für Erfolge im Berufsleben) wird
diese Teamfähigkeit auch nachdrücklich von Arbeitgebern eingefordert.
Schule und Unterricht müssen diesen Bedürfnissen gerecht werden, indem sie autonomes, ganz-
heitliches und kooperatives Lernen der SchülerInnen fördern und von diesen fordern. Als Kon-
sequenz für den Unterricht bedeutet dies, dass die Verantwortung der Lernenden für das eigene
Lernen gestärkt werden muss, aber auch: Kooperation muss geübt werden.
Eine 1996 von MEYER durchgeführte Analyse zeigt jedoch, dass Unterricht zu mehr als drei Vierteln
in Form frontaler Unterweisung durchgeführt wird, während auf Methoden, die ein gemeinsames
(Er-)Arbeiten der SchülerInnen unterstützen, nur etwa 10 % der Unterrichtszeit verwandt werden2.
Das Umdenken, fort von der traditionellen zentralen Wissensvermittlung als Inst ruktion (d.h. re-
zeptive Haltung der Lernenden mit einer a-priori -Linearität – dem linearen Frontalunterricht mit
dem Lehrer als zentraler Unterrichtsperson) hin zu einer kollektiven Wissenskonstruktion (d.h.
selbstorganisiertes Lernen, dezentrale Informationsquellen mit einer a-posteriori -Linearität – der
1
Aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. Februar 2007. Prinzipiell lässt sich dieser Trend auch bei Stellenangebo-
ten regionalen Charakters für Bewerber mit mittlerem Bildungsabschluss bzw. bei Auszubildendengesuchen nachweisen.
2
Nach MEYER entfallen 76,46 % der Unterrichtszeit auf Frontalunterricht, 10,24 % auf Einzelarbeit und 2,88 % auf Part-
nerarbeit; nur 7,43 % sind Gruppenarbeit und 2,60 % Klassenkooperation vorbehalten. Es ist aber unsicher, ob der Au-
tor in seiner Untersuchung Gruppenarbeit und Klassenkooperation als kooperatives Lernen im Sinne von N. GREEN und
D. und R. JOHNSON meint.
1. Einführung 3
Sammlung und Ordnung von Informationen und deren Umwandlung in Wissen), hat augenschein-
lich bislang nur ansatzweise stattgefunden.
Offensichtlich besitzt Deutschland in dieser Hinsicht einen erheblichen Nachholbedarf. Das schlech-
te Abschneiden deutscher SchülerInnen in der PISA-Studie des Jahres 2000 (Platz 20 von 31 im in-
ternationalen Vergleich der naturwissenschaftlichen Grundbildung [scientific literacy 1]) sei zu gro-
ßen Teilen auch auf die Ausrichtung und Gestaltung des naturwissenschaftlichen Unterrichtes zu-
rückzuführen. Dieser sei „noch zu wenig problem- und anwendungsorientiert angelegt.“
Darüber hinaus gelte es,
„die erkennbare Neigung zum fragend-entwickelnden Unterricht zu überwinden und
durch Anwendungsbezug, Problemorientierung und Betonung mentaler Modelle das
Interesse an den Naturwissenschaften (…) zu fördern“. (ARDELT et al. 2001, S. 32)
Eine genauere Analyse der Ergebnisse aus den PISA-Untersuchungen zeigt, dass die deutschen
Leistungen nicht nur unterdurchschnittlich sind, sondern auch, dass deutsche SchülerInnen in den
oberen Kompetenzstufen III bis V (mit überwiegend konzeptuellem und prozeduralem Verständ-
nis) deutlich unterrepräsentiert sind (ARDELT et al. 2001, S. 29).
Neue, kooperative Lehr- und Lernmethoden helfen die gefragten kooperativen Qualifikationen zu
vermitteln. PAULI und REUSSER (2000) definieren kooperatives Lernen als
„Lernarrangements (…), die eine synchrone und koordinierte, ko-konstruktive Aktivität
der Teilnehmer verlangen, um eine gemeinsame Lösung eines Problems oder ein ge-
teiltes Verständnis einer Situation zu entwickeln“.
Dabei wenden sie den Schlüsselbegriff sowohl auf Gruppen- als auch auf Partnerarbeitsformen im
Unterricht an.
Entgegen einer häufig vertretenen Auffassung ist kooperatives Lernen aber nicht wirklich neu, viel-
mehr sickert langsam aber sicher dessen Notwendigkeit in die Köpfe der Entscheidungsträger.
Ganz im Sinne der von der OECD geforderten lebenslangen Lernkultur forderte der amerikanische
1
Die OECD definiert diese wie folgt: „Scientific literacy is the capacity to use scientific knowledge, to identify
questions and to draw evidence-based conclusions in order to understand and help make decisions about
the natural world and the changes made to it through human activity.” (OECD 1999, S. 59 – 61)
1. Einführung 4
Kooperatives Lernen als komplexe Lehr- und Lernstrategie behandelt fachliche, methodische und
soziale Lernziele als gleichberechtigte Lerninhalte. Durch wechselseitigen Austausch von Kennt-
nissen und Fähigkeiten wird das gemeinsame Gruppenziel, gleichzeitig aber auch eine hohe inter-
aktionale und kommunikative Aktivierung der Schüler erreicht. Das langfristige Ziel ist die Befähi-
gung zum selbstorganisierten und autonomen Lernen.
Die „geistigen Väter“ dieser Lernstrategie, ROBERT T. JOHNSON und DAVID W. JOHNSON, nennen fünf
Basiselement e (JOHNSON & JOHNSON 1994), die nach N. GREEN den Unterschied zwischen
koopera-tivem Lernen und „bloßer“ Gruppenarbeit ausmachen (GREEN 2004a):
BASISELEMENTE
KOOPERATIVEN LERNENS
Verantwortlichkeit
Gruppenprozess-
Kompetenzen
Abhängigkeit
Individuelle
Interaktion
bewertung
Positive
Direkte
Soziale
1
Er stellte auch die These auf, dass gemeinsames Erforschen demokratische Lernkultur und damit Demokratie fördere.
Somit ist kooperatives Lernen auch Bestandteil der civic education . Nach KATHY und NORM GREEN sind aber gerade die au-
tokratischen Lernstrukturen und Methoden denkbar ungeeignet, den Schülern Demokratieverständnis zu vermitteln
(GREEN & GREEN 2004).
1. Einführung 5
3. Gruppenprozessbewert ung (group processing ) – diese findet statt, wenn die Mitglieder der
Gruppe ihre Zielvorgaben und/oder eigenen Zielsetzungen selbst evaluieren, z.B. im Hinblick dar-
auf, welche Handlungen hilfreich und welche weniger hilfreich waren. 4. Soziale Kompetenzen
(social skills ): Kooperatives Lernen ist komplexer als individuelles oder kompetitives Lernen.
Aufgaben wie Führen und Entscheiden innerhalb der Gruppe, Konfliktmanagement und Kommuni-
kation sind wichtige Bestandteile. 5. Direkte Interaktion (face-to-face-interaction ): Durch ge-
genseitige Hilfe und Ermunterung, ebenso wie durch gegenseitiges Kontrollieren und Korrigieren
und gemeinsamen Zugriff auf Ressourcen usw. treten die SchülerInnen schließlich in unmittelbare
Wechselbeziehung.
Mittlerweile sind Dutzende von kooperativen Lehr- und Lernmethoden eingeführt und evaluiert. Zu
den bekanntesten und häufig im Schulalltag angewandten Methoden zählen sicherlich die Projekt-
arbeit, der Lernzirkel (auch Lernen an Stationen genannt) oder Lernen durch Lehren (MARTIN
2002). Im Konstruktiven Methodenpool des Seminars für Pädagogik der Universität Köln werden
eine Vielzahl dieser Lernarrangements erläutert (REICH 2003a).
Die Autoren betonen insebesondere auch die größere Effektivität von kooperativen Methoden in
Mathematik und den Naturwissenschaften.
Das Zitat entlarvt die weit verbreitete (irrige) Annahme, dass „bloße“ Gruppenarbeit im herkömm-
lichen Sinne schon den Anforderungen von kooperativem Lernen genüge1. Dabei ist jeder Leh-
rende – unabhängig von der Erfahrung – mit den Phänomenen und Problemen konventioneller
Gruppenarbeit (verkürzt nach RENKL, GRUBER und MANDL 1995) vertraut:
Einigen Gruppenmitgliedern ist es möglicherweise wichtiger als anderen, ein gutes Ergebnis
zu erzielen; diesen wird dann gerne die (Haupt-)Arbeit überlassen (eventuell auch „aufge-
bürdet“). Dies ist der sogenannte Free-rider -Effekt oder auch das Der-Hans-der-
macht’s-dann-eh-Phänomen.
Die Ergebnisse der Gruppenarbeit widerspiegeln nicht den Wissensstand der Gruppen-
mitglieder. Dies wird von den Lehrkräften aber gerne stillschweigend vorausgesetzt.
Es besteht die Gefahr, dass diejenigen, die die Hauptlast der Arbeit zu tragen haben (nicht
zwangsläufig die im letzten Punkt genannten SchülerInnen), zunehmend verärgert reagie-
ren. Dieser Succer -Effekt wird auch Ja-bin-ich-denn-der-Depp-Phänomen genannt und
kann auch eine Folge des Free-rider -Effektes sein.
Der Motivationsverlust besitzt eine autokatalytische (negative) Wirkung auf die Einstel-
lung der aktiven SchülerInnen zum Projekt und zur Gruppenarbeit im allgemeinen.
Die Arbeit wird häufig so verteilt, dass diejenigen genau die Aufgaben übernehmen, die sie
ohnehin schon beherrschen bzw. deren Bearbeitung ihnen leicht fällt (intrapersonaler
Matthäus-Effekt oder Das-kann-und-mag-ich-nicht-mach’-du-Phänomen).
Was man gut kann, lernt man noch besser – was man nicht gut kann, lernt man wieder
nicht.
Daneben berichten die Autoren von weiteren, subalternen Effekten, auf die hier nicht weiter einge-
gangen werden kann.
1
Diese Erfahrung konnte der Verfasser auch in Interviews mit Kolleginnen und Kollegen machen.
1. Einführung 7
Das grundlegende Prinzip besteht in einer doppelten Gruppenstruktur mit einer Kombination aus
Gruppenarbeit und autonomem Lernen: Wissensaufnahme und Wissensverarbeitung in the-
mengleichen Expertengruppen einerseits und Wissensvermittlung und Wissensaustausch in so-
genannten Stammgruppen andererseits.
Der zu behandelnde Stoff wird in einzelne voneinander unabhängige Themen aufgeteilt und für die
Expertengruppen didaktisch aufbereitet. In der Präsentationsphase liefern die Beiträge der Exper-
1
REICH (2003a) bezeichnet diese Methode als Gruppen-Experten-Rallye.
2
ARONSON (2000) nennt als Grund „absolute necessity to help defuse an explosive situation“.
1. Einführung 8
ten (die „Puzzleteile“) in den Stammgruppen dann ein Gesamtbild1 des Themas (das „fertige
Puzzle“). Ein Test schließt als Kontrolle das Verfahren ab und überprüft dessen Wirksamkeit.
Mittlerweile sind Modifikationen des ursprünglichen Gruppenpuzzles unter den Bezeichnungen Jig-
saw II (SLAVIN 1995), III (STEINBRINK, WALKIEWICZ & STAHL 1995) und IV (HOLLIDAY 2000) publiziert
worden.
Die empirische Evaluation kooperativer Lernmethoden in Deutschland ist auch im Jahre 2007
weitgehend fragmentarisch (HINZE, BLAKOWSKI & BISCHOFF 2002). In diesem Abschnitt sollen aber
dennoch einige interessante Ergebnisse präsentiert und ein Projekt zur Förderung des Gruppen-
puzzles vorgestellt werden.
1
Erfahrungsgemäß geschieht es nicht selten, dass die SchülerInnen von sich aus einen Aspekt des Themas in den Mit-
telpunkt stellen. Daher ist es wichtig, die essentiellen Fakten, die vermittelt werden m ü s s e n , abzustecken. Letztlich wird
aber jede Expertengruppe ein Thema auf ihre Weise angehen.
1. Einführung 9
Die Projektgruppe Kooperatives Lehren und Lernen am Institut für Pädagogische Psycho-
logie der Universität Frankfurt (Main) unter der Leitung von Prof. Dr. HEINZ GIESEN konnte bei einer
quasi-experimentellen Untersuchung zu Leistungseffekten des Gruppenpuzzles folgende Punkte
herausarbeiten (GIESEN 2000):
Kooperativer Unterricht (in Form von Gruppenpuzzlen) führt zu signifikant besseren und an-
dauernden Ergebnissen.
Der Leistungsvorsprung des kooperativen Unterrichts ist unabhängig vom Vorwissensni-
veau.
Die Arbeitsgruppe Physikdidakt ik der Universität Osnabrück unter der Leitung von Prof. Dr.
ROLAND BERGER hat in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe für Pädagogische Psy cholo-
gie der Universität Kassel unter der Leitung von Prof. Dr. MARTIN HÄNZE ein Projekt entwickelt, das
speziell die Anwendung des Gruppenpuzzles im Physikunterricht der Sekundarstufe II (GriPS II)
begünstigen soll. Die Autoren gehen davon aus, dass Erleben von Autonomie und Kompetenz
sowie das Gefühl der sozialen Eingebundenheit1, wie sie im Gruppenpuzzle vermittelt werden, die
intrinsische Motivation der SchülerInnen im Physik-Unterricht fördern.
1
Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit sind die psychischen Grundbedürfnisse gemäß der S e l b st b e -
s t i m m u n g s t h e o r i e d e r M o t i v a t i o n von EDWARD L. DECI und RICHARD M. RYAN (1993). Die Erfüllung dieser Bedürfnis-
se ist Voraussetzung für das Zustandekommen der intrinsischen Motivation und ganz allgemein für Gesundheit und per-
sönliches Wohlbefinden.
2. Durchführung des Projektes
2. Durchführung des Projektes 11
Für die Auswahl eines Themas waren zwei Kriterien von entscheidender Bedeutung: Einerseits be-
stand das Anliegen, dass der Gegenstand der schriftlichen Arbeit methodisch unbedingt als Grup-
penpuzzle durchführbar sein müsse, andererseits sollten bei der Durchführung Schülerexperi-
ment e eindeutig im Mittelpunkt stehen.
Die erstmalige Begegnung mit dem Gruppenpuzzle während der Ausbildung im Seminar hatte ei-
nen solchen Eindruck beim Verfasser hinterlassen, dass der Wunsch entstand, diese didaktische
Methode selbst einmal einzusetzen und zu sehen, inwieweit theoretischer Anspruch und praktische
Umsetzung bzw. tatsächlicher Lernfortschritt bei den SchülerInnen zur Deckung zu bringen sind.
Nach Meinung des Verfassers ist die Zahl der im Chemie-Unterricht durchgeführten Schülerexperi-
mente noch immer (immer noch?) viel zu gering. Der Lehrplan übt mit seinen Rahmenbedingun-
gen zweifellos einen enormen Druck auf den Lehrenden aus, die Stoffvorgaben einzuhalten.
Nichtsdestoweniger ist die Chemie als Naturwissenschaft aber „lebendige Wissenschaft“, und die
meisten SchülerInnen werden in ihrem späteren Berufsleben keinen Kontakt mehr zu dieser faszi-
nierenden Disziplin haben. Wo, wenn nicht in der Schule sollen die Lernenden mit Chemie vertraut
gemacht werden, diese im wahrsten Sinne des Wortes „begreifen“? Und nicht zuletzt ist das (häu-
fig negative) Bild, das Erwachsene von der Chemie haben, oft das Ergebnis ihres Chemie-Unter-
richtes. Insofern sind interessante Schülerexperimente auch Imagepflege für die Chemie.
Dieses Plädoyer pro Chemie findet auch Unterstützung durch den Bildungsplan für Chemie. Dort
heißt es nämlich:
„Methoden-, Sozial- und Personalkompetenz werden am besten ausgebildet, wenn
die Schülerinnen und Schüler Experimente nicht nur selbstständig planen, durchfüh-
ren und auswerten, sondern auch ihr Lernen kontinuierlich selbst organisieren.“ (BIL-
DUNGSPLAN 2003)
Zwar sieht dieser Bildungsplan für das Technische Gymnasium in der Eingangsklasse Laborübun-
gen vor, aber diese werden zum einen „nur“ als Wahlfach angeboten, zum anderen ließen die Rah-
menbedingungen an der Gewerblichen Schule Göppingen deren Durchführung im Schuljahr
2006/2007 leider nicht zu – letztlich ein weiterer Grund für das gewählte Thema.
2. Durchführung des Projektes 12
Die Gesamtheit der in der Natur vorkommenden Stoffe kann in Reinstoffe und Gemische unter-
teilt werden. Reinstoffe (Elemente oder Verbindungen) zeichnen sich durch klar definierte physika-
lische Eigenschaften (z.B. Schmelztemperatur, Siedetemperatur, Dichte usw.) aus und können nur
auf chemischem Wege weiter zerlegt werden. Gemische (auch Gemenge genannt) bestehen dage-
gen aus mindestens zwei Reinstoffen, die durch physikalische Trennverfahren voneinander ge-
trennt werden können. Bei homogenen Gemischen (z.B. einer Salzlösung) sind die Phasen-
grenzen mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen, het erogene Gemische sind demgegenüber
mehrphasig. Gemische besitzen je nach Aggregatzustand der beteiligten Komponenten häufig ei-
gene Bezeichnungen. So nennt man z.B. das heterogene Gemisch eines Feststoffes (die disperse
Phase) in einer Flüssigkeit (das Dispersionsmittel) Suspension.
2.1.2.1. CHROMATOGRAPHIE
Der Begriff Chromatographie (χρόµα, chroma, griech.: Farbe und γράφειν, graphein, griech.:
schreiben) wurde vom russischen Botaniker MICHAIL TSWETT eingeführt, als er beobachtete, dass
sich scheinbar einfarbige Pflanzenfarbstoffe beim Durchsickern durch fein gepulverten Kalk in ver-
schiedenfarbige Bestandteile auftrennen ließen.
Entsprechend der Art der Phasen, die miteinander in Kontakt gebracht werden, kann man die
wichtigsten Chromatographie-Techniken folgendermaßen charakterisieren:
2.1.2.2. DESTILLATION
Die Destillation ist aufgrund ihrer historischen (keine mittleralterlich anmutende „Alchimistenküche“
in einem Film kommt ohne Destilliergefäße wie Retorte oder Alembicus aus) und gesellschaftli-
chen Bedeutung („Brennen“ von Spirituosen) auch bei Nicht-Chemikern sicherlich das bekannteste
thermische Trennverfahren überhaupt. Ebenso gehören Begriffe wie „destilliertes Wasser“ zum
alltäglichen Sprachgebrauch1.
Die destillative Trennung eines Stoffgemisches beruft auf den unterschiedlich hohen Siede-
temperat uren der Bestandteile. Wird ein Flüssigkeitsgemisch erhitzt, so verdampft von einem
Stoff A mit niedrigerer Siedetemperatur (einem höheren Dampfdruck) mehr, als von einem Stoff B
mit höherer Siedetemperatur (einem niedrigeren Dampfdruck). Hieraus resultiert, dass der Anteil
von Stoff A in der Gasphase höher ist, als der von Stoff B. Der Dampf wird durch Kondensation in
einem Kühler diesem thermodynamischen Gleichgewicht entzogen; Stoff A reichert sich so in der
Vorlage an.
Sieht man sich mit einem Gemisch von mehreren destillierbaren Flüssigkeiten konfrontiert, so führt
man eine fraktionierende Destillation 2 durch. Um die verschiedenen Anteile (Fraktionen)
während der Destillation sammeln zu können, bedient man sich einer sogenannten Destillierspinne,
die drehbar ist. Bekannte fraktionierende Destillationen sind die Gewinnung von Treibstoffen aus
Erdöl oder das LINDE-Verfahren zur Auftrennung von flüssiger Luft in deren Bestandteile.
1
Auch wenn es sich bei destilliertem Wasser nahezu immer wissenschaftlich genauer um „deionisiertes Wasser“ handelt
( AB Funktionsweise eines Ionenaustauschers bzw. Abb. 4.5.).
2
Leider kann man immer wieder den Terminus „fraktionierte Destillation“ lesen – dies ist aber grammatikalisch falsch!
Schließlich wird die Destillation nicht fraktioniert (Partizip II, im Sinne von z.B. zeitlich unterbrochen und auf verschiede-
ne Wochentage verteilt), sondern die Destillation wirkt fraktionierend, d.h. aufteilend (Partizip I als Ausdruck der Gleich-
zeitigkeit). Anders ausgedrückt: Eine korrigierende Aussage ist etwas ganz anderes als eine korrigierte Aussage.
2. Durchführung des Projektes 14
Sind die Komponenten eines Gemisches wärmeempfindlich, d.h. würden sie sich unter den Bedin-
gungen einer normalen Destillation zersetzen (was z.B. bei vielen Naturstoffen der Fall ist), so
wendet man eine schonende Variante der fraktionierenden Destillation an, die Destillat ion un-
ter vermindertem Druck (oftmals etwas vermessen „Vakuumdestillation“ genannt). Die Siede-
temperatur eines Stoffes hängt sehr stark vom umgebenden Druck ab: Wird dieser herabgesetzt,
so sinkt auch die Siedetemperatur. Im Labor wird häufig mit dem Vakuum einer Wasserstrahl-
pumpe (ca. 15 mbar) gearbeitet, dies bedeutet eine Siedetemperaturerniedrigung von etwa 70 °C.
2.1.2.3. EXTRAKTION
Bei diesem thermischen Trennverfahren wird ein Bestandteil (die Wertk omponent e) aus einem
Stoffgemisch (dem Extraktionsgut) mit Hilfe eines geeigneten Lösemittels (dem Extraktions-
mittel) „herausgezogen“ (extrahere , lat.: herausziehen). Aus diesem kann der gewünschte Rein-
stoff dann durch andere Verfahren (z.B. Destillation) gewonnen werden.
Physikalische Grundlage der Extraktion ist der N E R N S T sche Vert eilungssatz, der die Verteilung
einer Substanz zwischen zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten beschreibt. Zu einer Lö-
sung eines Stoffes A in einem Solvens 1 gibt man das Extraktionsmittel (Solvens 2), das mit 1 nicht
mischbar ist, in welchem sich A aber nach Möglichkeit besser löst.
Besonders einfach im Labor ist die Methode nach S O X H L E T , einer diskontinuierlichen Extraktion
in der Siedehitze, bei dem die Wertkomponente aus dem Gleichgewicht zwischen Extraktionsgut
und Extraktionsmittel entfernt wird ( vollständige Extraktion).
1
Erwähnenswert ist hier die Entkoffeinierung von Kaffeebohnen mit überkritischem Kohlendioxid – auch wenn es hier
eher um eine „Reinigung“ geht.
2. Durchführung des Projektes 15
Die Klasse E2 des Technischen Gymnasiums der Gewerblichen Schule Göppingen (Informations-
technischer Zweig, TG-IT) besteht aus drei Schülerinnen und 21 Schülern1, die den Geburtsjahr-
gängen 1987 (3 SchülerInnen), 1988 (2), 1989 (13) und 1990 (6) entstammen.
Hinsichtlich der schulischen Vorbildung der Schülerinnen und Schüler handelt es sich um eine ver-
hältnismäßig heterogen zusammengesetzte Klasse, wie Abb. 2.1. zeigt:
Abb. 2.1.: Schulische Vorbildung der Klasse E2 (GY: Gymnasium bis Kl. 10,
RS: Realschule2, WRS: Werkrealschule)
Vier SchülerInnen besitzen einen Migranten- bzw. Spätaussiedlerhintergrund, wobei dies bei zwei
SchülerInnen mit größeren sprachlichen Defiziten (speziell im schriftlichen Bereich) einhergeht.
Bei dem im ersten Halbjahr des Schuljahres 2006/2007 bislang durchgeführten begleitenden Un-
terricht (acht Stunden) im Fach Chemie konnte der Eindruck einer an naturwissenschaftlichen Fra-
gestellungen sehr interessierten und leistungsbereiten Lerngruppe gewonnen werden, die im Un-
terricht große Disziplin an den Tag legt.
Die Heterogenität der Klasse bezüglich ihres Vorwissens spiegelt sich auch in ihrem Leistungsni-
veau wieder. Der Notenschnitt der ersten Klassenarbeit vom 26. Oktober 2006 lag trotz eines sehr
beschränkten Lernumfangs überraschenderweise bei „nur“ 3,93 ± 0,27 ( Abb. 2.2.), wobei die
SchülerInnen, die die gymnasiale Mittelstufe besucht haben, besser abschnitten (∅ 3,26 ± 0,76)
als die ehemaligen RealschülerInnen (∅ 3,97 ± 0,82). Noch gravierender ist der Unterschied zu
SchülerInnen, die zuvor die Werkrealschule absolviert haben (∅ 4,63 ± 0,78)3.
1
Ein Schüler wiederholt die Klasse.
2
Ein Schüler hat die Abendrealschule besucht
3
Die Unterschiede sind trotz der stark voneinander abweichenden Mittelwerte statistisch nicht signifikant.
2. Durchführung des Projektes 16
10
6
Häufigkeit
0
sehr gut - gut gut - befriedigend befriedigend - ausreichend - mangelhaft -
ausreichend mangelhaft ungenügend
Beurteilung
Abb. 2.2.: Graphische Darstellung der Ergebnisse der ersten Klassenarbeit vom 26. Oktober 2006
Eine der wichtigsten Aufgaben im zweiten Halbjahr wird daher sein, leistungsschwächere Schüler-
Innen explizit zu fördern (und zu fordern), um so den Leistungsgradienten bezüglich der „Schul-
herkunft“ zu vermindern und im besten Falle zu beseitigen. Die im Fach Chemie gemachten Beob-
achtungen können durch begleitenden Unterricht und Hospitationen im Fach Physik bestätigt wer-
den (allerdings: Notenschnitt der ersten Klassenarbeit vom 23. November 2006: 2,74 ± 0,871).
Chemie wird in der Eingangsklasse des Technischen Gymnasiums zweistündig unterrichtet. Der
Lehrplan sieht neben dem Unterricht im Klassenverband die freiwillige Teilnahme an einer Wo-
chenstunde Laborübungen vor. Diese konnten aus verschiedenen Gründen (Unterrichtsüberschnei-
dungen usw.) im ersten Halbjahr 2006/2007 leider nicht realisiert werden.
1
Die Subgruppenanalyse (GY: 2,36 ± 0,77, RS: 2,92 ± 0,71, WRS: 2,87 ± 1,21) zeigt, dass die ehemaligen Werkreal-
schülerInnen besser (sic !) abgeschnitten haben, als die SchülerInnen, die zuvor die Realschule besucht hatten. Aller-
dings ist in diesem Fall die Standardabweichung mit 1,21 Noten sehr hoch.
2. Durchführung des Projektes 17
Der Chemie-Saal ist hörsaalartig mit aufsteigenden, am Boden fixierten Tischreihen konzipiert, die
einen handlungsorientierten Unterricht erschweren. Theoretisch können 31 SchülerInnen Platz fin-
den, die Erfahrung lehrt aber, dass schon bei einer Besetzung mit 24 SchülerInnen eine beengte
Lernatmosphäre herrscht – vermehrt gilt dies natürlich für den experimentellen Unterricht. Der
Raum verfügt über eine automatische Verdunklung und ist mit einem Tageslichtprojektor ausge-
stattet. Bei Bedarf kann ein portables Rechnersystem mit Beamer eingesetzt werden.
Für die Dauer des Projektes wurde der Chemie-Saal den Anforderungen des experimentellen
Gruppenpuzzles gerecht werdend umgestaltet ( Abb. 4.27. – 4.30.) und für den Unterricht ande-
rer Lerngruppen „gesperrt“. Hierzu wurde u.a. ein Rechner mit Internetzugang zu Recherche- und
Präsentationszwecken installiert. Außerdem wurden den SchülerInnen mehrere themenbezogene
Lehrbücher sowie Lexika (u.a. RÖMPPs Lexikon der Chemie) aus der Schulbibliothek bzw. eigenen
Beständen zur Verfügung gestellt.
Ursprünglich war beabsichtigt, das Projekt aufgrund seines experimentellen Charakters den Labor-
übungen und dort der Lehrplaneinheit (LPE) 1: „Grundlegende Arbeitstechniken“, Unterpunkt
1.2.1.: „Trennung von Stoffgemischen“ zuzuordnen, Destillation und Chromatographie werden dort
sogar explizit als denkbare Beispiele erwähnt.
Wie oben bereits ausgeführt, bestanden im ersten Halbjahr allerdings keine Möglichkeiten, die frei-
willigen Laborübungen stundenplantechnisch umzusetzen. Um den SchülerInnen trotzdem prak-
tische Kenntnisse in Chemie zu vermitteln, wurde das Thema „Experimentelle Vertiefung physika-
lischer Trennverfahren“ als Handlungsorientierte Themenbearbeitung (HOT) in die LPE 1: „Die
chemische Reaktion“ eingeordnet, mit der Begründung, dass die Produkte von chemischen Reak-
tionen nur selten Reinstoffe darstellen, folglicherweise eine Isolierung und Reinigung vorgenom-
men werden muss.
Ziemlich früh in der Planung des Projektes standen Chromatographie, Destillation und Extraktion
als „Kandidaten“ für die experimentelle Vertiefung der Trennverfahren im Unterricht fest. Dies lag
2. Durchführung des Projektes 18
Seitens der Lehrkraft wurde die hochkomplexe Thematik dieser theoretisch sehr anspruchsvollen
Trennverfahren mit Hilfe entsprechender Literatur (siehe Quellenangaben) und in Gesprächen mit
und Einschätzungen durch KollegInnen didaktisch so weit reduziert, dass jedeR SchülerIn mit ge-
wissem Einsatz in die Lage versetzt wird, die gestellten Aufgaben zu bewältigen.
2. Durchführung des Projektes 19
2.1.5.3. LERNZIELE
„Handlungsfähigkeit ist das Ziel,
Handlungsorientierung ist das Konzept respektive die Maßnahme,
Handlungskompetenz ist das Ergebnis.“
STEPHAN BERCHTOLD & MICHAELA STOCK
Aufgrund der Besonderheiten des Gruppenpuzzles steht die Fachkompetenz an zweiter Stelle,
denn jedeR SchülerIn ist ExpertIn in einem sehr anspruchsvollen Gebiet. Die SchülerInnen machen
sich mit neuen physikalischen Zusammenhängen vertraut, lernen neue Apparaturen kennen und
planen komplexe chemische Experimente, führen sie selbständig durch und werten sie aus.
Da die SchülerInnen im Unterricht mit kooperativen Lernmethoden bislang mehr oder weniger nur
am Rande zu tun hatten, steigert das vierwöchige Projekt die Methodenkompet enz auch be-
trächtlich.
Last, but not least : Durch die Arbeit im Gruppenpuzzle lernen die SchülerInnen auch eigene Lern-
interessen und –strategien verstehen, die Kooperation mit den MitschülerInnen führt zu Artikula-
tion eigener Interessen, aber auch zu Reflexion über eigenes Handeln und Stärkung der Kritikfä-
higkeit – dies sind nur einige Aspekte im Erwerb von Selbstkompetenz.
2. Durchführung des Projektes 20
Um direkt Stellung zu beziehen: Auch wenn der Verfasser sich insbesondere nach Vor- und Nach-
bereitung dieses Projektes eindeutig zu kooperativen Lernmethoden bekennt, darf man nicht der
Täuschung erliegen, dass irgendeine didaktische Methode ein Allheilmittel in der Praxis sei. Viel-
mehr ist ein Mix notwendig und sinnvoll, um alle SchülerInnen gemäß ihren Anlagen zu fördern
(DORS 2007). Der Frontalunterricht wird auch weiterhin eine wichtige Art zu unterrichten sein, spe-
ziell bei komplexen Zusammenhängen, wie sie in Chemie oder Physik häufiger anzutreffen sind.
1
BERGER & HÄNZE (2005) haben diese etwas plakative Frage auch zum Titel eines Aufsatzes gemacht.
2. Durchführung des Projektes 21
Damit ist das Gruppenpuzzle in der Tat die ideale Methode, den SchülerInnen die physikalischen
Trennverfahren Chromatographie, Destillation und Extraktion näherzubringen. Zwar wurde im
Vorfeld des Projektes die andere große Gruppe von physikalischen Trennverfahren, die mecha-
nischen Trennverfahren (z.B. Filtrieren, Dekantieren usw.), in einer Unterrichtseinheit eingehender
besprochen, prinzipiell sind für die Lerngruppe thermische Trennverfahren thematisch aber neu.
Damit „starten“ alle SchülerInnen gewissermaßen auf dem gleichen Niveau, eine Gegebenheit, die
auch bei der Evaluation des Projektes von Vorteil ist.
Oftmals werden als Nachteile der Methode die zeitintensive Vorbereitung und der im Vergleich z.B.
zur lehrerzentrierten Unterweisung höhere Zeitaufwand im Unterricht vorgebracht. Dabei darf man
aber nicht außer acht lassen, dass der Lehrende mit einem einmal konzipierten und evaluierten
(und eventuell verbesserten) Gruppenpuzzle ein Unterrichtsmodul zur Hand hat, das immer wieder
verwendet werden kann – auch von anderen KollegInnen. Darüber hinaus benötigen SchülerInnen
zur Verinnerlichung frontal gehaltener Themen mindestens die doppelte Zeit des Unterrichtes.
Das Projekt ist so angelegt, dass das von REICH explizit erwähnte Forschen, Recherchieren und
Experimentieren im Mittelpunkt des Interesses steht. Die schwierigen Themen sind dazu fachwis-
senschaftlich relativ unabhängig voneinander, vermitteln aber einen guten Überblick über ein Teil-
gebiet der Chemie, die Verfahrenstechnik. Daher ist das „experimentelle“ Gruppenpuzzle die Me-
thode der Wahl.
2.1.6.2. UNTERRICHTSMEDIEN
Die Vielzahl der eingesetzten Unterrichtsmedien lässt sich nach ihren Einsatzbereichen kategori-
sieren:
Hinführung zum Projektthema/Einführung in das experimentelle Gruppenpuzzle: Versuchs-
materialien zu Filtrieren, Dekantieren, Sedimentieren und Zentrifugieren1, Metaplanwand
(und Zubehör), Wandtafel, Tageslichtprojektor, Arbeitsblätter.
Durchführung der Experimente/Vorbereitung der Einweisung: Versuchsmaterialien zu Chro-
matographie, Destillation und Extraktion1, Arbeitsblätter, weiterführende Literatur, Modelle
(Ionenaustauscher, Haushaltswasserfilter).
Präsentation/Unterweisung in den Stammgruppen: Portables Rechnersystem, Metaplan-
wand (und Zubehör), Tageslichtprojektor (mit entsprechenden Folien etc.), Poster (etwa
DIN A1-Format), Wandtafel.
1
Es erscheint an dieser Stelle wenig sinnvoll, Gerätelisten o.ä. anzuführen. Für weitere Informationen wird auf die ent-
sprechenden Arbeitsblätter bzw. Abbildungen (z.B. Abb. 4.24. – 4.26.) verwiesen.
2. Durchführung des Projektes 22
Vor der Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Projektthema stand die Definition von physika-
lischen Trennverfahren und die Vorstellung der zweiten großen Gruppe, den mechanischen Trenn-
verfahren.
Die SchülerInnen haben zu Beginn der Lehrplaneinheit gelernt, dass die Gesamtheit der Stoffe in
der Chemie unterteilt wird in Reinstoffe ( Elemente und Verbindungen) und Gemische ( homo-
gene und heterogene Gemische). Die weitere Klassifizierung von homogenen und heterogenen
Gemischen mit Hilfe der Bezeichnungen disperse Phase, Dispersionsmittel und Dispersitätsgrad
führte zu Begriffen wie Legierung, Aerosol, Suspension oder Emulsion.
In der Unterrichtseinheit vor dem eigentlichen Projekteinstieg ( Tab. 2.2., Zeile 1) wurde den
SchülerInnen anhand von Beispielen wie einer Kläranlage oder der Gewinnung von Heilmitteln aus
Pflanzen verdeutlicht, dass für bestimmte Anforderungen die Komponenten eines Gemisches von-
einander getrennt werden müssen. Im Gegensatz zu Reinstoffen ( chemische Trennverfahren,
Beispiel: Thermolyse von Silberoxid, Ag2O) können Gemische aber nur auf physikalischem Wege
getrennt werden.
Um den Überblick über die verschiedenen Phasen des Gruppenpuzzles zu erleichtern, wurde für
den Organisations- und Zeitplan eine tabellarische Übersicht gewählt. Die Entwürfe für den
geplanten Stundenverlauf in den Expertengruppen (1. Termin) und den Stammgruppen (2. bis
4. Termin) sind in den Abb. 2.5. und 2.6. wiedergegeben.
1. Termin Expertengruppen1 2h
09.11.2006
2. Termin Stammgruppen 2h
16.11.2006
3. Termin Stammgruppen 2h
23.11.2006
4. Termin Stammgruppen 2h
30.11.2006
1
Die Spielkarten beziehen sich auf die Methode der Gruppenbildung ( Kap. 2.2.3.).
2. Durchführung des Projektes 24
Abb. 2.5.: Synoptischer Stundenverlauf für den 1. Termin (Planung für die Expertengruppen)
Abb. 2.6.: Synoptischer Stundenverlauf für den 2. – 4. Termin (Planung für die Stammgruppen)
2. Durchführung des Projektes 25
2.2.3. GRUPPENBILDUNG
Prinizpiell lassen sich alle Möglichkeiten von Gruppenbildung in einer Lerngruppe drei Hauptver-
fahren zuordnen:
die zufällige Gruppenbildung
die schülerbestimmte Gruppenbildung
die lehrerinduzierte Gruppenbildung
Eine schülerbestimmt e Gruppenbildung schied von vorneherein aus, da beabsichtigt war, die
„üblichen“ Strukturen im Klassenverband aufzulösen, um die soziale Kompetenz der SchülerInnnen
zu stärken.
Die formelle Gruppenbildung durch den Lehrer besitzt den Vorteil, dass die Gruppenmitglieder
aus den guten, den durchschnittlichen und den schwächeren SchülerInnen „rekrutiert“ werden
können. Dadurch kann man den Gruppennutzen steuern und vermeiden, dass eine Gruppe, die nur
aus durchschnittlichen und/oder schwächeren SchülerInnen besteht, den gestellten Aufgaben
möglicherweise nicht gewachsen ist. Allerdings konnte zum Beginn des Projektes (November 2006,
6. Schulwoche des Schuljahres) keine solche, projekttaugliche Einschätzung vorgenommen wer-
den.
Das Verfahren der Wahl war daher die zufällige Zusammensetzung der Gruppen. Die lei-
stungsmäßige (Gleich-)Verteilung sollte auch hier weitgehend gewährleistet sein, darüber hinaus
akzeptieren die SchülerInnen das Zufallsprinzip relativ problemlos als Auswahlverfahren. KLIPPERT
(2002, S. 48ff.) betont in diesem Zusammenhang, dass die Akzeptanz umso größer ist, wenn diese
Gruppenbildung nur für einen überschaubaren Zeitraum gilt.
Die Wahl der Gruppengröße hängt nach KLIPPERT von verschiedenen Faktoren ab: Neben der
Klassenstärke müssen auch die räumlichen Gegebenheiten, die zur Verfügung stehenden Gruppen-
arbeitsplätze und die Ziele und Inhalte des Unterrichtes berücksichtigt werden. Als empfehlenswer-
te Größe führt der Autor eine Anzahl von vier bis fünf SchülerInnen pro Gruppe an.
Das Gruppenpuzzle als Methode mit einer doppelten Gruppenstruktur (Stamm- und Experten-
gruppen) sowie die äußeren Parameter (24 Schülerinnen und drei Themen) boten an, die Lern-
gruppe auf acht Stamm- und sechs Expertengruppen aufzuteilen. Die unterschiedlichen Gruppen-
größen und die doppelte Besetzung der Expertenthemen garantierten, dass sich im Krankheitsfall
eines Experten die übrigen SchülerInnen der zweiten Gruppe anschließen können.
2. Durchführung des Projektes 26
Da den SchülerInnen das Material zu den drei Trennverfahren bereits eine Woche zuvor (Tab. 2.2.,
0. Termin) mit dem Auftrag ausgehändigt worden war, sich intensiv vorzubereiten, konnten die
Experten am ersten Termin unmittelbar mit der Bearbeitung beginnen.
An die Materialphase1 (Abb. 2.4.), in der sich die Lerngruppe zunächst mit den überwiegend
unbekannten Glasgeräten u.ä. vertraut machen konnte, schloss sich im Fall der Chromatographie
direkt die Experimentalphase an, bei Destillation und Extraktion galt es, zunächst die Versuchs-
apparatur anhand der ausliegenden Abbildungen ( Abb. 4.24. – 4.26.) aufzubauen.
Je nachdem wieviel Aufmerksamkeit die einzelnen Teilversuche erforderten, fingen die Schüler-
Innen z.T. parallel mit der Auswertung und/oder der Erstellung von Materialien für die Stammgrup-
pen an (sogenannte Kreativphase nach Abb. 2.4.).
Hierbei wurden nach Neigung der SchülerInnen alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aus-
geschöpft. Im Anhang finden sich einige besonders gelungene Beispiele und Beweise für die Viel-
falt der Lehrmaterialien ( Abb. 4.31. – 4.41.).
1
Es sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf verwiesen, dass die erwähnten „Phasen“ keinerlei Zeitvorgaben
beinhalteten. Einzige Vorgabe war, dass die SchülerInnen nach zwei Unterrichtsstunden ihre Aufgaben erledigt hatten.
2. Durchführung des Projektes 27
Mit Ausnahme einer Gruppe konnten alle (experimentellen) Arbeiten in der vorgesehenen Zeit ab-
geschlossen werden. Es steht aber außer Zweifel, dass einige besonders motivierte Gruppen in der
unterrichtsfreien Zeit weiter an ihrem Material „gefeilt“ haben.
An den drei folgenden Terminen stiegen ausnahmslos alle Stammgruppen bei Unterrichtsbeginn
direkt mit der Instruktion durch den jeweiligen Experten in das Projekt ein. Die SchülerInnen arbei-
teten außerordentlich konzentriert an ihren Aufgaben, der Verfasser musste nur gelegentlich ein-
schreiten, um zu verhindern, dass Experten zu weit außerhalb des vereinbarten Rahmens (Unter-
weisung und Hilfestellung) tätig wurden.
Zweimal wurde von den Stammgruppen die unzureichende Vorbereitung des jeweiligen Experten
beklagt. Mit Verweis auf den Charakter der Methode und der zurückhaltenden, beobachtenden Rol-
le des Lehrers wurde hier nicht eingeschritten.
Die Gruppen hielten sich in der überwiegenden Mehrheit an das (interne) Zeitschema des geplan-
ten Stundenverlaufs ( Abb. 2.6.), so dass auch hier seitens der Lehrkraft keine Veranlassung be-
stand, korrigierend einzugreifen.
Wie bereits angedeutet, war die gesamte Lernatmosphäre während der Beschäftigung mit dem
experimentellen Gruppenpuzzle außerordentlich entspannt und angenehm. Es schien in keinem
Moment so, dass die SchülerInnen trotz des hohen Stellenwertes der Projekt-Gesamtnote (die wie
eine dritte Klassenarbeit in diesem Halbjahr bewertet wurde Kap. 2.3.4.) unter einem besonde-
ren Stress stünden. Vielmehr hatte der Verfasser den Eindruck, dass die SchülerInnen eine erhöhte
Bereitschaft zeigten, etwas „mehr“ als notwendig zu machen. Die gute Atmosphäre in dieser Zeit
spiegelt sich vielleicht auch im positiven Feedback zum Projekt wider.
Letztlich hat das Gruppenpuzzle in dieser Form möglicherweise auch zu einer Stärkung der Klas-
sengemeinschaft, die zum Projektbeginn erst seit wenigen Wochen bestand1, beigetragen.
1
Die SchülerInnen haben zuvor etwa ein Dutzend verschiedener Schulen besucht.
2. Durchführung des Projektes 28
Den SchülerInnen wurde zu Beginn erläutert, nach welchen Kriterien die Bewertung ihrer Leistun-
gen während des Projektes erfolgen würde. Die Gesamtnote setzte sich diesen Kriterien folgend
aus den Bewertungen für die Arbeit in Experten- und Stammgruppe, d.h. dem Engagement und
der Produktivität während der praktischen Arbeit (eine Art „Prozessnote“ Kap. 2.3.1.), der Be-
wertung für das Versuchsprotokoll der „Expertenversuche“ ( Kap. 2.3.2.) und der Leistung in der
abschließenden schriftlichen Wiederholungsarbeit („Kurztest“ Kap. 2.3.3.) zusammen. Dabei
erfolgte eine Gewichtung von 20 : 40 : 40:
Bei allen folgenden statistischen Betrachtungen wurde ein besonderes Augenmerk auf die vorhe-
rige Schulbildung (Gymnasium bis Klasse 10, Realschule oder Werkrealschule) der SchülerInnen
gelegt. Es galt festzustellen, welchen Einfluss die vor dem Eintritt in das Technische Gymnasium
besuchte Schulform auf die Leistungen der SchülerInnen hat und welche Konsequenzen hieraus
für den naturwissenschaftlichen Unterricht gezogen werden müssen.
Die Bewertung von Teamwork und Engagement in den Gruppen erfolgte zum einen durch wieder-
holte Beobachtung der SchülerInnen über den gesamten Projektzeitraum hinweg. Dabei standen
allgemeines Arbeitsverhalten und Wechselwirkung mit anderen Gruppenmitgliedern im Mittelpunkt
des Interesses. Die so erhaltenen Eindrücke geben natürlich nur Momentaufnahmen wieder.
Aufschlussreicher waren die Gespräche von etwa fünf bis zehn Minuten Dauer, die mit den ver-
schiedenen Gruppen im Laufe der vier Wochen geführt wurden und die Gelegenheit boten, die
eigene Arbeitsweise zu reflektieren. Hintergrund dieser Gespräche ist die Gruppenprozessbewer-
tung, eines der fünf Basiselemente kooperativen Lernens ( Abb. 1.1.). Gruppen müssen be-
schreiben, welche Handlungen ihrer Mitglieder hilfreich und weniger hilfreich waren und müssen
entscheiden, welche Verhaltensweisen beibehalten und welche verändert werden sollen (GREEN
2004a).
Der Durchschnitt aller SchülerInnen lag bei 2,19 ± 0,69, also im überwiegend im guten Bereich.
Die Schulherkunftanalyse zeigt einen Gradienten von ehemaligen GymnasiastInnen zu Werkreal-
schülerInnen (GY: 1,86 ± 0,38, RS: 2,23 ± 0,61, WRS: 3,00 ± 0,45).
2. Durchführung des Projektes 29
2.3.2. VERSUCHSPROTOKOLL
Die Maßstäbe bei der Bewertung der Versuchsprotokolle waren aufgrund der fehlenden Erfahrung
der SchülerInnen mit „wissenschaftlicher“ Protokollführung nicht allzu streng. Daraus resultiert der
verhältnismäßig zufriedenstellende Notenmittelwert von 2,80 ± 1,19 (hohe Standardabweichung!).
Die Protokolle der ehemaligen WerkrealschülerInnen waren aber um mehr als 1,3 Notenpunkte
(bei geringer Standardabweichung) schlechter als die der GymansiastInnen (GY: 2,01 ± 1,02,
RS: 3,00 ± 0,77, WRS: 3,33 ± 0,29), ein mögliches Zeichen für den fehlenden Umgang mit Text-
produktion.
Sehr ausführlich wurden die Ergebnisse in der schriftlichen Wiederholungsarbeit untersucht (alle
Ergebnisse Kap. 4.3.2.). Bei der erzielten Gesamtnote setzt sich der bisher beobachtete Gra-
dient eindrucksvoll fort (Gesamtdurchschnitt: 3,37 ± 0,99, GY: 2,74 ± 0,69, RS: 3,32 ± 0,88,
WRS: 4,18 ± 1,02). Dabei sind die Unterschiede zwischen GymnasiastInnen und Werkrealschüler-
Innen bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α = 0,05 statistisch signifikant.
Die Stammgruppenanalyse (Tab. 4.4.) diente der Untersuchung, wie erfolgreich die ExpertInnen
bei den anderen Themen waren. Hier zeigen die Parameter, dass die erreichten Punktzahlen von
Nicht-DestillationsexpertInnen bei diesem Verfahren statistisch höher waren als bei Chromatogra-
phie und Extraktion. Dies ist vielleicht darin begründet, dass die Destillation den SchülerInnen aus
dem Alltag vertrauter ist, als andere Verfahren, so dass dort ein größeres Vorwissen besteht.
2. Durchführung des Projektes 30
2.3.4. GESAMTBEWERTUNG
Die Gesamtnote gibt die Unterschiede zwischen den verschiedenen Subgruppen natürlich verstärkt
wieder. SchülerInnen, die zuvor das Gymnasium besucht haben, schnitten mit einer Durchschnitts-
note von 2,51 ± 0,69 signifikant besser ab, als die ehemaligen Werkrealschülerinnen mit
3,77 ± 0,78. Auch die RealschülerInnen liegen mit 2,96 ± 0,66 noch knapp über dem Gesamt-
durchschnitt von 3,03 ± 0,83.
Die SchülerInnen wurden nach Abschluss der Projektes gebeten, einen etwas umfangreicheren
Fragebogen (16 Fragen bzw. Einschätzungen) als Feedback zu bearbeiten. Die ausführlichen Er-
gebnisse sind im Anhang ( Kap. 4.3.3.) graphisch aufbereitet, an dieser Stelle sollen einige wich-
tige Erkenntnisse kurz wiedergegeben und kommentiert werden.
Insgesamt wurde dem Projekt eine gute Bewertung (ø 2,05) erteilt, auch die Projektlänge schien
der überwiegenden Mehrheit der SchülerInnen angemessen.
Der Schwierigkeitsgrad in den Expertengruppen wurde mehrheitlich als genau richtig bewertet,
ebenso wie die Bearbeitungszeit der Aufgaben. Die Zusammenarbeit in den Expertengruppen wur-
de für gut (ø 2,21) befunden, gleiches gilt für die „Lehrtätigkeit“ der ExpertInnen in ihren Stamm-
gruppen (ø 2,27).
Bezüglich Schwierigkeitsgrad in den Stammgruppen kann die gleiche Aussage wie oben getroffen
werden, allerdings wurde die Zusammenarbeit (ø 2,26) und die Lehrtätigkeit der MitschülerInnen
(ø 2,29) etwas schlechter bewertet.
Auf die Frage, ob das Gruppenpuzzle wiederholt werden soll, zeigt sich die Lerngruppe etwas ge-
spalten. Trotz der guten Note für das Projekt stimmen drei gegen eine Wiederholung und immer-
hin acht SchülerInnen sind unsicher (bei neun Ja-Stimmen).
In der letzten Frage wurden die SchülerInnen gebeten, verschiedene Unterrichtsmethoden und
-formen zu bewerten. Es ist wenig überraschend, dass Experimente, ganz gleich ob vom Lehrer
oder von den SchülerInnen selbst duchgeführt, sehr gut abschnitten. Frontalunterricht wurde weit-
gehend abgelehnt, erstaunlich aber ist die Tatsache, dass auch kooperative Methoden wie Lern-
zirkel und Gruppenpuzzle wie auch die traditionelle Gruppenarbeit von einem gewissen Teil der
Klasse sehr kritisch gesehen werden.
2. Durchführung des Projektes 31
Kooperative Lernmethoden wie das Gruppenpuzzle stellen ganz andere Anforderungen an den
Lehrer als andere Unterrichtsformen. Nicht Präsenz und Dominanz der Lehrperson sind gefragt,
sondern der Lehrer muss eher im Hintergrund die Fäden ziehen. Dazu gehört die Verantwortung,
Lernprozesse zu initiieren und Lernergebnisse zu sichern, ebenso wie inhaltliche Aspekte.
Zu einem umfassenden Gruppenpuzzle wie im vorliegenden Fall gehören viel Engagement, aber
auch Freude an der Vorbereitung, denn diese ist zweifellos außerordentlich aufwendig. Die Unter-
richtsmaterialien müssen sehr sorgfältig geplant und immer wieder überarbeitet werden, bis sie
tatsächlich reif für den Einsatz sind. Mindestens genauso aufwendig ist die Schaffung der geeig-
neten Lernatmosphäre. Durch die Bereitstellung von weiteren Utensilien und die „Ausstellung“ der
Expertenmaterialien (Aufhängen der Poster usw.) sowie die Sperrung des Projektsaals für die
Dauer des Gruppenpuzzles wurde den SchülerInnen das Gefühl gegeben, dass dieser Saal „ihr
Labor“ ist.
Während eines solchen Projektes übergibt der Lehrende die Verantwortung aber an die Lern-
gruppe. Er/sie beobachtet und leistet im Notfall Hilfestellung, nimmt sich selbst aber völlig zurück
– nicht allen LehrerInnen fällt dies leicht. Dadurch wird auch der erzieherische Aspekt des Unter-
richtens (durch den Lehrer) zurückgeschraubt. Konfliktsituationen müssen von den Gruppen weit-
gehend selbst bewältigt werden, die Kritikfähigkeit des Einzelnen wird manchmal auf eine ernst-
hafte Probe gestellt. Es ist eine Überzeugung des Verfassers, dass ein durch eineN MitschülerIn
ausgesprochener „Tadel“ (weil z.B. bestimmte Vereinbarungen nicht eingehalten wurden) einen
tieferen Eindruck hinterlässt (sofern alle MitschülerInnen sich gegenseitig respektieren), als wenn
die Lehrperson dies täte (und sofern nicht weitere Sanktionen folgen).
Ein nicht nebensächliches Problem stellt allerdings die Leistungsbewertung bei kooperativen Me-
thoden dar. Natürlich lässt sich das Ergebnis eines inidviduellen Abschlusstests einem bestimmten
Schüler zuordnen, aber wie sieht es z.B. mit der Bewertung des Lernprozesses oder eine Gruppen-
präsentation aus? Hier muss der/die Lehrende seine Beobachtungsgabe schulen, außerdem sollten
die SchülerInnen mit einer gewissen Erfahrung in diesen Lernstrategien in der Lage sein, sich
selbst und andere Gruppenmitglieder einschätzen zu können.
Die Rolle des Lehrers/der Lehrerin ist bei kooperativen Lernmethoden also eine völlig andere als im
traditionellen Unterricht. Das bedeutet nichts anderes, als daß auch LehrerInnen ihre Rolle im
Lernprozess lernen und einüben müssen.
3. Zusammenfassung und Fazit
3. Zusammenfassung und Fazit 33
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das experimentelle Gruppenpuzzle seitens des
Verfassers alle Erwartungen an diese kooperative Lernmethode erfüllt und übertroffen hat. Be-
fürchtungen, die längerfristige Beschäftigung mit dem Projekt könnte dem Interesse und der Mo-
tivation der SchülerInnen schaden, bewahrheiteten sich nicht.
Im Gegenteil: Die SchülerInnen zeigten sich überwiegend begeistert, über mehrere Unterrichts-
stunden hinweg selbständig experimentieren zu können. Es bereitete ihnen auch nur wenig Pro-
bleme, sich mit der sehr anspruchsvollen Theorie zu Chromatographie, Destillation und Extraktion
auseinanderzusetzen.
Die Analyse der Ergebnisse zeigt allerdings auch, dass die SchülerInnen offensichtlich mit sehr un-
terschiedlichem Vorwissen an das Technische Gymnasium wechseln. Hier müssen LehrerInnen den
Willen zeigen, den mitunter erheblichen Leistungsgradienten beseitigen zu wollen. Kooperative
Lernmethoden sind ein Weg dorthin. Hier sind aber auch politische Entscheidungsträger in der
Schulpolitik gefragt, die Rahmenbedingungen für solche handlungsorientierte Themenbearbeitung
zu verbessern. Ein Lehrplan, der auf illusorische 40 Jahresschulwochen ausgelegt ist, lässt nur
wenig Spielraum für „diese didaktischen Mätzchen“, wie es ein Kollege ausdrückte. EinE LehrerIn,
der/die es nur darauf anlegt, sein Stoffpensum „durchzubringen“, ist mit Methoden wie dem
Gruppenpuzzle sicher schlecht beraten. KollegInnen aber, denen langfristige Wissensvermittlung,
autonomes Lernen und hohe Handlungskompetenz der SchülerInnen wichtig ist, sind angehalten,
häufiger kooperative Lernstrategien einzusetzen und sei es auch nur in bestimmten Bereichen.
„Think big, start small.“, so die Meinung von NORM GREEN dazu. Für den Autor ist klar, dass ko-
operative Lernmethoden zukünftig zu seinem Standardrepertoire gehören werden.
4. Anhang
4. Anhang 36
4.1.1. ARBEITSBLÄTTER
4.1.1.2. CHROMATOGRAPHIE
4.1.1.3. DESTILLATION
4.1.1.4. EXTRAKTION
Die folgenden Materialien standen den SchülerInnen als laminierte Ausdrucke im Format A4 zur
Verfügung.
Wasser- DIMROTH-
kühlung Kühler
Thermometer
SOXHLET-
Apparatur
LIEBIG-Kühler mit
CLAISEN-Aufsatz Schüttel-
Extraktions-
trichter
hülse
Vorstoß
Rundkolben Wasser-
kühlung
Rundkolben
Heizhaube
Heizhaube
Mörser mit
Hebebühne
Pistill
Hebebühne
Abb. 4.24.: Aufbau der Destillation Abb. 4.26.: Aufbau der Extraktion
Wasserstrahl-
pumpe
gebogener Vorstoß
mit Olive Vakuum-
schlauch
Destillier-
spinne
WOULFFsche
Flasche
Der Chemie-Saal 123 wurde für die Dauer des Projektes den Anforderungen des Gruppenpuzzles
und seiner experimentellen Umsetzung angepasst. Die folgenden Abbildungen sollen einen Ein-
druck hiervon vermitteln.
Die Aufbauten zu den Versuchen der Destillation der Extraktion sind in den Abb. 4.24. und 4.25.
bzw. 4.26. wiedergegeben. Da im Rahmen der Chromatographie (in diesem Projekt) keine außer-
gewöhnlichen Versuchsgeräte benutzt werden, wurde auf eine Abbildung verzichtet.
Den Expertengruppen wurde freigestellt, auf welche Weise sie den Stammgruppen „ihr“ Thema
näher bringen, seitens der Lehrkraft wurden die Möglichkeiten geschaffen, mit Postern, Folien,
Metaplanwand und Präsentationen am Rechner zu arbeiten.
Auf den folgenden Seiten sind einige Beispiele für Schülerarbeiten gezeigt, wobei es natürlich nicht
möglich ist, komplette Präsentationen wiederzugeben. In diesen Fällen beschränkt sich die Do-
kumentation auf einen besonders gelungenen Text oder eine besonders gelungene Darstellung.
Aufgrund des hohen Niveaus der Themen enthält das Schülermaterial zwangsläufig Fehler, auf die
die ExpertInnen allerdings vor der Vorstellung „ihres“ Verfahrens hingewiesen worden sind. Oft
blieb aber keine Zeit, diese Fehler ausreichend gut zu verbessern; hier sind Faksimiles der Origi-
nale wiedergegeben.
4. Anhang 59
4.2.2.1. CHROMATOGRAPHIE
4.2.2.2. DESTILLATION
4.2.2.3. EXTRAKTION
4.2.3.1. CHROMATOGRAPHIE
Abb. 4.43.: DC eines schwarzen Filzschreibers auf verschieden beschichteten DC-Platten (von links nach rechts: Cellu-
lose, Kieselgel und Aluminiumoxid) [Expertengruppe C2]
Abb. 4.46. – Abb. 4.48.: DC-Nachweis von Coffein und Vergleich mit Coffein-Standard (w = 2 mg/ml Coffein, von
links nach rechts: Kaffee, grüner Tee und entcoffeinierter Kaffee), Detektion mit UV-Licht
[Stammgruppe Herz 2]
4.2.3.2. EXTRAKTION
Die Bestimmung des Fettgehaltes von Erdnüssen führte zu Resultaten zwischen 48,5 und 53,9 %
Fett; diese liegen damit trotz des bescheidenen apparativen Aufwandes nahe bei den in den Litera-
tur angegebenen Werten (je nach Quelle um 50 %).
Mögliche Fehlerquellen können zu kurze Extraktionszeit und Verluste bei der destillativen Entfer-
nung des Extraktionsmittels gewesen sein.
4. Anhang 71
Die folgenden Abbildungen sollen einen kurzen Einblick in die interessierte und konzentrierte Mit-
arbeit der SchülerInnen während des Gruppenpuzzles geben.
4.3.1. BEWERTUNG UND ANALYSE DER SCHÜLERLEISTUNGEN (MITARBEIT, PROTOKOLL, KURZTEST UND GE-
SAMTNOTE)
Alle statistischen Analysen wurde unter der Voraussetzung vorgenommen, dass die Ergebnisse
durch die Normalv ert eilung (GAUSS-Verteilung)
in ausreichend guter Näherung beschrieben werden (mit σ als Standardabweichung und µ als Er-
wartungswert).
σx
berechnet.
Zur Überprüfung von Unterschieden zwischen zwei statistischen Populationen wurde der F I S H E R -
oder F-Test angewendet. Dies ist ein statistischer Test, mit Hilfe dessen mit einer gewissen Kon-
fidenz entschieden werden kann, ob zwei Stichproben aus unterschiedlichen Populationen sich hin-
sichtlich ihrer Varianz statistisch signifikant unterscheiden1.
Schul- Projekt
SchülerIn
herkunft Mitarbeit Protokoll Kurztest Gesamtnote
1 RS 2,0 3,3 4,2 3,4
2 RS 2,0 4,0 4,6 3,8
3 GY 2,0 1,0 2,3 1,9
4 WRS 3,0 3,3 4,9 4,0
5 GY 2,0 6,0 3,8 3,9
6 GY 1,5 3,7 3,1 2,9
7 RS 2,0 3,0 3,1 2,8
8 RS 1,5 2,3 1,8 1,9
9 RS 3,0 4,0 3,3 3,4
10 WRS 2,0 3,7 5,1 4,0
Tab. 4.1a.: Bewertung der Schülerleistungen
1
Näheres hierzu siehe Lehrbücher der Statistik bzw. BRONSTEINs Taschenbuch der Mathematik.
4. ANHANG 73
Schul- Projekt
SchülerIn
herkunft Mitarbeit Protokoll Kurztest Gesamtnote
11 GY 1,5 1,3 1,7 1,6
12 RS 2,5 3,7 3,9 3,5
13 WRS 2,5 6,0 4,8 4,5
14 GY 2,0 2,3 2,7 2,4
15 RS 2,5 4,0 2,1 2,7
16 RS 3,0 2,7 4,2 3,5
17 GY 1,5 3,0 3,2 2,7
18 WRS 2,5 3,0 3,1 2,9
19 RS 1,5 1,0 2,8 2,0
20 RS 1,5 1,0 3,4 2,3
21 GY 2,5 1,3 2,4 2,2
22 WRS 3,0 6,0 4,5 4,5
23 RS 3,0 4,0 3,1 3,3
24 WRS 2,0 3,3 2,7 2,7
Durchschnitt 2,19 3,20 3,37 3,03
Tab. 4.1b.: Bewertung der Schülerleistungen1
Die obenstehende Tabelle gibt in einer Gesamtübersicht alle von den SchülerInnen erzielten Be-
wertungen während des Projektes wieder.
Bewertungsgrundlagen
Schul-
Gesamtnote Population
herkunft
Mitarbeit Protokoll Kurztest
WRS 3,00 ± 0,45 3,33 ± 0,29 4,18 ± 1,02 3,77 ± 0,78 n=6
Gesamt-
2,19 ± 0,69 2,80 ± 1,19 3,37 ± 0,99 3,03 ± 0,83 n = 24
durchschnitt
1
Defizitäre Leistungen (≥ 4,5) sind rot markiert, die drei ungenügenden Benotungen in der Spalte Protokoll kamen
durch Nichtabgabe zustande.
4. ANHANG 74
Der nachfolgend abgebildete Kurztest beinhaltet je drei Fragen zu den drei Trennverfahren, wobei
sowohl Aufgaben zur Theorie der jeweiligen Methode, aber vor allen Dingen auch solche mit
praktischer Relevanz gestellt wurden. Die Bearbeitungszeit betrug 20 Minuten.
Die Schülerdaten sind anonymisiert. Schüler 24 bezeichnet eineN SchülerIn, der/die krankheitsbedingt nicht an der Expertenphase teil-
nehmen konnte und daher statistisch lediglich bei der Stammgruppenanalyse berücksichtigt wird. Die SchülerInnen C5 und E1 konnten in
ihren Stammgruppen wegen Krankheit nicht an den Verfahren Extraktion (C5) bzw. Chromatographie (E1) teilnehmen, daher sind die
Punktzahlen für die Ermittlung der Note korrigiert.
75
4. ANHANG 76
10
6
Häufigkeit
0
sehr gut - gut gut - befriedigend befriedigend - ausreichend - mangelhaft -
ausreichend mangelhaft ungenügend
Beurteilung
4.3.3.1. EXPERTENGRUPPENANALYSE
Expertengruppenpunkte
Verfahren Population
1
Durchschnitt Maximum Minimum
1
Die maximale Punktzahl pro Thema betrug 9 Punkte.
4. ANHANG 77
Gesamtpunkte
Verfahren Population
Durchschnitt Maximum1 Minimum
Zwischen den jeweils erreichten Punktwerten (Experten- bzw. Gesamtpunkte) besteht bei einer
Irrtumswahrscheinlichkeit von α = 0,05 kein statistisch signifikanter Unterschied.
4.3.3.2. STAMMGRUPPENANALYSE
Stammgruppenpunkte
Verfahren Population
Durchschnitt Maximum Minimum
Es besteht ein statistisch signifikanter Unterschied (*) zwischen den Ergebnissen im Bereich Destil-
lation und den Ergebnissen in den übrigen beiden Verfahren (Irrtumswahrscheinlichkeit α = 0,05).
1
Die maximal mögliche Punktzahl betrug 27 Punkte.
4. ANHANG 78
Mit Hilfe des unten abgebildeten Fragebogens wurden die SchülerInnen gebeten, ihre Meinung
zum Projekt zu äußern. Um das Feedback statistisch auswerten zu können, wurden die
Möglichkeiten der Bewertung überwiegend vorgegeben. Den SchülerInnen stand es aber frei, den
Fragebogen auch für weitere Anmerkungen zu nutzen.
Projektlänge 20
18
16
14
12
Häufigkeit
10
0
zu kurz genau richtig zu lang
Bewertung
Favorittrennverfahren
Extraktion
Chromatographie
35%
40%
Destillation
25%
Projektnote 14
12
10
Häufigkeit
0
1 2 3 4 5 6
Note
„Manche Versuche waren etwas „Gruppenpuzzle ist ineffektiv.“ (4) „Gut, interessant.“ (2)
langweilig (Destillation).“ (2)
„Es hat Spaß gemacht und war lehrreich, „War lockerer und hat mehr Spaß „Es war nicht so ‚trocken’ und bei
aber alle Gruppen haben von ihrem gemacht als Theorieunterricht. Allerdings Experimenten, die wir selber machen,
Experten andere Erklärungen haben sich manche Leute zu wenig Mühe lernen wir es schneller und besser. Ist
bekommen.“ (2) für die Handouts gemacht.“ (2) auch nicht so langweilig.“ (2)
„War alles ok. Manchmal zu wenig Zeit.“ „Hat Spaß gemacht, [aber] Gruppen „Es waren interessante Versuche dabei
(2) selber aussuchen.“ (2) und die Gruppenarbeit war ganz gut.“ (2)
„Man konnte selbst experimentieren.“ (2) „Gut, aber teils zu lange Pausen.“ (2) „Gute Organisation + Versuche.“ (2)
„Es war nie langweilig und nicht arbeits- „Sehr lehrreich und Spaß gemacht.“ (2) „Etwas zu wenig Zeit.“ (2)
aufwendig und hat Fun gemacht.“ (1-2)
Tab. 4.6.: Begründungen der Projektnote (in Klammern die Bewertung des Projektes)
Schwierigkeitsgrad der 20
Arbeitsblätter 18
16
14
12
Häufigkeit
10
0
zu hoch genau richtig zu niedrig
Bewertung
Bearbeitungszeit der 14
Aufgaben
12
10
Häufigkeit
0
zu kurz genau richtig zu lang
Bewertung
14
Schwierigkeitsgrad der
Arbeitsaufgaben 12
10
Häufigkeit
8
0
zu schwierig genau richtig zu einfach
Bewertung
14
Zusammenarbeit in den
Expertengruppen 12
10
Häufigkeit
0
1 2 3 4 5 6
Note
„Lehrtätigkeit“ als 14
Expertin
12
10
Häufigkeit
0
1 2 3 4 5 6
Note
Bearbeitungszeit der 14
Aufgaben
12
10
Häufigkeit 8
0
zu kurz genau richtig zu lang
Bewertung
Schwierigkeitsgrad der 20
Aufgaben 18
16
14
12
Häufigkeit
10
0
zu schwierig genau richtig zu einfach
Bewertung
Zusammenarbeit in den 14
Stammgruppen
12
10
Häufigkeit
8
0
1 2 3 4 5 6
Note
„Lehrtätigkeit“ der 16
MitschülerInnen
14
12
10
Häufigkeit
0
1 2 3 4 5 6
Note
Wiederholung des 10
Gruppenpuzzles
9
Häufigkeit 6
0
ja nein unsicher
Bewertung anderer
Unterrichtsformen 20
18
16
14
12
Häufigkeit 10
8
6
4
2
0
schlecht
ht
nicht so gut
e
Bewertung
te
nt
ric
it
gut
en
it
e
be
er
eit
be
rim
l
rim
ke
nt
lar
zle
rb
ar
re
pe
zir
alu
ze
na
pe
er
uz
de
ex
rn
Ein
r tn
nt
pe
ex
np
an
Le
er
Fro
ler
up
pe
Pa
hr
Gr
up
hü
Le
Gr
Sc
Unterrichtsmethoden
4.4. EPILOG
Seit dem Beginn des 2. Halbjahres 2006/2007 wird die Klasse E2 vom Verfasser selbständig in den
Fächern Chemie und Physik unterrichtet.
Vier SchülerInnen haben aus verschiedenen Gründen die Schule verlassen, die Arbeit mit den ver-
bliebenen 20 SchülerInnen (bezogen auf die Schulherkunft: GY: 7 [± 0], RS: 9 [- 2] und
WRS: 4 [-2]) kann auf fachlicher wie auch auf persönlicher Ebene weiterhin als überaus angenehm
bezeichnet werden.
Die Leistungen der SchülerInnen sind kontinuierlich angestiegen: Der Durchschnitt der dritten
Klassenarbeit in Chemie vom 29. März 2007 lag bei 2,77 (- 1,16 gegenüber der ersten Klassen-
arbeit). Allerdings sind die Unterschiede zwischen den ehemaligen GymnasiastInnen (ø 2,39,
- 0,87), RealschülerInnen (ø 2,78, - 1,19) und WerkrealschülerInnen (ø 3,43, - 1,20) immer noch
erheblich, wenngleich die beiden zuletzt genannten Untergruppen überdurchschnittlich „aufgeholt“
haben1. Diese Beobachtungen lassen sich auch auf die Schülerleistungen im Fach Physik über-
tragen.
Übrigens: Zwei Schüler haben die Beschäftigung mit physikalischen Trennverfahren als Grundlage
für weiterführende Arbeiten in einer Projektwoche benutzt: Bei dem Thema „Isolierung und Cha-
rakterisierung von Trimyristin aus Muskatnüssen“ setzten sie ihre Kenntnisse in Chromatographie,
Destillation und Extraktion mit großen Engagement gewinnbringend ein.
1
Möglicherweise ist dieser Effekt aber auch nur auf die Abmeldung der vier eher leistungsschwachen SchülerInnen zu-
rückzuführen.
M ein besonderer, spezieller, liebevoller und Sow ieso-imm er-w ieder-D ank gilt dem H ilfsw erk R IE S
(Referendare in etlichen Schw ierigkeiten) m it Sitz in N ördlingen und seiner V orsitzenden und
seinem einzigen M itglied, Frau P E G G Y S PIE LBE RG E R sam t M OK I . Potius sero quam numquam,
sed tum in perpetuum .
M einem Fachleiter in Chem ie, H errn Oberstudienrat U LRICH K IRN E R , danke ich für die ausge-
zeichnete Betreuung und zahlreichen guten Ratschläge w ährend des Vorbereitungsdienstes.
D em „Versuchsobjekt“ dieser A rbeit, der K LA SSE E 2 des ITG der G ew erblichen Schule in G öppin-
gen bin ich von A w ie A LE X bis W w ie W A LD E M A R für Engagement und E insatz über die Er-
w artungen hinaus bei der D urchführung des G ruppenpuzzles zu D ank verpflichtet. Ich bedanke
m ich aber trotzdem gerne. K eep on rockin‘!