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Christian Elz

9. September 2016

„Streit um ‚Sexualisierung' der


Kita“
Zum Leserbrief „Diktaturen der Minderheiten“ & „Schadet
Psyche unserer Kinder“, VS 09.11.16

Dr. Gernot Priebs versteht leider nicht, dass es nicht um Diktatur, Minder- oder
Mehrheit geht, sondern um Anerkennung und gesellschaftliche Gleichberechtigung der
„Minderheiten“. Der Begriff Diktatur würde einen geeinten Führungswillen der vielen
Varietäten menschlichen Lebens gegenüber einer unterschiedslosen grauen Masse bedeuten,
was doch aber niemand will. Ja, Schwule, Lesben, Transsexuelle sind vermutlich weniger als
Heterosexuelle. Aber bedeutet Minderheit deswegen weniger Wert? Ich wünsche mir eine
Gesellschaft, in der niemand mehr schwul oder bi (oder sonst irgendwie minder) ist. Denn es
ist egal mit wem man sich einlässt. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der man selber
entscheidet wen man liebt ohne von anderen vorgeschrieben zu bekommen wen man lieben
darf. Und wer meint das sei schon Diktatur, der ist sich seiner eigenen ständig ausgelebten
Macht, die damit einhergehende Normierung und die perfide Einschränkung anderer nicht
bewusst.
Dr. Bärbel Schneider beruft sich auf den norwegischen Soziologen und Komiker
Harald Eia, der die These des Gender-„Mainstream“ angeblich zurückweist. Dabei
unterliefen ihr gleich zwei Fehler: Die Gendertheorie behauptet keineswegs, Mann- und Frau-
sein hätte nichts mit Genen zu tun und läge ausschließlich an der Erziehung. Schon die
klassische Gendertheorie von Judith Butler spezifiziert den Begriff des Geschlechts
auseinander, in den biologischen Part der Gene und Hormone, genannt nach dem englischen
sex und den soziologischen Part der Erziehung und der Umwelteinflüsse, genannt gender. Die
Biologie, das sex, UND die Umwelt, das gender, sind für die Entwicklung eines Fetus zu
einem geschlechtlichen Menschen von Bedeutung. Der zweite Fehler von Frau Dr. Schneider
ist die Missinterpretation Eias. Dieser ist keinesfalls gegen Feminismus, sondern gegen

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Dogmatismus in der Wissenschaft und wollte die Engstirnigkeit mancher norwegischer
Forscher herausstellen. Es gab viel Kritik auf seine Dokumentation, einige Wissenschaftler
fühlten sich falsch wiedergegeben und bemängelten Aussagen zurecht geschnitten wurden.
Nichtsdestotrotz weist er die Gendertheorie nicht zurück, ebensowenig gibt es einen
wissenschaftlichen Konsens über deren Falsifikation, eher im Gegenteil nehmen die meisten
Wissenschaftler das Zutreffen des sex/gender-Faktums an und streiten sich nur über die
Einflussausmaße.

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