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Beluga II: Umweltkampagnen

hart am Wind
Modernste Technik im traditionellen Gewand

Das jüngste Schiff der intern ationalen terien ist eine glückliche Besonderheit für
Greenpeace-Flotte, Beluga II, wurde die Umweltorganisation, die sie in diesem
nach streng ökologischen Kriterien Fall einer Düsseldorferin namens Ilse Vor-
speziell für Greenpeace gebaut. Als mann zu verdanken hat: Die Dame ver-
Segelschiff vom Typ Klipperaak be- erbte Greenpeace einen Teil ihres Vermö-
sitzt sie einen Plattboden, so dass sie gens. Anfang 2003 ging der Auftrag an
auch Flüsse und das Wattenmeer be- die Fridtjof Nansen Werft im mecklenbur-
fahren kann. Bisher war sie vor allem gischen Wolgast; im Spätsommer 2004
für den Meeresschutz im Einsatz. wurde die Beluga II in Dienst gestellt.
Grünweißer Rumpf mit Seitenschwertern,
Regenbogen-„Tattoo“ und weiße Segel:
Die Beluga II ist eine klassische nordische Für alle Wasser geeignet
Schönheit mit beachtlichen inneren Wer- Greenpeace entschied sich für einen
ten. Auf den ersten Blick erscheint sie als zweimastigen, 33 Meter langen Motor-
nostalgischer Traditionssegler. Tatsächlich segler in Form einer niederländischen
aber ist sie ein hochmodernes Schiff. Klipperaak. Als Klipperaak besitzt die Be-
luga II einen Plattboden und nur geringen
Tiefgang, 1,60 Meter. So ist das Schiff fle-
xibel einsetzbar: auf Flüssen und auf See,
in Küstengewässern und im Wattenmeer.
Die Beluga II kann sogar bei Niedrigwas-
ser auf dem Grund aufsetzen, ohne um-
zukippen oder Schaden zu nehmen.
„Sie hat außerdem hervorragende Segel-
eigenschaften. So oft wie möglich setzen
wir die Segel, und nur der Wind treibt uns
Die Beluga II segelt hart am Wind auf der Ostsee. an. Das spart Brennstoff und ist auch
Foto: Bente Stachowske/Greenpeace
noch ein tolles Gefühl“, berichtet Timo
Liebe, Erster Steuermann an Bord. Unter
Motor kann die Beluga II mit einer Tankfül-
Erster Schiffsneubau lung rund 1000 Seemeilen zurücklegen.
Mit der Beluga II wurde zum ersten Mal Zwei ihrer baulichen Besonderheiten sind
ein Schiff speziell für Greenpeace entwor- unheimlich praktisch. Erstens: Ihre beiden
fen und gebaut. Alle anderen Greenpe- Masten können mit Hilfe von Fußgelen-
ace-Schiffe haben eine Vorgeschichte, ken, so genannten Mastkokern, umge-
wurden gebraucht gekauft und umgebaut. klappt werden. So kann die Beluga II auf
Die Rainbow Warrior II etwa war in ihrem Flüssen unter Brücken hindurchfahren.
früheren Leben einmal ein Fischtrawler Zweitens: Unter Deck lässt sich ein 20-
und die Esperanza ein russischer Hoch- Fuß-Normcontainer (6 Meter x 2,5 Meter
seeschlepper. So ein Neubau nach per- x 2,8 Meter) verstauen. Dort hinein pas-
sönlichen Wünschen und Greenpeace-Kri- sen beispielsweise ein Labor, eine Werk-

Spendenkonto
Postbank, KTO: 2 061 206, BLZ: 200 100 20
Greenpeace ist vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt. Spenden sind steuerabsatzfähig.
statt, ein Medien-Studio oder auch eine Teamwork total – die Crew
Ausstellung – je nachdem, was das aktu-
elle Greenpeace-Projekt benötigt. Die feste Crew der Beluga II besteht aus
fünf Leuten: aus dem Kapitän, dem Ers-
ten Steuermann, zwei wachbefähigten
Grün vom Rumpf bis zur Decksleuten und einem Koch bezie-
hungsweise Proviantmeister. Zusätzlich
Mastspitze sind zeitweise Aktivisten an Bord oder
In Punkto Umweltstandards ist der inter- auch Wissenschaftler oder Journalisten.
nationale Schiffsverkehr ein Sorgenkind. Insgesamt bietet das Schiff Raum für bis
Fast alle Container- und Passagierschiffe zu zwölf Männer und Frauen.
fahren mit Schweröl und stoßen raben- An Bord der Beluga II sind Toleranz und
schwarze giftige Abgase aus. Manche Teamwork gefragt. Alle haben ein ge-
Schiffe verklappen rücksichtslos ölhaltiges meinsames Ziel, und das ist nicht gerade
Wasser. Als Arbeitsplattform und Aushän- ein unwichtiges: die Welt zu retten.
geschild von Greenpeace wurde die Belu- „Stress ist auf engstem Raum vorpro-
ga II natürlich so umweltfreundlich wie grammiert – aber es hat noch nie ernst-
möglich gebaut und will Vorbild für eine haft Ärger gegeben“, erzählt Timo Liebe.
zukünftig grüne Schifffahrt sein. Für Greenpeace zu arbeiten, ist eben
Ein paar Beispiele ihrer Öko-Features: mehr als ein Job, es ist eine Lebensaufga-
be und Herzensangelegenheit. „Das
• Sämtliches Holz ist FSC-zertifiziert,
schweißt zusammen“, sagt Liebe.
stammt also aus nachhaltiger Waldwirt-
schaft. Auf dem Schiff hat jeder seine festen Auf-
gaben und Pflichten, nur bei bestimmten
• Selbstverständlich wird kein Schweröl
Manövern ist jede Hand gefragt, zum Bei-
eingesetzt, stattdessen schwefelarmer
spiel beim Segel setzen und einer alltägli-
Dieselkraftstoff.
chen Routine-Übung: „Reinschiff“, Aufräu-
• Das Bilgewasser, das stets mit Schad- men und Putzen!
stoffen und Öl belastet ist, sammelt die
Beluga II in Tanks, anstatt es von Bord zu
pumpen.
• Feste Abfälle entsorgt die Crew an
Land.
Nicht nur Materialien und Emissionen,
auch das Thema Sicherheit spielt für die
umweltfreundliche Seefahrt eine Rolle. So
dürfen zum Beispiel keine gefährliche La-
dung oder giftige Betriebsstoffe ins Was-
Crewmitglieder der Beluga II mit Kapitän Franck
ser gelangen. Die Beluga II erfüllt höchste
Escher (re.) und Steuermann Timo Liebe (Mitte). Auf
Sicherheitsstandards nach den Verord- einer Tour über Flüsse, Ost- und Nordsee, 2007,
nungen der See-Berufsgenossenschaft protestierte Greenpeace gegen den Bau neuer
(See-BG), darunter Kollisionsschutz und Kohlekraftwerke. Foto: Uwe H. Martin/Greenpeace
Lecksicherheit: Im Falle eines Wasserein-
bruchs sind wasserdichte Schotten hy-
draulisch zu schließen. Sicherheit bedeu- Einige Aktionen und Erfolge
tet aber auch eine erstklassig ausgebilde- Oktober 2004: Zur Kampagne gegen zer-
te Crew. Ihre Ausbildung orientiert sich störerische Schleppnetz-Fischerei ist die
streng an internationalen Standards für die Beluga II auf Ostsee-Tour. Fischer sollen
Berufsschifffahrt (STCW 95). zum Umdenken bewegt werden.

V.i.S.d.P.: Timo Liebe, Greenpeace e.V., Große Elbstr. 39, 22767 Hamburg 07/2009
März 2007: Während des G8-Treffens in Greenpeace und seine Schiffe
Potsdam / Schloss Cecilienhof ist die Be-
luga II auf Klimaschutz-Mission: „G8: Stop Schiffe spielen für die Arbeit von Green-
Talking – act now“ (Schluss mit Reden – peace eine große Rolle. Von Anfang an:
handelt jetzt) steht zwischen ihren Masten. Im September 1971 fährt eine Gruppe
Umweltschützer, die bald darauf Green-
Juli 2008: In Stralsund gratuliert die Belu- peace gründen wird, mit einem alten Kut-
ga II zur Eröffnung des OZEANEUMs und ter namens Phyllis Cormack von Vancou-
wirbt für die neue Greenpeace-Ausstel- ver zur Westküste Alaskas. Ihr Ziel: Ameri-
lung 1:1 Riesen der Meere. kanische Atombombentests verhindern.
Wieder an Bord von Schiffen setzt sich
Greenpeace später gegen den Walfang
ein. Ebenso gegen die Ausbeutung und
Verschmutzung der Meere und Flüsse.
Doch selbst bei meeresfernen Kampa-
gnen, etwa gegen Kohlekraft, sind Schiffe
nützlich: als schwimmende Promotion-
und Protest-Plattformen. Während oft wo-
chen- oder monatelanger Expeditionen
auf See dokumentiert Greenpeace Zei-
chen der Umweltzerstörung sowie des
Die Beluga II in Stralsund, Juli 2008, wo das OZEA- Klimawandels, zum Beispiel aktuell das
NEUM mit der Ausstellung 1:1 Riesen der Meere er- Abschmelzen der Eismassen in der Arktis.
öffnet wird. Foto: Stefan Schorr/Greenpeace

Die aktuelle Greenpeace-Flotte


Die Rainbow Warrior erlangte traurige Be-
rühmtheit: Sie wurde 1985, kurz vor ei-
nem Protest gegen Atomversuche im
Südpazifik, im Hafen von Auckland (Neu-
seeland) versenkt. Als Täter bekannte sich
der französische Geheimdienst. Nach
dem Motto „Einen Regenbogen kann man
Greenpeace ruft auf, das Wattenmeer zum UNES- nicht versenken“ schickte Greenpeace
CO-Weltnaturerbe zu erklären. Im Januar 2008 fah- 1989 ihre gleichnamige Nachfolgerin aufs
ren Aktivisten an Bord der Beluga II zum Leucht- Meer.
turm Roter Sand. Foto: Marcus Meyer/Greenpeace

August 2008: Zum Schutz des Natur-


schutzgebiets Sylter Außenriff vor Fische-
rei und Kiesabbau versenkt Greenpeace
hunderte tonnenschwere Natursteine in
der Nordsee. Die Beluga II dient als
schwimmende Basis, dazu ist ein gechar-
tertes Arbeitsschiff im Einsatz.
Juni 2009: Die Beluga II zurück am Sylter
Außenriff. Taucher untersuchen das Ge- Der Ex-Fischtrawler Rainbow Warrior II mit Heimat-
hafen Amsterdam war bislang unter anderem ge-
biet rund um die Steine: Haben sich be- gen Atombombentests, Treibnetzfischerei und Koh-
reits Pflanzen und Tiere angesiedelt? lekraft auf Tour. Foto: Gavin Newman/Greenpeace

V.i.S.d.P.: Timo Liebe, Greenpeace e.V., Große Elbstr. 39, 22767 Hamburg 07/2009
Ein Forschungs- und Versorgungsschiff
wurde 1996 zur Arctic Sunrise umgebaut.
Das Schiff hat Eisklasse und einen Hub-
schrauber-Landeplatz. Und es kann, ohne
aufzutanken, einmal um die Welt fahren.
Klimaexpeditionen der Arctic Sunrise führ-
ten unter anderem in die Antarktis und
nach Alaska – und in diesem Jahr, 2009,
in die Arktis. Im Südpolarmeer war das
Schiff bereits gegen den japanischen Wal-
fang auf Tour.
Die Esperanza (spanisch = Hoffnung) ist
das momentan größte und stärkste
Greenpeace-Schiff. Der ehemalige russi-
sche Hochseeschlepper mit Eisklasse
kam 2002 zur Unterstützung der Urwald-
kampagne zur Umweltorganisation. Ein
Jahr lang, 2006/2007, ist die „Hoffnungs-
trägerin“ für die Meeresschutzkampagne
„SOS Weltmeer“ um die Welt gereist.
Doch was wären die Greenpeace-Aktivis-
ten ohne ihre schnellen, wendigen
Schlauchboote? Im Kampf „David gegen
Goliath“ manövrieren sich Greenpeace-
Aktivisten in Schlauchbooten immer wie-
der in die gefährliche Nähe großer Schiffe,
darunter Öltanker, Frachtschiffe und Wal-
fänger.

Beluga II-Mini-Steckbrief
Länge (über alles): 33,30 Meter
Breite: 6,20 Meter
Tiefgang: 1,60 Meter
Verdrängung: 115 Tonnen
Leistung Hauptmaschine: 183 Kilowatt
Höchstgeschwindigkeit: 9,5 Knoten

V.i.S.d.P.: Timo Liebe, Greenpeace e.V., Große Elbstr. 39, 22767 Hamburg 07/2009

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