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Barbara Martin

Rosalie Sattler-Feuerstein und Rachel Weissberg – die beiden letzten von Österreich-Un-
garn in Bosnien-Herzegowina eingesetzten Amtsärztinnen

Vorspann

Noch in den letzten Jahren der Doppelmonarchie wurden zwei Amtsärztinnen in Bosnien-
Herzegowina¹ eingestellt, und zwar Dr. Rosalie Sattler-Feuerstein Ende August 1914 in Sara-
jevo und Dr. Rachel Weissberg Ende Januar 1918 in Travnik. Schon seit Beginn der 1890er
Jahre hatte es politische Bestrebungen in Österreich-Ungarn gegeben, in den 1878 erober-
ten, ehemals zum osmanischen Reich gehörenden Provinzen Bosnien und der Herzegowina
Ärztinnen einzusetzen, um die medizinische Versorgung der dortigen weiblichen Bevölke-
rung, speziell der Musliminnen, zu verbessern. Die treibende Kraft hinter dieser Entwicklung
war Benjamin Kállay, der Gemeinsame Finanzminister der k. u. k. Monarchie, in dessen Hand
die Verwaltung der beiden okkupierten Provinzen lag und der ein Verfechter der Idee einer
„Kulturmission“ Österreich-Ungarns gegenüber Bosnien-Herzegowina war.²

Die erste Amtsärztin, Dr. Anna Bayerová, nahm 1892 ihre Tätigkeit in Dolnja Tuzla auf, und
bis zum Ende der k. u. k. Monarchie sollten noch 8 weitere Amtsärztinnen berufen werden,
die in den verschiedenen Kreisen Bosnien-Herzegowinas teils jahrzehntelang, teils aber auch
nur kurze Zeit tätig waren. Der gründlichste Erforscher der Geschichte der Amtsärztinnen in
Bosnien-Herzegowina in der österreichisch-ungarischen Zeit ist Ctibor Nečas, der zwischen
1983 und 1992 eine Reihe von Einzelstudien zu den Ärztinnen und, darauf aufbauend,
schließlich eine Gesamtstudie unter dem Titel „Mezi muslimkami…“ („Unter Musliminnen…“)
vorgelegt hat.³

Über die Tätigkeit der beiden Ärztinnen Sattler-Feuerstein und Weissberg, die in die Zeit des
Ersten Weltkriegs fällt, ist wenig bekannt. Allerdings ist gerade für diesen Zeitraum auch das
Wissen über die Tätigkeit der übrigen, damals noch amtierenden Amtsärztinnen Teodora
Krajewska, Jadwiga Olszewska und Kornelija Rakić sehr gering. Offizielle Berichte aus der
Hand der beiden Ärztinnen Sattler-Feuerstein und Weissberg zu ihrer Tätigkeit – Berichte, zu
deren Abfassung alle Amtsärztinnen verpflichtet waren – scheint es im „Archiv Bosnien und
Herzegowinas“ (ABH) in Sarajevo nicht zu geben und auch Material ü b e r beide Ärztinnen
lässt sich dort kaum finden. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Ctibor Nečas in
seiner Gesamtstudie Sattler-Feuerstein nur in einer Fußnote kurz erwähnt und auf Weiss-
berg überhaupt nicht zu sprechen kommt.

Inwieweit alle während des Ersten Weltkriegs in Bosnien-Herzegowina amtierenden Amts-


ärztinnen unter den immer schlechter werdenden allgemeinen Lebensbedingungen und an-
gesichts des drohenden Zusammenbruchs der k. u. k. Monarchie überhaupt noch in der Lage
waren, ihrem eigentlichen Auftrag nachzukommen, d. h. ihre Kräfte (fast) ausschließlich der
medizinischen Versorgung von Frauen und schwerpunktmäßig Musliminnen zukommen zu
lassen, muss mit einem Fragezeichen versehen werden. Nicht selten werden sie als Ersatz für
1
männliche, kriegsdienstleistende Ärzte zu medizinischen Diensten für die Allgemeinheit her-
angezogen worden sein, z. B. die Leitung eines Krankenhauses, wie dies etwa von Rakić be-
kannt ist.⁴

Rosalie Sattler-Feuerstein

Rosalie Feuerstein (der Vorname lautet manchmal auch Rosalia) wurde 1883 in Czernowitz,
Bukowina, im damaligen Österreich-Ungarn geboren und war deutsch-jüdischer Herkunft.
Sie besuchte das K. k. I. Staatsgymnasium in Czernowitz, an dem sie 1904 die Matura ableg-
te. Danach studierte sie Medizin und wurde am 23.12.1909 in Wien promoviert. Ob sie auch
ihre ganze Studienzeit in Wien absolviert hat und wie das Thema ihrer Dissertation lautete,
ist bisher nicht bekannt. Vom 27.12.1909 bis zum 31.3.1910 war sie als Aspirantin und vom
1.4.1910 bis zum 30.4.1912 als Sekundarärztin im k. k. Kaiser Franz Joseph-Spital in Wien tä-
tig.⁵

Sie verließ dann Wien, um ab 1.5.1912 als ärztliche Praktikantin und ab 16.7.1912 als Sekun-
darärztin im 1894 eröffneten, für damalige Zeiten hochmodernen Landesspital (Zemaljska
bolnica)⁶ in Sarajevo zu arbeiten, das als wichtige Durchgangsstation für Ärzte und Ärztinnen
fungierte, die eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst anstrebten oder eine Privatpraxis eröff-
nen wollten. So hat etwa Rachel Weissberg vor ihrem Einsatz als Amtsärztin noch kurze Zeit
im Landesspital hospitiert.⁷ Eine andere Ärztin, Dr. Elsa Fischer, die sich auf die Tätigkeit als
Amtsärztin in Bosnien-Herzegowina Hoffnung gemacht hatte, war als Sekundarärztin im Lan-
desspital tätig, bevor sie, sehr jung, einer Krankheit erlag.⁸ Auch so manche schließlich privat
praktizierende Ärztin wie Katarina Telecki hat im Landesspital als Sekundarärztin wichtige
berufliche Erfahrungen gesammelt.⁹

Noch während ihrer Zeit als Sekundarärztin am Landesspital bat Feuerstein die Landesregie-
rung 1912 um Zustimmung zu ihrer Eheschließung mit Dr. Moric (auch Moritz) Sattler, der,
aus Böhmen (Tschechien) stammend, als Arzt in verschiedenen Funktionen in Bosnien-Her-
zegowina tätig war, bevor er, vermutlich 1912 oder 1913, in Sarajevo Polizeiarzt wurde. Die
Landesregierung willigte ein, allerdings unter der Bedingung, dass durch die Eheschließung
Sattler-Feuersteins „Dienstverwendung“ im Landesspital in keiner Weise beeinträchtigt wer-
den dürfe.¹⁰ Da die Heirat so bald nach Sattler-Feuersteins Ankunft in Sarajevo erfolgte – es
handelte sich nur um etwas mehr als vier Monate – ist wohl anzunehmen, dass ihr Wechsel
von Wien nach Sarajevo schon etwas mit der bevorstehenden ehelichen Verbindung zu tun
hatte.

Als sich Sattler-Feuerstein dann 1914 um einen Amtsärztinnenposten in Sarajevo bewarb,


bildete ihre Ehe – wie schon früher bei der verheirateten Ärztin Kuhn, geb. Rosenfeld-Roda,
als diese sich 1898/99 um eine Amtsärztinnenstelle bewarb – kein Hindernis, um die Stelle
zu bekommen. Bei Kuhn tauchten, wie übrigens auch bei der Ärztin Rosa Bloch-Einhorn (bis-
weilen auch Einhorn-Bloch) Probleme erst durch die spätere Verehelichung mit Männern
auf, deren amtliche Stellung nach Auffassung der zuständigen Stellen, des Gemeinsamen Fi-
nanzministeriums und der Landesregierung, mit der Tätigkeit der Ehefrauen als Amtsärztin-
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nen unvereinbar waren. Bei Kuhn war dies der Fall, als sie kurz nach der Scheidung von ih-
rem Mann, Heinrich Kuhn, einem Privatier, der vom Erlös einer früheren Teilhaberschaft an
einem Textilunternehmen lebte, scheiden ließ und den Kreisarzt in Banja Luka, Dr. Ladislaus
(Władysław) Januszewski, heiratete, der ihr unmittelbarer Vorgesetzter war. Kuhn, wieder-
verheiratete Januszewska, kam einer sich abzeichnenden Entlassung aus dem Amt zuvor, in-
dem sie der Aufforderung von Seiten des Gemeinsamen Finanzministeriums und der Landes-
regierung zu demissionieren folgte und von der ihr in Aussicht gestellten Erlaubnis zur Eröff-
nung einer Privatpraxis Gebrauch machte.¹¹

Bei Bloch-Einhorn, die Ende 1902 als ledige Frau zur Amtsärztin in Travnik berufen wurde,
begannen die Probleme, als sie etwa ein Jahr später eine Ehe mit dem Kreisgerichtsrat Sig-
mund (manchmal auch Sigismund) Bloch in Travnik einzugehen beabsichtigte. Auf die ent-
sprechende Absichtserklärung reagierten die politisch zuständigen Stellen mit der Ankündi-
gung, dass Bloch-Einhorn im Fall der Heirat aus ihrem Amt entlassen und auch keine Geneh-
migung zur Eröffnung einer Privatpraxis erhalten würde. Dass Bloch-Einhorn dann Ende 1904
tatsächlich aus dem Dienst entlassen wurde, erfolgte jedoch nicht aufgrund der erklärten
Absicht, Sigmund Bloch heiraten zu wollen, sondern wegen der Unzufriedenheit der Kreisbe-
hörde Travnik wie auch der Landesregierung mit Bloch-Einhorns Amtsausübung.¹² In späte-
ren Jahren – inzwischen mit Sigmund Bloch verheiratet – bemühte sich Bloch-Einhorn mehr-
fach um eine Wiedereinstellung als Amtsärztin in Travnik, scheiterte aber durchweg an der
von dem Gemeinsamen Finanzministerium und der Landesregierung geltend gemachten Un-
vereinbarkeit der Amtsausübung ihres Ehemannes mit einer Amtsausübung ihrerseits. Ledig-
lich das Recht auf Eröffnung einer privatärztlichen Praxis konnte sie sich noch erkämpfen.

Mit Schwierigkeiten, wie sie Januszewska und Bloch-Einhorn aufgrund der Verehelichung mit
Staatsbeamten erlebten, war Sattler-Feuerstein nicht (mehr) konfrontiert. In der Stellung ih-
res Mannes, Moric Sattler, als Polizeiarzt in Sarajevo sahen die zuständigen Stellen offenbar
keinen Grund, Sattler-Feuerstein den Posten einer Amtsärztin in Sarajevo vorzuenthalten.

Zur Amtsärztin in Sarajevo wurde Sattler-Feuerstein am 31.8.1914 ernannt, allerdings wurde


sie nicht, wie bei den Amtsärztinnen üblich, der Kreisverwaltung unterstellt, sondern dem
Sanitätsdepartement bei der Landesregierung. Ob das Konsequenzen für den Charakter ihrer
Tätigkeit hatte, d. h. ob ihre Tätigkeit wie bei den anderen Amtsärztinnen in dem Betreiben
eines Ambulatoriums bei ihrer Wohnung, in Hausbesuchen vor Ort und in Dienstreisen
zwecks medizinischer Betreuung von Frauen in den Bezirksstädten und Dörfern ihres Kreises
bestand oder ganz anders aussah, muss offen bleiben.¹³ Auch über die näheren Umstände,
wie es dazu kam, dass in Sarajevo neben Teodora Krajewska, die dort ab 1899 wirkte, eine
zweite Amtsärztin eingestellt wurde und somit für ein- und dieselbe Stadt, ein- und densel-
ben Kreis eine Doppelbesetzung erfolgte, was eine absolute Ausnahme in der Geschichte der
Amtsärztinnen bildet, ist nichts bekannt.

Berufliche Kontakte zwischen den beiden Sarajevoer Amtsärztinnen Krajewska und Sattler-
Feuerstein wird es mit Sicherheit gegeben haben, nur ist davon leider nichts überliefert, wie

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allgemein über die Kontakte der Amtsärztinnen untereinander kaum etwas bekannt ist. Kra-
jewska hat zwar Memoiren hinterlassen, aus denen viel über ihr Leben und Wirken in Dolnja
Tuzla und Sarajevo zu erfahren ist, doch brechen diese schon mit Anfang 1909 ab.¹⁴

Nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns und der Bildung des neuen Staates, des Kö-
nigreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, wurde Sattler-Feuerstein zunächst wie alle ihre
damaligen Amtskolleginnen in Bosnien-Herzegowina von dem neuen Staat übernommen. In
der Funktion als Amtsärztin legte sie am 6.3.1919 den Amtseid auf König Petar I. und die Ver-
fassung des Königreichs ab.¹⁵ Schon kurze Zeit später aber scheint sie sich für die Tätigkeit
einer Privatärztin in Sarajevo entschieden zu haben, denn auf einer Ärzteliste, die um 1920
entstanden sein dürfte, taucht sie als Dr. Rosalia Sattler und in der Funktion einer Privatärz-
tin auf. Als solche scheint sie auch weiter in Sarajevo gearbeitet zu haben. Jedenfalls wird sie
als Privatärztin in Sarajevo auf einer Liste der jugoslawischen „Vereinigung der Frauen mit
Universitätsbildung“ (Udruženje univerzitetski obrazovanih žena), die Angaben über berufs-
tätige Ärztinnen in Jugoslawien bis zum Jahr 1936 enthält, geführt.¹⁶ Und laut einem Adress-
buch für die Drina-Banschaft hatte sie auch 1937/38 noch eine Privatpraxis in Sarajevo. Bald
danach scheint sie aber ihre Praxis aufgegeben und möglicherweise Sarajevo verlassen zu
haben, denn in einem Sarajevoer Telefonbuch für 1940 findet sich ihr Name nicht mehr.

1938 – sie war damals 55 Jahre alt – konnte sie auf eine 26jährige ärztliche Tätigkeit in Sara-
jevo zurückblicken. Wie danach ihr Leben verlief, ist nicht bekannt. Sollte sie in Sarajevo ge-
blieben oder an einen anderen Ort in Bosnien-Herzegowina bzw. im übrigen Jugoslawien ge-
zogen sein, ist davon auszugehen, dass sie den Überfall Deutschlands auf Jugoslawien 1941
mit all seinen einschneidenden Folgen für das Leben der dortigen Bevölkerung, auch und ge-
rade der jüdischen, erlebt hat. Trotz gezielter Bemühungen war es mir bisher nicht möglich,
ihr weiteres Schicksal aufzuklären. Weder konnte ich darüber etwas in der jüdischen Ge-
meinde in Sarajevo erfahren, noch in der Gedenkstätte Jasenovac (Kroatien), noch in Yad
Vashem – The World Holocaust Remembrance Center (Israel).¹⁷

Rachel Weissberg

Als letzte in der Kette der Amtsärztinnen wurde Dr. Rachel Weissberg berufen. Sie geriet
schon wenige Monate nach ihrem Amtsantritt in den Strudel des Untergangs der k. u. k. Mo-
narchie. Sie wurde am 27. August 1884 geboren, war polnische Jüdin und stammte aus Kra-
kau. Von ihrem Leben im Allgemeinen und ihrer Tätigkeit als Amtsärztin in Bosnien-Herzego-
wina im Besonderen wissen wir von allen Amtsärztinnen am allerwenigsten. Sie hat die Mit-
telschule in Krakau besucht und an der Krakauer Universität ein Studium der Medizin absol-
viert, das sie am 9.1.1912 mit dem Doktordiplom abschloss. Anschließend hat sie von 1912
bis zum 1.9.1917 in Wiener Krankenhäusern gearbeitet, die meiste Zeit am k. u. k. Wilhelmi-
nenspital, aber auch im Kriegsspital Nr. I. Die Beurteilung, die sie von Seiten der Direktion
des Wilhelminenspitals am Ende ihrer dortigen Tätigkeit bekam, war sehr positiv, wie das
folgende Zitat belegt: „Frau Dr. Weissberg ist während der ganzen Dienstzeit ihren Obliegen-
heiten mit großem Eifer sowie Fleiße und ausgezeichnetem Erfolge nachgekommen. Durch

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ihre Verwendung auf den verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses hat sie Gelegen-
heit, sich in jeder Hinsicht sehr gut auszubilden und hat die gebotene Gelegenheit auch in
hervorragender Weise ausgenützt. Frau Dr. Weissberg kann als ein vorzüglich geschulter Arzt
jeder Dienststelle wärmstens empfohlen werden.“¹⁸

Weissberg hätte also die besten Voraussetzungen gehabt, sich auch außerhalb Bosnien-Her-
zegowinas eine Tätigkeit als Ärztin zu suchen. Über die Gründe, warum sie sich trotzdem zu-
nächst für eine kurze Tätigkeit im Landesspital in Sarajevo entschied, um anschließend eine
Tätigkeit als Amtsärztin in Bosnien-Herzegowina aufzunehmen, kann man nur spekulieren,
da die wenigen vorhandenen Quellen zu Weissberg darüber keinerlei Aufschluss geben.
Möglicherweise hat sie die Tätigkeit einer Amtsärztin gereizt, weil diese ziemlich vielseitig
war, verglichen mit der Arbeit im Krankenhaus ein relativ hohes Maß an Selbstständigkeit
versprach und eine – wenn auch nur bescheidene – finanzielle Sicherheit im Alter bot. Zu-
dem mag eine Rolle gespielt haben, dass es so etwas wie eine Tradition der Arbeit polnischer
Ärzte (und einiger weniger Ärztinnen) in Bosnien-Herzegowina gab.¹⁹

Zur Sekundarärztin am Sarajevoer Landesspital wurde Weissberg am 13.9.1917 ernannt, und


zur provisorischen Amtsärztin in Travnik etwas mehr als vier Monate später, am 29.1.1918.²⁰

Der Kreis Travnik verfügte schon seit 1904, als die Amtsärztin Rosa Bloch-Einhorn ihres Am-
tes enthoben worden war, über keine Amtsärztin mehr. Bloch-Einhorn hatte noch mehrere
Gesuche auf Wiedereinstellung als Amtsärztin gestellt, darunter auch ein Majestätsgesuch.
Ihre Wiedereinstellung erreichte sie mit alldem zwar nicht, doch musste ihr aufgrund des
Majestätsgesuchs immerhin die Genehmigung zur Eröffnung einer Privatpraxis erteilt wer-
den.²¹ Inwieweit sie dann aber kontinuierlich in Travnik praktiziert hat und Frauen in der
Stadt und deren näherer Umgebung sich, wenn schon nicht an eine Amtsärztin, deren Diens-
te kostenfrei gewesen wären, so doch immerhin an eine Privatärztin hätten wenden können,
ist nicht ganz klar. Jedenfalls gibt es Hinweise dafür, dass sie 1911/12 fünf Monate in Graz
und Wien und nicht in Travnik als Ärztin gearbeitet hat und 1917 mehrere Monate Assistenz-
ärztin in der Psychiatrischen Anstalt in Münsterlingen im Kanton Thurgau, Schweiz, war.²² Ob
sie nach ihrer Tätigkeit in der Schweiz nach Travnik zurückgekehrt ist und dort weiterhin als
Ärztin gearbeitet hat, ist ungewiss.²³

Warum die Entscheidung der Landesregierung angesichts dreier unbesetzter Amtsärztinnen-


stellen (Travnik, Bihać und Banja Luka) auf Travnik fiel, geht aus den vorliegenden Dokumen-
ten nicht hervor.²⁴ Zu Weissbergs weiterem Berufsweg aber ist festzuhalten, dass sie nach
ihrer Ernennung Ende Januar 1918 wohl nicht gleich ihre Arbeit in Travnik aufnahm. Viel-
mehr begab sie sich schon am 13.2.1918 zu einem zweimonatigen Studienurlaub nach Wien,
um sich in Gynäkologie und Geburtshilfe fortzubilden. Diesen Studienurlaub, der von Seiten
der Direktion des Landesspitals wie auch der Landesregierung für notwendig erachtet wur-
de, da die Voraussetzungen – wie es hieß – für eine Fortbildung auf diesen Gebieten im Lan-
deskrankenhaus damals nicht in ausreichendem Maße gegeben gewesen seien, ließ sich
Weissberg dann noch um fünf bis sechs Wochen verlängern.²⁵ Die Befürwortung des Stu-

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dienurlaubs durch die beiden genannten Stellen zeigt, wie wichtig damals noch immer
gründliche Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Geburtshilfe und Gynäkologie
bei der Tätigkeit der Amtsärztinnen waren.

Von den Anfängen der Institution der Amtsärztinnen an war der Landesregierung, speziell
dem für das Gesundheitswesen zuständigen Sanitätsdepartement, aber auch den Ärztinnen
ziemlich klar, dass Geburtshilfe und Gynäkologie eine wichtige Rolle bei der Gesundheitsver-
sorgung der einheimischen Frauen spielen würden und für eine erfolgreiche Ausübung der
Amtsärztinnentätigkeit daher gute Kenntnisse und möglichst viel Erfahrung auf diesen Ge-
bieten erforderlich wären.

Bei den beiden Amtsärztinnen Anna Bayerová und Bohuslava Kecková waren diese Voraus-
setzungen schon bei ihrer Ernennung 1891 bzw. 1892 in hervorragender Weise gegeben.
Bayerová hatte eine Weile in gynäkologischen Kliniken in Prag, Dresden und Paris hospitiert
und in Bern eine Praxis für Frauen- und Mädchenkrankheiten betrieben. Kecková hatte eine He-
bammenausbildung absolviert und konnte schon auf mehrere Jahre erfolgreicher Tätigkeit in diesem
Beruf zurückblicken. Auch Bloch-Einhorn hatte sich zur Hebamme ausbilden lassen und einige Jahre
später, nachdem sie schon promoviert worden war, noch ein halbes Jahr an einer gynäkologischen
Klinik in Berlin gearbeitet. Olszewska hatte in St. Petersburg einen Hebammenkurs besucht und aus
diesem sicher wichtige Erfahrungen gezogen, auch wenn sie ihn nicht abgeschlossen hat. Die übrigen
Amtsärztinnen hatten entweder schon einige Zeit vor ihrer Berufung oder aber – wie im Fall von Kra-
jewska und Weissberg – nach der Berufung, aber noch vor ihrem Amtsantritt bzw. der Arbeitsaufnah-
me gynäkologische und geburtshilfliche Erfahrungen in Krankenhäusern und Kliniken gesammelt.²⁶

Etliche offizielle Berichte der Amtsärztinnen, insbesondere von Bohuslava Kecková, die sich
selber im schriftlichen Verkehr mit Behörden und politischen Stellen Keck nannte, belegen
klar, welch hohen Stellenwert Frauenkrankheiten bei der Versorgung ihrer Patientinnen tat-
sächlich hatten und in welch großem Umfang Geburtshilfe von den Ärztinnen geleistet wer-
den musste, was angesichts des damals herrschenden großen Mangels an Hebammen und
Spezialbereichen für Geburtshilfe in den Krankenhäusern auch nicht verwundern kann.²⁷
Aufgrund ihrer geburtshilflichen Erfahrungen wiesen vor allem die Amtsärztinnen Kecková
und Krajewska in ihren Berichten nachdrücklich auf das Problem der hohen Mütter- und Kin-
dersterblichkeit in ihrem jeweiligen Wirkungskreis hin.

Nach Abschluss ihrer Fortbildung in Gynäkologie und Geburtshilfe nahm Weissberg dann in
der zweiten Maihälfte 1918 ihre Tätigkeit als Amtsärztin in Travnik de facto auf. Schon weni-
ge Monate später erlebte Bosnien-Herzegowina das Ende des Ersten Weltkriegs, die k. u. k.
Monarchie brach zusammen und der neue Staat, das Königreich der Serben, Kroaten und
Slowenen, wurde gegründet. Weissberg wurde als Amtsärztin (nun unter der Bezeichnung
„uredovna liječnica“) von dem neuen Staat übernommen und trat, wie es in einer Notiz ihrer
neuen vorgesetzten Behörde vom 18.4.1919, abgezeichnet von Dr. Bernhard Zauderer, Sani-
tätsinspektor in Travnik, heißt, am 12.11.1918 ihren Dienst im Kreis (okružna oblast) Travnik
an. Sie versah den Dienst zur vollen Zufriedenheit der Behörde, die ihr bescheinigte, „ihre

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Pflicht gegenüber dem Volk“ voll und ganz zu erfüllen und für ihre Tätigkeit im städtischen
Krankenhaus in Travnik allgemein sehr geschätzt zu werden.²⁸

Noch in ihrer Zeit in Travnik legte Weissberg am 8.4.1919 den Eid auf König Petar I. und die
Verfassung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen ab. Am 26. (oder 27.) 8.1920
wurde sie aus nicht näher bekannten Gründen als Amtsärztin nach Bihać versetzt, wo sie am
28.5.1921 zur Amtsärztin mit definitivem Status ernannt wurde. Mit behördlicher Anordnung
vom 17.8.1921 wurde sie dann aber auf ihren Wunsch hin entlassen.²⁹

Wie auch einige ihrer polnischen Kollegen in Bosnien-Herzegowina hat es Weissberg nach
dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Wiederherstellung des polnischen Staates zurück
nach Polen gezogen.³⁰ 1921 verließ sie Bosnien-Herzegowina. Sie ließ sich In Częstochowa
(Tschenstochau) nieder und nahm eine Tätigkeit als Ärztin in dem dortigen Krankenhaus der
Wohltätigkeitsgesellschaft für Juden auf.³¹ 1940 musste sie, ebenso wie andere Angehörige
des Gesundheitswesens, auf Anordnung der deutschen Besatzungsmacht einen Fragebogen
zu ihrer Person ausfüllen, aus dem u. a. hervorgeht, dass sie in dem jüdischen Krankenhaus,
in dem sie arbeitete, auch gewohnt hat.³² Nach Angaben von polnischer Seite wurde sie am
20.3.1943 von Deutschen auf dem jüdischen Friedhof von Częstochowa erschossen.³³

Schlussbemerkungen

Die Einsetzung der Amtsärztinnen Sattler-Feuerstein und Weissberg markiert zugleich die
letzte Etappe der Geschichte der Amtsärztinnen in der Zeit der österreichisch-ungarischen
Herrschaft über Bosnien-Herzegowina. Mit dem Zusammenbruch der k. u. k. Monarchie fand
auch die Institution der Amtsärztinnen in ihrer für die österreichisch-ungarische Periode Bos-
nien-Herzegowinas charakteristischen Ausprägung ihr Ende. Paradoxerweise waren ausge-
rechnet 1918, dem letzten Jahr der Geschichte der Amtsärztinnen, zum ersten Mal fünf
(statt nur zwei, drei oder vier) Amtsärztinnen gleichzeitig tätig, allerdings nur für wenige Mo-
nate. Von den fünf Ärztinnen amtierten zwei in Sarajevo, die übrigen in Dolnja Tuzla, Mostar
und Travnik.

Zwei der 6 Kreise Bosnien-Herzegowinas (Banja Luka und Bihać) verfügten also zu jener Zeit
auch wieder über keine Amtsärztin, wie überhaupt die Geschichte der Amtsärztinnen wäh-
rend der österreichisch-ungarischen Herrschaft über Bosnien-Herzegowina dadurch gekenn-
zeichnet ist, dass nach einer Phase von ungefähr 10 Jahren, in denen von den politisch zu-
ständigen Stellen, dem Gemeinsamen Finanzministerium in Wien und der Landesregierung
in Sarajevo, eine entschiedene Stellenbesetzungspolitik betrieben wurde, das Interesse der
verantwortlichen Stellen an einer kontinuierlichen und flächendeckenden Ausstattung der 6
Kreise Bosnien-Herzegowinas mit Amtsärztinnen – nach ursprünglichen Vorstellungen soll-
ten einmal alle 6 Kreise über jeweils eine Amtsärztin verfügenᴲ⁴ – aus verschiedenen Grün-
den deutlich nachließ.

Man begnügte sich nach der Jahrhundertwende etwa damit, im Fall der frei gewordenen
Posten von Kuhn/Januszewska und Bloch-Einhorn auf eine Wiederbesetzung der Stellen zu
7
verzichten, indem darauf verwiesen wurde, dass in den betreffenden Kreisen, Banja Luka
und Travnik, ja weiterhin eine Ärztin als Privatärztin tätig sei, was aber für ärmere Frauen,
die medizinischer Hilfe bedurften, keineswegs das Gleiche bedeutete, denn im Unterschied
zu den Amtsärztinnen, deren Inanspruchnahme in der Regel unentgeltlich war, waren die
Dienste von Privatärztinnen im Prinzip mit Kosten für die Patientinnen verbunden.ᴲ⁵

Landesregierung und Gemeinsames Finanzministerium jedoch konnten mit der Privatärztin-


nen-Lösung erhebliche finanzielle Mittel einsparen. Wahrscheinlich waren es auch nicht zu-
letzt Sparsamkeitserwägungen, die dazu führten, dass die Einrichtung eines Amtsärztinnen-
postens für den Kreis Bihać bis 1908 auf sich warten ließ. Dieser Kreis erhielt also eine Amts-
ärztin überhaupt erst 16 Jahre nach der Arbeitsaufnahme der ersten Amtsärztin Anna Bayer-
ová, und im Kreis Mostar blieb der Amtsärztinnenposten nach dem Tod Bohuslava Keckovás
für einen Zeitraum von mehr als 6 Jahren unbesetzt.³⁶ Es gehört nicht viel Phantasie dazu
sich vorzustellen, dass bei einer Vakanz des Amtsärztinnenpostens von 6 Jahren Frauen, die
ärztliche Hilfe benötigten, resignieren mussten, sofern sie sich nur von einer Ärztin, nicht je-
doch von einem Arzt behandeln lassen wollten, was für viele Musliminnen, aber sicher auch
für einen nicht geringen Teil der übrigen Frauen galt. Beachtung und Zutrauen, die positiven
Ergebnisse der kontinuierlichen, jahrelangen Arbeit Keckovás unter Frauen, wurden so zu-
nichte gemacht.

Ohne hier auf weitere Details der Stellenpolitik des Gemeinsamen Finanzministeriums und
der Landesregierung eingehen zu wollen, sei festgestellt, dass ab 1903/04 die Zeit energi-
scher politischer Förderung der Institution der Amtsärztinnen vorbei war und sich die weite-
re Entwicklung der Institution ziemlich schleppend vollzog. Die Zahl der Amtsärztinnen stag-
nierte, viele Jahre waren nicht mehr als drei, vorübergehend auch vier Amtsärztinnen gleich-
zeitig tätig.ᴲ⁷

Zugleich aber begann sich eine neue Entwicklung abzuzeichnen, in deren Verlauf nach und
nach auch in Bosnien-Herzegowina mehr Frauen als Ärztinnen, sei es in Krankenhäusern o-
der in Privatpraxen, tätig wurden und somit zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung
im Lande beitrugen. Als Beispiele sei hier nur auf die bereits erwähnte Katarina Telecki³⁸, auf
die erste Kinderärztin in Bosnien-Herzegowina, Dr. Bronisława Prašek-Całczyńska, die um die
Jahreswende 1914/15 nach Sarajevo kam und dort bis etwa 1922 bliebᴲ⁹, sowie auf Dr. Staka
Bokonjić-Čubrilović und Dr. Helene Dormus Freifrau von Kilianshausen, geb. Malinowska,
verwiesen. Bokonjić-Čubrilović wurde im Januar 1912, noch unverheiratet und unter dem
Namen Čubrilović, Sekundarärztin am Landesspital in Sarajevo⁴⁰ und Dormus Freifrau von Ki-
lianshausen ersuchte 1912 die Kreisbehörde von Travnik um Zustimmung zu ihrer Absicht, im
dortigen Gemeindespital zu hospitieren⁴¹.

Eine wichtige Voraussetzung für diese Entwicklung war die Öffnung der medizinischen Fakul-
täten für Frauen in Österreich-Ungarn, wo ihnen der Zugang zum Medizinstudium bis 1900
(Österreich) bzw. 1895 (Ungarn) weitgehend verschlossen war.⁴² Dazu kamen selbstver-
ständlich die allmählich verbesserten allgemeinen Bildungsmöglichkeiten für Mädchen und

8
Frauen.⁴³ Diese und weitere Entwicklungen führten schließlich dazu, dass in den 1930er Jah-
ren mit Ševala Zildžić-Iblizović auch die erste muslimische Ärztin in Bosnien-Herzegowina ih-
re Tätigkeit aufnahm.⁴⁴

Wie schon erwähnt, wurden von dem neu gebildeten Staat, dem Königreich der Serben, Kro-
aten und Slowenen, alle fünf 1918 noch amtierenden Amtsärztinnen der österreichisch-un-
garischen Periode Bosnien-Herzegowinas übernommen, worin sich sicher auch die Anerken-
nung ihrer beachtlichen ärztlichen Leistungen widerspiegelt.⁴⁵ Allerdings dürfte ihre Tätigkeit
als Amtsärztinnen in dem neuen Staat unter anderen politischen Vorzeichen gestanden ha-
ben, als jenen, die zur Zeit Kállays einmal gültig waren. Damit hat sich vermutlich auch man-
ches an der Art ihrer Tätigkeit geändert.

Wie sich der weitere Berufsweg der Ärztinnen Sattler-Feuerstein und Weissberg nach dem
Ende des Ersten Weltkriegs gestaltete, ist bereits geschildert worden. Was die übrigen drei
Amtsärztinnen, Krajewska, Olszewska und Rakić, betrifft, so blieb die erstgenannte bis 1922
Amtsärztin in Sarajevo. Dann musste sie ihr Amt wegen einer Augenkrankheit aufgeben und
verfasste im Rahmen einer Tätigkeit für die Antituberkulose-Ambulanz in Sarajevo noch eine
Studie über das Auftreten der Tuberkulose in der Stadt, wobei sie den sozialen Einflussfakto-
ren eine große Bedeutung beimaß. 1927 kehrte sie in ihre Heimatstadt Warschau zurück.⁴⁶
Olszewska blieb in Dolnja Tuzla und versah dort den Dienst als Amtsärztin bis zu ihrer Pensi-
onierung um das Jahr 1923.⁴⁷ Rakić arbeitete noch jahrelang in der Verwaltung des Kreises
(okrug) Mostar als Amtsärztin, um ab den 1930er Jahren in einer Ambulanz für Mütter und
Kinder des Hauses für Volksgesundheit tätig zu werden.⁴⁸

____________

Abkürzungen

ABH Arhiv Bosne i Hercegovine (Archiv Bosnien und Herzegowinas)


B. H. Bosnien und Herzegowina
ZMF Zajedničko ministarstvo finansija (Gemeinsames Finanzministerium)
ZSD Zbirka službeničkih dosijea (Sammlung der Beamtendossiers)
ZVS Zemaljska vlada Sarajevo (Landesregierung Sarajevo)

Anmerkungen

1. In der österreichisch-ungarischen Periode war von den beiden Provinzen Bosnien und der Herzegowina die
Rede, der heutige Staatsname lautet ´Bosnien und Herzegowina´, hier wird meist die in Publizistik und Wissen-
schaft häufig gebrauchte Bindestrichform ´Bosnien-Herzegowina´ verwendet.
2. Die Schreibweise des Kállayschen Namens variiert. Neben Benjamin Kállay gibt es auch die Form Benjamin
von Kállay. Im Österreichischen Biographischen Lexikon der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
findet sich die Form Béni Kállay von Nagy-Kálló. Zu Kállay als Förderer der Institution der Amtsärztinnen in Bos-
nien-Herzegowina vgl. Das Sanitätswesen in Bosnien und der Hercegovina. 1878-1901. Hrsg. von der Landesre-
gierung für Bosnien und die Hercegovina, Sarajevo, 1903, S. 17. Zu Kállay als Verfechter der „Kulturmission“ vgl.

9
Robert J. Donia, Islam under the Double Eagle: The Muslims of Bosnia and Hercegovina, 1878-1914, New York:
East European Quarterly, 1981 (East European Monographs, 78), S. 14/15
3. Bei der Gesamtstudie handelt es sich um: Ctibor Nečas, Mezi muslimkami. Působení úředních lékařek v Bos-
nĕ a Hercegovinĕ v letech 1892-1918 (Unter Musliminnen. Das Wirken der Amtsärztinnen in Bosnien und der
Herzegowina in den Jahren 1892-1918), Brno, Masarykova univerzita, 1992 (Vĕda do kapsy, 4), 137 S., dasselbe
auch als Digitalisat von der Digital Library of the Faculty of Arts, Masaryk University, Brno, Czech Republic, an-
geboten unter:
https://digilib.phil.muni.cz/handle/11222.digilib/132102, aufgerufen am 30.7.2017. Vgl. auch die Kurzinforma-
tionen zu allen Amtsärztinnen auf der „Liste der 9 von Österreich-Ungarn eingesetzten Amtsärztinnen in Bosni-
en-Herzegowina 1892-1918“, zusammengestellt von Barbara Martin, publiziert auf der Internet-Plattform
Scribd, Januar 2017, zugänglich unter https://de.scribd.com/document/336593960.
4. Ein entsprechender Hinweis findet sich in der „Dienst- und Qualifikations-Tabelle der Amtsärztin Dr. Kornelie
Rakić“. Dort heißt es an einer Stelle im Zusammenhang mit einer Beurteilung ihrer Leistungen durch den Be-
zirksvorsteher von Kotor Vareš, dass sie sich „in der Leitung des Bezirksspitales [in Kotor Vareš] in kurzer Zeit
sehr verdient gemacht“ habe. Die Beurteilung stammt vom 5. Mai 1917, als Rakić noch in Banja Luka amtierte,
im Dezember desselben Jahres erhielt sie dann ihre Versetzung nach Mostar. Die „Dienst- und Qualifikations-
Tabelle“ befindet sich in der „Sammlung der Beamtendossiers“ (ZSD) im „Archiv Bosnien und Herzegowinas“
(ABH) in Sarajevo. In der Forschungsliteratur wird statt der Namensform Kornelie meist die serbo-kroatische
Form des Vornamens von Rakić, Kornelija, verwendet.
5. Zur Schulzeit Sattler-Feuersteins vgl. Brigitte Fuchs, „Ärztinnen für Frauen“. Eine feministische Kampagne
zwischen Wien, Prag und Sarajevo“, in: „Wir wollen der Gerechtigkeit und Menschenliebe dienen…“. Frauenbil-
dung und Emanzipation in der Habsburger Monarchie – der südslawische Raum und seine Wechselwirkung mit
Wien, Prag und Budapest. Hrsg. von Ilse Korotin, Vesela Tutavac, Wien, 2016 (biografiA. Neue Ergebnisse der
Frauenbiografieforschung, 18), S. 113. Zu den übrigen Angaben über Sattler-Feuerstein in diesem Absatz vgl.
die „Dienst- und Qualifikations-Tabelle“ zu Dr. Rosalie Sattler-Feuerstein in der „Sammlung der Beamtendos-
siers“ (ZSD) im „Archiv Bosnien und Herzegowinas“ (ABH).
6. Zum Landesspital vgl. Izet Mašić, Korijeni medicine i zdravstva u Bosni i Hercegovini, Sarajevo, 2004 (Biblio-
teka Biomedicinske publikacije, XIX), S. 109 ff.
7. Das ergibt sich aus Weissbergs „Dienst- und Qualifikations-Tabelle“, zu dieser Tabelle s. Anmerkung 18.
8. Vgl. das Bewerbungsschreiben Fischers für eine Stelle als ärztliche Praktikantin im Landesspital (ABH, ZVS
1912, kut. 306, š. 96-33/7). Zum Tod von Fischer 1914 oder 1915 vgl. Bronisława Prašek-Całczyńska, Memoari
jedne liječnice. Polski liječnici, Zagreb, 2. Aufl. 2005, S. 35.
9. Zu Katarina Telecki (manchmal auch Teleczky oder Telecsky geschrieben), Ehefrau des Arztes Dr. Dušan Te-
lecki, stellt Mašić, s. Anmerkung 6, op. cit., S. 134 (dort allerdings unter dem Namen Selecki), fest, dass sie Ende
1910 Sekundarärztin im Landesspital war. Sie bat später um die Zulassung als Privatärztin in Goražde, vgl. ABH,
ZVS 1913, kut. 256, š. 96-300.
10. Vgl. ABH, ZVS 1913, kut. 256, š. 96-291
11. Zur Scheidung und Wiederverheiratung von Kuhn/Januszewska vgl. Nečas, Anmerkung 3, op. cit., S. 104. Zu
den Angaben über Heinrich Kuhn vgl. Schreiben von Seiten des Gemeinsamen Finanzministeriums an die Lan-
desregierung vom 12. April 1899 (ABH, ZMF 3787, B. H., 1899). In der Frage, ob Januszewska nach ihrer Verehe-
lichung mit dem Kreisarzt Januszewski Amtsärztin bleiben könne, nahm die Landesregierung ursprünglich einen
anderen Standpunkt ein als das Gemeinsame Finanzministerium, um dann auf die Position des Ministeriums
einzuschwenken. Die ursprünglichen Überlegungen der Landesregierung, die sie dem Ministerium am
11.9.1900 mitteilte, gingen dahin, dass Januszewska, die zum damaligen Zeitpunkt noch keine definitive An-
stellung als Amtsärztin hatte, im Amt belassen werden könne, „wenigstens in provisorischer Eigenschaft“. Zu-
sätzlich machte die Landesregierung geltend, dass die Aufgabe der Amtsärztinnen vorwiegend darin bestehe,
Frauen und insbesondere Musliminnen zu behandeln, mithin beschränkt sei, und dass die Amtsärztinnen ihrem
Status nach „in keine Diäten-Classe eingereiht, demnach exceptionell gestellt“ seien. Das Gemeinsame Finanz-
ministerium entschied jedoch in seiner Entgegnung vom 22.9.1900, „dass die Stellung einer Amtsärztin mit der
einer Gattin des als Sanitätsreferent bei der Kreisbehörde fungierenden Kreisarztes nach den allgemeinen

10
dienstpragmatischen Grundsätzen und auch aus praktischen Dienstesrücksichten nicht vereinbar erscheint.“
Zugleich wies es die Landesregierung an, „die nunmehrige Frau Dr. Januszewski“ aufzufordern, „ihre Demission
einzureichen, wobei ihr übrigens zu eröffnen“ sei, „dass ihr die Ausübung der Privatpraxis in Banjaluka gestat-
tet werden“ könne. (Zu beiden Schreiben vgl. ABH, ZMF 10450, B. H., 1900).
12. Zu dem komplexen Sachverhalt, dass Bloch-Einhorn seit Januar 1904 die Entlassung wegen der beabsichtig-
ten Verehelichung mit Sigmund Bloch drohte, die Entlassung gegen Ende 1904 aber de facto wegen der Unzu-
friedenheit der Travniker Kreisbehörde und der Landesregierung mit Bloch-Einhorns Amtsausübung und ihrem
Amtsverständnis erfolgte, vgl. Barbara Martin, Als Ärztin in Bosnien-Herzegowina – zur Tätigkeit Rosa Bloch-
Einhorns in Travnik von 1902 bis 1917(?), publiziert auf der Internet-Plattform Scribd, August 2018, zugänglich
unter https://de.scribd.com/document/386555172, S. 19-25. Zu den vergeblichen Bemühungen Bloch-Ein-
horns, nach der Entlassung und der Heirat mit Sigmund Bloch eine Wiedereinstellung als Amtsärztin in Travnik
zu erreichen, und zu ihrem erfolgreichen Kampf, wenigstens die Erlaubnis zur Eröffnung einer Privatpraxis zu
erhalten, vgl. Anmerkung 21.
13. Zur Anbindung an das Sanitätsdepartement vgl. das Beamtendossier zu Sattler-Feuerstein, zitiert in Anmer-
kung 5. Wie alle Amtsärztinnen war Sattler-Feuerstein zunächst provisorisch angestellt, den Status einer defini-
tiv angestellten Amtsärztin bekam sie am 22.11.1915 zuerkannt. Zu den Aufgaben der Amtsärztinnen vgl. die
„Instruktion für die Amtsärztinnen in Bosnien und der Herzegowina“, in: ABH, ZMF 5447, B. H., 1892. Die In-
struktion wurde zunächst als provisorisch bezeichnet, bildete aber noch viele Jahre die verbindliche Grundlage
für die Tätigkeit der Amtsärztinnen.
14. Zu den Memoiren Krajewskas vgl. Teodora z Kosmowskich Krajewska, Pamiętnik. Przygotowała do druku:
Bogusława Czajecka. Kraków, Krajowa Agencja Wydawnicza, 1989. Die Herausgeberin Bogusława Czajecka hat
als Einleitung zu den Memoiren eine kurze, kenntnisreiche Biographie Krajewskas verfasst. Dort geht sie auch
auf den Verlust eines Teils der Aufzeichnungen Krajewskas im Zuge des Zweiten Weltkriegs ein. (S. 20/21)
15. Vgl. das Beamtendossier zu Sattler-Feuerstein, zitiert in Anmerkung 5.
16. Der Sitz der Vereinigung war Belgrad und die Liste wurde mit einem Anschreiben vom 25.12.1938 an die
Sarajevoer Sektion der Gesellschaft geschickt. (Vgl. ABH, UUOŽ, br. 58). Zu den beiden folgenden Angaben vgl.
Adresar za drinsku banovinu 1937-1938, Sarajevo, und Telefonski imenik direkcije pošta, telegrafa i telefona.
Sarajevo. 1940 godine. Državna štamparija, Sarajevo. Beide Nachschlagewerke konnte ich im Historischen Ar-
chiv Sarajevo (Historijski arhiv Sarajevo) einsehen.
17. In der jüdischen Gemeinde Sarajevo unterstützte mich bei meinen Nachforschungen besonders Danilo Ni-
kolić. Zu Sattler-Feuerstein fanden sich keine Angaben, die ihren Lebensweg nach 1938 betrafen. Über ihren
Ehemann, Dr. Moric Sattler, war aus den Unterlagen zu ersehen, dass er am 28.11.1927 in Sarajevo starb und
einen Tag später beerdigt wurde. Auf meine Anfrage bei der Gedenkstätte Jasenovac (Javna ustanova Spomen
područje Jasenovac) bekam ich am 13.2.2017 von dem Oberkustos Đorđe Mihovilović die schriftliche Auskunft,
dass es in der Namensliste der Opfer des Konzentrationslagers Jasenovac keine Informationen über Sattler-Feu-
erstein gebe, auch nicht in der Liste der Opfer des Lagers Đakovo. Auf meine Anfrage in der internationalen Ho-
locaust Gedenkstätte Yad Vashem erhielt ich am 7.11.2017 von dem Bereich Yad Vashem Holocaust Resources
die Nachricht, dass sich dort keine Informationen zu Rosalie Sattler-Feuerstein finden ließen.
18. Alle biographischen Angaben des Absatzes stammen aus der „Dienst- und Qualifikations-Tabelle der Dr. Ra-
chel Weissberg“ in der „Sammlung der Beamtendossiers“ (ZSD) im Archiv Bosnien und Herzegowinas (ABH).
Das Zitat entstammt einem der Dokumente, die sich als Anlagen bei der „Dienst- und Qualifikations-Tabelle“
befinden.
19. Zur Tradition der Arbeit polnischer ÄrztInnen in Bosnien-Herzegowina vgl. Tomasz Jacek Lis, Wybrane przy-
kłady lekarzy pracujących w Bośni i Hercegowinie na przełomie XIX i XX wieku, in: Archiwum historii i filozofii
medycyny, 2012, 75, S. 15-22. Auch digital zugänglich unter:
http://docplayer.pl/docview/26/9176386#file=/storage/26/9176386/9176386.pdf, aufgerufen am 30.7.2017.
20. Vgl. die „Dienst- und Qualifikations-Tabelle der Dr. Rachel Weissberg“, zitiert in Anmerkung 18.
21. Im Herbst 1905 bat Bloch-Einhorn, inzwischen mit Sigmund Bloch verheiratet, in einem Majestätsgesuch an
Kaiser Franz Joseph I. um Wiederanstellung als Amtsärztin in Travnik und drückte zugleich ihr Unverständnis
darüber aus, dass ihr sogar die Möglichkeit vorenthalten wurde, als Privatärztin zu praktizieren. Das Majestäts-

11
gesuch führte zwar nicht zur Wiederanstellung als Amtsärztin, wohl aber zur Erlaubnis, eine Privatpraxis zu be-
treiben. (Vgl. Martin, Anmerkung 12, op. cit., S. 26-29) In zwei weiteren Gesuchen, nun an das Gemeinsame Fi-
nanzministerium gerichtet, ersuchte Bloch-Einhorn erneut um Wiederanstellung als Amtsärztin in Travnik, blieb
jedoch auch in diesen Fällen erfolglos. (Vgl. Martin, Anmerkung 12, op. cit., S. 29-33)
22. Zu den erwähnten Tätigkeiten Bloch-Einhorns als Ärztin in Graz und Wien 1911/12 und in der Schweiz 1917
vgl. Martin, Anmerkung 12, op. cit., S. 31 und 35.
23. Zur Ungewissheit über Bloch-Einhorns Lebensweg nach 1917 vgl. Martin, Anmerkung 12, op. cit., S. 35-37.
24. Von drei unbesetzten, 1917/18 haushaltsmäßig vorgehaltenen Amtsärztinnenstellen, von denen eine mög-
lichst schnell besetzt werden sollte, ist in einem Vortrag des Referenten Dr. Hansel für die Regierungskonferenz
vom 18.1.1918 in Sarajevo die Rede. In dem Vortrag wird die Einstellung Rachel Weissbergs vorgeschlagen und
begründet, ohne dass eine Begründung für die Auswahl von Travnik gegeben würde. (Vgl. ZVS 1918, kut. 298, š.
96-318). Bei den drei besagten Stellen dürfte es sich neben der Stelle in Travnik um die Stelle in Bihać und – da
Kornelija Rakić im Dezember 1917 per Dekret ihre Versetzung von Banja Luka nach Mostar erhalten hatte – um
die Stelle in Banja Luka handeln.
25. Zur Befürwortung des Studienurlaubs von Seiten der Direktion des Landesspitals und der Landesregierung
vgl. ABH, ZVS 1917, kut 182, š. 96-292, zur Verlängerung des Studienurlaubs vgl. ABH, ZVS 1918, kut. 298, š. 96
318/2 und 96 318/3.
26. Zu Bayerová vgl. Nečas, Anmerkung 3, op. cit., S. 27/28, und Franziska Rogger, Der Doktorhut im Besen-
schrank. Das abenteuerliche Leben der ersten Studentinnen – am Beispiel der Universität Bern, Bern, 1999, S.
48; zu Kecková vgl. Nečas, Anmerkung 3, op. cit., S. 56. Bloch-Einhorn hatte sich laut Staatsarchiv des Kantons
Bern, Matrikelband BB IIIb 1161, an der Kaiserlichen Militär-Akademie zu St. Petersburg zur Hebamme ausbil-
den lassen und die Ausbildung 1892 abgeschlossen. Zudem hatte sie gemäß einem 1912 von ihr selbst verfass-
ten Lebenslauf nach der Promotion 1901 in Lausanne ein halbes Jahr an der gynäkologischen Klinik von Dr. Vo-
gel in Berlin als Assistentin gearbeitet. Sie gab diese Stelle auf, wie sie schreibt, um in Bosnien-Herzegowina als
Amtsärztin zu arbeiten (vgl. ABH, ZMF 6212, B. H., 1912). Zu Olszewska vgl. Nečas, Anmerkung 3, op. cit., S. 95.
Kuhn/Januszewska sammelte einschlägige Erfahrungen als Volontärassistentin an der geburtshilflichen Frauen-
klinik in Zürich, vgl. dazu Reinhold Aigner, Die Grazer Ärztinnen aus der Zeit der Monarchie, in: Zeitschrift des
Historischen Vereines für Steiermark, 70, 1979, S. 60. Kornelija Rakić hatte nach der Promotion 1905 an der Bu-
dapester Universität u. a. eine Zeitlang als Assistentin an der Gynäkologischen Klinik von Professor Vilmos Tauf-
fer in Budapest gearbeitet, bevor sie sich um die Stelle einer Amtsärztin bewarb (vgl. Nečas, Anmerkung 3, op.
cit., S. 108/109). Was Sattler-Feuerstein betrifft, über deren konkrete Tätigkeit als Sekundarärztin am Landes-
spital in Sarajevo ebenso wie über ihre Tätigkeit als Amtsärztin nichts Näheres bekannt ist, so könnte sie ein-
schlägige Erfahrungen an der Gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung des Landesspitals erworben bzw. ver-
tieft haben. Sie könnte auch bereits im k. k. Franz Joseph-Spital in Wien besondere Erfahrungen auf gynäkolo-
gisch-geburtshilflichem Gebiet gesammelt haben. Krajewska hatte nach ihrer Berufung auf den Amtsärztinnen-
posten in Dolnja Tuzla noch einige Monate in Wien zugebracht und in dieser Zeit an der I. Universitätsfrauenkli-
nik bei Professor Friedrich Schauta hospitiert (vgl. die Memoiren Krajewskas, Anmerkung 14, op. cit., S. 11).
27. Der besonders interessante Bericht Keckovás über die ersten 10 Jahre ihrer Tätigkeit als Amtsärztin in
Mostar (von Anfang 1893 bis Ende 1902), auf Deutsch und mit der Hand geschrieben wie alle amtlichen Be-
richte der Amtsärztinnen, weist in den beigefügten statistischen Angaben in der Rubrik „Krankheiten der Ge-
schlechtsorgane“, unter denen Frauenkrankheiten subsumiert wurden, hohe Zahlen auf. Diese beliefen sich für
den Gesamtzeitraum bei Frauen (Kecková behandelte konsequent keine Männer) auf 1410 und bei Kindern
(weit mehr weibliche als männliche) auf 99 (vgl. ABH, ZVS 1904, kut. 36, š. 38-283/6). Insgesamt betrug die Zahl
der behandelten Personen, inkl. der geburtshilflichen Fälle, in dem betrachteten Zeitraum 9102. „Krankheiten
der Geschlechtsorgane“ waren also bei 16,6% aller von Kecková behandelten Personen gegeben. Noch höhere
Zahlen finden sich in der Rubrik „Geburtshilfe“, wo unter „Beschwerden in der Schwangerschaft“ 505 Fälle aus-
gewiesen sind, unter „Normalen Geburten“ 38, unter „Anormalen Geburten (Operationen)“ 873 und unter
„Krankheiten im Wochenbett“ 559, zusammen 1975. Der Anteil der geburtshilflichen Fälle an der Gesamtzahl
der behandelten Personen betrug also fast 22%.

12
Die Zahl der Hebammen (vom Staat bzw. von Gemeinden angestellten und sonstigen) war 1892 in Bosnien-Her-
zegowina mit 40 noch ziemlich gering, sie stieg nach und nach an und machte 1901 90 aus (vgl. Das Sanitätswe-
sen in Bosnien und der Hercegovina. 1878-1901, zitiert in Anmerkung 2, S. 22-25). Zum Vergleich sei angeführt,
dass in Kroatien und Slawonien zusammen im Jahr 1900 799 Hebammen tätig waren und in Dalmatien 231 (vgl.
Das Sanitätswesen…, S. 29). Im Kreis Mostar, wo Kecková ab 1893 amtierte, gab es in ihrem ersten Amtsjahr,
die drei Kategorien, staatliche, gemeindliche und sonstige Hebammen zusammengefasst, nur 5 Hebammen,
1897 10 und 1901 12 (vgl. Das Sanitätswesen…, S. 22-25).
Das 1894 eröffnete Landesspital in Sarajevo verfügte von Beginn an über eine Gynäkologisch-geburtshilfliche
Abteilung (vgl. Mašić, Anmerkung 6, op. cit., S. 113/114), in anderen Krankenhäusern des Landes werden ver-
mutlich erst nach und nach entsprechende Abteilungen entstanden sein.
28. Das Dokument mit der Notiz befindet sich als Anlage bei der „Dienst- und Qualifikations-Tabelle der Dr. Ra-
chel Weissberg“, zitiert in Anmerkung 18.
29. Zu allen Angaben in diesem Absatz vgl. die Anlagen zu Weissbergs Dienst- und Qualifikationstabelle, zitiert
in Anmerkung 18.
30. Etliche polnische Ärzte und Ärztinnen in Bosnien-Herzegowina haben sich damals gefragt, ob sie nicht nach
Polen zurückkehren sollten (vgl. Tomasz Jacek Lis, Anmerkung 19, op. cit., S. 20). Auch Teodora Krajewska er-
wog diesen Gedanken für sich, entschied sich jedoch dagegen (vgl. Anmerkung 14, op. cit., S. 20).
31. Vgl. Częstochowski Serwis Informacyjny
https://www.czestochowa.simis.pl/index.php?www=ginekolodzy_pl, dort unter „Lekarze specjaliści, Gi-
nekolodzy w Częstochowie“, aufgerufen am 28.12.2018. Versuche, in Częstochowa etwas mehr über Weissberg
zu erfahren, führten zu einem ersten Kontakt mit dem Erforscher jüdischen Lebens in Częstochowa und Mitar-
beiter des Dokumentationszentrums für die Geschichte Częstochowas (Ośrodek Dokumentacji Dziejów Często-
chowy, ODDC), Wiesław Paszkowski, der andeutete, dass einiges Material zu Weissberg in Częstochowa vor-
handen sei. Dazu, welcher Art dieses Material ist, kann hier und jetzt noch nichts Genaueres gesagt werden.
32. Vgl. Yad Vashem, The Central Database of Shoa Victims´ Names (Beta)
http://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=6997832&ind=66, aufgerufen am
30.7.2017. Von Yad Vashem Holocaust Resources bekam ich auf Anfrage am 15.1.2017 eine Kopie des von
Weissberg ausgefüllten Fragebogens.
33. Vgl. Częstochowski Serwis Informacyjny, zitiert in Anmerkung 31.
34. Zu den ursprünglichen Absichten, nach und nach in jedem der 6 Verwaltungskreise Bosnien-Herzegowinas
eine Amtsärztin einzusetzen, gibt es einige Äußerungen Kállays und Professor Isidor Neumanns, der von 1890
an mehr als 10 Jahre zu den wichtigsten Beratern des Gemeinsamen Finanzministeriums in Sachen Amtsärztin-
nen gehörte. Kállay soll diese Absicht bei einer Audienz geäußert haben, die er der ersten Amtsärztin, Anna
Bayerová, vor ihrer Abreise nach Bosnien-Herzegowina und der Arbeitsaufnahme in Dolnja Tuzla gewährte (vgl.
Nečas, Anmerkung 3, op. cit., S. 29). Von Professor Neumann gibt es entsprechende Äußerungen zum einen in
einem Schreiben vom 22. Mai 1892 an das Gemeinsame Finanzministerium, in dem er ausführt, dass erst über
die Zahl von Amtsärztinnen entschieden werden könne, wenn in jedem der 6 Kreise eine Amtsärztin die Ge-
sundheitssituation der muslimischen Frauen eingeschätzt habe (vgl. ABH, ZMF 5447, B. H., 1892). Zum anderen
äußerte sich Neumann entsprechend in einem Standardschreiben vom 18. Juni 1892, mit dem er im Zusam-
menhang mit der Stellenausschreibung für Amtsärztinnen in Bosnien-Herzegowina eine ganze Reihe von Pro-
fessoren bat, bei dem Prozess der Gewinnung geeigneter Bewerberinnen behilflich zu sein. In dem Schreiben
heißt es: „Euer Hochwohlgeboren! Wie Ihnen bekannt sein dürfte, hat das gemeinsame Ministerium mit der
Anstellung weiblicher Ärztinnen in Bosnien-Herzegowina bereits den Anfang gemacht. Dasselbe beabsichtigt,
noch weitere 5 Ärztinnen in 5 Kreisstädten zu engagieren und hat mich beauftragt, hiebei zu intervenieren.“
(Vgl. ABH, ZMF 5447, B. H., 1892)
35. Die Argumentation der Landesregierung, dass in Banja Luka und Travnik die Stellen von Amtsärztinnen nicht
unbedingt wiederbesetzt werden müssten, da sich in beiden Kreisstädten mit Kuhn/Januszewska und Bloch-
Einhorn ja Privatärztinnen befänden, findet sich z. B. in einem Schreiben an das Gemeinsame Finanzministeri-
um vom 27. Januar 1908, in dem es um die Einsetzung einer Amtsärztin in der Kreisstadt Bihać geht (vgl. ABH,
ZMF 1462, B. H., 1908). Zum Verlust der Amtsärztinnentätigkeit und zur Aufnahme einer Privatärztinnentätig-

13
keit von Kuhn/Januszewska und Bloch-Einhorn vgl. die Anmerkungen 11 und 12. Die Amtsärztinnen bekamen
ihr Gehalt von staatlicher Seite, dafür hatten sie ihre Patientinnen unentgeltlich zu behandeln. So war es z. B. in
der „Instruktion für die Amtsärztinnen in Bosnien und der Herzegowina“ aus dem Jahr 1892 festgehalten (zur
Instruktion vgl. Anmerkung 13).
36. Anna Bayerová nahm ihre Arbeit zu Beginn des Jahres 1892 auf. Mit der 1908 neu geschaffenen Amtsärztin-
nenstelle in Bihać wurde Kornelija Rakić betraut, die ihren Dienst nach vorübergehender Tätigkeit in einem
Krankenhaus in Sarajevo oder Bihać am 1. August 1908 antrat. Bohuslava Kecková hat in Mostar bis kurz vor
ihrem Tod am 17. Oktober 1911 als Amtsärztin gearbeitet, danach war die Stelle vakant, bis gegen Ende 1917
Rakić' Versetzung nach Mostar per Dekret verfügt wurde. De facto trat Rakić die Mostarer Stelle sogar erst im
Oktober 1918 an. Zu genaueren Informationen über die Arbeitsaufnahme von Rakić in Bihać und Mostar vgl.
Barbara Martin, Zur Tätigkeit von Kornelija Rakić als Amtsärztin in Bosnien-Herzegowina (1908-1918). Eine
Spurensuche, publiziert auf der Internet-Plattform Scribd im Oktober 2017, zugänglich unter
https://de.scribd.com/document/360574359, S. 5/6 und 17-19.
37. Die Gründe für diese Entwicklung sind nicht nur in der von Seiten des Gemeinsamen Finanzministeriums
und der Landesregierung immer wieder betonten Notwendigkeit sparsamer Haushaltsführung zu suchen, son-
dern auch in dem 1903 erfolgten Tod Kállays, des Hauptförderers der Institution der Amtsärztinnen. Außerdem
zeigte sich die Landesregierung Anfang 1905 ziemlich ungehalten darüber, dass wegen der Entlassung Bloch-
Einhorns aus Unzufriedenheit mit ihrer Amtsführung die Travniker Amtsärztinnenstelle schon knappe zwei Jah-
re nach ihrer Einrichtung wieder unbesetzt war und neue Entscheidungen getroffen werden mussten. Gegen-
über dem Gemeinsamen Finanzministerium erklärte sie angesichts dieser Situation, sie brauche noch längere
Zeit, um darüber zu entscheiden, „ob überhaupt eine Wiederbesetzung dieses Postens [einer Amtsärztin in
Travnik] beziehungsweise eine weitere Vermehrung der gegenwärtig faktisch besetzten drei Amtsärztinnen-
Stellen“ erfolgen solle. (Vgl. ABH, ZMF 1929, B. H., 1905, Schreiben der Landesregierung an das Gemeinsame
Finanzministerium vom 19.2.1905)
38. Zu Katarina Telecki vgl. Anmerkung 9.
39. Zu Prašek-Całczyńska, vgl. Anmerkung 8, op. cit., S. 7-103.
40. Zu Bokonjić-Čubrilović vgl. ABH, ZMF 1778, B. H., 1912.
41. Zu Dormus Freifrau von Kilianshausen vgl. ABH, ZVS 1912, kut. 309, š. 96-150.
42. Zu Österreich vgl. Waltraud Heindl, Zur Entwicklung des Frauenstudiums in Österreich, in: „Durch Erkennt-
nis zu Freiheit und Glück... Frauen an der Universität Wien (ab 1897)“. Hrsg. von Waltraud Heindl, Marina Tichy
(Schriftenreihe des Universitätsarchivs, Universität Wien, 5), Wien, 2. Aufl. 1993, S. 17; der Zugang für Frauen
zum Medizinstudium in Ungarn 1895 war noch mit vielen Einschränkungen verbunden, vgl. Claudia Papp, Die
Kraft der weiblichen Seele. Feminismus in Ungarn, 1918-1941 (Schriftenreihe der Stipendiatinnen und Stipen-
diaten der Friedrich-Ebert-Stiftung, 25), Münster, 2004, S. 115.
43. Gegen Ende der österreichisch-ungarischen Herrschaft über Bosnien-Herzegowina gab es immerhin 18 oder
19 Höhere Mädchenschulen (Više djevojačke škole), 3 staatliche und 15 oder 16 konfessionelle. (Vgl. Mitar Pa-
pić, Školstvo u Bosni i Hercegovini za vrijeme austro-ugarske okupacije (1878-1918), Sarajevo, 1972, S. 141-
144). Sie bauten auf der Grundschule (Osnovna škola) auf und umfassten 4 bis 6 Jahrgänge. Wichtig für die
Mädchen- und Frauenbildung war ferner der Ausbau des Netzes von Lehrerinnenbildungseinrichtungen
(Ženske učiteljske škole). Zu den Lehrerinnenbildungseinrichtungen vgl. z. B. Snježana Šušnjara, Školovanje
ženske djece u Bosni i Hercegovini u doba Austro-Ugarske (1878. – 1918.), in: Napredak, 2014, 154(4), S. 461-
462. Digital unter: hrčak. Portal znanstvenih časopisa Republike Hrvatske http://hrcak.srce.hr/138861, aufge-
rufen am 30.7.2017. Neben einigen wenigen Gymnasien für Jungen wurde mit Beginn des Schuljahres 1924/25
in Sarajevo auch ein Gymnasium für Mädchen eröffnet. Schon einige Jahre vorher hatten Mädchen nach und
nach vereinzelt am Unterricht an dem Sarajevoer Gymnasium für Jungen teilnehmen können. (Vgl. Prva gimna-
zija. 120 godina Prve gimnazije u Sarajevu. 1879-1999, Sarajevo, 1999, S. 13) Um Medizin zu studieren, mussten
Frauen noch längere Zeit Universitäten in Zagreb, Prag, Wien, Belgrad oder anderen Städten aufsuchen. Ab
1946 gab es auch eine Medizinische Fakultät an der Universität Sarajevo – eine Neugründung, nachdem von
dem „Unabhängigen Staat Kroatien“ (NDH), einem Vasallenstaat der Achsenmächte, hauptsächlich des natio-

14
nalsozialistischen Deutschlands, 1944 schon einmal eine medizinische Fakultät in Sarajevo gegründet worden
war. (Vgl. Mašić, Anmerkung 6, op. cit., S. 182 und 176).
44. Vgl. Mašić, Anmerkung 6, op. cit., S. 88
45. Es waren dies Krajewska und Sattler-Feuerstein in Sarajevo, Olszewska in Dolnja Tuzla, Rakić in Mostar und
Weissberg in Travnik. Die Tatsache der Übernahme ist in den Dienst- und Qualifikations-Tabellen aller dieser
Ärztinnen vermerkt.
46. Vgl. die Memoiren Krajewskas, Anmerkung 14, op. cit., S. 20. Die Studie mit dem Titel „O tuberkulozi u Sa-
rajevu (Prilog proučavanju tuberkuloze kao socijalne bolesti) /Antituberkulozni Dispanzer, Sarajevo/, erschien
in: Glasnik Centralnog higijenskog zavoda, 1927, 2, S. 105-128.
47. Nečas gibt kein genaues Datum der Pensionierung Olszewskas an. Zum Jahr 1923 vermerkt er lediglich, dass
ihr jährliches Grundgehalt 1923 auf 3800 Din. festgesetzt worden sei (vgl. Anmerkung 3, op. cit., S. 101). Bei
Omer Ć. Ibrahimagić, Sanela Zukić, Amer Čustović, Health care in Tuzla and Tuzla area in the second half of the
nineteenth century, Acta medica saliniana, 2009, 38 (1), S. 4 (online unter
http://saliniana.com.ba/index.php?journal=ams&page=article&op=view&path%5B%5D=26&path%5B%5D=20,
→ print version, aufgerufen am 30.7.2017), wird das Pensionierungsjahr mit 1923 angegeben.
48. Diese Tätigkeiten von Rakić werden in einer Jubiläumsschrift des regionalen Instituts für den Schutz der Ge-
sundheit „Dr. Safet Mujić“ erwähnt, in der sich außerdem der Hinweis findet, dass sie auch noch in der örtli-
chen Schul-Poliklinik gearbeitet habe, vgl. 50 godina regionalnog zavoda za zdravstvenu zaštitu Mostar. Hrsg:
Regionalni medicinski centar „Dr. Safet Mujić”. Regionalni zavod za zdravstvenu zaštitu Mostar, Mostar, 1980,
S. 383. Nečas, Anmerkung 3, op. cit., S. 110, gibt an, dass sie nach 1918 an einem Mostarer Kinderkrankenhaus
und zugleich am Kreisgericht Mostar als Ärztin gearbeitet habe.

Publiziert im Februar 2017 auf Scribd, aktualisierte Fassung vom Januar 2019
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maria-barbara.martin@t-online.de

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Keywords

Sattler-Feuerstein, Rosalie; Feuerstein, Rosalie, verh. Sattler-Feuerstein; Weissberg, Rachel; Krajewska, Teo-
dora; Olszewska, Jadwiga; Bayerová, Anna; Bayer, Anna; Kecková, Bohuslava; Keck, Bohuslava; Rakić, Kornelija;
Einhorn, Rosa, verh. Bloch-Einhorn; Bloch-Einhorn, Rosa; Einhorn-Bloch, Rosa; Kuhn, Gisela; Gisela Rosenfeld-
Roda, verh. Kuhn, wieder verh. Januszewska; Januszewska, Gisela; Amtsärztinnen; Službene liječnice; Uredovne
liječnice; Female state doctors; Female health officers; Bosnien und Herzegowina; Bosnia and Hercegovina;
Bosna i Hercegovina; Sarajevo; Travnik; Bihać; Mostar; Dolnja Tuzla; Banja Luka

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