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Universität Hamburg

Fakultät für Geisteswissenschaften


Fachbereich Evangelische Theologie
Aufbaumodul Altes Testament
Seminar Hiob im Wintersemester 2018/19
Dozentin: Prof. Dr. Corinna Körting

Hiobs Frau
Hiob 2, 9-10

Josiane Cristine Breta dos Santos


Matrikelnummer: 6373252
E-mail: josiane.breta@mail.de
Studiengang: Evangelische Theologie auf Diplom 9. Semester
Inhaltverzeichnis
1. Einführung___________________________________________________ 1
2. Übersetzung__________________________________________________ 3
3. Untersuchung zum alttestamentlichen Text __________________________3
3.1: Gliederung des Hiobsbuches___________________________________ 3
3.2: Literarische Zusammenhang von Hiob 2.9-10______________________4
3.3: Sprachanalyse von Hiob 2.9-10_________________________________ 5
a) _____________________________________________________5
b) 샐൞: Segnen oder Verfluchen?________________________________5
c) ൞൞_____________________________________________________ 8
4. Hiobs Frau____________________________________________________8
4.1: Hiobs Frau in dem Alten Testament und in der Septuaginta___________9
4.1.1: Die Rede der Frau: Hi 2.9_________________________________9
4.1.2: Hiobs Antwort auf seiner Frau: Hi 2.10_____________________12
4.2: Hiobs Frau in den Testament Hiob______________________________13
4.2.1: Die Frauen in dem Testament Hiob________________________ 13
4.2.2: Die Geschichte von Sitidos_______________________________14
a) Sitidos als Sklavin___________________________________ 14
b) Sitidos und Satan____________________________________14
c) Sitidos Klage_______________________________________ 15
d) Sitidos Tod_________________________________________15
5. Der Name von Hiobs Frau_______________________________________16
6. Das Leiden___________________________________________________17
7. Eine feministische Rezeption_____________________________________18
8. Fazit________________________________________________________20
9. Literaturverzeichnis____________________________________________22
1. Einführung

Das Buch Hiob beginnt mit der Erzählung über Hiobs Vermögen und seine
Beziehung zu Gott, der in einem Gespräch mit Satan Hiob lobt. Infolgedessen stellt
Satan Hiobs Treue in Frage. Mit dieser Provokation lässt Gott Satan die Macht haben,
das Leben von Hiob zu quälen und dadurch den Ursprung seiner Treue zu beweisen.
In diesem großen Drama gibt es einige Charaktere, die im Laufe dieser
Geschichte versuchen werden, Antworten auf das Leiden Hiobs zu finden und
darüber hinaus den Ursprung des menschlichen Leidens in einer von einem gerechten
und guten Gott regierten Welt zu diskutieren.
Die drei Freunden Hiobs, Zofar, Bildad und Elifas, wechseln sich in Reden ab,
die sie jetzt unterstellen, und sagen, dass es in Hiob eine Sünde geben muss, auch
wenn sie verborgen ist, und dass sein Leiden gerecht ist. Solche Diskurse werden von
Hiob zurückgewiesen, er wiederholt seine Unschuld und er wundert sich immer
wieder über das Warum seines Leidens. Dazu tritt noch ein vierter Freund in der
Darstellung ein: Der junge Elihu. Er verurteilt alle anderen, sowohl seine Freunde als
auch Hiobs selbst. Er greift Hiobs Aussagen auf und Punkt für Punkt weißt er sie
zurück. Dadurch bekräftigt er, dass das Leid eine Form göttlicher Mahnung ist und
das Ziel hat, den Menschen vom verkehrten Lebenswandel abzuhalten. So hebt er die
Souveränität und Weisheit Gottes hervor. Schließlich offenbart sich Gott selbst an
Hiob und gibt ihm keine Antwort, außer um seine Souveränität zu bekräftigen, was
paradoxerweise mehr als genug Antwort für Hiob ist, der schließlich antwortet:“Vom
Hörensagen hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich gesehen“1.
Dennoch gibt es noch einen anderen Charakter in dieser Geschichte: Hiobs
Frau. Diese namenlose Frau ist, wie so viele andere Frauen in der Bibel, nur eine
Nebendarstellerin. Von allen Charakteren der Erzählung ist sie diejenige, die am
wenigsten spricht und am wenigsten Raum hat, um sich auszudrücken. Ihre Rede
wurde nicht die gleiche Stellung, wie die Rede von Zofar, Bildad, Elifas und Elihu,
zuteil. Ihre Teilnahme war ein einzelner Vers, der dazu diente, sie in das Pantheon

1
Hiob 42.5 (Alle Bibelverse, die ich in dieser Hausarbeit zitieren werde, habe ich aus der Elberfelder
Bibel 2013 genommen)

1
der schändlichen Frauen der Bibel mit der schmucklosen Gesellschaft von Jezebel,
Saphira, Lots Frau und anderen einzuschließen.
Hiobs Frau wird oft als der Prototyp der Frau angesehen, die wahnsinnig,
unberührt, unbewertet und gegen ihren Mann ist. Alles wegen seiner einzigen Rede.
Ich möchte Sie einladen, mich auf eine Reise zu begleiten, die über diese
Argumentation hinausgeht, und dieser Frau den Vorteil des Zweifels zu geben, damit
wir in ihrer Geste etwas anderes erkennen können. „Verfluche deinen Gott und
stirb“2. Dies war der Satz, der sie in unseren Augen in Ungnade fiel. Ein einziger
Satz. Wie wäre es, wenn wir über den Satz hinausgehen? Wie wäre es mit der Suche
nach den Motivationen, die zu dieser extremen Einstellung geführt haben? Wie wäre
es, wenn wir herausfinden, ob diese Frau für Gott wirklich so unwürdig und
verwerflich ist, wie unser Urteil sie bestimmt?
Um mehr über diese Frau zu lernen, werden wir nicht nur das
alttestamentliche Buch von Hiobs nehmen, um sie besser kennen zulernen, sondern
werden wir darüber hinaus gehen. Dafür werden wir uns zwei griechische
Überlieferung dieser Geschichte anschauen: die Septuaginta und das Testamentum
Hiob (TestHiob). Aus der Spätantike gibt es fünf vorhandene Versionen von dem
griechischen Buch Hiobs. Da das wichtige davon das Hiob-Septuaginta ist und da
diese Überlieferung das vermutliche griechische Original darstellt (in dem Sinne,
dass es die älteste traditionelle Form ist)3, werden wir uns diese Version anschauen.
Die andere Überlieferung, das TestHiob, ist in Bezug auf diese Arbeit wichtig, weil
uns eine andere Perspektive über die Frau Hiobs bringt. Hier kommt sie deutlich
mehr zu Sprache und wird nicht nur als eine Nebencharakter dargestellt.
Schließlich ist am Ende dieser Arbeit eine feministische Rezeption über das
Hiobbuch in Bezug auf seine Frau zu lesen.

2
Hiob 2.9 (meine Übersetzung)
3
Vgl. Witte, Markus:“The Greek book of Job“, S. 33
2
2. Übersetzung
v9:
슰 ri 䁞샐 ri ʎʠ 슰ड़ʖˢ 슰r 샐 ʖ슰
Und seine Frau sagte (zu) ihm: Bleibst du noch an deiner Vollständigkeit
hängen? Segne Gott und stirb!
v10:
ड़ ri 䁞䁞 䁞  ൞ ൞슰  ⿏  ⿏ 샐ड़䁞 ʎʖ 슰r൞ʕ i 샐o䁞 ʎʕ 䁞 샐  슰
슰 㷟 ൞슰  ʩi⿏ ⿏ 䁞  ൞  ʠ샐 ⿏ 슰
Er aber sagte (zu) ihr: wie eine gottlose sprichst (und) redest du auch. Das
Gute nehme ich von Gott an und das Böse nehme ich nicht? Bei alle diese Dinge
sündigt Hiob nicht, mit seinen Lippen.
3. Untersuchung zum alttestamentlichen Text
3.1 Gliederung des Hiobsbuches4
Das Hiobbuch handelt über die Geschichte eines Mannes namens Hiob, der
als Hauptfigur der Erzählung dargestellt wird. Der Autor erarbeitet den Text in Form
eines poetischen Dialogs und Prosa. Das Buch wird in drei Teile gegliedert: Prolog
(1-2), Dialog (3-42.6) und Epilog (42.7-17). Der Prolog und der Epilog sind in Prosa
gehalten und sie bilden den Rahmen und der Dialogteil, der die Reden Hiobs und
seinen Freunden enthält. „Der Prolog erzählt von einer zweifachen Bewährung
Hiobs im Leid und einem sich anschließenden Besuch seiner drei Freunde. Er
gliedert sich in eine Exposition und fünf Szenen:“5
a) Exposition (1.1-5): Hiobs Frömmigkeit und Glück
b)Erste Himmelsszene (1.6-12)
c) Erste Prüfung und Bewährung Hiobs (1.13-22)
d)Zweite Himmelsszene (2.1-7a)
e) Zweite Prüfung und Bewährung Hiobs (2.7b-10)
f) Besuch seiner drei Freunde (2.11-13)

4
Die hier angegebenen Informationen sind aus dem Buch „Einleitung in das Alte Testament“ von
Zenger (S. 417-430) genommen.
5
Zenger, S. 418f
3
Die Perikope (Hiob 2.9-10) gehört zur zweiten Prüfung und Bewährung
Hiobs und erzählt wie Hiob mit Geschwüren geschlagen wird und an seiner
Frömmigkeit festhält, trotz der Aufforderung seiner Frau, Gott zu verfluchen.
3.2 Literarische Zusammenhang von Hiob 2.9-10
Hiobs Erzählung wird im Prolog (1.1-2) in vier dramatischen Szenen
beschrieben: zwei himmlische und zwei terrestrische. Die terrestrischen Szenen
(Exposition 1.1-5) beschreibt Hiob als „ein rechtschaffen und redlich und
gottesfürchtig“ Mann, der „das Böse meid“. Dazu wird auch erzählt die Menge seiner
Kinder und seine Vermögen.
Die Szene wechselt zu dem Himmeln (1.2-12), wo die „Söhne Gottes“ sich
versammelt haben und die beiden Hauptfiguren Gott und Satan über dem
Beweggrund von Hiobs Frömmigkeit besprechen. Gott sprach Satan an und fragte
ihn, ob er so einen Mann auf der Erde gesehen hat, der „rechtschaffen und redlich
und gottesfürchtig“ ist und „das Böse meid“, wie sein Knecht Hiob. Darauf antwortet
Satan, dass Hiob nur „gottesfürchtig“ ist, weil Gott ihn gesegnet hat. Wenn Gott ihm
alles wegnehmen würde, würde Hiob sicherlich Gott verfluchen. So gibt Gott Satan
die Erlaubnis, den Reichtum Hiobs zu nehmen und alle seine Kinder und Diener zu
töten, aber gegen Hiob sollte Satan seine Hand nicht strecken (1.6-12). So fängt die
erste Prüfung und Bewährung Hiobs an, indem er sein Vermögen und Kinder verliert.
Trotzdem verflucht er Gott nicht: „der Herr hat gegeben, und der Herr hat
genommen, der Name des Herrn sei gepriesen“(Hiob 1.21).
Wieder zu der Himmelszene (2.17-7a) spricht Gott Satan an und fragt ihn, ob
er auf Hiobs festgehaltene Rechtschaffenheit geachtet hat. Und wieder zweifelt Satan
daran und argumentiert, dass Hiob von Krankheit getroffen würde, würde er dann
Gott verfluchen. Daher gibt Gott Satan Erlaubnis Hiob mit Krankheit zu schlagen.
Mit dem Verlust der Diener, des Viehs, der Kamele und der Kinder erreichte die
letzte Prüfung den Körper von Hiob: Eine widerliche Krankheit, die seine
Gesellschaft unerwünscht machte. Auf solche Situation reagierte seine Frau, und
sagte ihm: „Bleibst du noch an deiner Vollständigkeit hängen? Segne Gott und
stirb!“6. Dennoch trotz des Schmerzes des Verlustes vertraute Hiob weiterhin Gott

6
Aus meiner Übersetzung genommen.
4
und betete Ihn an: „wie eine gottlose sprichst (und) redest du auch. Das Gute nehme
ich von Gott an und das Böse nehme ich nicht an?“7
3.3 Sprachanalyse von Hiob 2.9-10
Von zentraler Bedeutung sind in beiden Versen drei Begriffen zu beachten:
(Frömmigkeit), 샐൞ (segnen) und ൞൞ (gottlos, törisch).
a)
stammt aus dem Verb . Mit der Grundbedeutung „zu einem
Abschluss gelangen bzw. Bringen” ist es in mehreren semitischen Sprachen zu
finden. So wird oft als „vollendet sein“, „fest werden, fertig machen“ oder
„vollständig, vollkommen sein“ übersetzt. Als Substantiv hat eine positive
Eigenschaft der Rechtschaffenheit. Und kann als „Treue“, „Frömmigkeit“ oder
„Vollständigkeit“ übersetzt werden. Im Hebräischen wird die Idee der Integrität zu
einem großen Teil durch das Radikal und seine Derivate ausgedrückt. Es
kommt in verschiedenen Formen und mit verschiedenen Funktionen mehr als 200x
im AT vor und vermittelt die Bedeutung von etwas Vollständigem, einwandfreiem,
gerechtem, ehrlichem, perfektem, friedlichem usw. Das Substantiv wird
ausschließlich im Buch Hiob verwendet (mit Ausnahme von Spr.11.3) und
beschreibt den Charakter und die Qualität eines Lebens, das von den ethischen
Grundsätzen der Gerechtigkeit8 geleitet wird (Hi 2.3,9; 27.5)9.
Hier ist interessant zu beachten, dass die Frau Gottes Beschreibung von Hiob
(2.3) aufgreift, um Hiobs Eigenschaft auszudrücken (2.9a), während sie Satans
Anklage wiederholt (2.9b)10. Außerdem, steht direkt in Gegensatz zur ൞൞ im
Vers 10. Hier ist zu sehen, die Beschreibung von Hiob als ein frommer Mann und
seine Frau, als törisch.
b) 썐൞: Segnen oder Verfluchen?
Im Vers 9 gibt es einen besonderen Fall, wo das Verb 샐൞ mit seiner
gegensätzlichen Bedeutung übersetzt wird, d.h. Eine wörtliche Übersetzung wäre
dann „segnen“, aber in diesem Vers wird dieses Verb oft als „verfluchen“ übersetzt.

7
Aus meiner Übersetzung genommen.
8
Damit ist gemeint, ein Leben, dass mit Absicht und Tat, die mit dem Gemeinschaftsleben der
Menschen geltenden Normen in Einklang stehen, übereinstimmt.
9
Vgl. Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament Band VIII, S. 688-700
10
Vgl. Hiob 2.5/Mehr dazu siehe Seite 12, Hiobs Antwort auf seine Frau.
5
Wenn die normale Übersetzung von 샐൞ „segnen“ ist, warum ist denn als
„fluchen/verfluchen“ übersetzt? Diese Besonderheit ist auch in Hi 1. 5 und 1Kö
21.10-13 zu finden.

In Hi 1.5 begründet Hiob das Opfer, das er täglich macht:

 ⿏ ʕ൞슰  㷟rʙ ʕ ൞൞ ri r샐䁞൞ ड़൞൞ ʩi   ൞슰ड़  샐  bʕ

In diesem Zusammenhang macht es keinen Sinn 샐൞ als „segnen“ zu


übersetzen. Wie konnten die Kinder Hiobs Gott segnen und das eine Sünde sein? Im
1. Kö 21.10-13 finden wir die Geschichte von Nabots Weinberg11. Die Königin
Isebel beschuldigt einen unschuldigen Nabot, indem sie ihm angeklagt hat, Gott und
den König zu verfluchen. Hier wird auch der Verb 샐൞ verwendet und als fluchen
übersetzt. In der Torah steht, dass derjenige, der Gott oder den König verflucht,
gesteinigt werden muss12. Als die beiden falschen Zeugen sagten, dass sie hörten,
wie Nabot Gott und den König verfluchte, wurde er gesteinigt und sein Weinberg
ging nach Ahab. Nun, wenn in dem originalen Text 샐൞ und nicht 13
steht,
warum wird denn als „verfluchen“ übersetzt und wenn die Zeugen hörten, dass
Nabot Gott segnete, warum wurde er gesteinigt?
Laut des Gesenius und des Apparates der BHS wird 샐൞ an alle diesen
Stellen als Euphemismus bezeichnet und daher als „verfluchen“ oder
„lästern“ übersetzt. Möglicherweise handelt sich in diesen Abschnitt um eine
absichtliche Änderung der Redaktoren um Furcht vor Gott, da im Alten Testament
Gott nie positiv Objekt eines Verbums für „verfluchen“ ist14. Die LXX-Verfassung
löst dieses Problem, indem sie neutraler ist, d.h. Es wird weder entsprechendes Wort

11 Der König Ahab begehrte einen Weinberg, der sich neben seinem Palast in Jesreel befand, und
machte Nabot einen Vorschlag, indem er ihm einen Geldbetrag oder eine andere Immobilie als
Gegenleistung anbot. Nabot weigerte sich, der Weinberg zu verkaufen, weil sie von seinen Eltern
geerbt wurde und es gegen das Gesetz des Herrn verstoßen würde (3. Mose 25. 23-28). Aus Loyalität
gegenüber dem Herrn weigerte er sich, es so zu handeln. Ahab war empört und kehrte traurig in den
Palast zurück. Jesabel sah seine Erniedrigung und versprach, den Weinberg von Nabot ihm zu geben.
Jesabel sandte Briefe im Namen von Ahab und forderte Nabot auf, vor dem Volk zu erscheinen. Dies
war ein hinterlister Prozess, bei dem sie falsche Zeugen zusammenstellte, um Nabot zu beschuldigen.
Sie beschuldigte ihn, sich dem König zu widersetzen und Gott zu lästern.
12
Vgl. Levitikus 24.16: „Und wer den Namen des Herrn lästert, muss getötet werden, die ganze
Gemeinde muss ihn steinigen“
13
Der Verb wäre dann das hebräische Wort für „verfluchen“.
14
Vgl. das Verbot: Ex 22. 27; Lev 24.15; ferner Jes 8. 21; 1Sam 3.13
6
für 샐൞ verwendet noch für , stattdessen steht „ἀλλὰ εἰπόν τι ῥῆμα εἰς κύριον“.
Dabei ist interessant zu beobachten, dass die Vulgata die hebräische Fassung auch
übernimmt und dann das Verb „benedicere“ verwendet: „adhuc tu permanes in
simplicitate tua benedic Deo et morere“15.
In Anbetracht dessen ist zu bedenken, dass es keine Einstimmigkeit bei der
Übersetzung gibt. Es bleibt jetzt also die Frage, was ist mit der Rede der Frau Hiobs
zu verstehen? Wenn man sich entscheiden, „verfluchen“ für 샐൞ zu verwenden,
wird die Aussage von Hiobs Frau16 klar. Dennoch entscheidet man sich doch für
„segnen“ zu verwenden, klingt dann die Rede der Frau Ironisch, besonders wenn
man an die Bedeutung des „Segens“ denkt: „Inhalt des Segens ist (…) langes Leben,
Nachkommenschaft, Wohlstand, Erfolg, Kraft. (…) Demnach haben anscheinend die
Nordwestsemiten immer die Gottheit als eigentlichen Spender des Segens
verstanden“17. „Segen besteht – wie immer im AT – in zahlreicher
Nachkommenschaft (…), Landsbesitzt (…), Viehreichtum (…), Vermögen (…),
langen Leben (…) und bleibenden Andenken. (…) Grundsätzlich ist jedoch an der
Überzeugung festgehalten, daß der Gerechte Segen zu erwachten hat“18
Hier ist die Idee des Segens etwas Konkretes, das von einer Gottheit
gewünscht und gesucht werden kann. Und man kann im Grunde genommen das in
drei Aspekten zusammenfassen: Kraft/Macht, langes Leben und Fruchtbarkeit. Sie
sind keine abstrakten oder unerreichbaren Dinge, wie es heute inmitten der Christen
verstanden wird19. Diese Aspekte sind greifbar und messbar und werden im
Allgemeinen aus den Opfergaben gewonnen, und haben als Ziel den Zorn der
Gottheit zu besänftigen und folglich solche Gunst von ihnen zu erlangen.20 Wenn

15
„Immer noch bleibst du in seine Aufrichtigkeit! Segne Gott und stirb!“ (Meine Übersetzung)
16
Es ist Verbot Gott zu verfluchen (Lev 24.15f), daher als sie ihn aufgefordert hat, Gott zu verfluchen,
war es möglicherweise mit der Absicht, dass er stirbt.
17
Vgl. Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament Band 1 S. 813f.
18
Ebd. S. 371f
19
Hier beziehe ich mich auf was ich oft in den Predigen von pfingsten und den neopfingsten Kirche
höre, insbesondere in Brasilien: Segen wird hier als etwas sehr Abstraktes und Allgemeines
verstanden. Es kann von Glücksstimmen und göttlicher Schütz bis Versprechung von materieller
Güter und Gesundheit bedeuten.
20
Hiob 1.1-5: 1 Im Lande Uz lebte ein Mann, der hiess Hiob. Und dieser Mann war schuldlos und
aufrecht, er fürchtete Gott und mied das Böse. 2 Und es wurden ihm sieben Söhne und drei Töchter
geboren, 3 und er besass siebentausend Schafe und dreitausend Kamele, fünfhundert Joch Rinder und
fünfhundert Eselinnen und viel Gesinde. So war dieser Mann grösser als alle anderen, die im Osten
wohnten. 4 Seine Söhne aber pflegten Gastmähler zu halten, ein jeder in seinem Haus an seinem Tag.
7
man diese Bedeutung zum Text überträgt, kann man die Rede der Frau nur ironisch
verstehen, da ihre Situation genau den Gegensatz des Segens entspricht: Sie hat
zuerst ihr Vermögen verloren, dann ihre Kinder und als letztes ist ihrer Mann krank
geworden.
c) ൞൞
Die Hauptbedeutungen von ൞൞ bezieht sich: auf sexuelles
Vergehen/Unrecht (Gen 34.7; 2Sam 13.12), auf Unordnung und Ungehorsam, die
durch das Brechen einer Tradition begangen werden oder auf Menschen, die als
gottlosen bezeichnet werden und sich gegen Gott angewendet haben. Dh.
Grundlegend bedeutet ൞൞ das Brechen der Beziehung zu Gott oder zu einer sozialen
Ordnung21. So wird die Frau Hiobs als 슰r൞ʕ bezeichnet, „weil sie Hiob zur
Gotteslästerung herausgefordert hatte, statt im Elend an seiner Untadeligkeit vor
Gott festzuhalten (…) Der Terminus meint hier (…) die Verletzung der religiösen
Dimension: `ehrfurchtslos, frevelhaft`, ja gottlos“22
Nachdem wir diese Analyse durchgeführt haben, besteht noch die Frage, wie
können wir Hiobs Frau besser verstehen, damit wir über die negative Darstellung
ihrer Figur hinausgehen? Dafür konzentrieren wir uns genauer auf Hiobs Frau.
4. Hiobs Frau
Beim Lesen von dem Buch Hiobs ist zu merken, dass Hiobs Frau als eine
Nebenfigur dargestellt wird, die oft vernachlässigt wird. Sie wird zwei Mal direkt
erwähnt in Hi 19. 17 und 31.10 und einmal indirekt in Hi 42.1323. Zur Sprache
kommt sie nur einmal vor und zwar in Hi 2.9 im Zusammenhang mit der zweiten
Erprobung Hiobs, dann nicht mehr. Ihre Rede ist die Kürzeste aller sprechenden
Teile des Buches auf die Hiob mit einer scharfen Zurechtweisung antwortet und
damit entlässt er seine Frau.

Und sie sandten zu ihren drei Schwestern und luden sie ein, mit ihnen zu essen und zu
trinken. 5 Wenn dann die Tage des Gastmahls vorüber waren, sandte Hiob zu ihnen und liess sie
weihen, und früh am Morgen brachte er für jedes Kind ein Brandopfer dar. Denn Hiob dachte:
Vielleicht haben meine Kinder gesündigt und Gott gelästert in ihrem Herzen. Das tat Hiob jedes Mal.
21
Vgl. Theologiesches Handwörterbuch zum Alten Testament S. 27-31
22
Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament Band V S.178
23
In der hebräischen Verfassung wird nicht erzählt, dass Hiob, nachdem alles, was er erlitten hatte,
mit einer anderen Frau geheireitet hatte. Daher kann man davon ausgehen, dass die Kinder, die er im
Hi 42.13 gehabt hatte, von der gleichen „gottlosen“ Frau war.
8
Einerseits haben die frühchristlichen Exegeten Hiobs Frau als eine negative
Gestalt, eine Verführerin, eine Satans Vertreterin, sowie Eva gesehen. Dabei ist Hiob
als zweiter Adam gesehen worden, aber anders als den ersten Adam, erlag Hiob nicht
der Versuchung.24 Anderseits haben anderen Überlieferungen Hiobs Frau als Opfers
des Leides ihres Mannes dargestellt, indem ihre Worte zwar immer noch negativ
interpretiert werden, aber als das Produkt ihres Schmerzes verstanden: ihre Worte
werden positiv als mitfühlende Äußerung einer herzzerreißenden Mutter interpretiert,
die aber immer noch eine liebevolle und treue Frau ist, die aufrichtig wünscht, was
für Hiob am besten ist.25
4.1 Hiobs Frau in den Alten Testament und in der Septuaginta
4.1.1 Die Rede der Frau: Hi 2.9
슰 ri 䁞샐 ri ʎʠ 슰ड़ʖˢ 슰r 샐 ʖ슰
MT26 Und seine Frau sagte (zu) ihm: Bleibst du noch an deiner
Vollständigkeit hängen? (9aMT) Segne Gott und stirb! (9bMT)
9. Χρόνου δὲ πολλοῦ προβεβηκότος εἶπεν αὐτῷ ἡ γυνὴ αὐτοῦ
Μέχρι τίνος καρτερήσεις λέγων
Nachdem aber viel Zeit vorübergegangen war, sagte seine Frau zu ihm:
wie lange wirst du standhaft sein und sagen:
9a᾿Ιδοὺ ἀναμένω χρόνον ἔτι μικρὸν
προσδεχόμενος τὴν ἐλπίδα τῆς σωτηρίας μου;
Siehe, ich warte noch kleine Zeit ab und erwarte die Hoffnung auf
meine Rettung?
9bἰδοὺ γὰρ ἠφάνισταί σου τὸ μνημόσυνον ἀπὸ τῆς γῆς,
υἱοὶ καὶ θυγατέρες, ἐμῆς κοιλίας ὠδῖνες καὶ πόνοι,
οὓς εἰς τὸ κενὸν ἐκοπίασα μετὰ μόχθων.
Denn siehe, ausgelöscht ist dein Andenken von der Erde,
(die) Söhne und Töchter, Geburtsschmerzen und Beswernisse meines
LXX27
Schoßes, mit denen ich mich umsonst abgemüht habe mit Qualen
9cσύ τε αὐτὸς ἐν σαπρίᾳ σκωλήκων κάθησαι διανυκτερεύων αἴθριος·
Und du selbst sitzt im Moder des Gewürms und verbringst die Nacht im
Freien.
9dκἀγὼ πλανῆτις καὶ λάτρις
τόπον ἐκ τόπου περιερχομένη καὶ οἰκίαν ἐξ οἰκίας

24
Vgl. Seow. S. 292
25
Ebd. S. 297ff
26
Damit die Versen bei der Analyse nicht verwechselt werden, werde ich MT für masoretische
Texten aus der BHS schreiben, um zu unterscheiden, von welche Überlieferung gesprochen wird.
27
Die Übersetzung ist aus der Septuaginta Deutsch genommen worden.
9
προσδεχομένη τὸν ἥλιον πότε δύσεται,
ἵνα ἀναπαύσωμαι τῶν μόχθων καὶ τῶν ὀδυνῶν, αἵ με νῦν συνέχουσιν.
Und ich irre umher, und zwar als Tagelöhnerin,
von Ort zu Ort und von Haus zu Haus,
(und) warte darauf, wann die Sonne untergehen wird,
damit ich ausruhe von den Qualen und Beschwerden,
die mich jetzt umfangen.
9eἀλλὰ εἰπόν τι ῥῆμα εἰς κύριον καὶ τελεύτα.
Also: Sage irgendein Wort zum Herrn und stirb!

Im Vergleich zum masoretischen Text (MT) liefert die Septuaginta (LXX)


eine längere Version der Rede der Frau. Der Vers 9 der griechische Variante des
Hiobsbuch wird in sechs Teile gegliedert: der erste (9) und letzte (9e) Teil
entsprechen jeweils der hebräischen Fassung der Rede, während die anderen vier
Vers über die Klage der Frau als Folge von Hiobs Leiden berichten. Sowohl in der
MT als auch in der LXX ist seine Frau wohl eine Nebenfigur im gesamten Drama
und bekommt keinen Namen. Trotzdem hat ihre Rede eine sehr wichtige Funktion in
der gesamten Narrativer: sie bildet eine strukturelle Steigerung der Narrative.
Ihre einleitenden Worte des MT wurden traditionell als nicht markierte
Fragestellung interpretiert, das heißt als eine Frage, die nur durch den Ton angezeigt
wird. Außerdem kann man ihre Rede zweideutig verstehen: einerseits wiederholt der
erste Teil ihre Rede (9aMT) die Gottes Wörter in den Himmelsszene (Hiob 1.9; 2.3).
Hier hört Hiob aus dem Mund seiner Frau die göttliche Bestätigung seiner Integrität.
Anderseits drückt ihre Rede Satans Wörter (Hiob 1. 10f; 2.5): die Gotteslästerung
aus. Auf diese Weise artikuliert sie auf einmal den im göttlichen Rat geäußerten
Zweifel von dem menschlichen Charakter28.
In der Tat argumentierten frühere christliche Tradition, dass Satan sie
absichtlich von den Katastrophen verschont hatte, die ihre Familie getroffen hatten,
um sie gegen ihren Ehemann einzusetzen. Diese negative Darstellung der Frau wird
überwiegend von alten Exegeten vertreten. Nach Ambrose hat Satan nur die Zunge
Hiobs verschont, damit er Gott verfluchen konnte und seine Frau nicht getötet, damit
sie ihn verführt, Gott zu lästern. Folglich bezeichnet Augustin sie als „Diaboli
adiutrix“ (Teufels Helfer). Für ihn hat Gott Satan die Zustimmung gegeben, die Frau

28
Vgl. Seow , S. 296f
10
leben zu lassen, weil er wusste, dass Hiob sowie Adam durch die Frau in Versuchung
kommen würden. So wird sie mit Eva verglichen, als sie Adam in der
Paradieserzählung versucht hat. Hiobs Frau wird hier als die „neue Eva“ bezeichnet
und so genau wie Eva Adam im Paradies von der verbotenen Frucht essen gelassen
hat und damit den Sünde zur Menschheit gebracht hat, so hat Hiobs Frau ihn
versucht, Gott zu leugnen, um ihm daher sterben zu lassen. Dieser Szene wird auch
mit der Versuchung Jesu vergleichen, indem so wie die Frau Hiob versucht hat, hat
Satan Jesus in der Wüste versucht. Also, sie und Satan werden mit einander
identifiziert.29
In den Vers 9d der LXX Fassung ist es folgendes Aussagen der Frau zu lesen:
„(und) warte darauf, wann die Sonne untergehen wird, damit ich ausruhe von den
Qualen und Beschwerden, die mich jetzt umfangen”, daraus kann man zwei
Schlussfolgerungen ziehen: entweder ist das eine wörtliche Erwähnung auf das Ende
des Tages und damit strebt sie nur nach einer kurzen Erleichterung ihres Alltags und
ihrer Trauer, oder ist diese Aussage eine bildliche Bezugnahme auf das Sterben.
Wenn diese so verstanden wird, als ob die Frau eine Art von Auslösung erwachtet
hat, könnte ihre nächste Aussage in Vers 9e „Also: Sage irgendein Wort zum Herrn
und stirb!“ als Ausdruck ihres Mitgefühls für ihn verstanden werden. Außerdem
drückt der Satz „Nachdem aber viel Zeit vorübergegangen war“ aus, dass die Rede
der Frau nichts als ein Impuls war.
Dieser verlängerte Vers der LXX bringt uns ein kleines Licht über die Lage
der Frau Hiobs: in der Tat ist es möglich ihre Perspektive über das Geschehen zu
kennen, während bei dem MT der Fokus auf Hiob steht. Er war nicht der Einzige, der
alles verloren hat, seine Frau auch hat ihre Kinder und Vermögen verloren. Es ist
auch möglich, eine sympathischere Sichtweise der Frau in ihrem Aussagen der LXX
wahrzunehmen: „ἀλλὰ εἰπόν τι ῥῆμα εἰς κύριον καὶ τελεύτα“. Nach Seow hat diese
Äußerung eine mehrdeutige Aussage, die auf die Bedeutung der Präposition εἰς
begründet wird: „The expression here is usually translated as “speak…against“,
although the preposition is eis, not kata. The expression legein eis in Attic Greek is
always “to speak unto“, not “speak against” (cf. LSJ, 491, s.v. 1.3). The situation in
Koine Greek is different, however. It may, indeed, suggest hostile intent, as in Lk

29
Vgl. Seow: Job´s wife, with due respect, S.351-353
11
12:10 and 22:65, but in other cases, as Acts 2:25 and Eph 5:32, there is clearly no
suggestion of hostility “30
Auch wenn man damit ihre Rede eher positiver sehen kann, indem man die
Motivation ihrer Aufforderung zur Gotteslästerung und zum Sterben als Liebe zu
ihrem Ehemann und als Ausdruck ihres Leidens versteht, wird die vorwiegende
negative Darstellung der Frau in der LXX im Vergleich zu MT im Wesentliche das
gleiche.
Anders als die MT und LXX Überlieferungen kann man eine ausführliche
und günstiger Darstellung der Frau in der pseudepigraphischen Verfassung der Hiobs
Geschichte von dem Testament Hiob finden.31
4.1.2 Hiobs Antwort auf seine Frau
ड़ ri 䁞䁞 䁞  ൞ ൞슰  ⿏  ⿏ 샐ड़䁞 ʎʖ 슰r൞ʕ i 샐o䁞 ʎʕ 䁞 샐  슰
슰 㷟 ൞슰  ʩi⿏ ⿏ 䁞  ൞  ʠ샐 ⿏ 슰
Er aber sagte (zu) ihr: wie eine gottlose sprichst (und) redest du auch. (10a) Das
Gute nehme ich von Gott an und das Böse nehme ich nicht an? Bei alle diese
Dinge sündigt Hiob nicht, mit seinen Lippen. (10b)

Im Alten Testament werden als „gottlose und Toren“ Menschen bezeichnet,


„die mit ihrem Reden und Handeln mit der Wirklichkeit Gottes nicht rechnen wollen
(…) Solchen Menschen aber stellt sich Hiobs Weib gleich, wenn sie an Hiob die
versucherische Zumutung heranträgt, sich von Gott loszusagen“32
Hiobs Reaktion (10a) war eher gegen ihre Missachtung von theologischer,
ethischer und sozialer Normen. Als er die Aufforderung seiner Frau abgelehnt hat,
hat er damit bekräftigt, was theologisch normativ ist, nämlich die absolute
Souveränität Gottes, der der Schöpfer von allem ist, was es gibt - sowohl das Gute
als auch das Schlechte. Dabei versichert er nochmals seine frühere Erkenntnis, dass
„der Herr gegeben hat, und der Herr genommen hat“33.
Nach Seow unterscheidet sich nun Hiobs Wörter etwas anders „Das Gute
nehme ich von Gott an und das Böse nehme ich nicht an?“, im Gegensatz zu
30
Seow: Job´s wife, with due respect, S.356
31
Mehr dazu siehe Punkte 4.2: Hiobs Frau in dem Testament Hiob, Seite 13
32
Horst, Friedrich: Hiob, S. 29
33
Seow S. 297
12
vorheriger Erkenntnis, wird hier kein Wort des Segens gesprochen. Dazu kann man
das Fehlen eines ausdrücklichen Fragezeichens im Originaltext eher als eine
rhetorische Methode verstehen, als einen Schlussatzt. So könnte mit der
Hinzufügung „mit seinen Lippen“ ein möglicher Zweifel von Hiob selbst
ausgedrückt werden, da man kann nicht genau wissen kann, den Unterschied von
was Hiob gesagt hat und was an seinem Herz wirklich liegt. Also „Job does not bless
God, as he did before, but neither does he curse God directly, as the Adversary had
predicted in the divine council and as Job´s wife had urged him to do“.34
4.2 Hiobs Frau in dem Testament Hiob (TestHiob)
Das TestHiob ist eine zugeschriebene pseudepigraphische Text aus dem
jüdischen Hellenismus, die um die Zeitenwende in der Diaspora verfasst wurde. Es
war vor allem durch griechische Zeugen belegt und es ist durch die christliche
Tradition überliefert worden. Eine genauere Datierung ist nicht möglich35.
Anders als die LXX und die masoretische Fassung des Hiobbuches beschreibt
das TestHiob die Hiobgeschichte mit viel mehr Einzelheiten. Besonders in Bezug auf
seine Frau, die nicht nur einen Namen bekommt, als auch aktiver in der Erzählung ist.
Außerdem hat hier Hiob nicht nur eine Frau, sondern zwei: die erste heißt Sitios
(oder Sitidos) und die zweite heißt Dina36.
4.2.1 Hiob und die Frauen im TestHiob
Der Protagonist der Erzählung wird zuerst mit dem Namen Iobab37
angegeben und erst dann später wird er Hiob genannt. Nach den griechischen Zeugen
war Hiob ursprünglich ein paganer König zur Zeit der biblischen Patriarchen und
stammte von Esau ab. Daher galt dieser Hiob als Nichtisraelit. Ihm wird durch ein
Angelophanie erzählt, was passieren könnte, wenn er den in seiner Umgebung
stehenden heidnischen Tempel zerstört: der Verlust „von Familie, Wohl und Besitz
und ewiges Leben in Aussicht gestellt, wenn er trotz aller Widrigkeiten in Geduld
ausharren würde“38. Daher nimmt er sein Schicksal freudig an.

34
Seow S. 297f
35
Oberhänsli-Widmer, Gabrielle: Hiob in jüdischer Antike und Moderne S. 59f
36
Mehr über den Namen der Hiobs Frau siehe Seite 16
37
Nach Gen 36.33 war Iobab der zweite König von Edom, daher bekommt er eine Einstellung in der
Nachkommenschaft von Esau und folglich in der von Abraham. (mehr dazu siehe: van der Horst,
Pieter W.: Images of women in the Testament Job, in: Studies on the Testament of Job)
38
Schenke, Gesa: Das Testament des Iob, S. 14
13
Wie schon erwähnt in der alttestamentlichen Überlieferung des Hiobbuches
bekommen die Frauen keine wichtige Rolle. Sie werden mit allgemeinen Begriffen
bezeichnet wie Tochter und Frau (Hiob 1.2; 2.9) und erst im Hiob 42. 12-15 werden
Frauen bei dem Namen genannt, die drei Töchter, die nach seiner Wiederherstellung
geboren sind: Jemima, Kezia und Keren-Happuch. Im Gegensatz dazu werden die
Frauen in der TestIob aktiver dargestellt und sie bekommen wichtigere Rollen in der
Erzählung. Neben den drei Töchtern, die hier anders benannt sind (Hemera, Kasia
und Amaltheias Horn), der Pförtnerin und Dina (die zweite Frau Hiobs) ist die erste
Frau Hiobs, Sitidos, besonders aufgebaut und spielt eine zentrale Rolle in der Hiobs
Leidenszeit, somit steht sie in absolutem Kontrast zur alttestamentlichen
Geschichte.39
4.2.2 Die Geschichte von Sitidos
Der Kern ihres Handels ist in den Kapitel 21-27 und 39f von TestIob zu lesen.
Sitidos unterstützt ihren Mann bis zur völligen Selbstaufgabe. So wird ihr
Niedergang noch dramatischer und detaillierter in der Erzählung von TestIob als in
der LXX dargestellt. Ihre Geschichte ist in vier Szenen aufgebaut: Sitidos als Sklavin
(TestHiob 21f); Sitidos und Satan (TestHiob 23); ihre Klage (TestHiob 24f) und
letztlich ihre Tot (TestHiob 39f).40
a. Sitidos als Sklavin
Während der unvermittelten Leidenszeit Hiobs, nachdem sie ihr Vermögen
verloren hat, beginnt sie als Dienstmagd zu arbeiten. Also wird sie damit positiv
dargestellt: als treue Frau, die bereit ist, sich zu demütigen und eine Rolle zu
übernehmen, die weit unter der Position liegt, an die sie gewöhnt war. Sie arbeitet
dann als Sklavin für einen reichen Mann, um ihren Mann Brot zu besorgen. Dennoch
ist dieses nicht genug, dann geht sie zum Markt, damit sie, um Brot bettelt, um es
Hiob zu geben.41
b. Sitidos und Satan
In diese Szene tritt der Satan als Händler ein. Als Sitidos im Markt war, um
um Brot zu betteln, erscheint der Satan, der nicht als solcher von Sitidos erkannt
wurde, sondern sie glaubt er sei ein Markthändler. Da kommt der Höhepunkt ihrer
39
Vgl. Horst, Pieter Willem van der: Images of women in the Testament od Job, S. 94
40
Ebd. S. 97
41
Oberhänsli-Widmer, Gabrielle: Hiob in jüdischer Antike und Moderne, S. 79
14
Erniedrigung, indem sie ihr Haar für etwas Brot tauscht. So wurde sie dazu versucht,
etwas zu tun, das als moralisch entehrend galt: „Letting down one´s hair was a signo
for sexual immorality. The hearer thus recognises the extent of the shame which this
brings both on herself and her husband, while realizing that she has not committed
sexual wrongdoing, such as might easily have happened had she strategized to earn
for bread by prostituition“42 Schließlich kehrte sie zu Hiob zurück.
c. Sitidos Klage
Sitidos wird unbewusst von Satan beeinflusst und manipuliert, der
buchstäblich hinter ihr steht. In der Tat fängt sie damit im TestIob 24 an, in einen
langen Monolog über ihr Elend zu klagen, die bis Kapitel 25 geht, wo sie im Vers 10
ihre Aufforderung, Gott zu lästern, äußert. Dabei entsprechen TestIob 24,1-4 sowie
25,10 wörtlich dem LXX. Jedoch was sie nicht merkt, ist das, dass Satan hinter ihr
war und sie beeinflusst hat. So endet ihre Klage wie die biblische Fassung: „Sage
irgendein Wort zum Herrn und stirb“ mit angeschlossener Hinzufügung: „Und ich
für meine Person werde auch frei sein von der Ermüdung wegen der Mühe um
deinen Leib“43. Dadurch wird es gezeigt, dass Sitidos keine bösen Absichten hatte.
Darauf antwortet Hiob im Kapitel 26 mit einer Mahnung, dass sie geduldig sein soll.
Schließlich warnt er seine Frau, dass der Satan hinter ihr stand und sie während ihrer
Klage beeinflusste hatte. „So Job´s wife is a victim rather than an agent in this first
long passage devoted to her.“44
d. Sitidos Tod
In den Kapitel 39-40 taucht Hiobs Frau wieder auf. Und ihr Leiden geht noch
weiter: ihre Kinder sterben beim Einsturz des Hauses, daher ging sie zu dem König,
wirft sich vor ihn nieder und bittet ihn, dass seine Soldaten die Ruinen des Hauses
entfernen zu lassen, das auf ihren Kindern zusammengebrochen war, damit sie ihre
Kinder begraben könnte. An diesem Punkt greift Hiob ein und sagt, dass eine solche
Aktion umsonst wäre, da sie seine Kinder nicht finden würden, weil sie vom
Schöpfer in den Himmel aufgenommen worden sind. Auf diese Weise bleibt ihr nur
der Glaube an die Auferstehung, demzufolge sieht sie ihre Kinder bekränzt vor der
Herrlichkeit des Himmels. Nachdem dies alles passiert ist, geht sie zum Stall der
42
Loader, William: The Pseudepigrapha on Sexuality, S.120
43
Witte, Markus: Hiobs viele Gesichter : S. 155
44
Horst, Pieter Willem van der: Images of women in the Testament od Job, 98
15
Kühe, die ihre Herren Hiob gestohlen haben, legt sie sich in eine der Krippen und
stirbt fröhlich. Ihr Tod wurde sehr dramatisch dargestellt: die Bevölkerung,
insbesondere die Armen eine Wehklage über sie gesungen haben. Sogar die Tiere
weinten über sie mit.45
W. van der Horst macht einen interessanten Punkt an die Darstellung der
Hiobs Frau an die TestIob: sie wurde benutzt, um Hiobs Übermacht zu zeigen. Da
trotz ihrer guten Absichten gehört sie zu den Unwissenden und Dummen, den der
Satan leicht in den Griff bekommen kann, denn „in spite of her good intentions, she
does not have awereness of and insight into the invisible backgraund oft he things
that happen. She has no spiritual intelligence and in spite of her virtues, she errs
respeatedly“46 Eine solche Frauen Darstellung war gewöhnlich in den jüdischen
Schriften der hellenistischen und römischen Zeit. So wird Hiobs Frau als dem Mann
unterlegen dargestellt, ohne geistige Einsicht. Damit wird in TestIob der
geschlechtsspezifische Unterschied zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit
gezeigt.47
5. Der Name von Hiobs Frau
Wenn man im Wörterbuch die Bedeutung des Begriffes „Name“ nachschlägt,
steht dort, dass es um eine kennzeichnende Benennung eines Einzelwesens oder
Ortes geht48. Dennoch für die damalige altorientalische Gesellschaft ist der Name
einer Person, eines Ortes oder einer Gottheit nie bedeutungslos und haben immer
einen symbolischen Anteil. Der Name machte die Stellung der Person offenbar und
die Vernichtung des Namens und damit der Erinnerung eine Gottheit, ein Volk oder
eine Stadt bedeutete endgültige Vernichtung49. Der gegebene Name ist also relativ
zum Kontext und der Funktion, in der er ist, und das gilt ebenfalls so bei der
namenlosen Figur der Bibel.
In dem TestIob heißt Hiobs Frau Sitidos und dieser Name kommt nur in
diesem Text vor. Etymologisch und symbolisch ist dieser Name eine Bezeichnung
aus dem Griechischen ὁ σῖτος, τὸ σιτίον, ῆ σιτία für Brot, und „Brot“ ist ein zentrales

45
Mehr siehe Horst, Pieter Willem van der: Images of women in the Testament od Job, S 99ff
46
Ebd. S. 99
47
Ebd. S 99-101
48
https://www.duden.de/suchen/dudenonline/namen Zugriff am 22.05.19
49
Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel, S.416ff
16
Thema in der Sitidos-Sondergut.50 Der Name „Sitidos“ ist möglicherweise das
Genitivform von Sitis (eine andere Form ihr Name zu lesen) und eine lectio
difficilior. Alle andere belegte Form, ihr Name zu lesen, stammt aus diesen beiden
Formen. Eine andere Deutung für „Sitis“ kommt aus dem Gedanken, dass dieser
Name aus dem Namen der Stadt stammt, aus der Hiob kommt, Austis.51
In der Targumim zu Hiob ist in der hebräischen Fassung von Hiob 2,9-10 der
Zusatz „Dinah“ zu finden. Hier handelt sich um die Jakobs Tochter Hiobs (aus Gen
34). Allerdings anders als bei der TestIob, wo Dinah die zweite Frau ist, diese Dinah
ist die erste Frau, die sowie Sitidos in der TestIob und die namenlose Frau aus dem
alttestamentlichen Hiobbuch den Fluch spricht und auf diese Weise Schande über ihr
Vaterhaus bringt. So wird sie selbst nicht nur in der negativen Darstellung des
hebräischen Textes belassen, sondern auch tendenziell überzeichnet 52
.
In dem alttestamentlichen Hiobbuch sowie auch in der LXX bekommt die
Frau Hiobs keinen Namen. Damit wird ihre Rolle in der ganzen Darstellung gezeigt:
der allgemeine Begriff („Frau“) wird hier ein Symbol von ihrer „Sünde“.
6. Das Leiden
Es ist sehr schwer die Theologie des Hiobsbuch auf ein Thema zu begrenzen.
Dennoch lässt sich die Geschichte von Hiob über zwei Hauptthemen der Menschheit
aus: die Frage nach dem rechten Verhalten des Menschen im Leid und die Frage
nach Ursache und Zweck des Leids. Dieses Problem, das in der Theologie als
Theodizee bekannt ist, kann durch die folgende Frage beschrieben werden: "Warum
leiden die Gerechten?" Das Buch Hiob stellt das Leiden als Rätsel dar und versucht
es zu entschlüsseln. Hiob behandelt das Leiden nicht als Beobachter, sondern als
Opfer. Er bricht mit der Angst, das Dogma der Vergeltung, das lange Zeit als einzige
Erklärung für menschliches Leiden auferlegt wurde, offen in Frage zu stellen. Da
Hiob sein Leiden nicht auf eine Sünde zurückführen konnte, kritisiert er die
Theologie der Vergeltung, die durch Hiobs Freunde vertreten wurden, dass das
Leiden das Ergebnis menschlicher Sünde ist, das heißt, Gottes Strafe für die
schlechte Haltung des Menschen. Damit kann die Gerechtigkeit letztlich zu
heilvollem Leben führen. Dabei wurde es versucht, nicht nur eine, sondern mehrere
50
Vgl. Oberhänsli-Widmer, Gabrielle: Hiob in jüdischer Antike und Moderne S. 79 (Fußnoten)
51
Horst, Pieter Willem van der: Images of women in the Testament od Job S. 97
52
Vgl. Oberhänsli-Widmer, Gabrielle: Hiob in jüdischer Antike und Moderne S. 100f
17
Antworten zu geben, auf die Frage nach dem Leiden von Schuldlosen. So ist es in
den Reden der Freuden außer die Vergeltungslehre drei andere Antwort auf die Frage
nach dem Leiden des Gerechten gegeben: Leid wird als eine Form von göttlicher
Erziehung und Zurechtweisung gesehen (hier wird das Leid mit dem harten Zucht
eines liebevollen Vaters vergleichen); Leid gehört zur Natur des Menschen und
letztlich wird das Leid als eine Art von Prüfung des Frommen beschrieben. Diese
Letzte wird in der Rahmenerzählung vertreten. Es zeigt sich also, dass die
Diskussion über Hiob und seine Freunde zwar auf das Problem der entgeltlichen
Gerechtigkeit beschränkt ist, jedoch keine Lösung für das Problem gefunden wird.
Die Debatte zwischen ihnen analysiert alle möglichen Lösungen, findet jedoch
keinen Ausgang. Die Auseinandersetzung endet unentschieden. Und wenn Gott
eingreift, ist es, um Hiobs Blick auf die Natur zu wenden, die als Schöpfung Gottes
vorgestellt wird. Diese Schöpfung „enthält Chaotisches, ist aber kein vollständiges,
sondern ein vom Schöpfer ständig neu gebändigtes Chaos“53 Schließlich werden
Hiobs Frage und Klage nicht beantworten, sondern gestillt und er ist äußerlich
wiederherstellt.
7. Eine feministische Rezeption

„Frauen sind in der Bibel nicht selten Randgestalten, unwichtig, ohnmächtig,


anonym. Nicht nur in die Geschichten sind von Männern
erzählt, sondern auch ihre Überlieferung und Auslegung
ist durch einen männlichen Blick bestimmt“
Karin Walter54
Eine feministische Perspektive des Hiobsbuch in Bezug auf seine Frau lässt
sich im Rahmen dieser Arbeit gut anpassen. Heutzutage spielen Frauen eine ganz
andere Rolle wie damals, daher ist es wichtig eine Perspektive darzustellen, die die
Gleichstellung des Geschlechtes unterstützen und die gleichzeitig versuchen, die
Ideen zu überprüfen, die die Frauen ausgegrenzt oder vermindert haben. So wird
durch einen feministischen Aspekt versucht, neue theoretische und methodische
Ansätze für die neuen Fragen und Themen zu suchen, die sich aus der Lebenswelt
und der religiösen Erfahrung von Frauen ergeben.

53
Zenger, S. 430
54
Walter, Karin (Hrsg.): Zwischen Ohnmacht und Befreiung S. 10
18
Wie schon erwähnt wurde, wird Hiobs Frau als Kontrastfigur für den
moralisch überlegenen Hiob dargestellt. Sie wird auch bevormundet, indem sie
sympathischer beschrieben wurde. Damit wird ihre Rede „entschuldbar“ und darum
wird es nicht notwendig sie ernst zu nehmen. Dennoch was übersehen wird, ist die
Tatsache, dass seine Frau diejenige ist, die erkennt, sogar vor Hiob selbst, worum es
theologisch bei unschuldigem Leiden geht: um den Konflikt zwischen Unschuld und
Integrität einerseits und um die Zugehörigkeit zum Guten von Gott auf der anderen
Seite. Diese Erkenntnis ist daher so wichtig, dass von Hiob durch das ganze Buch
thematisiert wird: die Frage seiner Frau sind seine eigenen geworden und in einer
ironischen Umkehrung rief Hiobs Worte nun eine Abwehrreaktion seiner Freunden
hervor, so wie er auf die Worte seiner Frau reagiert hatte.55
Allerdings was bedeutend für eine feministische Lesart von dem Hiobbuch ist
die Feststellung der Autoritätsquellen, auf die die Freunde ihre zuversichtliche
Gewissheit stützen: das allgemeine Wissen, das jeder weiß. Diese Quellen sind
mächtig und sollten nicht unterschätzt werden. Seine Argumente sind raffiniert und
vielfältig. Hiob weißt, dass der Menschenverstand seiner Freunde und ihre
Traditionen nicht mit seiner eigenen Erfahrung vereinbar ist. Was zwischen Hiob
und seinen Freunden auf dem Spiel steht, sollte Frauen bekannt vorkommen. Der
Sinn für das, was in einer Gesellschaft normativ ist - seine höchsten Werte, sein Ideal
der menschlichen Natur, seine Nation oder Gott - wurde größtenteils auf der
Grundlage männlicher Erfahrung konstruiert56: „Women who have found their
experience is inconsistent with or not adequately described by these norms have
often tented to discount their own experience. Where women´s lives do not fit the
patterns of male experience, women are frequently judged to be defective or inferior.
It has been one of the tasks of feminist thought to encourage women to hold fast to
the integrity of their own experience.”57 Schließlich ist es wichtig zu betonen, dass
sowohl Hiob als auch seine Freunde waren nicht interessiert an einer Debatte über
die Erfahrungen, die die Menschen als Frauen oder Männer gemacht haben, sondern
an dem Grund von dem Leiden des Gerechten. Wichtig für das feministische Denken

55
Vgl. Newsom, Carol A.:The Women's Bible Commentary S. 140
56
Vgl. Ebd. S. 141
57
Ebd.
19
ist jedoch, dass in diesem Buch die Frage nach unterschiedlichen Autoritätsquellen
explizit angesprochen wird.58
Eine andere feministische Kritik an dem Buch Hiobs bietet Deninger-Polzer,
indem sie die Rolle des Satans in der jüdischen Religion zur Zeit der Endredaktion
des Hiobsbuch betont. Nach dem Babylonischen Exil war nicht der Satan der
Gottesgegner, wie heutzutage, bezeichnet, sondern als ein Mitglied des himmlischen
Hofstaates bei der Ratsversammlung Gottes im Himmel gesehen.59 So stellt sich die
Frage: wenn zur Zeit der Abfassung von dem Hiob Buch Satan nicht als
Gottesgegner gesehen wurde, woher kommt dann die Idee, dass seine Frau eine
Verführerin wie Satan ist? Stammt dieses Denken nicht vielmehr aus der Theologie
der Kirchenväter, die Hiobs Frau mit Eva vergleicht? Viele Männer und noch auch
Frauen sind von ihrer religiösen Sozialisation und ihrer kirchlichen Tradition mit
patriarchalischem Denken eingeprägt und diese Art und Weise des Denkens wird
auch auf das Verständnis der Bibel übertragen. Daher ist es wichtig Frauen bewusst
zu machen und aus ihren eigenen Augen solches Denken zu entfernen, damit sie die
Bibel und Traditionen neu sehen können.60
8. Fazit
Wie am Anfang dieser Arbeit schon erwähnt wurde, beginnt die Hiob
Geschichte mit einer Wette zwischen Gott und Satan über die Frömmigkeit und
Treue Hiobs, der als Folge sein Vermögen, seine Kinder und seine Gesundheit
verloren hat. Inmitten alle diese Ereignisse steht seine Frau, die nicht aus Nichts in
der Erzählung eintritt. Auch wenn die biblische Narrative uns nicht viele Details über
sie gibt, können wir daraus ableiten, dass wenn Hiob unter seinem Unglück gelitten
hat, hat sie auch das alles mit ihm miterlebt. Im Gegensatz zu Hiobs Freunden litt sie
gemeinsam unter dem gleichen Unglück, das auch ihren Ehemann getroffen hat. Sie
hat auch ihre Kinder, ihr Zuhause, ihren Besitz und ihre Würde verloren.
Am Anfang dieser Arbeit wurden Sie eingeladen, eine Reise zu machen, die
uns über den schlechten Ruf von Hiobs Frau hinausbringen sollte, um sie den Vorteil

58
Vgl. Newsom, Carol A.: The Women's Bible Commentary S. 141
59
Hier vergleicht die Autorin den himmlischen Hofstaat mit dem persischen Hofstaat. Satan erscheint
hier zusammen mit den anderen Gottessöhnen vor Gott. Mehr siehe: Deninger-Polzer: Hiobs Frau:
Leidtragende, nicht Randfigur, S. 115f
60
Vgl. Deninger-Polzer: Hiobs Frau: Leidtragende, nicht Randfigur, S. 120f
20
des Zweifels zu geben. Nun ist diese Reise zum Ende gekommen und noch besteht
die Frage was haben wir über sie gelernt?
Hiobs Frau wird in den masoretischen Text des Hiobsbuch innerhalb
einzelner Passagen erwähnt, in denen die Motive Anfechtung und Integrität des
leidenden Gerechten sowie die Frage nach Leben und Tod besonders betont werden.
Um diese Frau besser kennen zu können, hat uns in der MT die Antwort auf drei
Fragen gefehlt: 1. Wie heißt sie? 2. Welche war ihre Reaktion auf dem Tod ihrer
Kinder und auf der Krankheit ihres Mannes? 3. Was ist mit ihr nach Hiobs
Wiederherstellung passiert?
In der LXX hält die Frau zwar eine längere Rede als die MT, die uns eine
Ausblick auf ihre Reaktion, aber das ist noch nicht genug, um ein Profil von Hiobs
Frau zu machen. Um sie besser zu verstehen, haben wir nun das Testament Hiobs
angeschaut.
Im TestIob haben wir erfahren, dass sie nicht mehr nur die Frau Hiobs war,
sondern dass sie Sitidos war, eine Königin, die Wegen der Unglück ihres Mannes zur
Sklavin geworden ist. Allein wenn alle dieses Ereignisse nicht genug waren, hat sie
sich um Hiob gekümmert bis zu dem Punkt, dass sie kaum für sich ausreichende
Nahrung mit Hiob geteilt hat und ihre Haar für Nahrung getauscht hat. Zuletzt
wurde sie von Gott am Ende getröstet.61
Schließlich möchte ich betonen, dass m.E. sie repräsentiert die bekümmerte
Schrei, die wir jedes Mal haben, wenn wir unter Ungerechtigkeit leiden. Sie ist die
Sprecherin, die uns zeigt, dass Dinge nicht immer Sinn haben, dass guten Menschen
Ungerechtigkeiten widerfahren und dass wir nicht immer eine Antwort dafür finden
können. Sie ist das Zeugnis, dass wir alle irgendwann auch gegen Gott rebellieren.
Dennoch trotz alle Verurteilung, die sie später erfährt, ist Gott, der unsere
Herz und Motivationen kennt. Er ist der, der die Gerechtigkeit schafft und statt sie zu
verurteilen, nimmt Er diese Frau, die den Mut hatte, ihren Schmerz frei auszudrucken
und tröste sie.

61
Witte, Markus: Hiobs viele Gesichter, S.158
21
9. Literaturverzeichnis
A. Originale Quelle:

- Biblia sacra iuxta Vulgatam versionem, adiuvantibus B. Fischer et alii, recensuit et


brevi apparatu instruxit R. Weber, Editio quarta emendata quam paravit R. Gryson et
alii, 4. Aufl. Stuttgart 1994.

- Elliger, K.; Rudolph, W. (Hg.); Biblica Hebraica Stuttgartensia BHS. Stuttgart 5


1997. Rahlfs, A. (Hg.); LXX Septuaginta. Stuttgart 9 1971.

- Septuaginta, id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes edidit A.


Rahlfs, editio altera, Hg. R. Hanhart, Stuttgart 2006

B. Hilfsmittel:

- Brockhaus, SCM R.: Elberfelder Bibel - Altes und Neues Testament : überarbeitete
Version (Textstand 30). 1. Aufl.. Witten: SCM R.Brockhaus, 2013.

- Gesenius, Wilhelm; Meyer, R.D. ; Donner, Herbert ; Renz, Johannes: Hebräisches


und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament: Supplementband. 18.
Aufl. 2012. Berlin, Heidelberg: Springer, 2012.

- Hau, Rita: PONS Wörterbuch für Schule und Studium Latein-Deutsch. 6. Aufl..
Stuttgart: Pons, 2012.

- Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung,


Hgg. W. Kraus / M. Karrer, Stuttgart 2009 (2. Aufl. 2010)

C. Sekundärliteratur

- Botterweck, Johannes G. und Ringgren, Helmer (Hrsg.): Theologisches


Wörterbuch zum Alten Testament: ൞ - . Bd. I, Stuttgart: W. Kohlhammer
Verlag, 1973
- Botterweck, Johannes G. und Ringgren, Helmer (Hrsg.): Theologisches
Wörterbuch zum Alten Testament. Bd. V, Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag, 1973
- Botterweck, Johannes G. und Ringgren, Helmer (Hrsg.): Theologisches
Wörterbuch zum Alten Testament: ʎ샐 - ൞ ʠ. Bd. VIII, Stuttgart: W. Kohlhammer
Verlag, 1973

22
- Crüsemann, Frank; Hungar, Kristian; Janssen, Claudia; Kessler, Rainer;
Schottroff, Luise: Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh:
Gütersloher Verlag-Haus, 2009.
- Deninger-Polzer: Hiobs Frau: Leidtragende, nicht Randfigur, in: Walter, Karin
(Hrsg.): Zwischen Ohnmacht und Befreiung: Biblische Frauengestalten. Freiburg:
Herder Verlag, 1988. S 109-121
- Frevel, Christian; Frevel, Christian; Hentschel, Georg; Zenger, Erich; Marböck,
Johannes; Steins, Georg; Braulik, Georg; Meyer, Ivo; Niehr, Herbert; Hossfeld,
Frank-Lothar; Backhaus, Franz-Josef; Fabry, Heinz-Josef; Schroer, Silvia;
Schwienhorst-Schönberger, Ludger; Engel, Helmut; Jüngling, Hans-Winfried:
Einleitung in das Alte Testament. 9. Aufl.. Stuttgart: Kohlhammer Verlag, 2016.

- Horst, Friedrich: Hiob. 1. Aufl.. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag,


1968.
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Knibb, Michael Anthony ; Horst, Pieter Willem van der: Studies on the Testament of
Job. Cambridge: Cambridge University Press, 1987. S. 93-116
- Jenni, Ersnt ; Westermann, Claus: Theologisches Handwörterbuch zum Alten
Testament. 3. Aufl.. München: Chr. Kaiser, 1978
- Kraus, Wolfgang ; Karrer, Martin ; Munste, Institute for NT Textual Research:
Septuaginta Deutsch : Das Grieschische Alte Testament in Deutscher Ubersetzung.
Translation. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, .2012
- Loader, William: The Pseudepigrapha on Sexuality. London: Wm. B.
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- Newsom, Carol A.; Ringe, Sharon H.: The Women's Bible Commentary:
Revised and Expanded Edition. Revised and expanded ed. : SPCK, 2014.
- Oberhänsli-Widmer, Gabrielle: Hiob in jüdischer Antike und Moderne : Die
Wirkungsgeschichte Hiobs in der jüdischen Literatur. EBook. Göttingen:
Vandenhoeck & Ruprecht, 2016.
- Schenke, Gesa: Der koptische Kölner Papyruskodex 3221. 1. Das Testament
des Iob. Braunschweig: Schöningh, 2009.
- Seow, C.L. (Henry Snyder Gehman Professor of Old Testament Language and
Literature Princeton Theological Seminary): Job 21 - 1: Interpretation and
Commentary. London: Wm. B. Eerdmans Publishing, .2013
- Seow, C.L: Job´s wife with due respect, in: Krüger, Thomas; Oeming, Manfred;
Schmid, Konrad; Uehlinger, Christoph: Das Buch Hiob und seine Interpretationen:

23
Beiträge zum Hiob-Symposium auf dem Monte Verità vom 14.-19. August 2005. 1.
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- Witte, Markus: Hiobs viele Gesichter : Studien zur Komposition, Tradition und
frühen Rezeption des Hiobbuches. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2018.
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August 2005. 1. Aufl.. Zürlich: Theologischer Verlag Zürich, 2007. S. 33-54.

D. Internetquelle

- https://www.duden.de/suchen/dudenonline/namen Zugriff am 22.05.19

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