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Für die Befreiung von staatlicher und kapitalistischer Herrschaft!

Diskussionsblätter für sozialistische und nationalrevolutionäre Politik


Herausgeber: Nationalrevolutionäres Forum (NRF). „Die Schwarze Front“ erscheint je nach Bedarf - also sporadisch - und dient
nur zur alleinigen Unterrichtung der Mitglieder-, Freundes- und Leserkreise. Die Beiträge sind als Meinungsaustausch gedacht,
wobei die Autoren für deren Inhalt selbst verantwortlich sind. Kontakt: NRF-Schwarze-Front@gmx.de Folge 13

Nationaler Syndikalismus und Rätenationalismus


Versuch einer Skizze
Einleitung lismus oder bei Teilen der NS-Linken (ich nen-
ne hier z.B. den Namen Max Frauendorfer)
Ziel dieses Beitrages ist es, einige Vorstellun- ideologisch verwandte Konzeptionen gab. Ge-
gen aus dem Bereich der sozialistischen Arbei- wisse Parallelen finden sich zudem im „Stän-
terbewegung zu einem für den nationalen destaat“, der allerdings dem Klassenkampfge-
Volksrätestaat auf sozialistischer Grundlage in danken diametral entgegengesetzt war. Den-
Frage kommenden Modell zusammenzufassen. noch zeichneten sich auch diese Modelle durch
Auf eine Darstellung der Historie von Syndika- Föderalismus und Dezentralismus aus, d.h.
lismus und Rätekommunismus wird aus Platz- durch die Verlagerung staatlicher Funktionen
gründen verzichtet. Ebenfalls nicht beabsich- wie Sozialversicherung, Wirtschaftspolitik, Bil-
tigt ist eine hochgelehrte theoretisierende Ab- dungswesen, Arbeitsbeziehungen bis hin zur
handlung. Derartige Dinge überlässt der Ver- politischen Vertretung und Entscheidungsfin-
fasser gerne anderen. dung auf die „Korporationen“. Ebenso brachte
die preußische Kommunalverfassung erhebli-
Aufgrund ihres relativ stark anarcho- che Funktionsübertragungen an „Basiseinhei-
syndikalistischen Ideen verhafteten Ansatzes ten“ mit sich, trug also antizentralistische Zü-
mag diese Ausarbeitung auf manchen Leser ge.
verstörend wirken. Genau das ist beabsichtigt,
denn es geht darum, einen wirklich neuen Der politische Kampf
Denkanstoß zu liefern und die Dinge einmal
von einer anderen Warte aus zu betrachten. Der politische Kampf wird nicht von Parteibü-
Das bedeutet allerdings nicht, dass der Verfas- rokratien, Parlamenten und Gewerkschaften
ser sich das Gedankengut des Anarcho- bestimmt, sondern durch die Menschen selbst.
Syndikalismus unhinterfragt zu eigen macht. Alle politische Rechte und Freiheiten, welche
Klargestellt sei auch, dass weder der „Fahnen- die Menschen heute genießen, verdanken sie
träger“, noch die GSRN beabsichtigen, sich in nicht dem guten Willen ihrer Regierungen,
den diffusen Bereich des „Nationalanarchis- sondern ihrer eigenen Stärke. Platz ist hierbei
mus“ zu begeben. sowohl für den individuellen Aufstand als auch
für die kollektive Revolte, die nicht zuletzt
Diejenigen, die sich vor den Kopf gestoßen durch den „Waldgänger“, den Typus des politi-
fühlen, seien daran erinnert, dass es im Früh- schen Partisanen, vorbereitet wird. Freiheit ist
faschismus, im spanischen Nationalsyndika- indessen nichts, was gewährt werden kann -
Freiheit wird genommen und gelebt. Erich salsorientierung wird abgelehnt, ebenso ein
Mühsam schrieb einmal: „Es gibt keine Freiheit historischer Determinismus wie bei Hegel und
der Gesellschaft, wenn die Menschen in Un- Marx. Daher verwerfen wir den Historischen
freiheit leben. Es gibt keine Freiheit der Men- Materialismus als Geschichtsauffassung, eben-
schen, wenn die Gesellschaft unfrei, zentrali- so bedeutsame Momente der Entwicklung sind
stisch, staatlich, machtmäßig organisiert ist. „Glaube“, Metaphysik und der „Wille zur
Die Freiheit der Anarchie ist die freie Verbün- Macht“. Die Revolution kommt nicht gesetz-
dung freier Menschen zu einer freien Gesell- mäßig, sie wird von Individuen und Bewegun-
schaft. Frei ist der Mensch, welcher freiwillig gen gemacht. Es gibt keine absolute Wahrheit,
handelt, der alles, was er tut, aus der eigenen die Dinge sind ständig im Fluss.
Einsicht der Notwendigkeit oder Wünschbar-
keit seiner Tat verrichtet.“ Jeder Einzelne Aus diesen Gründen lehnen wir auch die par-
muss aus voller Überzeugung „dabei sein“, lamentarischen Begriffe Links, Rechts und Mit-
damit alles in freier Übereinstimmung der te ab. Verortungen anhand bürgerlicher Red-
Handelnden selbst abläuft: Eine Vision von der nerperspektiven interessieren uns nicht. De-
Kreativität des Volkes und der revolutionären mokraten, Links- wie Rechtsextremisten ha-
Kraft von unten. Eine Bewegung von unten ben viel mehr gemeinsam als sie trennt. In
ohne Interessenvermittler, Führer und Büro- ihren Hauptrichtungen sind sie zentralistisch-
kraten, die nicht auf Hierarchie, Autorität und hierarchisch, etatistisch, bürokratisch, autori-
starren ideologischen Dogmen beruht. tär und den freien Willen erdrosselnd. Unter-
scheidungen finden sich nur in Nuancierungen,
Ernst Jünger schrieb im „Abenteuerlichen Her- sowie darin, ob die Wirtschaft privatkapitali-
zen“ 1929: „Demgegenüber stellt sich der An- stisch oder staatskapitalistisch gelenkt wird.
archist klar aus der Ordnung heraus; er greift Das Rechts-Links-Kategorienschema dient nur
sie nicht als eine in sie eingebettete, infizierte dem Zweck, die reale Klassenkampfsituation
Zelle an, sondern er sucht das Verhältnis eines zu verschleiern. Aus diesem Grunde ist darauf
selbständigen, kämpfenden Organismus auf. zu achten, dass falsche politische Selbst-
(...) So kommt es, dass der Kommunist war- Zuordnungen von uns unterlassen werden.
ten muss, bis die Gesellschaft reif ist, ihm als Begrifflichkeiten und politische Kategorien
Beute anheim zu fallen, und dass er wiederum müssen von uns selbst gesetzt werden.
nur in Gesellschaft, nur en masse, diese Beute
verwerten kann. Anders ausgedrückt: der Unser Weg ist somit zunächst der Weg revolu-
Kommunismus ist zum entscheidenden Kampf tionärer Vorbereitung. Die Vorbereitung der
gegen die Gesellschaft ganz unfähig, weil die- Revolution geschieht auf dreifache Weise: 1.
se zu seinen Anschauungsformen gehört. Er Durch eine Agitation, welche die Verhältnisse
ist kein Aufstand gegen die Ordnung, sondern in der BRD und in der Welt, beide gleicherma-
ihr letzter und langweiligster Triumph. (...) ßen im Würgegriff des Kapitalismus befindlich,
Jeder Einzelne, sofern er nur in sich selbst die aufzeigt; 2. Selbsterziehung und Selbstschu-
Gesellschaft entschieden vernichtet hat, kann lung, durchgeführt anhand der Wahrnehmung
sofort dazu übergehen, diese Vernichtung und Analyse der herrschenden Zustände und
auch am äußeren Bestande der Gesellschaft zu schließlich 3. durch den politischen Kampf,
vollstrecken. (...) Aus diesem Grunde ist denn den Einsatz der Persönlichkeit im Rahmen der
auch die Lösung des Anarchisten Karl Moor so jeweils vorhandenen Möglichkeiten. Es gibt
durchaus menschlicher, die des Sozialisten hierbei keine zentrale Leitung, sondern aus-
Karl Marx aber nur humanitärer Natur, wie schlaggebender Faktor ist das selbstverant-
denn überhaupt der Sturm und Drang eine wortliche Pflichtbewusstsein. Also spontane
äußerst erfreuliche Epoche ist, weil hier der und individuelle Aktion der Basis statt Kanali-
Deutsche einer seiner selteneren Eigenschaf- sierung durch irgendwelche Funktionseliten.
ten an die Oberfläche bringt und zeigt, dass Der politische Kampf dient sowohl der Errei-
ihm die Ordnung auch einmal langweilig wer- chung kurz- wie langfristiger Ziele, sein
den kann.“ Hauptzweck ist die Unterminierung und letzt-
lich Überwindung aller Faktoren, welche die
Der Mensch ist kein willenloses Organ des kapitalistische Ordnung stützen.
Produktionsprozesses, es wirkt lähmend, die
ökonomische Entwicklung zur Grundlage des Kapitalismus und Sozialismus
Denkens und Handelns zu machen. Der Kapi-
talismus muss nicht zwangsläufig in den So- Rudolf Rocker ist nur zuzustimmen, wenn er
zialismus übergehen, sondern der Sozialismus schrieb: „Die heutige Gesellschaftsordnung,
ist vom bewussten Willen und der revolutionä- die auch die kapitalistische genannt wird,
ren Tatkraft der Massen abhängig, also nicht gründet sich auf die wirtschaftliche, politische
etwa von Staatsdekreten. Eine blinde Schick- und soziale Versklavung des werktätigen Vol-
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kes und findet einerseits im sogenann- gerichtet am tatsächlichen gesellschaftlichen
ten Eigentumsrecht, d.h. im Monopol des Be- Bedarf), sondern er verwirklicht die Forderung
sitzes, andererseits im Staat, d.h. im Monopol nach Gleichberechtigung. Darunter ist die Be-
der Macht ihren wesentlichen Ausdruck.“ Die freiung von entmündigenden politischen, wirt-
Produktion beruht in solchen Verhältnissen auf schaftlichen und gesellschaftlichen Abhängig-
den Profitinteressen der Unternehmer und keiten zu verstehen.
nicht auf den Bedürfnissen der Menschen.
Weiter Rocker: „Ist die Beraubung des Produ- Die Freie Vereinbarung
zenten der mehr oder weniger verschleierte
Zweck der kapitalistischen Produktion, so ist
der Betrug an den Konsumenten der eigentli- Der Sozialismus kann nicht von oben her
che Zweck des kapitalistischen Handelns. Da- durch politische Zwangseinrichtungen künst-
durch wird der Einzelne zur Marionette, die lich aufgezwungen werden, sondern er muss
von oben her gelenkt und geleitet wird, ein sich organisch von den Instinkten und Interes-
totes Rad in einem ungeheuren Mechanismus. sen der Basis her entwickeln, also anhand der
Die Interessen der Allgemeinheit müssen den Freien Vereinbarung freier Individuen und Kol-
Privilegien einer Minderheit das Feld räumen, lektive. Kritikern sei gesagt, dass die Effektivi-
die persönliche Initiative dem Befehl von oben, tät der Freien Vereinbarung schon von Kropot-
die Verschiedenartigkeit der Uniformität, die kin dargelegt wurde, und zwar am Beispiel des
innere Verantwortlichkeit einer toten Disziplin, europäischen Eisenbahnbaues, der in (abge-
die Erziehung der Persönlichkeit einer geistlo- sehen von Russland) eben nicht zentralisiert
sen Dressur - und das alles zu dem Zwecke, erfolgte, sondern durch die freie Vereinbarung
loyale Untertanen heranzubilden, die an dem der (kapitalistischen) Akteure. Wenn kapitali-
Fundament des Bestehenden nicht zu rütteln stische Akteure ein derartiges Werk vollbrin-
wagen, willige Ausbeutungsobjekte für den gen können, dann wird dies auch den Basis-
kapitalistischen Arbeitsmarkt. So wird der kollektiven möglich sein. Weitere diesbezügli-
Staat zum mächtigsten Hemmnis jedes Fort- che Beispiele sind die alte Regelung der mit-
schritts und jeder kulturellen Entwicklung, teleuropäischen Schifffahrt durch Gilden
zum festen Bollwerk der besitzenden Klassen (Schiffersyndikate), das Internationale Rote
gegen die Befreiungsbestrebungen des arbei- Kreuz, der Weltpostverein. Hierzu ein Zitat
tenden Volkes. An diesem Charakter des bür- von Johann Most: „Wenn sich nun aber sol-
gerlichen Staates ändern auch Sozialpolitik ches schon in der heutigen Gesellschaft zeigt,
und Tarifpartnerschaft nichts.“ Augustin Sou- in einer Welt voll Egoisten, um wie viel leichter
chy hat das so ausgedrückt: "Die Mehrheits- muss sich das Organisationswesen zu allen
herrschaft ist dann illusorisch, wenn sie nur im erdenklichen menschlichen Zwecken auf Grund
politischen Bereich gilt, während weiterhin freier Vereinbarungen in einer Gesellschaft
eine ökonomische Minorität herrscht, die im regeln, wie wir sie anstreben, in einer Gesell-
Besitz der Produktionsmittel und der National- schaft, die auf Gütergemeinschaft basiert ist,
reichtümer ist." und bei welcher mithin alle jene erbärmlichen
Eigenschaften in Wegfall kommen, die mit der
Institution des Privateigentums aufs engste
Sozialismus ist wirtschaftlich gesehen die klas-
senlose Gesellschaft, in welcher der Grund und verknüpft sind. In einer Gesellschaft von Frei-
en und Gleichen kann es nichts weiter geben
Boden sowie alle Produktionsmittel der priva-
als den freien Vertrag; denn ein zwangsweises
ten Verfügung entzogen sind. Weder Grund-
rente noch Unternehmerprofit, auch nicht der Zusammenwirken verstieße ja geradezu gegen
Zwang zur Lohnarbeit sollen die Werktätigen die Grundbegriffe von Freiheit und Gleichheit.
(...) Die Gegenwart kennt nur Menschen mit
um den erwirtschafteten Mehrwert, den Ertrag
Interessenverschiedenheiten, die Zukunft hin-
ihrer eigenen Hände Arbeit, betrügen können.
Staatliche und private Ausbeutung werden gegen, welcher wir zusteuern, kennt nur Men-
schen mit gleichmäßigen Interessen. Wo sol-
durch die gemeinsame Bewirtschaftung des
che obwalten, hört die Solidarität auf, eine
Gemeineigentums ersetzt. Diese erfolgt nicht
soziale Tugend zu sein, sie versteht sich gera-
mehr durch eine parasitäre Minderheit, son-
dern durch die Volksgesamtheit selbst. Der dezu von selbst. Welch ein Grund läge da noch
vor, die menschheitlichen Zwecke durch ein
Mensch bestimmt das Wirtschaftsleben, nicht
System der Unter- und Überordnung, also der
das Kapital. Eigentums- und Nutzungsfunktion
sind also nicht mehr voneinander getrennt. Unfreiheit auf der einen und der Überhebung
und des Vorrechts auf der anderen Seite, er-
Darüber hinaus ist der Sozialismus ein sittli-
zwingen zu wollen, statt alle diese Dinge der
cher Zustand: Er bedeutet nicht nur die ver-
freien Vereinbarung, wie sie die Notwendig-
nünftige Regelung von Arbeit, Verteilung und
Verbrauch und stellt so die Deckung aller na- keit, die Nützlichkeit und das Gemeinwohl,
welches in einem solchen Zustande gleichzei-
türlichen materiellen Bedürfnisse sicher (aus-

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tig auch das Wohl jedes Einzelnen bedeutet, mehr Erwerbstätigen und Arbeitslosen wird
provozieren müssen, zu überlassen?“ überwunden.

Die Freie Vereinbarung tritt also an die Stelle Die Organisation einer sozialistischen Wirt-
der kapitalistisch-staatlichen Zwangsorganisa- schaftsordnung kann nicht durch Regierungs-
tion. Sie sorgt für weitgehende soziale Herr- beschlüsse und Dekrete geregelt werden, son-
schaftslosigkeit, wirtschaftlich verwirklicht dern nur durch den Zusammenschluss aller
durch die Einführung von Genossenschaften Produzierenden in jedem Wirtschaftszweig. Die
und zwangslosen Assoziationen, durch die Ab- Produzenten selbst übernehmen die Verwal-
schaffung der Monopole und des ausbeuteri- tung jedes einzelnen Betriebes selbst und zwar
schen Systems der Lohnarbeit. Gerade die in der Form, dass die einzelnen Gruppen, Be-
freie Vereinigung sieht sich massivem Wider- triebe und Produktionszweige selbständige
spruch von Rechts wie Links ausgesetzt; die Glieder des allgemeinen Wirtschaftsorganis-
Kritiker können sich jedoch ins Stammbuch mus sind, die auf Grund gegenseitiger und
schreiben lassen, dass sie sich „auf den freier Vereinbarungen die Gesamtproduktion
Standpunkt sozialer Gewalttäterei“ (Most) und die allgemeine Verteilung planmäßig im
stellen und von einem freiheitlichen System Interesse der Allgemeinheit gestalten. Zukünf-
denkbar weit entfernt sind. „Sie können höch- tig tritt an die Stelle des vom Staat gewaltsam
stens behaupten, das ihr Zwangs- und Zucht- aufrechterhaltenen Monopols und Kapitalismus
system auf allen gleichmäßig laste und mithin eine föderativ geregelte Bedarfswirtschaft, die
von keinem besonders empfindlich verspürt jedem Individuum die wirtschaftliche Siche-
werden dürfte; allein das ist eine sinnlose rung seiner Existenz gewährleistet. Die Be-
Phraseologie, denn ein allgemeiner und auf triebsorganisation, das Syndikat, ist der Zu-
Gegenseitigkeit beruhender Zwang hebt sich sammenschluss der Produzierenden zu ge-
auf und ist mithin null und nichtig.“ Eine ge- meinschaftlichem Nutzen als ökonomische
ordnete Gesellschaft besteht durch den ver- Basis der neuen Gesellschaft. Die Planung er-
bundenen Willen der Menschen zur Erfüllung folgt hierbei nicht durch eine abgehobene Zen-
einheitlich erkannter, gemeinsamer Aufgaben, tralbürokratie á la Gosplan, sondern auf glei-
setzt also Gleichheit, Gegenseitigkeitsver- cher Augenhöhe durch die Ausschüsse der
pflichtung und soziales Verantwortungsbe- Produzierenden. Die neue Gesellschafts- und
wusstsein jedes einzelnen voraus. Ordnung Wirtschaftsordnung beruht also auf Genossen-
kann nur wachsen aus der Selbstbestimmung schaften, auf Betriebsorganisationen und auf
derer, die Ordnung halten sollen. Diese Ord- deren branchenmäßigen Fachgruppen, die
nung aus Selbstbestimmung ist gleichbedeu- auch die Distribution der Endprodukte über-
tend mit gesellschaftlicher Freiheit. nehmen. So werden Gesamtproduktion und
Versorgung vernetzt.
Syndikalismus als Organisationsform
Sämtliche Gruppen und Syndikate einer Ort-
schaft bilden zusammen eine Lokalföderation.
Die Organisation der Produktionsweise prägt Diese Lokalföderation vereinigt sich mit allen
den Charakter eines Staates und einer Gesell- übrigen Lokalföderationen zur Regionalfödera-
schaft entscheidend. Zur wirklichen Überwin-
tion. Vollversammlungen und deren Delegierte
dung des Kapitalismus ist die Aneignung der
sind die Mittel zur Entscheidungsfindung und
Produktionsmittel durch die Produzierenden Beschlussfassung. Oberste Entscheidungsgre-
vonnöten, die dann an Stelle eines bürgerli-
mien sind die jeweiligen Betriebsvollversamm-
chen Parlaments und Parteiensystems die poli-
lungen,. Diese wiederum entsenden Delegierte
tische Organisation des Gemeinwesens bilden.
zu den Koordinierungsgremien. Landesweit
Die syndikalistische Organisation beruht auf sind die Betriebsorganisationen einer Branche
den Prinzipien von Selbstbestimmung, Selbst-
föderativ miteinander verbunden. Mit ver-
organisation und Solidarität. Grundlage sind
wandten Berufen schließen sie sich zu allge-
ihrer selbst bewusste Individuen, die sich von meinen Industrieverbänden zusammen. Die
ihren alten Abhängigkeitsverhältnissen eman-
Industrieverbände ihrerseits haben die Aufga-
zipiert haben. Unter Produzierenden verstehen
be, durch die lokalen Organe und mit Hilfe der
wir nicht nur die Lohnabhängigen, sondern
Betriebsräte sämtliche vorhandenen Produkti-
auch andere gesellschaftliche Gruppen wie onsmittel, Rohstoffe usw. unter ihre Verwal-
Arbeitslose, Hausfrauen, Rentner, Schüler und
tung zu nehmen und die einzelnen Produkti-
Studenten, die direkt oder indirekt ebenfalls
onsgruppen und Betriebe mit allem Notwendi-
am gesamtgesellschaftlichen Produktionspro- gen zu versorgen. Mit einem Worte: Organisa-
zess beteiligt sind. Die durch die alte Gewerk- tion der Betriebe und Werkstätten durch die
schaftsorganisation bewirkte Spaltung zwi-
Betriebsräte und Organisation der allgemeinen
schen aktiv Erwerbstätigen, nicht oder nicht
Produktion durch die industriellen und land-
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wirtschaftlichen Verbände. Damit die Vertei- politische Gemeinschaft mit einem neuen,
lung der Produktion funktioniert und damit volksnäheren und elastischerem System. Poli-
sich die Kommunen besser versorgen können, tischer Föderalismus ist untrennbar mit öko-
kann man zusätzliche Organisationen errichten nomischer Demokratie und Sozialismus ver-
wie einen Rat der Konföderation für Produktion bunden.
und Verteilung, der aus direkten Vertretern
der Nationalen Produzentenföderationen und Erich Mühsams diesbezüglichen Ausführungen
des jährlichen Kongresses der Kommunen be- ist zuzustimmen. Räte als die Träger der so-
steht. zialistischen Gemeinschaft sind die Beauftrag-
ten aller Menschen, durch die sich die Ge-
Rätesystem samtheit mit jeder einzelnen Person in den
gesellschaftlichen Lebensprozess einschaltet.
Grundlage der Verwaltung ist die Kommune, Das Rätesystem schafft bei unverfälschter An-
die ebenfalls regional und national Föderatio- wendung keinerlei Beamtenschaft, keinerlei
nen bildet, um Ziele von allgemeiner Bedeu- Sonderanspruch Einzelner und keinerlei um-
tung verwirklichen zu können. Allerdings muss fassende Machtvollkommenheit. Ein den Räten
eine neue ökonomische Gesellschaftsform von von der Gesamtheit erteilter Auftrag ändert in
einer neuen politischen Form des sozialen Or- keiner Weise das gleichwertige Verhältnis zwi-
ganismus begleitet werden. Die politische schen Auftraggebern und Beauftragten. In die
Struktur basiert auf direkter Demokratie, also Räteorganisation einbezogen ist jede einzelne
auf einem Rätesystem und nicht auf dem Par- Persönlichkeit, und die Entsendung dieses
lamentarismus mit seinen Parteimaschinerien oder jenes Beauftragten zur Wahrnehmung
und seinem bürokratisierten Zentralstaat. Es einer Aufgabe räumt dem Entsendeten kein
geht um die Förderung der Selbständigkeit Vorrecht vor denen ein, die ihn entsandt ha-
und des sozialen Zusammenwirkens. Daher ben und entbindet auch keinen der Auftragge-
verwerfen wir den geistlosen und entmündi- ber von der Verantwortung für die Tätigkeit
genden Zentralismus, der die Eigeninitiative des Beauftragten. Alle Aufträge bleiben an den
abwürgt. Eine Räteorganisation kann nur im Willen derer gebunden, die ihn erteilen; wer
Föderalismus fußen, in der organischen Zu- ihn erhält, ist nichts als ausführendes Organ.
sammenfassung selbständiger gesellschaftli- Er ist Willensvollstrecker einer bestimmten
cher Körperschaften auf Basis freier Vereinba- Gemeinschaft, der er selbst angehört, und
rungen. Föderalismus heißt nicht Zersplitte- zwar Willensvollstrecker für die bestimmte
rung, sondern planmäßiges und natürliches einmalige Aufgabe, die ihm übertragen ist.
Zusammenlaufen aktiver Bestrebungen. Jede Entsendung eines Beauftragten erfolgt
Grundeinheit ist das Individuum, sein verbin- unter dem Vorbehalt der Abberufung zu jedem
dendes Organ auf kommunaler oder betriebli- Zeitpunkt der Dienstleistung, jede Übernahme
cher Basis ist der Rat, der wiederum mit den eines Dienstes ist freiwillig und erfolgt unter
anderen Räten eng kooperiert. Nicht nur die dem Vorbehalt des Verzichts, falls sich der
Kommune betreffende Angelegenheiten wer- Beauftragte der Aufgabe nicht gewachsen fühlt
den auf der nächsthöheren Ebene behandelt. oder einen anderen für die Wahrnehmung des
gemeinsamen Wohles geeigneter hält.
Die Macht wird verteilt und kontrolliert, um
ihren Missbrauch auszuschließen. Wir wollen Räte sind die beschließenden und verwalten-
keine Technokratenherrschaft, sondern die den Organe der Gesamtheit, sie umfassen die
Schaffung regionaler, überregionaler und na- ganze Gesellschaft und halten ihr Gefüge zu-
tionaler Organe, durch die die industriell- sammen. Der Aufbau der Räteorganisation
ökonomischen Zusammenschlüsse eine natür- stellt also keinerlei Fragen der Wahlberechti-
liche Basis bekommen. Der Föderalismus be- gung oder der Wählbarkeit, der direkten und
inhaltet, dass die Macht des nationalen Staa- indirekten oder der Verhältniswahl. Die Räte
tes auf verschiedene Weise kontrolliert wird. müssen sich von den Betrieben und von den
Viele der unberechenbaren Funktionen, die Wohnbezirken aus zusammenfinden und die
jetzt in der Hand des Staates sind, werden Beratungen und Pflichtverteilungen vorneh-
aufgeteilt und dezentralisiert, so dass der men, die der Pflege des neuen Geistes und der
Staat ein machtausübendes Organ unter ande- Einführung der neuen Gesellschafts- und Wirt-
ren wird. Föderalismus bedeutet innenpolitisch schaftsformen dienlich sind. Beim Aufbau der
und sozial die Ersetzung der zentralistischen Rätegesellschaft ist darauf zu achten, dass der
Demokratie mit ihren atomisierten Wähler- föderalistische Charakter der sozialistischen
und Interessencliquen auf der einen und iso- Organisation beachtet wird. Ein Rätestaat, der
lierter Parlaments- und Regierungsapparatur eine zentrale Überstülpung der Räteorgane
auf der anderen Seite durch eine territoriale vornimmt, missbraucht die Räte zu ihrer eige-
und funktionell stärker gegliederte soziale und nen Entrechtung und Vernichtung.
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Die Räterepublik baut sich von unten nach usw. innerlich vorhanden sind. Dieser gemein-
oben auf. Ihr eigentlicher Drehpunkt sind die same Zug lebt und wirkt in jedem einzelnen
Ortsräte, die über den Betriebs- und Wohnbe- Gliede des Volksverbandes und bildet einen
zirksräten stehen. Sie können in Versammlun- wichtigen Teil seiner individuellen und kollekti-
gen die Tätigkeit der Betriebs- oder Ortsbe- ven Existenz. Er kann ebenso wenig künstlich
zirksräte zur Kenntnis nehmen, erörtern, be- gezüchtet als gewaltsam zerstört werden, es
mängeln, erweitern und zur Grundlage eigener sei denn, dass man alle Glieder eines Volkes
Beschlüsse machen. Sie können für Teilfragen ausrotte. Ein Volk kann einer Fremdherrschaft
Ausschüsse einsetzen, die von sich aus Einzel- unterworfen und in seiner natürlichen Entwick-
personen mit der Erledigung gebundener Auf- lung künstlich beeinträchtigt werden, nie aber
träge betrauen. Sie behandeln die anfallenden gelingt es, seine psychologischen und kulturel-
kommunalen Fragen wie Bildung, Verkehr, len Eigentümlichkeiten und Veranlagungen zu
Recht, kurz alles, was natürlicherweise von ersticken. Im Gegenteil, gerade unter frem-
den unmittelbar Beteiligten und Betroffenen dem Joche treten dieselben um so deutlicher
an Ort und Stelle erfüllt werden kann. Von der hervor und bilden vorzugsweise ein Schutzmit-
Gemeinde aus erstrecken sich die Räteverbin- tel für die Existenz des Volksganzen.“ Nach
dungen über die Nachbargebiete und letztlich Erich Mühsam ist eine Nation eine Völker-
über den Gesamtstaat. schaft, also eine räumlich verbundene, durch
gemeinsame Lebensbedingungen, Sprache
Die Tätigkeit der Räte ist nach Kommissariaten und Gewohnheiten zusammengehörige Men-
gliedert. Parallel ist eine Zusammenfassung schengemeinschaft. Die Begriffe Nation und
der „Spezialisten“ nach Berufen und Funktio- Volk decken sich ungefähr, sofern sie zur Un-
nen möglich: Lehrerräte, Technikerräte, Ärzte- terscheidung der verschiedenen in Ländern
räte usw. stehen den einzelnen Kommissaria- zusammengefassten Menschheitsteile ge-
ten zur Verfügung, um mit ihnen gemeinsam braucht werden. Nationalität bedeutet Zuge-
die Durchorganisation der Wirtschaft und Ver- hörigkeit zu einem Volk. In keinem dieser
waltung in die Hand zu nehmen. Die Kommis- Worte ist mehr enthalten als ein Bestim-
sariate für Verkehrswesen, Schulwesen, Ge- mungsmerkmal, keines drückt irgendeine Wer-
sundheitswesen usw. werden ihrerseits kon- tigkeit aus.
trolliert von den Orts-, Territorial- und Landes-
räten. Wir sehen den Nationalstaat als Antithese zur
Globalisierung und sehen uns daher als Räte-
nationalisten.
Nationaler Syndikalismus
Gedankenmodelle einer internationalen prole-
Wir sehen den Syndikalismus nicht als eine
tarischen Solidarität mögen zwar ihren Reiz für
politische Kampfform, sondern als die Organi- Schöngeister haben, sie wurden jedoch durch
sationsform der neuen Gesellschaft. Die tradi-
zwei Weltkriege mit Vehemenz widerlegt. Das
tionelle Gewerkschaftsorientierung des Syndi-
schließt für uns selbstredend nicht die Zu-
kalismus läuft stets Gefahr, im Revisionismus sammenarbeit mit anderen antikapitalistischen
zu verenden und unfreiwillig wieder neue Bü- und befreiungsnationalistischen Bewegungen
rokratenkasten zu erschaffen. Die in die bür-
oder Staaten aus. Sozialismus in einem Land,
gerliche Ordnung inkorporierten Gewerkschaf-
aber internationale Solidarität gegen Kapita-
ten und Betriebsräte sind mitverantwortlich für lismus, Kolonialismus und Imperialismus. Ab-
die Disziplinierung der Werktätigen. Ein rein
gelehnt wird die völlige Entstaatlichung, aller-
ökonomisch motivierter Kampf wird abgelehnt,
dings kommen dem Staat nur die Funktionen
er führt letztlich zur Spaltung der Massen in
zu, die von den Basiskollektiven nicht in Ei-
berufstätige Insider und arbeitslose Outsider genregie erledigt werden können. Der Staat ist
und zu neuen Verteilungskonflikten.
also kein Macht- und Herrschaftsinstrument,
sondern das ausführende Organ des Volkswil-
Der Syndikalismus ist nicht per sé antinatio- lens. Er ist kein Produkt des Privatmonopols
nal, in Spanien war er geradezu die Verkörpe- und der Klassenteilung, auch nicht ihre Vertei-
rung urspanischer Traditionen. Auch Rudolf digungsinstanz, sondern eine koordinierende
Rocker schrieb im „Nationalen Einheitsphan- Drehscheibe.
tom“ von 1919: „Ein Volk ist das natürliche
Ergebnis gesellschaftlicher Organisation, ein
Ein übersteigerter Dezentralismus wird von
Sich-Zusammen-Finden von Menschen, die uns abgelehnt. Es bedarf politischer wie staat-
durch die Verwandtschaftlichkeit der Abstam-
licher Zentral-, Schalt- und Koordinationsin-
mung, durch allgemeine Formen und Eigen-
stanzen. Der Feind ist nicht der Staat an sich,
tümlichkeiten ihrer Kultur und die Gemein-
sondern der bürgerlich-kapitalistische Staat.
schaftlichkeit der Sprache, Sitten, Traditionen Ein sozialistischer oder syndikalistischer Staat
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ist auch ein Schutzorgan für die neue Ordnung worden sind. Verworfen wird auch der Partiku-
gegen erneute kapitalistische oder sonstige larismus, da er die Interessen des Ganzen
Perversionen. Angesichts des hohen Stellen- willkürlich preisgibt und gesellschaftlicher Zer-
wertes der Begriffe Betriebsorganisation, Kol- setzung Vorschub leistet. Erst das solidarische
lektiv, Föderation und Rat weisen wir auch den Zusammenwirken garantiert die individuelle
Vorwurf des anarchistischen Individualismus Freiheit.
zurück. Das Recht auf Autonomie schließt
nicht die Pflicht aus, im Interesse der Allge- ALLE MACHT DEN RÄTEN!
meinheit liegende Beschlüsse zu erfüllen, die
nicht nur aus allgemeiner Wertschätzung ge- Roland Lorent
billigt, sondern aus tiefer Einsicht akzeptiert

„Nationalrevolutionäre - fahrt zur Hölle!“


Die „Militanten Syndikalisten“ melden sich zu Wort
Anarcho-Syndikalismus vs. National-Syndikalismus

Nicht ganz unerwartet meldete sich ein Kollek- Atomkraftwerkes ausgesprochen zu haben.
tiv „Militante Syndikalisten“ unter dem eindeu- Bodorajenkos Schicksal ist ein Beleg dafür,
tigen Schlagwort „Nationalrevolutionäre – dass politische Kurzsichtigkeit nicht nur auf
fahrt zur Hölle!“ zu Wort, damit eine seit ge- den deutschen Nationalismus beschränkt ist.
raumer Zeit zu beobachtende intensive Wahr- Uns ist allerdings nicht ganz klar, was dieser
nehmung des linken NR-Flügels durch wissen- sinnlose Mord mit uns zu tun hat.
schaftliche wie private Beobachter aus der
politischen Linken bestätigend. Ohnehin trieft diese zum Teil offensichtlich mit
heißer Nadel gestrickte Broschüre vor Dema-
Auslöser der anarcho-syndikalistischen Wort- gogie in ihrer bösartigsten Form. Man über-
ergreifung sind sich seit ca. dem Jahr 2004 häuft uns im besten denunziatorischen Antifa-
regende Tendenzen im nationalrevolutionären Stil mit unzutreffenden Adjektiven und ver-
Spektrum. Diese Tendenzen waren dergestalt, sucht krampfhaft, uns in eine neonationalso-
dass verschiedene, vom Zustand des „Natio- zialistische Ecke zu drängen, in die wir nicht
nalen Widerstandes“ frustrierte Personen und gehören. Angereichert wird die Mixtur durch
Kleingruppen begannen, sich intensiver mit herbeihalluzinierte Kontinuitäten bis hin zu
den Spielarten des Linkssozialismus auseinan- ausgerechnet Gottfried Küssels VAPO.
der zu setzen: Gemeint sind vor allem Räte-
kommunismus und Syndikalismus. 2. Es liegt dem „Fahnenträger“ völlig fern, die
Genossen des Kollektivs „Militante Syndikali-
Dem eingangs geäußerten Wunsch des MS- sten“ oder gar die FAU in den Geruch nationa-
Kollektivs gedenken wir nicht Folge zu leisten, listischer Gesinnung zu bringen. Wer dieser
aber die auf der Startseite von Syndikalis- Ansicht ist, hat überhaupt nichts begriffen.
mus.tk zu findende Broschüre, gekennzeichnet Ebenso wenig beabsichtigen wir, Rudolf Rocker
von mangelnder Selbstreflexion und Eliten- oder den von den Nazis ermordeten Erich
dünkel, gibt Anlass für einige Entgegnungen. Mühsam zu Parteigängern des Nationalsozia-
Zum Verständnis der nachstehenden Zeilen ist lismus umzudefinieren (was wahrlich ein gro-
es unabdingbar, einen Blick in besagten Text teskes Unterfangen wäre). Das hat übrigens,
zu werfen: werte Genossen, nichts damit zu tun, dass
Rocker erklärter Gegner des Antisemitismus
http://geocities.com/anarchosyndikalismus200 oder dass Erich Mühsam Jude war – wir lehnen
5/hoelle.pdf den Antisemitismus und die Rassenlehre mit
Entschiedenheit ab, ebenso wie den Rest des
1. Einleitend widmet das Autorenkollektiv sei- altrechten Cocktails mit Imperialismus, Milita-
ne Broschüre dem im sibirischen Angarsk von rismus und so fort.
russischen Rechtsextremisten ermordeten Ge-
nossen Ilja Bodorajenko, dessen Vergehen 3. Nicht die Anarcho-Syndikalisten orientieren
wohl darin bestand, sich gegen den Bau eines sich also nach „rechts“, sondern wir orientie-
7
ren uns nach „links“, auf der Suche nach einer Wenn unsere Kritiker sich beschweren, wir
neuen linksnationalen Selbstverortung. Zitat: würden uns als ausnahmslos bei ihrem von
„Als eine gänzlich neue Entwicklung ist hinge- ihnen wiederentdeckten geistigen Eigentum
gen zu beobachten, dass sich einige der Neo- bedienen, mutet das ein wenig wie kleinbür-
Nationalsozialisten auf die Theorien des revo- gerliches, fetischistisches Leistungs- und Be-
lutionären Syndikalismus und des Anarcho- sitzdenken an. Es bedient sich auch derjenige,
Syndikalismus beziehen und versuchen, ihn in der Originaltexte aufspürt, abschreibt und ins
Publikationen und im Internet zu vereinnah- Internet stellt. Die in besagtem Bremer FAU-
men und umzudeuten.“ Hierbei handelt es Aufsatz von 2002 auftauchende Parole, man
sich, wie das MS-Kollektiv ganz richtig festge- sei weder rechts noch links, ist ebenfalls nicht
stellt hat, um einen Prozess der ideologischen gerade neu: Sie wurde schon zu Weimarer
Neuorientierung. Mit „diesem Unfug“ (O-Ton) Zeiten von Fritz Wolffheim geprägt.
werden wir in der Tat weitermachen, ob es
„linken“ wie „rechten“ Kritikern passt oder Also der klassische Fall einer moralisierenden
nicht. Die mit Verdrehungen und Unterstellun- Messung mit zweierlei Maß. Wir die Guten –
gen arbeitende Polemik erweckt den Eindruck, Ihr die Bösen. Kreuzritter-Mentalität. Zudem
man wolle von einer für die Verfasser unvor- scheint den anarcho-syndikalistischen Kollegen
stellbaren Entwicklung ablenken. Irritation - entgangen zu sein, dass man sich die entspre-
was nicht sein soll, das darf auch nicht sein. chenden Zeitschriften wie „Der Syndikalist“
z.B. in der nächstgelegenen Universitätsbiblio-
Allerdings operieren wir wohl kaum als nazisti- thek organisieren kann und dass es zum The-
sches U-Boot unter syndikalistischer Tarnkap- menkomplex Rätekommunismus - Anarchis-
pe, um in sozialdemagogisch-faschistischer mus - Syndikalismus eine ganze Reihe von
Manier bundesweit 300 FAUistas zu verunsi- Broschüren und Textsammlungen gibt, die
chern und als Auffangbecken zu dienen. Die nicht gerade das Monopol des MS-Kollektivs
Herausgabe eines selbstfinanzierten Hoch- sind.
glanzmagazins wäre für diese zahlenmäßig
doch recht begrenzte Zielgruppe wohl etwas 5. Bedient haben wir uns zugegebenermaßen
zuviel des Guten. Angesichts der massiven mitunter – warum das Rad zweimal erfinden?
Angriffe aus dem rechten Lager muss unsere Und: das Ziel ist nicht, diese Einflüsse 1:1 zu
Tarnung ohnehin an Perfektion grenzen. „Take übernehmen, sondern sie für unsere Zielset-
the fascists seriously“ – dieses Schlagwort der zungen anzupassen: Ein nationaler Volksräte-
modernen wissenschaftlichen Faschismusfor- staat, in welchem der Staat lediglich die Rolle
schung ging scheinbar am MS-Kollektiv spur- einer koordinierenden, ausführenden Instanz
los vorüber. Wir betrachten uns nun zwar einnimmt und kein vergötzter Selbstzweck ist,
nicht gerade als Faschisten, aber wir betonen ein Staat ohne Klassen-, Parteien- und Büro-
dennoch, dass es uns mit dem, was wir tun, kratenherrschaft. Das gilt auch für die Herr-
bitter ernst ist. schaft selbsternannter nationalistischer oder
internationalistischer Polit-Eliten (zu denen
Das alles soll jedoch nicht dergestalt missver- sich das MS-Kollektiv offenkundig rechnet).
standen werden, dass „Renegaten“ nicht in Der nationale Syndikalismus ist hierbei eine
unseren Reihen willkommen wären – ganz im wirtschaftliche Organisationsform, beruhend
Gegenteil! auf Überführung der Produktionsmittel in die
Hände der Produzierenden. Hierher gehört
4. Uns wäre neu, dass die FAU, das MS- auch die Frage, warum libertäre Bewegungen
Kollektiv oder sonst irgendjemand das Coyp- alten Typs dem Staatssozialismus bolschewi-
right auf Leben und Werk linkssozialistischer stischer Prägung stets unterlagen.
Klassiker für sich gepachtet hat. Hierbei han-
delt es sich um den untauglichen Versuch, 6. Zum uns wiederholt durch das MS-Kollektiv
eine Historie zu vereinnahmen. Zwischen der gemachten, völlig haltlosen Vorwurf etatisti-
aktuellen und der historischen FAU existiert scher Tendenzen sei aus der FT-
keine Kontinuität. Die alte FAU war schon um Sondernummer vom Sommer 2005 zitiert:
1930 am Ende – ihre heutigen Nachfahren „Hierbei ist auch mitnichten an einen linksau-
versuchen sich an der Wiederbelebung einer toritären Staatssozialismus sowjetischer Prä-
Mumie. Im Übrigen sei daran erinnert, dass
die Alt-Anarchisten sich in der Regel von der gung inclusive Schaffung einer neuen „Arbei-
Adaptation durch die Post-68er distanzierten. teraristokratie“ gedacht (...) sondern an einen
basisorientierten Staats-, Wirtschafts- und
Wir sind daher so frei, uns wie in der Vergan- Gesellschaftsaufbau. Der Verfasser zitiert sich
genheit auch künftig und „völlig skrupellos“ erneut selbst: ‚Sozialismus steht für Kontrolle
aus diesem ideellen Fundus zu versorgen. von Produktionsmitteln und Mehrwert durch
8
die Produzenten anstatt durch die parasitäre 8. Ist der Begriff der Nation, des Volkes (die
Kapitalistenklasse, für Arbeitnehmer- durch gemeinsame Merkmale einander ver-
Selbstverwaltung, für Genossenschaften, für bundenen Personen), grundsätzlich reaktio-
echte Gleichberechtigung in Gesellschaft, Wirt- när? Wohl kaum, wie sich selbst bei Rosa Lu-
schaft, Politik etc., für Syndikalismus und Rä- xemburg oder Clara Zetkin nachlesen lässt.
tesystem. Gerade letzteres würde die Partei- Allerdings wurde der Nationalismus nur zu oft
enherrschaft durch eine Volksherrschaft, ba- bürgerlich-kapitalistisch pervertiert, worauf
sierend auf Räten mit imperativem Mandat, auch der Umstand zurückzuführen ist, dass die
ersetzen. Die Entstehung überbürokratisierter Verneinung der Nation durch viele Linke erst
und überzentralisierter Strukturen ist ebenso seit 1945 das bekannte Ausmaß angenommen
zu verhindern wie politische Stagnation und hat, dabei Antinationalismus mit Internationa-
Erstarrung – permanente Revolution und kol- lismus verwechselnd. Hierzu auch noch einmal
lektive Führung statt Ameisenstaat, Führer- Rocker aus dem „Nationalen Einheitsphan-
prinzip und „rechter“ wie „linker“ Staatsver- tom“: „Es gab eine Zeit, wo alle Richtungen
götzung!’“ des autoritären Sozialismus den Begriff der
Internationalität als ein vollständiges Aufgehen
Erich Gerlach schrieb seinerzeit hierzu: „Selbst der verschiedenen Völker in der abstrakten
die Anarcho-Syndikalisten, für die die Beseiti- Vorstellung der Menschheit auffassten. Man
gung des Staates die Voraussetzung des Auf- sah in der bunten Verschiedenartigkeit des
baues einer freiheitlichen Gesellschaft war, Völkerlebens und der Sprachen nur ein künst-
haben kein realistisches Konzept des Über- lich geschaffenes Hindernis gegen die Verbrü-
ganges von der staatlichen zur staatsfreien derungsbestrebungen der darbenden Mensch-
Gesellschaft. Sie sehen nicht, dass man den heit und träumte von der baldigen Abschaf-
Staat ‚nicht einfach beiseite schieben’ kann, fung aller dieser Unterschiede, von der Einfüh-
sondern dass das staatliche Mittel – revolutio- rung einer allgemeinen Weltsprache, die alle
när verändert – sowohl zur Umgestaltung der existierenden Sprachen verdrängen solle, und
Gesellschaft als auch zur Aufhebung des Staa- ähnlichen Dingen. Diese naiven Auffassung,
tes notwendig ist. Erkenntnisse, die in der deren Vertreter keine blasse Ahnung von der
spanischen Revolution gemacht wurden, sind Tiefe des Problems hatten, ist zwar auch heute
leider noch nicht zu einer Theorie weiterent- noch nicht gänzlich verschwunden, musste
wickelt, die das wichtige Gedankengut des aber im allgemeinen anderen Anschauungen
Syndikalismus (...) endlich aus der Isolierung das Feld räumen.“
herausbrächte.“
Die Zugehörigkeit zu einem Volk ist ein nicht
7. Da wir gerade beim Thema Spanien sind: zu verleugnendes Empfinden der Menschheit.
Die MS-Genossen haben schlichtweg nicht be- Ebenso ist das Zugehörigkeitsgefühl zu einem
griffen, was mit der Bezeichnung des Anarcho- Gemeinwesen die Grundlage einer späteren
Syndikalismus als „Verkörperung urspanischer sozialistischen Gesellschaft. Dieses Gemein-
Traditionen“ gemeint ist. Hier wird sich u.a. schaftsgefühl grundsätzlich mit chauvinistisch-
auf Walther L. Bernecker bezogen; gemeint ist reaktionären Exzessen gleichzusetzen, geht
die in die Zeit vor ca. 1850 zurückreichende meilenweit an den soziokulturellen und politi-
und im Bewusstsein des spanischen Landpro- schen Realitäten vorbei. Völker sind ein nun
letariats verwurzelte Erinnerung an den Agrar- einmal vorhandenes Ergebnis der Mensch-
kollektivismus. Parallelen zwischen spanischer heitsentwicklung und über Sprache, Kultur,
Tradition und Anarcho-Syndikalismus bestehen Tradition etc. ein entscheidender Faktor
auch im „staatlichen Denken“: „Der Spanier“ menschlicher Selbstidentifikation und Soziali-
denkt weniger zentralstaatlich, sondern eher sation. Verwiesen sei auch darauf, dass un-
im Rahmen seines pueblo (Dorf), barrio längst wieder einmal einschlägige wissen-
(Stadtteil) oder eben regionalistisch. Im hi- schaftliche Untersuchungen bestätigten, dass
spanischen Kulturraum wird zudem eine klare der Großteil des Volkes de facto vermögenslos
auch sprachliche Abgrenzung zwischen Volk und zur Selbsterhaltung auf den Verkauf sei-
und herrschenden Unterdrückern vollzogen. ner Arbeitskraft angewiesen ist. Klassen-
Diese Hintergründe liefern gewichtige Hinwei- kampfsituation zwischen der breiten Volks-
se dafür, warum der Anarcho-Syndikalismus Masse - dem Proletariat, den Proletarisierten,
gerade in Spanien so erfolgreich war – er den Proletaroiden, den Prekarisierten – und
harmonierte mit den vom MS-Kollektiv in sei- der schmalen Schicht der Geldsackaristokratie.
nem unreflektierten Internationalismus ver- Das „Proletariat“ umfasst zweifellos den über-
achteten nationalen Traditionen, in diesem wältigenden Teil der Bevölkerung. Also noch
Falle derjenigen der Völker Spaniens. einmal: Zwar gibt es in der Tat das hässliche
Gesicht des Nationalismus, wie es sich nicht

9
zuletzt im „Dritten Reich“ zeigte, aber ebenso des Weimarer Nationalbolschewismus dürfte
kann Nationalismus eine progressive Kraft ohnehin kaum zu übersehen sein; deren nega-
sein, z.B. im antikolonialen und antiimperiali- tives Verhältnis zu Otto Strasser kann als be-
stischen Befreiungskampf wie auch im Klas- kannt vorausgesetzt werden.
senkampf.
11. Zum inkriminierten Lorent-Aufsatz im letz-
Das Proletariat hat zwar kein Vaterland, aber ten „Fahnenträger“: Jawohl, der Aufsatz be-
es erkämpft sich dieses im Klassenkampf und steht teilweise aus Versatzstücken (wir gelo-
konstituiert sich als sozialistische Nation, als ben an dieser Stelle Besserung). Die Suche
freie Gemeinschaft. Hauptwiderspruch: Lohn- nach dem Stein der Weisen wurde auf die Zu-
abhängige bzw. von Transferleistungen Ab- kunft verschoben. Eine wissenschaftliche Ab-
hängige vs. Kapitalistenklasse bei sich ver- handlung war erklärtermaßen nicht beabsich-
schärfender Vernichtung kleinbürgerlicher tigt – der FT ist keine akademische Fachzeit-
Zwischenschichten. Kriege sind Produkte von schrift. Ebenso erklärtermaßen galt es, ein
Macht- und Profitinteressen der herrschenden Modell, eine Synthese, zu entwickeln: „Ziel
Gesellschaftsschichten, nicht zwangsläufige dieses Beitrages ist es, einige Vorstellungen
Auswüchse einer natürlichen Konkurrenz zwi- aus dem Bereich der sozialistischen Arbeiter-
schen den Völkern. Im globalisierten 21. Jahr- bewegung zu einem für den nationalen Volks-
hundert hat sich das Kapital längst von Fakto- rätestaat auf sozialistischer Grundlage in Fra-
ren wie Staat und Nation emanzipiert. Wer ge kommenden Modell zusammenzufassen.“
danach strebt, den Menschen zu einem wur- Deutlicher geht´s nun nicht mehr. Dass dem
zel-, identitäts- und bindungslosen Objekt zu begriffliche Unschärfen geschuldet sind, steht
degradieren, besorgt die Geschäfte des aus auf einem anderen Blatt. Unschärfen können
Profit- und Machterhaltungsgründen nach so- darüber hinaus auch einer Synthese nützlich
zialer Atomisierung strebenden Kapitalismus. sein. Im Übrigen sind die Unterschiede zwi-
schen Unionismus, Syndikalismus, Rätekom-
9. Das MS-Kollektiv ist der Ansicht, die Be- munismus usw. für Außenstehende nur schwer
triebsorganisation sei keine syndikalistische zu erkennen. Und genau die Außenstehenden
Organisationseinheit. Ein Blick auf die eigene sollten mit derartigem Gedankengut in Kon-
Literatur hätte diesem Irrglauben vorgebeugt takt gebracht werden. Der Zweck heiligt – in
und uns den Nachhilfeunterricht abgenommen. diesem Falle - die Mittel.
In „Unser Weg“ (1932) heißt es unmissver-
ständlich: „Die organisatorische Grundlage der 13. Mit der postulierten Erbfeindschaft zwi-
FAUD. (A.-S) kann darum nur eine ökonomi- schen Anarcho-Syndikalismus & Co. und „Fa-
sche sein. Sie wurzelt in den Industriefödera- schismus“ macht sich das MS-Kollektiv die
tionen oder Industrieorganisationen der Fa- Sache ein wenig zu einfach. Die Bekanntschaft
brik- und Landarbeiterschaft, diese wiederum zwischen Erich Mühsam und dem irrtümlich als
in den Betrieben und Betriebsorganisationen Nationalsozialisten bezeichneten Ernst Jünger
der einzelnen Industrien. Dem Anarcho- scheint dem MS-Kollektiv entgangen zu sein;
Syndikalismus entsprechen diese und keine diesem Kontakt verdankte Jünger auch seine
anderen Organisationsgruppierungen.“ erste Hausdurchsuchung durch die Nazis. Der
damalige Strasser-Gefolgsmann Karl-Ernst
(http://www.geocities.com/syndikalist2002/we Naske, Nationalrevolutionär bis auf das Ster-
g.htm). Ferner ist auf dem FAUD-Kongress in bebett, wusste zu berichten, dass Strasseri-
Berlin Ende der 20er Jahre ebenfalls von Be- sten und FAU-Militante in Berlin einen gemein-
triebsorganisationen die Rede samen Saalschutz gegen Hitlers Braunhemden
(http://projekte.free.de/fau- organisiert hatten. In den 60er Jahren arbeite-
am- te Naske, seines Zeichens auch Herausgeber
sel/e107_files/downloads/Umsonsthefte/Umso des „Strasser-Archivs“ übrigens mit Helmut
nst105.pdf). Soviel hierzu. Rüdiger zusammen – nicht gewusst? Stichwor-
te: Oppo-Verlag (nicht mit dem 1987 gegrün-
10. Der Strasser-Flügel der NSDAP taugt infol- deten Verlag in Berlin zu verwechseln), Zeit-
ge seiner halbherzigen Kapitalismuskritik nicht schrift „Opposition und Ziel“. Warum setzten
wirklich als unser Vorbild, wird von uns aller- sich viele Anarchisten und Syndikalisten nach
dings als wichtiger Denkanstoß angesehen und 1945 für die deutsche Einheit ein? Bei Günther
respektiert. Ganz im Gegensatz zu den Unter- Bartsch, später Biograph Otto Strassers und
stellungen unserer Kritiker orientieren wir uns Hofberichterstatter des Nationalrevolutionären
eher am Rätekommunismus, am „Hamburger Koordinationsausschusses, ist eine frühe anar-
Nationalkommunismus“ oder eben am Syndi- chistische Schlagseite nicht zu verhehlen, was
kalismus. Dieser ist somit ein Bestandteil un- durch seine Autorschaft eines Standardwerkes
ter mehreren. Der Einfluss der „dritten Welle“ über den deutschen Anarchismus eindrucksvoll
10
unterstrichen wird. Gerne erinnern wir an die Wenn DAS Euer Freiheitsbegriff ist, kön-
Anekdote von 1981, als der von uns eher kri- nen wir gut auf ihn verzichten!
tisch beäugte Reinhold Oberlercher ohne grö-
ßere Schwierigkeiten die FAU Hamburg infil- 15. Ein Blick in den später zitierten „Syndikali-
trieren konnte. Auffällig ist ebenso, dass sich sten“ von 1931 hätte dieser intellektuellen
Mitte der 20er Jahre auf NS-Veranstaltungen Entgleisung vorgebeugt: „Wir kämpfen nicht in
verdächtig oft Vertreter von FAU und KAPD erster Linie gegen die Menschen, wir kämpfen
herumtrieben – warb man etwa um die gleiche gegen die Idee, die sie vertreten, eine Idee,
Zielgruppe? Eine komplette FAU-Ortsgruppe die falsch und trügerisch ist. Es ist außerdem
an der Ruhr verabschiedete sich seinerzeit zur so, dass die Gegner, die mit Ernst und ehrli-
NSDAP, ehemalige Aktivisten von FAU und cher Überzeugung für das falsche Ideal ihre
KAPD lassen sich bei SA und NSBO ausmachen Leben einsetzen, gefährlicher sind als die an-
– alles so einfach? In Portugal gab es laut dern.“ Andererseits auch wieder sehr
Stanley Payne einen Bündnisversuch zwischen „deutsch“ gedacht. Joachim Fernau schrieb
Anarchisten und Nationalsyndikalisten. Die einmal: „Im Bürgerkrieg schießen die Deut-
Flirts von 1919/1920 zwischen libertären So- schen nicht auf Menschen, sie schießen auf die
zialisten und Gabriele d´ Annunzio oder die andere Idee.“
syndikalistischen Wurzeln des Faschismus ver-
dienen ebenfalls Erwähnung. Über die Rezep- Allerdings heißt es auch in der Broschüre der
tion des italienischen Vorbildes fand die faschi- „Militanten Syndikalisten“: „Mit einem tieferen
stische Version des Syndikalismus dann Ein- Verständnis syndikalistischen Wesens könntet
gang in die Konzepte vor allem des NS- ihr jetzt einwenden, dass die syndikalistische
Arbeitnehmerflügels. Einfluss auf den Anti- Bewegung nach eigener Maxime bereits im
kommunismus der Nationalsozialisten hatte Bestehenden ihr Verhalten an einer künftigen
auch die linkssozialistische Kritik am Stalinis- Gesellschaft ausrichten sollte, die Mittel also
mus, nachzulesen selbst in einigen Ausgaben ungefähr deckungsgleich mit den eigenen
des „Völkischen Beobachters“. Zielvorstellungen einer freien und humanisti-
schen Gesellschaft freier, gleicher und solidari-
14. Nachdem man uns abschließend, sich scher Individuen sein sollten.“ Dem ist nichts
selbst – der eigenen Tradition hohnsprechend hinzuzufügen.
- als eine Art elitär-anarchistisches Bildungs-
bürgertum gerierend, als „Nazis“, „Dumpfbac- 16. O-Ton FT-Redax: „Wir sehen uns als Teil
ken“ und „parasitäre Elemente“ titulierte, mit der „Dritten Front“ jenseits von Reaktion und
denen man (verklausuliert) entsprechend ver- Kommunismus…Die Aspekte unserer Weltan-
fahren sollte, legte das MS-Kollektiv die un- schauung – progressiven Nationalismus und
missverständliche Parole nach: „Nur ein toter Sozialismus – auf syndikalistischer Grundlage
Faschist ist ein guter Faschist!“ zu vereinen, bedarf grundlegender Diskussio-
nen und wirft viele Fragen auf, die in „ideolo-
Scheiterhaufen im Namen der Freiheit? Ge- gisch gefestigten“ politischen Lagern sicherlich
waltfetischismus? Würde jemand von uns ei- Verwirrung stiften werden und genau dies
nen derartigen Tonfall anschlagen, wären ihm auch sollen.“ Das ist uns offenkundig gelun-
wohl einige Jahre gesiebter Luft sicher. Mit der gen, sowohl auf der „Rechten“ wie auf der
solcherart betriebenen Entmenschlichung des „Linken“. Die hieraus resultierenden Vorwürfe
politischen Gegners steht das MS-Kollektiv in reichen von „faschistischer Sozialdemagogie“
bedenklicher Nähe zu denjenigen, die es von über „strasseristische Verbrecher“ bis hin zu
antifaschistischer Warte aus zu bekämpfen „nationalbolschewistische Wirrköpfe“. Viel
vorgibt. Haben die werten Genossen einmal Feind, viel Ehr!
darüber nachgedacht, dass es genau die an
dieser Stelle kritisierten Verhaltensweisen der In diesem Sinne.
politischen Linken sind, die nicht wenige Leute
geradezu nach rechts treiben?
Roland Lorent

Sie anerkennen nur Unterschiede regionaler Natur und fordern für jede Volksgruppe das
Recht, ihre Angelegenheiten und ihre besonderen Kulturbedürfnisse gemäß ihrer eigenen
Art und Veranlagung erledigen zu können im solidarischen Einverständnis mit allen ande-
ren Gruppen und Volksverbänden. Rudolf Rocker über die Syndikalisten („Die Prinzipienerklärung
des Syndikalismus“, 1919).

11
Das Gespenst des Nationalismus

Insgesamt leidet die so genannte „Linke“ in tional die gleichen Gewohnheiten und ein
Deutschland unter einem nur noch als hyste- weitgehend identisches Arbeits- und Konsum-
risch zu bezeichnenden Antifaschismus, der verhalten aufweist. Dass der Kampf um den
keinerlei Bezug mehr zu Realitäten hat und Erhalt einer eigenen Kultur der Völker somit
einzig Selbstzweck ist. Es war schon immer explizit antikapitalistisch sein kann, wird sei-
bedeutend einfacher, sich über eine Antihal- tens der „Linken“ vollständig ignoriert oder
tung denn über Ziele zu definieren. Das genau einfach nicht verstanden.
weist auch darauf hin, woher die heutigen so
genannten Anarcho-Syndikalisten eigentlich Die hindert sie nicht an der Schizophrenie, die
kommen. Sie sind mitnichten die legitimen Kämpfe des baskischen und irischen Volkes in
Nachfolger der anarchistischen und syndikali- Europa durchaus legitim und unterstützens-
stischen Bewegung des 19. und 20. Jahrhun- wert zu finden. Zwar wird dem irischen Volk
derts, sondern viel mehr ein Produkt der 68er ein historisches Recht auf das Gebiet von
Bewegung, die sich von Anfang an vorwiegend Nordirland zugebilligt, dem deutschen Volk ein
gegen den aus ihrer Sicht 1945 nicht wirklich historisches Recht auf Ostpreußen zuzugeste-
überwundenen Faschismus definiert hatte. hen, würde allerdings Hassattacken bei „Lin-
Diese Haltung führte unweigerlich dazu, aus- ken“ auslösen. Selbstverständlich ist aus „lin-
schließlich Versatzstücke der „linken“ Ge- ker“ Sicht auch der palästinensische Befrei-
schichte zu übernehmen, wobei nur das rezi- ungskampf gerechtfertigt, die Okkupation von
piert wurde, was in das vorgefertigte Weltbild Stettin hingegen ist die gerechte Kollektivstra-
gerade noch hineinzupressen war. Äußerungen fe am faschistischen deutschen Volk. Soviel zu
der historischen „Linken“ zum Thema Nationa- den kruden Gedankengebilden der „Linken“ in
lismus, die unpassend erschienen, wurden Deutschland. Aber um es gleich klarzustellen,
einfach wegignoriert. Nicht umsonst haben so hier fordert niemand eine „Befreiung“ Ost- und
genannte Alt-Anarchisten den aus der 68ger Westpreußens. Dieses Beispiel ist nur gewählt,
Bewegung hervorgegangenen neo- um den argumentativen Wahnsinn „linker“
anarchistischen Gruppierungen äußerst skep- Sozialrevolutionäre zu verdeutlichen.
tisch bis explizit ablehnend gegenübergestan-
den. Die deutsche „Linke“ tut sich bereits seit dem
ersten Weltkrieg mit dem Vorhandensein völ-
Der Grund des Scheiterns der Diskussion von kischer Zusammenhänge äußerst schwer.
Nationalrevolutionären mit „Linken“ im Allge- Grund war hier das Trauma des ersten Welt-
meinen ist hauptsächlich in der nur noch voll- krieges, in dem die Vorstellungen von einer
kommen irrational und wahnhaft zu nennen- übernationalen Solidarität der Arbeiterklasse
den Ablehnung der Existenz von Völkern und im Schützengraben beerdigt wurden. Die „Lin-
Nationen, durch „linke“ Revolutionäre zu se- ke“ erkannte nicht, wie das Nationalgefühl der
hen. Sie scheinen eine Beseitigung von Volks- Menschen in Europa von den Herrschenden
zugehörigkeiten und Völkern als organisch lediglich benutzt wurde. Sie sah nicht in der
gewachsenen Einheiten für einen Fortschritt Manipulation des nationalen Bewusstseins ihr
und Grundlage einer zukünftigen sozialisti- Scheitern begründet, sondern im Vorhanden-
schen Gesellschaft zu halten. sein eines solchen Bewusstseins an sich.
Grundlage des Zusammenbruchs der interna-
Faktisch verbindet dieses Denken die „linken“ tionalen Arbeitersolidarität war hingegen ein
Revolutionäre mit Wunschvorstellungen des vollkommen falsch verstandener Internationa-
internationalen Kapitals, das ebenfalls von lismus, basierend auf einer falschen Klassen-
einer Auflösung aller kulturell begründeten theorie.
Eigenheiten der Völker und damit von einer
„internationalen Einheitsameise“, wie Werner Eine kulturelle, insbesondere sprachliche Iden-
Sombart dies einmal ausdrückte, träumt. Der tität ist Grundlage des menschlichen Daseins
Mensch wird aus allen Zusammenhängen her- und nicht mit Hilfe intellektuell erzeugter Kon-
ausgelöst, diese werden vernichtet und übrig strukte, wie etwa einer übernationalen Klas-
bleibt ein völlig wurzelloses manipulierbares sensolidarität, zu beseitigen.
Objekt im Produktions- und Konsumtionspro-
zess. Internationalismus kann letztlich nur die In-
teraktion von Nationen meinen, nicht deren
Ein grundlegendes Ziel des Kapitalismus ist ein Abschaffung. Die einzigen Theoretiker der
austauschbarer Einheitsmensch, der interna- „Linken“, die hieraus nach dem ersten Welt-
12
krieg notwendige Schlüsse zogen, waren die Nationalismus wurde von Anarchisten und
Hamburger Rätekommunisten um Heinrich Anarchosyndikalisten allerdings immer aus-
Laufenberg und Fritz Wolffheim, die jedoch als schließlich als Synonym für Chauvinismus und
„Nationalbolschewisten“ verunglimpft wurden Hegemonismus verwendet. Nation und Natio-
und deren revolutionäre Ideen am Sektierer- nalismus als reine Definition eines Bestandtei-
tum der übrigen „Linken“ letztlich scheiterten. les der persönlichen Identität wurden über-
haupt nie auch nur angedacht.
Spätestens seit 1945 kommt in Deutschland
die Erwähnung der Begriffe „Nation“, „Natio- Dieser Ablehnung der Völker und dem Bestre-
nal“ oder „Volk“ einem Sakrileg gleich, was ben, deren Existenz zu „überwinden“, liegt
eine sofortige Exkommunikation aus der Ge- aber ein grundsätzlicher Irrtum zugrunde. Völ-
meinschaft aller Menschen zur Folge hat. ker abschaffen oder auflösen zu wollen, um
Schuld daran ist weniger der Nationalsozialis- Kriege zu verhindern, hat die Qualität einer
mus als viel mehr der undifferenzierte Um- Therapie von Kopfschmerzen durch die Guillo-
gang mit dessen Terminologie. Die Tatsache, tine. Letztlich waren niemals Völker die Auslö-
dass der Nationalsozialismus die Begriffe na- ser von Kriegen, sondern Herrschende und
tional und sozialistisch benutzte, führt zwar Tatsache ist, dass sie sich Widersprüche zwi-
nicht zur Tabuisierung des Begriffes „soziali- schen den Völkern zunutze machten um
stisch“ aber sehr wohl zur Tabuisierung des Machtinteressen durchzusetzen.
Begriffes „National“. Die „Linke“ erkennt zwar
die Okkupation des Begriffes „sozialistisch“ Nationalrevolutionäre und „linke“ Revolutionä-
durch den Hitlerismus, die Okkupation des re sehen als revolutionäres Subjekt unter-
Begriffes „National“ jedoch nicht. schiedliche Gruppen. Während Nationalrevolu-
tionäre das Volk als Grundlage einer zukünfti-
In der Entstehungszeit sozialistischer Theorien gen sozialistischen Gesellschaft sehen, sehen
hatten „linke“ Revolutionäre mit der Existenz „linke“ Revolutionäre eine angeblich existie-
von Völkern und völkischen Zusammenhängen rende internationale Arbeiterklasse als deren
noch weniger Probleme. Einige Zitate von Grundlage an.
maßgeblichen historischen „linken“ Theoreti-
kern würden bei nachachtundsechziger „Lin- Es bietet sich an, einmal zu untersuchen, wo-
ken“ blankes Entsetzen auslösen. So bestritt in her diese Verklärung der Arbeiterklasse als
der eingangs genannten Diskussion ein „Anar- einzig fortschrittliche Kraft innerhalb der kapi-
cho-Syndikalist“ schlicht die Authentizität ei- talistischen Gesellschaft überhaupt kommt.
nes Rudolf Rocker-Zitates, obwohl der Text Frühe Theoretiker sowohl des Kommunismus
„Das nationale Einheitsphantom“ auf der Seite als auch des Anarchismus sahen in der Eigen-
der „FAU“ selbst einsehbar ist. tumslosigkeit des Proletariats den Grund, war-
um dieses revolutionär per se sein müsse. Hier
Auf internationaler Ebene wurde ebenfalls war von entscheidender Bedeutung, wie sehr
nicht so fragwürdig mit der Tatsache, dass sich die mit dem Untergang des Feudalismus
Völker eine historische Tatsache sind, umge- aufkommende Arbeiterklasse selbst organisier-
gangen. Hier seien die spanischen Anarcho- te. Nur wird übersehen, dieser Prozess der
syndikalisten der CNT/AIT genannt, die statt Selbstorganisation des Proletariats war bereits
der Begriffe Arbeiterklasse und Kapitalisten- um 1900 weitgehend abgeschlossen und die
klasse die Begriffe Volk und Unterdrücker ver- ursprünglich proletarische Kultur zerfiel bereits
wendeten. Dies wurde in der Diskussion sei- wieder in Einzelgruppen. Basis der Selbstorga-
tens der Frankfurter Syndikalisten auch einge- nisation des Proletariats waren weder dessen
räumt, allerdings mit einer Eigenheit des ro- besondere Ausbeutung oder seine Besitzlosig-
manischen Sprachraumes erklärt, die es kei- keit, noch eine besondere Fortschrittlichkeit,
nesfalls zu übernehmen gälte. wie dies von allen Sozialrevolutionären ge-
wähnt worden war.
Die deutsche „Linke“ verstieg sich spätestens
seit 1968 endgültig in die These, Völker seien Grundlage der Selbstorganisation des Proleta-
die Ursache von Kriegen, man müsse sämtli- riats waren dessen Entwurzelung und das
che völkischen Zusammenhänge beseitigen Bestreben, neue Strukturen für seine Existenz
und überwinden. Ansätze dieses Denkens gab zu finden.
es allerdings bereits sehr viel früher, wobei
einige Vertreter des Anarchismus beispielswei- Das Anfang des 19. Jahrhunderts aufkommen-
se durch eine Weltsprache Esperanto den de Industrieproletariat suchte nach Selbstor-
„verfluchten Nationalismus als Ursache allen ganisation, weil es aus ehemaligen Kleinbau-
Übels“ zu überwinden suchten. ern und Handwerkern bestand, die ihre Ent-

13
wurzelung noch tatsächlich empfanden, da sie Nicht umsonst wurde dieses Konzept von der -
bis zu diesem Zeitpunkt größtenteils in dörfli- aus dem Bildungsbürgertum stammenden -
chen Gemeinschaften verwurzelt gewesen wa- Studentenbewegung begeistert übernommen
ren. Sie kannten noch andere Formen des so- und findet sich heute im Konzept der FAU im
zialen Zusammenlebens als jene, gemeinsam Grunde wieder. Die FAU möchte den Syndika-
an eine Fabrik gebunden zu sein. Die dörfli- lismus von außen in eine gewähnte Arbeiter-
chen Strukturen, denen das Industrieproletari- klasse tragen und unterscheidet sich hierin
at entstammte, waren tatsächlich über Jahr- wenig von Leninisten.
hunderte hinweg gewachsen, ihre Zerstörung
noch als persönlicher Verlust wahrgenommen. Bis heute hat die radikale „Linke“ nicht er-
kannt, wie sehr sie mit diesem Konzept einem
Ein proletarisches Klassenbewusstsein konnte entstellten Marxismus huldigt, bei dem sich
sich historisch nur aus der Entwurzelung der eine angeblich fortschrittliche Arbeiterklasse
ehemaligen sich selbstversorgenden und ihre und eine reaktionäre Kapitalistenklasse gege-
Überschussproduktion vermarktenden Bauern- nüberstehen.
und Handwerkerkaste entwickeln, die sich in
der industriellen Produktion plötzlich als reiner Um so erklärlicher sind denn auch aktuelle
Bestandteil des Produktionsprozesses der ka- Aussagen so genannter Anarchosyndikalisten,
pitalistischen Ordnung wieder fand. Das Prole- die anarchistische Theoretiker wie beispiels-
tariat war revolutionär, weil es die Arbeits- weise Errico Malatesta schlicht nicht zu kennen
und Lebensbedingungen des Kapitalismus scheinen und stattdessen schematischen Klas-
noch als Vernichtung ihrer vorherigen freieren seneinteilungen verhaftet sind.
Lebensform empfinden konnte. Als die Exi-
stenz als Industriearbeiter für die Mehrzahl der Die durchaus konstruktiv gemeinten Kritiken
Bevölkerung der Normalfall geworden war, Malatestas am Syndikalismus und dessen ein-
musste die revolutionäre Epoche der Arbeiter- seitiger Fixierung auf eine Arbeiterklasse sind
klasse somit zwangsläufig enden. an der FAU spurlos vorübergegangen.

Spätestens seitdem sich der Kapitalismus eta- Mit der erfolgreichen Etablierung des Kapita-
blieren konnte, begann das Proletariat, sich als lismus ist der Gegner nicht mehr eine Klasse,
Klasse wieder aufzuspalten. Hier kann als Bei- sondern ein System. Diesem System stehen
spiel das aus der Arbeiterklasse selbst entste- die Interessen des Volkes gegenüber.
hende neue Kleinbürgertum, die so genannte
Arbeiteraristokratie, gelten.
Fakt ist, die deutsche „Linke“, speziell die so
genannte syndikalistische, steht in erhebli-
Seit dem 20. Jahrhundert hat die „Linke“ ihr chem Konflikt mit der Realität und ihren an-
revolutionäres Subjekt damit wieder verloren. geblichen historischen Wurzeln.
Die Arbeiterklasse besaß eben nicht das Po-
tential, welches ihr von frühen sozialistischen
Um 1920 haben sozialistische wie kommunisti-
Theoretikern unterstellt worden war. Dieser
sche Theoretiker endgültig zum Hilfskonstrukt
Erkenntnis verschließen sich „Linke“ bis heute.
der „Arbeiterklasse und den Volksmassen“
Sie sind nach wie vor verwundert darüber,
gegriffen.
warum sie von der Arbeiterklasse nicht als
messianische Befreier begrüßt werden.
Dem kann man sich bedingt anschließen, man
lässt die Arbeiterklasse als Klasse weg, sagt
Nur auf Grund der Tatsache, dass die Arbei-
statt Volksmassen einfach Volk und betrachtet
terklasse eben nicht automatisch revolutionär
das Volk, wie Erich Mühsam schrieb, als all-
ist, konnten Auswüchse wie die einer leninisti-
gemeine Lebensform der Menschheit. ( In:
schen Avantgardepartei entstehen. Laut Lenin
Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist
ist der Arbeiter zu nicht mehr fähig als zu ei-
kommunistischer Anarchismus? Berlin Juni
ner bestimmten Form des Trade-Unionismus.
1932 )
Dem setzte Lenin daher eine selbst erklärte
Avantgarde entgegen, welche die Arbeiterklas-
se eben führen müsse. Armin Ludlow

Quelle: Fahnenträger Nummer 16

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