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Proxemik

Unter die Proxemik fallen Aspekte der Territorialität, des persönlichen Raumes
und der interpersonellen Distanz sowie Fragen der Ausrichtung und Sitzanordnung
(vgl. Hargie und Dickson 2004). Wir wollen an dieser Stelle lediglich auf die
interpersonelle Distanz eingehen. Wegbereiter für die Erforschung der interpersonellen
Distanz war der Anthropologe Edward T. Hall. In Bezug auf den persönlichen
Raum und die interpersonelle Distanz unterscheidet Hall (1966) vier Kategorien
der Face-to-Face-Interaktion (s. Abb. 4.3):
• Die intime Distanz von ca. 15 bis 45 cm drückt Vertrautheit (z. B. Schutz, Liebe)
aus und ist für sehr enge FreundInnen und die Familie reserviert.
• Die gesellig-persönliche Distanz von ca. 45 cm bis 1,20 m deutet auf eine enge
Verbindung hin und ist typisch für informelle Gespräche mit befreundeten und
bekannten Personen.
• Die soziale Distanz von ca. 1,20 bis 3,70 m markiert berufliche und unpersönliche
Interaktionen.
• Die öffentliche Distanz schließlich variiert zwischen ca. 3,70 m und der Sehbzw.
Hörweite. Sie dient dem öffentlichen Sprechen, bei dem man die Zuhörenden
nicht zwingend erkennen muss (z. B. große Versammlungen).

Hall betonte, dass er diese Kategorien aufgrund von Beobachtungen an weißen


NordamerikanerInnen aus dem Mittelstand entwickelt hatte. Mitunter werden diese
Kategorien dennoch als kulturübergreifend gültig dargestellt. Andere Kulturen
haben jedoch ein anderes Erleben interpersoneller Distanz. Menschen aus arabischen
und südeuropäischen Kulturen interagieren in geringerer Distanz (Watson
1970; Watson und Graves 1966). Demnach kann Halls Kategorisierung als Daumenregel
im westlichen Kulturkreis hilfreich sein, kann aber keinesfalls kulturübergreifend
gelten.
Nicht nur die Kultur, auch andere Faktoren haben einen Einfluss darauf, aus
welcher Distanz kommuniziert wird. In einer Untersuchung von Altman und Vinsel
(1977) stellte sich heraus, dass die meisten Menschen sitzend oder stehend in
bestimmten Distanzen interagieren: Sie führen Interaktionen, bei denen sie stehen,
eher in intimer oder gesellig-persönlicher Distanz. Interaktionen, die sitzend vonstattengehen,
werden eher in sozialer oder öffentlicher Distanz vollzogen. Demnach
steht interpersonelle Distanz nicht nur damit in Zusammenhang, mit wem wir
aus welchem Anlass kommunizieren, sondern auch damit, ob wir es sitzend oder
stehend tun.
In einer Studie von Six et al. (1983) zeigte sich zudem, dass der Bekanntheitsgrad
und das Geschlecht der Anwesenden für die subjektive Dichtewahrnehmung
und das Wohlbefinden wichtiger sind als die Anzahl der Anwesenden per se. Demnach
entscheiden auch die Bekanntheit und das Geschlecht der Beteiligten, ob sich
eine Person in der Nähe der anderen wohlfühlt oder nicht.

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