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ONLINE WISSEN

360-Grad-Design für Onlinenutzer


Warum das Design von Websites und Onlineanwendungen heute mehr
bieten muss als Bedienbarkeit
Das Web ist heute die wichtigste Schnittstelle zu Interessenten und Kunden. Wer hier nicht gefunden wird, auf sich aufmerksam macht,
überzeugt, berührt und bindet, ist morgen nicht mehr da. Studien zeigen, selbst im Business-to-Business-Bereich ist das längst Realität.
Der Schlüssel zum Erfolg im Web ist neben relevanten Inhalten vor allem: intelligentes DESIGN, das Benutzen als Erlebnis begreift.
Experten sprechen von User Experience. Ein Faktor, den künftig kein erfolgreicher Unternehmer dem Zufall überlassen wird.

w enn es eine Hall of Fame für schier unbedienbare Technik gäbe, ein Gerät
würde vermutlich noch heute die Bestmarke setzen: der Video- A U T O R : Niels Anhalt
rekorder. Vor gut dreißig Jahren brachte er die Fernsehbilder zum Stehen Bereichsleiter Beratung und Konzeption
und das Publikum zum Staunen. Dabei wurden die Augen noch größer, bei der nexum AG (www.nexum.de)
wenn es daran ging, das Wunderwerk in die Lage zu versetzen, wie von
Geisterhand eine TV-Sendung aufzuzeichnen. Das Ergebnis endete in der
Mehrzahl der Fälle mit der Demütigung des vormals stolzen Besitzers. Ein Im VHS-Zeitalter gab es den einzelnen Nutzer nicht, nur die Masse, das
noch größeres Wunderwerk als ein Videorekorder wäre damals ein Publikum, die Kundschaft. Damals war es schon unerhört, dem fast geset-
Videorekorder gewesen, der sich einfach beherrschen ließ. zesgleichen Fernsehprogramm ein Schnippchen zu schlagen und sich eine
Sendung dann anzuschauen, wenn man selbst dazu Zeit und Lust hatte. Die
Nutzer fordern Spaß an der Bedienung fummelige Bedienung, der Zufallscharakter des Aufnahmeerfolgs, all diese
Und heute? Heute benutzen wir Youtube. Millionen Menschen weltweit pro- Zumutungen durch den Hersteller und sein Gerät nahm man gewisserma-
duzieren, kopieren und bearbeiten bewegte Bilder und tauschen sich darü- ßen als milde Strafe für den subversiv eigensinnigen TV-Genuss.
ber im Internet aus. Einen Krimi oder eine Serie aufzunehmen, damit geben
sich die Nutzer schon lange nicht mehr zufrieden. Dank einfach zu bedienen- Kaum vorstellbar, dass vor dreißig Jahren ein Fernsehzuschauer mit dem
der Onlinesoftware vollbringen sie heute spielerisch Dinge, für die es früher Selbstbewusstsein und dem Anspruch eines Youtube-Nutzers gefordert hätte:
eines Sendewagens und eines vielköpfigen TV-Teams bedurft hätte. Videorekorder müssten nicht nur einfach zu bedienen sein, sondern der
Umgang mit ihnen müsse auch noch Spaß machen! Heute ist das die
Normalität, im Internet. Und ganz normal ist mittlerweile auch, dass junge
Nutzer kaum mehr Fernseh schauen.

Unser Umgang mit Technik wird


kreativ und sozial
Das Web 2.0 hat nicht nur die Art und Weise verändert, wie wir mit dem
Internet umgehen, es verändert unseren Umgang mit Technik überhaupt.
photcase.com © bit.it

Ob mit Geräten oder einem Stück Software, Anwender wollen nicht mehr
nur passiv konsumieren. Sie wollen Dinge und Inhalte schaffen, für die sie
sich interessieren. Das stellt völlig neue Anforderungen an das Design von

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Technologie. So verlangen Kunden über die bloße Bedienbarkeit hinaus,


dass die Technik sie dabei unterstützt, ihre Wünsche und Vorstellungen zu
verwirklichen. Sie wollen Spaß und Inspiration. Eingängige Funktionalität ist
nur der erste Schritt. Nutzer wollen wissen, wie sie ihre Ergebnisse mit ande-
ren teilen können. Wir alle lernen im Social Web, Technik kreativ und sozial
einzusetzen, im Team und für die Arbeit im Team. Entsprechend haben sich
Webseiten zu leistungsfähigen Onlineanwendungen entwickelt, die deutlich
mehr leisten, als Inhalte anzuzeigen.

Unternehmenserfolg auf 1024 mal 768 Pixeln


Entsprechend hat sich das Internet zur entscheidenden Schnittstelle zwi-
schen Unternehmen und Kunden entwickelt. Das heißt: Unternehmen
kommunizieren mit ihren Kunden zunehmend über digitale Benutzer-
oberflächen. Ihr Erfolg entscheidet sich auf einer Fläche von durchschnitt-
lich 1024 mal 768 Pixeln. Das gilt erst recht, wenn das eigene Geschäfts-
modell vollständig auf dem Internet basiert, beispielsweise bei Online-
shops. Wer sich bei der Gestaltung seines Onlineangebots darauf
beschränkt, seine Nutzer technisch nicht zu überfordern, verschenkt daher
wertvolles Wirkungspotenzial.

User Experience als ganzheitlicher Ansatz


Im Webdesign beginnt sich darum ein erweitertes Qualitätsverständnis für
die Gestaltung von Onlineangeboten durchzusetzen. Vielen Designern ist
der Ansatz der Usability nicht mehr differenziert genug. Aus der hen Konzeptionsphase, inwieweit Anwender sich mit einer neuen
Ingenieurstradition und der Softwareergonomie her stammend, kommen Benutzeroberfläche zurechtfinden werden. Deren Wünsche lassen sich
bei der Nutzerfreundlichkeit die ästhetischen und emotionalen Aspekte dann in das spätere Design aufnehmen.
nach Ansicht vieler Kritiker zu kurz. Ihr Argument: Eine Software kann ergo-
nomisch perfekt programmiert und trotzdem nutzlos sein für den Usability-Optimierung zahlt sich aus. Trotzdem führt sie nicht zwangsläufig
Anwender und obendrein langweilig. Je mehr Onlineangebote zu Werk- zum Publikumserfolg. Andernfalls müssten alle Websites ungefähr gleich
und Spielzeugen, Statussymbolen und Kommunikationsanlässen heran- aussehen. Denn je mehr man bei der Gestaltung einer Benutzeroberfläche
wachsen, desto wichtiger wird es für Designer, den kompletten Menschen auf bewährte Konzepte zurückgreift, desto einfacher finden sich die
damit anzusprechen. In Abgrenzung zur Usability sprechen Experten Anwender zurecht. Andererseits: Wer ihren Erwartungen völlig entspricht,
darum von User Experience, also dem ganzheitlichen Bedienerlebnis. User langweilt die Nutzer am Ende. Insofern ist Usability ein unverzichtbarer
Experience berücksichtigt über die Nutzerfreundlichkeit dabei auch die Baustein. Aber eine gute User Experience muss noch weiteren Anfor-
Aspekte Nutzwert und Nutzenfreude. derungen gerecht werden.

Nutzerfreundlich heißt nicht automatisch Ebenso wichtig: der Nutzwert


erfolgreich Das Beispiel Youtube macht deutlich, was noch fehlt: Nutzwert. Eine
Trotz aller Kritk: Die Basis jeder guten Benutzeroberfläche ist selbstver- Benutzeroberfläche lässt sich perfekt auf die kognitiven und physischen
ständlich auch ihre Usability, also ihre Bedienbarkeit. Sie sorgt dafür, dass Fähigkeiten ihres Bedieners zuschneiden. Das heißt aber nicht, dass sie
die Erwartungen der Nutzer nicht überfordert werden. Dazu untersuchen damit zu etwas nütze ist. Die Macher des kostenfreien Onlinevideodienstes
Usability-Methoden die Bediengewohnheiten der Nutzer, um die dagegen tun sehr viel, damit die Anwender ihre Ziele erreichen. Sie unter-
Gestaltung der Benutzeroberfläche darauf abzustimmen. Im Rahmen von stützen sie, indem sie ihnen ein nützliches Werkzeug zur Verfügung stellen.
Testreihen etwa lässt sich feststellen, wo und in welcher Gestaltung Betreiber von Selfservice-Portalen oder Onlineshops sollten bei der Planung
Schaltflächen auf einer Website optimal positioniert werden. In Workshops des nächsten Relaunchs darüber nachdenken, wie sie ihr Angebot nützlicher
mit ausgewählten Nutzern ermitteln Websitebetreiber bereits in einer frü- machen können, und zwar auch für ihre Kunden. Ein Ziel, dass bei normalen

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Firmenwebsites nicht weniger vorrangig sein sollte. Wollen B2B-Nutzer bei- Benutzer gleichwohl nicht überfordert. Der bayerische Autobauer kümmert
spielsweise eine Investitionsentscheidung durch eine Onlinerecherche bei sich auch darum, mit welchem Geräusch eine Autotür ins Schloss fällt, wie
relevanten Anbietern vorbereiten, dann sollte die Website ihnen dabei mög- der spätere Besitzer das Fahrgeräusch im Inneren seines Autos wahrnimmt
lichst wirksam helfen. Das kann unter Umständen bedeuten, dass der oder wie das neue Auto riecht. Sogar den Eindruck den ein überholendes
Betreiber darauf verzichtet, die Verweildauer seiner Webbesucher künstlich Fahrzeug auf die zurückbleibenden Verkehrsteilnehmer macht, zieht man
zu verlängern. Statt dessen führt er die Nutzer schnell zum gewünschten an der Isar mit ins Kalkül. Dort spricht man stolz von Überholprestige. Bei
Content und hilft ihnen somit, Zeit zu sparen. Herstellern wie BMW ist das Auto eine komplexe Benutzeroberfläche, die
alle Sinne des Benutzers gezielt anspricht. Die zentrale Werbebotschaft des
Emotionen ansprechen Unternehmens bringt es auf den Punkt: „Freude am Fahren“. BMW sieht
Nutzerfreundlichkeit und Nützlichkeit – zwei Eigenschaften, die immer sein Alleinstellungsmerkmal also in der User Experience seiner Nobelautos.
noch vielen Onlineangeboten fehlen. Aber reicht das im Wettbewerb um
die Aufmerksamkeit der Internetnutzer? Das Web macht es Anwendern Ganzheitliches Bedienerlebnis
besonders leicht, ein Angebot durch ein anderes auszutauschen. Sagt Die Freude an der Bedienung ist der Schlussstein jeder guten User Experience.
einem die Website einer Firma nicht zu, die nächste ist nur den sprichwört- In ihr bündelt sich das Produkt- und Markenerlebnis, hierdurch unterscheiden
lichen Klick entfernt. Nicht anders beim Onlineshopping. Wer sich im Web sich auch Betreiber von Websites, Onlineshops und Self-Service-Portalen vom
durch gute User Experience unterscheiden will, muss auch die Emotionen Wettbewerb. Darum ist eine ausgewogene User Experience aus Nutzer-
seiner Nutzer ansprechen. freundlichkeit (Usability), Nutzwert und Nutzenfreude (Joy of Use) der
Schlüssel zum Erfolg im Internet – und somit zum Geschäftserfolg.
Der satte Klang einer zuschnappenden Autotür
Hierbei können sich Websitebetreiber hilfreiche Anregungen bei Angesichts der Vielzahl lieblos gestalteter und wenig genutzter
Autoherstellern holen. BMW zum Beispiel überlässt beim Design seiner Webangebote bleibt noch viel zu tun. Der Weg zu einer erfolgreichen User
Fahrzeuge nichts dem Zufall. Über Bedienbarkeit und Funktionalität hinaus Experience beginnt für viele Betreiber damit, umzudenken. Sie müssen
haben die Autobauer das Fahrzeugdesign zu einer ganzheitlichen Kunst erkennen, dass sie ihre Geschäfts- und Kommunikationsziele im Web nur
getrieben. So strebt BWM danach, seinen Kunden das Benutzen eines erreichen, wenn sie die Nutzer in den Mittelpunkt stellen. User-Experience-
Autos als Erlebnis zu gestalten. Folgerichtig stellen die Münchner das Design ist daher immer auch nutzerzentriertes Design.
Design nicht ans Ende ihrer Wertschöpfungskette, sondern an ihren
Anfang. BMW begnügt sich nicht damit, seine Autos mit leistungsfähigen Derzeit geben sich manche Ansätze für User Experience noch sehr akade-
Motoren auszustatten und einem funktionsreichen Cockpit, das seine misch, was damit zusammenhängt, dass es noch an Erfahrung mit den
neuen Methoden und Ansätzen mangelt. So werden Auftraggeber häufig
mit aufwendigen Analyse-Verfahren zu Usability und User Experience über-
fordert. Dabei lassen sich schon mit überschaubarem Aufwand, beispiels-
weise Interviews oder Workshops, präzise Einblicke in die Bedürfnisse und
Erwartungen von Nutzern gewinnen.

Nutzerziele und Geschäftsziele im Einklang


Der anschließende Kreativprozess erarbeitet auf Grundlage dieser
Analyseergebnisse ein Konzept, das die Bedürfnisse der Anwender hinsicht-
lich der drei Gestaltungsdimensionen mit den geschäftlichen Zielen des
Auftraggebers in Einklang bringt. Denn jedes Webangebot muss letztlich
Konversionen erzielen, also die Nutzer zu bestimmten Handlungen moti-
vieren wie den Kauf eines Produkts, die Pflege des eigenen Kundenprofils
oder die Angabe persönlicher Daten. Entsprechend liefert jedes gute User-
Experience-Konzept zugleich eine geeignete Messapparatur auf Basis gän-
giger Webcontrolling-Verfahren mit, um den Kommunikationserfolg zu
evaluieren und das Onlineangebot laufend zu verbessern.

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FIRMENPROFIL A U TO R
nexum AG Niels Anhalt
Die nexum AG ist Beratung und Agentur für Bereichsleiter Beratung und Konzeption
digitale Medien. Die nexum AG hilft ihren bei der nexum AG
Kunden, ihre Geschäftsziele durch eine optimale User Experience E-Mail: niels.anhalt@nexum.de
und den kreativen Einsatz modernster Technologien zu erreichen. XING-Profil: www.xing.com/profile/Niels_Anhalt

Die Leistungen der nexum AG umfassen Beratung, Design, Ent- THEMEN


wicklung, Marketing Services, Redaktion und Projektmanagement. • Schnittstellen-Kompetenz (IT, Marketing, Design)
Themenfelder der nexum AG sind E-Commerce, E-Marketing, • Multichannel-Konzeption (Web, Mobile, iTV, POI)
Web-Applikationen und Content Management. Die nexum AG • Informationsarchitektur und Usability
mit Hauptsitz in Köln und Standorten in Jena und Amsterdam • Content Management Prozesse
beschäftigt mehr als 90 feste Mitarbeiter und betreut sowohl mit-
telständische Unternehmen als auch Konzerne. Zu den Kunden LEBENSLAUF
gehören unter anderem Continental, Coop Schweiz, Lufthansa,
Seit April 2007 ist Niels Anhalt Bereichsleiter Beratung &
Mexx, Otto Group, Panasonic, Penny, REWE, Sony Europe,
Konzeption bei der nexum AG. Hier berät er große und mittelstän-
Sportfive, Telefónica o2 Germany, ThyssenKrupp sowie die
dische Unternehmen zu den Themen Content-Management-
Fußballbundesligisten 1. FC Köln und Hertha BSC.
Prozesse, Rich Internet Applications, User Experience, Web-
controlling und Multichannel.
www.nexum.de
In seiner Position als Manager Consulting leitete Niels Anhalt von
September 2005 bis April 2007 den Bereich Multichannel der
PIRONET NDH AG Consulting & Creative Services.

Bei der Pixelpark AG leitete er in den Jahren 2000 bis 2005 als Pro-
jektmanager Großprojekte und entwickelte als Senior Berater
Strategie- und Umsetzungskonzepte für Unternehmen aus der
Telekommunikations- und Medienbranche (z.B. VIVA, ZDF,
T-Online, iesy)

Als Projektleiter Internet und Intranet bei der Everest Design


GmbH betreute Niels Anhalt im Zeitraum von 1998 bis 2000 den
Kunden Bayer AG und begleitete den Relaunch der Corporate
Website und den Aufbau des Corporate Intranet-Portals.

Mit seiner Diplomarbeit zum Thema „Interaktives Internet-


Fernsehen“ schloss Niels Anhalt 1998 sein Studium an der
Fachhochschule Köln im Fachbereich Photoingenieurwesen
(Schwerpunkt Medientechnik) ab.

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