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Peter Birle Und Sandra Carreras - Argentinien Nach Zehn Jahren Menem. Wandel Und Kontinuitäten
Peter Birle Und Sandra Carreras - Argentinien Nach Zehn Jahren Menem. Wandel Und Kontinuitäten
Peter Birle Und Sandra Carreras - Argentinien Nach Zehn Jahren Menem. Wandel Und Kontinuitäten
IBERO-AMERICANA
VERVUERT
Peter Birle
Sandra Carreras (Hrsg.)
Argentinien
zehn Jahren
CONVCKTiatES
.t CÚ M O
B and 86
BIBLIOTHECA IBERO-AMERICANA
Argentinien nach
zehn Jahren Menem
E in le itu n g ............................................................................................................. 7
Sandra Carreras
Instabilität als K o n stan te? E ntw icklungslinien A rgentiniens im
20. J a h rh u n d e rt................................................................................................... 19
M ariana Clanos
U b er G esetze u n d D ekrete: E ine N eu in terp retation der
B eziehungen zw ischen P räsid en t u n d K ongress im
A rgentinien d er 90er J a h re .............................................................................. 53
Katja H ujo
D ie W irtschaftspolitik d er R egierung M enem : Stabilisierung
u n d S trukturreform en im K o n tex t des K onvertibilitätsplans............... 85
Susana Sottoli
Sozialpolitische R eform en u n d soziale E n tw ick lu n g .............................. 125
Cecilia Braslavsky
T ran sfo rm atio n u n d R efo rm des Bildungsw esens
(1989 -1 9 9 9 )......................................................................................................... 153
Klaus Bodemer
A u f dem W eg z u r N orm alität. D ie A ußenpolitik der Regierung
M enem zw ischen pragm atischem Bilateralism us, neuen Integra
tionsim perativen u n d sicherheitspolitischen A rran g em en ts.................. 183
Peter Birle
Parteien u n d Parteiensystem in der A ra M enem —
K risensym ptom e u n d A npassun g sp ro zesse............................................... 213
Héctor Valomino
D ie B eziehungen zw ischen G ew erkschaften, U ntern eh m ern un d
Staat: A kteure u n d Spielregeln im W an d el................................................. 243
Frank Priess
M edien u n d P o litik............................................................................................ 279
R u t D iam int
Streitkräfte u n d D e m o k ra tie ........................................................................... 313
Peter Thiery
D em o k ratie u n d R echtsstaatlichkeit —a u f d em W eg zur
K onsolidierung?.................................................................................................. 341
Einleitung
A rgentinien geriet zum Jah resen d e 2001 in die Schlagzeilen der W elt
presse. A m 20. D ezem b er trat der seit D ezem ber 1999 regierende Staats
p räsid en t F ern an d o de la R úa v o n d er „R adikalen B ürgerunion“ (Union
Cívica "Radical, UCR) inm itten einer desolaten w irtschaftlichen, sozialen
u n d politischen Situation zurück. E ine W elle v o n P ro testen u n d G ew alt
ausbrüchen, d er zahlreiche M enschen zum O p fe r fielen, erschütterte das
L an d bis in seine G ru n d festen . N ic h t w eniger als drei U bergangspräsi
d enten lösten sich innerhalb v o n zwei W o chen ab, b evor m it der E rn e n
n u n g eines w eiteren In terim spräsidenten — des P eronisten E d u ard o D u-
halde —A nfang Ja n u a r 2002 zu n äch st eine B eruhigung der aufgeheizten
sozialen Situation gelang.1
W o liegen die U rsachen für die P roblem e des südam erikanischen
Landes, dessen B evölkerung sich zu m g ro ß en Teil aus den N ach fah ren
v o n europäischen E inw anderern zusam m ensetzt u n d dessen B rutto
sozialprodukt p ro K o p f n o ch in den 30er Jah ren des 20. Jahrhunderts
ü b er d em Ö sterreichs, Italiens u n d Japans lag (W aism an 1987: 6)? W ie
k o n n te es dazu kom m en, dass in einem einstm als reichen L and im Ja h r
2001 vier M illionen M enschen v o m H u n g er b e d ro h t w aren, dass die
K in d er in einigen P ro v in zen aufgrund v o n M angelernährung nicht die
ihrem A lter en tsprechende K örperg rö ß e erreichten u n d dass ein erheb
licher Teil der m ittleren u n d u n teren M ittelschicht im m er m eh r verarm
te?
U m A n tw o rten a u f diese Fragen zu finden reicht es nicht aus, den
Blick a u f die U rsachen für das Scheitern d er R egierung D e la Rúa zu
richten.2 D e r A m tsan tritt D e la Rúas m arkierte das E n d e der P räsident
schaft v o n Carlos M enem , der A rgentinien ü b er ein Ja h rzeh n t lang, v o n
Ju li 1989 bis D e z e m b e r 1999, regiert hatte. M enem , der wie D u halde der
peronisrischen „G erechtigkeitspartei“ (Partido Justicialista, PJ) angehört,
initiierte u n d im plem entierte grundlegende R eform en in zahlreichen Po-
litikfeldem . D ies galt allem v oran für die W irtschaftspolitik, die sich
1 Z u r jüngsten K rise des L andes siehe F ritz/L la n o s (2002) u. G a rzó n Valdés (2002).
2 Z u den E ntw icklungen seit dem A m tsantritt der R egierung D e la Rúa siehe F e rra ro /
L lanos (2001), N o lte (1999) und N o v aro (2001).
8 P e te r B irle / S an d ra C arreras
der E xekutive en tsprach jedoch nicht d u rchgehend eine schw ache Legis
lative. V ielm ehr erfu h r die Rolle des K ongresses insbesondere im V er
lau f der zw eiten A m tsperiode M enem s eine gewisse Stärkung.
D ie v o n M enem vollzogene grundlegende w irtschaftspolitische W en
de kam für die m eisten B eobachter überraschend, den n sie w urde v o n
einer R egierung im plem entiert, v o n d er m an aufgrund der peronisrischen
T raditionen eine populistisch-etatistische W irtschaftspolitik erw artet hatte,
wie sie für die im p o rtsu b stitu ieren d e In d ustrialisierungsphase bis M it
te d er 70er Jah re charakteristisch war. Katja H ujo beschreibt in ihrem Bei
trag, wie es m it dem im A pril 1991 verabschiedeten „K onvertibilitäts
plan “ gelang, d em L an d bis E n d e 1994 eine beispiellose Stabilität m it
h o h en W achstum sraten zu garantieren. K ern stü ck der neuen W irtschafts
politik w ar ein fixer W echselkurs m it einer 1:1 P arität zu m U S-D ollar.
D an eb en standen die bereits angesprochenen m arktorientierten R efor
m en a u f d er T agesordnung. T ro tz d er anfänglichen E rfolge fällt H ujos
Beurteilung d er M enem schen W irtschaftspolitik insgesam t negativ aus.
D as K onvertibilitätsschem a w ar zw ar einer kurz- u n d m ittelfristigen Sta
bilisierung dienlich, langfristig erwies es sich jedoch als E ntw icklungsblo
ckade. E x trem e D eindustrialisierungsprozesse sowie eine S chrum pfung
technologie- u n d arbeitsintensiver B ranchen m it negativen K on seq u en
zen für W achstum u n d B eschäftigung w aren die Schattenseiten einer P o
litik, aufgrund derer A rgentinien in den 90er Jah re n phasenw eise zum
„M usterschüler“ d er internationalen F inanzorganisationen avancierte.
A uch im B ereich der Sozialpolitik strebte die R egierung eine g ru n d
legende W ende an, die Parallelen zu r ökon o m ischen R eform politik er
kennen ließ. Ziel w ar eine N eud efin itio n d er sozialpolitischen Rolle des
Staates, v o r allem die E insch altu n g p rivater u n d lokaler T räger sow ie die
E in fü h ru n g m arktw irtschaftlicher E lem en te bei der B ereitstellung un d
D u rch fü h ru n g sozialer D ienstieistungen. W ie Susana Sottoli in ihrem Bei
trag darlegt, dienten dazu M aßnahm en w ie die E in rich tu n g arm utsorien
tierter Sozialprogram m e, die T eilprivatisierung der R entenversicherung
sowie D eregulierungs- u n d D ezentralisierungsm aßnahm en im G e su n d
heitsw esen. Insgesam t fehlte d er Regierung M enem jedoch ein m ittel- bis
langfristig orientiertes sozial- u n d entw icklungspolitisches K o n ze p t, das
ü b er die Stabilisierungs- u n d W achstum serfolge d er ersten Jah re hinaus
gew iesen hätte. Z u d e m zeichnete sich die „Ä ra M enem “ d u rch gravie
rende D efizite im H inblick a u f die V erteilungsgerechtigkeit sowie eine
v.a. in d er zw eiten H älfte des Jah rzeh n tes im m er w eiter w achsende M ar-
ginalisierung b reiter Teile d er B evölkerung aus.
E in leitu n g 11
3 Siehe zum Beispiel W ornat (1999 u. 2000), V ázquez (2000) u n d W alger (1994).
4 Bilder wie die des m it dem Fußballer D iego A rm ando M aradona o der m it der
R ockgruppe Roiling Stones posierenden M enem s gingen genauso um die W elt wie die
M enem s v o r einem knallroten Ferrari, der ihm geschenkt w orden w ar und den er —
nach langen Q uerelen - letztendlich doch nicht behielt. Z u m Folgenden siehe
L eu c o /D ia z (1988); M enem (1989) u. C erutti (1996).
E in leitu n g 15
Literaturverzeichnis
A cuña, Carlos H . (Hrsg.) (1995): E a nueva m atn^politica argentina, Buenos Aires: E diciones
N ueva Vision.
Cerutti, G abriela (1996): E l Jefe. V id a j obra de Carlos Saúl Menem. B uenos Aires: Planeta.
F erraro, A g ustín/L lanos, M ariana (2001): „W ahlen in Argentinien. N iederlage, R ezession
und Politikverdrossenheit: K ann P räsident D e l n Rúa w eiter regieren?“ , in: Brennpunkt
Eateinamerika 20, 209-215.
Fritz, B arbara/L lanos, M ariana (2002): „R easons to cry, Argentina! D as L and steht vor
einem ökonom ischen Scherbenhaufen. Schadensbesichtigung, U rsachenforschung und
erste Analyse der R ettungsversuche“ , in: Brennpunkt Eateinamerika 3, 25-32.
G a rzó n V aldés, E rn esto (2000): E l velo de la ilusión. Apuntes sobre una vida argentinay su reali
dad política, Buenos Aires: Editorial Sudam ericana.
18 P e te r B irle / S andra C arreras
ren des L andes — v o r allem den politischen Parteien, den Militärs, den
G ew erkschaften u n d den U n ternehm erverbänden — herausbildete. A b
schließend richtet sich die A ufm erksam keit au f den P eronism us, un d
zw ar w eniger a u f angebliche K o n stan ten als a u f das historisch feststell
bare Spannungsverhältnis zw ischen W andel u n d K ontinuität, die die G e
schichte dieser B ew egung ü b er fü n f Jah rzeh nte hinw eg kennzeichnet.
N u r v o r dem H in terg ru n d dieses historischen Bezugsrahm ens können
die R egierungsjahre u n te r Carlos M enem angem essen analysiert u n d be
w ertet w erden.
T a b e lle 1: D a s arg en tin isch e B ruttoinland sprodu kt im in tern ation alen V ergleich ,
1877-1910
Jah r A rgentinien M exiko Brasilien G roßbritannien USA.
1877 594 613 1.115 16.690 21.269
1910 4.693 2.006 2.129 36.556 95.201
Quelle: Rocchi 1998: 536
Im L aufe der folgenden Jah re, die als die „Infam e D ekade bezeichnet
w erden, w urde der V ersuch u n tern o m m en , die F orm el des „goldenen
Z eitalters“ d er O ligarchie n eu zu beleben: U m die E in fu h r v o n D evisen
zu sichern, suchte m an zun äch st durch den u m strittenen R oca-R uncim an
V ertrag (1933) privilegierte H andelsbeziehungen zu G ro ß b ritan n ien zu
sichern. E s gab auch K räfte, die a u f eine (im portsubstituierende) In d u st
rialisierung, eine D iversifizierung d er E x p o rte u n d A bsatzm ärkte sowie
a u f eine A n n ä h e m n g an die U SA setzten. E n tsprechende R eform pläne
v o n W irtschaftsm inister P in ed o scheiterten jedoch 1941 an den in n e n p o
litischen M achtverhältnissen. D ie B eziehungen zu den V ereinigten Staa
ten blieben aufg ru n d d er un tersch ied lich en P o sitio n en beider L änder
bezüglich des Z w eiten W eltkrieges sowie des K onkurrenzverhältnisses auf
dem internationalen M arkt für A g rarprodukte schw er belastet (Rock
1975: 220-249; C ram er 1999: 87-144).
D ie Suche nach neuen W irtschaftsstrategien w ar begleitet v o n politi
schen V eränderungen. D e r u n te r dem N am en fraude patriótico v o n den
konservativen R egierungen m ehrfach angew andte W ahlbetrug bew irkte
eine system atische B enachteiligung d er O p p o sitio n (C a n tó n /M o re n o /
Ciria 1986: 164-173). H in zu kam eine A usbreitung nationalistischer
Ström ungen m it zu n eh m en d korporatistischen T endenzen. D ie Streit
kräfte traten nun im m er stärker als W äch ter des politischen Spiels au f
(Rock 1995: 87-138; S pektorow sky 1994). Breite B evölkerungsschichten
blieben v o n politischen E ntsch eid u n g en ausgeschlossen u n d verloren
das V ertrauen zu den politischen Parteien. N ach einer zunächst harten
O p p o sitio n sh altu n g w aren die U C R u n d die Sozialistische P artei ab M it
te des Jah rzeh n ts teilweise dazu übergegangen, K om prom isse m it den
konservativen M achthabern auszuhandeln. D abei verzichteten sie a u f ei
ne V erm itderrolle zw ischen gesellschaftlichen Forderungen u n d der p o li
tischen A rena bzw. blieben —sobald sie dies versuchten —erfolglos (Ciria
1985; C a n tö n /M o re n o /C iria 1986: 180-189).
24 S andra C arreras
tien. E n d e 1945, als der W ah lk am p f für die nächsten N ationalw ahlen be
reits begonnen hatte u n d P eró n selbst als K andidat auftrat, w urde per
D ek ret die Z ahlung v o n W eihnachtsgeld verfügt. (Rouquié 1982: 46-54
u. 73; M atsushita 1986: 275-282).
D e r g rößte Teil dieser sozialpolitischen M aßnahm en datiert au f das
Ja h r 1944, als P eró n das Staatssekretariat für A rbeit leitete. D abei hatte
die „A ra P e ró n “ (W aldm ann 1996b: 925) erst angefangen. Als Sieger in
einw andfrei durchg efü h rten W ahlen ü b ern ah m er 1946 die P räsident
schaft des Landes. C harism atische H errsch aftsausübung u n d P erso n a
lism us w aren die herausragendsten M erkm ale seines politischen F ü h
rungsstils. D ie neue R egierung k o n n te zunächst m it der U nterstützung
der M ilitärs, der K irche u n d d er G ew erkschaften rechnen, m usste sich
aber auch u m die K on tro lle der eigenen R eihen bem ühen. H ierbei kam
dem P räsidenten seine E h efrau E va zu r Hilfe. Sie übern ah m eine dreifa
che Rolle bei d er K onsolidierung des n euen politischen Gefüges. E rstens
agierte sie als V erm ittlungsinstanz zw ischen dem P räsidenten u n d den
G ew erkschaften u n d ü b te de facto die F unktion einer A rbeitsm inisterin
aus. Z w eitens organisierte u n d führte sie die F rauensektion der Peronisri
schen Partei, w o d u rch — nach der V erabschiedung des G esetzes zum
Frauenw ahlrecht —die U n terstü tzu n g dieser W ahlklientel für das Regim e
gew onnen w erden sollte. D ritten s leitete sie ein breit angelegtes Sozial
w erk, das die B edürfnisse jener gesellschaftlichen G ru p p en zu decken
suchte, die n ich t durch die Sozialversicherung der organisierten A rbeiter
schaft v erso rg t w urden, d.h. v o r allem v o n K indern, Frauen, älteren
M enschen u n d M arginalisierten (W aldm ann 1985b: 108-178; N avarro
1997: 201-265; P lo tk in 1993: 215-296).
D ie F inanzierung der peronisrischen Sozialpolitik w ar au f der
G rundlage der dam als besonders günstigen Situation der argentinischen
Staats finanzen m öglich. Z u diesem Z eitp u n k t zählte das L and zu den
G läubigem ationen. D e r Rückgang d er E in fu h ren w ährend des Z w eiten
W eltkrieges h atte u.a. respektable Z ahlungsbilanzüberschüssen u n d ver
stärkte Industrialisierungsbem ühungen zur Folge, die w iederum zu einer
A uslastung d er industriellen K apazitäten sowie zu V ollbeschäftigung
führten. Z u d em sicherte die w iederbelebte europäische N achfrage nach
A grarerzeugnissen w äh ren d d er ersten N achkriegsjahre ein hohes P reis
niveau für argentinische E x p o rtp ro d u k te. E ine expansive G eld- u n d
K reditvergabepolitik sowie steigende L ö h n e kurbelten zusätzlich die
N achfrage nach K o n su m g ü tem an (W aldm ann 1996b: 925).
A b 1949 verän d erte sich jedoch die K onjunktur: D ie G oldreserven
schrum pften, die Inkonvertibilität des britischen Pfundes versperrte Ar-
26 S andra C arreras
drei Jah re stattfinden —u n terw arf das Regim e einem p erm anenten W ahl
druck. D araus ergaben sich w iederholt Situationen, in denen sich die
E xekutive u n d die Legislative gegenseitig blockierten. U m solche P attsi
tuatio n en überw inden zu k ö nnen, neigten die P räsidenten dazu, ihre ver
fassungsm äßigen Befugnisse zu m issbrauchen (Botana 1985b: 19-24).
Selbstverständlich ergibt sich die W ahl solcher M ethoden nicht aus dem
W ortlaut d er V erfassung. Sie entsp rich t vielm ehr den Präferenzen der
A kteure u n d ihrer Fähigkeit, tro tz V erstö ß en gegen die V erfassung ge
sellschaftliche U n terstü tzu n g zu erlangen. D ieser Sachverhalt lenkt den
Blick a u f das B eziehungsgeflecht zw ischen den soziopolitischen A kteu
ren.
T a b e lle 4: V o n M ilitärregieru n gen d u rch gefü h rte in stitu tio n elle V erän d eru n gen
zen
V erb o t politischer Aktivitä * * * *
ten
Intervention der G ew erk * * * *
schaften
M ehrheitlich v o n Militärs * *
gestellte R egierungen
Intervention der U nter * *
nehm erverbände
A uflösung des O b ersten * * *
G erichtshofes
Regierungen ohne Interim s * *
charakter
Ä nderung der E idesform el * *
E rlass v o n V erordnungen * *
m it V erfassungscharakter
Intervention der U niversitä * *
ten
A uflösung der Provinz *
gerichte
Quelle: Castiglione 1992: 30.
36 Sandra C arreras
1 D ie personería gremialw urde jenen V ereinigungen zugestanden, die als repräsentativ für
den entsprechenden Industriezw eig galten. A u f diese W eise erlangten b estim m te O r
ganisationen ein V ertretungs- u n d V erhandlungsm onopol und k onnten m it den U n
ternehm erverbänden ü ber A rbeitsbedingungen u n d L öhne verhandeln. D ie U nter
n eh m en w urden dazu verpflichtet, autom atisch einen bestim m ten Prozentsatz der
G eh älter ihrer Beschäftigten an die G ew erkschaften abzuführen.
In stab ilität als K o n sta n te ? 39
A uch den U ntern eh m ern u n d ihren V erbänden w ird ein erheblicher Teil
der V erantw ortung für die lang anhaltende politische u n d ökonom ische
Instabilität A rgentiniens zugewiesen. Z w eifelsohne gehören sie zu den
A kteuren, die w iederholt zur D estabilisierung ziviler R egierungen beitru
gen. D ie G rü n d e dafür sind v o r allem in den politischen P erzeptionen
der U n tern eh m er zu suchen, die aus unterschiedlichen M otiven ver
schiedene dem okratische Regim e als „B edrohung“ ihrer Interessen
w ahm ahm en. V o r allem nach 1955 v erb anden viele U n ternehm er
D em o k ratie m it „populistischer“ W irtschaftspolitik sowie „u nverant
w ortlich handelnden P arteien“, an erster Stelle jedoch m it d er „B edro
h u n g “ durch eine gew erkschaftlich organisierte gesellschaftliche G egen
m ach t (Birle 1996: 216). Im G egensatz dazu b o ten die M ilitärregierungen
2 Siehe zum Beispiel das „M inim alprogram m “ von 1963 (G odio 1991: 136) sowie die
C G T -D o k u m en te für den Z eitraum 1985-1987 (G a m b aro tta /L a m ad rid /O rsa tti
1985).
In stab ilität als K o n stan te? 41
F ü r die W ahlen 1946 p räsentierte sich P eró n als K an d id at der kurz zuvor
gegründeten A rbeiterpartei (Partido Laborista), die sich v o r allem a u f ge
w erkschaftliche K ader stützte. E ine d er ersten M aßnahm en P eróns nach
d er R egierungsübem ahm e w ar die A uflösung der Partido Laborista, die
n ich t so gefügig w ar wie erw artet. Stattdessen w urde m it staatlicher U n
terstü tzu n g die P eronistische Partei (Partido Peronista) gegründet u n d insti-
42 S andra C arreras
ten geäußert hat, dabei all jene Ä uß eru n g en w eglassend, die sich in das
jeweils vordefinierte Bild n ich t einord n en lassen. D em gegenüber b esteh t
die einzige vernünftige L ö su n g des „peronisrischen Rätsels“ darin, den
W idersp rü ch en R ech n u n g zu tragen u n d d en Justizialism us als eine Be
w egung zu charakterisieren, die v o n A nfang an eine Vielfalt v o n A n
schauungen in sich vereinigte. D ab ei hegt die plausibelste E rklärung der
justizialistischen V ielfalt in der politischen Praxis begründet, v o r allem in
der Taktik, die zuerst P eró n selbst, später seine A nhänger u n d N ach fo l
ger einsetzten, u m die U n terstü tzu n g unterschiedlicher gesellschaftlicher
u n d politischer G ru p p e n zu gew innen.
P eró n s W ahlsieg 1946 m achte ihn zu einem verfassungsm äßigen P rä
sidenten m ilitärischer H erk u n ft, d er zu n äch st ü b er keine strukturierte
politische P artei verfügte, die ih m als U nterstützungs- u n d V erm itdungs-
instanz gedient hätte. E r sah sich deshalb dazu genötigt, seine heterogene
G efolgschaft zu disziplinieren, breite soziale U n terstü tzu n g zu suchen
u n d sow eit wie m öglich zu verm eiden, dass die A ufm erksam keit, die er
einem Teil seiner K lientel zuteil w erden Heß, ihn die G eneigtheit der an
deren kostete. U n ter diesen U m stän d en w aren dem Peronism us all jene
h o ch w illkom m en, die d em n euen M achthaber bereitwillig folgten. W ie
d er H istoriker Félix L una treffend beobachtete:
W e n n e tw a s P e r ó n w ä h r e n d se in e s g e s a m te n p o litis c h e n W e rd e g a n g s c h a
ra k te ris ie rte , w a r es d e r P ra g m a tis m u s , d e r s e in H a n d e ln p rä g te , d e r R e alis
m u s , d e r se in e Z ü g e le n k te , d ie U n g e z w u n g e n h e it, m it d e r e r d ie e in e S a c h e
v e rfo lg te , d ie a n d e r e v e rw a rf, w ie es ih m g e ra d e z u p a s s k a m . D ie s e H a n d
lu n g sw e ise is t d e r S c h lü sse l z u m V e rs tä n d n is d e r N a t u r je n e s S ta ate s, d e n e r
in d e r e r s te n P h a s e s e in e r H e r r s c h a f t a u fb a u te : ‘w e d e r Y a n q u i, n o c h m a rx is
tis c h ’, w e d e r fa sc h is tisc h , n o c h p o p u lis tis c h , w e d e r b o n a p a r tis tis c h n o c h e i
n e M a s s e n d e m o k ra tie . E in e M is c h u n g all d e s s e n , w a s ih m d ie n lic h w a r, e in
re ic h h a ltig e s A llerlei, d e m e r ste ts se in e p e r s ö n lic h e G e w ü r z m is c h u n g b e i
g a b , o h n e sic h u m fr ü h e re I d e o lo g ie n o d e r u m W id e rs p rü c h e z w is c h e n
d e m , w a s e r sa g te u n d d e m , w a s e r ta t, z u k ü m m e r n (L u n a 1984: 4 0 7 -4 0 8 ).
K o n k ret bedeu tete dies zum Beispiel, dass w ährend der zw eiten Präsi
den tsch aft P eróns zu r gleichen Z eit, als sich einerseits der offizielle nati
onalistische D iskurs herauskristallisierte, die in dustriepolidschen P ostula
te w iederholt u n d die V o rrech te d er A rbeiter bestätigt w urden, anderer
seits die reale W irtschafts- u n d Sozialpolitik eine K ehrtw ende zugunsten
d er A g rarexporteure vollzog, flankiert v o n einer A npassungspolitik un d
dem Z ugeständnis beachtlicher R echte bezüglich der E rdölexploration
an nordam erikanische U nternehm en.
D e r Sturz P eróns 1955 füh rte zu einem E in sch n itt in der E ntw ick
lung der p eronistischen Identität. D as V e rb o t u n d die V erfolgung, die
die P ero n isten u n d ein G ro ß teil ih rer Sym pathisanten erleiden m ussten,
m ü n d ete in eine K u ltu r des W iderstands, die um so stärker w urde, je
m e h r das M ilitärregim e zu repressiven M aßnahm en g riff m it dem Ziel,
das L an d u n d v o r allem die G ew erk sch aften zu „entperonisieren“ .
W ährend d er P ro skriptionsjahre flössen in den peronistischen D is
kurs aufrührerische, teilweise revolutionäre T ö n e ein. G egen E n d e der
sechziger Jah re n ah m er teilweise Unke P o sitio n en an u n d näherte sich
rhetorisch der kubanischen R evolution. V o n da an trat eine neue G en e
ratio n v o n A ktivisten dem Justizialism us bei, die die „Peronisrische J u
gen d “ (Juventud Peronista', JP) bildeten. Sie n ah m en w esentlich radikalere
P ositionen als die G rü n d erg en eratio n ein. V ielen v o n ihnen diente Eva
P eró n in ihrer käm pferischsten V ersion als Leitfigur, wie sie in der Parole
zum A usdruck kam: „D as L eb en fü r P e ró n “ . Einige v o n ihnen gründe
ten revolutionäre „S onderorganisationen“ u n d gingen zum bew affneten
K a m p f über. T reu seiner G ew o h n h eit, sich u m U n terstützung um jeden
Preis zu b em ühen, fachte P e ró n v o n seinem spanischen Exil aus diese
w idersprüchlichen P arolen ebenso an wie die H o ffn u n g seiner G efolg
schaft, dass er, einm al an d er M acht, alle ihre W ünsche erfüllen w ürde
(V erón/S igal 1986: 91-129; H alperin D o n g h i 1994: 57-64).
Inn erh alb d er B ew egung kam es A n fan g der 70er Jah re zur K o n fro n
tation zw ischen den linken G m p p e n , d er alten gew erkschaftlichen G arde
u n d den rechtsnationalistischen Sektoren. D e r Streit zw ischen den p ero
nistischen S tröm ungen beschränkte sich n ich t au f die rhetorische E bene,
so n d e m n ah m bald die Z üge einer gew alttätigen A useinandersetzung an.
D ie in n eren W idersprüche des P eronism us verlagerten sich ab 1973 au f
die neue justizialistische R egierung u n d som it a u f das L and insgesam t.
Z u m Z e itp u n k t v o n P eróns T o d (1974) w ar die sogenannte „nationale
B ew egung“ lediglich n o c h eine A n sam m lu n g v o n F aktionen, die sich
gegenseitig bekäm pften. Jed e v o n ih n en b eanspruchte für sich allein die
genuine R epräsentation des „p eronistischen W esens“ u n d der Interessen
In stab ilität als K o n stan te? 45
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50 S andra C arreras
(O ’D o n n ell 1994: 60) überein, die sow ohl a u f A rgentinien u n ter M enem
als auch a u f andere lateinam erikanische Fälle angew andt w urde. Z u den
grundlegenden M erkm alen eines solchen Regim es geh ö rt ein Präsident,
der den A nspruch erhebt, die N atio n als solche zu verkörpern, der w ich
tigste H ü te r ih rer In teressen zu sein, u n d der sich selbst als ü b er den P ar
teien u n d organisierten Interessen stehend präsentiert. M ehr noch, dieser
P räsident b etrachtet die übrigen V erfassungsorgane (das P arlam ent u n d
die Judikative) als eine B elästigung der ih m übertragenen A utorität, w es
halb er sich ihnen gegenüber bei seinen R egierungsgeschäften nicht ver
antw ortlich fühlt. All dies sei größtenteils eine Folge des W iederaufle
bens plebiszitärer u n d populistischer T raditionen. Sie erklärten die N eiung
des P räsid en ten zu W illkürakten u n d zur K ultivierung eines personalis-
tischen Stils — n eo p o p u listisch en V erhaltensw eisen, die m it den E r
fahrungen der V ergangenheit m eh r G em einsam keiten als U nterschiede
aufw iesen (K night 1998; O ’D o n n ell 1994; R o b erts 1995; W eyland 1996).
D e r folgende Beitrag kon zen triert sich a u f das V erhältnis zw ischen
E xekutive u n d Legislative u n d schlägt eine N eu in terp retatio n dieser Be
ziehungen u n te r B erücksichtigung d er E rgebnisse neuer em pirischer
Studien vor. E inerseits bestätigt unsere Analyse einm al m eh r die vom
mainstream d er F o rschung bereits hinreichend belegten zentralisierenden
T endenzen. A ndererseits gelangen w ir nicht zu der Schlussfolgerung,
dass d er h erv orgehobene Status der E xekutive durchgehend m it einer
p ro p o rtio n alen Schw äche d er Legislative einherging. U nsere A rgum en
tation b e to n t vielm ehr, dass diese K onstellation lediglich einer bestim m
ten Phase der B eziehungen zw ischen beiden Institutionen entsprach un d
nicht d er gesam ten Regierungsperiode. So zeichneten sich die B eziehun
gen zw ischen den politischen Institu tio n en im V erlauf des vergangenen
Jah rzeh n ts durch ein kom plexes u n d w echselndes M uster aus, w obei der
P räsident überw iegend zu unilateralen H andlungsm odalitäten tendierte.
D ie Rolle des K ongresses erfu h r dagegen im L aufe der Ja h re eine gew is
se Stärkung. Sie schw ankte zw ischen d er A u sübung reiner K ontrollfunk-
tionen u n d dem aktiven G eb rau ch d er parlam entarischen In terv en tio n s
m öglichkeiten im R ahm en des G esetzgebungsprozesses.
U nsere Studie analysiert die B eziehung zw ischen beiden G ew alten
anh an d ihrer Interak tio n im R ahm en jener E ntscheidungsprozesse, die
im Z usam m en h an g m it den strukturellen R eform en anstanden. D ie
grundlegende Fragestellung lautet, w elcher institutionellen Instru m en te
u n d M echanism en sich P räsident M enem bediente, um die angestrebten
W irtschaftsreform en zu verw irklichen. Im M ittelpunkt der Analyse steht
die Exekutive. Sie dom inierte die w irtschaftspolitischen E n tsch eid u n g s
Ü b e r G e se tz e u n d D e k re te 55
2 D as Quorum, d.h. die H älfte der Stim m en plus einer Stim m e im A bgeordnetenhaus,
ist die notw endige M indestzahl an A bgeordneten sow ohl für die B eratung eines G e
setzes und als auch für die jeweilige A bstim m ung am E n d e der D ebatte.
Ü b e r G ese tz e u n d D e k re te 57
In den ersten beiden M onaten v o n M enem s erster A m tszeit fand, inm it
ten des A u sbruchs d er H yperinflationskrise v o n 1989, ein erster Schritt
zu einer M achtkonzentration hin statt. Z u diesem Z eitpunkt forderte die
E xekutive v o m P arlam en t die Z u stim m u n g zu zwei w ichtigen G esetzen:
dem W irtschaftsnotstandsgesetz (Ley de Emergencia Económica) un d dem
Staatsreform gesetz (Ley de Reforma del Estado). D iese G esetzesvorlagen
lieferten einen u m fassenden R ahm en für zukünftige politische H an d lu n
gen. Sie beschränkten sich jedoch n ich t a u f den E n tw u rf eines Regie
rungsprogram m s, so n d ern trugen gleichzeitig der T atsache R echnung,
dass für eine rasche U m setzung des W irtschaftsprogram m s eine solide
politische M achtbasis n o tw endig war.
D ie G esetzesvorlage zum W irtschaftsnotstandsgesetz sah eine Sanie
rung der öffentlichen F inanzen vor. D ie M aßnahm en zielten a u f eine so
fortige u n d zeitweise R eduzierung d er öffentlichen A usgaben. Beihilfen
u n d S ubventionen sowie Z u w endungen im R ahm en der Industrieförde-
Ü b e r G e se tz e u n d D e k re te 59
D er Oberste G erichtshof
3 V erbitsky (1993: 33-46) h at behauptet, dass die R eform des O b ersten G erichtshofes
nicht n u r aus Sorge um die V erfassungsm äßigkeit der N otstandsregelungen vorge
no m m en w orden sei, so n d ern auch dafür sorgen sollte, dass das G erich t die M aß
nahm en der Regierung zur L ösung der Problem e m it dem Militär billigen w ürde. D e r
Ü b e r G ese tze u n d D e k re te 61
von M enem w ährend seines ersten A m tsjahres verkündete G nadenakt (indulto) b e tra f
m ehr als zw eihundert M ilitärangehörige, die an dem „schm utzigen K rieg“ in den
70er Jahren, am M alvinas-K rieg und an den A ufständen v o n 1987 u n d 1988 beteiligt
gew esen waren.
4 D er G esetzgebungsprozess im A bgeordnetenhaus w urde w egen U nregelm äßigkeiten
kritisiert. E rstens w urde angem erkt, dass m ittels eines irregulären P rozedere die D e
batte über das G esetz um viele Stunden bis tie f in die N a ch t verlängert wurde. O b
w ohl eine A bstim m ung über die U nterbrechung der D ebatte bis zum folgenden Tag
veranlasst w orden war, entschied sich eine „unklare“ M ehrheit für die F ortsetzung
der Sitzung. In der T a t w urde angeprangert, dass die M ehrheit durch Strohm änner
erzielt w orden sei. Zw eitens w urde der G esetzesentw urf „im allgem einen“ , jedoch
nie „im einzelnen“ (Artikel für Artikel) angenom m en - was nur den ersten Schritt im
Z ustim m ungsprozess darstellt u n d zw ar schlicht und einfach desw egen, weil die
Sitzung nach der allgemeinen A nnahm e des G esetzes als b eendet b etrachtet w urde
(Vidal 1995: 73-104; V erbitsky 1993: 47-51).
5 M enem w irkte auch a u f die B esetzung anderer Bereiche der Justiz ein. E r ernannte
den m it der A ufsicht über die E rm ittlungs- und Prozessfunktionen der richterlichen
G ew alt beauftragten Procurador General de la Corte ohne die notw endige Z ustim m ung
d urch den Senat. A ußerdem sorgte er für den R ücktritt von vier der fü n f M itglieder
des R echnungshofes (Tribunal de Cuentas), dessen A ufgabe die Ü berw achung der G e
setzm äßigkeit v o n R egierungsausgaben ist (Larkins 1998: 430-431).
62 M ariana L lanos
6 Molinelli (1996: 75) konstatiert, dass m an „vor 1983 ein B uch ü ber V erfassungsrecht
schreiben konnte, ohne das T hem a zu erw ähnen, u n d w enn es erw ähnt w urde, dann
n u r im Z usam m enhang m it ,politischen’ E ntscheidungen, A usnahm eerscheinungen,
welche darüber hinaus im allgem einen als irregulär betrach tet w urden.“
7 Ferreira R u b io /G o re tti (1994: 2-4) haben ausgefuhrt, dass sich, da der V erfassungs
text von 1853 keine N otstands- u n d D ringlichkeitsdekrete vorsah, eine K ontroverse
hinsichtlich ihrer verfassungsm äßigen G ültigkeit ergab. E inige Fachleute waren der
M einung, dass sie den V erfassungsnorm en w idersprächen, da kein A usnahm ezustand
eine U nterbrechung des Prinzips der G ew altenteilung rechtfertigen könne, a u f dem
das politische System basiere. A ndere hielten dagegen, dass D ekrete erlassen w erden
könnten, w enn der K ongress nicht zusam m entrete u n d schwierige u n d außerordent
liche Situationen das Ü berleben des Staates u n d der Zivilgesellschaft bedrohten. U n
geachtet dieser D ifferenzen bestand eine Ü bereinstim m ung in bezug a u f die N o t
w endigkeit, die erlassenen D ekrete innerhalb eines angem essenen Z eitraum s der
Z ustim m ung o der A blehnung durch den K ongress zu unterw erfen.
8 V on insgesam t 336 zw ischen 1989 und 1994 erlassenen D ekreten w urden 30 zw i
schen Juli u n d D ezem b er 1989, 63 im Ja h r 1990, 85 im Ja h r 1991, 69 im Jahr 1992,
64 M ariana L lanos
62 im Ja h r 1993 und 27 zw ischen Jan u ar und A ugust 1994 v erkündet (Ferreira Ru-
b io /G o re tti 1996:454).
9 E s sollte vielleicht klargestellt w erden, dass die Regierung v o n den insgesam t 336
N otstands- und D ringlichkeitsdekreten n u r 166 anerkannte. D ie übrigen 170 w urden
v o n Ferreira R ubio u n d G o retti nach einer sorgfältigen Analyse der gleichen K atego
rie zugeordnet. D ie Regierung dagegen verm ied es, diese als N o tsta n d s- u n d D ring
lichkeitsdekrete zu bezeichnen, obw ohl es sich um solche handelte. E inige A utoren
ziehen es vor, n u r die v o n d er E xekutive selbst anerkannten D ekrete zu berücksichti
gen, deren A nzahl freilich auch so n o ch signifikant genug ist.
Ü b e r G e se tz e u n d D e k re te 65
E ingaben der E xekutive P riorität einräum te, aber darüber nicht die aus
seinen eigenen R eihen hervorgegangenen E n tw ürfe vernachlässigte.
Insgesam t scheinen die Z ah len die große gesetzgeberische R evoluti
o n zu bestätigen, die w ährend der A m tszeit M enem s stattfand u n d m it
einem n euen E ntw icklungsm odell sowie einer neuen Rolle des Staates in
V erb in d u n g steht. U m gesetzt w urde sie sow ohl durch norm ale als auch
d urch außergew öhnliche G esetzgebungsverfahren. V erglichen m it ande
ren P räsidentschaften lag die A nzahl der w ährend der ersten A m tsp erio
de Carlos M enem s verabschiedeten G esetze au f einem vorderen Platz.
L aut M ustapic (2000: 591) erließ der K ongress w äh ren d der P räsident
schaft v o n Raul A lfonsin 645 G esetze, hinzu kam en etwa zehn N o t
stands- u n d D ringlichkeitsdekrete. F ü r frühere Präsidentschaften liegen
folgende D aten vor: u n te r Illia 441 G esetze, u n ter C ám pora 10, u n ter
Lastiri 27, w ährend der dritten P räsidentschaft P eró n s 142 u n d u n ter
M artínez de P e ró n 569 G esetze (M o lin elli/P alanza/S in 1999:416). E s
gab zw ar im V erlau f des 20. Ja h rh u n d erts Präsidentschaften, w ährend
denen eine größere A nzahl v o n G esetzen verabschiedet w urde (zum Bei
spiel u n te r Y rigoyen 1114 u n d w äh ren d d er ersten A m tszeit Peróns 1292
G esetze), allerdings h än g t dies auch dam it zusam m en, dass bis 1964 sehr
viele R enten- u n d Pensionsgesetze erlassen w urden. D eren A nteil an den
gesam ten G esetzen lag zw ischen 21% u n d 57% (M olinelli/P alanza/S in
1999: 415).
D ie große A nzahl der u n ter M enem verabschiedeten G esetze führt
uns zu einem zw eiten w ichtigen A spekt, u n d zw ar zu den Inhalten der
G esetze. D ab ei ist d a ra u f hinzuw eisen, dass grundlegende w irtschaftspo
litische R eform gesetze v o m K ongress debattiert un d verabschiedet w ur
den. A n erster Stelle ist die V erabschiedung des K onvertibilitätsgesetzes
(Ley de Convertibilidad) zu nennen. M eh r als zehn v o m Parlam ent verab
schiedete Privatisierungsgesetze (zusätzlich zu den durch das Staatsre
form gesetz v o n 1989 autorisierten Privatisierungen) u n d wichtige G esetze
w ie die z u r Steuer- u n d A rb e itsre c h tsre fo rm zeigen, dass das P arla
m e n t durchaus an w irtschaftspolitischen E n tscheidungsprozessen betei
ligt war. M ehrere Studien haben aufgezeigt, dass der K ongress an der in
haltlichen A usgestaltung der b etreffen d en G esetze in substanzieller A rt
u n d W eise beteiligt w ar.10 E tc h e m e n d i/P a le rm o (1998: 581-582) un-
11 Partielles V eto bedeutet, dass der P räsident gegen Teile eines v o m K ongress verab
schiedeten G esetzes sein V eto einlegt u n d die restlichen Bestim m ungen in K raft tre
ten lässt. V on dieser M öglichkeit m achte M enem ausführlich G ebrauch. D u rch die
68 M ariana L lanos
partiellen V etos d erart effektiv w ar, dass die E xekutive dadurch einen
G ro ß te il ihrer Initiativm acht bew ahren konnte. Jed o ch gelang es ihr nie,
eine B eteiligung des K ongresses ganz zu verhindern. D a h er behielten
wichtige, m it einem partiellen V eto belegte G esetze, wie etw a das zur
Sozialversicherungsreform , einen g ro ß en Teil des im K ongress ausge
handelten W ortlauts. D ie E rfah ru n g en m it dem partiellen V eto verw ei
sen so m it n icht n u r a u f die institutioneile M acht des P räsidenten, sie sind
gleichzeitig ein w eiterer Beleg dafür, in w elchem U m fang die A bgeo rd n e
ten eigenständig handeln u n d M odifikationen v o n G esetzen gegen den
W illen d er E xekutive d urchsetzen konnten. W äre für die N o tsta n d s- u n d
D ringlichkeitsdekrete eine ähnliche In terp retation denkbar?
Zw eifellos w aren diese D ek rete eine m ächtige institutionelle W affe
in den H än d en M enem s u n d ein u n u m stö ß lich er In d ik ato r für seine au-
tokratischen R egierungstendenzen. A b er zahlreiche konkrete D ekrete (in
der M ehrzahl solche, die im Z u sam m en h an g m it den W irtschaftsrefor
m en standen) sollten besser als m ächtige W affen in den H ä n d en eines
schw achen Präsidenten charakterisiert w erden. E in Präsident, der mittels
D ek reten regieren kann, ist in einem institutionellen Sinne im m er m äch
tig, aber dies bed eu tet nicht, dass er auch politisch stark wäre. P arad o
xerweise reicht d er E influss eines P räsidenten, der durch D ekrete regiert
n u r so w eit, wie es ih m gelingt, dass seine D ekrete nicht d u rch ein G e
setz des K ongresses außer K ra ft g esetzt w erden. E r ist gleichzeitig aber
auch so schw ach, dass er a u f D ek rete zurückgreift u n d es n ich t wagt,
sich bei der V erabschiedung eines G esetzes m it dem K ongress auseinan
der zu setzen.
The rate at which the administration issues N U D s has declined by more
than 50 percent relative to the period before the (1994 constitutional) re
form. In the first twenty-seven months under the new 1994 Constitution,
the administration issued sixty-two NU D s - less than its yearly average over
the 1989-94 period (Ferreira R ubio/G oretti 1998: 59).12
V erfassungsreform v o n 1994 w urde diese V orgehensw eise legitim iert (wie im übrigen
auch die N otstands- u n d D ringlichkeitsdekrete).
12 N U D s = Necessity and Urgency Degrees (N otstands- u n d D ringlichkeitsdekrete).
Ü b e r G e se tz e u n d D e k re te 69
D ie hyperinflationären U m stände
V erschiedene A u to ren haben d arau f hingew iesen, dass eine durch eine
tiefgreifende W irtschaftskrise gekennzeichnete Situation einen positiven
E influss au f die Im p lem entierung erfolgreicher W irtschaftsreform en ha
ben k an n .13 D ies w ird dam it erklärt, dass eine solche Situation nicht nur
die Initiierung eines R eform program m s durch die R egierung erleichtert,
son d er dass auch eher R egierungskapazitäten geschaffen w erden können,
um die R eform en langfristig aufrecht zu erhalten.14 W ie im Folgenden
gezeigt w ird, veranlassten die hyperinflationären U m stände M enem bei
seinem A m tsan tritt zu einer W irtschaftspolitik, für die er nie P räferenzen
gezeigt hatte. D ie E xekutive verfügte infolge der K rise ü b e r große politi
sche u n d institutionelle H andlungsspielräum e, was für die D u rch setzu n g
der ersten W irtschaftsreform m aßnahm en entscheidend war.
D ie H yperinflationskrise w ar eine Folge struktureller Problem e. Sie
m achte den K ollaps des Staates a u f dram atische W eise deutlich, eines
Staates, der nach u n d nach seine A uto n o m ie gegenüber dem sozialen, ex
ternen u n d privaten D ru ck verloren hatte (P a le rm o /N o v a ro 1996: 85-94;
O ’D o n n ell 1993). D ie H yperinflation w u rd e durch w irtschaftliche u n d
politische Faktoren ausgelöst, die sich w äh ren d der letzten M onate der
Präsidentschaft A lfonsins ereigneten. D ies setzte einer Reihe v o n ge
scheiterten Stabilisierungsversuchen im L aufe der zw eiten H älfte der
80er Ja h re ein dram atisches E n d e (C anitrot 1994).
B ereits v o r A usbruch der K rise h atten die M ittel der Regierung zur
Finanzierung des öffentlichen Sektors einen T iefstand erreicht. A ber
auch die U nsicherheit angesichts der bev o rstehenden P räsidentschafts
w ahlen trug zu r V erschlechterung der Situation bei (G e rc h u n o ff/T o rre
(1996: 735). D ie A ussicht, dass der P eronism us w ieder an die M acht
kom m en könnte, beunruhigte in sbesondere die Privatw irtschaft. D e r
populistische W ahlkam pfstil des peronistischen K andidaten w urde durch
das Im age verstärkt, das er als G o u v ern eu r v o n La Rioja gew onnen h a t
te. W äh ren d M enem v o n einem Schuldenm oratorium , v o n salariado un d
einer „pro d u k tiv en R evolution“ sprach, glich sein W irken als G o u v er
neur d em eines typischen caudillo, der V erteilungspolitiken m it einem
feudalen Regierungs stil v erband, bei dem der M angel an V erantw ortlich
keit die Regel war. V o r diesem H in terg ru n d b estand eine große U n si
cherheit dahingehend, was w ohl v o n einem P räsidenten M enem zu er
w arten sein w ürde. M enem s W ah lk am p f trug dazu bei, die Ä ngste h in
sichtlich zukünftiger finanzieller U nw ägbarkeiten u n d dam it die Inflation
w eiter anzuheizen.
N ach d em M enem die Präsidentschaftsw ahlen gew onnen hatte, w ur
de die Inflation, die in den M onaten zu v o r dem steigenden D ollarkurs
gefolgt war, zu r H yperinflation (Sm ith 1991: 40). D as ganze L and w urde
d urch den V erlust der K on tro lle ü b er die W irtschaft erschüttert, in den
V o ro rten der G ro ß städ te kam es zu K rawallen. U n ter diesen U m ständen
stellte sich die Frage nach dem Z eitp u n k t der A m tsübergabe v o n A l
fonsin zu M enem . A lfonsin trat schließlich fü n f M onate v o r A b la u f sei
n er A m tszeit zurück u n d M en em ü b ern ah m bereits im Juli 1989 die Re
gierungsgeschäfte.
D ie Situation ließ im H inblick a u f die W irtschaftspolitik nicht viele
M öglichkeiten offen. D a der Staat fast alle ihm zur V erfügung stehenden
R essourcen u n d Regierungskapazitäten eingebüßt hatte, w ürde n u r die
E inleitung stabilitätsorientierter R eform en w irkungsvoll zu r B eruhigung
d er F inanzm ärkte beitragen u n d die Bewilligung dringend b en ötigter ex
terner K redite erm öglichen. M enem verstan d dies u n d w echselte vo n
seiner im W ah lk am p f p räsentierten unklaren H altu n g zu einer klaren P o
sition. Seine neue H altu n g w ar w eit en tfern t v o n dem , was seine politi
sche L aufbahn u n d die Z ugehörigkeit zum Peronism us hätten verm uten
lassen. Sie um fasste — gleicherm aßen zu r Ü berraschung v o n M enem s
G egnern u n d A nhängern —die Prinzipien eines neoliberalen Program m s:
die A ufgabe des Staatsinterventionism us u n d des geschützten K apitalis
m us, die P rivatisierung v o n staatlichen U n ternehm en, einen finanzpoliti
schen Sparkurs sowie die Ö ffn u n g der W irtschaft.
D ie E n tsch eid u n g für ein innovatives W irtschaftsprogram m scheint
eine direkte Folge d er öko n o m isch en u n d institutionellen K rise gew esen
zu sein, m it d er sich M enem n ach seiner W ahl kon fro n tiert sah. E r m u ss
te erkennen, dass die objektive w irtschaftliche Situation keine großen
Spielräum e für andere staatliche Politiken als die in R ichtung m arktw irt
schaftlicher R efo rm en ließ. In d e m er einen m arktw irtschaftlichen R e
form kurs einschlug, k o n n te M enem die U n terstü tzu n g der nationalen
P rivatw irtschaft sowie der internationalen Banken u n d K reditgeber er
langen. T o rre /P a le rm o (1992) sind zu d er Schlussfolgerung gelangt, dass
M enem s K ehrtw ende direkt nach seiner W ahl „das E rgebnis einer stra
tegischen K alkulation war; genauer gesagt, die E ntsch eid u n g für m a rk t
w irtschaftliche P olitiken w ar ein M ittel z u r N eutralisierung seiner politi-
72 M ariana L lanos
P artei des P räsidenten leistete keinen W iderstand gegen eine Politik des
P räsidenten, die durch die U m stän d e diktiert w urde; schließlich gaben
auch w eitere kleinere P arteien ihre U n terstü tzung, w eshalb die G esetzes
vorlagen im Senat einstim m ig u n d im A b g eordnetenhaus m it einer brei
ten M ehrheit angenom m en w urden.
A b D ezem b er 1989 gestaltete sich das V erhältnis des Präsidenten zur
U C R w ieder im R ahm en des norm alen M usters zw ischen R egierung un d
O pp o sitio n . D ab ei p rofitierte die R egierung vo n den Schwierigkeiten der
Radikalen Partei, sich zu einer w irkungsvollen O p p o sitio n zu entwickeln.
A u f d er einen Seite m achte die öffentliche M einung die U C R für das
w irtschaftliche D ebakel direkt verantw ortlich, w eshalb P räsident M enem
für eine beträchtliche Z eit nicht m it d er G efah r ungünstiger W ahlergeb
nisse konfrontiert war. F erner n utzte M enem die Situation listig aus, indem
er d en R adikalen b ei jeder sich b ieten d en G elegenheit öffentlich I n
effizienz u n d D irigism us vorw arf. A u f d er anderen Seite ließ das dram a
tische E n d e v o n A lfonsins Regierungs zeit die U C R in einem Z u stan d der
in n eren K rise zurück. D ies verhinderte in den m eisten Fällen ein abge
stim m tes u n d konsistentes H an d eln der w ichtigsten O ppositionspartei.
E rs t w äh ren d M enem s zw eiter A m tszeit entw ickelte sich die U C R w ie
d er zu einer echten A lternative. D o c h tro tz ihrer Schw äche verweigerte
die Radikale Partei o ft die Z usam m en arb eit im K ongress (d.h. sie versag
te die B ereitschaft, durch die A nw esenheit ih rer A bgeordneten das Q u o
ru m zu gew ährleisten), w eshalb P räsident M enem a u f die U n terstü tzu n g
seiner eigenen P artei u n d a u f ad Aor-Übereinkünfte m it anderen opposi
tionellen P arteien angew iesen war.
W ie bereits erw ähnt, garantierten die W ahlergebnisse Carlos M enem
eine vorteilhafte V erteilung d er institutionellen M acht. D as w ar beson
ders im Senat der Fall, w o die PJ ü b er eine absolute M ehrheit verfügte.
Im A b g eordnetenhaus hatte die R egierungspartei n u r eine einfache
M ehrheit, die jedoch m it U n terstü tzu n g einiger kleinerer Parteien ohne
größere Schw ierigkeiten zum E rreich en des Q u o ru m s ausreichte. E ine
solche U n terstü tzu n g erhielt die R egierung zum Beispiel v o n M itgliedern
der U ceD é (Unión del Centro Democrático), die auch in der E xekutive m it
ih r zusam m enarbeitete.15 A ndere gute V erb ü n d ete der R egierungen wa-
ren: das Movimiento Popular Neuquino, d er Partido Renovador de Salta, der Par
tido Planeo de los Jubilados, der Partido U beral de Corrientes, die A lia n za Acción
Chaqueña, d er Partido Demócrata Cristiano Federal u n d der Partido Conservador
Popular. D iese R egionalparteien w aren zw ar als einzelne K räfte num e
risch irrelevant, sie spielten jedoch für das E rreichen der nötigen Stim
m en zu r V erabschiedung v o n G esetzesvorlagen eine w ichtige Rolle. D ie
Z u sam m en arb eit m it diesen P arteien hatte für die E xekutive aber auch
ih ren Preis, d en n sie m usste sich a u f K o m p ro m isse einlassen, insbeson
dere a u f V ergünstigungen für diejenigen D istrikte, die v o n diesen kleine
ren P arteien repräsentiert w urden. E n tsch eid en d w ar jedoch, dass es P rä
sident M enem gelang, sich die U n terstü tzu n g seiner eigenen P artei für
die Im plem en tieru n g eines politischen P rogram m s zu sichern, das dem
historischen P eronism us diam etral entgegengesetzt war.
falls ein bekanntes M itglied der U ceD é, m it allen die Privatisierung der Telefongesell
schaft b etreffenden Fragen beauftragt. A ndere Fachleute der U ceD é erhielten P osten
in der B undes- u n d den Provinzverw altungen. D ie B erufung v o n M itgliedern der
Familie A lsogaray stand im Z usam m enhang m it der v o n Miguel Roig zum W irt
schaftsm inister. Beide E rn ennungen w aren auch von großer sym bolischer B edeu
tung, insofern R oig Präsident v o n Bunge & B orn gewesen war, des g rößten m ultina
tionalen argentinischen U nternehm ens, u n d Alsogaray eine P erson des rechten Z en t
rum s m it einer langen T radition der U nterstützung liberaler W irtschaftsideen war.
Beide P erso n en w aren zudem Symbole für die Feinde, die der Peronism us als V olks
bew egung stets gehabt hatte.
Ü b e r G e se tz e u n d D e k re te 75
Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis
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Ü b e r G e se tz e u n d D ek re te 83
E inleitung
Bei seiner vorzeitigen A m tsü b ern ah m e im Juli 1989 sah M enem sich m it
einer katastrophalen w irtschaftlichen Situation konfrontiert: D ie A u s
landsschuld w ar a u f ca. 60 M rd. US$ angestiegen, die interne V erschul
du n g erreichte 6 M rd. US$ u n d die Preissteigerungsraten lagen M itte des
Jah res bei fast 200% m onatlich, so dass die W ährung A ustral im Z uge
der H yperinflation praktisch säm tliche G eldfunktionen an den U S-D ollar
verloren hatte. Z u d em befand sich die W irtschaft m it einem R ückgang
des S ozialprodukts, d er Reallöhne u n d d er B eschäftigung in einer R ezes
sion. D ie R eallöhne w aren seit 1983 u m 30-60% gesunken u n d die A r
beitslosigkeit a u f 17% angestiegen. Soziale U n ru h en (Plünderungsw ellen)
führten E n d e Mai 1989 zur V erhängung eines 30-tägigen A u sn ah m ezu
stands (B odem er 1991: 243).
M enem s W ah lk am p f schien dem traditionellen Politikschem a der pe
ronisrischen Partei zu entsprechen: N e b e n vagen A nkündigungen bezüg
lich einer n euen E p o c h e eines d er sozialen G erechtigkeit verpflichteten
m o d ern en P ero n ism u s sowie einer „produktiven R evolution“ u n ter E in
schluss aller gesellschaftlichen K räfte versprach der P räsidentschaftskan
didat eine B eendigung der H yperinflation, L o hnerhöhungen („salariado“)
bei gleichzeitigen Steuersenkungen sowie eine harte H altung gegenüber
den externen G läubigern (B odem er 1991: 244; E rro 1993: 195ff.).
Als M enem jedoch sein neues K ab in ett vorstellte, w urde rasch d e u t
lich, dass v o n den populistisch-etatistischen Prinzipien des Peronism us
w enig übrig geblieben war. M enem beteiligte alle w ichtigen M achtgrup
pen (G roßindustrie, G ew erkschaften u n d K irche) an seiner Regierung
u n d überraschte m it der E rn e n n u n g des V izepräsidenten eines großen
m ultinationalen K o n zern s —Bunge & B orn —zum W irtschaftsm inister.
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Tabelle 1: B asisdaten
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D ie W irtsch a ftsp o litik d e r R eg ieru n g M e n e m 89
D ie Privatisierungspolitik
F e m se h en /R a d io - - -
Öl 2060,2 - - 2060,2
Y.P.F. (Öl) 3040 1271,1 - 4311,1
Gas 820,6 3082,1 1110 5012,8
W asser _ _ _ _
Fleischverarbeitung 1,9 _ _
1,9
Petrochem ie 55,7 133,6 - 189,3
W erftindustrie 59,8 - . 59,8
Stahl 143,3 41,8 - 185,1
S trom versorger 12,4 3,5 - 15,9
militär. U nternehm en 11,3 _ _ 11,3
F inanzsektor 86,3 _ _ 86,3
Staatsim m obilien 202,5 _ - 202,5
Sonstige 3,7 12 15,7
G esam t 9920 14923,1 2666,4 27509,5
Quelle: W irtschaftsm inisterium (M E O SP) 1995: 42.
zeigte sich jedoch durch die Privatisierung eines beträchtlichen Teils der
B eitragszahlungen (Beiträge v o n ca. drei Mio. A rbeitnehm ern gehen an
die privaten F onds) eine zusätzliche B elastung der Staatskassen, da die
staatliche R entenversicherung w eiterhin füir einen G roßteil der R enten
leistungen aufkom m en m usste. Z u d em hatte die R egierung die A rbeitge
berbeiträge z u r Sozialversicherung schrittw eise gesenkt, um durch eine
V erringerung d er L o h n n eb en k o sten die W ettbew erbsfähigkeit der U n
ternehm en zu erhöhen u n d m e h r B eschäftigung zu erzielen. Insgesam t
w aren die gesunkenen E in n ah m en der Sozialversicherung zu einem be
träch tlichen Teil für die sinkenden Staatseinnahm en ab dem dritten
Q u artal 1994 verantw ortlich (F undación Cedeal 1994, N r. 20: 18).
D a d er G ro ßteil der Privatisierungen bereits w ährend der ersten Jahre
d er Regierung M enem durch g efu h rt w urde u n d ein E n d e der Finanzie
ru n g laufender A usgaben durch einm alige, außerordentlichen E in n ah
m en abzusehen war, w urden die übrigen K o m p o n en ten der B udgetpoli
tik —Steuer- u n d V erschuldungspolitik —für die Flaushaltskonsolidierung
im m er wichtiger.
D ie Steuerpolitik
D ie Staatsverschuldung
M io USS -1000
-5000 -
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999
■ Mercosur 238,9 -1349,5 -344,7 19,9 2176,1 2118 1986 1484,6 674
O Nafta -556,3 -1838,8 -2621,7 -2735,7 -2826,9 -3238,3 -4601,3 -4516,2 -2412
M EU 2095,1 401 -363,6 -2249 -1559 -2340 -4327,9 -4017,9 -2181
Als g rö ß ter E rfolg des Plan Cavallo gilt die spektakuläre Senkung der In
flationsrate u n d die V erteidigung des fixen W echselkurses sowie das dy
nam ische W achstum zw ischen 1991-94. D ie A ngleichung des Preisni
veaus an die U S -Inflationsrate sollte ü b er die D eindexierung v o n Preisen,
L ö h n en u n d Schuldverträgen, eine Preisderegulierung u n d Preisabspra
chen m it führenden U ntern eh m en im G egenzug für steuerliche V ergüns
tigungen erfolgen (Schweickert 1995: 334). D ie D eregulierung un d Ö ff
nu n g der Ö k o n o m ie sollte zudem W ettbew erbsdruck a u f die nationalen
U n tern eh m er ausüben u n d Preissenkungen fördern. Als E rgebnis konnte
die Inflationsrate zw ar abrupt gesenkt w erden, das Ziel der N ullinflation
bzw. D eflation w urde jedoch erst nach d er Tequila-K rise erreicht: D ie
Jahresinflation 1991 b etrug für V erbraucherpreise im m erhin noch 84%
(G roßhandelspreisindex 56,7%), was zu einer A ufw ertung des realen
W echselkurses u n d einer V erzerrung d er relativen Preise durch einen
stärkeren A nstieg d er Preise nicht-handelbarer G ü te r u n d D ienstleistun
gen im Vergleich zu E x p o rtp ro d u k ten , die einem höheren K o n k u rren z
dru ck ausgesetzt w aren, führte.
D ie Preis- u n d W echselkursstabilität führte in V erbindung m it den
h o h e n K apitalzuflüssen zu einer R em onetarisierung der Ö konom ie, die
sich in einer zu n eh m en d en L iquidität durch die ho h e D evisenakkum ula
tion der Z entralbank u n d in einer positiven D epositen- u n d K red iten t
w icklung im F inanzsektor m anifestierte.
D a innerhalb eines Currency Board eine A usw eitung der G eldm enge
v o n positiven N ettodevisenzuflüssen abhängig ist, ist die langfristige
D ie W irtsch aftsp o litik d e r R eg ieru n g M en em 103
2 25000
Quelle: Fundación Cedeal IV /95, Nr. 26, La Nación 9.-15.1.96, F ID E 12/99, S. 31.
14)-
Schon bald erzw angen jedoch die Ereignisse eine verstärkte Interven
tion der m o n etären A utorität: M itte F ebruar w urde das Z entralbankge
setz ü b er ein N o tstan d sd ek ret geändert, das im A pril 1995 v o m K o n
gress gebilligt w u rd e u n d die Lender o f L a st Ritor^-Funktion der Z en tral
b ank zum Teil w iederherstellte: D as G esetz erlaubte in verstärktem Ma
ße eine R efinanzierung der G eschäftsbanken. U m die W ährungsreserven
d er Z entralbank n ich t zu belasten, w urde der Z entralbank ü b er das N o t
standsdekret die M öglichkeit zugebilligt, externe Schulden aufzunehm en
u n d deren L aufzeit zu verlängern (A rgentinische B o tschaft 1996: 29).
Im M ärz erreichte die K rise m it einem D epositenverlust vo n 4,2 Mrd.
US$ u n d extrem h o h en Z insraten ihren H ö h ep u n k t, zudem w urden nun
verm eh rt D ollarguthaben abgezogen, w ährend anfangs v.a. Pesoeinlagen
betro ffen w aren. D ie Z entralbank erlaubte P rivatbanken fortan bis zu
50% ihrer B arreserve zu den M indestreserveverpflichtungen h inzuzu
rechnen. Im A pril 1995 w urde erneut ein E inlagenversicherungssystem
eingeführt, u n d m it H ilfe v o n N o tfo n d s zur U m strukturierung u n d Fusi-
108 K atja H u jo
D er Finanzsektor
onsko sten je nach B ranche zw ischen 30-60% niedriger w aren —ein deu t
liches V o tu m ü b er die S tandortqualität A rgentiniens. W eder der F inanz
sektor n o ch der a u f einen ständigen Sparkurs festgelegte öffentlich Sek
to r w ar dazu in d er Lage, durch eine en tsprechende K reditpolitik oder
öffentliche In v estitionen einen positiven Im puls zu leisten.
Brennstoffe
R ohstoffe
22%
M OA
35%
Fazit
Literaturverzeichnis
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Susana Sottoli
E inleitung
Armutsorientierte Sozialhilfeprogram m e
1 N ach offiziellen A ngaben erhöhte sich die A rm utsquote zw ischen 1980 u n d 1986
von 6,14% a u f 11,33%. Z u r A rm utsentw icklung vgl. T abelle 2 u. 3.
130 S usana S ottolí
2 Z u r R eform des Bildungswesens siehe den Beitrag von Braslavsky in diesem Band.
Sozialpolitische R e fo rm e n u n d soziale E n tw ic k lu n g 135
rung w erden, sond ern diejenige w ählen dürfen, die ihren B edürfnissen
am ehesten entsprach. D ad u rch sollte ein W ettbew erb zw ischen den
K rankenkassen geschaffen w erden, die n u n um die M itglieder konkurrie
ren m ussten. D a v o n erhoffte m an sich eine V erbesserung der L eistungs
fähigkeit des seit Jahren ineffizient gew ordenen K rankenversicherungs
systems. A ufgrund des starken gew erkschaftlichen W iderstands gegen
w eitergehende D eregulierungsm aßnahm en kam en radikalere V orschläge,
nach denen die V ersicherten sich auch n ich t gew erkschaftlich verw alte
ten K rankenkassen h ätten anschließen dürfen, n ich t zum Z uge (IRELA
1995: 27).
Z usam m en fassen d kann m an festhalten, dass die G ew erkschaften
zw ar w eiterhin eine einflussreiche Rolle bei der V erw altung d er V ersi
chertenbeiträge spielten, durch die Liberalisierung bzw . D eregulierung
des K rankenkassensystem s aber erhebliche M achteinbußen hinnehm en
m ussten, n ich t zuletzt, weil die E in fü h ru n g der W ahlfreiheit einen ü b er
k o m m en en M echanism us zur Sicherung d er M itgliederloyalität u n te r
grub. In diesem Sinne trug die R efo rm des System s der Obras Sociales
n eb en dem v o n der R egierung M enem bereits in G an g gesetzten tiefgrei
fenden gesam tgesellschaftlichen R eform prozess (Privatisierung, Flexibili
sierung des A rbeitsm arkts, V erw altungsreform en) dazu bei, einen U m
bru ch des bereits in einer O rientierungsknse befindlichen G ew erk
schaftssystem s einzuleiten.4 D ie N euregelung des K rankenversicherungs
system s trat am 1. A pril 1993 in K raft.
4 Z u r E ntw icklung der G ew erkschaften siehe den Beitrag von Palom ino in diesem
Band.
138 S usana S ottoli
5 T ro tz einer L ebenserw artung von 69 Jahren für M änner u n d 76 Jah ren für Frauen lag
das R uhestandsalter bei 60 Jahren für M änner und 55 Jahren für Frauen. D ie L o h n
ersatzraten w urden gesetzlich m it 70% bis 82% des G rundverdienstes festgesetzt, der
sich aus dem D u rch sch n itt der drei b esten Jahre aus den zehn Jah ren v o r dem R uhe
stand errechnete. D abei w ar es m öglich, in den ersten Jahren m inim ale Beiträge ab-
zuführen und dann hohe Beiträge lediglich a u f die letzen d re ija h re zu konzentrieren,
u m eine ausreichende R ente zu beziehen. D ie zahlreichen Sonderrenten, die nach nur
w enigen A rbeitsjahren einen R uhestand unabhängig vom Alter oder auch nicht b ei
tragsbezogene R enten erlaubten, belasteten das System 1991 zusätzlich m it 16 M rd.
US$ (Mesa-Lago 1993: 193ff.).
S ozialpolitische R e fo rm e n u n d soziale E n tw ick lu n g 139
D ezentralisierung
L aut V erfassung ist A rgentinien föderal organisiert. Faktisch ist der ar
gentinische Föderalism us jedoch —ganz im Sinne des traditionell ausge
p rägten adm inistrativen u n d politischen Z entralism us d er lateinam erika
nischen Regierungs sys tem e (N ohlen 1991) — durch ein stark asym m etri
sches V erhältnis zw ischen Z entralstaat (und insbesondere der nationalen
Exekutive) u n d den föderalen E inheiten geschw ächt (T hibaut 1996:
90f£). D iese K o nstellation k o m m t u.a. in einem starken Entw icklungsge
fälle zw ischen den perip h eren P rovinzen u n d der w irtschaftlichen K e rn
region des L andes, zu d er die H a u p tsta d t B uenos A ires u n d die gleich
nam ige P rovinz gehören, deutlich zu m A u sdruck D iese U nterschiede
sind freilich n ich t jüngeren D atu m s, so n d ern resultierten aus jahrzehn
tenlangen, geographisch heterogenen E ntw icklungsprozessen. Im G efol
ge d er K rise d er 1980er Jah re v erschärften sich die entw icklungspoliti
schen U nterschiede innerhalb des Landes: D ie M ehrheit der Provinzen
b efand sich in d er Regel in einer im V ergleich zu r H au p tstadtregion p o li
tisch, w irtschaftlich u n d sozialpolitisch w eniger güngstigen Lage, u m a u f
die negativen A usw irkungen d er K rise reagieren zu können.
D ie S trukturanpassungsreform en der 1990er Jah re erfolgten z u
n äch st in B uenos Aires u n d bezogen sich in erster Linie au f den Z en tral
staat. D ie w irtschaftliche U m stru k tu rieru n g in den P rovinzen kam später
142 Susana S ottoli
sierten Instan zen finanziell u n d technisch n ich t in der Lage w aren, die
neuen sozialpolitischen A ufgaben k o m p eten t w ahrzunehm en u n d ande
rerseits die D ezentralisierungspolitik k o n zeptionell eher a u f die finanziel
le E n tlastu n g des Z entralstaates reduziert w urde. D ieses V erständnis v o n
D ezentralisierung läßt sich v o r dem H in terg ru n d des w irtschaftlichen
R eform program m s der Regierung M enem , in dem die N eudefinition des
Z entralstaates u n d die Sanierung seiner F inanzen im M ittelpunkt stan
den, g u t nachvollziehen.
G leichw ohl u n tern ah m die R egierung einige Schritte, u m diese D e fi
zite zu korrigieren: E in Consejo Federal de Desarrollo Social w urde eingerich
tet, d er m it d er K oord in ieru n g der dezentralisierten sozialpolitischen
K o m p eten zen zw ischen der zentralen R egierung u n d den P rovinzen be
auftragt w urde (C N C D S 1995: 25). D a rü b e r hinaus u n d angesichts der
zuneh m en d en technischen u n d finanziellen U nterschiede zw ischen den
P rovinzen, die sich negativ a u f die Q ualität dezentralisierter Sozialleis
tungen ausw irkten, verkündete die R egierung 1994 die D u rch fü h ru n g ei
nes u m fassenden sozialen Investitions- u n d In frastrukturprogram m s für
die ärm sten P rovinzen (IR E L A 1995: 26).
standen, sond ern charakterisieren die E ntw icklung des Landes seit vielen
Jahrzehnten. In den 90er Jah ren setzten sich die entsprechenden T en
denzen fort: Beispielsweise liegt die K in d ersterblichkeitsrate in der P ro
vinz Chaco m eh r als d oppelt so h o ch wie im H au p tstadtdistrikt B uenos
Aires u n d die A b b rech erq u o te im B ereich des Prim arschulw esens ist
d o rt fünfm al so h o ch wie in d er H auptstadt. D e r A nteil der H aushalte,
deren G ru n d b ed ü rfn isse n ich t erfüllt sind, liegt in der P rovinz Formosa
fünfm al so h o c h wie in B uenos Aires. D iese gravierenden U ngleichhei
ten rinden ihren A usdruck in der T h ese v o n den „zw ei A rgentinien“ , de
ren soziale u n d w irtschaftliche U nterschiede vergleichbar seien m it den
D ifferen zen zw ischen den Industrieländern u n d der D ritten W elt.7
W enn w ir zwei w eitere A spekte der sozialen E ntw icklung in den zurück
liegenden Jah rzeh n ten betrachten, die A rm u t u n d die E inkom m ensver
teilung, so ist ein b eträchtlicher A nstieg d er u rbanen A rm u t (G ro ß rau m
B u en o s A ires) in d e n 80er Ja h re n (von 6% im Ja h r 1980 a u f 11%
im J a h r 1986) zu v erzeich n en , v e ru rsa c h t v o r allem d u rch die E in
kom m en sein b u ß en u n d die Inflationskrisen. Im Z uge der Stabilisierungs
erfolge zw ischen 1991 u n d 1994 k o n n te d er A nteil der u n te r d er A rm u ts
grenze lebenden H aushalte v o n 16,4% a u f 14,2% gesenkt w erden. Z w i
schen 1994 u n d 1996 trug die R ezession infolge des „T equila-E ffekts“
der m exikanischen K rise erneut zu einem A nstieg der A rm utsniveaus
bei. In sb eso n d ere die Fam ilieneinkom m en der un teren M ittelschicht ge
rieten u n te r D ruck.
7 Vgl. Inform e argentino sobre desarrollo hum ano 1995 (w w w .un.org.ar/tem aticas.
htm).
Sozialpolitische R e fo rm e n u n d soziale E n tw ic k lu n g 147
Jahr ärm ste n ä c h ste 30% 20% unterhalb der reich ste G ini-
40% reich sten 10% 10% K oeffizient
1990 14,9 23,6 26,7 34,8 0,423
1994 13,9 23,4 28,6 34,1 0,439
1997 14,9 22,2 27,1 35,8 0,439
1999 15,4__________ 2T 6______________26,0_____________37J)
a Anteil am gesamten urbanen Haushaltseinkommen in % im G roßraum Buenos Aires; die Anga
ben beziehen sich jeweils auf die nach Einkommen klassifizierten Haushalte.
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C e c ilia B raslavsk y
E inleitung
dam it —w enn auch n u r für eine gewisse Z eit —gelang, die Situation a u f
den Straßen u n d im B ildungssektor w ieder zu beruhigen. E in e gewisse
Schw äche des G esetzes basierte teilweise darauf, dass es trotz n u r gerin
ger U nterschiede zu den V orschlägen einiger w ichtiger M inderheitsfrak-
tionen (N osig lia/M arq u in a 1993) v o n diesen im A bgeordnetenhaus nicht
angenom m en w urde, w eshalb die parlam entarische O p p o sitio n das neue
G esetz niem als vollständig akzeptierte. N o c h m ehr basierte die Schw ä
che des neuen G esetzes allerdings darauf, dass das darin enthaltene P ro
gram m niem als v o n d er G esam theit d er nationalen E xekutive
übern o m m en w urde. In der T a t bestan d die v o n Seiten des W irtschafts
m inisterium s p ropagierte Bildungspolitik darin, alle B ildungseinrichtun
gen a u f die P ro v in zen zu übertragen u n d diesen die öffentliche Bildung
zu überan tw o rten , o hne dabei au f die sehr unterschiedlichen O rientie-
rungs-, F ührungs-, K ontroll- u n d Finanzierungskapazitäten äußerst h ete
rogen er regionaler G esellschaften u n d Ö k o n om ien R ücksicht zu n e h
m en. So lag beispielsw eise das B IP p ro K o p f in der S tadt B uenos Aires
dam als bei etwa 20.000 US$ jährlich, in La Rioja, Santiago del E ste ro un d
Jujuy dagegen n ich t einm al bei 3.000 US$. D as G esetz zu r Ü bertragung
der S ekundarschulbildung u n d der L ehrerausbildung w nrde im W irt
schaftsm inisterium o h n e E in beziehung des B ildungsm inisterium s erar
beitet. Einige seiner w ichtigsten R epräsentanten, so u.a. Ju a n Llach, der
B ildungsm inister d er R egierung de la Rúa, form ulierten nachträglich
V orschläge, die in eine andere R ichtung gingen, beispielsw eise eine F i
nanzierung p ro Schüler, o hne K o rrek tu ren aufgrund sozioökonom ischer
U nterschiede, u n d die V ergabe v o n Schulkonzessionen durch die
G em einden (L lach/ M o n to y a /R o ld á n 1999: 366f£).
1993 w urden die w ichtigsten V erfechter des F öderalen Bildungsge
setzes v o n P räsid en t M enem an die Spitze des B ildungsm inisterium s be
rufen. Jo rg e R odríguez u n d Susana D ecibe bekleideten nacheinander das
M inisteram t. D ie w echselnden K räfteverhältnisse innerhalb der Regie
rung, die unzulänglichen A nw eisungen des P räsidenten u n d die persönli
chen S chw ächen v o n R odríguez u n d D ecib e, w en n es daru m ging,
hinsichtlich der unterschiedlichsten them atischen Fronten die Dialogprozes
se in G a n g zu halten u n d sich die U n terstü tzu n g zu erhalten, die sie ins
M inisterium g ebracht hatte —all dies führte dazu, dass ihre F ü h ru n g nach
anfänglicher Stärke jeweils in eine Schw ächephase überging.
Z w ischen 1993 u n d 1996 stan d en relativ große H andlungsSpielräum e
zur V erfügung, aber danach kam es zu einer fortschreitenden Schwä
chung. D ies hing m it den genan n ten G rü n d e n zusam m en, aber auch m it
dem A bklingen des w irtschaftlichen W achstum szyklus. D ieser Zyklus
T ra n sfo rm a tio n u n d R e fo rm des B ildungsw esens 159
sicht war, dass die M ittel für den B ildungssektor nicht vo n den Spar
m aß n ah m en b etro ffen sein dürften, w ar das W irtschaftsm inisterium sehr
w ohl dieser A nsicht. D ie ersten E ntsch eid u ngen hinsichtlich der Spar
m aß n ah m en b etrafen die U niversitäten in starkem A usm aß, m it der Fol
ge, dass die S tud en ten ihrem U n m u t a u f den Straßen zum A usdruck ver-
halfen. Z u sam m en m it den v o n den L ehrergew erkschaften angeführten
M obilisierungsm aßnahm en führten diese P ro teste dazu, dass sich das
B ildungsm inisterium im m er stärker v o n den P ositionen des W irtschafts
m inisterium s distanzierte.
M it dem H inw eis a u f „ein U nverständnis seitens der R egierung be
züglich der E rzieh u n g srefo rm “ —so die F orm ulierung in ihrer R ücktritts
erklärung —verzichtete Susana D ecib e im M ai 1999 freiwillig a u f ih r Mi
nisteram t. Z usam m en m it ihr trat auch eine G ru p p e vo n B eam ten zu
rück, die aufgrund ih rer N äh e zur akadem ischen W elt u n d ih rer U n ab
hängigkeit gegenüber d er Parteipolitik — u ngeachtet dessen, ob es sich
u m A nhänger der peronistischen Partei handelte oder nicht — als „sym
bolische A nalysten“ bezeichnet w erden können. A ufgrund dieser R ück
tritte verlangsam ten sich auch diejenigen R eform politiken, die v o m natio
nalen B ildungsm inisterium a u f d er G rundlage v o n K o n ze rtieru n g sp ro
zessen m it den Bildungsm inisterien der Provinzen angestoßen w orden
w aren (Braslavsky 1999a). In einigen P rovinzen, die stärker in den K o n
zertierungsprozess involviert gew esen w aren bzw. eigene R eform pläne
verfolgten, b em ü h te m an sich auch w eiterhin u m eine F o rtfü h ru n g der
R eform en. In einigen anderen Provinzen w urden die R efo rm b em ü h u n
gen regelrecht „eingefroren“ .
G ra fik 1: In v e s titio n e n im R a h m e n d e s P a c to F e d e ra l
E d u c a tiv o u n d d e s P la n S o c ia l E d u c a tiv o in In fra s tru k tu r,
L e m m a te ria l, S c h u lb ü c h e r u n d S tip e n d ie n (in % )
70
60
50
20
10
0
PLAN SOCIAL
□ N B I B A JO B N B I M E D I O B N B I A L T O B N B I M E D IO + A L T O |
Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von Daten des Programa Estudio de Costos del
Sistema Educativo. Secretaria de Programacióny Evaluación educativa. Zur Erläuterung siehe Tabelle 3.
G ra f ik 2 : Z u n a h m e d e r z u f r ie d e n s te lle n d e n P r ü f u n g s e r g e b n is s e a n
P rim a r- u n d M itte ls c h u le n n a c h P ro v in z e n (g e m ä ß d e m A n te il d e r
H a u s h a lte , d e r e n G ru n d b e d ü r f n is s e n ic h t e rf ü llt s in d ), 1 9 9 3 -1 9 9 8
(in % )
34,8
□ Primarschulen
■ Mittelschulen
Anmerkung: NBI Bajo = Provinzen mit 7-16% Haushalten, deren Grundbedürfnisse nicht befrie
digt sind; NBI Medio = Provinzen mit 17-25% Haushalten, deren Grundbedürfnisse nicht befriedigt
sind; NBI Alto = Provinzen mit mehr als 26% Haushalten, deren Grundbedürfnisse nicht befriedigt
sind.
Quelle: Programa de Estudios de Costos del Sistema Educativo. Ministerio de Educación.
T ra n sfo rm a tio n u n d R efo rm des B ildungsw esens 169
E ine w eitere E rru n g en sch aft dieser Jah re d er T ransform ation des Bil
dungssystem s ist die H erausbildung u n d A kzeptanz eines gem ischten
F ührungsm odells im B ereich der B ildung (Braslavsky 1999a). Bis v o r
kurzem argum entierte m an a u f d er G rundlage einer fundam entalisti
schen R hetorik, dass die gesam te V erw altung des Bildungssystem s de
zentralisiert w erden sollte. D ab ei w urde nicht berücksichtigt, dass die
V erw altung des Bildungsw esens erstens darin besteht, eine große M enge
v o n R essourcen a u f verschiedene B ildungseinrichtungen zu verteilen u n d
zw eitens die B eteiligten so zu m obilisieren u n d bei ihren B em ühungen
zu u n terstü tzen , dass sie in voller A u sü b u n g ih rer K reativität m ittels gu
ter L eh rm eth o d en für ein funktionierendes B ildungssystem sorgen. Z u r
E rreich u n g dieser Ziele gibt es jedoch keinen K önigsw eg. D ie T ra n sfo r
m atio n des Bildungsw esens w urde m it H ilfe v o n m indestens vier u n te r
schiedlichen F ü h ru n g sm ed io d en angestoßen.
D ie erste k ö n n te m an als dekonzentrierte Im plem entierung bezeich
nen. A u f diese W eise w urden die k o m pensatorischen Politiken in einem
beträchtlichen Teil des Landes in die Praxis um gesetzt. D abei handelt es
sich u m jene Politiken, deren Ziel es ist, einen A usgleich für die sehr u n
terschiedlichen R ahm enbedingungen des Bildungsw esens in den einzel
nen P ro v in zen zu schaffen. E s ging u m die G ew ährleistung einer ausrei
ch en d en E rn äh ru n g sg ru n d lag e für die jeweilige B evölkerung, um die
G arantie einer angem essenen Infrastruktur u n d die B eschaffung v o n Lehr-
176 Cecilia B raslavsky
Sechs Jahre nach dem B eginn der letzten Phase der B ildungsreform
k o n n ten m indestens sechs E rru n g en sch aften u n d zahlreiche Schw ierig
keiten u n d D efizite hervorg eh o b en w erden.
E ine erste E rru n g en sch aft b estan d darin, dass es gelang, F ortschritte
bei d er Integration d er K inder u n d Jugendlichen aus den ärm eren Bevöl
kerungsschichten in das Schulsystem zu erzielen. G leichzeitig existierten
jedoch große H indernisse a u f d em W eg zu r V erw irklichung eines ange
m essenen pädagogischen K o n zep tes, um H eranw achsenden, die v o n der
Straße in die Schulen geholt w erden ko n n ten , kognitive u n d zu r G estal
tu n g des Z usam m enlebens notw endige Fähigkeiten zu verm itteln un d
dam it ihre L ebensqualität zu verbessern.
D ie zw eite E rrung en sch aft bestan d in den F o rtschritten hinsichtlich
einer w ürdevolleren A u sstattu n g d er schulischen L ehr- u n d L em räum e.
D ie Schulgebäude w u rd en m odernisiert u n d renoviert, die B ildungsein
richtungen verfügten jetzt ü b er eine bessere A usstattung: T extbücher,
L ehrerbibliotheken, C om puter, L aboreinrichtungen. T ro tz dieser V er
besserungen w ar m an aber n o ch w eit en tfern t v o n für alle Schülerinnen
u n d Schüler des L andes angem essenen u n d einigerm aßen vergleichbaren
V oraussetzungen. Z u d em en tsprach den Investitionen in den Bereichen
In frastru k tu r u n d A usstattung keine gleicherm aßen effiziente V erbesse
ru n g hinsichtlich der L ehrerausbildung. T ro tz gro ß er A nstrengungen
stießen die a u f den W eg gebrachten A us- u n d W eiterbildungsm odelle
n ich t a u f große Begeisterung v o n Seiten der L ehrer u n d k o n n ten nur
w enig dazu beitragen, deren Fähigkeiten zu r Bew ältigung v o n P roblem en
des Schulalltages zu stärken.
178 C ecilia B raslavsky
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T ra n sfo rm a tio n u n d R efo rm des B ildungsw esens 181
N ach Jah ren d er M ilitärherrschaft (1976-1983) sah es der erste dem okra
tisch gew ählte Präsident, Raúl A lfonsin, angesichts des gravierenden Le-
gitim itätsverlusts w äh ren d d er D ik tatu r — in der Innenpolitik: schw ere
M enschenrechtsverletzungen, der w irtschaftliche N iedergang u n d eine
dram atisch ansteigende V erschuldung, in d er A ußenpolitik: N iederlage
im F alkland/M alvinen-K rieg —als seine vorrangige A ufgabe an, die D e
m okratisierung nach innen m it einer bew ussten Reintegration nach au
ß en zu v erb in d en (B odem er 1987: 21-37 u. 1996: 273-296). A ufrechter
h altung des intern en u n d internationalen Friedens, K onsolidierung der
D em okratie, w irtschaftliche u n d soziale E ntw icklung, R espektierung der
M enschenrechte u n d E rh ö h u n g d er außenpolitischen E ntscheidungsau
ton o m ie galten als strategische Leitziele der neuen Politik. Insgesam t
sollte die A ußenpolitik durch einen n euen Realism us u n d Pragm atism us
gekennzeichnet sein, d er jedoch eine ethische F undierung nicht aus
schloss, sie vielm ehr im G egenteil nachdrücklich forderte. D e m D ilem
m a der p erm an en ten „Statussuche“ (G rabendorff) A rgentiniens versuch
te die neue R egierung d adurch zu entgehen, dass sie aus der N o t gleich
sam eine T u g en d m achte u n d A rgentinien als „w estliches, blockfreies,
a u f dem W eg d er E n tw ick lu n g befindliches L an d “ (un país occidental, no
alineadoy en vías de desarrollo) ap ostrophierte. V o r dem H in tergrund der ge
n an n ten Ziele u n d außenpohtischen P rioritäten galten gleichsam als „na
türliche“ A n sp rech p artn er (1) Lateinam erika (vor allem die traditionellen
Rivalen Chile u n d Brasilien); (2) die V ereinigten Staaten u n d (3) W esteu
ropa.
Als M enem im Juli 1989 die R egierungsgeschäfte v o n seinem A m ts
vorgänger A lfonsin ü b ern ah m , sah er sich m it grundlegend gew andelten
internationalen u n d intern en L ageparam etern konfrontiert. M it der fried-
184 K laus B o d em e r
W äh ren d A lfonsin nach einer ersten P hase eines eher distanzierten V er
hältnisses in der zw eiten H älfte seiner A m tsp eriode den B eziehungen zu
den U SA stillschw eigend den ersten Platz einräum te, ließen M enem u n d
sein A u ßenm inister Cavallo, ab 1992 d ann dessen N achfolger D i Telia,
keine G elegenheit aus, die U SA d em onstrativ als den privilegierten P art
n e r hinzustellen. D ieses V erhalten w ar n ich t zuletzt K o n sequenz einer
Allianz m it der lokalen Finanz- u n d U ntem ehm erelite u n d deren In teres
senvertretungen. Ih m lag die Präm isse zugrunde, dass A rgentinien als
m ittlere M acht nicht ü b er die K apazität verfüge, u m eine globale A u ß e n
politik zu betreiben, vielm ehr pragm atisch sich a u f jene P a rtn e r zu kon
zentrieren habe, v o n denen m an am ehesten U n terstützung bei dem v o r
rangigen (entw icklungs)politischen Ziel: dem A ufbau einer ökonom isch
p o te n te n , a u f dem W eltm arkt konkurrenzfähigen u n d w eltw eit respek
tierten M ittelm acht erw arten könne. A ußenpolitik w urde dam it — m ehr
no ch als zu Z eiten A lfonsins — zum Reflex der Innenpolitik (B odem er
1991).
D ass die U SA u n te r den privilegierten P artn ern so eindeutig den ers
ten Platz einnehm en sollten, hatte w eitere G ründe: Z u m einen erschie
n en die U SA in d er P erzep tio n der peronistischen R egierung auch in der
post-b ip o laren W elto rd n u n g als die politische u n d m ilitärische F üh ru n g s
u n d regionale V orm acht. A u ch galten sie als glaubw ürdigster G aran t ei
n er freien M arktw irtschaft, d.h. der W irtschaftsordnung, die nach dem
Z u sam m en b ru ch der sozialistischen Planw irtschaften n u n m eh r unange
fochten die Szene beherrschte. Z u dem H eg em o n a u f K o n fro n tatio n zu
gehen —wie in der V ergangenheit m ehrfach geschehen —zahle sich nicht
aus, sei vielm ehr den eigenen Interessen a u f der ganzen Linie abträglich.
Z u m anderen m ache die v o n A lfonsin geerbte chaotische W irtschaftssi
tu atio n die U n terstü tzu n g der U SA (als H andelspartner, K reditgeber u n d
Investor, v o r allem aber als p o te n te E influssgröße in den internationalen
Finanzinstitutionen) notw en d ig er denn je (B u sso/B ologna 1994: 29).
Als M enem 1989 inm itten eines w irtschaftlichen D esasters vorzeitig
das R u d er üb ern ah m , w ar die B ush-A dm inistration zu n ächst ausgespro
chen skeptisch, ob ein in d er internationalen Presse als Provinzcaudillo
188 K lau s B o d e m e r
1 Im einzelnen: V ertrag von M endoza vom 5.9.1991 über das V e rb o t des Besitzes, des
T ransfers u n d des E insatzes chem ischer und bakteriologischer W affen; V ertrag von
T latelolco v om 10.11.1993 über eine atom freie Z o n e in Lateinam erika; V ertrag über
die N ichtverbreitung spaltbaren M aterials v om 22.12.1994 (IR E LA 1995: 33).
190 K laus B o d e m er
telt ü b er das State D ep artm en t, ab M itte 1986 zu einer Reihe inform eller
G espräche m it den B riten u n d der V orlage sog. non papers. In einem die
ser nicht-offiziellen Papiere schlug A ußenm inister C aputo am 12. Juli
1987 ü b er die völkerrechtliche Figur des „R egenschirm s“ den A usschluss
der Souveränitäts frage sowie ergänzend eine offene V erhandlungsagenda
vor. D ie britische Seite akzeptierte ersteres, nicht jedoch den zw eiten
V orschlag, w ar vielm ehr lediglich bereit, begrenzte T h em en zu v erh an
deln (Russell 1990: 2). Z u substantiellen F o rtsch ritten sollte es in der
verbleibenden A m tszeit A lfonsins jedoch nicht m ehr kom m en.
F ü r die U m setzu n g der w irtschaftlich dom inierten außenpolitischen
Ziele der R egierung M enem w aren F ortsch ritte in der M alvinas-Frage
v o n h ö c h ste r Priorität. N u r ü b er eine V erständigung m it E ngland konnte
der A usbau der w irtschaftlichen B eziehungen zu r E U , die m it dem zum
1. Jan u ar 1993 in K ra ft treten d en europäischen B innenm arkt zusätzliche
Im pulse bekam , vorangetrieben w erden. N ach dem M achtantritt vollzog
der neue A ußenm inister Cavallo um g eh en d eine radikale A b k eh r v o m
M ultilateralism us m it d em (richtigen) A rgum ent, die v o n den Radikalen
lange Z eit favorisierte P räsen tatio n v o n R esolutionen in der U N -
V ollverSam m lung habe keinen Schritt w eiter geführt.
D ie argentinisch-britische A n n äh eru n g erfolgte schrittw eise u n d m it
diplom atischer V orsicht. D ab ei ging es w eniger u m den Inselstaat selbst
als u m den europäischen M arkt u n d die britische Fähigkeit, H andelsab
kom m en m it der G em einschaft zu torpedieren.
Bereits bei d em ersten bilateralen T reffen in M adrid im O k to b er
1989 kam es zu substanziellen Fortschritten: So w urde 1.) der V orrang
bilateraler V erhandlungen zw ischen A rgentinien u n d G ro ß b ritan n ien u n
ter dem „S chirm “ der S ouveränität (von d er beide Seiten keine A bstriche
m achten) bestätigt; es w u rd en 2.) konsularische B eziehungen aufgenom
m en, 3.) als vertrauensbildende M aßnahm e A rbeitsgruppen zu r V erm ei
dung m ilitärischer Zw ischenfälle u n d zur V erbesserung des In fo rm ati
onsaustauschs, der w irtschaftlichen K o o p eratio n u n d zum Schutz der
F ischbestände gebildet, 4.) der L uft- u n d Seeverkehr zw ischen beiden
L än d ern w ieder aufgenom m en. G leichzeitig versprach die britische R e
gierung, die A u sd eh n u n g d er v o n ih r einseitig dekretierten Fischerei
schutzzo n e zu reduzieren2 u n d die H indernisse für einen A usbau der B e
ziehungen zw ischen d er E U u n d A rgentinien abzubauen.
K elpers (an W eih n ach ten 1993 u n d 1994) u n d die O rganisation v o n ge
m einsam en Sem inaren zur Sim ulation v o n K onflikdösungsm odellen
(D odds 1998: 624). D ie Bilanz am E n d e d er zw eiten A m tszeit M enems:
In der zentralen Frage d er Souveränität blieben die F ro n ten festgefahren.
Im Bereich der bilateralen B eziehungen w aren dem gegenüber zum indest
in dreierlei H in sich t F ortsch ritte zu verzeichnen: M it d er A ufnahm e der
diplom atischen u n d konsularischen B eziehungen im F ebruar 1990 w urde
ein V ersöhn u n g sp ro zess eingeleitet, der im L ondon-B esuch M enem s
1998 seinen H ö h e p u n k t fand. Begleitet w urde dieser P rozess —zw eitens
— v o n einer Intensivierung der politischen, w irtschaftlichen, kulturellen
u n d w issenschaftlich-technologischen B eziehungen. Schließlich kam es
zu einer engeren Z usam m enarbeit in den F o ren der V ereinten N ationen,
die sich u.a. in gem einsam en B lauhelm -E insätzen m aterialisierte (Russell
1999: 28). N ach wie v o r ist eine M ehrheit der A rgentinier davon ü b e r
zeugt, dass die Inseln ihrem L an d gehören sollten. P räsident M enem
v erstan d es andererseits, rhetorische V ersprechen bezüglich der R ück
gew innung d er Inselgruppe m it einer pragm atischen Strategie der V er
trauensbildung u n d praktischen Z usam m enarbeit (m it den B riten wie m it
den K elpers) zu verbinden. D ie In selbew ohner selbst gew annen zun eh
m en d an Selbstbew usstsein u n d w erden in den k o m m enden Jah ren m ö g
licherw eise ein breites Spektrum v o n O p tio n en , einschließlich volle U n
abhängigkeit o d e r Selbstverw altung, in E rw ägung ziehen. A u f m ittiere
Sicht ist w ahrscheinlich, dass die britisch-argentinischen V erhandlungen
zu w eiteren kooperativen A rrangem ents a u f k o nkreten G ebieten (Fische
rei, E rd ö lp ro sp ek tio n , K om m unikation) fuhren, in V erbindung m it ei
nem gew issen G ra d v o n Selbstverw altung a u f der Inselgruppe (D odds
1996: 630).
D er außenpolitische E ntscheidungsprozess
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Peter Birle
E inleitung
P arteien gehören seit E n d e des 19. Jah rh u n d erts zu den zentralen A kteu
ren der argentinischen Politik. Sow ohl die bereits 1891 gegründete U C R
als auch die 1945 entstandene u n d seit 1973 u n te r dem N am en Partido
Justirialista (PJ) auftretende peronisrische P artei blicken a u f eine lange
P arteigeschichte zurück. V o n einem funktionierenden Parteiensystem
kann jedoch aus verschiedenen G rü n d en für den größten Teil des 20.
Jah rh u n d erts n ich t die R ede sein.
Sow ohl die U C R als auch die PJ zeichneten sich ü b er w eite Phasen
ihrer G eschichte durch eine B ew egungsm entalität aus. Sie verstanden
sich n ich t als V ertreter partieller Interessen im R ahm en einer pluralisti
schen G esellschaftsordnung, so n d em als alleinige R epräsentanten „des
P arte ien u n d P arteien sy stem in d e r A ra M en em 215
sehen Stils, der a u f form al-dem okratische Spielregeln w enig W ert legte.
W o ra u f es ankam war, dass die konkreten P ro b lem e der A rbeiter u n d der
U ntersch ich t — am b esten durch einen starken M ann —m it E n tsch ied en
heit angepackt w ürden. D ie m ittelschichtenbasierte U C R verstand sich
dagegen stets als F ü rsp rech er v o n R echtsstaatlichkeit, bürgerlichen R ech
ten, Pluralism us u n d republikanischen Institutionen. D e m „bürgerli
ch en “ u n d „zivilisierten“ politischen D iskurs u n d Stil der U C R stand ein
an „das V o lk “ (elpueblo) appellierender „prim itiverer“ , aber gerade des
halb o ft auch „p o p u lärerer“ P eronism us gegenüber. D ie au f einer Links-
R echts-A chse zu m essen d en sozio-ökonom ischen P räferenzen v o n P e
ronism us u n d Radikalism us u n terschieden sich dem gegenüber nicht
grundlegend. B eide P arteien traten für einen starken, die W irtschaft regu
lierenden Staat u n d für den Schutz der einheim ischen Industrie gegen
ü b e r ausländischer K o n k u rren z ein (O stiguy 1998). L inks-R echts-D iver-
genzen innerhalb d er beiden g roßen Parteien w aren o ft größer als ^wischen
ihnen. D a die argentinische politische K u ltu r o hnehin einen personalisti-
schen G ru n d z u g aufw eist, erhielt der innerparteiliche Faktionalism us
durch derartige D ivergenzen zusätzliche N ahrung.
D am it ist ein „E rzü b el argentinischer Politik“ (B odem er/C arreras
1997: 185) an g esprochen —P ersonalism us u n d Klientelism us:
Auslöser für parteiinterne Gruppierungen bzw. Abspaltungen sind somit
nur selten von der Mehrheitslinie abweichende Grundsatzpositionen, son
dern vielmehr vor allem neuaufkommende populistische Führungsfiguren,
von deren politischen Vorlieben und Machtkalkülen Aufstieg und Nieder
gang solcher Klientel- und Gefolgschaftsnetze entscheidend abhängen.
(Bodemer/Carreras 1997: 185f.)
eigene Parlam ents fraktion, den Bloque Parlamentario Federal (Clarín Digital,
19.7.1998). N ach d em M enem seine W iederw ahlm öglichkeiten schw inden
sah, änd erte er seine Strategie u n d setzte n u n darauf, sich langfristig die
K o n tro lle ü b e r die P artei zu sichern. O b w o h l seine A m tszeit als P artei
vo rsitzen d er erst im J a h r 2000 abgelaufen w äre, ließ er sich sein M andat
bereits 1998 vorzeitig bis zu m Ja h r 2003 verlängern. W iederum diente
ihm dazu eine R esolution, die a u f einem v o n den parteiinternen G egnern
nich t anerkannten P arteitag getroffen w o rd en w ar (Clarín Digital,
10.12.1998). D ie P artei w urde durch den K o n flikt an der Spitze nicht n u r
gelähm t, die w iederholte U m gehung u n d Instrum entalisierung der
form alen Parteigrem ien führte auch dazu, dass die alternativen
M achtzentren an G ew icht gew annen. In sbesondere die peronisrischen
G o u v ern eu re d er g roßen P rovinzen B uenos A ires, C ordoba u n d Santa
Fe kristallisierten sich als neues M achtzentrum heraus, was w iederum
dazu führte, dass sich auch die peronisrischen G o u v erneure der kleineren
P ro v in zen zu einer eigenen „Liga“ zusam m enschlossen. A m E n d e der
Ä ra M enem b o t die PJ som it ein sehr heterogenes Bild.
D ie U C R in der Krise
D ie U C R d u rchlief in der ersten H älfte d er 90er Jah re eine schw ere K ri
se. N a c h dem vorzeitigen E n d e d er R egierung A lfonsin 1989 gelang es
ih r zu n äch st nicht, zu einer einheitlichen u n d konsistenten O p p o sitio n s
rolle zu finden. D ies hing zum einen m it dem M isskredit zusam m en, in
den die Regierung A lfonsin in ihren letzten beiden A m tsjahren geraten
war. Z u m anderen w ar die P artei als O p p o sitio n dam it konfrontiert, dass
P räsid en t M enem jene R eform en durchführte, die A lfonsin in der E n d
phase seiner R egierungszeit vorgeschlagen u n d die auch der P räsident
schaftskandidat d er U C R für den Fall eines W ahlsieges angekündigt h a t
te. W ü ten d e P ro teste gegen M enem s Politik hätten daher w enig glaub
w ürdig gewirkt. D ie W ahlniederlagen bei den P arlam entsw ahlen v o n
1991 (29% d er Stim m en) u n d 1993 (30%) schw ächten die nationale P a r
teispitze zusätzlich u n d fü h rten zu einer M achtverlagerung zu den v o n
der U C R gestellten G o u v ern eu ren d er P rov in zen C órdoba, Catam arca,
C h u b u t u n d R ío N eg ro , die ihrerseits u m ein nicht allzu konfliktives
V erhältnis zu r peronisrischen R egierung b e m ü h t w aren (P alerm o /N o -
varo 1996: 2 47f.).
T ro tz des k atastrophalen E n d e s seiner R egierung u n d trotz eines
sehr negativen p ersönlichen Im ages gelang es Raúl A lfonsin, den P artei
vorsitz u n d die K o n tro lle ü b e r die U C R zu behalten. E in e dringend n o t
P arte ie n u n d P a rteien sy stem in d er A ra M en em 225
D em ocracia Popular
M ovim iento p o r la * 1990
D em ocracia y la
Justicia Social
(M O D E JU SO ) * 1991
A nm erkung: Die A bbildung berücksichtigt n u r die w ichtigsten politischen K räfte, die bei
der E n tsteh u n g v o n F G /F R E P A S O und A lia n za eine Rolle spielten. D ie Pfeile w eisen
lediglich d a rau f hin, dass eine politische K raft sich an einem W ahlbündnis / einer Partei
enkonföderation beteiligt. D ies bedeutet n icht zwangsläufig, dass die betreffende K raft
darin vollständig aufgeht.
* = G rün d u n g sd atu m der Partei / des Bündnisses;
I = [ahr, in dem erstm als eine politische K raft der entspr. T endenz entstand.__________
blieb die Praxis der Z usam m enarbeit bestim m t durch inform elle Ü b er
einkünfte u n d K onflikte zw ischen den w ichtigsten F ührungspersönlich
keiten: A lfonsín, D e la R úa u n d T erragno a u f Seiten der U CR, Alvarez
u n d F ernández M eijide a u f Seiten v o n F R E PA SO . E rschw ert w urde die
Z u sam m enarbeit innerhalb d er A lia n za n ich t n u r durch die bereits ange
sprochenen — u n d nie vollständig ü b erw u n d enen — A nim ositäten zwi
schen U C R u n d F R E P A S O , so n d e m auch durch die Tatsache, dass die
füh ren d en R ep räsentanten des B ündnisses sehr unterschiedliche persö n
liche Projekte verfolgten (N o v aro 2000).
Ih ren K andidaten für die Präsidentschaftsw ahlen v o n 1999 bestim m
te die A lia n za in offen en V orw ahlen, bei den en sich F em a n d o de la Rúa
im N o v e m b e r 1998 m it 63% der Stim m en deutlich gegen G raciela F er
nández M eijide durchsetzen konnte. D a diese nicht als V izepräsident
schaftskandidatin an treten w ollte, einigte m an sich im F rühjahr 1999 a u f
Carlos A lvarez für diese K andidatur, w äh ren d Fernández M eijide sich
um den G o u v em eu rsp o sten in d er Provinz B uenos Aires bew erben
w ürde. D ie A lia n za dem onstrierte bis zu den W ahlen nach außen H ar
m onie u n d w ar geeint in dem Ziel, die peronistische R egierung abzulö
sen. Als entscheidendes M anko des B ündnisses sollte sich jedoch schon
rasch erw eisen, dass es nie zu einer Institutionalisierung v o n E ntschei-
dungs- u n d K o n flikdösungsm echanism en u n d vo n M echanism en zur
H erausbildung v o n program m atischen Ü bereinkünften zw ischen den
nach wie v o r sehr unterschiedlichen u n d zudem auch no ch in sich hete
rogenen B ündnisp artn ern kam (N ovaro 2000).
60
43,6 45,1
42,9 [6,4 43,4
■ £ 45,5
40,4
[7,3 36,3
33,1
30,5 30,2
34,!
30 -
29,1
21,7
26,4
20 -
21,5 19,8 20,5
13,3 14,2 113,5
P J — B — U C R — â — A lia n z a — * — F R E P A S O — t— A R — 0 — S o n s tig e
Bei den Parlam entsw ahlen2 kam die A lia n za au f 45,5% der Stim m en, die
PJ erhielt 33% , A R 8% , die übrigen Stim m en entfielen zu m g rö ß ten Teil
a u f R egionalparteien. Im A bgeordnetenhaus ergab sich dam it eine Sitz
verteilung v o n 124 M andaten (48%) für das zukünftige R egierungsbünd-
nis A lian za , w obei 84 M andate a u f die U C R u n d 38 a u f die F R E P A S O
M achtzentren aus D uh ald e-A n h än g em , die gerade eine schw ere N ied er
lage erlitten h atten, M enem -A nhängem , die sich bereits au f die W ahlen
des Jahres 2003 v orbereiteten u n d eine größere A nzahl vo n G o u v ern eu
ren, den en zum Teil ebenfalls A m b itio n en a u f eine Präsidentschaftskan-
didatur im J a h r 2003 nachgesagt w urden, zu zerfallen.
E in konsolidiertes Parteiensystem ?
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Héctor Palomino
E inleitung
1 D ie Sozialwerke w erden durch die G ew erkschaften geführt, w elche die Beiträge der
A rbeitnehm er und der A rbeitgeber verwalten. Alle A rbeitnehm er, egal o b sie gewerk-
248 H é c to r P alo m in o
schaftlich organisiert sind oder nicht, m üssen Beiträge entrichten, die autom atisch
nach festen P rozentsätzen von den G ehältern abgezogen werden.
2 H ierzu ist anzum erken, dass die P robezeit im R ahm en der a u f Initiative der
Regierung D e la Rúa im Mai 2000 verabschiedeten A rbeitsrechtsreform w iederum
a u f sechs M onate verlängert wurde.
D ie B ezieh u n g en zw isch en G ew erk sc h a ften , U n te rn e h m e rn u n d S taat 249
Organisation
Vertrag
Bereitstellung
Vertragsarbeit von
Unabhängigkeit Dienstleistungen
Als die L o h n arb eit n och die v o rh errsch en de F orm der Beschäftigung
darstellte, fanden sich ihre G rau zo n en insbesondere in F o rm der soge
n a n n te n „betrügerischen V ertragsverhältnisse“ , m ittels derer abhängige
B eschäftigungsverhältnisse innerhalb der physischen G ren zen einer G e
schäftsniederlassung v ertu sch t w erd en sollten. D iese Situation veränderte
sich insofern, als P rozesse betrieblicher R estrukturierung stattfanden, die
die A uslagerung eines Teils der P ro d u k tio n vo n G ü tern oder D ienst
leistungen an D ritte (outsourcing) fö rd erten (N o v ic k /G a lla rt 1998; W al-
te r/S e n é n G onzález 1996). Innerh alb der Betriebe koexistierten u n te r
einem D ach verschiedene A rbeitstätigkeiten, die v o n unterschiedlichen
U n tern eh m en w ahrgenom m en w urden, die untereinander durch V erträ
ge u n d U nterverträge so v e rn e tz t w aren, dass es schw ierig war, die jewei
ligen A bhängigkeitsverhältnisse genau auszum achen. G leichzeitig stim m
ten die G ren zen der U n tern eh m en im m er w eniger m it den physischen
G ren zen d er N iederlassungen überein. D azu trugen separate V erm ark-
tungs- u n d D istrib u tio n sn etze genauso bei wie die A usgliederung v o n
T ätigkeitsbereichen in F o rm v o n T elearbeit u n d ähnlichem .
Beauftragendes
Unternehmen
V ertrag über die B ereitste!
lung v o n D iensdeistungen O rganisatorische
Subordination
L ohnabhängigkeit
3 In A rgentinien gibt es eine eigene gew erkschaftliche V ertretung der A rbeiter und
A ngestellten der A utom obilindustrie (die auch jene einschließt, die als abhängig B e
schäftigte bei den L izenznehm ern im Bereich des Fahrzeugverkaufs u n d des V er
triebs v o n A utoteilen tätig sind, ebenso wie die unabhängigen W erkstattbesitzer), und
zw ar die M echanikergew erkschaft SM ATA. D iese ist unabhängig von der M etall
arbeitergew erkschaft Unión O brera M etalúrgca (U O M ).
D ie B ezieh u n g en zw isch en G e w erk sch aften , U n te rn e h m e rn u n d S taat 253
aller B ranchen im V erlau f der 90er Jah re zu nehm end bedienten. D ieser
Beschäftigungstyp findet auch im A rbeitsvertragsgesetz E rw ähnung, des
sen A rtikel 29 eine G leichbehandlung v o n direkt u n te r V ertrag g enom
m en en A rbeitern u n d V ertragsarbeitern (die ü b er ein drittes U n tern eh
m en u n te r V ertrag g enom m en w erden) vorschreibt. D ie V erantw ortlich
keiten des beauftragenden U nternehm ens w erden m it denen des Subun-
tem ehm ens gekoppelt, w o d u rch für die A rbeiter beispielsweise die Z a h
lung v o n A bfin d u n g en im E ntlassungsfall garantiert wird. D iese Schutz
funktion erw eist sich als zentral im R ahm en eines W irtschaftssystem s, in
d em Subuntem eh m erb ezieh u n g en in d er Regel zw ischen F irm en v o n
sehr unterschiedlicher w irtschaftlicher B edeutung aufgebaut w erden. D ie
R ichter neigten jedoch bei der A uslegung dieser N o rm im R ahm en der
R echtssprechung dazu, die V eran tw o rtu n g der beauftragenden U n ter
n eh m en zu negieren. Sie folgten dabei einem U rteil des O b ersten G e
richtshofes v o n 1994, der sich für eine restriktive In terpretation der ent
sprechenden B estim m ung ausgesprochen hatte.
A ufgrund dieser E ntw icklung g riff d er E insatz v o n V ertragsarbeitern
w eiter um sich. W äh ren d er sich in der V ergangenheit v o r allem au f
D iensdeistungen in den B ereichen Sicherheit, V erpflegungsw esen un d
R einigung b eschränkt hatte, ließen die U n tern ehm en jetzt auch eine V iel
zahl v o n A ktivitäten v o n S u b u n tern eh m ern ausführen, die zu v o r m it ei
genem Personal erledigt w o rd en w aren. D ie G ew erkschaften bekam en
diese E ntw icklung in so fern zu spüren, als sie im w esentlichen a u f die
R epräsentation der direkt u n te r V ertrag stehenden A rbeitnehm er be
schränkt w aren u n d Schw ierigkeiten hatten, ihren V ertretungsbereich au f
die B elegschaften der kleinen S u b u n tern eh m en auszudehnen.
D e r E insatz v o n S u b u n tem eh m ern stand im Z en tru m des v o n den
privatisierten D ienstieistungsunternehm en praktizierten outsourcing. D eren
M anager n u tzten die A usgliederung v o n Teilen der P ro d u k tio n nicht nur
als In stru m en t der Personalführung, son d ern auch als M ittel, u m die Ba
sis d er m ächtigen G ew erkschaften zu schw ächen, m it denen sie sich k o n
frontiert sahen. In den G asw erken, bei der P ro d u k tio n un d dem V ertrieb
v o n E rdöl, in den S trom konzernen, bei den E isenbahn- u n d T elefonge
sellschaften, etc., überall w urde die eigene Belegschaft stark reduziert.
D ie dabei v erdrängten A rbeitskräfte k o n n ten teilweise als V ertragsarbeiter
in den neu en tsteh en d en S u b u n tem eh m en A rbeit finden, teilweise reih
ten sie sich in die Schlangen der A rbeitslosen ein. A u f die eine oder an
dere W eise gaben sie jedoch ihre G ew erkschaftsm itgliedschaft auf.
D ie in diesem n euen K o n tex t d urchgeführten Tätigkeiten sind neuen
V ertragsbedingungen unterw orfen. O b w o h l die Inhalte u n d die A rt der
254 H é c to r P alo m in o
A ufgaben gleich bleiben, v erän d ert sich die soziale O rganisation der A r
beit u n d deren sym bolische R epräsentation beträchtlich. A u f der O rgani
sationsebene ist ein deutlicher W andel des „Z ugehörigkeitsgefühls“ zu
beo bachten, d enn denselben physischen R aum zu teilen o d er der glei
chen Firm a seine A rbeitsergebnisse abzuliefem , reicht nicht m ehr aus,
um ein Z ugehörigkeitsgefühl ^wischen den B eschäftigten zu schaffen. A u f
der sym bolischen E b en e findet eine Spaltung zw ischen der traditionellen
Figur des „abhängigen A rbeitnehm ers“, der durch einen A rbeitsvertrag
der v on dem A rbeitgeber vorgegebenen O rganisationsw eise verpflichtet
ist, u n d d er Figur des „unabhängigen A rbeitnehm ers“ statt. D ieser ist
„unabhängig“ v o n dem U n tern eh m en , für das oder in dem er Tätigkeiten
durchführt, seine zeitweise B indung an dieses U n ternehm en basiert nicht
au f einem A rbeitsvertrag, so n d em a u f einem H andelsvertrag zw ischen
dem U n tern eh m en u n d einem S ubuntem ehm en.
D ie A usw irkungen dieser P rozesse a u f die G ew erkschaften sind im
m ens, b etreffen sie d och den zentralen K ern der A rbeitsidentität und
dam it auch die V oraussetzungen für die R ekrutierung v o n M itgliedern.
Im H inblick a u f die G rü n d e für diese E ntw icklungen existieren u n te r
schiedliche In terpretationen. W ährend die einen die A usw irkungen des
technologischen W andels a u f die Reorganisation der A rbeit b eto n en , he
ben andere den sozialen C harakter d er organisatorischen U m strukturie
rungsprozesse u n d d er v o n den U n tern eh m ern vorangetriebenen Flexibi
lisierung d er A rbeit hervor. In der Realität w irken beide F aktoren häufig
gleichzeitig u n d beeinflussen sich dabei gegenseitig.
tdonen o rd n ete sie sich jedoch n ich t der PJ unter, denn in ihr w aren G e
w erkschaftsführer unterschiedlicher parteipolitischer P rovenienz u n d
auch Parteilose vertreten. Ihre E rw artungen richteten sich au f eine N e u
definition d er Rolle des Staates gem äß der peronistischen T radition, d.h.
a u f einen die W irtschaft lenkenden Staat, d er dazu in der Lage ist, zw i
schen K apital u n d A rb eit zu verm itteln u n d der richtungsw eisend für
V erteilungspolitiken im Sinne einer V erbesserung der L öhne ist. D ie
G re n z e n dieser V orstellung lagen in d er Schwierigkeit, v o r dem H in ter
gru n d d er v eränderten B eschäftigungs- u n d Sozialstrukturen w eiterhin
a u f traditionelle Strategien zu setzen.
D ie Corriente Clasista Combativa (CCC), eine linksorientierte G ew erk
schaftsström ung, sorgte gegen M itte d er 90er Jahre u n ter F ü h rung von
Carlos Santillän, einem G ew erkschaftsführer aus dem L andesinneren, für
A ufm erksam keit, v o r allem durch P ro teste d er A rbeiter in verschiedenen
P rovinzen, die dam it a u f die A n p assungsm aßnahm en im Z uge der
T equila-K rise v o n 1995 reagierten. D ie A n fü h rer dieser S tröm ung sahen
sich als E rb e n der am K lassen k am p f orientierten G ew erkschaften, die
E n d e der 60er u n d in der ersten H älfte der 70er Jah re entstanden waren.
A u ch w enn sie nur in w enigen G ew erkschaften die M ehrheit stellte, w ar
die CC C d och gerade im L andesinneren stark vertreten. D a sie verschie
dene linke G ru p p e n repräsentierte, stellte sie auch eine nicht zu u n te r
schätzende M inderheit in m ehreren G ew erkschaften dar. D azu gehörten
u.a. die G ew erkschaften d er L ehrer, der N ahrungsm ittelindustrie, des
G esundheitsw esens, des V ersicherungsw esens u n d der Banken.
D ie T eilnahm e v o n C C C -F unktionären an sozialen M obilisierungs
m aß n ah m en u n d in gew erkschaftlichen F o ren sowie der v o n einigen ih
re r führenden K ö p fe erreichte B ekanntheitsgrad erm öglichten ihr eine
P räsenz in d er Ö ffentlichkeit, die g rö ß er als ihre tatsächliche soziale V er
ankerung war. Sie erh o b zw ar den A n sp ru ch au f A utonom ie, ging aber
auch A llianzen m it linksgerichteten politischen P arteien ein. Ihre Spit
zen fu n k tio n äre hielten die E tablierung enger B eziehungen zu ähnlichen
S tröm ungen in anderen lateinam erikanischen L ändern für wichtig. D ie
m arxistische Ideologie ih rer F unktionäre führte dazu, dass die A ktionen
der CCC durch politische Inhalte geprägt w aren. D ie T en denzen sozialer
A usgren zu n g u n d die M arginalisierung eines w achsenden Teils der Be
v ölkerung innerhalb des A rbeitsm arktes veranlassten sie dazu, sich nicht
n u r als R epräsentanten der A rbeiterklasse zu verstehen, sondern sich ge
nerell um eine E in b in d u n g aller unterprivilegierten G ru p p en der G esell
schaft in ihre A ktionen zu bem ühen.
266 H é c to r P alo m in o
D ie Unternehm erverbände
4 E in M erkm al des K onfliktes bestand darin, dass selbst die U nternehm er den V o r
sprung der G ew erkschaft im H inblick a u f jene F ührungsinnovationen, die das U nter
nehm en einführen wollte, anerkannten. L etztendlich gestand m an der G ew erkschaft
u n d dem B etriebsrat einen beachdichen G rad an A utonom ie und an Interven
tionsspielräum en in Bezug a u f die A rbeitsorganisation des U nternehm ens zu.
D ie B ezieh u n g en zw isch en G ew e rk sch afte n , U n te rn e h m e rn u n d Staat 269
Schlussfolgerungen
D ie alten A kteure des aus der Z eit d er Im p o rtsu b stitu tio n stam m en
den korporativ en M odells erfuhren som it eine deutliche Schwächung.
E rsten s b ü ß te der Staat im m er m e h r seine M öglichkeiten zur K ontrolle
u n d B eeinflussung der W irtschaft ein. Z w eitens k o n n ten sich die ein
heim ischen A grar- u n d In d u strieu n tern eh m er kaum gegenüber der in ter
nationalen K o n k u rren z beh au p ten , w o d u rch auch die v o n ihnen u n te r
stützten V erb änd e an B ed eu tu n g verloren. D ritten s sank der O rganisati
o n sg rad u n d d er gesellschaftliche R ück h alt der G ew erkschaften, was
d eren M öglichkeiten z u r A u frech terh altu n g v o n B eschäftigungs- u n d
G ehaltsniveaus beeinträchtigte.
Paradoxerw eise w u rd en die b eschriebenen E ntw icklungen in den
90er Ja h re n ausgerechnet v o n einer peronisrischen R egierung gefördert,
die sow ohl v o m E stab lish m en t als auch v o n den U n ternehm erverbänden
u n d den G ew erkschaften u n te rstü tz t w urde. D e r Preis, den letztere für
den B eitrag zur L egitim ation d er R egierung zahlten, b estand im B ruch
m it ihrer Basis u n d dem E n tste h e n v o n konkurrierenden O rganisatio
nen, die m it H ilfe direkter A ktio n en u n d ideologischer D iskurse ihre U n
zu friedenheit ausdrückten u n d zum Teil versuchten, A lternativen zu dem
n euen M odell zu form ulieren.
D ie alten A kteure d er neokorp o rativ en D ynam ik A rgentiniens —der
Staat, die U n te rn e h m e r u n d die G ew erkschaften —w aren som it am E n d e
des 20. Ja h rh u n d erts geschw ächt. D as L an d zeichnete sich auch durch
eine geschw ächte u n d fragm entierte G esellschaft aus, deren E nergien
sich im m er m e h r in G ru p p e n kanalisierten, die au f eine V erteidigung vo n
Partikularinteressen ausgerichtet w aren u n d denen das politische System
n u r geringe A ggregations- u n d E influssm öglichkeiten bot. U ngeachtet
dieser allgem einen D iagnose w aren auch E ntw icklungen zu verzeichnen,
die C hancen zu r K o n stru k tio n zukunftsfähiger sozio-politischer A lterna
tiven boten. D a z u g eh ö rte die E n tste h u n g einiger neuer O rganisationen
im gew erkschaftlichen u n d sozialen Bereich, der durch den M ercosur er-
öffnete H o riz o n t, das Scheitern der neoliberalen O p tio n hinsichtlich der
K onsolidierung eines stabilen sozio ö k o n o m ischen M odells sowie die
langsam e W iederaufw ertung d er Rolle des Staates.
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Man.).
Frank Priess
auch gegen Journalisten u n d M edien gew endet w erden können, bew iesen
verschiedene P rozesse der jüngeren Zeit, etwa die Klage des ehem aligen
Präsidenten Carlos Saúl M enem gegen den Journalisten H oracio V erbits
ky w egen V erleum dung u n d V erletzung seiner Privatsphäre. B isher hat
die keineswegs im m er als unabhängig zu bezeichnende argentinische J u s
tiz eher „ p ro P resse“ entschieden u n d die M einungsfreiheit w eit ausge
legt. A b er droh en d e G eld- o d er Freiheitsstrafen w erden seitens der P re s
severtreter zum indest als latente B edrohung eingestuft. Politiker stehen
bei ih n en — keineswegs im m er ganz unbeg rü n det — u n ter dem G eneral
verdacht, „K nebelungsgesetze“ a u f den W eg zu bringen.
D ass die b este M edienpolitik im V erzicht a u f M edienpolitik besteht,
diese aus den U SA k o m m en d e H altung findet auch in A rgentinien viele
A nhänger, v o r allem u n te r den M edieneignem u n d ihren V erbänden.
R egelungsdefizite n im m t m an bew usst in K auf. E in solches stellt aus
d eutscher Sicht un d angesichts der inzw ischen erreichten M achtfülle der
M edien in sb eso n d ere das Fehlen eines w irksam en N utzersch u tzes dar.
A n ein leicht zugängliches R echt a u f G egendarstellung etwa ist in A rgen
tinien n ich t zu denken, R ichtigstellungen o d er gar W iedergutm achung
sind die A usnahm e. D ie B eschreitung des Rechtsw eges ist langwierig,
unsich er u n d kostspielig. Z ahlreiche Fälle u n d ein w eit verbreiteter „G e
rüchtejournalism us“ zeigen gleichw ohl, wie schnell auch der sprichw ört
liche „M ann a u f d er Straße“ G egenstand u n d O p fer vo n M edienbericht
erstattu n g w erden kann. Völlig üblich ist es etwa, die N am en v o n V er
dächtigen bei S traftaten inklusive des jeweiligen W o hnortes b reit zu ver
öffentlichen. D ie M öglichkeit, dazu erst einm al eine G erichtsentschei
du n g abzuw arten u n d Q ualifizierungen m it dem B egriff „m u tm aßlich“
zu versehen, w ird v o n vielen Journalisten gar nicht erst in E rw ägung ge
zogen. A uch V erursacher schw erer V erkehrsunfälle finden ihre N am en
u n d A dressen schnell in den Z eitungen wieder, geradezu eine A u ffo rd e
ru n g zu Ü bergriffen u n d Stigm atisierung. E b en so w enig h at sich die
Idee, dass M inderjährige als G egenstand der B erichterstattung einer be
sonders vorsichtigen B ehandlung b edürfen, bis in alle R edaktionsräum e
herum gesprochen. A ngesichts fehlender Sanktionen bei gravierenden
V erstößen ist dies, v o r allem, w en n es in sensationalistischer A bsicht der
A uflagen- u n d raft»¿-Steigerung dient, m indestens verständlich.
T ro tz solcher D efizite genießen die M edien ho h e A kzeptanz u n d ge
rade der Zivilgesellschaft k o m m t als W ächter der Pressefreiheit b eso n d e
re B ed eutung zu. D ass sie dieses A m t auch ausübt, zeigt der Fall der
E rm o rd u n g des Fotojournalisten Jo sé Luis Cabezas vom N ach rich ten
m agazin Noticias am 25. Ja n u a r 1997, ein D am m , das in der argentini-
M ed ien u n d P olitik 283
W e iß N i c h t
C
Neir
17 ° /
Ja
78%
W e iß n i c h t
A b b ild u n g 3 : V e r k a u f te A u f la g e d e r z e h n g r ö ß te n T a g e s z e itu n g e n in
A rg e n tin ie n
«2
{ I 8 '« äj i I
A b b ild u n g 4 : F e r n s e h s e n d e r in G ra n B u e n o s A ire s
533.121
z
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e
r
168.354
18.706
A b b ild u n g 5: D ie z e h n m e is tg e h ö r te n R a d io s e n d e r
Quelle: IB O P E A rgentina S.A., Tagesdurchschnitt m ontags bis sonntags, 01.02.-29.02.2000, G ran Buenos Aires.
Stellung hat, morgen durch eine neue Technologie vom Markt verschwun
den sein kann.
M edienkritiker sehen tro tz der ausgew eiteten W ahlm ögHchkeiten für das
P u b k k u m eine galoppierende Program m verflachung, v o m „E rfolg des
K loaken-R atings“ spricht etwa die Z eitschrift Noticias. Parallel dazu sor
gen schon seit vielen Jah ren die so g en annten Movileros für Schlagzeilen:
R eporter, die m it M ikrofon u n d K am era bew affnet an allen Schauplätzen
m eist in M assen auftreten u n d selten durch kluge Fragen auffallen. V om
W unsch getrieben, m ö g k ch st als erster zu Live-Statem ents vo n Zelebritä-
ten o d er O p fe rn zu gelangen oder d och zum indest nicht hinter der K o n
kurrenz herzuhinken, ist dabei scheinbar jedes M ittel recht. 1999 w aren
es in A rgentinien m ehrere Ereignisse, die hier besonders hervorstachen
u n d die E th ik -D eb atte neu entfachten:
Bei einer G eiselnahm e im Städtchen Ram allo, bei der sow ohl G ei
seln als auch G eiselnehm er zu T o d e kam en, verfolgten die K am eras gie-
M ed ien u n d P olitik 299
F ü r die M edien sind W ahlkäm pfe ebenfalls ein gutes G eschäft, bedenkt
m an, dass sich die W ahlkam pfkosten v o r allem aufgrund der steigenden
A usgaben für F ern seh w erb u n g v o n M al zu M al potenzieren. D ie W er
bu n g h a t sich in erster Linie ins F ern seh en verlagert, Presse u n d H ö r
funk sind dagegen w eit zurückgefallen. D ie v o n der N icht-
R egierungsorganisation Poder Ciudadano, dem argentinischen A bleger vo n
Transparency International a u f d er Basis eines M edien-M onitorings im
M ed ien u n d P olitik 301
D om inante Produktionslogik
U n d er ergänzt:
Die Repräsentationskrise in weiten Teilen der lateinamerikanischen Parteien
im Umfeld der finanziellen Krise der Staaten und der Härte der Restriktio
nen unserer Wirtschaften hat es dem Fernsehen erleichtert, sich als vorran
giger Schauplatz und wesentlicher Akteur von Politik zu etablieren, (ebd.:
37)
E in m akabres Beispiel dafür findet sich sogar aus dem Bereich der K ri
m inalität: „W ir sprechen n u r m it Jo u rn alisten “, ließ sich einer der G ei
selnehm er in der N atio n alb an k des Städtchens Ram allo m itten im P räsi
dentsch aftsw ah lk am p f 1999 v ern eh m en , als ein M o d erato r des H ö rfu n k
kanals Radio 10 ihn ü b er die bestehende T elefonverbindung m it dem
G eneralsekretär des Präsidialam tes in V erb in d u n g bringen w ollte, u m ei
ne V erm itd u n g für eine friedliche L ö su n g zu eröffnen.
P olitiker ihrerseits versuchen, sich die P roduktionslogik der M edien
zunutze zu m achen. D abei k o m m t ih n en o ft die U n erfah ren h eit der Re
p o rte r zu Hilfe, die d er S enator Jo rg e Y om a so charakterisiert:
Das sind nette Jungs, sympathisch ... Manchmal verstehen sie nicht, was sie
fragen sollen und wenn es nichts Greifbares zu berichten gibt sagen sie mir
schon mal: ,Na komm schon, Yoma ... denk Dir was aus, um Stimmung zu
machen.' Und natürlich tue ich ihnen den Gefallen ... . ( X X I I , 7.10.1999)
M ed ien u n d P olitik 303
B ehebt ist a u f beiden Seiten des Spektrum s, bei M edien u n d Politik glei
cherm aßen, d er E insatz v o n U m fragen. W ahlkäm pfe gleichen auch in
A rgentinien im m er m eh r P ferderennen, bei denen die täglichen D aten
ü b er sich v erändernde o d er auch gleichbleibende A bstände zw ischen den
K andidaten den R hythm us vorgeben. W issenschaftliche Präzision des
dem oskopischen Instrum entarium s bleibt da o ft a u f der Strecke. A uch
h ierfür lieferte das W ahljahr 1999 schlagende Beweise: Bei d er P rovinz
w ahl in T u cu m än etw a ging der H erausforderer, der K andidat der Pero-
nisten, abends enttäu sch t ins B ett, als ih m die M einungsforscher a u f der
Basis ih rer „N ach frag e“ an den W ahlurnen die N iederlage bescheinigten.
A m nächsten M orgen w achte er als Sieger auf. D ie D em o sk o p en lagen
kräftig daneben. H aarsträu b en d e F ehler in M ethodik u n d D u rch fü h ru n g
kennzeichnen vielerorts die Realität: So w ird vo n m anchen Instituten so
gar in R egionen m it einer T elefondichte v o n u n te r zehn P ro z en t au f T e
lefoninterview s gesetzt. K lare K onsequenz: Fehlende R epräsentativität
d er B efragten, da v o r allem B ürger der oberen M ittel- u n d O berschicht
erreicht w erden. H in zu kom m t, dass zw ar M arktforscher Schichten ohne
adäquate K aufkraft ignorieren k ö n n en , W ah lforscher beim gleichen V er
halten allerdings S chiffbruch erleiden.
D ie K o n sequ en zen ließen sich bei der G o uvem eursw ahl 1999 in der
Provinz B uenos A ires beo b ach ten , die am gleichen T ag wie die Präsi-
304 F ra n k Priess
dem Skandalösen über die seriöse Suche nach dem Inhalt von Vorschlägen
und Projekten. (Béliz 1997: 29)
D efizite finden sich w iederum auch bei den Journalisten: O ft sind sie
nich t hinreichend qualifiziert, die richtigen Fragen an eine U m frage zu
stellen u n d ihren W ert zu beurteilen. G erade v o n ihnen aber w äre im In
teresse der Ö ffentlichkeit eine sorgfältige P rü fu n g u n d V orsicht bei der
V eröffentlichung zu erw arten. Im m erh in gibt O scar O bregon, N achrich
te n c h e f des Fernsehsenders Am érica T V m it Blick au f die V orkom m nisse
am W ahltag in der P rovinz B uenos A ires zu:
Mir scheinen Informationen auf der Basis der boca de uma gefährlich zu sein.
Ich stelle mir die Desillusionierung der Leute vor, die den Triumph von
Pinky schon feierten. Um allerdings auf dieses Instrument zu verzichten,
müsste wohl die offizielle Stimmenauszählung beschleunigt werden.
W ie die Beispiele deutlich m ach en sollten, liegt die eigentliche M acht bei
den M edien, nicht u n b ed in g t bei den Journalisten, die in ihnen beschäf
tigt sind. N atürlich k en n t jedes L and seine Stars in diesem G enre, J o u r
nalisten, deren T u n u n d L assen selbst G eg en stand journalistischer Be
richterstattu n g gew orden ist. Sie, die für h ohe E inschaltquoten garantie
ren, sind m eist im m er n och in d er Lage, w eitgehend ihre B edingungen
du rchzusetzen u n d sich einen h o h e n G ra d an U nabhängigkeit zu erhal
ten: A u ch sie aber richten d en Blick ängstlich a u f ratings u n d die R eaktion
des Publikum s, sehen sich zu K o m p ro m issen zw ischen Q ualität und
M assengeschm ack gezw ungen.
Als Beispiel lassen sich in A rgentinien etwa die politischen M agazine
anführen, die inzw ischen h äutig einen „Journalism us light“ anbieten, der
A llerw eltsthem en aus dem U m feld d er Schönen, R eichen u n d B erühm
ten neb en harte politische Fakten u n d A nalysen stellt. N u r so halten sie
sich im Program m . M ariano G ro n d o n a etwa, d er m it seiner Sendung H o
ra Clave jahrelang als V orbild für dieses G en re galt, gerät besonders dann
u n te r D ruck, w enn er seine S endung a u f prim är politische Inhalte aus-
richtet. Ratings v o n u n ter fü n f P ro z e n t sind dann keine Seltenheit. Im
G egensatz dazu erlebte er u n b ek an n te E insch altquoten, als er sich in sei
nem P ro g ram m dem E h estreit d er F em sehdiva Susana G im énez w idm e
te. Liier b etru g die E in sch altq u o te nie w ieder erreichte 25% . D ass N ac h
denklichkeit w enig gefragt ist —G ro n d o n a etwa ist gleichzeitig anerkann-
M ed ien u n d P olitik 307
D e r bereits erw ähnte Jo rg e L anata ist ebenfalls ein gutes Beispiel dafür,
dass auch in A rgentinien das H erz vieler Jou rn alisten nach wie v o r links
schlägt. So stuften sich in d er U m frage v o n R o sendo Fraga (1997: 126)
66,6% d er befragten Jou rn alisten als „links“ o d er „m itte-links“ ein, w äh
ren d n u r 15% sich als „rech ts“ o d er „m itte-rechts“ bezeichneten. D ies
schlägt sich auch in P arteipräferenzen nieder, wie ein Blick au f das J o u r
nalistenvotum bei den Präsidentschaftsw ahlen 1995 zeigt. D iese w urden
bekanntlich v o n M enem m it absoluter M ehrheit gew onnen. Bei den
Jo u rn alisten kam er nach deren B ekunden aber n u r au f einen S tim m en
anteil v o n 9,2% , w äh ren d 62,5% für den K andidaten der Linkspartei
F R E P A S O g estim m t hab en w ollten. K ein W u n d er also, dass M enem
nach dieser W ahl stolz d a ra u f w ar, sie v o r allem gegen „die M edien“ ge
w o n n en zu haben. Spätere U m fragen, zum Beispiel v o n Luis M ajul u n d
E n riq u e Z uleta P uceiro, bestätigten Fragas D aten.
E in durchaus gespanntes V erhältnis zw ischen E xekutive u n d „vier
ter“ G ew alt begleitete folgerichtig M enem s zweite A m tszeit, auch w enn
V erallgem einerungen im m er m it V o rsich t zu genießen sind. E inen H ö
h ep u n k t erreichte es v o r der Parlam entsw ahl 1997 u n d angesichts einer
sich ab zeichnenden N iederlage der Peronisten: W irtschaftsm inister R o
que Fernández sah hier einen d ro h en d en golpe de estado mediático, einen
M edienstaatsstreich k o m m en , ein B egriff, den er allerdings auch auf
gru n d v o n In terv en tio n en M enem s zu rü ck n eh m en m usste. D ieser selbst
w iederum zog sich den Z o rn der M edien zu, als er im gleichen M onat
u n te r V erw en d u n g eines Z itats v o n B enjam in Franklin den E in d ru ck er
w eckte, d en Jo u rn alisten die Prügelstrafe an g ed ro h t zu haben. Sogar die
N ew York Times n ah m sich in einem überaus kritischen editorial der Sache
an u n d titelte: „K rieg gegen A rgentiniens M edien“ . M ariano G ro n d o n a
qualifizierte die B eziehung R egierung-M edien in der M enem -Z eit wie
folgt: „D ie R egierung n im m t alle Journalisten, m it denen sie nicht be
freu n d et ist, autom atisch als Feinde w ah r.“ (Noticias, 5. Juli 1997)
A uch im W ah lk am p f 1999 w ar es der K an d id at der P eronisten, E d u
ardo D uh ald e, d er sich k o n fro n tativ der M edien annahm . W ieder w ar die
Z eitsch rift Noticias einer der H auptgegner. U n ter der Ü berschrift „D ie
K o rru p tio n D u h ald es“ hatte sich Noticias u n ter anderem der Situation
der Polizei u n d d er Sozialausgaben in D u haldes P rovinz B uenos Aires
gew idm et, was ih r seitens des K andidaten den V o rw u rf eintrug, v o n de la
Rúa gekauft w o rd en zu sein. „Ich habe keine Zw eifel daran, dass es M e
dien gibt, die ihre T itelseiten verkaufen u n d andere, die das dan n in guter
M ed ien u n d P olitik 309
Literaturverzeichnis
E inleitung
1989) tat sich schw er dam it, eine koh ären te u n d entschiedene Politik in
M ilitärfragen zu verfolgen. D ie Zivilgesellschaft verfügte ihrerseits nicht
üb er die notw endigen K räfte u n d R essourcen, um sich an der L ösung
der en tsprechenden P ro b lem e zu beteiligen. D ie R egierung w ar nicht da
zu in d er Lage, den K o n flik t m it d en Streitkräften zu lösen un d no ch
w eniger, eine zw ischen M ilitärs u n d Zivilisten abgestim m te V erteidi
gungspolitik a u f den W eg zu bringen.
A lfonsin begann sein M andat m it zwei D ekreten, die bereits w ährend
des P räsidentschaftsw ahlkam pfes angekündigt w o rd en waren: A m 12.
D ez e m b e r 1983 w u rd en gerichtliche U n tersuchungen gegen die fü hren
den K ö p fe d er in d en 1970er Ja h re n aktiven G uerillaorganisationen an
geord n et (D ekret N o . 157), einen T ag später U ntersuchungen gegen die
M itglieder der drei M ilitärjuntas, die seit 1976 an der M acht gew esen w a
ren (D ekret N o . 158). G leichzeitig legte der P räsident dem P arlam ent ei
nen G esetzen tw u rf vo r, d er die A u ßerkraftsetzung u n d A nnullierung der
v o n den M ilitärs im S eptem ber 1983 verk ü n deten Selbstam nestie v o r
sah.1
Im Z e n tru m der M ilitärpolitik der U C R -R egierung stand die Stär
kung des V erteidigungsm inisterium s u n d die V erabschiedung eines n e u
en V erteidigungsgesetzes. D as M inisterium sollte eine effektive K o n tro l
le sow ohl ü b er die F ü h ru n g der Streitkräfte als auch hinsichtlich des Mili
tärhaushaltes, der G eh älter u n d d er P ro d u k tio n v o n R üstungsgütem aus
üben. E in anderes E lem ent, m it dessen H ilfe die L egitim ität der Streit
kräfte erneuert w erd en sollte, w ar die M ilitärreform . „D ie M ilitärreform
[...] m uss einen neu en m oralischen T o n im R ahm en des vollständigen
R espekts gegenüber d er verfassungsm äßigen O rd n u n g gew ährleisten“ ,
sagte P räsid en t A lfonsin in einer R ede v o r der K am eradschaft der Streit
kräfte aus A nlass der Feierlichkeiten zu m U nabhängigkeitstag am 9. Juli
1985. E r fügte hinzu:
Statt Verteidiger der nationalen Gemeinschaft zu sein, haben sich die Streit
kräfte in deren Führer und Verwalter verwandelt, was einer Negation des
entscheidenden Kerns der Rolle der Streitkräfte in einer zivilisierten, mo
dernen und komplexen Nation entspricht [...]. (zitiert nach Clarín , 6. Juli
1985: 3)
1 D as als „G esetz zur nationalen B efriedung“ bekannte D ekret 22.924 v o m 22. Sep
tem ber 1983 stellte d e n letzten V ersuch der Streitkräfte dar, die zukünftige verfas
sungsm äßige Regierung a u f eine ihren Interessen gem äße Politik festzulegen.
S treitkräfte u n d D em o k ratie 317
2 Es handelt sich um Ricardo C olom bres, René Favaloro, I lilario Fernández Long,
Carlos G . G attinoni, G regorio Klimovsky, Marshall M eyer, Jaim e F. de N evares,
E duardo Rabossi, M agdalena Ruiz G uiñazú u n d E rn esto Sábato.
318 R u t D ia m in t
3 D ieses G esetz (23.492) verfügte die Einstellung der Strafverfolgung gegen jede P e r
son, die nicht innerhalb von 60 T agen nach Inkrafttreten des G esetzes durch ein z u
ständiges G ericht zur V ernehm ung vorgeladen w urde.
S treitk räfte u n d D e m o k ra tie 319
alle M ilitärs, gegen die V erd ach tsm o m en te Vorlagen, gerichtlich vorzula
den. D am it w ar die H o ffn u n g d er R egierung hinfällig, m it dem Schluss
punktgesetz könne m an die R uhe innerhalb der Streitkräfte w iederher
stellen. D ie Flut v o n innerhalb k ürzester Z eit a u f den W eg gebrachten
S trafverfahren führte eher n och zu einer V erstärkung der U nruhe.
D ieses K lim a gab den R ahm en ab für ein anderes P hänom en, das
d er ersten post-diktatorialen R egierung großes K o p fzerbrechen bereitete:
die m ilitärischen E rhebungen. D e r erste A u fstan d fand in der O sterw o
che 1987 durch eine G ru p p e v o n O ffizieren u n te r F ü h rung v o n O b e rst
leutnant A ldo Rico statt. E r begann m it d er W eigerung des M ajors E r
nesto Barreiro, der V orladung durch das B undesgericht m it Sitz in C o r
d oba Folge zu leisten. D ie A ufständischen selbst bezeichneten ihr H a n
deln als „O p eratio n W ü rd e“ u n d b etrach teten es als ihre M ission, die
E h re w iederzuerlangen u n d die D isziplin w iederherzustellen. Sie sahen
sich als H eld en des M alvinas-K rieges u n d als M ärtyrer des K am pfes ge
gen die Subversion. Sie bildeten eine G ru p p e, die gegen das System, d.h.
gegen das republikanische u n d dem okratische Regim e agierte u n d sich
durch stark nationalistische u n d fundam entalistische T endenzen aus
zeichnete.
Im Mai 1987 w urde ein zw eites a u f Initiative der R egierung erarbei
tetes G esetz m it K o n seq u en zen für die juristische A ufarbeitung der
M enschenrechtsverletzungen w äh ren d der D ik tatu r verabschiedet, das
sogenannte „G esetz ü b er die G eh o rsam sp flich t“ (Ley de Obediencia Debi
da; G esetz 23.521).4 D am it sank die A nzahl der P rozesse w egen M en
schenrechtsverletzungen, die sich infolge des Schlusspunktgesetzes be
reits a u f 450 reduziert hatte, w eiter, u n d zw ar a u f etwa 100 Fälle. Im V er
lau f d er V erh ö re ging die Z ahl a u f 20 Fälle zu rü ck u n d zuletzt blieben
n u r n o ch 18 übrig.
Im A pril 1988 w urde nach langen V erhandlungen u n d D eb atten m it
den Militärs u n d ihren zivilen V erb ü n d eten das V erteidigungsgesetz (G e
setz 23.554) verabschiedet. D am it w urden die A ufgaben der Streitkräfte
bei der L andesverteidigung definiert u n d ihre Partizipation bei Fragen
4 In Artikel 1 des G esetzes heißt es: „[...] können nicht strafrechtlich verfolgt w erden
w egen D elikten, a u f die sich Art. 10, A bsatz 1 des G esetzes 23.049 bezieht, weil sie
in A usübung der G ehorsam spflicht gehandelt haben. [...] In solchen Fällen wird es
als vollständig m it dem R echt übereinstim m end betrachtet, dass die genannten P er
sonen in einer Z w angssituation bei U n terordnung u nter eine übergeordnete A utorität
und in E rfüllung v o n Befehlen operierten, ohne die Fähigkeit o der die M öglichkeit
zur U ntersuchung, der O ppo sitio n oder des W iderstandes gegen diese, hinsichtlich
ihrer A ngem essenheit o der Legitim ität.“
320 R u t D ia m in t
schäften so, egal wie stabil und demokratisch sie auch sein mögen), keine
Anziehungskraft mehr auf bedeutende zivile Sektoren ausüben, wie dies vor
1976 der Fall war, und man spürt mehr Bewusstsein dafür, dass die Institu
tionen verteidigt werden müssen, denn alle, aus allen politischen Parteien,
aus allen Sektoren, aus allen Ideologien sind sich darüber klar geworden,
dass es keine guten Diktaturen gibt. Ich glaube, dass dies ein kultureller
Wandel ist. (zitiert nach Pagina 12, 16. 11.1988: 10)
8 Molina Pico beto n te, dass Fernández ohne seine E rlaubnis zu einer Pressekonferenz
in das M arinegebäude eingeladen habe. A ngesichts der A rt und W eise, wie innerhalb
des Militärs m it H ierarchien um gegangen wird, ist dies jedoch unw ahrscheinlich.
Fernández b a t um ein E hrengericht, welches letztendlich zu der A nsicht kam , dass
M olina Pico nichts vorzuw erfen sei; es verhängte eine leichte Sanktion gegen
K onteradm iral Fernández u n d zeigte dam it, dass die Institution über allen anderen
Ü berlegungen steht (La Nación, 28.10. 1993; E l Cronista Comeräal, 2.11. 1993; E l
Cronista Comercial, 8.12.1993; E l Litoral, 12.12.1993).
324 R u t D iam in t
9 „W ir w erden ein Bataillon m it 300 M ännern [nach Haiti] entsenden, wie dies auch
m it Z ypern geschehen ist, w enn die finanziellen V oraussetzungen für eine solche
A ufgabe gegeben sind.“ Letztlich w urden 350 M ann entsandt, die m it M itteln außer
halb des norm alen H aushaltes finanziert w urden. D ie Streitkräfte w ussten sehr ge
nau, dass für prioritäre Ziele im m er die erforderlichen M ittel gefunden w erden und
dass dafür n icht a u f die form ale Struktur des Staatshaushaltes zurückgegriffen wird
(Las A ndes, 22.10.1994).
S treitk räfte u n d D em o k ratie 325
10 U m den K a u f der Flugzeuge des Typs Skyw aks 4 A M zu finanzieren, w urde ein
zusätzlicher H aushaltsposten in H ö h e von 315 M illionen D ollar nachträglich in das
Budget für 1995 aufgenom m en. G leichzeitig w urde die L uftw affenfabrik A rea M ateri
a l Córdoba an die nordam erikanische Firm a L ockheed verkauft (L a N uera Provinda,
17.2.1994). A ngeblich bew ahrte n u r Präsident M enem L uftw affenchef Paulik vor der
V ersetzung in den R uhestand, die bereits durch V erteidigungsm inister O scar
C am ilión ausgefertigt w orden w ar (<Clarín, 20.2.1994).
326 R u t D iam in t
M ilitärpolitische E ntscheidungsprozesse
15 N o c h 1996 erh o b en einige der teilnehm enden D elegationen aus Anlass der zw eiten
K o n feren z der V erteidigungsm inister Am erikas E inw ände dagegen, dass eine der
A rbeitsgruppen „D ie Rolle der Streitkräfte in der D em okratie“ betitelt w erden sollte.
Sie forderten, dies durch „D ie Rolle D e r Streitkräfte im 21. Ja h rh u n d ert“ zu ersetzen
(Inform ation des Ministerio de Relaciones Exteriores, Comerão Intem aáonaly Culto, 12. Juni
1996). E in anderer Fall w ar der eines ehem aligen G enerals, der die A bteilung Militär-
politik des V erteidigungsm inisterium s leitete. Anlässlich eines bilateralen T reffens m it
Brasilien legte er ein inform elles Papier (non-paper) vor, in dem ein Schem a für ge
m einsam e M ilitärinterventionen in Fragen des D rogenhandels vorgeschlagen wurde.
D ies w idersprach den rechtlichen B estim m ungen und führte zum erzw ungenen
R ücktritt des Abteilungsleiters.
S treitkräfte u n d D e m o k ra tie 329
V erhalten d och dafür, dass er v o n K ritik aus den eigenen R eihen ver
sch o n t blieb. D ie Selbstkritik v o n M olina Pico, die dieser im N am en des
A dm iralsrats v o rtru g u n d nicht in p ersönlicher F o rm wie im Falle vo n
G eneral Balza, zeichnete sich durch einen stärker rechtfertigenden C ha
rakter aus. V o n ih m w aren Sätze zu h ö re n wie: „D as V orgehen der
Streitkräfte d a rf nicht so analysiert w erden, als ob sie die einzigen B etei
ligten an d er A ngelegenheit gew esen w ären.“ (Clarín, 4.5.1995) o d er „D ie
N atio n w urde angegriffen u n d h a t sich verteidigt.“ (La Nueva Provincia,
4.5.1995). D ie halbherzige Selbstkritik d er M arine stand in beso n d erem
K o n tra st zu der T atsache, dass die V orw ürfe des K apitäns Scilingo, der
die K rise ins Rollen gebracht hatte, insbeso n d ere die M arine k o m p ro m it
tierten. D ie m it dieser Streitkraft in V erb in d u ng stehenden Fälle hatten
den stärksten N achhall in der Ö ffentlichkeit gefunden.
W as die L uftw affe angeht, so v erb an d G en eral Paulik die A useinan
dersetzung m it den V erb rech en w ährend des „Schm utzigen K rieges“ m it
Forderu n g en an die Regierung, für ein akzeptables F unktions- u n d A u s
rüstungsniveau seiner S treitkraft zu sorgen. Seine Selbstkritik ging nicht
au f eine interne, v o n den W affenkam eraden geteilte R evision zurück,
so n d em a u f eine A u ffo rd eru n g durch die Regierung.
K u rze Z eit nach diesen R eden n ah m die G esellschaft m it Ü berra
schung die E rklärungen des ehem aligen K apitäns A lfredo A stiz zur
K enntnis, der ausführlich die w äh ren d d er D ik tatu r begangenen G räuel
taten schilderte u n d diese als Teil einer institutionellen Politik der M arine
bezeichnete (Cerruti 1998; Clarín, 16.4.1998). D iese T atsache, genauso
wie die spätere A nklage gegen G en eral V idela w egen K indesraubes, legt
die nach wie v o r tiefgreifenden B rüche innerhalb der G esellschaft offen.
G eneral Balza selbst erkannte dies in einer R ede an:
Das Heer ist sich seiner institutionellen Verantwortung bewusst, es bemüht
sich darum, einen schmerzhaften, nicht geführten Dialog in Gang zu brin
gen über eine Vergangenheit, die nach wie vor eine offene Wunde im kol
lektiven Bewusstsein der Argentinier darstellt (12.2.1998).
D ie V erteidigungspolitik
A bschließende Ü berlegungen
Literaturverzeichnis
* D ieser Beitrag entstand im R ahm en eines von der V olksw agen-Stiftung finanzierten
Forschungsprojektes „D em okratische K onsolidierung und ,defekte D em okratien’:
E in interregionaler Vergleich ausgew ählter L änder in O steuropa, Lateinam erika und
O stasien“, H eid elb erg /F ran k fu rt a.M. Ich danke m einen K ollegen Claudia E icher
und Aurel C roissant sowie insbesondere den beiden Projektleitern, W olfgang Merkel
(Heidelberg) u n d H ans-Jürgen Puhle (Frankfurt/M ain) für ihren Rat u n d kritische
K om m entare. Selbstverständlich bin ich alleine für den Inhalt verantw ortlich.
342 P e te r T h iery
W ahlen
Ö ffentliche Arena
E ine ähnlich progressive E ntw icklung ist in der E n tfaltu n g der w eiteren
politischen Freiheitsrechte zu erkennen. V öllig uneingeschränkt gilt dies
für die R echte p olitischer O rganisation, also A ssoziations-, V ersam m -
lungs- u n d D em onstrationsfreiheit. Politische wie gesellschaftliche O r
ganisationen sind in ihrer B ildung u n d E n tfaltu n g nicht beh in d ert und
D e m o k ra tie u n d R ech tsstaatlich k eit 347
1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998
N o tstan d s 30 63 85 69 62 35 37 36 37 18
dekrete
davon 18 32 59 36 15 7 7 11 26 13
anerkannt
Teil- und 4 14 21 26 11 12 20+ 21 19 k. A.
T otalvetos 15
verabschie 114 160 139 122 119 147 164 153 161 k.A.
dete G esetze
1989: Juli-Dezember; 1998: Januar-August. (Quelle: Ferreira R ubio/G oretti 1998b: 6; Molinelli et
al. 1999: 415, 480-481, 626)
D ie E igen ständ igk eit der Justiz und die Rolle des O bersten
G erichtshofes
kehrt). A uch sind bis heu te nicht alle zentralen V orgaben der V erfassung
erfüllt, wie eben die K o ngresskom m ission zu r K ontrolle der D ekrete.
D iese grundlegenden institutionellen M ängel sprechen gleichw ohl
nicht gegen eine w eitere T en d en z zu r Stabilisierung der übrigen dem o
kratischen Sphären. Einige d er w ichtigsten F o rtschritte w urden bereits
erw ähnt. So existieren nach der - zw ar m it ethisch fragw ürdigen M itteln
erreichten, politisch jedoch erfolgreichen - U n tero rd n u n g d er Militärs
u n te r die zivile G ew alt keine V etoakteure m ehr, die die dem okratischen
Spielregeln grundlegend in Frage stellen kö n n ten. Ä hnlich positiv gestal
tete sich auch die E n tfaltu n g der repräsentativen E b en e, d.h. die H erau s
bildung eines stabilen u n d funktionsfähigen Parteiensystem s sowie eines
Systems d er Interessenverbände. D ie R oller stabiler Parteiensystem e ist
in d er K o n solidierungsforschung w enig u m stritten u n d zeigt sich etwa
im V ergleich A rgentiniens o d er Chiles zu den instabilen E ntw icklungen
in and eren L ändern Lateinam erikas (Peru, V enezuela). D as argentinische
Parteiensystem , das nach d er D ik tatu r in ü b erraschender Stärke w ieder
auferstand, h at seine K apazität zu r Strukturierung des politischen P ro
zesses u n d zu r K analisierung gesellschaftlicher In teressen w ieder erlangt
u n d bew ahrt. D ies ist u m so bedeutsam er, als sow ohl die Radikalen als
auch die P ero n isten je eigene Identitäts- u n d P artizipationskrisen zu be
w ältigen hatten.
A usschlaggebend für die Langlebigkeit einer D em okratie u n d dam it
für ihre K o n solidierungschancen ist letztlich die zivilkulturelle E b ene,
d.h. die E instellungen d er B ürgerinnen u n d Bürger zum politischen Sys
tem u n d zu r D em okratie einerseits sowie ih r V erhalten u n d H andeln in
der D em okratie andererseits. In A rgentinien existiert eine lebhafte un d
differenzierte Zivilgesellschaft, die sow ohl „alte“ A kteure wie die G e
w erkschaften, v o r allem aber eine V ielzahl n eu er A kteure um fasst, die al
le T h e m e n des gesellschaftlichen u n d politischen Lebens abdecken
(Um welt, M enschenrechte, A rm ut, G erechtigkeit etc.). Schließlich bele
gen auch U m fragen, dass die D em o k ratie in A rgentinien verw urzelter ist
als in d en m eisten anderen lateinam erikanischen Ländern. So liegt die
Z u stim m u n g zu r D em okratie als Regierungs form ko n stan t h o c h bei ca.
drei V ierteln der B evölkerung, also ein W ert, der so n st lediglich no ch in
U ruguay u n d C osta Rica erreicht wird.
D e m o k ra tie u n d R ech tsstaatlich k eit 365
A usblick
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AUTORINNEN UND AUTOREN
Klaus Bodem er, Prof. D r., Politikw issenschafder, D irek to r des Instituts
für Iberoam erika-K unde, H am burg.
Rut Diam int, M .A., Soziologin, U niversidad T o rcu ato di Telia, B uenos
Aires.