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Unser Autor wurde oft von Türstehern abgewiesen, weil er nicht typisch deutsch
aussieht.© Alexander Popov/Unsplash
Betreiber von Clubs müssen nicht jeden reinlassen. Vielleicht kommt es wirklich
häufiger zu Streit, wenn viele Araber, Türken und Kurden zusammenkommen.
Aber der Preis für diese Türpolitik ist hoch. Jahrelang an Clubtüren abgewiesen
werden und dabei zusehen, wie andere aufgrund ihres Aussehens reingelassen
werden, ist eine besonders perfide Form von Rassismus. Er ist unsichtbar und
heimtückisch. Er tut mehr weh als Beleidigungen und lässt sich schlechter
erzählen.
Wer nicht betroffen ist, kann sich meist nicht vorstellen, dass Rassismus an der
Tür System hat. Mir rief einmal eine alte Frau "Scheiß Ausländer" hinterher. Ich
wusste, ich konnte die Rentnerin in die Kategorie Ausländerfeindin schieben.
Jeder, dem ich davon erzählte, verstand. Ich nahm das mit Humor. Aber als
mich eine 50-jährige Journalistin in einer Redaktionskonferenz fragte, ob ich
mir den Rassismus an der Tür vielleicht eingebildet hätte und ob das nicht
einfach Pech gewesen sei, wurde ich wütend. Wir bewegten uns in so
unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten, dass sie mir meine einfach absprach.
Die Momente, an denen mir die Türsteher indirekt zu verstehen gaben, dass ich
nicht reinkomme, weil ich Türke bin, waren nicht das Schlimmste. Manchmal
verheimlichten sie das nicht einmal. "Anweisung vom Chef", sagte mir ein
Türsteher, der selbst Deutschtürke war. Aber schlimm war, wenn ich abends im
Bett lag, während meine Freunde Nachrichten aus den Clubs schickten: "Wo
bist du?" In diesen Momenten hatten mich die Türsteher. In diesen Momenten
setzte sich die Ausgrenzung in den Hinterkopf und kam mit in den Schlaf.
Nicht so gemeint
Als ich 2017 nach Berlin zog, ich war 32, kam ich mit einem deutschtürkischen
Kumpel im Stadtteil Friedrichshain an einem Elektroclub vorbei. Wir
versuchten reinzukommen und scheiterten, wie damals. Mein Kumpel sagte
mir: "Die haben nicht einmal die Frauen reingelassen. In Berlin ist das nicht so
gemeint." Er hatte Recht: Der Türsteher hatte vorher noch eine Gruppe
Touristen samt Frauen abgewiesen. Es war eine andere Situation als die, in der
wir aus Rassismus weggeschickt wurden. Aber die Tatsache, dass wir fieberhaft
nach Erklärungen suchten, zeigt, wie sehr wir immer noch damit kämpften, uns
einzureden, wir seien nicht anders. Wir würden nicht diskriminiert. Es gebe
kein die und Wir, sondern nur uns.