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Unfallversicherung (DGUV)
Mittelstraße 111
Broschürenversand: bestellung@dguv.de
2
Kurzfassung
Die Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit
3
Abstract
Training to be a Specialist in Health and Safety at Work
The former Federal Ministry for Employment In recent years the content of the training has
and Social Affairs, the Federal Institute for been updated as part of quality assurance of
Health and Safety at Work and Industrial the training.
Medicine, and the Central Association of
Commercial Employers’ Liability Insurers, This documentation gives an overview of
have jointly developed an updated training the general conditions, the contents and
concept for specialists in health and safety the structure of training to be a specialist in
at work. Training has been carried out health and safety at work.
according to this concept since 2001. In
addition to the teaching of modern aspects This version refers to the status of the train-
of health and safety at work in practical ing documents in August 2012.
lessons, training is also characterised by
being divided into attending and home-
study phases.
4
Résumé
La formation des experts pour la sécurité du travail
5
Resumen
La formación del especialista en seguridad en el trabajo
6
Inhaltsverzeichnis
Seite
1 Einführung ............................................................................................... 13
7
Seite
8
Seite
8 Anhang
Anhang 1:
Arbeitssicherheitsgesetz
Fachaufsichtsschreiben zur Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit .......... 281
Anhang 2:
Struktur des Fernlehrgangs mit Präsenzphasen
bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung für die Unfallkassen ............. 285
Anhang 3:
Liste aller Lerneinheiten im Überblick – Stand August 2012 ................................. 286
9
Vorwort zur Optimierung 2012
Seit dem Jahr 2001 wird bei den Trägern Um die Ausbildung erfolgreich durchführen
der gesetzlichen Unfallversicherung zu können, müssen sich Ausbildungsträger,
– ab 2003 auch bei freien Trägern – die Dozenten, Tutoren und sonstige Betreuer
von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz der in Ausbildung befindlichen Fachkräfte
und Arbeitsmedizin (BAuA) und den umfassend auf die mit der Ausbildung ver-
gewerblichen Berufsgenossenschaften bundenen Anforderungen einstellen. Diese
gemeinsam entwickelte und neu geordnete Anforderungen sind im Wesentlichen durch
Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicher- neue, am Praxishandeln der Fachkräfte aus-
heit umgesetzt. gerichtete Ausbildungsinhalte, die Vernet-
zung von Präsenzlernen im Seminar und
Es wurden zwischenzeitlich über 10 000 Selbstlernen mit computergestützten Lern-
Fachkräfte für Arbeitssicherheit nach der programmen (Computer-Based-Training –
in dieser Broschüre beschriebenen Aus- CBT), die Integration eines betrieblichen
bildungskonzeption ausgebildet. Im Rah- Praktikums in die Ausbildung und die Ein-
men der Qualitätssicherung der Ausbil- führung eines verbindlichen, bundeseinheit-
dung wurden in den Jahren 2005/2006 lichen Konzeptes von Lernerfolgskontrollen
die Ausbildungsmaterialien überarbeitet. geprägt.
Neue bzw. geänderte Vorschriften und
Regeln, neue Erkenntnisse zum betrieb- Das vorliegende Kompendium gibt einen
lichen Arbeitsschutz und auch Erkennt- vollständigen Überblick zu Grundlagen,
nisse zur Optimierung des Ausbildungs- Konzeption, Inhalten, Abläufen und Fest-
ablaufs wurden berücksichtigt. Diese legungen zur Ausbildung, beginnend mit
Veränderungen wurden mit dem BGZ- dem Anforderungsprofil der Fachkräfte
Report 1/2006 veröffentlicht. Nunmehr und endend mit den Kriterien für die
ist seit 2007 erneut eine Reihe neuer bzw. Anerkennung der Lehrgänge bei freien
geänderter Vorschriften und Regeln, prak- Ausbildungsträgern. Träger der Ausbildung,
tische Erfahrungen, veröffentlichte Hilfs- Dozenten und sonstige Personen, die mit
mittel, auch veränderte didaktische Kon- der Betreuung der in Ausbildung befind-
zepte eingearbeitet worden. Der vorlie- lichen Fachkräfte befasst sind, erhalten
gende DGUV-Report 2/2012 fasst alle damit eine umfassende Zusammenstellung
bisherigen Veränderungen zum aktuellen aller verbindlich getroffenen Regelungen
Stand zusammen. Er ersetzt den DGUV zur Umsetzung der Ausbildung zur Fachkraft
Report 1/2010. für Arbeitssicherheit.
11
Vorwort
Materialien zur Ausbildung sowie Besonderer Dank gilt allen, die uns bei der
ergänzende Informationen sind unter Erarbeitung und Optimierung der Ausbildung
unterstützt haben.
www.sifa-online.de
Die Herausgeber
abgelegt.
12
Einführung
Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind wich- Ein Einstieg in die systematische Ausbildung
tige Funktionsträger im betrieblichen erfolgte 1979. Im Fachaufsichtsschreiben
Arbeitsschutzsystem. Ihre Aufgaben sind im des damaligen Bundesministers für Arbeit
Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) vom 1. De- und Sozialordnung (BMA) an die Unfallver-
zember 1974 beschrieben. Das ASiG definiert sicherungsträger vom 2. Juli 1979 ist ein
die Rechtsstellung der Fachkräfte für Arbeits- Ausbildungskonzept vorgeschlagen worden,
sicherheit als die von fachlichen Beratern. das jeweils einen 14-tägigen A- und B-Kurs
Sie haben den Arbeitgeber bei der Ausübung sowie einen branchenorientierten – mindes-
seiner gesetzlichen Arbeitsschutzpflichten tens einwöchigen – C-Kurs beinhaltet. Mit
zu unterstützen.1 Hierzu ist – neben einer in dem Fachaufsichtsschreiben des BMA an die
den entsprechenden Unfallverhütungsvor- Unfallversicherungsträger vom 29. Dezember
schriften (in der DGUV Vorschrift 2) weiter 1997 (siehe Anhang 1) wird die Einführung
präzisierten beruflichen Qualifikation – zur eines neuen Ausbildungskonzeptes gefor-
sicherheitstechnischen Fachkunde die dert. Dieses Ausbildungskonzept wurde in
erfolgreiche Teilnahme an einem staatlichen einem gemeinsamen Projektvorhaben von
oder berufsgenossenschaftlichen Ausbil- der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
dungslehrgang oder staatlich oder berufs- Arbeitsmedizin (BAuA) und dem damaligen
genossenschaftlich anerkannten Ausbil- Hauptverband der gewerblichen Berufs-
dungslehrgang notwendig.2 genossenschaften (HVBG) entwickelt.3 In
einem intensiven Prozess wurde die Ausbil-
1
Vgl. Anzinger, Bieneck: Kommentar zum Arbeitssicherheitsgesetz. Heidelberg: Recht und Wirtschaft, 1998. § 1 RN 6
2
Die Grundsätze für die Ausbildung nach dem ASiG sind im Fachaufsichtsschreiben des BMA an die gewerblichen
Unfallversicherungsträger vom 2. Juli 1979 und vom 29. Dezember 1997 festgelegt. Eine Anerkennung von Lehr-
gängen freier Träger wird seit vielen Jahren in der Form praktiziert, dass die obersten Arbeitsschutzbehörden der
Länder auf Antrag und auf Basis der im Fachaufsichtsschreiben festgelegten Ausbildungsinhalte die Anerkennung
der Ausbildung erteilen (vgl.: Anzinger, Bieneck: Kommentar zum Arbeitssicherheitsgesetz. Heidelberg: Verl. Recht
und Wirtschaft, 1998). Für die neue Ausbildung haben die Länder bzw. Unfallversicherungsträger ein einheitliches
Anerkennungsverfahren vereinbart (s. Kapitel 7).
3
Neuordnung der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit – Ausbildungskonzeption. Bundesanstalt für Arbeits-
schutz und Arbeitsmedizin und Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, 1996 (erstellt von System-
konzept, Köln, und Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation [IAO], Stuttgart)
13
1 Einführung
1
Die vorliegende Ausarbeitung ersetzt in aktualisierter und optimierter Form die im Prozess der Neuordnung der Aus-
bildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit erarbeiteten Broschüren, insbesondere den BGZ-Report 5/99 sowie den
BGZ-Report 1/2003, den BGZ-Report 1/2006 und den DGUV Report 1/2010.
2
Die Überschrift „Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit“ ist im engeren Sinne so nicht korrekt: Fachkraft für
Arbeitssicherheit ist eine betriebliche Funktionsbezeichnung für eine vom Arbeitgeber ernannte Person. Es handelt
sich demnach um eine Ausbildung zur Erlangung der sicherheitstechnischen Fachkunde nach ASiG.
3
Anforderungsprofile der Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Studie im Auftrag des Hauptverbandes der gewerblichen
Berufsgenossenschaften, 1994 (erstellt von Diagnose & Transfer, München; GfAH, Dortmund; Systemkonzept, Köln)
14
1 Einführung
wickelt und dient als Basis der Ausbildungs- Kapitel 6 stellt Grundsätze zur Durchfüh-
konzeption. rung der Ausbildung wie das Konzept der
Lernerfolgskontrolle, die Dozentenqualifizie-
Aufgrund der zentralen Bedeutung für die rung sowie die tutorielle Betreuung während
Ausbildung wird in dieser Dokumentation der Selbstlernphasen zusammen.
nach einer Einführung in Kapitel 2 das
Anforderungsprofil an die Fachkraft für Hinweise zur Anerkennung von Ausbildungs-
Arbeitssicherheit beschrieben. lehrgängen freier Träger finden sich in Kapi-
tel 7, das auch das Merkblatt zur Anerken-
Daran anschließend werden in Kapitel 3 nung von Ausbildungslehrgängen mit seinen
Ablauf und Aufbau der Ausbildung vorge- Anhängen (Antragsvordrucken) enthält.
stellt.
In Anhang 3 sind – zur schnellen Übersicht –
Kapitel 4 stellt die Ausbildungskonzeption die einzelnen Lerneinheiten der neuen Aus-
vor und charakterisiert die einzelnen Stufen bildung nach Präsenz und Selbstlernen
der Ausbildung. zusammengestellt. Weiterhin ist das Fach-
aufsichtsschreiben vom 29. Dezember 1997
Einen Überblick zu den Ausbildungsinhalten enthalten.
in den Präsenz- und Selbstlerneinheiten gibt
Kapitel 5.
15
2 Anforderungsprofil
der „Fachkraft für Arbeitssicherheit“
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist nach d. h. den Vorgehensweisen, wie qualifiziert
ASiG ein innerbetrieblicher Berater, der den Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Betrieb
Arbeitgeber in allen Fragen des Arbeitsschut- initiiert und umgesetzt werden, eine hohe
zes unterstützt. Dieser gesetzliche Auftrag Bedeutung zu.
erfordert eine zielführende Umsetzung im
Betrieb. Das Handeln der Fachkraft für Die Anforderungen an die Fachkraft für
Arbeitssicherheit ist mit entscheidend für Arbeitssicherheit1 werden nachfolgend
das Niveau von Sicherheit und Gesundheit beschrieben. Zunächst erfolgt hierzu eine
der Beschäftigten im Unternehmen. Charakterisierung eines zeitgemäßen
Arbeitsschutzverständnisses.
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit hat im
Betrieb eine Schlüsselstellung bezüglich des 2.1 Leitbild eines zeitgemäßen
Arbeitsschutzes, ohne jedoch über eine ent- Arbeitsschutzes
sprechende Weisungsbefugnis zu verfügen.
Die Ergebnisse des Arbeitsschutzes, d.h. Im Einzelnen umfasst ein zeitgemäßer
sichere und gesundheitsgerechte Arbeits- Arbeitsschutz die in Abbildung 2.1 (siehe
bedingungen sowie auch Nutzen in der Seite 18) dargestellten Aspekte. Leitgedanke
Mitarbeiterzufriedenheit, betriebswirtschaft- eines zeitgemäßen Arbeitsschutzes ist ein
liche Ergebnisse sowie andere weitere umfassendes, ganzheitliches Verständnis
Ergebnisse, sind eine Leistung des gesam- von Sicherheit und Gesundheit der Beschäf-
ten Betriebs und nicht nur das Ergebnis der tigten.
Arbeit von Fachexperten. Aufgrund dieser
besonderen Voraussetzungen kommt dem
Handeln der Fachkraft für Arbeitssicherheit,
1
Vgl. Anforderungsprofile der Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Studie im Auftrag des Hauptverbandes der gewerb-
lichen Berufsgenossenschaften, 1994 (erstellt von Diagnose & Transfer, München; GfAH, Dortmund; Systemkonzept,
Köln) sowie Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.): BGZ-Report 1/95 „Fachkräfte“, Sankt
Augustin, 1995
17
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.1:
Verständnis von ganzheitlichem Arbeitsschutz
Sicherheit und
Gesundheit umfassen
• Schutz vor Verletzungen und
arbeitsbedingten Erkrankungen
Sicherheit • Förderung der Gesundheit Sicherheit
und und Gesundheit
Gesundheit wenden sich an
beziehen alle alle Beschäftigten
• physikalischen differenziert nach
•chemischen Ganzheitliche • Geschlecht
•biologischen Auffassung von Sicherheit • Alter
•physischen und Gesundheit • Leistungs-
•psychischen potenzial/
Behinderung
Faktoren des und berück-
Arbeits- Sicherheit und sichtigen alle
prozesses Gesundheit erfordern Tätigkeiten
ein • Arbeitssystemgestaltung (T – O – P)
• Integriertes Sicherheits- und
Gesundheitsschutzmanagement
• Beteiligung der Mitarbeiter
18
2 Anforderungsprofil ...
menschengerechte Gestaltung und Zu den Aufgaben gehört es, von den indivi-
ständige Verbesserung der Arbeit bzw. duellen Leistungsvoraussetzungen auszu-
sichere und gesundheitsgerechte gehen und alle Gefährdungen, aber auch alle
Arbeitssysteme, damit diese insgesamt salutogenen Faktoren zu berücksichtigen. In
den körperlichen und geistigen Leis- Übereinstimmung hiermit sind die Arbeits-
tungsvoraussetzungen der Beschäftig- systeme ganzheitlich mit ihren Ansatzpunk-
ten entsprechen. ten Technik, Organisation und Personal zu
gestalten. Von übergreifender Bedeutung
Abbildung 2.2 zeigt die verschiedenen und Wirksamkeit ist die integrative Ver-
Bestandteile des Arbeitsschutzes. ankerung des Arbeitsschutzes in der betrieb-
lichen Organisation (vgl. Abbildung 2.3 auf
Seite 20).
Abbildung 2.2:
Bestandteile des zeitgemäßen Arbeitsschutzes
Ganzheitliches Arbeitsschutzverständnis
Schutzaspekt Förderungsaspekt
19
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.3:
Aufgabenschwerpunkte zu Sicherheit und Gesundheit
Betriebliche Organisation
Management
Arbeitssystemgestaltung
T
O P
Gesundheits-
Gefährdungen fördernde
Faktoren
Individuelle
Leistungsvoraussetzungen
20
2 Anforderungsprofil ...
Gefahr
Psychisch
Sozial
Sozial
(wie Planungen von Bauvorhaben, Beschaf- nach §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz sind
fung von Arbeitsmitteln, Umgestaltung von ein Handlungsinstrument, um schwer-
Arbeitsplätzen). Prävention erfordert die punktorientiert die Bedingungen im
Ermittlung und Beurteilung von Gefährdun- Betrieb schrittweise zu verbessern. Aus-
gen in Planungs- und Beschaffungsphasen. gehend von der Beurteilung der Arbeits-
bedingungen (Gefährdungsbeurteilung)
∙ Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen hat der Arbeitgeber die für seinen Betrieb
und eine entsprechende Dokumentation erforderlichen Maßnahmen des Arbeits-
21
2 Anforderungsprofil ...
schutzes zu bestimmen und durchzufüh- ben. In diesem Sinne ist auch die Gefähr-
ren. Diese Beurteilung muss tätigkeits- dungsbeurteilung als Prozess zu ver-
bezogen erfolgen. Hieraus sind Ziele für stehen.
Veränderungen abzuleiten, die den Soll-
Zustand beschreiben, und zwar sowohl im Die Beurteilung nach Arbeitsschutzgesetz
Einzelfall als auch für den Gesamtbetrieb. ist als Konzept zum Handeln zur Verbesse-
Bei der Festlegung der Maßnahmen sind rung von Sicherheit und Gesundheit aufzu-
allgemeine Grundsätze (vgl. § 4 Arbeits- fassen. Das systematische Vorgehen wird
schutzgesetz) zu beachten. Die Wirksam- mit Abbildung 2.5 charakterisiert. Das zen-
keit der Maßnahmen ist zu überprüfen. Die trale betriebliche Präventionsinstrument
Maßnahmen sind bei Veränderungen am hierfür ist die zu schaffende Gesamtüber-
Arbeitsplatz, von Abläufen usw. erforder- sicht über die Arbeitsbedingungen für den
lichenfalls anzupassen. Ziel ist es, eine Gesamtbetrieb und hieraus abzuleitendes
systematische Arbeitsschutzpolitik der Handeln.
kontinuierlichen Verbesserung zu betrei-
Abbildung 2.5:
Aufbau eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
Systematischer Überblick
zum Stand der Arbeitsbedingungen
verschaffen
Kontinuierlicher Maßnahmenprogramm
Erreichten Stand
Verbesserungsprozess mit zu erreichenden
überprüfen
Zielen aufstellen
Maßnahmenprogramm
schrittweise umsetzen
22
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.6:
Was heißt „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“ nach § 5 ArbSchG?
durch
über Prozessorganisation
Vor-
bereiten
Durch- Über-
Ermitteln Beurteilen Festlegen
führen prüfen
Fort-
schreiben
23
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.7:
Arbeitssystemgestaltung mit den Ansatzpunkten T – O – P
Technik
∙ Maschinen, Geräte, Anlagen
∙ Arbeitsmittel
∙ Arbeitsstätten, Arbeitsplätze
∙ Arbeitsstoffe, Arbeitsgegenstände
∙ Fertigungsverfahren
Personal
Organisation
∙ Arbeitsorganisation, ∙ Führungsverhalten/Betriebsklima
Arbeitsstrukturierung ∙ Qualifikation (Wissen, Können)
∙ Arbeitsabläufe ∙ Handlungsbereitschaft (Motive,
∙ Arbeitsaufgaben, Einstellungen, Überzeugungen)
-inhalte ∙ Konstitution, Fitness
∙ Arbeitszeit, Pausen, ∙ Verhaltensregeln
Schichtsystem ∙ Unterweisung
24
2 Anforderungsprofil ...
Die Gewährleistung von Sicherheit und wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre
Gesundheit muss sich an der Hierarchie Umwelt meistern bzw. sie verändern kön-
der Ziele und Maßnahmen entsprechend nen. ... Gesundheit steht für ein positives
der Reichweite zur Gefahrenverhütung Konzept, das die Bedeutung sozialer und
orientieren (Rangfolge der Schutzmaßnah- individueller Ressourcen für die Gesund-
men im Sinne von § 4 ArbSchG). heit ebenso betont wie die körperlichen
Tätigkeiten.“ 2
Es sind ganzheitliche Gestaltungsansätze
zu verfolgen, die auch Anlagensicherheit Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
(Schutz vor Störfällen), Umweltschutz u.a. sind Prozesse
Aspekte einbeziehen.
– der Stärkung der körperlichen, seeli-
∙ Als Bestandteil des Arbeitsschutzes ist die schen und sozialen Leistungsvoraus-
zweckdienliche Gesundheitsförderung in setzungen des Menschen, die Verhalten
die Gesamtkonzeption der Gestaltung von und Verhältnisse gleichermaßen berück-
Arbeitssystemen einzuordnen. Gesund- sichtigen,
heitsförderung ist ein Prozess der Gesund-
heitserhaltung und -stärkung als Mobili- – die Wissen und Erfahrungen der Mit-
sierung der Herstellung von Bedingungen, arbeiter einbeziehen, Mitwirkungs-
die positives Denken und Fühlen und ein möglichkeiten an der Gestaltung des
optimales Maß an körperlicher Be- und betrieblichen Umfeldes zulassen,
Entlastung erlauben.1
– die zur Verbesserung der Bewältigungs-
„Gesundheitsförderung zielt auf einen mechanismen beitragen,
Prozess, allen Menschen ein höheres Maß
an Selbstbestimmung über ihre Gesund- – die die sozialen Beziehungen und
heit zu ermöglichen und sie damit zur Stär- gegenseitige Unterstützung der Mit-
kung ihrer Gesundheit zu befähigen. Um arbeiter fördern.
ein umfassendes körperliches, seelisches
und soziales Wohlbefinden zu erlangen, Maßnahmen der Gesundheitsförderung
ist es notwendig, dass sowohl der Einzelne umfassen vorrangig technische und or-
als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befrie- ganisatorische Maßnahmen der Arbeits-
digen, ihre Wünsche und Hoffnungen systemgestaltung sowie auch Maßnahmen
1
Empfehlungen zur Gesundheitsförderung im Betrieb. Hrsg.: Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung e.V. Bonn,
1991
2
Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1986
25
2 Anforderungsprofil ...
1
Kubitscheck, St.: Arbeit gesund machen – aber wie? Erfahrungen aus Modellprojekten der betrieblichen Gesund-
heitsförderung im Land Sachsen-Anhalt. In: gesina aktuell (1999), Nr. 2, S. 8 f.
2
Vgl. Udris, I.; Frese, M.: Belastung und Beanspruchung. In: Hoyos, C. Graf; Frey, D. (Hrsg.): Arbeits- und Organisa-
tionspsychologie. Weinheim 1999, S. 436 f.
26
2 Anforderungsprofil ...
„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erfor- Für einen guten betrieblichen Arbeits-
derlichen Maßnahmen des Arbeitsschut- schutz ist die Einhaltung von rechtlichen
zes unter Berücksichtigung der Umstände Vorgaben notwendig, aber nicht hinrei-
zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit chend.
der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflus-
sen.“ Wer Sicherheit und Gesundheitsschutz
ausschließlich wegen des gesetzlichen
Damit werden die Arbeitgeberpflichten so Zwanges realisiert, wird nur einen rudi-
ausgeweitet, dass eine prinzipielle Pflicht mentären Arbeitsschutz haben. Dies nicht
zur Prävention in Eigenverantwortung etwa, weil die Gesetze rudimentär wären,
des jeweiligen Betriebes besteht. Leitbild sondern weil Arbeitsschutz immer sehr
für die Gestaltung sicherer und gesund- konkret ist und diese Konkretheit durch
heitsgerechter Arbeitssysteme sind nicht die Vorschrift nicht erreicht werden kann.
ausschließlich Gesetze, Verordnungen und Zunehmend setzt der Gesetzgeber gerade-
andere Vorschriften. Zu berücksichtigen zu auf den Spielraum der Unternehmen.
sind der Stand der Technik sowie die sich Ein Beispiel hierzu ist: Wer die Beurteilung
entwickelnden sonstigen arbeitswissen- der Arbeitsbedingungen nach den §§ 5
schaftlichen Erkenntnisse. Entsprechend und 6 des Arbeitsschutzgesetzes so
eines zeitgemäßen, erweiterten Verständ- versteht, dass es darum geht, eine Doku-
nisses von Arbeitsschutz sind Problem- mentation zu allen festgestellten Gefähr-
kreise einbezogen, zu denen es derzeit dungen zu haben, die man der Gewerbe-
keine Vorschriften und Normen gibt (z.B. aufsicht vorweisen kann, der geht am
Arbeitsorganisation, Arbeitsinhalt). Maß- Grundanliegen des Arbeitsschutzgesetzes
stäbe hierfür muss sich der Betrieb selbst vorbei. Gefährdungsbeurteilung als Hand-
setzen. Der Betrieb soll für die jeweilige lungskonzept für eine Vervollkommnung
spezifische Situation unter Beachtung der Arbeitsbedingungen heißt, Gefährdun-
des Vorschriften- und Regelwerkes tätig gen aufzuspüren und zu beurteilen, um
werden. Das eigene Anspruchsniveau hieraus abgeleitet schrittweise die Situa-
sollte bei der Formulierung einer betriebs- tion zu verbessern. Wie das organisiert
spezifischen Arbeitsschutzpolitik – in wird, welche Instrumente genutzt werden,
Übereinstimmung mit den relevanten Vor- liegt im Ermessen des Betriebes. Also sind
schriften – festgelegt werden, aber nicht eigenverantwortlich Entscheidungen zu
nur auf Vorschriften gestützt. Der Betrieb treffen. Und sind hierbei Gefährdungs-
sollte sich ständig über neue Erkenntnisse ermittlung und -beurteilung auf solche
und neue Vorgehensweisen informieren, Aspekte reduziert, die im ersten Zugriff
und zwar in Bezug auf Analyse und Bewer- sichtbar sind, wie Unfallquellen, sicher-
tung von Gefährdungen und salutogenen heitstechnische und ergonomische Defi-
Faktoren sowie auch hinsichtlich neuer zite, so wird dies allein dem Anliegen des
Gestaltungskonzepte. Betriebes nach Schutz und Förderung der
27
2 Anforderungsprofil ...
1
Zukunftsfähige betriebliche Gesundheitspolitik. Vorschläge der Expertenkommission. Hrsg.: Bertelsmann Stiftung,
Hans-Böckler-Stiftung, Gütersloh 2004, S. 15 f.
28
2 Anforderungsprofil ...
∙ Arbeitsschutz erfordert eine konsequent III. Reaktives Handeln mit dem inhalt-
präventive Ausrichtung der Tätigkeit. lichen Verständnis des Vermeidens
Prävention umfasst alle Maßnahmen, von Gefährdungen
Mittel und Methoden, die eine solche vor-
beugende (vorgreifende) Gestaltung der IV. Reaktives Handeln mit Grenzwert-
Arbeitsbedingungen umfassen, sodass orientierung
vorausschauend (prophylaktisch) arbeits-
bedingte Gesundheitsschäden verhütet
29
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.8:
Das Präventionsportfolio
III I
Grenzwertorientierung
(bzw. Vorschri en-
orientierung)
IV II
Erfüllen von
Vorschri en Einhalten von
nach Ereignissen Grenzwerten
Ziel eines zeitgemäßen Arbeitsschutzes ist geteilt wird. Die zweite Dimension bezieht
ein Präventionsverhalten eines Betriebes sich auf das inhaltliche Verständnis des
im Feld I. Die in Abbildung 2.8 dargestell- Arbeitsschutzes. Auch hier wird – wie-
ten Strategien betreffen in einer ersten derum mit eher fließenden Übergängen –
Dimension das zeitlich orientierte Han- in den zwei Ansätzen Grenzwertorientie-
deln, das (mit fließenden Übergängen) rung und Gefährdungsvermeidung unter-
in die Ansätze reaktiv oder präventiv ein- schieden. Die Grenzwertorientierung wird
30
2 Anforderungsprofil ...
dadurch charakterisiert, dass hier die ∙ Prävention ist als durchgängiges Leitprin-
Ansicht vertreten wird, dass z.B. bis zu zip in allen betrieblichen Aufgabenfel-
einem gewissen Wert (dem Grenzwert) dern und entsprechendem Handeln der
Gefährdungen den Menschen nicht schä- Funktionsträger zu verfolgen. Das betrifft
digen. Als Grenzwerte werden häufig die in die Verankerung in unternehmerischen
Vorschriften und Regelwerken genannten Zielsetzungen und Strategien, die Erfül-
Werte herangezogen. Der zweite Ansatz, lung der Fürsorgepflicht durch ständiges
dass Gefährdungen prinzipiell zu vermei- Wahrnehmen der Verantwortung durch
den sind, geht von dem Ziel aus, dass die Führungskräfte in der Linie und auch die
Gesundheit des Menschen nicht nur zu Integration des Arbeitsschutzes in dispo-
schützen, sondern auch zu fördern ist. sitive betriebliche Aufgabenfelder. Umfas-
Beispiel für den Unterschied zwischen der sendes Präventionsverständnis bedeutet,
Grenzwertorientierung und dem Vermei- bei einer systematischen Einordnung der
den von Gefährdungen: Beim grenzwert- Arbeitsschutzerfordernisse in die betrieb-
orientierten Ansatz wird eine gewisse (bis liche Aufbau- und Ablauforganisation
zu einem – in aufwendigen Messreihen anzusetzen. So werden vorausschauend
ermittelten – Grenzwert) Beaufschlagung Defizite in den Arbeitssystemen vermie-
des Menschen durch radioaktive Strahlung den bzw. eingeschränkt.
zugelassen. Es heißt, dass bis zu diesem
Wert die Gesundheit nicht beeinträchtigt Der Arbeitgeber unterliegt einer allgemei-
wird, wobei anzumerken ist, dass teil- nen Organisationspflicht, der er in unter-
weise Grenzwerte durch neuere Erkennt- schiedlicher Art und Weise mit einem brei-
nisse um Zehnerpotenzen nach unten oder ten Ermessensspielraum und unter Nut-
oben korrigiert werden. Bei dem Ansatz, zung verschiedener Managementinstru-
dass Gefährdungen prinzipiell zu vermei- mente nachkommen kann. Dies betrifft
den sind, wird folgendermaßen argumen- auch die Organisation des betrieblichen
tiert: Es gilt als sicher, dass z.B. Radio- Arbeitsschutzes. Das Arbeitsschutzgesetz
aktivität gesundheitsgefährdend ist. Folg- formuliert in Umsetzung der EU-Rahmen-
lich soll so wenig wie möglich radioaktive richtlinie 89/391/EWG als Grundpflicht
Strahlung entstehen bzw. frei werden. des Arbeitgebers in § 3 Abs. 2 u.a., dass er
Die größte Wirksamkeit des Arbeitsschut-
zes tritt ein, wenn er in Planungs- und Kon- „... Vorkehrungen zu treffen (hat), dass
zeptphasen eingeordnet ist. Hier werden die Maßnahmen erforderlichenfalls bei
die Entscheidungen getroffen, welche die allen Tätigkeiten und eingebunden in
späteren Arbeitsbedingungen charakteri- die betrieblichen Führungsstrukturen
sieren. Versäumtes ist nur aufwendig oder beachtet werden und die Beschäftigten
zum Teil gar nicht korrigierbar. In Abbil- ihren Mitwirkungspflichten nachkommen
dung 2.9 (siehe Seite 32) werden Beispiele können.“
für Anlässe des Tätigwerdens genannt.
31
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.9:
Handlungsanlässe zum Tätigwerden im Arbeitsschutz
Präventive Gestaltung
Korrektive Gestaltung
Organisation Personal
32
2 Anforderungsprofil ...
schutz muss in allen betroffenen Funktio- bringen der Betroffenen ist dabei nicht
nen eines Betriebes, die Einfluss auf die schlechthin als Nutzung des Expertenwis-
Qualität des Arbeitsschutzes haben, ein zu sens der Beschäftigten zu sehen, sondern
beachtender Gesichtspunkt sein. Insofern auch als mögliche Maßnahme, Gesund-
geht integrativer Arbeitsschutz auch über heit unmittelbar zu stärken und zu fördern.
formale Aufgaben- und Kompetenzzuwei- Beteiligungsaktivitäten wirken direkt auf
sungen hinaus, erfordert seine Einord- das psychische Wohlbefinden.
nung in die verschiedenen Management-
systeme, wie insbesondere dem Prozess-, Erschließen von Expertenwissen der
Technologie-, Personal-, Produktmanage- Betroffenen und aktive Auseinander-
ment, aber auch dem Qualitäts- oder setzung mit gesundheitsrelevanten Frage-
dem Umweltschutzmanagement. Alle stellungen zur Förderung der Gesundheit
betrieblichen Bereiche müssen hinsicht- ergänzen sich. Lernstatt, Gesundheits-
lich des Arbeitsschutzes sensibilisiert zirkel u.a. sind hierbei Formen, die dieses
sein, selbstständig Handlungserforder- Potenzial erschließen.
nisse erkennen und daraus abgeleitet im
eigenen Auftrag tätig werden. Arbeits- ∙ Arbeitsschutz muss in die betriebliche
schutz muss Bestandteil des betrieblichen Organisation integriert sein. Grundlage
Alltagshandelns sein. hierfür ist der nationale Leitfaden für
Arbeitsschutzmanagementsysteme.1
∙ Ein zeitgemäßer Arbeitsschutz geht von Die Kernelemente (vgl. Abbildung 2.10
der Kritikfähigkeit und Selbstbestimmung auf Seite 34) sind in ihrer Gesamtheit
der Beschäftigten aus. Insofern geht es Richtschnur für betriebliches Führungs-
darum, den Beschäftigten nicht eingeengt handeln.
als zu schützendes Objekt zu behandeln,
sondern ihn als Träger eigener Gesund- ∙ Integrativer Arbeitsschutz erfordert eigene
heitskompetenzen zu betrachten und ihn Kritikfähigkeit des Betriebs, eine hieraus
als Experten an seinem Arbeitsplatz ein- entwickelte ständige Verbesserung des
zubeziehen. Betroffene sind zu Beteiligten integrierten Arbeitsschutzsystems und
zu machen. Damit ist ein Verständnis ver- entsprechende Weiterentwicklung des
bunden, das die Beschäftigten nicht nur Handelns im Arbeitsschutz im Sinne einer
als Adressaten sieht, sondern deren Erfah- selbst lernenden Organisation. Der Stand
rungswissen akzeptiert und nutzt. Dies ist der betrieblichen Arbeitsschutzarbeit soll
zugleich unschätzbar für die Akzeptanz kontinuierlich analysiert werden mit dem
von Sicherheitskonzepten. Aktives Ein- Ziel, Strategien zur weiteren Verbesse-
1
Leitfaden für Arbeitsschutzmanagementsysteme des BMWA, der obersten Arbeitsschutzbehörden der Länder, der
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und der Sozialpartner. Hrsg.: BAuA, Juni 2002
33
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.10:
Kernelemente des Arbeitsschutzmanagements
Arbeits-
schutzpolitik
Maßnahmen und -ziele Integration in
zur
die Führung
Verbesserung
rung zu entwickeln. Neben der Arbeit mit ∙ Arbeitsschutz hat eine proaktive Funktion.
Gefährdungsbeurteilungen soll auch ana-
lytische Arbeit zum Niveau und zur Ent- Arbeitsschutz darf nicht stehen bleiben bei
wicklung des Arbeitsschutzes im Betrieb einer Reaktion auf veränderte Anforderun-
insgesamt erfolgen. Hier eingeschlossen gen. Die Chancen genereller Entwicklungen
soll eine Analyse der Integration des müssen erschlossen werden. Hierin liegt
Arbeitsschutzes in das Management und gerade die Möglichkeit, neue Erkenntnisse
die Führungsaktivitäten sein. Hieraus ent- nutzbar zu machen für eine ständige Ver-
steht ein anpassungsfähiges integratives vollkommnung der Arbeitsbedingungen,
Arbeitsschutzsystem. wie dies im § 3 des Arbeitsschutzgesetzes
vom Arbeitgeber gefordert wird. Neuartige
Diese Selbstverantwortung ist zugleich Wirkprinzipien, moderne Informations-
auch der entscheidende Antrieb für Initia- und Kommunikationstechnologien müssen
tive, Kreativität und Aktivität im Arbeits- zur Innovation und auch zur Verbreitung
schutz. von Arbeitsschutzlösungen genutzt wer-
34
2 Anforderungsprofil ...
den. Überwinden von Arbeitsschutz- zeigt sich, dass Arbeitsschutz mehr ist
defiziten kann auch zum Innovations- als Vermeiden von Verlusten und Fehl-
schub im Betrieb durch technische und zeiten. Wertschöpfung und Vermeiden
organisatorische Veränderungen, durch unnötiger Kosten durch Beiträge zur Anla-
Flexibilisierung der Arbeitszeit usw. gensicherheit, durch geschlossene Stoff-
führen. Proaktiv heißt, dass der Arbeits- kreisläufe und hieraus resultierendem
schutz auch Förderer neuer Anstöße zur Vermeiden von Abfällen, durch zusätz-
Entwicklung in Technik und Organisa- liche kundenorientierte Angebote für
tion oder auch im Management sein kann Abnehmer und anderes bieten hier
und sein sollte. Indem der Arbeitsschutz Ansatzpunkte, die längst nicht erschlos-
die Integration seines Anliegens in sen sind. Der Arbeitsschutz ist kein ein-
betriebliche Managementkonzepte ver- seitiger kostentreibender Faktor, sondern
folgt, kann er zugleich Motor völlig neu- trägt direkt zur Wirtschaftlichkeit in der
artiger Organisationsstrategien sein Wertschöpfungskette bei.
und gibt unter Umständen Impulse für
neuartige Herangehensweisen an die ∙ Arbeitsschutz ist vernetzt durchzu-
betriebliche Organisation und die Restruk- setzen.
turierung von Betrieben.
Das Aufgabengebiet des Arbeitsschutzes
∙ Arbeitsschutz ist nutzenorientiert zu ist so vielseitig, dass es im Prinzip keine
betreiben. betrieblichen Aufgaben gibt, die den
Arbeitsschutz nicht berühren. Sicher-
Arbeitsschutz leistet durchaus Beiträge zur heitsfachliche Fragestellungen sind nicht
Innovation des Betriebes. Dies nicht nur isoliert zu behandeln, sondern in das
in Bezug auf das Suchen neuer Lösungen, Geflecht betrieblicher Ziele und Aufgaben,
sondern auch als markterweiterndes Feld. in sachlich-fachliche Gesamtzusammen-
Kundenservice verbunden mit der Sicher- hänge einzuordnen. Aus sehr unterschied-
heitsqualität der Produkte und Leistungen lichen Anlässen muss der Betrieb sehr
können zu entsprechenden Aufträgen viele verschiedene Aufgaben erfüllen.
führen, Zusatzangebote für die Integration Selbstverständlich ist der Arbeitsschutz
von Erzeugnissen in die Arbeitssysteme hierbei nicht der Nabel des betrieblichen
des Kunden unter kundenbezogener Handelns. Es bestehen unterschiedliche
Beachtung von Arbeitsschutzlösungen Ansatzpunkte für die betriebliche Organi-
und anderes mehr stehen auf der Tages- sation, auch aus Sicht unterschiedlicher
ordnung. Fachgebiete oder Wissenschaftsdiszipli-
nen.
Proaktiver Arbeitsschutz ist aber auch zu-
gleich das Erschließen von Beiträgen des Aus diesen verschiedenen Ansätzen
Arbeitsschutzes zur Wertschöpfung. Hierin heraus müssen im Betrieb Aufgaben zuge-
35
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.11:
Charakteristische Merkmale des Wandels in den Auffassungen von Sicherheit und Gesundheit
36
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.11:
(Fortsetzung)
37
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.12 stellt Bausteine eines zeit- Aus den beschriebenen Einflüssen entste-
gemäßen Verständnisses von Sicherheit und hen Veränderungen in den Anforderungen an
Gesundheit zusammen. das betriebliche Handeln zur Gewährleistung
von Sicherheit und Gesundheit. Dieser Wan-
del wird mit den in Abbildung 2.13 aufgeführ-
ten Stichworten charakterisiert.
Sicherheit und
Gesundheit Leitprinzip Beteiligung
Risiken vermeiden Prävention der Beschäftigten
Gesundheit fördern
Integration von
Menschengerechte Sicherheit und
Abbildung 2.12: Kontinuierliche Arbeitsgestaltung Gesundheit
Bausteine eines Verbesserung
T–O–P in die Betriebs-
zeitgemäßen Verständ- organisation
nisses von Sicherheit
und Gesundheit
Anliegen aller
additiv expertenorientiert integrativ
Funktionsträger
38
2 Anforderungsprofil ...
2.2 Rolle und Aufgaben Das ASiG stellt mit § 6 keine abgeschlossene
der Fachkraft für Arbeitssicherheit Zusammenstellung der Aufgaben der Fach-
kräfte für Arbeitssicherheit zusammen, son-
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit hat die dern hat durch diese offene Formulierung
Aufgabe, den Arbeitgeber in allen Fragen der einen dynamischen Aufgabenkatalog. Die
Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten neue Ausbildung muss also auch von den
zu beraten und zu unterstützen. Darüber neu fixierten Pflichten des Arbeitgebers und
hinaus hat sie Unterrichtungs- und Bera- dem zeitgemäßen Arbeitsschutzverständnis
tungspflichten gegenüber dem Betriebs- ausgehen.
bzw. Personalrat. Die Anforderungen werden
in Abbildung 2.14 umrissen. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit kann
unter diesen Gesichtspunkten kein Allround-
spezialist sein. Dies hat unterschiedliche
Gründe:
Abbildung 2.14:
Anforderungen an Arbeitgeber und Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Anforderungen Anforderungen
ArbSchG ASiG
§§ an den an die Fachkraft §§
Arbeitgeber für Arbeitssicherheit
• Umfassende, vorausschauende
Handlungspflicht hinsichtlich Arbeitgeber unterstützen
Sicherheit und Gesundheit
• Risikoorientiertes Vorgehen beim Arbeitsschutz
und bei der Unfallverhütung
• Kontinuierliche Verbesserung
der Arbeitsbedingungen
in allen Fragen
• Geeignete Organisation der Arbeitssicherheit
• Integration des Arbeitsschutzes
in alle Führungsebenen einschließlich
und Tätigkeiten der menschengerechten
Gestaltung der Arbeit
• Voraussetzungen schaffen zur
Mitwirkung der Beschäftigten
39
2 Anforderungsprofil ...
∙ Gewachsene Komplexität und Vielfalt des Die Fachkraft für Arbeitssicherheit berät und
Aufgabengebietes Arbeitsschutz unterstützt insbesondere zu folgenden Auf-
gabenkomplexen:
∙ Mannigfaltigkeit des verfügbaren Wissens
mit Verfall alter und Entstehen neuer ∙ Ermitteln und Beurteilen von arbeits-
Erkenntnisse zu diesen vielfältigen Auf- bedingten Unfall- und Gesundheits-
gaben, das ständige Hervorbringen neuen gefahren und von Faktoren zur Gesund-
Wissen heitsförderung
40
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.15:
Handlungsschritte der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Weiter-
führende Analyse
Schluss-
Wirkungs- Beurteilung
folgerungen
kontrolle
Ziel:
Gestaltung sicherer Setzen
Durch- und und gesundheitsgerechter von
Umsetzung
Arbeitssysteme Zielen
der Lösung
Entwicklung
Auswahl von Lösungs-
der Lösung alternativen
41
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.16:
Charakteristische Anforderungen an den Arbeitsstil der Fachkraft für Arbeitssicherheit
zum Anwenden der Fachkunde
aktiv voraus-
präventiv neue
schauend
systematisch Erkenntnisse
anwenden aufspüren
konstruktiv
übergreifend helfend,
denkend Fachkunde engagiert
argumentativ
flexibel
überzeugend
effektiv partizipativ
kooperativ integrierend
42
2 Anforderungsprofil ...
43
2 Anforderungsprofil ...
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit setzt Die Arbeit der Fachkraft für Arbeitssicherheit
eigenverantwortlich Schwerpunkte für ihre hat je nach Ansatzpunkt eine unterschied-
Arbeit und geht systematisch vor. Bera- liche Wirksamkeit (vgl. Abbildung 2.18). Die
tung und Unterstützung des Arbeitgebers Komplexität der Aufgaben steigt von der
zu allen Fragen des Arbeitsschutzes erfol- Beschäftigung mit unfall- und krankheitsbe-
gen in vielfältiger Art und Weise. wirkenden Faktoren über die Gestaltung von
sicheren und gesundheitsgerechten Arbeits-
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit hilft systemen hin zur Integration des Anliegens
aktiv und vorausschauend, ist fortschritts- des Arbeitsschutzes in die betriebliche
orientiert, zeigt Möglichkeiten der Ver- Aufbau- und Ablauforganisation. Die zuneh-
änderung. Sie muss überzeugend und mende Komplexität der Aufgabenbereiche
sachbezogen argumentieren. bedingt auch eine größere Wirksamkeit.
1
Vgl. Sonntag, K.; Schaper, N.: Personale Verhaltens- und Leistungsbedingungen. In: Hoyos, C. Graf; Frey, D. (Hrsg.):
Arbeits- und Organisationspsychologie. Weinheim, 1999, S. 298-301
44
2 Anforderungsprofil ...
ethische präventiv
Grundhaltung tätig werden
kooperativ,
Problemlöser aktiv
kommunikativ,
partizipativ
Prozessmanager eigenständig
Unterstützer handeln
handeln
mit anderen
sicherheitsrelevanten integrative
Aufgaben vernetzen Ansätze nutzen
Abbildung 2.17:
eigene Rolle im Betrieb vermitteln Zeitgemäßes Rollenver-
ständnis der Fachkraft
Hoch für Arbeitssicherheit
Arbeitsschutz in
der Aufbau- und
Ablauforganisation
des Betriebs
der Unterstützung
Wirkungsgrad
Arbeitssystem- T
gestaltung O P
T
Unfall- und
Abbildung 2.18:
krankheitsbewirkende
Niedrig
Wirkungsgrad der
Faktoren Unterstützung durch
die Fachkraft
für Arbeitssicherheit
45
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.19:
Entwicklungstendenzen der Rolle der Fachkraft für Arbeitssicherheit
von zu
nachhaltiger Sicherheit
Arbeitsschutz
durch Integration
durch Organisation vor Ort
in betriebliches Management
Beauftragter Prozessmanager;
der Unternehmensführung integriert in Unternehmensführung
Abbildung 20:
Qualifikationsverständnis
Qualifikation
Fachkompetenz Methodenkompetenz Sozialkompetenz
∙ Fachspezifisches Wissen, ∙ Fähigkeit, Fachwissen zu ∙ Teamfähigkeit
Grundlagen nutzen, zu kombinieren und ∙ Kooperationsfähigkeit
∙ Fachübergreifendes Wissen zu ergänzen ∙ Kommunikationsfähigkeit
(z.B. Ablauf- und Produktions- ∙ Entwicklung von Abstrak- ∙ Toleranz
zusammenhänge) tionsfähigkeit Lernbereit- ∙ Verantwortungsbewusstsein
schaft, Systemdenken, Pla-
nungs-, Problemlösungs- und
Entscheidungsfähigkeit
46
2 Anforderungsprofil ...
47
2 Anforderungsprofil ...
48
2 Anforderungsprofil ...
Argumen- Konflikt-
tations- lösungs-
techni- techniken
ken Nutzung
Fachwissen
handlungs- von
wirksam trans- Gesprächs-
ferieren leitfäden
49
2 Anforderungsprofil ...
Im Zentrum der Anforderungen steht für die solchen Prozessen die wirksamsten Ein-
Fachkraft für Arbeitssicherheit natürlich ihre griffstellen für eine Intervention? Mit wel-
umfassende Fachkompetenz zu allen Aspek- chen Maßnahmen nach der Hierarchie der
ten von Sicherheit und Gesundheit. Aber Ziele erreiche ich die größte Reichweite
diese Fachkompetenz muss gepaart sein mit und Nachhaltigkeit bei der Intervention?).
Methoden- und Sozialkompetenz. Je nachdem, von welchen Modellen und
Leitbildern die Fachkraft für Arbeitssicher-
2.3.4 Schlüsselqualifikationen heit ausgeht, entsteht ein unterschied-
liches Niveau der Gestaltungslösung.
Um überhaupt die vielfältigen Anforderun- Solche Leitvorstellungen sind insofern
gen beherrschen zu können, müssen soge- wesens-bestimmend für die Aufgaben-
nannte Schlüsselqualifikationen vorhanden bewältigung. Beispielsweise kann für eine
sein. Schlüsselqualifikationen sind Kennt- Problemlösung als ein solches Modell das
nisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die zu erweiterte Belastungs-Beanspruchungs-
den konkreten Einzelaufgaben der Fachkraft Konzept zugrunde gelegt werden. Bei
für Arbeitssicherheit zunächst keinen direk- Orientierung an einem stark vereinfachten
ten Bezug haben, die es aber ermöglichen, gedanklichen Modell würde die Lösung
die Gesamtpalette möglicher unvorhergese- eines arbeitsorganisatorischen Problems
hener oder neu entstehender Aufgaben zu sicher nur eingeschränkt erfolgen. Indivi-
erschließen und dann auch zu bewältigen. duelle Handlungsspielräume als Anforde-
Mit ihnen ist das Beherrschen von Aufgaben rung an die Lösung würden möglicher-
in den unterschiedlichen ganz konkreten weise nicht berücksichtigt. Bei Orientie-
betrieblichen Situationen möglich. Zu sol- rung an einem komplexeren Stresskonzept
chen Schlüsselqualifikationen der Fach- als gedanklichem Modell würden aber
kraft für Arbeitssicherheit gehören insbeson- diese Handlungsspielräume einen hohen
dere Stellenwert in der Problemlösung erhalten.
In beiden Fällen hat sich das „Fachwissen“
∙ Fähigkeit, Fachwissen auf konkrete als solches nicht geändert. Es bleibt als
Problemfelder anwenden zu können konstantes Wissensangebot erhalten.
und dabei von Denkmodellen und Die gedanklichen Modelle und Leitbilder
Leitbildern auszugehen üben jedoch ganz verschiedenartige
„Filterwirkungen“ aus. Dadurch wird das
Solche Denkmodelle sind beispielsweise Fachwissen in unterschiedlicher Art und
das systematische Verständnis der Ent- Weise ausgeschöpft. Abbildung 2.22 stellt
stehung von Gesundheitsschäden (Wie wichtige Erklärungs- und Denkmodelle
entstehen Unfälle? Wie verläuft ein Krank- zusammen.
werdungsprozess?), des Belastungs-
Beanspruchungs-Konzepts, aber auch
von Interventionsansätzen (Wo liegen in
50
2 Anforderungsprofil ...
Abbildung 2.22:
Wichtige Erklärungs- und Denkmodelle als Schlüsselqualifikation der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Ganzheitlicher Arbeitsschutz
Präventionsverständnis Integrationsverständnis
Kooperationsverständnis
Entstehungszusammenhänge von
• Unfällen Interventionsstrategien;
• arbeitsbedingten Erkrankungen Rangfolge von Maßnahmen
• Förderung der Gesundheit
Arbeitssystemverständnis
mit Ansatzpunkten T – O – P
Systematisches Vorgehen
51
2 Anforderungsprofil ...
52
3 Ablauf und Aufbau der Ausbildung
Die Ausbildung zur Fachkraft für Arbeits- Auf der Grundlage des Fachaufsichtsschrei-
sicherheit ist in die drei Ausbildungsstufen bens des BMA vom 29. Dezember 1997
haben sich die Bundesanstalt für Arbeits-
I Grundausbildung schutz und Arbeitsmedizin und der Haupt-
verband der gewerblichen Berufsgenossen-
II Vertiefende Ausbildung und schaften auf ein Referenzmodell1 verstän-
digt, dessen Gesamtstruktur mit Abbil-
III Bereichsbezogene Vertiefung dung 3.1 (siehe Seite 54) gezeigt wird.
und Erweiterung der Fachkunde
Als generelles Leitziel der Ausbildung gilt:
unterteilt. Die Stufen sind zusammenhän-
gende Teile der Ausbildung und bauen auf- Der Lernende soll als künftige Fachkraft für
Arbeitssicherheit befähigt werden, die Rollen-
einander auf. anforderungen und das Aufgabenspektrum
entsprechend dem Anforderungsprofil in der
Begleitend ist ein Praktikum zu leisten. betrieblichen Praxis unter dem dort gegebenen
Handlungsrahmen auszufüllen.
Die Ausbildung erfolgt differenziert ent-
sprechend der Vorqualifikation als Ingenieur
bzw. Techniker/Meister. Die Ausbildung Die notwendige Qualifikation der Fachkraft
zu Sicherheitsingenieuren einerseits für Arbeitssicherheit umfasst Fach-, Metho-
und Sicherheitstechnikern bzw. -meistern den- und Sozialkompetenz. Das heißt für die
andererseits unterscheidet sich im grund- Ausbildung:
legenden Aufbau in den Ausbildungsstufen
nicht. Die inhaltliche Ausgestaltung erfolgt ∙ Es geht um praxisbezogenes Grundlagen-
in den Präsenzseminaren modifiziert für wissen und Können.
die beiden Zielgruppen entsprechend des
unterschiedlichen Anforderungsprofils ∙ Es geht um Handlungskompetenzen.
sowie der unterschiedlichen Lernvoraus-
setzungen. ∙ Es geht um Motivieren zum engagierten
Tätigsein, um Einstellungen, Werthaltun-
gen und Gefühle zum Arbeitsschutz.
1
Die Ausbildungsinhalte können grundsätzlich auch in einer anderen Struktur vermittelt werden. Diese Ausbildungs-
gänge müssen auf der Basis der in diesem Bericht beschriebenen Ausbildungskonzeption gestaltet werden und eine
gleichwertige Ausbildung sicherstellen. Dies trifft für den vom DGUV für die Unfallkassen angebotenen Fernlehrgang
(siehe Anhang 2) zu.
53
3 Ablauf und Aufbau der Ausbildung
Abbildung 3.1:
Struktur der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit
Ausbildungs-
stufe I
Präsenzphase III
2 Wochen
Selbstlernphase III Praktikum
Ausbildungs-
stufe II
LEK 2
Präsenzphase IV – 1 Woche LEK 3
Ausbildungs-
Präsenzphase V – bis 1 Woche
stufe III LEK 4
Die Gesamtkonzeption der Ausbildung ist pelt mit unterschiedlichen Formen und
ein aufeinander aufbauendes Lernkonzept, Medien des Selbstlernens direkt im Betrieb
als handlungsorientierte und strukturierte oder zu Haus sowie auch mit Kompetenz-
Konzeption (vgl. Kapitel 4). Es wird aufge- erwerb im Praktikum (vgl. Abbildung 3.1). Die
zeigt, was die Teilnehmer in welchen Schrit- Lerneinheiten der einzelnen Phasen stehen
ten aufeinander aufbauend lernen sollen. nicht ohne Zusammenhang neben bzw.
hintereinander, sondern sind miteinander
3.1 Präsenz- und Selbstlernphasen verzahnt. Abbildung 3.2 charakterisiert
den Wechsel zwischen Präsenz- und Selbst-
Die Ausbildung zur Fachkraft für Arbeits- lernen.
sicherheit geht davon aus, dass Wissen und
Können mit unterschiedlichen Ausbildungs- Lernen wird mit diesem Konzept individua-
formen und Medien erworben werden. lisierbar und den Möglichkeiten des Indi-
Präsenzlernen in Seminarform wird gekop- viduums sowie den Bedingungen des
54
3 Ablauf und Aufbau der Ausbildung
Abbildung 3.2:
Verzahnung von Präsenz- und Selbstlernformen
Selbst-
Präsenz
lernen
Entwicklung Didaktische
aufgaben- Ausrichtung
bezogener auf Handlungs-
Qualifikation Zeitgemäßes kompetenzen
Rollenverständnis
55
3 Ablauf und Aufbau der Ausbildung
56
3 Ablauf und Aufbau der Ausbildung
57
3 Ablauf und Aufbau der Ausbildung
58
4 Leitlinien und Schwerpunkte
der Ausbildung
Die Konzeption der Ausbildung zur Fach- Das Aufgabenspektrum der Fachkraft für
kraft für Arbeitssicherheit orientiert sich an Arbeitssicherheit umfasst demnach zwei
dem im Anforderungsprofil (siehe Kapitel 2) grundlegende Schwerpunkte, nämlich
beschriebenen Generalistenbild der Fach- Unterstützung zu bieten bezüglich
kraft für Arbeitssicherheit.
• Gestaltung sicherer und gesundheits-
Die Ausbildungskonzeption wurde konse- gerechter Arbeitssysteme und
quent aus dem zeitgemäßen Arbeitsschutz-
verständnis sowie dem neu entstandenen • Gestaltung des Arbeitsschutzmanage-
Aufgaben- und Rollenverständnis der Fach- ments (d.h. Integration des Arbeitsschut-
kraft für Arbeitssicherheit abgeleitet (vgl. zes in die betriebliche Aufbau- und Ablauf-
Abbildung 4.1). organisation).
Abbildung 4.1:
Konzeptentwicklungsstufen
Lernziele
Rolle Lerninhalte
Sicherheit
und Gesundheit
bei der Arbeit Struktur
Aufgaben
Didaktisches
Konzept
59
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
60
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Lernziele beziehen sich insofern auf den in der Ausbildung berücksichtigt werden
kognitiven und auf den affektiven Bereich. (vgl. Abbildung 4.2).
Die unterschiedlichen Lernbereiche müssen
Abbildung 4.2:
Lernbereiche
ten nen
s Be
de
Tra
Fak atio
Üb ieren
an re
in
en
t
ich
rs
orm
Ve
de
Inf
des
sK
Manuelle
Wissen
önnen
und geistige
Bereich
Kenntnisse
Fertigkeiten
Verstehen
Fähigkeiten
Gefühle s
Motivation
Interessen
Einstellungen
Verantwortungs-
bewusstsein
Be s
re i c h len
d e s Wo l
Erlebnisse
Erfahrungen
61
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Für die Ausbildung wird zielgerichtet und prüfen, und sie enthalten Orientierungen für
differenziert beschrieben, was mit der Aus- die Lernerfolgskontrolle.
bildung insgesamt und in ihren einzelnen
Teilen gelernt werden soll. Lernziele ermög- Diese allgemeinen Ziele werden in den
lichen es, die Auswahl von Inhalten und verschiedenen Ausbildungsabschnitten
Methoden anhand der Zielvorstellungen zu konkretisiert.
Beispiel:
Was soll die Fachkraft zu „Lärm“ wissen und können?
Sie benötigt auf keinen Fall Spezialwissen dazu, wie Schall entsteht oder sich ausbreitet, noch weni-
ger Spezialwissen zu den sehr differenzierten Möglichkeiten, wie Schall zu messen und zu bewerten
ist. Grundlegende Kenntnisse hierzu sind wichtig, aber kein Spezialwissen. Die Fachkraft für Arbeits-
sicherheit muss Mess- und Grenzwerte einordnen können.
Aber noch entscheidender sind Strategien zum Bekämpfen des Lärms. Wichtig ist das Wissen darüber,
welche relativ schwachen Effekte beim Auskleiden von Räumen mit absorbierenden Materialien
entstehen, welche noch schwächeren Effekte Gehörschutzmittel bewirken. Sie soll wissen, welche
überragende Bedeutung das Bekämpfen von Lärm an der Quelle besitzt und wie hierbei das Umfeld
einbezogen werden muss, um wirklich Arbeitssysteme zu gestalten.
Und die Fachkraft soll wissen: Wer ist hinzuzuziehen, wenn solche Probleme auftreten? Wie sind hier-
zu Entscheidungen vorzubereiten? Mit wem kann sie sich verbünden? Wie schwierig sind erforderliche
Veränderungen durchzusetzen? Wie sind solche Schwierigkeiten zu meistern?
Die Ausbildung soll die Fachkraft also nicht zum Spezialisten für Lärmbekämpfung entwickeln. Es
wird demzufolge nicht das gesamte Fachwissen hierzu angeboten. Sondern: Die Fachkraft wird zum
Fachkundigen für ein Beurteilen und Einordnen des Lärms als gefährdenden (krankheitsbewirkenden)
Faktor mit sehr komplexen Wirkungen auf den Menschen, der neben Lärmschwerhörigkeit sehr viele
verschiedene extraaurale Wirkungen hervorruft, der zum verletzungsbewirkenden Faktor werden, der
aber im bestimmten Umfang auch gesundheitsfördernde Wirkungen aufweisen kann. Also auf keinen
Fall sehen wir den Lärm einseitig aus Sicht der möglichen Berufskrankheit. Hierauf aufbauend sind
Konzepte wichtig, und zwar als grundlegende Anforderungen an Arbeitssysteme. Und: Wie ist das
Problemfeld in betriebliche Strukturen und Abläufe einzuordnen?
Der Lerninhalt ist immer aus Sicht des Tätigseins der Fachkraft für Arbeitssicherheit zu bestimmen.
Das ist nicht nur für die Gesamtkonzeption wichtig, sondern betrifft auch Anforderungen an den
Dozenten, der nicht sein Wissen als Lärmspezialist vermitteln darf, sondern der sich ebenfalls auf den
Stuhl der Fachkraft setzen muss.
62
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Die Gesamtkonzeption der Ausbildung geht men? Soll Überblickwissen entstehen, sollen
nicht von der Frage aus: Was könnte man Grundkenntnisse erworben werden, sind ver-
alles machen? Sondern: Für welche beruf- tieft systematische Kenntnisse anzustreben?
liche Anwendung ist zu lernen? Welche
helfenden Inhalte und Methoden sind den Lernziele und Lerninhalte wurden in ihrer
Teilnehmern anzubieten, damit sie wirklich Wechselwirkung Gegenstand der Konzep-
zu den erforderlichen Kompetenzen kom- tion.
Beispiel:
Wie tief muss Kompetenz im Hinblick auf konkrete Maßnahmen zum Gestalten von Arbeitssystemen
entwickelt werden? Zuerst war also das Lernziel bezüglich der Gestaltung von Arbeitssystemen zu
klären. Das Gesamtkonzept geht jetzt davon aus, dass für die Fachkraft das Setzen von Zielen ent-
scheidend ist und ihre explizite Aufgabe darin besteht, solche Ziele als Soll-Zustände von Arbeits-
systemen zu beschreiben. Ziele müssen sachkundig und systematisch abgeleitet werden können.
Konkrete Gestaltungslösungen muss die Fachkraft nicht unbedingt selbst entwickeln. Sie soll das
Suchen von Lösungen initiieren, diesen Prozess moderieren und die Beteiligten motivieren. Sie soll
weiterhin maßgeblich ihr Urteil beim Bewerten von Lösungsvorschlägen einbringen. Insofern soll sie
Anforderungen an die Arbeitssysteme kennen. Aber sie muss Lösungen nicht direkt selbst entwickeln
können. Das entspricht ihrer Generalistenfunktion. Wenn konkrete betriebliche Situationen mehr
erfordern sollten, so gehört dies in die Fortbildung. Die Ausbildungskonzeption legt sehr viel Wert
darauf, dass Ziele abgeleitet werden können. Beim Entwickeln von Lösungen aber besteht eine andere
Messlatte, nämlich die des aktiven Begleitens und Beurteilens durch die Fachkraft für Arbeitssicher-
heit. Das erfordert sehr unterschiedliche Lerninhalte, die sich aus diesen differenzierten Ansätzen für
Lernziele ergeben.
Vor solchem Hintergrund wurden die prinzipiellen Inhalte der Ausbildung ausgewählt und
das Gesamtwissen zum Arbeitsschutz entsprechend reduziert.
63
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
64
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.3:
Strukturierungsmöglichkeiten der Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Gefährdungsfaktoren,
Gesundheitsfördernde Vorgehensweise der
Faktoren Fachkraft für
Arbeitssicherheit
Aufgaben
Unterstützungsfeld: der Fachkraft
Gestaltung von für Arbeits-
Arbeitssystemen sicherheit
Formen der
Unterstützungsfeld: Unterstützung
Sicherheits- und Gesundheits-
schutzmanagement
Das Gesamtkonzept basiert auf der beruf- Den Lernvoraussetzungen hinzuzufügen sind
lichen Ausgangsqualifikation, auf berufs- nun weitere Bausteine, die aus den Anforde-
praktischer Tätigkeit – also auf den Zugangs- rungen an die Fachkraft für Arbeitssicherheit
voraussetzungen zur Ausbildung – sowie resultieren, und zwar
auf allgemeiner Lebenserfahrung (und damit
sind auch persönliche Voraussetzungen und • aufgabenbezogene Qualifikationsfelder,
Erfahrungen gemeint, die künftige Fachkräfte
für Arbeitssicherheit einbringen müssen). • Qualifikationsfelder, die sich aus dem
Diese Bausteine bilden Lernvoraussetzun- Rollenverständnis der Fachkraft ergeben,
gen der Teilnehmer an der Ausbildung (vgl.
Abbildung 4.4 auf Seite 66). • handlungsbezogene Qualifikationsfelder.
65
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.4:
Grundaufbau der Qualifikation
Handlungsbezogene
Qualifikation
Aufgabenbezogene Rollenverständnisbezogene
Qualifikation Qualifikation
Berufliche
Ausgangsqualifikation
∙ Ingenieur Berufspraktische Allgemeine
∙ Techniker Tätigkeit Lebenserfahrung
∙ Meister
66
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.5:
Stränge der Lernabschnitte der Grundausbildung (Ausbildungsstufe I)
nis
ständ
enver
ufgab schrit
te tigkeit
- und A lungs der Tä
Rollen H a nd Inhalt
Basiswissen zu Gefährdungsfaktoren
und gesundheitsfördernden Faktoren
67
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.6:
Qualifikationsfelder der Ausbildung
Handlungsanlässe
Analyse
Verständnis vom Entstehen Menschen- Generalisten-,
von Verletzungen und bild; Werte- Spezialisten-
arbeitsbedingten Beurteilung verständnis verständnis
Erkrankungen sowie
zu Interventionsansätzen Setzen von Zielen
Ganzheitliches Integrations-
Arbeits- Entwicklung v. Lösungsalternativen Arbeitsschutz- verständnis
Gefährdungs- system- verständnis
faktoren; gestaltung
mit den Auswahl der Lösung
Gesundheits-
fördernde Ansatz- Präventions- Kooperations-
Faktoren punkten Durch- und Umsetzen der Lösung verständnis verständnis
T–O–P
Wirkungskontrolle
Arbeits- Vor-
schutz- schriften- ... Identifikation
management und mit dem Beruf
Regelwerk Handlungsbezogene
Qualifikation
Aufgabenbezogene Rollenverständnisbezogene
Qualifikation Qualifikation
68
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Bewegungsergonomie ist Bestandteil ver- finden, ohne dass das Ganze ein Kompro-
schiedener Lerneinheiten, insbesondere zur miss wird. Und so sind bei Einzelgebieten
Arbeitsstrukturierung und zur Arbeitsorgani- zum Teil erhebliche Abstriche1 gemacht
sation. worden, um die Ausbildung nicht zu über-
frachten.
Psychologie der Arbeitssicherheit benötigt
die Fachkraft nicht als Wissenschaftsgebiet, 3. Leitlinie:
sondern – bezogen auf die Leistungsvoraus- Lernprozessorientierung als struktur-
setzungen des Menschen als zentralem Aus- bestimmendes Merkmal der Gesamt-
gangspunkt aller Gestaltungserfordernisse – konzeption
als Verständnis psychischer Faktoren des
Arbeitsprozesses, die möglicherweise zu Die Gesamtkonzeption beachtet didaktische
Erkrankungen führen können und deshalb Phasen:
der Gestaltung bedürfen. Die Erkenntnisse
der Psychologie sind Teil des Vermittelns von So besitzt der Lernabschnitt I2 als Anfangs-
Kompetenzen zum Gestalten von Verhaltens- situation zu Beginn der Ausbildung den
regeln, Hintergrund für Strategien zum Ent- Charakter einer orientierenden Phase für
wickeln arbeitsschutzgerechten Handelns, die gesamte Ausbildungsstufe. Der Lern-
für Aufgaben bezüglich der Information und abschnitt XXI ist als Schlusssituation für die
Motivation von Führungskräften usw. Grundausbildung zu sehen. Dazwischen
liegt ein wechselndes und aufbauendes
Eingeordnet wird nicht das gesamte Wissen Behandeln von Aufgabenfeldern und Vor-
der Arbeitswissenschaft mit all ihren Bestand- gehensweisen, die lernprozessorientiert
teilen. Es sind solche Teile ausgewählt wor- aneinandergereiht wurden. Die Verzahnung
den, die Aufgaben- und Handlungsbezug für von Präsenz- und Selbstlernen wird ebenfalls
die Fachkraft für Arbeitssicherheit haben. durch spezifische Lernabschnitte hergestellt.
Immer am Ende eine Präsenzphase wird ein
Jede einzelne Disziplin, jedes Aufgaben- Ausblick auf die Selbstlernphase gegeben,
gebiet, jeder Spezialist strebt erst einmal zu Beginn einer Präsenzphase wird die
danach, seine Anliegen möglichst vollstän- Selbstlernphase aufgearbeitet.
dig in die Ausbildung einzuordnen. Beim
Entwickeln der neuen Konzeption kam es Im Verlauf der Ausbildung werden zunächst
darauf an, bezogen auf die Anforderungen Gefährdungsfaktoren und gesundheits-
an die Fachkraft, tragfähige Kompromisse zu fördernde Faktoren behandelt. Dann wird
1
Mit ein Anliegen der Ausbildung ist es aber auch, die Fachkraft zum selbstständigen Erarbeiten von neuen fachlichen
Inhalten zu befähigen.
2
Die Aufteilung auf Lernabschnitte wird in Kapitel 5 zusammengestellt.
69
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
dieses Wissen angewandt auf Zusammen- zept vermittelt Vorschriftenwissen als Über-
hänge, die beim Gestalten sicherer und sicht zum Vorschriftenwerk, als sachbezo-
gesundheitsgerechter Arbeitssysteme eine gene Anwendung der Vorschriften in den ver-
Rolle spielen. Hierbei wird das Wissen über schiedenen Lernabschnitten jeweils tätig-
Faktoren sowohl vertieft als auch auf unter- keitsbezogen sowie als Handlungswissen
schiedliche praktische Gestaltungsobjekte zum Umgang mit dem Vorschriftenwerk.
angewandt. Erst nachdem Anforderungen an
Arbeitssysteme klar sind, können dann Kom- Analog ist das zu verschiedenen fachwis-
petenzen zur Unterstützung des Sicherheits- senschaftlichen Sachkomplexen zu sehen.
und Gesundheitsschutzmanagements erwor- Beispielsweise wird Ergonomie nicht als
ben werden. So ist es möglich, Einsichten für selbstständiger Lernabschnitt eingeordnet,
eine Aufbau- und Ablauforganisation usw. sondern bezogen auf die Tätigkeit der Fach-
von der Basis her aufzubauen. Es erfolgte kraft, auf die Faktoren in Arbeitssystemen,
kein Aneinanderreihen nach der Bedeutung auf die konkreten Unterstützungsaufgaben
für die Tätigkeit der Fachkraft für Arbeits- zur Gestaltung von Arbeitssystemen in den
sicherheit – dann hätte das Management unterschiedlichen Handlungsschritten.
viel weiter vorn stehen müssen –, sondern
danach, wie Verständnis schrittweise ent-
wickelt werden kann. 4. Leitlinie:
Verinnerlichen von grundlegenden
An einem Beispiel verdeutlicht: Wichtiger als Modellen durch aufeinander aufbauendes
das nachträgliche ist das vorausschauende schrittweises Entwickeln und Vertiefen
Ermitteln von Gefährdungen. Trotzdem
wird mit dem nachträglichen Ermitteln von
Gefährdungen über Unfälle, Erste-Hilfe-Fälle, Erklärungsmodelle haben die Aufgabe,
Störungen, arbeitsbedingte Erkrankungen, Sachverhalte abstrakt und systematisch
der Palette von Indikatoren, die solche darzustellen. Sie sollen helfen, Sachverhalte
Erkrankungen signalisieren, begonnen. in der Realität verstehen und erklären zu
Dieses Erfahrungswissen muss erst vorhan- können. Die folgenden zwei Beispiele sollen
den sein, wenn das Methodenwissen und diese Leitlinie verdeutlichen:
das Können zur vorausschauenden Gefähr-
dungsanalyse erworben werden soll. 1. Das ganzheitliche Arbeitsschutz-
verständnis ist ein zentrales Modell.
Ein weiteres Beispiel, das belegt, dass keine
Strukturierung der Ausbildung nach fach- Eine ganzheitliche Sicht des Arbeits-
logischen Gesichtspunkten erfolgt: Es wer- schutzes wird bereits im ersten Lern-
den nicht einzelne Vorschriften in der abschnitt erarbeitet. Damit ist das zeit-
Gesamtheit behandelt, sondern nach ihrem gemäße Arbeitsschutzverständnis aber
Anwendungsbezug. Das Ausbildungskon- nicht umfassend entwickelt. Es würde
70
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
71
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
1
In der Ausbildung werden sowohl Handlungsschritte zum Erreichen des Ziels „Gestaltung von sicheren und gesund-
heitsgerechten Arbeitssystemen“ als auch Handlungsschritte für das Ziel „Integration des Arbeitsschutzes in die
betriebliche Aufbau- und Ablauforganisation“ vermittelt. Die grundsätzliche Vorgehensweise ist gleich, die Bezeich-
nung der jeweiligen Handlungsschritte ist jedoch unterschiedlich.
72
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Handlungsanlass
1 Analyse
2 Beurteilung
7 Wirkungskontrolle
Abbildung 4.7:
Weiterführende Schlussfolgerungen Handlungsschritte für
die Vorgehensweise
(Betriebsstrategische Integration) der Fachkraft für
Arbeitssicherheit
73
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Handlungsanlass
1 Analyse
2 Beurteilung
Entwicklung von
4 Lösungsalternativen
Handlungsanlass
Um- und Durchsetzung
6 der Problemlösung
1 Analyse
7 Wirkungskontrolle
2 Beurteilung
Weiterführende Schlussfolgerungen
8 (betriebsstrategische Integration)
Setzen von Schutz-
3 und Gestaltungszielen
Entwicklung von
4 Lösungsalternativen
7 Wirkungskontrolle
Weiterführende Schlussfolgerungen
8 (betriebsstrategische Integration)
Abbildung 4.8:
Spirale der
Handlungsschritte
74
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
75
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
76
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Präsenzlernen Selbstlernen
P23 Präsentation als Aufgabe der Fachkraft
für Arbeitssicherheit
P24 Anwendungsbeispiel zur integrativen
Arbeitssystemgestaltung
P25 Vernetztes Betriebsgeschehen und
Entwicklung von Lösungsalternativen
P26 Gesprächsführung, Moderation,
Kooperation
P27 Beurteilen von Maßnahmen und Mit- S29 Beurteilen von Lösungsvorschlägen
wirkung in Entscheidungsprozessen
vor deren Umsetzung – Auswahl von
Lösungen, Wirtschaftlichkeit
P28 Der Beitrag der Fachkraft für Arbeitssicher- S31 Rolle und Aufgaben der Fachkraft im
heit bei der Durch- und Umsetzung von Handlungsschritt Durch- und Umsetzen
Maßnahmen sowie Wirkungskontrolle
77
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.9:
Inhaltliche Schwerpunkte nach Ausbildungsphasen
Ausbildungsstufe I
Präsenz- Gesamtspektrum 1 Analysieren
phase I aller
Selbstlern- Gefährdungen 2 Beurteilen
phase I
3 Setzen von Zielen
Präsenz- Arbeitssystem-
phase II 4 Entwickeln v. Lösungsalternativen
gestaltung
Selbstlern- 5 Auswahl der Lösung
phase II
6 Durch- und Umsetzen
Präsenz- Arbeitsschutz-
phase III + IV management 7 Wirkungskontrolle
Ausbildungsstufe I
Handeln der Fachkraft in komplexen und
komplizierten Problemfällen (exemplarische Fallstudien)
78
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.10:
Unterschiedliche Rolle der Fachkraft in den Handlungsschritten
79
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Es hat sich die lange umstrittene Auffassung seln und unbestimmte Rechtsbegriffe erfor-
durchgesetzt, dass es absolute Sicherheit dern eine andere Art und Weise des Tätig-
im Arbeitsschutz nicht gibt. Es geht um ein seins. Gefährdungen sind nicht mehr aus-
Urteil, das zu fällen ist, ob ein akzeptables schließlich vorschriftenbezogen zu ermitteln,
Risiko (und damit Sicherheit) oder nicht sondern in erster Linie mit dem gesunden
akzeptables Risiko (und damit Gefahr) vor- Menschenverstand – gepaart mit der erfor-
liegt (vgl. Abbildung 4.11). Risikobezogenes derlichen Sachkunde. Und die Gefährdungen
Handeln und Entscheiden erfordert einen sind risikobezogen auszuschalten.
eigenen Standpunkt. Der kann nicht immer
aus Vorschriften abgeleitet werden. Risikoeinschätzung und die sich notwen-
digerweise anschließende Bewertung des
Wo lege ich die Grenzlinie (höchstes akzep- Risikos hinsichtlich der Akzeptanz sind
tables Risiko) hin, bei der ich gesundheit- handlungsleitend, wo die Vorschriftenlage
liche Risiken akzeptiere oder eben nicht keine eindeutigen konkreten Forderungen
mehr akzeptiere? Diese Frage ist immer wie- hergibt. Dies ist eine der zeitgemäßen Anfor-
der dann auf der Grundlage von Diskursen zu derungen, der sich der Arbeitsschutzexperte
treffen, wenn es keine eindeutige Forderung stellen muss. Er hat die Fachverantwortung,
gibt. Allgemeine Schutzziele, Generalklau- dem Arbeitgeber in der Beurteilung des
Abbildung 4.11:
Risikoverständnis
Notwendige
Risikoverminderung
Angestrebte Risikoverminderung
Sicherheit Gefahr
80
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
akzeptablen Risikos zu raten, hierbei auch zen. Ziele, die die Fachkraft für Arbeits-
teamorientiert eine solche Urteilsbildung sicherheit zur Gestaltung sicherer und
vorzubereiten. gesundheitsgerechter Arbeitssysteme
bestimmt, haben arbeitsmethodische und
Risikoabhängiges Vorgehen erfordert strategische Bedeutung, und zwar sehr stark
Abkehr vom vorschriftenzentrierten Handeln. bezüglich des integrativen Aspekts. Indem
Denkmodelle und Wertmaßstäbe werden die Fachkraft für Arbeitssicherheit nicht
Handlungsgrundlage für das Ausfüllen von sofort und in erster Linie fertige Lösungen
Schutzzielen in Vorschriften und das Setzen präsentiert, um eine Gefährdung zu besei-
eigener Schutzziele bei fehlenden Vorschrif- tigen oder zu vermindern, sondern zu errei-
ten. Das Arbeitsschutzrecht gibt zunehmend chende Soll-Zustände als Ziele beschreibt,
nutzbare Freiräume im Betrieb für das Detail wird eine systemkonforme integrative
bei Vorgabe prinzipieller genereller Ziele für Lösungssuche mit kooperativem Arbeitsstil
Sicherheit und Gesundheit. Schlüsselquali- ermöglicht. Ziele sind eine Art Vorgabe für
fikation ist somit Einschätzungsvermögen die zielgerichtete Lösungssuche. Sie lassen
zum Handlungsbedarf, zu Gestaltungserfor- zielkonforme Alternativen ermitteln und
dernissen. daraus in das Gesamtsystem integrierbare
Lösungen auswählen. Hierdurch wird ein
Ein neuer Akzent wird in der Ausbildung Abschätzen der Zielrealisierung unter den
in diesem Zusammenhang auf das konse- konkreten Arbeitssystembedingungen mög-
quente Arbeiten mit Schutzzielen gesetzt. lich. Insofern erfolgt dann kein isoliertes
oder additives, sondern integratives Imple-
Führungskräfte tragen Verantwortung für mentieren von Sicherheit und Gesundheit in
Sicherheit und Gesundheit, also müssen sie die Arbeitssystemgestaltung.
zur Entwicklung von Lösungen auch ange-
halten, motiviert und natürlich mit konkreten Ziele leisten wichtige Beiträge zum Lösen
Ansätzen unterstützt werden. Aber Lösungen von Konflikten oder sogar eher zum Ver-
sofort aus ermittelten Risiken abzuleiten, meiden von Konflikten. Lösungssuche wird
geht sehr schnell auch in die Irre. Hier haben in den allgemeinen Rahmen betrieblicher
sich in der Praxis modifizierte Strategien, Aktivitäten gestellt. Gerade so kann aus-
die zunächst mit Zielsetzungen arbeiten, geschlossen werden, dass sich der Arbeits-
bewährt. Und sie sind Gegenstand der Aus- schutz isoliert. Und die Verantwortung wird
bildung. an die Stelle gesetzt, wo sie hingehört:
Die zuständige Führungskraft ist für den
Die Bedeutung des Setzens von Zielen als Arbeitsschutz verantwortlich. Sie wird bei
sehr entscheidende Aufgabe der Fachkraft der Lösungssuche aktiv und die Fachkraft für
für Arbeitssicherheit soll unterstrichen wer- Arbeitssicherheit vermeidet eine Rolle des
den. Nach einer Ermittlung und Beurteilung Verteidigens vorgedachter Lösungen. Natür-
von Gefährdungen sind Schutzziele zu set- lich muss sie ihre Fachkunde bei der
81
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
82
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Grundverständnis zum
Entstehen von Verletzungen
und arbeitsbedingten
Erkrankungen sowie zu
Interventionsansätzen
Entstehungs-
zusammenhänge
Mensch Gefahr
Leistungs- Wirkung auf Schädigungs-
den Menschen mechanismen
Faktoren-
voraus- spektrum:
setzungen: Ermittlung und Beurteilung Physikalisch
Anatomie Interventions- Exemplarische Chemisch
ansätze, Schutz- Lösungen Biologisch
Physiologie konzepte
Physisch
Psychologie Rechtsgrundlagen Psychisch
Sozial
Abbildung 4.12:
Einordnung und
Gegenstand der
Gestaltung Lerneinheiten P04
sicherer und Handlungsschritte bis P07 und S04
gesundheitsgerechter der Fachkraft bis S13 – Gefähr-
Arbeitssysteme dungsfaktoren und
gesundheitsfördernde
Faktoren
83
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Im Rahmen der Neuordnung der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit ist eine Zusammenstel-
lung von Begriffen entstanden, die der Ausbildungskonzeption zugrunde gelegt wurde. Die Erläuterun-
gen zu den Begriffen verfolgen das Ziel,
• das aktuelle zeitgemäße Verständnis zum Inhalt wichtiger Begriffe zu erfassen – insbesondere
unter Beachtung von Richtlinien hierzu in der Europäischen Union,
• Theorien und Modelle entsprechend den Anforderungen, die von der Praxis an die Fachkunde der
Fachkräfte für Arbeitssicherheit gestellt werden, auszuwählen bzw. zu reduzieren, um einheitliche
Denkweisen zu ermöglichen,
• ein Verzeichnis als Art „Wörterbuch“ zum durchgängig einheitlichen Verwenden von Begriffen im
gesamten Ausbildungskonzept und in den Ausbildungsmaterialien bereitzustellen.
Verstetigen von Modellen funktioniert nicht, förderung fragt: „Wie kann ich die internen
wenn z.B. Lärmspezialisten ihre Sicht der und externen Abwehrkräfte einer Person
Dinge zum Verständnis primären und sekun- stärken?“ Gesundheitsförderung soll nicht
dären Lärmschutzes in die Ausbildung ein- nur befähigen, äußere Gesundheitsbelas-
bringen und die Spezialisten zu mechani- tungen physisch und psychisch besser zu
schen Faktoren und zu psychischen Faktoren bewältigen, sondern auch Handlungsspiel-
völlig andere Bezeichnungen zur Rangfolge räume vergrößern, eigenes gesundheitlich
von Zielen und Gruppen von Maßnahmen belastendes Verhalten zu überwinden und
verwenden. Dies soll als ein Beispiel dafür auch Handlungskompetenzen freizusetzen
dienen, dass einheitliches Begriffsverständ- bzw. zu entwickeln, um externe Strukturen
nis in der Ausbildung sehr wichtig ist. zu ändern, die die Gesundheit belasten oder
die gesundheitsbelastendes Verhalten
Neben den Kompetenzen zu Gefährdungs- begünstigen.
faktoren soll ein Grundverständnis zur
Gesundheitsförderung schrittweise in der Gesundheitsförderung ist der Aufbau von
Ausbildung entwickelt werden. Gesund- individuellen Fähigkeiten sowie gesund-
heitsförderung hat das Ziel, individuelle heitsförderlichen Strukturen, um das Maß
(personelle, personale, interne) und soziale an Selbstbestimmung über die Gesundheit
(kollektive, organisationale, externe) Res- zu erhöhen. Im Sinne der WHO zielt Gesund-
sourcen (Schutzfaktoren, Abwehrkräfte, heitsförderung nicht auf spezifische Risiken
Kraftquellen) zu stärken und Handlungs- für Krankheiten, sondern auf die Ressourcen
spielräume zu erweitern, um damit zur für die Gesunderhaltung oder Gesundung.
Gesunderhaltung und zum Wohlbefinden
beizutragen. Gesundheitsförderung will
nicht nur die Gesundheit des Gesunden för-
dern, sondern auch die Restgesundheit des
Kranken oder Behinderten. Gesundheits-
84
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
4.2.3 Gestaltung sicherer und gesund- Was beim Behandeln der verschiedenen
heitsgerechter Arbeitssysteme Gefährdungsfaktoren mehr oder weniger
isoliert erlernt wurde, wird jetzt bezogen auf
Diese Thematik wird in den Lerneinheiten den eigentlichen Gestaltungsgegenstand –
P14 bis P19 und S19 bis S25 behandelt. Eine nämlich auf das Arbeitssystem. Zeitgemäßer
Übersicht zum prinzipiellen Inhalt enthält Arbeitsschutz muss von Arbeitssystem-
Abbildung 4.13. betrachtungen ausgehen, darf Technik-
Technik
∙ Maschinen, Geräte, Anlagen
∙ Arbeitsmittel
∙ Arbeitsstätten, Arbeitsplätze
∙ Arbeitsstoffe, Arbeitsgegenstände
∙ Fertigungsverfahren
Organisation Personal
∙ Arbeitsorganisation. ∙ Führungsverhalten/Betriebsklima
Arbeitsstrukturierung ∙ Qualifikation (Wissen, Können)
∙ Arbeitsabläufe ∙ Handlungsbereitschaft (Motive,
∙ Arbeitsaufgaben, Einstellungen, Überzeugungen)
-inhalte ∙ Konstitution, Fitness
∙ Arbeitszeit, Pausen, ∙ Verhaltensregeln
Schichtsystem ∙ Unterweisung
Persönliche Arbeitsmedizinische
Schutzausrüstung Maßnahmen
∙ Vorsorgeuntersuchungen
∙ Anforderungen
∙ Arbeitshygienische Maßnahmen
∙ Auswahl
∙ Gesundheitsfördernde
∙ Einführung
Maßnahmen
Abbildung 4.13:
Gegenstand der Lern-
einheiten P14 bis P19
und S19 bis S25 –
Arbeitssystem-
Anwendungsbeispiele gestaltung mit den
Ansatzpunkten
T – O – P
85
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
86
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.14:
Gegenstand der Lerneinheiten P29 bis P32 und S30 bis S32 – Arbeitsschutzmanagement
Arbeits-
schutzpolitik
Maßnahmen und -ziele Integration in
zur
die Führung
Verbesserung
schnittsbereiche, die über das Niveau des verständnis erfordert, dass die Fachkraft
Arbeitsschutzes vor Ort entscheiden, und für Arbeitssicherheit Einfluss darauf nimmt,
zwar Führungskräfte und Mitarbeiter in sol- dass der Betrieb insgesamt ständig und
chen Funktionen. Hier beginnt Prävention immer Arbeitsschutz sichert und weiterent-
und damit der Ansatzpunkt für die Fachkraft wickelt. Es darf nicht dem Zufall überlassen
für Arbeitssicherheit. sein, dass an Arbeitsschutz gedacht wird,
wenn Veränderungen vorbereitet werden.
Beherrschen von Gefährdungsfaktoren, Es darf nicht an der einzelnen engagierten
Gestalten sicherer und gesundheitsgerech- Führungskraft hängen oder dem einzelnen
ter Arbeitssysteme – dies sind wichtige Querschnittsverantwortlichen, der vielleicht
Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicher- morgen schon nicht mehr im Betrieb ist.
heit. Aber sie konzentrieren sich immer auf Es geht also um stabile und zuverlässige
Einzelaufgaben, auf Beseitigen eines beste- Organisationsformen, die gewährleisten,
henden Problems, auf Einflussnahme beim dass im Betrieb überall der Arbeitsschutz mit
konkreten Neueinführen oder Verändern von integriert ist.
Arbeitssystemen. Präventives Arbeitsschutz-
87
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Qualitätsbestimmend für die neue Ausbil- lichen Führungskräfte. Aber die Fachkraft
dungskonzeption sind integrative Ansätze. benötigt eigene Urteilskraft und Fachkunde
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit muss zur Gesamtbetrachtung der Effekte. Hiermit
Integrationserfordernisse des Arbeitsschut- verbunden ist die Anforderung, Lösungen
zes in das Systemganze berücksichtigen. In zu optimieren, dabei aber Sicherheit und
Lerneinheit P14 „Ziele setzen zur Gestaltung Gesundheitsschutz nicht unzulässig abzu-
sicherer und gesundheitsgerechter Arbeits- schwächen. Das ist ein Kernpunkt: Integra-
systeme“ wird erlernt und dann in folgenden tion ja, beachten aller verschiedenen Seiten
Lerneinheiten schrittweise vertieft, dass an ja – aber nicht, um damit Erfordernisse des
Arbeitssysteme vielfältige Anforderungen Arbeitsschutzes zurückzuschrauben oder
gestellt werden, Systemelemente des zu negieren, sondern um Durchsetzungs-
Arbeitssystems untereinander in Beziehung chancen optimal zu nutzen. Also geht es um
stehen, Arbeitsschutz eines der Qualitäts- die aktive Sicht der Integration, nicht um
merkmale (der Ziel- und Beurteilungskrite- eine restriktive, passive.
rien) unter vielen ist.
Die von der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit hat ihre erwartete Arbeit mit Schutzzielen sowie
Sicht der Dinge in Gesamtzusammenhänge Zielen zur Gesundheitsförderung (vgl. Ab-
einzuordnen. Beispielsweise müssen bei der schnitt 4.2.1) verlangt ihr Hineinwirken in die
Suche von Lösungen Aspekte der technisch- betriebliche Organisation. Auch das ist ein
technologischen und baulichen Ausstattung, Aspekt der integrativen Sicht des Arbeits-
organisatorische Voraussetzungen, ökolo- schutzes.
gische Anforderungen, Wirkungen auf
betriebswirtschaftliche Ziele und vieles mehr Das Aufgabengebiet des Arbeitsschutzes
berücksichtigt werden. Das Spektrum sei ist so vielseitig, dass es im Prinzip keine
hier nur angedeutet. Die Fachkraft für betriebliche Aufgabe gibt, die den Arbeits-
Arbeitssicherheit darf das Anliegen Sicher- schutz nicht berührt. Zugleich müssen die
heit und Gesundheitsschutz nicht isoliert Teilnehmer diese Erkenntnis einordnen:
aufarbeiten, sondern muss die Auswirkun- Der Betrieb muss aus unterschiedlichen
gen auf andere Komponenten des Arbeits- Anlässen bzw. Aufgaben handeln. Deshalb
systems beachten. Es sind die verschiede- bestehen unterschiedliche Ansatzpunkte
nen Sachzusammenhänge zu identifizieren. für die betriebliche Organisation, auch aus
Sie muss Vorüberlegungen anstellen, mit Sicht unterschiedlicher Fachgebiete oder
welchen konkurrierenden Zielen zu rechnen Wissenschaftsdisziplinen. Es müssen aus
ist. den verschiedenen Ansätzen heraus Auf-
gaben zugewiesen, Prozesse organisiert,
Von der Fachkraft wird Verständnis für das Verfahrensabläufe geordnet, Beauftragte
Beurteilen von „Nebeneffekten“ erwartet. eingesetzt werden usw.
Zuständig sind hierfür zwar die verantwort-
88
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Die verschiedenen Systeme sind nicht scharf Ohne Versorgungsprozesse, ohne Verwal-
voneinander abgegrenzt, sondern über- tung sind beispielsweise Pflegeleistungen
schneiden sich. Die Fachkraft für Arbeits- nicht zu erbringen, aber sie haben dienende
sicherheit muss eigene fachkundliche Pers- Funktion und werden insofern als Unterstüt-
pektiven in unterschiedliche Sichtweisen zungsprozesse bezeichnet.
einordnen. Aufgaben des Arbeitsschutzes
sind aus Sicht der Aufgaben des Betriebes Werden in Kern- und Unterstützungspro-
insgesamt zu lösen. zesse die Arbeitsschutzbelange konsequent
eingeordnet, dann kann so eine nachhaltige
Die Fachkraft selbst darf sich nicht isolieren. Berücksichtigung des Arbeitsschutzes in den
Einseitige Forderungen und Ansprüche fin- verschiedenen betrieblichen Entscheidun-
den bei Zielkonflikten keine Akzeptanz. Das gen erreicht werden.
reicht in die soziale Komponente der Ver-
netzung im betrieblichen Alltag hinein. Das Ergänzenden Charakter tragen arbeitsschutz-
Handeln der Fachkraft für Arbeitssicherheit spezifische Prozesse wie z.B. die Organisa-
vollzieht sich im Kontakt mit unterschied- tion des Unfallmeldewesens, das Prüfen von
lichen Personen in unterschiedlichen For- Arbeitsmitteln, das Erstellen von Betriebs-
men. Die Ausbildung soll Facetten aufzeigen anweisungen. Es handelt sich um die Orga-
und hierauf vorbereiten. nisation konkreter spezieller Abläufe, die
direkt dem Arbeitsschutz dienen. Sie sind
Integration bezogen auf Arbeitsschutz- zwar wichtig, aber darin darf sich betrieb-
management ist besonders für die Einord- liche Organisation des Arbeitsschutzes nicht
nung in die betrieblichen Prozesse von reduzieren. Kern- und Unterstützungspro-
Bedeutung. Grundanliegen ist es, in den zesse mit integriertem Arbeitsschutz haben
betrieblichen Kern- und Unterstützungs- nachhaltigere Wirkung für den gesamten
prozessen den Arbeitsschutz zu verankern. Betriebsablauf (vgl. Abbildung 4.15 auf
Kernprozesse werden auch als Geschäfts- Seite 90).
prozesse bezeichnet. Es sind die Prozesse,
mit denen die Einrichtung ihr Geld ver- Dieser integrative Ansatz der Verwirklichung
dient, also auf die eigentliche Leistung des des Arbeitsschutzes zieht sich durch die
Betriebs ausgerichtet. Kriterium ist also: gesamte Ausbildungskonzeption.
Welche Leistungen bietet die Einrichtung
an? Der Prozess des Erbringens dieser Leis- Zentrale Bedeutung hat für die Führungs-
tungen sind die betrieblichen Kernprozesse. arbeit die Organisation der Beurteilung
Für einen Kernprozess steht der Kunde am der Arbeitsbedingungen nach §§ 5 und
Anfang und am Ende eines Prozesses. Unter- 6 ArbSchG. Beurteilung der Arbeitsbedin-
stützungsprozesse sind die Prozesse, die gungen ist keinesfalls nur Ermitteln und
ergänzend zu den Kernprozessen diese Leis- Beurteilen der Gefährdungen im engeren
tungen helfend und fördernd gewährleisten. Sinne, sondern ist primär orientiert auf
89
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.15:
Prozessorientierte Organisation des Arbeitsschutzes
Beispiele:
Kern- ∙ Produkt-
Integration des Arbeitsschutzes
prozesse herstellung
in das Alltagsgeschäft
∙ Dienstleistung
erbringen
Beispiele:
Unter- ∙ Beschaffung Integration in Entscheidungs-
stützungs ∙ Personal- prozesse mit präventiver Wirkung
prozesse entwicklung auf die Arbeitsbedingungen
∙ Instandhaltung
90
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.16:
Grundanliegen der Ausbildungsstufe II – Handlungsanlässe
Auswählen
Zusammenfügen
Ganzheitlich Anwenden
Handlungsbezogene
Qualifikation
Aufgabenbezogene Rollenverständnis-
Qualifikation bezogene
Qualifikation
91
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.17:
Grundanliegen der Ausbildungsstufe II – Komplexe Aufgaben
Auswählen
Zusammenfügen
Ganzheitlich anwenden
Handlungsbezogene
Qualifikation
Aufgabenbezogene Rollenverständnis-
Qualifikation bezogene
Qualifikation
Eine wichtige Aufgabe der Fachkraft für Ar- Konzeptionsphasen wie umfangreiche Bau-
beitssicherheit besteht in der Unterstützung vorhaben, Reorganisation von Betriebs-
der betrieblichen Verantwortlichen in Pla- bereichen z.B. durch Änderungen der tech-
nungs- und Konzeptionsphasen. Hier ist nischen Ausrüstung, aber auch die Gestal-
die Fachkraft für Arbeitssicherheit gefordert, tung betrieblicher Prozesse (wie beispiels-
umfangreiche und komplexe Aufgaben fach- weise der Logistik), muss das Präventions-
kundig zu bewältigen. Dies stellt gegenüber anliegen eingebracht und realisiert werden.
der Grundausbildung eine Ausweitung der Hier liegen die großen Chancen des Arbeits-
Anwendung von Grundlagen und Arbeits- schutzes, aber gleichzeitig verlangt es
methoden auf schwierigere und komplexe hohe Kompetenzen von den Fachkräften für
Arbeitsgebiete dar. Gerade in Planungs- und Arbeitssicherheit.
92
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Die betriebliche Effizienz der Fachkraft für kräften, Planern und anderen entwickeln
Arbeitssicherheit hängt in hohem Maße kann,
davon ab, dass sie
• die Handlungsschritte im Ganzen auf sol-
• für solche komplexen Aufgabenstellungen che umfangreichen Aufgabenstellungen
über Handlungsstrategien verfügt, anwenden kann, sowohl auf die Gestal-
tung von Arbeitssystemen als auch die
• in der Lage ist, die oft umfangreichen und Gestaltung der betrieblichen Aufbau- und
unübersichtlichen Ausgangssituationen Ablauforganisation,
in Planungs- und Konzeptionsphasen zu
analysieren und strukturieren, • über Strategien zur Lösungsfindung,
Durchsetzung, Umsetzung und Konflikt-
• anlassbezogene und problemangemes- lösung im Umgang mit Führungskräften
sene Vorgehensweisen für die Unter- und anderen Verantwortlichen und
stützung von Unternehmer, Führungs- Zuständigen verfügt.
Beispiele:
... die vorgesehene Planung, z.B. die Veränderung der technischen Ausstattung des Betriebes, ein-
ordnen in Gesamtplanungen und strategische Entscheidungen (Handelt es sich um lang-, mittel-
oder kurzfristige Maßnahmen?).
... ermitteln, welche Arbeitssysteme, welche betrieblichen Prozesse und Abläufe usw. durch die Pla-
nungen betroffen sind (dies ist aus Sicht des Arbeitsschutzes ja oft sehr viel mehr als von anderen
betrieblichen Verantwortlichen zunächst erkannt wird.).
Auf der Grundlage einer solchen Problemstrukturierung muss sie in einer ersten Grobabschätzung den
spezifischen Unterstützungsbeitrag ermitteln.
Letztendlich muss die Fachkraft für Arbeits- Dies sind Schlüsselqualifikationen, die in
sicherheit über geeignete Strategien ver- der Ausbildung erlernt und ihre Anwendung
fügen, um aus dem fachlichen und metho- erprobt werden müssen. Die Entwicklung
dischen Instrumentarium, „ihrem Hand- solcher Qualifikationen anhand von typi-
werkszeug“ problembezogen auszuwählen. schen Handlungsanlässen der Fachkraft für
93
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Als Leitprinzip für die Didaktik der Stufe II • dass der Lernprozess auf die Entwicklung
steht die Handlungsorientierung (vgl. Abbil- von Vorgehensweise im Sinne von Heuris-
dung 4.18). tiken gerichtet ist. Nicht die Lösung nach
einem festgelegten Algorithmus, nicht das
Handlungsorientierung verlangt „Richtig“ oder „Falsch“ im Detail, sondern
das richtige Herangehen ist das Wichtige.
• selbsttätiges Lernen, möglichst in kleinen
Gruppen, auch mit der Zielrichtung der Das Lernen in der Vertiefungsphase erfolgt
Stärkung und Weiterentwicklung der indi- dementsprechend aufgabenorientiert
viduellen Lernkompetenz, anhand von komplexen Fallstudien, die
Ausschnitte aus der betrieblichen Praxis
• die Möglichkeit des Einbringens von repräsentieren.
Erfahrungen der Teilnehmer,
Konzeptionelle Leitlinien
Problemlösungsorientiertes Lernen
Exemplarisches Lernen
94
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abzuarbeiten ist anhand der Fallstudien der die den Transfer auf andere Handlungs-
gesamte Handlungsstrang, von der Problem- anlässe und andere Aufgabengebiete ermög-
analyse bis zur Durch- und Umsetzung der lichen, werden herausgearbeitet.
Maßnahmen.
Vor diesem Hintergrund erfolgte die Auswahl
Das Lernen anhand der Fallstudien hat exem- und Ausgestaltung der Fallstudien, die
plarischen Charakter, die Bearbeitung erfolgt Gegenstand der Ausbildungsstufe II sind:
stärker in die Tiefe als in die Breite. Aspekte,
Präsenzlernen Selbstlernen
P36 Umgestaltung von Arbeitsstätten S40 Präventives Handeln im Planungsprozess –
(exemplarische Fallstudie) Anwendungsbeispiel Büro
P41 Arbeitsschutz bei Baumaßnahmen
im Betrieb (exemplarische Fallstudie)
P42 Einordnung des Arbeitsschutzes in die
betriebliche Organisation (Lernwerkstatt
zum Arbeitsschutzmanagement)
Die Reihenfolge der Fallstudien ist in stei- Charakteristika dieser Methode sind:
gender Komplexität der Aufgaben gewählt
worden. • Exemplarisch ausgewählte Arbeitssituatio-
nen werden in Lernprozesse übertragen.
Mit der Bearbeitung der einzelnen Fall-
studien sind verschiedene Intentionen ver- • Die Bearbeitung erfolgt weitgehend selbst-
knüpft, die sich sowohl aus dem Bedarf der ständig in kleinen Gruppen.
Vertiefung von fachlichen, methodischen
und sozialen Kompetenzen als aus dem • Der Lernprozess folgt dem Modell der voll-
komplexen Aufgabengebiet der Fachkräfte ständigen Handlung und vollzieht sich in
für Arbeitssicherheit speisen. sechs Lernsequenzen (vgl. Abbildung 4.19
auf Seite 96).
Zur Bearbeitung der exemplarischen Fall-
studie in P36 „Umgestaltung von Arbeits- • Der Lernprozess wird im Wesentlichen
stätten“ wird die Leittextmethode genutzt. durch schriftliche Unterlagen, sogenannte
„Leittexte“, angeleitet und erfolgt weit-
gehend selbst gesteuert. Als zentrale
Arbeitsform ist die Bearbeitung in Klein-
gruppen vorgesehen.
95
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
Abbildung 4.19:
Modell der vollständigen Handlung und Lernsequenzen nach der Leittextmethode
Lernsequenz 1:
Informieren,
Orientieren,
Problem analysieren
Lernsequenz 5: Lernsequenz 3:
Kontrollieren Entscheiden
des Ergebnisses über Vorgehen
Gruppenarbeit Fachgespräch
Lernsequenz 4: im Plenum
Ausführen
Gruppenarbeit
96
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
1
Eine Aufarbeitung dieser verschiedenen Paradigmen des Lernens ist erfolgt in: Ebert, B.; Keller, St.: IuK-Technologien
und Prävention. In: Cernavin, O.; Wilken, U.J. (Hrsg.): Dienstleistung Prävention. Bedarf – Konzepte – Praxisbeispiele.
Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 1998, insbesondere S. 320 ff.
97
4 Leitlinien und Schwerpunkte...
bildern und wendet dieselben didaktischen Die detaillierte Ausgestaltung der Ausbil-
Prinzipien an. Fallstudien sind dabei – wie dungsstufe III erfolgt durch den Ausbildungs-
auch in der vertiefenden Ausbildung – ein träger entsprechend den spezifischen Erfor-
wichtiges Hilfsmittel. Die in den vorangegan- dernissen.1 Die Themen werden über die
genen Ausbildungsstufen entwickelten Kom- DGUV Vorschrift 2 für die verschiedenen
petenzen werden hier in wirtschaftsbereichs- Unfallversicherungsträger verbindlich
bzw. branchenspezifischen Themenfeldern gemacht.
angewandt.
1
Vgl. DGUV Vorschrift 2 der jeweiligen Unfallversicherungsträger
98
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Ausbildungsstufe I – Grundausbildung
Präsenzphase I
Lernabschnitt I Einführung in Sicherheit und Gesundheitsschutz und die Aufgaben
der Fachkraft für Arbeitssicherheit
P01 Einführung in Sicherheit und Gesundheitsschutz und die Aufgaben 10 LE
der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Lernabschnitt II Grundlagen des Entstehens und Vermeidens von Unfällen
und arbeitsbedingten Erkrankungen
P02 Grundlagen des Entstehens und Vermeidens von Unfällen 4 LE
und arbeitsbedingten Erkrankungen
Lernabschnitt III Basiswissen zu Gefährdungsfaktoren und gesundheitsfördernden Faktoren
P03 Leistungsvoraussetzungen des Menschen 4 LE
als Grundlage zur Gestaltung der Arbeit
P04 Mechanische Faktoren 4 LE
P05 Schall 2 LE
P06 Psychische Faktoren 4 LE
P07 Übersicht zur Gesamtheit der Gefährdungsfaktoren 2 LE
Lernabschnitt IV Ermitteln und Beurteilen von Gefährdungen – Einführung
P08 Analysen – Grundlage für das Tätigwerden der 1 LE
Fachkräfte für Arbeitssicherheit
P09 Gesamtüberblick zur Ermittlung von Gefährdungen 3 LE
Lernabschnitt V Einführung in das Selbstlernen
P10 Einführung in das Selbstlernen 2 LE
99
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Selbstlernphase I
Lernabschnitt VI Grundlagen des Arbeitsschutzverständnisses und der Organisation
des überbetrieblichen Arbeitsschutzes
E123 Einführung
S01 Historische Entwicklung des Arbeitsschutzes
und des Arbeitsschutzverständnisses
S02 Das überbetriebliche Arbeitsschutzsystem
S03 Das Vorschriften- und Regelwerk des Arbeitsschutzes – Überblick
Lernabschnitt VII Basiswissen zu Gefährdungsfaktoren und gesundheitsfördernden
Faktoren – Fortführung
S04 Gefährdungsfaktoren – Erkennen und Vermeiden von Gefährdungen
S05 Gefährdungen durch den elektrischen Strom
S06 Mechanische Schwingungen (Vibrationen)
S07 Gefahrstoffe
S08 Faktoren der Brand- und Explosionsgefahr
S09 Ionisierende und optische Strahlung
S10 Klimatische und thermische Faktoren
S11 Licht und Farbe
S12 Physische Faktoren
S13 Biologische Arbeitsstoffe; Zusammenwirken von Gefährdungsfaktoren
im Arbeitssystem
Lernabschnitt VIII Ermitteln und Beurteilen von Gefährdungen – Methoden
S14 Die rückschauende Analyse als Ansatzpunkt
zum Erkennen von Gefährdungen
S15 Vorausschauende Analysen zur Ermittlung von Gefährdungen
S16 Beurteilen von Gefährdungen – Risikobeurteilung
S17 Aufbereitung von Ermittlungsergebnissen
Präsenzphase II
Lernabschnitt IX Einführung in die zweite Präsenzphase
P11 Erfahrungsaustausch I 2 LE
Lernabschnitt X Ermitteln und Beurteilen von Gefährdungen – Zusammenfassung
P12 Beurteilung der Arbeitsbedingungen 2 LE
als betriebliches Handlungskonzept
100
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Präsenzphase II (Fortsetzung)
P13 Anwendung der vorausschauenden Gefährdungsanalyse 5 LE
und der Risikobeurteilung
Lernabschnitt XI Vorgehensweise zur Ableitung von Zielen für sichere
und gesundheitsgerechte Arbeitssysteme
P14 Ziele setzen zur Gestaltung sicherer und 5 LE
gesundheitsgerechter Arbeitssysteme
Lernabschnitt XII Basiswissen zur Gestaltung von sicheren und
gesundheitsgerechten Arbeitssystemen – Einführung
P15 Anforderungen an Maschinen, Geräte und Anlagen 4 LE
sowie Fertigungsverfahren
P16 Anforderungen an Arbeitsaufgaben 3 LE
P17 Grundlagen der arbeitsmedizinischen Maßnahmen 4 LE
P18 Verhaltensbezogene Maßnahmen 5 LE
P19 Die Verknüpfung der Ansatzpunkte zur Gestaltung 1 LE
sicherer und gesundheitsgerechter Arbeitssysteme
Lernabschnitt XIII Rechtliche Grundlagen zur Verantwortung; Abschluss der Präsenzphase II
P20 Rechtspflichten und Rechtsfolgen 4 LE
P21 Einführung in die Selbstlernphase II 1 LE
Selbstlernphase II
Lernabschnitt XIV Setzen von Zielen für sichere und gesundheitsgerechte Arbeitssysteme
S18 Beziehungen zwischen festgelegten Zielen und Lösungen
zur Zielerreichung
Lernabschnitt XV Basiswissen zur Gestaltung von sicheren und
gesundheitsgerechten Arbeitssystemen – Fortführung
S19 Betrachtung der Wechselwirkungen bei der Arbeitssystemgestaltung
S20 Einordnung von Maschinen, Geräten und Anlagen
in betriebliche Arbeitssysteme
S21 Anforderungen an Arbeitsstätten und Arbeitsplätze
S22 Anforderungen an Arbeitsabläufe sowie
an Arbeitszeit- und Pausengestaltung
S23 Persönliche Schutzausrüstung
S24 Gesundheitsförderung
S25 Soziale Beziehungen
101
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Selbstlernphase II (Fortsetzung)
S26 Sicherheit und Gesundheit unter den Bedingungen
des demografischen Wandels
S27 Integrative Arbeitssystemgestaltung – Anwendungsbeispiel
Lernabschnitt XVI Grundlagen des Leistungsrechts der Unfallversicherungsträger
S28 Versicherungsfälle und Leistungen der Unfallversicherungsträger
Präsenzphase III
Lernabschnitt XVII Einführung in die dritte Präsenzphase
P22 Erfahrungsaustausch II 2 LE
P23 Präsentation als Aufgabe der Fachkraft für Arbeitssicherheit 3 LE
Lernabschnitt XVIII Lösungssuche und Entscheidungsvorbereitung
P24 Anwendungsbeispiel zur integrativen Arbeitssystemgestaltung 6 LE
P25 Vernetztes Betriebsgeschehen und Entwicklung 2 LE
von Lösungsalternativen
P26 Gesprächsführung, Moderation, Kooperation 14 LE
Beurteilung von Maßnahmen und Mitwirkung in Entscheidungsprozes- 5 LE
P27 sen vor deren Umsetzung – Auswahl von Lösungen, Wirtschaftlichkeit
Lernabschnitt XIX Durch- und Umsetzen sowie Wirkungskontrolle von Arbeitsschutzmaßnahmen
P28 Der Beitrag der Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Durch- 4 LE
und Umsetzung von Maßnahmen sowie Wirkungskontrolle
Lernabschnitt XX Basiswissen zur Integration von Sicherheit und Gesundheit
in das betriebliche Management – Einführung
P29 Grundverständnis von Arbeitsschutzmanagement 2 LE
P30 Integration von Sicherheit und Gesundheitsschutz 4 LE
in die betriebliche Aufbauorganisation
P31 Einordnung des Arbeitsschutzes in die betriebliche Ablauforganisation 8 LE
P32 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess der Organisation 4 LE
des Arbeitsschutzes
Lernabschnitt XXI Zusammenfassender Überblick zur Ausbildungsstufe I
P33 Zusammenfassung der Aufgaben und Vorgehensweisen 2 LE
der Fachkraft für Arbeitssicherheit
P34 Vorbereitung des Praktikums 1 LE
102
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Selbstlernphase III
Lernabschnitt XXII Handeln der Fachkraft zur Entscheidungsvorbereitung und
zum Durch- und Umsetzen von Maßnahmen
S29 Beurteilen von Lösungsvorschlägen
S30 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen
S31 Rolle und Aufgaben der Fachkraft im Handlungsschritt
Durch- und Umsetzen
Lernabschnitt XXIII Basiswissen zur Integration von Sicherheit und Gesundheit
in das betriebliche Management – Fortführung
S32 Handeln der Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Integration
des Arbeitsschutzes in die betriebliche Organisation
S33 Betriebliche Programme zu Sicherheit und Gesundheitsschutz
S34 Mitarbeiterbeteiligung im Arbeitsschutz
S35 Verknüpfung des Arbeitsschutzes mit Managementsystemen
S36 Betriebliche Verkehrssicherheitsarbeit
S37 Arbeitsschutz bei der Kooperation mit Fremdbetrieben
und Einsatz von Zeitarbeitnehmern
S38 Systematisches Vorgehen bei Kontrollen
S39 Präventive Handlungsanlässe für die Fachkraft für Arbeitssicherheit
S40 Präventives Handeln im Planungsprozess – Anwendungsbeispiel Büro
103
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Präsenzphase IV
P38 Erfahrungsaustausch und Auswertung Praktikum (LEK) 10 LE
P39 Projekt- und Zeitmanagement 6 LE
P40 Innerbetrieblicher Transport und Verkehr 2 LE
P41 Arbeitsschutz bei Baumaßnahmen im Betrieb 8 LE
(exemplarische Fallstudie)
P42 Einordnung des Arbeitsschutzes in die betriebliche Organisation 8 LE
(Lernwerkstatt zum Arbeitsschutzmanagement)
P43 Abschluss der Ausbildungsstufe II 2 LE
Die konkrete Ausgestaltung der Ausbildungsstufe III wird durch die zuständigen Unfallversicherungs-
träger entsprechend dem Bedarf an bereichsbezogener Vervollständigung der Fachkunde in ihren
Unfallverhütungsvorschriften „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2)
festgelegt.1 Der Umfang und die zeitliche Einordnung variieren dementsprechend bereichsbezogen. Es
werden die folgenden fünf Themenfelder entsprechend der Branchenspezifik untersetzt:
Themenfelder Beispiele
1 Spezifische Gefährdungsarten • Schutz vor Sturz aus der Höhe bzw. Sturz in die Tiefe
(Absturzsicherheit)
• Biologische Gefährdungen
• Brand- und explosionsgefährdende Faktoren
1
Vgl. Fachaufsichtsschreiben zur Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit vom 29. Dezember 1997 –
III b 7-36042 –; in: Bundesarbeitsblatt (1998) Nr. 3, S. 72, Grundsatz 7
104
5 Lerneinheiten der Ausbildung
• Biologische Sicherheit
• Chemische Verfahren
• Komplexe Verkehrssituationen
Bei einem Wechsel einer Fachkraft für Arbeitssicherheit, die die Ausbildungsstufe III entspre-
chend den Festlegungen eines anderen Unfallversicherungsträgers absolviert hat, in eine
andere Branche, hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Fachkraft für Arbeitssicher-
heit die erforderlichen bereichsbezogenen Kenntnisse durch Fortbildung erwirbt. Die Berufs-
genossenschaft entscheidet über den erforderlichen Umfang an Fortbildung unter Berück-
sichtigung der Inhalte ihrer Ausbildungsstufe III.
105
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Abbildung 5.1:
Zuordnung der Lerneinheiten zu den Ausbildungsphasen
Ausbildungs- Selbstlernphase II
Präsenzphase II – 1 Woche
stufe I S18 bis S28
P11 bis P21
Ausbildungs-
stufe II LEK 2
106
5 Lerneinheiten der Ausbildung
0 Lernabschnitt:
Hinführen zum Beruf und zur Ausbildung
S00 Vorinformation für die Teilnehmer
Die Vorinformation dient der Orientierung auf das Berufs- und Rollenverständnis und auf
wesentliche Anforderungen in der Ausbildung.
Grundlegende Intentionen:
• Notwendige Ausstattung (Hard- und Software) für die Bearbeitung der Selbstlerneinheiten
107
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Ausbildungsstufe I – Grundausbildung
108
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Grundlegende Intentionen:
109
5 Lerneinheiten der Ausbildung
Grundlegende Intentionen:
• Übersicht zu Unfallverhütungs-
vorschriften
110
5 Lerneinheiten der Ausbildung
II Lernabschnitt:
Grundlagen des Entstehens
von Unfällen und arbeitsbedingten
Erkrankungen
P02 Grundlagen des Entstehens und
Vermeidens von Unfällen und arbeits-
bedingten Erkrankungen
In Lerneinheit P02 werden grund-
legende Modelle und Vorgehensweisen
vermittelt, die in den folgenden Lern-
abschnitten immer wieder aufgegriffen
werden. Es handelt sich um wesent-
liche Grundlagen für die Ausbildung
und das Handeln der Fachkraft, die
im weiteren Verlauf iterativ weiter-
entwickelt werden.
Grundlegende Intentionen:
• Erklärungsmodell „Entstehung
von Unfällen“
• Interventionsmöglichkeiten
111
5 Lerneinheiten der Ausbildung
III Lernabschnitt:
Basiswissen zu Gefährdungsfaktoren
und gesundheitsfördernden Faktoren
P03 Leistungsvoraussetzungen
des Menschen als Grundlage
zur Gestaltung der Arbeit
In dieser Lerneinheit lernen die Teilneh-
mer die Orientierung auf den Menschen
mit seinen Leistungsvoraussetzungen
als zentrale Grundlage für die Beurtei-
lung von Arbeitssituationen kennen.
Dies ist vor dem Hintergrund der stärker
technisch geprägten Eingangsvoraus-
setzungen der Teilnehmer ein neuer
Denkansatz, der der Einführung und
Diskussion in einer Präsenzphase
bedarf. Angeknüpft wird unmittelbar an
die vorhergehende Lerneinheit P02.
Grundlegende Intentionen: