Sie sind auf Seite 1von 45

— = Ä : ; 2 5 t

— BERLIN, NOVEMBER 1935 - I. JAHRGANG 11.FOLGE


| | PREIS 10 RPF.

REICHSSCHULUNGSAMTOERNSOAP
_ UNDDER DEUTSCHENARDEITSFRONT
Keine Sonderintereffen und Dorrechte, feinen Dünkel und
keine Zurücjegung gibt es in der Schule der Nation, dem
Arbeitsdienft, von oͤeſſen ernftem und heiterem Erleben

‚Der
Arbeitsmann
die Zeitung des Reichsarbeitsdienftes für Führer und Befolg-
Khaft, in Wort und Bild jede Woche Neues zu berichten weiß
Beftellungen zum monatlichen Bezugspreis von 60 Pfennig zuzüglid) Zuftell-
gebühr bei allen Poftanftalten, Buchhandlungen und durch den Fentralverlag
der KSDAP., Stanz Eher Nachfl. G.m.b.H., Berlin SW 68, Zimmerftr. 88-91
Jeder Mafionaffozialfiff
braucht ein Jandbuch der nationalfozialiftifchen Weltanfchauung!

Sol ein Handbuch können Sie fich felbft anlegen, wenn Sie die vom
Reichsfehulungsamt der N. S. D. A. PB. und der Deutfchen Arbeitsfront
herausgegebenen Schulungsbriefe mitteld der erfchienenen Sammel-
mappen aufheben. | |
- Die Sammelmappen (Preis 1.50) fowie alle bisher erfchienenen Folgen
der Schulungsbriefe find auf dem Dienftwege zu beziehen oder durch die
mit dem DBertrieb für den Gau Heſſen-Naſſau beauftragte

Arbeitertum-Ausfieferungsftefle, Sau Heffen-Tiaffau


Hermann Beeck, Frankfurf a. IN.
| Hindenburgplag 10
/ BERLIN, NOVEMBER 1935 + 11. JAHRG. +11. FOLGE

BE neNESAMTDERNSOAP
UNDDERDEUTSCHEN ARDEITSFRONT

Aus dem Inhalt:

F. 9 Woweries: |
Schulung und Gegenwartsfragen . 2 2 2 2 22200. Seite 363

Dr. Bernhard Kummer:

Germanifches Erbe im Mittelalter ..


. .. .ee Seite 371

Deuter - met . Seite 383

Arno Shidedanz:

er u Seite 384

Das veittie Bub: 2. aan a a ren, Seite 392


en efallen als Held,
en !
ndDolk
aufecftaals
WKovember
Albert Müller, Remfcheid, 3.33.3933 / Zeinri Zammacher,
Duisburg-Mleiderich, 3.33.3932 7 Erwin Morig, Berlin, 4.39.93)
Johann Cyranka, Samburg 5.13.3932 / Rurt Reppich, Berlin,
$.33.39327ÖsFfar Mildner, Chemnit, 7.33.3932 /5elir Allfahrt,
Ylünchen, 9.33.3923 / Theodor Bauriedl, München, 9.33.3923
Theodor Eafella, München, 9.39.3923 7 Wilhelm Ehrlich,
Wlünchen, 9.33.3923 / Martin Sauft, München, 9.33.1923 / Anton
Sechenberger, München, 9.33.3923 7 Os kar Rörner, München,
9.33.3923 / Rarl Ruhn, München, 9.39.3923 7 Rarl Laforce,
München, 9. 33.3923 + Rurt Weubauer, München, 9. 33. 3923
Rlaus von Pape, München, 9.33.39237Theodorv.d.Pfordten,
München, 9.33.3923 7 Johann Ridmers, München, 9.33.3923
Dr. Mar- Erwin v. Scheubner-Richter, München, 9.39.3923
Lorenz Ritter v. Stransty, München, 9.93.1923 7 Wilhelm
Wolf, Wünchen, 9.93.3923 Wilhelm Deder, Bremen,9.JJ.393)
Karl Radte, Eutin, 9.39.3939) 7 Walter Thriemer, Yen
wieſe/ Sa. 3J.3).I393) Martin Martens, Neumünſter, 13.99.1939
Zorft Zoffmann, VNeuendorf⸗Danzig, 35.3). 193) 7 Jans Gg.
Kuetemeyer, Berlin, 7.9). 9928/ Sans Gobelsberger, Biblis
b.Worms, 7. ). 993) 7 Egidius Beurten, Aachen, 20. 9). 993)
Joſef Zilmerich, Düſſeldorf, 27.33. 3930
Erwin Jäniſch, Berlin, 25.33.3932

dunun leben-
Wofür ſie ſtarben ſollſt
vergik esnie· Soldat derRevolution.

a FT re —
3-9. Woweries

— Zwiſchen zwei Monaten


Schulung und Gegenwartsfragen
Unſere Toten — In den Winterkampf der Partei — Die Bewegung denkt an alle
Poſitives Sehen in jeder Lage — Kaltes Hirn und heißer Glaube — Sriedriche des
Großen Butterforgen — Einft Rathenau, heute Brotfreiheit — Verbraud und Erzeugung
— Tauſend Millionen Einfuhrerfparnis — Des Führers Preispolitift — Wer nie
kämpfte, kämpft jest um Schweinefleifh — Die deutſche Markftordnung entpolitifiert den
Handel — Ernährungsforgen in aller Welt — In Deutfchland mehr Überernährung
als Mangel — Epochale Wandlung des deutſchen Gefhichtsbildes — War «8 wirklich
„Früher ſchöner“? — Der Führer ift die Partei.

Der Monat unferer Toten erinnert Jahr deufung diefer Worte gerade in der grauen
für Jahr erneut daran, daß der Tod im Kampf Jahreszeit der Mebel und der langen Mächte
um eine MWeltanfchauung wohl ein menfchlich- feft vor Augen Halten, wollen daran denfen
Ihmerzliches Derlieren, aber darüber hinaus eine und darauf hinmweifen, daß unfer Eroberunge-
höchſte Garantie des Sieges if. Das Opfer feldzug nicht allein der größte ift, fondern nad
unferer gemordeten Kameraden, die ihr Volk der Machtübernahme gleichzeitig auch noch ein
mehr als fich felbft Tiebten, ift jedem, der mit Feldzug mit den geringiten Verluſten. Cine
im Gliede ftand, ein bindendes Blutteſtament. einzigartige Eroberung der Freiheit beinahe ohne
Sie find „im Auftrag einer höheren Gewalt Tote und ohne viel Blutvergießen. Deswegen _
marfchiert” fagte der Führer vor zwei Jahren gerade brauchen wir nicht zu übergeben, daß die
über ihren Opfergang. Die geweihte Fahne Gegenwart au troß größter Anftrengungen noch
diefer unlösbaren Werpflichtung zum Lebten viel Not und Opfer kennt, Zuftände, die ung Auf-
ſteht olljährlih in Mürnberg vor den SFor- gabe fein follen und als Aufgabe nicht beredet,
‚mationen unferes nafionalfozialiftiichen Glaubens. fondern bearbeitet werden. Mur fol der be-
Es ift die Fahne der Idee, die dur ihre Toten drängte Volksgenoſſe fi niemals verlaffen oder
und durd ihren Führer fiegen durfte. Immer, vergeflen fühlen, er muß wiflen und fühlen,
wenn ein Kamerad fiel und wir an Gräbern daß die Bewegung an ihn denft und Feine
ftanden, gab einer dem Gefallenen das Ge- andere Sorge Fennt. Wir denfen an jene
löbnis: Der Kampf geht weiter! So ift es big Mütter und Männer, deren herbitbedingter
heute geblieben und fo wird es durch unfer Wunſch nah vollen Kellern noch unerfüllt
aanzes Leben bleiben müſſen, damit unferer Ge- blieb. Der rote Weltfeind fucht feinen Teil des
tallenen Auferftehung ſich in jedem von ung er- Volkes mehr als diefe forgenden Menſchen. Es
fülle — ift bereits vorgefommen, daß ein Dußend früher
fehr aktiver Kommuniftinnen ſich diefer Tage
— unfer einfaufende Hausfrauen mifchten und vor
Wir gehen mit allen Gliederungen der Be— einem Butterladen, randalierend, fih von Aus—
wegung unter Führung der Partei in den ändern photographieren ließen, während im
Winterkampf. Der Führer hat ihn eröffnet nächſten Geichäft, einige Häufer weiter, fogar
mit der ſtolzen und inhaltsſchweren Feſtſtellung, im Ladenfeniter Butter angeboten wurde. Kein
dag unfer Krieg um die Eroberung des Flugblatt kann ftärfer wirfen als irgendein der-
eigenen Volkes der größte Eroberungsfeldsug arfig binterhältiger Vorſtoß gegen den Glauben
der Weltgeſchichte ift. Wir wollen ung die Be— an die geficherte Ernährung und die alltägliche

363
Befonnenheit innerlich ungefeftigter Menfchen. Kragen, den Kleingläubigen im Volk immer
Nun follen wegen des oben geichilderten be- aufs neue ein Halt fein und damit Führertum
zeichnenden Vorfalles Feineswegs alle nod) beweifen, wenn wir auch im Alltag mie ver-
vorhandenen Mißſtände auf das Schuldfonto geffen, daß jede Widrigfeit auch ohne ſachliches
de8 Kommunismus übertragen werden. Das Studium und ohne Spezialfenntnifie etwas
wäre zu billig und führt zu einem Selbftbetr ug, grundfäglich Pofitives in fih finden laßt, ſofern
den wir nicht nötig haben, zumal wir heute bis wir nur den Mut zum Suchen haben. Poſitiv
zum leßten Mann wiffen, was wir unfer dem fein heißt daher auch, es immer und ın jeder
Führer leiften Fönnen. So dürfen wir nad) den Lage bleiben zu wollen, glei) wie unflar
gewaltigen Erfolgen der beiden letzten Jahre der jeweils anzugreifende Zuftand ift oder wie
feftftellen, daß die Überwindung noch vor- fcheinbar programmmidrig eine noch zu ver-
handener Mißftände in erfter Linie von der feidigende Sache fein mag. Hier heißt «8, nad)
Größe unferes nationalfozialiftiihen Glaubens innen wie nach außen immer nüchterner
und nicht vom äußeren Umfang deg jeweiligen zu werden im Handeln und im Meden, ohne
Motftandes abhängig ift. „Nichts iſt ſchlimmer, Fühler zu werden im Glauben. Bei der
als die Angft davor!“, ift eine Lofung, die der 4, Reibstagung der D. A. F. bat
Aktiviſt ale Kämpfer beberzigen fol. Es kommt Dr. Ley erflärt, daß „der Nationalfozielismug
in erfter Linie darauf on, daß alles, was nicht der Sieg der Vernunft über die Unvernunft
fo ift, wie wir als Nationalſozialiſten es ung fei, daß wir lernen müßten, die Dinge vernunft-
vorftellen, von uns poſitiv betrachtet wird. gemäß und in ihren natürlichen Zufommenhängen
Dem Judentum beifpielsweife find wir su ſehen . ..“ Kühlftes Handeln und glühen-
von Anfang on nicht negativ als Anti- der Glaube find? nur durch Zucht und
femiten ſchlechthin begegnet, fondern in der unabläffige Schulung zu erreichen, eine
pofitiven Konfequenz völfifcher Naturnotwendig- fchwere aber notwendige Aufgabe. Die
keit. Und fo verhält es ſich auch auf allen oft betonte Syntheſe von gutem Glauben
anderen Gebieten. Alle Widrigfeiten wollen und gutem Können verlangt Wirklichkeits-
wir pofitiv ſehen. Wie oft ſagte ung nähe unferer Haltung. Wir Fönnen beifpiels-
der Führer, daß Widerftände nur dazu da weife unfer nationalfozialiftifches Freiheits—
find, um überwunden zu werden und wie- fireben nicht durh Sympathiefundgebungen für
viel pofitives Sehen gab er ung ferner mit irgendein DMegervolf zum Ausdrudf bringen,
der Weifung, daß dag Volk durch Teiften von um fo weniger, je mehr ein foldhes Verhalten
Widerſtand immer aufs neue die Kraft der Waſſer wäre auf die. ohnehin ſchon rührig
Führung erprobe. Wir wollen hierbei ſtets be- Elappernden antifafchiftifhen Mühlen aller
herzigen, daß die Kraft der Führung in funftio- Yauten und Jeifen Weltfeinde des Führer—
neller Verbindung fteht zur Difziplin der Ge- prinzips. Das Liberaliftifche Zweite Reich nad
folgichaft. Es ift nicht pofitiv, fondern das Bismard hätte dem Negus wahrſcheinlich ſchon
Gegenteil, das Tempo des weltanfchaulichen wieder ein herzliches Glückwunſchtelegramm ge-
Vormarſches in irgendeiner Angelegenheit in fchieft und eine „Haile-Selaſſie⸗Depeſche“ zum
den Kreifen oder Ortsgruppen nach eigenem Er- befannten ‚‚Krüger- Kabel” gejellt, ſtatt ver-
meflen zu befchleunigen. Warten Eönnen tft aud) nünftig neutral zu bleiben. Nationalpatriotiſche
pofitiv; wer es nicht gelernt hat, gefährdet viel- Biertifchftrategen, die heute emfig die Faͤhnchen
leicht fogar die Zeit des Meifens und fo den de8 Schwarzen Freiheitsfampfes fteden, werden
Erfolg einer Aufgabe. Der Nationalſozialiſt unfere außenpolitifhe Haltung genau fo wenig
fann feinen täglichen Dienft nur dann richtig veritehen, wie fie ung innenpolitifch in jener
feiften und feine Volksgenoſſen nur dann zu Zeit vor der Machtübernahme verftanden haben,
Nationalfozialiften erziehen, wenn er fich felbft ols uns das Fommuniftiihe Weltgefchrei um
immer wieder zum pofitiven Sehen und fo aud „Sacco und DBanzetti”’ und um die in Nord—
zum pofitiven Denken und entiprebenden Ver— amerifa zum Tode verurteilten „armen Neger“
halten erzieht. Wir können, gleich an welcher abfolut Ealt Tieß und „ſo ger nicht ein wenig
Stelle und mit wieviel Sternen oder Ligen am menfchlich mitfühlend“ fiimmen konnte. Wir

304
ſehen heute in der Erinnerung an das „Krüger⸗ onen Stüd geftiegen. Die Verknappung
Telegramm’ nur noch die teure Lehre, daß finft. Die Milchergeugung betrug in Deutfchland:
eine foldhe politifche Unbefonnenheit des un- 1913: 23,9 . Milliarden Liter
beberrfchten, fei e8 auch noch fo guten Gefühle
1918: 11,3 =
unermeßlich ſchadete.
1930: 21,7 = 7
Mit diefer nach dem Pofitiven ausgerichteten |
Haltung wollen wir uns in al dem Werden 1935: 24,0 — —
und Wachen, in dem Fragen und Klagen be- Die Landwirtſchaft Hat im vergangenen
wegen, dag die Männer der Bewegung täglich Fahr rund 280 Millionen Mark mehr für
umgibt, wie eine Kinderfchardie Mutter um- Betriebgmittelbefhaffung ausgegeben; für
drängt. Noch ift zwar die Bewegung nicht fo Düngemittel find rund 190 Millionen Marf
weit, dem Volksgenoſſen tatſächlich von der mehr ausgegeben worden. Die diesjährige Ge-
Wiege big zum Grabe in allen Lebenslagen Be— freideernte wird um 400 000 Tonnen böber als
gleiter zu fein und Kamerad bei all feinen Dies- im Borjahre angegeben. Der Mildyertrag pro
feitsforgen. Aber wir fühlen in allen For-⸗ Kuh ift im letzten Jahr im Durchſchnitt um
mationen der Bewegung, daß der gefunde Teil 125 Titer geftiegen. Micht weniger als 636 000
unferes Volkes nach diefer letzten Konfequenz Hektar Meuland, beinahe das Zehnfache des
der Totalität unferer Weltanfhauung verlangt. Sahres 1932, wurden in 54,6 Millionen Tage-
Die fih bieraus ergebende Univerſalität der werfen mit einem Koftenaufwand von 382
Schulung verpflichtet ung auch an diefer Stelle Millionen Mark gewonnen. Ferner weift der
zur zwar nicht aktuellen, dafür aber zufammen- Reichsnährſtand darauf hin, daß hinfichtlich des
faſſend grundfäglichen Beihäftigung mit den deutfchen Fettbedarfs die eigene Erzeugung feit
Problemen des Alltags der Bewegung. So fol der Machtübernahme von 48 auf 60 v. H. des
ung, der Jahreszeit und der politifchen Tage ent- Gefamtbedarfes geftiegen ift. Die Anbaufläce
fprechend, heute zunähft dag Ernährungs- son Ölfrücten ift in einem Sabre verdoppelt
problem beihäftigen. worden.
Schon in den alle Zeit Iehrreichen Lebens- Deutlicher läßt fih nicht beweifen, daß die
erinnerungen Friedrihs des Großen Verſorgung gefichert ift und niemand das Mecht
finden wir wörtlicd folgende Aufzeichnungen: bat, an die Dertnapungserfoekiingen der
„Dei der Aufmerffamfeit, die man an- Kriegsjahre zu erinnern.
wandte, alle ausländifchen Produfte zu wiſſen, 2. Diefe Erfolge fonnten errungen werden
die in das Land eingeführt wurden, fand man obne befondere Einfhränfungen und obne die
vermöge der Auszüge aus den Zollregiftern, daß Markenſyſteme anderer Megierungen. Obwohl
für 280000 Taler fremde Butter eingebracht das Dritte Meich jüdifhe Boykottmaßnahmen
wurde. Diefe Schwierigfeit mußte noch beboben aushalten mußte, die faft fo hart waren wie die
werden; auf jeden Fall aber war «8 — Weltkriegsblockade, find die im Wolf verbraud-
auch ſie zu überwinden.“ ten Ernährungsmengen nicht Eleiner, jondern
Im Grundſätzlichen ähneln dem auch unſere größer geworden. Was diefe Leiftung vor
Gegenwartsfragen. Wir wollen uns um einige der Gefchichte dereinft bedeuten wird, ift erft zu
Antworten bemühen: ermeflen, wenn wir nur einmal fur; an die
J. Eine ſchier lächerliche Verknappung ein- Zeit der Brot⸗, Butter-, Fleifch-, Mehl- und Be-
zelner Lebensmittel, wie Zitronen, Zwiebeln oder Fleidungsmittelfarten des Juden Nathbenau
der ernſteren von Fett und Schweinefleiſch kann denfen. Ein Rieſenſyſtem des Zwanges legte
nicht überſehen laſſen, daß die deutſche Volks— unfer Volk in Hungerfeffeln. Es geſchah aber
ernährung in ihrer Geſamtheit abſolut geſichert in einer Zeit, als nicht allein der Oſten noch
iſt. Darüber hinaus iſt eine ganz erhebliche uneingefchränft deutſch war, fondern als außer-
Verbrauchsſteigerung als Folge des allgemeinen dem noch weite Getreidegebiete Rußlands, der
Aufftieges faft reibungslos bewältigt worden. Ufraine, des Balfans und auch handelspolitifche
Bon Juni bis 5. September 1935 ift die Zahl Möglichkeiten mit neutralen Stoaten zur Ver—
der Schweine wieder um 2,6 Milli- fügung ftanden.

365

— — —
3. Im Weltkriege größte Zwangswirtichaft fagen, die Preife müffen gehalten werden, und
troß obiger Möglichkeiten und voller Goldkaſſen. 8 ift das Intereſſe aller, wenn wir fagen, die
Heute innenpolitifch völlige, nach außen wachſende Löhne müffen bleiben. Wir dienen dem Lande,
Ernährungs freiheit troß des Niefen- indem wir nicht nur in guten, fondern auch in
fampfes unferes auggebluteten Volkes gegen bie Ichlehten Zeiten den Preis garantieren und
jüdische Welt- Finanz. Mit ſechs Millionen ficherftellen. Wir dienen der Stadt, indem wir
‚balbverhungerten Erwerbslofen und hundert- die Ernährung in guten und fchlechten Zeiten
taufend Soldaten gegen den brutalften Gegner garantieren. Wir dienen beiden, indem wir
diefer Erde, dem Millionenheere verfügbar find, ihnen die gleichen Löhne und damit wieder die
der Tonnen von Getreide, Mais, Kaffee, gleichen Preife fihern. Wer nicht wuahnfinnig
- Baumwolle und Dliven alliährlih vernichtet, ift und fich nicht felbft vernichten will, der kann
um den Profit zu fihern. Wer dag nur ein in diefem Kampf um die Stabilität der deutfchen
wenig begreift, der kann ermeflen, wie unerhörf Wirtſchaft nur wie ein Mann Hinter feiner
es wäre, diefe oder jene kleine Unbequemlichkeit Regierung ſtehen.“
nicht fchweigend zu ertragen. 6. Soll die Nation widerwärtigen Ham fi e—⸗
4. Eine große Anzahl Volksgenoſſen, ins— rern zuliebe mehr Devifen für Settftoffe oder
befondere im Arbeitsdienft und in der Armee einmal leicht zu entbehrendes Schweinefleifch
eben heute bedeutend beffer und ferrreicher oder für Zitronen abgeben, als nationalpolitifch
als früher zu Haufe. Sie leiften auch mehr. und für den Arbeitsmarft verantwortbar wäre?
Jeder, den wir der Arbeitslofigfeit entreißen, Niemals wurde mehr Schweinefleifch verlangt,
wird Mehrverbrauder. In der Summe ein als gerade in dem Jahre, wo natürliche Witte-
Mehrverbraud des Volksganzen, den auch die rungsverhältniffe es einmal verfnappen. Wer
Ernährungsihlacht unmöglich ausgleichen Fonnte. fonft nie fämpfte, bat plötzlich
Der Verbrauh flieg von 1924 — 1934 um fanstifd um Shweinefleiidh ge-
85 Prozent, allein von 1933-1935 um kämpft. Anderes Fleifh war genügend vor-
30 Prozent. Die deutiche Eigenerzeugung dedfte handen. — Devifen fünnen heute nicht Privat-
im Hungerjahr 1924 rund 8O Prozent des Ge- wünfche befriedigen, fondern müſſen wichtige
famtverbrauhes. Die Erzeugung s- Nohftoffe bringen. Ohne Rohſtoffe feine Ar-
ſſch lach t bradte eine Steigerung der beit, ohne die Arbeit Feine Freiheit, ohne Frei-
Eigenerzgeugungum 7Proygentum heit Fein Brot, gefchweige denn Geld zum
minderte die Einfuhr von ausländifchen Lebens- Hamftern. Es gibt in Deutſchland
mitteln um 1000 Millionen Mark von zwei- faſt fein Problem um Fleifdh und
einhalb Milliarden auf nur noch eine. Im Fett, wenn die für normale An-
Jahre 1928/29 wurden nod für 4000 Millio- ſprüche augsreihbende Menge, die
nen Marf ausländifche Lebensmittel eingeführt, beute täglihb angeliefert wird,
lieg unverantwortbar gepumpt. mit Hilfe der DVerfäufer: und
5. Mehrverbraud und Erzeugung ohne Ein- KRäuferdifziplin fowie eines pri-
fuhrfteigerung fowie die ungünftige Ernte von mitivften nationalen Anftandes
1934/35 löſen natürliche Spannungen aus, die gerehtverteiltundfpyarfan ver-
durch freiwillige Opfer und durch Diſziplin des wirtfhaftet wird. Mur die Verteilung
faufenden Volksgenoſſen glatt überwunden befonnen halten ift alles. Den an der Devifen-
werden können. Trotz ungünftiger Wirterung verfnappung mitfchuldigen Klöftern follte fert-
und des großen auch materiellen Krafteinfaßes Iofe Diät vorgefchrieben werden. Die Winter-
zur Erzeugungsichlacht hat die Landwirtichaft hilfe kann alle nach dorthin gehenden Mengen
um der Volksgemeinſchaft willen die Lebens— -fiher gut verwenden. Schließlich fparen wir ab
mittelpreife gehalten. Ausnahmen wurden über- November auch am Völkerbund Devifen, die
wunden. Der Führer hat auf dem Bückeberg „einige Waggons Butter“ ausmachen Fönnen.
dieſen beiderfeitigen Opfergeift erneut heraus— 7. Rückſichtsloſer Kampf gegen
geftellt mit den Worten: Hamſterer und Selbftfontrolle der
„Es ift das Üntereffe aller, wenn wir pflichtbewußten Käuferfchaft muß jeden Verſuch

366
einer DBeunruhigung unmöglic” machen. Was nungen. Holland und Belgien find bier
find das für beinahe lächerliche Opfer vor der nicht ausgenommen, überall bricht eine Lebens—
Zotfache, daß der Führer ung den militärischen mittelpfuchofe aus, die die vorhandene Knapp-
Sreiheitsfrieg erfpart bat. heit natürlich noch ins Ungemeſſene ſteigert.“
8 Die Marktſchwankungen und Wer- Die B.D.-3. gibt folgende Darftellung der
fnappungen haben den Preis nirgends endgültig Preisentwiclung bei ung und bei den anderen:
ändern können. Die neue Marftordnung hat Butterpreisfteigerung im Ausland
fi) bewährt. Sie hat Angebot und Nachfrage (Bunipreife 1935 = 100 gefeßt)
Sept. Juni Aug Sept. Anf. Oft.
unter das eberne Gefeh des Wirtfhufts- 1934 1935 1935 1935 1935
friedvensim Volk geftellt und hat ferner Kopenhagen 109,4 100 114,3 138,6 152,0
Seeuwarden 106,8 100 114,9 149,1 211,2
gegen die Meltwirtfchaft durchgefeßt, daß der London, befte englifhe 103,2 100 109,5 118,6 126,3
Handel nicht mehr als politiihe Waffe gegen London, dänifche 105,4 100 109,2 127,1 137,4
London, eftländifche 74,7 100 112,5 126,4 135,7
unfer Volk mißbraudht werden kann. Während London, holländifyge 89,0 100 111,1 129,0 136,3
draußen in der Welt Unordnung und Unruhe London, fibirifche 76,3 100 108,5 124,5 131,8
London, auftralifche 84,0 100 110,7 132,6 143,6
ftändig wachfen, in Dänemark die Auf- London, neufeeländiihe 83,2 100 109,0 192,2 139,7
löſung und Neuwahl des Folfering nur des Dagegen:
Berlin, Marfenbutter 100,8 100 110,0 100,0 100,0
Butterpreifes wegen erfolgte, zeigt Deutfchland,
wie eine Volfsernährung vorbildlich organifiert Der Grund zu der Tebensmittelverfnappung
wird und außerdem gleichzeitig eine neue Armee in ganz Europa liegt zunächft in der teilweiſe
ihre Magazine füllt. Die Preffe berichter zu recht fchlechten Ernte diefes und des Vorjahres
diefem Thema beifpielsweife: und fodann in den Auffäufen Italiens für
„Bor kurzer Zeit erft ernfte Nachrichten über den Krieg in Oſtafrika ...
die Gärung in der DBauernfhaft in Däne- Die deutſche Ernährung ift durch die natio—
marf (Malutoftreif), heute Meldungen aus nalſozialiſtiſche Marktordnung im weientlichen
Titauen, die angetan find, Erinnerungen von den Launen des Weltmarftes unabhängig.
an die fchlimme Zeit der Bauernfriege herauf- Die Volfsernährung, ingbefondere der deutſche
zubeichwören. Die Hauptſtadt Komwno von Bauer, ift zum erftenmal in der Gefchichte nicht
der Milchzufuhr abgefchnitten, Polizei und mehr Sklave des Marftes. Kürzlich bat das
Bauern im Kampf und ein ftändiges Zunehmen deutſche Inſtitut für Konjunfturforfhung in
der Schießereien. Franzöfifhe Bauern einem Sonderheft die Großhandelspreife von
drohen der Regierung mit Steuerftreif und 1792 — 1934 zufammengeftellt. Hier werden
Gewaltmaßnahmen. Jenſeits des großen Teiches die ſchier unglaublichften NPreisfhwankungen
ringen die amerifanifhen
Farmer um feftgehalten, die in früheren Zeiten off fogar
ihre Exiſtenz. Ein äußerſt gedrüdtes Preis- von Jahr zu Jahr die Wolfgernährung er-
niveau freibt fie zu Verzweiflungsausbrüchen. Ihütterten und das Bauerntum zum ohn⸗
Und endlich das große DBauernfterben in der mächfigen Spielball der Marktlage machten,
Sowjetunion, in dem gleichen Land, das wie e8 heute einfach unmöglich wäre. Das zu
einft die Kornfammer der ganzen Welt war.” berückfichtiger gehört zur pofitiven Betrachtung
Ein anderes Blatt berichtet: unferer Ernährungslage. Wohl haben auch wir
„sn England hat die Butterfnappheit noch geringe Schwanfungen der Preife erlebt,
zu Preisfteigerungen um 25 bis 30 Prozent ge- fie wirften infolge der befcheidenen Einfommens-
führt. Die Mindeftpreife für Butter fliegen verhältniffe teilmeife ftärfer als fie tatſächlich
von 9 Dence auf 1 Schilling 1 Penny für das waren. Sie waren immer nur auf
Pfund. Auch die Margarinepreife fliegen. Aus einige beftimmte Produfte be-
Eftland wird dasfelbe berichtet, die dortige Ihränft und wurden bezwungen. National
fchlechte Ernte diefes Jahres hat nicht nur für ſozialiſtiſche Entfchloffenheit, wirtfchaffliche Weit- _
Butter, fondern auch für Eier, Brot, Käfe und fiht und modernfte technifche Hilfsmittel haben
Mil erhebliche Preisfteigerungen herbeigeführt. aus den Erfahrungen des Weltkrieges fowie aus
Auh Finnland und die ffandina- denen der leßten zwei fahre praftiiche Folge
v i ſchen Staaten melden ähnliche Erfcei- rungen gezogen, die ſich erft in der Zufunft

367

> — a a RE
*
EEE — —
a ME
& EN >.2 ae a a u ne TE ae EEE BEE Es EEE EL METE E - — ⸗ BIETET — —— * —
>
WEN —— a — — — — *
Be
Re — —
a a ERREE

EIN, R
SH
— *

een ES

. = ee FRE *
< Re — Er

richtig auswirken werden. Wenn es nunmehr durch Gerüchte oder Hamfterei Unruhe auszu-
bereits gelingen konnte, die Preiſe auf der Baſis Iöfen, wo die Negierung bereits öffentlich und
vom März 1935 zu ſtabiliſieren, dann muß wiederholt feftgeftellt hat, daß die Ernährung
mindeſtens für die unteren Einkommensklaſſen des Volkes gefichert iſt. Wohlgemerkt, es
auch die Preisbaſis oder Ernährungsgrund⸗ handelt ſich um eine Regierung, die nie ver—
lage geſichert werden können, die bei einzelnen ſprach, was fie nicht halten konnte. Dr. Ley
Produkten für die Deckung des Maſſenbedarfes bat darüber hinaus an die Volkskameradſchaft
notwendig iſt. appelliert und den Schaffenden unferes Volkes
9. In Deutſchland leiden bei aller ung mohl- zur Eröffnung des Winterfampfes zugerufen:
befannten DBeicheidenheit der Lebenspaltung „Die Mot der anderen ift aud
breitefter Moflen noh immer weit mehr unfere Notund wir wollenesals
Menihen an Über ernährungserfcheinungen, eine Ehrenfahe betrabten, ein
als am Gegenteil. Auch diefer Zuftand wird leuhtendes Vorbild der DOpfer-
überwunden, nicht durch Marken, fondern durd) willigfeit zu fein!” Mer dem nicht
Erziehung. Die befte Erziehung ift aub bier nachlebt, ſchließt fich felbit aus der Volks—
das eigene gute Vorbid. Ä gemeinſchaft aus, weil dag beite Wollen einer
Es muß an die „Difziplin im Kochtopf“ er- Megierung nicht wirfen fann, wenn das ſtaats—
innert werden. Eine Gaufrauenichartsleitung bürgerliche Gewiflen ichläft. In welchem Maße
bat hierzu kürzlich die treffende Feititellung ge- die Mißgunſt der Welt uns auch in diefer Hin-
macht: | ſicht beobachtet, beweift ein Artikel in der Aus—
„Die Frau, die wegen einer Fleinen Kochtopf- gabe 42 der in Holland erfcheinenden Wocen-
umftellung heute jammert, blamiert ſich ale zeitung des Jeſuitenpaters Fridrib Muder-
Hausfrau felbft und weiß nicht wie fehr. Denn mann, dem e8 offenbar noch nicht genügt, daß
eine einigermaßen gewandte Hausfrau Sagt fi: feine geiftlihen Brüder mitfchuldig find an der
Es muß doch nicht gerade immer nur die Dicffte Devifenverfnappung. Dort wird die DBehaup-
Butter femmel, die fettefte Wurft, Schweine, fung aufgeftellt, daß in Deutfchland die Eier
braten und Schlagrahm fein, es gibt ia Ochſen⸗, 20-40 Pfennig koſten. Der beiondere Wis
Kalb- und Hammelfleifh, Wild, Geflügel und bei diefer typiſchen Lüge ift noch, daß gerade in
Fiſch, Mehl, Eier, Gemüfe und Obft in Hülle Holland die Preife für Brot, Fleiſch, Fett,
und Fülle, die mir fo viel Abwechſlung im Käſe, Wurft und fogar für Steinfohle (3 holl.
Kochen geftatten, daß ich die augenblicklich Gulden mehr je Tonne) weſentlich fteigen.
etwas knappen Lebensmittel fparen kann, ohne In der DBelgrader „Pravd an” gibt
mit meinem Gpeifezettel in irgendeine Ver— Dr. Grdfhitfh in einem ausführlichen
legenheit zu kommen.‘ | Artifel die entſprechende Antwort fo, wie wir
Schließlich denke man daran, daß im der e8 jelber nicht beffer tun Eönnen. Es heißt da:
Tſchechoſlowakei dreiviertel aller deutfchen Ar- „Niemalshatdasdeutſche Volf
beitsfähigen erwerbslos find und mit „Ulnter- fihb weniger vor dem goltenen
füßungen‘ von wöcentlih 1 und 2 Mark zu Kalbe gebeugt, als jest Es
Zaufenden verhungern. Ihbeint,daßdieewigeErfahrung,
10. Die Gefamterfolge der Reichsführung, daß der Arme fkolger ift und das
in diefem Falle ingbeiondere der Planpolitif Geld weniger anbetet, als der-
unferer zielbewußten Neichswirtichaftsführung jenige, dem es im Überfluß ge-
und die ftillen Opfer jedes mit geringitem Lohne gebenift,nihtnurfürdeneingel-
ſchaffenden Arbeiters in dem fchweren Ringen nen gilt fondern auch für ganze
gegen eine Welt von Widerftand find io groß Völker Man muß erfennen, daß
und einzigartig, daß es nichts gibt, wag erbärm- die Deutſchen eine geradezu fel-
liher wäre als dag Ablehnen oder hinterhälfige tene Difziplin zeigen Ohne
Umgeben gewifler AUnbequemlichfeiten. Wer Murrenfhnallenfieden
Riemen
bier nicht Difziplin halt, ift ein Verbrecher. enger,eifenmehbr Kartoffelnund
Nichts kann undenkbarer und törichter fein, ale weniger Fleiſch, nur damit ein

368
Arbeitslofer mehr gu Arbeit und orientierung der Wiffenichaft Bahn gebrochen.
Brotfomme” die ohne Übertreibung fhon in ihren genen-
wärtigen Anfängen ale eyohale Mundlung
— des deutſchen und des Weltgefchichtsbildes be-
Soweit die Ernährungsprobleme. Es könnte zeichnet werden darf. Die „Schulungsbriefe‘
der Gegeneinwand kommen, daß alle poſitiven des Jahrganges 1935 und alle ihre eifrigen
Argumente letzten Endes doch die negative Tat- Leſer Fönnen daher ftolz fein, in diefem Abfchnitt
fache des Devifenmangels nicht hinwegleugnen des neuen Werdens frühzeitig mitgefämpft zu
fönnten. Dem ift entgegenzuhalten, duß Die haben, damit die geiftige Neuſchöpfung nicht nur
rationelle Devifenbewirtichaftung nicht vom eine von oben gegebene, fondern in der geſamten
Ausland, fondern von der deutſchen Regierung Bevölkerung lebendig wachlende wird. Sp wer-
organifiert wurde und ung die pofitiven Gewinne den in der Bewegung Stimmen laut, die nun.
einbrachte, daß Deutfchland nicht mehr nach dem mehr fordern, „daß der Schritt von der vor-
berühmten Mufter von 1918 durd Vorent⸗ wiegend politifchen Formung unferer Tage zu
haltung von wichtigen Rohſtoffen auf die Knie der geiftigen weltanfchaulihen Welle des aroßen
gezwungen werden konnte Niemand Geichehens unferer Zeit getan werden müſſe“
weiter als die eigene Reichs— (Dr. Walter Groß). Das Volksheer hat feine
führungbeſtimmt das wirtſchafts— Afademie befommen Der Jahrgang
politiſche Schickſal der Nation. 1914 ftebt nun im Glied. Ein Neid es.
Sicher könnte das Deviſenproblem eine leichtere inftitut für Geſchichte des neuen
Löſung finden, wenn wir uns die Preiſe von Deutfchlandg ift eingefeßt worden, um in zehn
draußen vorſchreiben ließen zu Laſten unſerer Jahre langer ftiller Leiftung eine Geiftesichlacht
Volkswirtſchaft, alſo nur der bekannte Syſtem⸗ zu Schlagen. Mächtige Shulungsburgen
fehler des Schleuderexports brauchte beibehalten unferer Weltanfhauung find an verfchiedenften
zu werden, um es einigen bequemer zu machen. Stellen des Meiches von dem darum befonders
Das geſchieht nicht und bleibt uns ſolange er— verdienftvollen Dr. Ley und dem Meiche-
ſpart, wie jeder anſtändige Volksgenoſſe berert ift, fhulungsleiter Dr. Frauendorfer ihrer wichti-
lieber in Freiheit zu entbebhren, gen Beltimmung übergeben oder gegründet
als in Abhbängigfeit zu praffen. worden. Sie find der Anfang noch größerer
Und nun Schluß mit dem Thema der Pläne. Der Alltag wird leichter, wenn das
menfchlihen und induftriellen Rohſtoffbeſchaf— Machen der Schwingen deutfcher Geifteg-
fung. Wohl ift an allen Mevolutionen der fraft fo im Auge behalten wird. Erinnern wir
Magen enticheidend beteiligt, aber wir ver- nod) an die folgerichtige Fortfeßung der Erb-
geflen deswegen niemals die Führerbedeutung gefundheitspflege. Durch dag Gefek zum Schuße
von Herz und Hirn, durch die dem deutichen der Erbgefundheit des Volkes vom 18. Oktober,
Menſchen im Dritten Neich eine neue Haltung dem am 1. Januar 1934 das Gefek zur Ver—
gegeben wurde. In einigen Gauen wird bereits bütung erbiranfen Nachwuchſes und am 15. Sep⸗
eine „geiſtige Winterhilfe‘’ in Form von Bücher- tember 1935 das Gefeß zum Schuße des beut-
fammlungen, Deranitaltungsfreifarten u. dal. ichen Blutes vorausgingen. Wie notwendig diefe
organifiert. Die unendlich weiten Erfenntniffe Gejeße waren, bemweifen die nachitehenden Zah-
der neuen deutihen Vorgeſchichts— len. Nach einwandfreien ftatiftifchen Feftftellun-
forſchung, wie fie fih offenbart haben auf gen waren von allen Geborenen auf Grund erb-
der Ießten Tagung in Bremen und gleid- licher Anlage: 1,5 9. H. ſchwachſinnig, 0,25 9. 9.
zeitig in einer Derliner Vorgeſchichts— idiotiſch, 1,5 v. H. geiftesfranf, O, 15 v. N.
ausftellung im Schloß „Bellevue, richten epileptiſch, 7 ©. H. pſychopathiſch, 0,015 v. N.
den deutichen Menichen aus der Größe einer blind, 0,074 v. H. hochgradig ſehſchwach,
einzigarfigen Gegenwart auf eine ungeahnt 0,025 v. H. taubſtumm, 0,075 v. H. hochgradig
ftolge, erbebende Vergangenheit aus. Die gerade ſchwerhörig und rund 10 v. H. körperlich
vom Dntelleft fo verächtlich angeſehene natio- ſchwach und ſiech. Umgerechnet auf das Volk
nalfogialiftiiche Bewegung bat bier einer Meu- von 66 Millionen würde das auf die Dauer

369
rund 13,5 Millionen erbungefunder Menſchen Und wer do ſtöhnt und glaubt,
bedeuten. Der Neichsärzteführer veranſchlagt die es ſeifrüher vielleicht ſchöner ge—
finanzielle Beloftung, die durh die Erb- wefen,daesnohzufämpfenpalt,
ungefunden entfteht, auf etwa 1,2 Milliarden deriftein Narr, oderderiftblind
MM. pro Jahr. | auf beiden Augen. Der ift durd den
Wem diefe Zahlen nicht alles jagen, was ge- Kampf, durch den er gewachien ift, in befiimmten
fagt und erfannt werden muß, dem ift nur durd) Jahren und unter beſtimmten Verhältniſſen
die Unbeirrbarfeit der Führung zu begegnen. offenſichtlich ſoverbiſſen, daß er die Front des
Wer feine Staatsbürgerpflihten nicht nur im großen Ringens unferer Zeit nicht überſteht und
Steuerzablen ſehen will, der muß ſich gerade nicht merkt, daß in Wahrheit feine Tätigkeit
auf diefem Gebiet geiftig rüften und ausbilden. ols unermüdlicher Kämpfer für etwas, das groß
Der Leiter de8 Naflenpolitiihen Amtes der und zufunftsträdtig ift, heute mehr als geftern
NSDAP. Dr. W. Groß, bat Fürzlid vielleicht erforderlich ift...
die Entwicklung von der politifhen zur geiftigen So fol der Winterfampf ung alle immer noch
Mevolution behandelt und dem Aktiviſten der entfchloffener und noch rühriger in der Klein-
Bewegung dabei gelingt: „Wenn aub an arbeit finden, denn die Aufgabe liegt im der
Dusenden von Stellen das Tempo der Außeren weiteren Verwirklichung der Lofung: Der
Entwicklung, das Revolutionäre, Umbrechende FührerifipiePartei— die Partei
in der äußeren Formung und Geſtaltung irgend⸗ ift Deutfhland. Beherzigen wir für den
welcher Lebensvorgänge der Nation anders ge⸗ füglihen Dienft, den die Mation von uns
worden iſt, wenn hier und da an die Stelle fordert, die erhebenden Worte des Präfidenten
eines Kämpfers, des Mannes mit dem heißen Prof. Dr. Walter Franf in ver Er-
Herzen, ein Arbeiter treten mußte, der jetzt ſtill öffnungsſitzung des Meichsinftituts für die Ge-
und unermüdlich auch die kleinen Dinge des fhichte des neuen Deutſchlands:
kleinen grauen Alltags durchführt, ſo iſt dieſer
„Gott gab uns die Gnade, in einem Zeit.
Mann im großen und ganzen doch genau ſo
alter der großen Erlebnifle nen geftaltend ans
verdient und genau ſo unentbehrlich, wie jener,
Werk zu geben. Er riß Mauern vor uns nieder,
der einmal an dieſer Stelle als Brauſekopf
die den Blick unferer Väter zwangsläufig ver-
und Verkünder neuen Lebens ſtand. Wenn wir
engen mußten, er ftieß Tore auf, die den Blick
das alles wiſſen, dann bleibt trotzdem, bei dem
in neue Weiten öffnen. Er ftellte uns mitten
Blick auf die Zukunft, das andere nun an
hinein in ein großes Stirb und Werde und
zweiter Stelle als ſelbſtverſtändliche Erkenntnis.
fpra zu ung: Fanget an!
Weil das Ringen um den großen Gehalt
unſerer Tage nicht abgeſchloſſen iſt, deshalb gibt Gott gab aber auch diefe große Aufgabe nicht
es nicht und kann es feine Ruhe geben für den- für die Leichtfertigen, Tondern für die, die um
jenigen, der irgendwie an diefem Mingen inner- ihretwillen fich zu verzehren bereit find von der
lich Anteil genommen hat. Jugend bis zum Ende...”

ORION IDINIITNIIIINITATITNS
Ünteren Arbeiter bedrückte, daß man ihn aug der Gemeinfchaft der
Schaffenden herausgeftellt hatte, Daß dem fo war, dag bermögen
wir wahrhaftig zu eriehen, wenn wir heute erkennen, mit welchem
Heroismus der deuriche Arbeiter feinen knappen Lohn erträgt, weil
das Vaterland jegt vor allem Mittel zu feiner Wehrhaftmachung
braucht, Fürwahr, es iſt ein Heldentum, dag wuͤrdig manchen anderen
Dingen zur Seite teht: dag zu ertragen, ohne zu Klagen und es lelbſt
noch als Notwendigkeit zu erfaflen, dag könnte kein Arbeiter der
anderen Völker. Danken wir Gott, daß der Deutiche Arbeiter fo zu
feinem Volk und Vaterland zurückgefunden hat,
HERMANN GOERING

370 10
Don Dr. Bernhard Kummer

Zwifchen Kaiſer Karl und Luther Tiegen endet im Zeitalter der Entdeckungsfahrten und
fiebenhundert jahre deutfcher Geſchichte, nenau der Buchdruckerkunſt.
fo viel, wie zwifchen Armin dem Cherusker und Diefes Mittelalter war beberrfht von
Kaiſer Karl. Im erften Sahrhundert unierer einer lateinischen Vormundſchaft des deutfchen
Zeitrechnung wird der römifche Imperialismus Lebens und Glaubens, der deutſchen Sprade
von den Germanen befiegt. Im acht en Jahr⸗ und Sitte, der deutfhen Kunft und Politik.
hundert wird der König der Sranfen „römiſcher Aber e8 lebte aus einem Erbe germa-
Kaifer” in Deutfchland. Am Anfang des fcd- nifher Gefittung und vereinigte ficb mit
zehnten Jahrhunderts fteht ein deutiher Mönch der fremden Bildung oder wuchs im Kampf mit
vor dem römischen Kaifer des Heiligen Römiſchen ihr zu einem neuen Wert.
Meiches Deuticher Nation und frennt Deutich- Zwiſchen germanifchen und antigermanifchen
land und die nordifchen Länder innerlich los von Kräften fpann fih das deutfche Leben. Läßt
der Seele dieſes Meiches, der Kirche Noms. einerfeits zu Beginn diefer Zeit ein Kaiſer
Mit Kampf um den rechten Glauben und um die Heldenlieder germanifcher Mundart aus heid-
die Glaubensfreiheit beginnt und fchließt dag nifcher Zeit vernichten, fo fchreibt andererieite
Mittelalter. Es beginnt mit Widukinds Taufe ein Mönch in lateinischen Derfen ein waffen-
und endet in Wittenberg in der Stunde, da frohes Lied von germanifchen Königsfindern, von
Luther den Bann des Papftes ing Feuer wirft. Walther, Hagen und Hildegund. Und am Ende
Es beginnt mit Ergebung aller Ehriftenheit in no, als fhon Martin Luther feine erften
die „eine, heilige katholiſche Kirche”, und endet Schritte ing Leben tut, verbietet der Erzbtichof
mit Proteſt gegen fie, mit einem Ausbrechen aus in Mainz „riftlihe Bücher“, die „über gött-
allen Grenzen und Mauern ihres Dereichg, mit lihe Dinge und über die höchſten Wahrheiten
einem Ausgreifen unferes Denfens und Glau- unferer Religion gefchrieben find‘, aus dem
bens in eine neue Welt. Es beginnt mit dem Lateinischen ins Deutfche zu überfesen, eine
lateiniſchen Kirchengeſetz Karls und der Klofter- Sprache, die, wie er meint, in ihrer „Armut“
ſchule, und es endet mit Luthers Bibelüberfesung als Ausdruck unferer Religion niemals „genügt”.
und mit Hans Sachs in Nürnberg. Es beginnt Er erklärt es ale eine „Schmach für die
im Frieden Flöfterliher Abgeſchiedenheit und Reli gton“, daß fi derlei Schriften bereits

II 371
‚in den Händen des gewöhnlichen Volkes be- Südens, die den Morden nicht verfteht, kann
finden”. Aber ein Mönd, in allen diefen ung den Sänger deutfcher Gefittung nicht ent-
Schriften wohlbelefen, belaufcht auf Marft und werten.Es H Waltbervonder Vogel
Gaſſen das Volk und feine Sprade, um ihm weide,
die „Heilige Schrift” neu auf Deutfch ing Herz Er ift nur einer von den großen Deutfchen
zu Schreiben. Und zwifchen dem Mönch in St. jener Zeit, die den deutfchen Geift und die deutfche
Gallen, der das Waltharilied fehreibt, und dem Kunft nach aller Überfremdung mit romanifchen
in Wittenberg liegt genau in der Mitte der große Bildungsgut wieder befreiten und zu einer Blüte
Gipfel deutſcher Sprache, deutfcher Kunft, deuf- brachten, wie fie erft fehshundert fahre ſpäter
fcher Sitte, deutfcher Frömmigkeit. Bon diefem wieder zur Zeit Schillers, Goethes und Kants
Gipfel allein, den das Volk erflomm, läßt fi erreicht worden ift. Erreicht und erfämpft im
das Mittelalter überbliden. Miderfprud gegen die fremde Geifteshaltung
von Süden, Welten und Often, gegen die Ent-
Der Kampf um deutiche Sitte würdigung der heimatlihen Sprache und Ge-
ſchichte zugunften der lateiniſchen Gelehrfamfeit,
„Hab' der Lande viel gefehen
gegen die Durchfeßung ererbter germanifcher Ge-
und die Beſten gern befudht.
fittung mit einer fremden Zivilifation.
Übles aber möge mir geicheben,
Hatte auch der blutige Kampf geendet zwifchen
wenn ich je mein Herz verſucht,
römifchem Chriftentum und germaniſchem Heiden-
fremder Sitte nachzugehen:
tum, zwiſchen Karl und Widufind, fo war doc
Üiber alles geht die deutſche Zucht."
das Ringen geblieben zwifchen germanifcher Ge-
„Bon der Elbe bis zum Rhein fittung und all dem, was dem Gittlichfeits- und
und hinab bis in der Ungern Land Moralgefühl germanifcher Art widerfprad.
müflen doch die Beſten fein, Immer wieder verdarb deutfches Weſen an
die mir in der Welt befannt. fremden Sitten, und immer wieder Itanden
Kann ich recht erfchauen | Männer und Frauen aus der Tiefe des Volkes
Edle Haltung, guten Sinn und Yeib, auf und gaben dem hriftlichen Mittelalter dag
fchwöre ich bei Gott, daß hier des Volkes deutſche Gewiflen.
Frauen Als die Testen nordgermanifchen Heiden die
edler ſind als fremdes Edelweib. römiſche Prieſterſchaft über ihre Götter ſiegen
Tugend und reines Minnen, ſahen, ahnten ſie auch die ſittliche Gefahr, die
wer die in der Welt nicht fand, immer ſich einſtellt, wenn ein Volkstum dag ver-
der ſoll kommen in unſer Land: achten lernt, was ihm bisher heilig wor. Bei
Lange möcht ich leben darinnen.“ allen Nevolutionen und Befehrungen — heute
wie einft — befennen fih auch Heuchler zum
Das iſt dag erſte „Deutſchland über alles”, Neuen; „Konjunfturritter geben leichteren Her-
Ein ritterliher Dichter, ein fahrender Sänger zens als wertvolle Menſchen das preis, was
aus der- Zeit des Kaifers Friedrich Barbaroſſa, ihren Ahnen für wahr und guf gegolten hat.
bat e8 gefungen. Geboren in Tirol, durchzog er Mit ihrer Hilfe und ihrem Fäuflihen Gewiflen
Deutfchland und Oſterreich, beſuchte Mitter- bat die römische Miffion den Germanen gezwun⸗
burgen, Fürftenhöfe, Städte, befang die Ehre gen, dag zu Jäftern, was ihm feuer gemwefen.
der Frauen und verflagte die „welſche Sitte‘, „DBerbrenne, was du angebetet haft. Bete an,
den Papft und jene, die in feinem Namen treu» was du verbrannt haft’ lautete die Formel, die
108 wurden an Kaifer und Reich. Sein Denf- Bifhof Remigius bei der Taufe des Franfen-
mal ſtand in Bozen. Es ſtand dort. Das Denf- fönigs Chlodwig ſprach. In einem germa-
mal des römischen Feldherrn und Germanen- nifhen Volk aber war Irdifches und Himm-
feindes Drufus fom an feine Stelle. In des lifches ftets eng verbunden, Erde und Blut und
Cäſars und des Auguftus Lande, dem Bozen Herd waren fo heilig wie des Priefters Hand,
jest gehört, gilt diefer unfer Dichter deutfcher des Fürften Schwert, der Mutter Segen. Die
Sitte als „Barbar“. Aber die Zivilifation des Ahnen und ihre Ehre, die die Lebenden ver-

372 12

N
RR
pflichtete, ehrenvoll zu Teben, waren nicht zu derbenden Einfluß fchlechter Priefter zu jagen,
trennen von den Göttern: Starben die Götter „im Namen des Herrn’:
und fanf die heilige Donarseiche unter dem Art- „Me Zungen follen zu Gott fohrein um
hieb des eifrigen Miffionars, fo löſte ſich auch | Waffen,
ein fittlicher Halt in den Menfchen diefer Über- und rufen ihm, wie lang er wolle ſchlafen;
gangszeit. Und ehe die neue Lehre aus dem Sie widerftreiten feinem Werf und fälfchen
Süden eine neue Sittlichfeit tief in die Herzen ihm das Wort;
ſäen Eonnte, entartete vieles in der germantfchen und fein Verweſer ftiehlt ihm feines Himmels
Melt, zumal die Priefterfehaft zum Teil jelber Hort,
entartet war. | | fein Hirt ift worden Wolf unter feinen
Daher kommt e8, daß wir dag Erbe ger- Schafen.’
manifcher Gefittung im Mittelalter immer im Hier geht dag Bekenntnis zur deutfchen Ge⸗
Kampf fehben mit Entartungen, die fittung in einen Kampfruf gegen den politifchen
wohl ſchlimmer find als das, was auch in heid- Katholizismus über und zeigt ung, daß wir auch
nifcher Zeit bei Menfchen unferes Blutes an dag deuffche Mittelalter, wenn wir in ihm nad
Schlimmen möglich war. Daher fommt es aud, dem Erbe germanifcher Gefittung fragen, als eine
daß gerade Walther von der Vogelweide in jener KRampfzeit fehen müſſen, die ihre Span⸗
Zeit, da fich der deutfche Geift wieder zu fi nungen, Siege und Niederlagen hatte.
felbft zu finden fcheint, auch die Gefahren
fiebt. Faſt mit den Morten eines Liedes der Die Klöfter machen Geſchichte
Edda, das die firtlichen DBegleiterfcheinungen des Es gibt nur eine Pforte, die ung einführt
Glaubenswechfels und Götterunterganges Fenn- in den Geift des Mittelalters: dag ift das Tor
zeichnet, klagt er: | eines Klofterg jener Tage. Dort ift dag Zentrum
geiftigen Lebens, und dort begegnen ſich alle, auch
„Der Vater bei vem Kinde Untreu findet,
die politifchen Elemente der Zeit. Aus der
Der Bruder feinem Bruder lügt;
Zelle wandert dann der deutfche Geift wieder
Der Pfaff im Priefterfleid betrügt,
hinaus ins Land, auf die Burgen und in die
Der uns zum Himmel follte weifen,
Städte.
Gewalt geht auf, Recht vor den Richtern
Die erften Jahrhunderte zeigen da-
| ſchwindet.“
ber den „geheimen Schaden an unferem Volk
Und er, der „gut kaiſerlich und katholiſch
fromm, aber kein Schmeichler der Fürſten und
ein gewaltiger Feind der päpſtlichen Anmaßungen
und Übergriffe war’ (Bartels), reißt ſich los
vom heiteren Defingen der Frauen und der Liebe
in grüner Heide beim Nachtigallenichlag, um ein
hartes männliches Wort gegen den fittenver-

Walther von der Vogelweide

13

EEE A TESTER EEE NE OD ee ET EEE


EEE
re a LEITETE
ee TE
— *

durch die Verkümmerung der Genies germaniſchen Himmel, Höle und Fegefeuer zeigten und Die
Blutes in lateiniſch⸗-klöſterlicher Zucht“ (v. Wins ung Walahfrid in Verſen überliefert. Sie ver-
terfeld). Die Blütezeit des Mittelalters mitteln ung nicht nur den vollen Klang Elöfter-
zeigt die wunderbare Erneuerung des germani- licher Frömmigkeit und Senfeitshoffnungen,
ihen Erbes unter dem neuen dhriftlich-mittel- fondern fie zeigen auch, wie man beginnt, die
alterlichen Leben der Sänger und Mitter auf geheimften Dinge der Religion politiſch
den deutfehen Burgen. Das Ende zeigt den nußbar zu machen. So etwa, wenn die „Viſion“
Verfall der Mönchs- und Nitterwelt, dag Leid dem Sterbenden offenbart, wie der große Karl
des bäuerifchen Volkes und den Aufftieg des im Fegefeuer für feine fittlihen Ausſchweifangen
Bürgertums in den Städten. Don den Abteien büßen muß, und wenn der Dichter folher Nifion
der MNeichenau und St. Gallens geht der Weg diefen „Stoff nicht nur benußt, um fich bei
diefer Zeit über die Wartburg und ihren Vorgeſetzten im Klofter, deren „Geißelhiebe“ er
„Sängerfrieg” nah dem Mürnberg Hang fürchtet, einzufhmeicheln, fondern auch, um ſich
Sachſens und Albrecht Dürers. dadurch für oder gegen die Partei des Kaifers
Es war drei Jahre nach dem Tode Kaifer Karls. oder feiner ihn auf Leben und Tod befämpfenden
Auf der „Reichenau“, der „glüklichen Inſel“ Söhnezu befennen. Wie von bier aus „Ge-
im „Onadenfee”, wurde dag Münfter geweiht. ſich ich tegemacht“ und „gefälfc tr” wor
Ein fiebeniähriger Knabe, den fein Vater, ein den iſt, das wird uns deutlich, wenn wir leſen,
verarmter Edelmann, in die Klofterfchule geneben wie dieſer alemanniſche Knabe, den das Kloſter
hatte, ftand dabet mit feinen Kameraden; ein ſechsjährig zu ſich nahm, ſich beim Kaiſer Lud-
Ihwächliher Junge mit furzfichtigen Augen und wig, dem „Frommen“, beliebt macht mit einem
fhielendem Blick, aber warmen Herzens und Gedicht über das Standbild des Goten Theo-
hellen Verſtandes: der erfte „‚deutfche Dichter”. dor ich. Karl hat das Standbild dieſes echte-
An jener Weihe einer farolingifchen „Baſilika“ ften germanifchen Volkskönigs, der arianifcher
entziimdete fich fein Dichtertum, und bald begann Ehrift und deshalb dem römifchen Prieftertum
er in feinem Scullatein frühreife Verſe zu verhaßt ward, von Ravenna nad Aachen vor
fchreiben über das gewaltige Bauwerk, deſſen feinen Palaft gefchafft. Der dichtende deutfche
ältefter Teil ung noch heute den ſchweren roma- Mönch fehildert nun im Stile römischer Tod—⸗
nifhen Bauftil zeigt, oder über den ftillen feinde des Gotenfönigs diefen als einen „hab-
Kloftergarten, defien Blumen und Kräuter er füchtigen, eitlen und graufamen Iyrannen, ein
alle befingt und in deflen Frieden fein greifer der Menfchheit verderblicheg Ungeheuer, dag die
Lehrer, umgeben von feinen alemannifchen Klofter- gerechte Strafe feiner Untaten erleide, einen
fnaben, fist. Walahfrid Strabo, diefer wahnfinnigen Löwen, den der ganze Erdfreis ver⸗
Dichter der Reichenau unter Ludwig dem „From⸗
men’, wurde Mönd, wurde Abt und zualeich EU nallı wel lt

DRAN
4, il Neil JERBERE ARE!

ein Stern am Himmel des frühen Mittelalters.


In feinem Werke fpiegelt fi) wie fpäter in dem
Walthers und Goethes, fo- „lateiniſch“ 28 ift,
dag ganze deutfche Bild jener Zeit. Abt. Heito
von der Reichenau war berühmt im Rate Karls, ul
war Teftamentszeuge des Kaifers und Gefandter
in Konftantinoyel. Sein Vorgänger in der
Klofterführung, Waldo, war ale „Gewiſſensrat“
des Kaifers abberufen worden aus der Ffläfter-
lichen Stille. Da nun die Welt mit ihrer Bil.
dung und ihrer Politif dag Leben der Mönche - N}
ergriff, nahmen fie an dem Streite draußen auf
ihre Weife teil. Der greife Wetti, Walahfrids
Lehrer, wurde fterbend noch „erleuchtet von
„Viſionen“, die ihm nad damaligem Gluuben

374 14
flucht, eine verderbliche Peſt, die den Erdkreis vertreter“ und damit den Vormund zu prä
mit blutigem Morde heimgeſucht habe aus ge— fentieren. |
meiner Habgier “Und dann feiert er As Kaifer Karl ftarb, mußte der ſchwäch—
als Tichten Gegenfaß dazu Ludwig, diefen lihe Erbe das Fünftlihe Gebäude dieſes
ſchwächlichſten aller Kaifer, um ibn für bie Reiches der ftreitbaren Kirche und feinen nicht
Intereſſen des Klofterg zu gewinnen. Bon diefer minder ftreitbaren Söhnen zur „Teilung“ über-
mönchiſchen Verläſterung eines germanıfcen laſſen. Wohl bildeten ſich, je mehr Karls Kaifer-
Edlen haben viele andere „Geſchichtsſchretber“ tum fhwand, die Stammegfönigtümer neu und
ihr Bild von germanifhem Führertum bezogen. wehrten fid aus völfifcher Kraft gegen Mor-
Aber draußen in der Welt lebte der Geift mannen, Slawen und Ungern. Aber die Art,
eines Theodorich wie der Geift eines Karl. Ee mit der feit jener Teilung nach den Wünſchen
lebte die Liebe zu einem Widukind unt die fürftliher GSelbftfuht unter den Enfeln Karls
Bewunderung oder Ehrfurdt vor dem fränfifch- mit deutfchen Ländern und Stämmen „geban-
römifchen Herrfchertum. delt“ wurde, das war eine befchämende Hinter-
laſſenſchaft der karolingiſchen Dynaftie, die ihr
Germanifches Führertum und römifches Neid) auf einen Herricherwillen und auf die
Kaifertum römifhe Kirche gebaut hatte, flatt auf die ger-
Im Dom zu Bamberg ſteht unter den Bogen manifche Seele des Volkes. Diefer Dynaftie
des herrlichen Baues ein Reiter, die Hand am mußte das Neid) deshalb, als der große Herricher-
Zügel, den Blick geradeaus. „Jeder Zell ein wille ftarb, unter den Händen zerrinnen. Der
König”, hat man von ihm, den wir nicht Eennen, legte Franke auf dem Thron empfahl fterbend
geſagt. Kein orientalifcher Herrfcher über feinem feinen Gegner, HDeinrih von Sabien,
beberrfchten Volk, fondern ein deutſcher Wolfe. zu feinem Nachfolger. Von dem einftigen Tod—
fönig inmitten feines Volkes! Ihm verwandt feind Karls, aus heidniſchem, ſächſiſchem Stamm,
nah Haltung und Antlis fteben Fürften und der der gefündefte unter den deutfhen Stämmen
Fürftinnen im Naumburger Dom, in Freiburg war, fam die Erneuerung des deutfchen
und | anderswo. Germanifhe Führergeftalten Staatsweiens. Aus germaniihem Erbe, ger-
hriftliher Zeit haben immer wieder big in die. manifhem Wehrwillen und Volkskönigtum er-
Heiligtümer hinein dag Herz des Volker be neuerte fi fo der uralte Kampf der nordifchen
zwungen. Unter ihnen ſchuf das Volk an feinem Raſſenſeele gegen Often und Süden. Der Sachſe
Erbe germanifcher Gefittung fort. Ja, nad dem Heinrich L, vermäblt mit einer Frau aus
Bild des Bamberger Reiters ließ fi das Wolf Widukinds Geſchlecht, Iehnte bei feiner Krönung
fogar die Geftalt Jeſu als die eines Gerolg- die Firchliche Salbung und in feinem fatenreichen
ſchaftskönigs germanifcher Art veranſchaulichen Wirken auch jede Verbindung mit der Kirche
und folgte denen, die im Namen eines ir ge- ab. Er hinterließ feinem Sohne Otto L., den
arteten Chriftus in das Land feineg Grabeg wir den Großen nennen, die fefte Grundlage
sogen, um in ferner Fremde gegen die Ungläu- eines freien Deutfchen Neihes. Otto, nad
bigen zu ftreiten. Und dag Volk ftritt leichteren feinen gewaltigen Siegen über Sranfen, Wen-
Herzens, je mehr der Führer, mit dem es aus- den, Polen, Böhmen, Ungarn und fchließlic
gezogen, wirflih Führer, und je weniger er Dtaliener, ftellte das deutihe Volk, ſächſiſch
Dulder war oder Weltenrichter. geführt, dur die Gewinnung der Kaiferfrone
Aber die Geihichte des Mittelalters hat auch in Nom an die Spitze der abendländifchen
andere Bilder: Kaifer im Büßerkleid, im Staub Völker.
vor dem Papft in Rom. Karls Reich war nicht Daß aber auch dieſes germaniſche Führertum,
geboren aus des Volkes Seele, wie dag unfere, das den Staat der Deutſchen ſchuf, ſich ſelbſt
Karls „einziger Herr‘ war nicht, wie fonft ger- wieder verlor, d a 8 dankte es der fremden Gefit.
manifchen Führern, das Volk, fondern er fung. Ottos Enkel, Sohn einer Griehin, wurde
ſelbſt war Herrfcher „von Gottes Gnaden“, von feinem gelehrten geiftlichen Erzieher ganz
und hinter ihm ftand die Kirche bereit, auch erfüllt mit dem Traum der Erneuerung des
diefem Herrfchertum gegenüber „Gottes Stell- römifchen Altertumg in Deutichland. Eine Welt-

15 375

——
herefchaft im Sinne der alten Imperatoren die freie Krone unferes Meiches aber fchreiben
Roms ſchwebte dem Süngling vor, der fi wir allein göttlicher Derleihung zu.” So beginnt-
„Imperator Auguſtus“ nennen Tieß, ſich mit er zu regieren. Volk und Fürften jubeln ihm zu.
byzantiniſchem Hofzeremoniell und römiſch— „Landfrieden“ fchafft er für fein Volk, und be-
griechifchen Würden und Titeln umgab, der bor- gegnet, ein folches ihm verbundenes und befrie-
fuß als Büßer zum Grabe eines Heiligen pil- detes Volk im Rüden, in ſtolzer Haltung dem
gerte, aber prunfooll als Imperator zu Karls Papſte Adrian.
Gruft nad Aachen zog und, zweiundzwanzigjäh- Aber auch Friedrich unterlag. Bann und
rig fterbend, ein ſchwer gefährdetes Reich hinter- Hochverrat inmitten feiner Untertanen, bie e
Geh, das zwar die folgenden Kaifer, vor allem „geiſtlich“ dem Papft Gehorfam fehuldeten,
Heinrich II., wiederherftellten. Doc ſchon unter brachten die Miederlage. Barbaroſſa, Deutſch⸗
deffen Nachfolger, Heinrich IV., geriet e8 in den lands Stolz, fuhr nad Venedig, ſich zu unter-
verzehrenden Machtkampf mit dem Papfttum. werfen.
Wieder weift nun fterbend ein Kaifer, der auf Auf erhöhtem Ihron vor der Markuskirche
einem Kreuzzug ing „heilige Land‘ Deutichland erwartete ihn der Papft Alerander, der ihn fieb-
zu führen verfäumte, auf ein neues, germaniſch sehn Jahre lang hochverräteriſch bekämpft.
geartetes Führergefchlecht, dag der Hohen- Kirchenfürſten ſandte er ihm entgegen, vor denen
ftaufen, bin. Ms Dreißigjähriger, ein Held der Kaiſer dem Streit entſagte und „Gehorſam
und Liebling des Volkes, tritt Friedrich gelobte“. Dem päpſtlichen Thron ſich nähernd,
Barbaroffa fein Kaifertum an. Seine legte er ſeinen Purpurmantel ab, beugte ſich zur
Geftalt beherrfcht die zweite Hälfte des 12. Jahr⸗ Erde und küßte dem Statthalter Petri die Füße.
hunderte, die Zeit des großen Erwachens der Trotzdem blieb der Kaiſer ſeines Volkes Held
deutfehen Seele und der deutfchen Sprache. Wie und Vater. Da warb die Kirche für einen
ein nordifcher Fürft der heidnifchen Zeit wird Kreuzzug ins heilige Sand, und der faſt Sieb-
ung Friedrich gefchildert: „In Waffenwerk und zigjährige, vom Nachfolger Aleranderg wieder
Krieg bewährt, von rafcher Entichloflenheit, mit Bann bedroht, nahm das Kreuz und feine
weitfchauend im Nat, geſchickt in allen Toten, befte Ritterfchaft, kämpfte mit den Türken und
beliebt, Yeutfelig gegen die Beſcheidenen, ab- ertranf in einem Flüßchen Kleinafiens fern von
weifend gegen die Hochmütigen. Sein Verſtand feinem Bolf. Die nach ibm kamen aus feinem
iharf, fein Gedächtnis ausgezeichnet. Seine Gefchlecht, wurden alle vom Papft gebannt.
Haut war weiß, die Wangen von gefundem Mot, Und der Ießte der Hohenftaufen, Konradin, ſtarb
fein Haupthaar gelocdt und wie fein Bart von in Italien auf dem Schafott. Erft diefer Unter-
rötlihem Blond. Er hatte zumeift das Aus- gang des ſchwäbiſchen Kaifergefchlechts, dem das
ſehen eines, der Yächeln möchte.‘ der Habsburger folgte, wurde von der
Immer wieder ift da 8 die deutfche Führer- Kirche das „Ende der Germanenzeit” genannt.
geftalt, die Siegfriedgeftalt, die lachen kann
Bauern und Ritter
und die das Volk Tiebt, und die nicht den
düfteren Tyrannenblick hat oder die Ne Der Widerhall diefesg Kampfes um germani-
feit afiatifcher Despoten. ſches Führertum Flingt ung aus dem gelamten
Auch Friedrich geht nach Aachen und laßt fi) Leben des Volkes und nicht zuletzt aus feiner
frönen auf dem Stuhl, den Karl dort der Kirche Dichtung und Kunft entgegen.
gab. Auch er, wie Heinrich der Sache, beginnt Karl hatte die Freiheit der Bauern
mit Unabhängigfeit von Nom. Er weift eine und ihren ftolzen Anteil an Politif und Kultur,
anmaßende päpftliche Botſchaft zurück mit den den fie im Germanentum hatten, gebrochen. Eine
Worten: ‚„„Zweierlei gibt eg, wonach unfer Neid) neue Ordnung und DBefitverteilung des Landes
regiert werden muß: die heiligen Geſetze der nach „Hufen geftattete, ungeheuren Privatbeſitz
Raifer und den guten Brauch unferer Väter. in die Hände des Königs, der Grafen oder
Was danach der Kirche zufteht, wollen wir ihr Kirchen zu legen, die oft tauſende einftiger Frei-
gewähren, aber nicht mehr. Unferm Vater (dem bauernhöfe in Teibeigenfchaft nahmen, und dann
Papſt) sollen wir gern die gebührende Ehrfurdt; bei ihren immer häufiger werdenden Fehden ſich

376 16
—KT
een
23
Be

ar #
4

a 2 —
a u ER an nr‘
REie —*
nn”
RETTET

een



ec RE
"Aa



Ws
ER

a

—E——


de “r
Men
U

a.
*
een — — * — — * * vr Pr x r — ee u u” a p “ i . x
s 2 m I a * ng Re

«“
| —— 3 * ui,

-
x
922

;



—*

an
„rag
ER

<a
aaa
u
v

Be
-


&
:

*

Si

x
nn


” i i J *


-
er
e

r
* a” —
ch —
* — — “
= Aa zu ı dio 4
u a — wa
— Pre u nie: > ER, “ \

BE . : PmRE
N
.
*
IRRE
AYan
We
URL
Wein.

a let. $
We RE
ee
BR a a Y
a RETOUR TEN NE
Mittelalterliche Dar⸗
stellung ländlicher
Arbeiten

\
—8*

1
f

,
J

Fl
MR
N
u 3,349
Se
N
Ä
a,
erde
ee


Fürkiee
Ye

a
an

VE
ra
%

R
Par
on 83*

EB
——
f

mo
*



Der schöne Brunnen

RE

zu Nürnberg

——
—*—

j
ei
3

Pe


mn

re
.
Tilmc
(Wür

daysıı

VYyHE,

Ritter Hartmann v. Ave


(Buchmolerei aus der He * ift)
ee

"oO
=
*

"D© N ES Be ® inm E
Fr
er

5
a

a il
|
——
RE

eo = ® ec

Tilmann Riemenschneider: Eva


(Würzburg)

Eckart und Uta


ran
(Naumburger Dom)

Aa,
ar

äuerliche Fachwerkgot ik „Vier Tugenden”


mit durchkreuzter Raute vom Straßburger
(Hanauerland) Müns ter
Ä
t
nr
Siahenı w.r
%

TREE ee >

Die Marienburg
gegenſeitig die Höfe niederbrannten und Dich vom Bauern der „Ritter. Ein fohrendes
wie Menfchen raubten. Die Kirche nahm den Rittertum, das fi) in höfifehen Turnieren und
„zehnten, und ein Prediger, der ein Herz in Abenteuern übt, die Heimat verliert, auf
hatte für das ausgeplünderte Wolf der Bauern, Kreuzfahrt verblutet oder im „Raubrittertum“
die man damals „die armen Leute” nannte, zuletzt alle Gefeke des fchaffenden Volkes bricht,
tröftete fie mit den Worten: „Leidet jest gedul- wird oftmals zum Feind des Bauern. Dennoch
dig eure Mühſal, die nimmt ein Ende. Aber befteht der Wert des Rittertums darin, daß in
eure Freude und euer Reichtum (im Himmel), ihm das germanifche Erbe der Freude an Wett-
die nehmen nie ein Ende. Und ſolchen Wechiel kampf und Waffenfpiel, an Neiten, Sagen und
erfahren auch die Verletzer des Gefekes, die da Zweikampf, am Ruhm der Iapferfeit und der
hier genug haben und ſchön leben mit dem mutigen Ausfahrt zur Tat in germanticher
Raube, den fie an euch begehen. Nun febt, ihr Wanderluft, mit diefer Nitterfchaft fortlebt.
armen Leute, wie mancherlei fie auf eure Arbeit Ihre Haltung und ihre Gebräuche bewahren
feßen und deshalb feid ihr auch fo arm, weil noch vielfach die alte Art. Das Ehrgebot diefes
dDiefe Unfeligen fo manche Lift des Geizes gegen Nittertums, feine Nitterlichfeit Gegnern und
euch anwenden, und deshalb habt ihr auch fo Frauen gegenüber find nicht denfbar ohne das
wenig und habt gelebt fo manchen Tag mit germanifche Erbe der Großzügigfeit und die ger-
großer Arbeit fpat und früh, und müßt alles manifche Kompfesfittlichfeit. Derfeinert nur ift
erarbeiten, deflen die Welt bedarf, und von dem der Aufpuß, die Pracht der Nüftung und Wap-
allen wird euch Faum mit Möten fo viel, daß pen und Schilde. Auch die germanifche Welt⸗
ihr etwas befler leben könnt als eure Schweine.” heit hatte diefe Freude am feftliben Schmuck
(DBerthold.) und on der „ſchönen“ Waffe, die Freude am
Aber immer Yebte in diefem Bauernvolk noch erhebenden, ftattlihen Bilde des gerüfteten
der alte Funke germanifcher Bauernehre und Kämpfers, der Fein rafender Berſerker ift, fon-
Kultur. Wurde auch ihr Aufbegehren gegen alle dern ein geliebter und wohl noch im Tode lachen⸗
Entrechtung, fo der Heldenfampf der Ste- der Held mit den Nittertugenden der
Dinger gegen den Kirchzing, und zulekt der Treue, der DBeftändigfeit, der Milde oder Frei-
DBauernfrieg zur Lutherzeit blutig unterdrüct, gebigfeit, der unbedingten Tapferkeit. Und wenn
und zum Teil als Keſtze re i durchAusrot⸗— auch die Mitter fich entfernten vom Volk und
tung beſtraft: dag Volk trug immer noch fein ſich abichloffen über ihm als ein „beſſerer“
Erbe, baute feine Häufer nach altem Brauch, Stand, fo gaben fie doch den Fürftenhöfen
ſchmückte die Giebel mit alten Zeichen, feierte und Herzogsburgen, den Mittelpunften de8 poli-
Fefte um Saat und Ernte, um Hochzeit und tifchen und Eulturellen Lebens, dag glanzvolle,
Tod nad alter Weiſe, ſchnitt fih Muten vom männliche Gepräge, an dem dag Volk feinen
‚„Lebensbaum” der Natur, um böfe Geifter ab- Anteil und feine Freude Hatte. Ein Felt wie
zuwehren, und frug die neuen heiligen Dinge das in Mainz 1184, da der geliebte Kaifer
um die Fluren wie einft den Donar gemweihten Friedrich Barbaroſſa die „Schwertleite“ feiner
Seuerbrand. Auch hielten die Bauern feſt an Söhne im Sinne germaniſcher Wehrhaft-
alter Gerichtsbarfeit und fuchten der wachſenden machung feiert, wurde eine Angelegenheit des
Nechtsunficherheit in den chriftlichen Ländern zu ganzen Volkes. Auch fand mancher. verarmte
wehren durch manche rechtliche Selbfthilfe Ritter, wie der Dichter Spervogel, zurüc zu
(Fehme). | einer bäuerlichen Lebensmweisheit, die altnordi-
Über die Waffe hatte fi getrennt vom ihen Bauernfprüchen verwandt ift: „Ein großes
Pfluge. Das wehrhafte germanifche Bauerntum Gut ift eignes Haus.”
fannte noch Feine fchroffe Trennung von Nähr- Vor allem aber bewahrte dag Nittertum, ſo
ftand und Wehrſtand, fondern immer wuchs auf fehr e8 ſich in falfcher Freiheit ing Einzelgänger-
Bauernhöfen neu das Kämpfertum für ihren tum und dann ins Söldnertum wandelte, den
Beftand, für den Ruhm ihrer Gefchlechter, und einen großen Gemeinfchaftsgedanfen der ger-
fehrte nach den Jahren jugendlicher Heldentat manifchen Zeit: die Gefolgfchaftsbindung in der
gern an den Pflug zurüd. Sept trennte fih Treue zum erwählten Führer und die Kamerad-

17 377
Schaft innerhalb einer Kampfgemeinfchaft oder feines eigenen Blutes Taten auf immer vergäße,
eines SKriegerftandese. So haben, wenn au Das Heldenlob der Kirche begann mit Jeſus,
losgelöſt vom eigentlichen Volk, die Nitter- dem „Kriſt“. Ludwig der Fromme fol jene
biinde, die Nitterorden hervorragende Bedeutung berühmte Darftellung von Jeſu Leben, die wir
gehabt. Die hohen Tugenden germanifcher Art „Heliand“ nennen, veranlaßt haben. Sie zeigte
bat befonders der Deutichherrenorden im Kampf dem ſächſiſchen Wolf Chriftus als Gefolgihafts-
um den deutfchen Lebensraum namentlih im fönig, der mit feinen redenhaften Jüngern
Oſten eingefegt. Im der Zerfegung diefer Art fühnen Kampf befteht und fürftlihbe Milde
durch römisches Weſen aber liegen die Gründe walten läßt. Der echt Farolingifche Kirchen⸗
zu feinem Untergang. Der Mönchsgedanke der Hlaube des oder der Verfaſſer bediente ib eines
ftreitbaren Kirche verband ſich mit germantfcher germanifchen Gewandes. Ähnlich befchrieb ein
Maffenbrüderfchaft, der Kampf gegen die Un- anderer Mönd im alten Deutich den „Krift‘‘,
gläubigen mit dem Kampf für Ehre und Land. fchilderte deutfh und ſchön Marias Mutter-
„Seiftliche” und „weltliche Elemente, ver- liebe, aber ließ am Ende fchon deutlicher das
bunden fchon zu Zeiten germanifcher Freiheit, Bild des Föniglihen Weltenrichters beberrfchend
mifchten auch bier wieder. Mur waren fie fett bervortreten, mit deflen „jüngftem Gericht” die
nicht mehr aleichgeartet. Die Kirche der Tiebes- Seele der Zeit ſich angftvoll befaßte. Erft viel
religion und ihre waffenlofe und vor jeder Waffe fpäter, etwa in Frau Avas „Leben Jeſu“, wird
geihüsten Prieiterichaft ftellte dag Schwert der duldende, erlöfende und erbarmende Heiland
der Ritter in ihren Dienft, und Mitter im Held eines deutihen Gedichts. Meben Jeſus
Mönchsgelübde wurden Streiter des Papſtes. und Maria als Mutter des Gotteshelden !reten
Aber aub Mönche und Abte traten an die Seite die Geftalten der Bibel; Moſes wird be-
‚weltliher Streiter und begannen die Helden der fungen und „Salomos Lob”, Yudith und die
Tat zu feiern. So wurden beide Stände zu drei Männer im feurigen Ofen. Aber man
Trägern der Kultur, bis der Bürger in den wendet fih au, dem Bedürfnis der Bekehrten
Städten ihnen dieſes Erbe aus den Händen entgegenfommend, weltlichen Helden zu, beib-
nahm. nifchen Eroberern wie dem mitleidlog-harten,
großen Alerander und feinem Gegner Darius.
Das Heldenlob des Mittelalters Auf der Reichenau hatte Walahfrib den
Ein Volk bedarf, um ſtolz zu ſein, der Helden Kaifer Ludwig noch in lateinischen Werfen be-
eignen Bluts und einer Kunſt, die dieſe Helden fungen. Ein Mönd von St. Amand im Henne-
feiert. Aber das germaniſche Heldenlied war gau befingt einen anderen Ludwig, der 881 die
verſtummt unter dem Taufgebot der Miſſion. Mormannen fiegreich ſchlug, wie einen nordiſchen
Held Dietrich von Bern, ſo erzählte der Mönch, Gefolgſchaftsfürſten:
war auf ſchwarze nRoß, in dem der Teufel ſaß, „Song ward geſungen, Kampf war be-
in die ewige Verdammnis geritten. Held Sieg- | | | gonnen.
fried mußte dem Teufel den Ofen heizen. Armin Blut fchien in den Wangen. Auffauchzend
und MWidufind follten verfchollen und vergeflen > die Sranfen.
fein. Da aber ein Volk ohne Heldenehrung auf Fechten die Degen, doch Feiner wie Ludwig,
die Dauer nicht leben kann, fo liefen die Beift- fühn und fchnell.‘
lichen und Gelehrten in den Klöftern und an
den Höfen Karls und Ludwigs die Geftalten des Blißarfig überzuckt germanifhe Kampfes-
„Alten Teſtaments“ oder das Bild altgriehi- ſchilderung das Fromme Lied des Mönches. Auch
ſcher und römifcher Kaifer ing Volk gehen. Karl und feine Paladine werden Gegenftand
Jahrhundertelangl — Und dennodh wurde folher Dichtung. In der „Kaiſerchronik“ um
dann das Lied von den Mibelungen, das Bild die Mitte des zwölften Jahrhunderts wird der
Siegfriedg und Dietrihg aus dem Herzen des Kaiſer des chriftlihen Gottesſtaates gepriefen
Volkes neu geboren, als hätte man es ihm nie- und zum leiblichen Bruder feines Papſtes ge-
mals geraubt. Denn ein Volk müßte fterben, madt. Dana) wurde er durch feine Demut
wenn e8 unfer fremdem Heldenbild verbliebe und groß, einem David Ähnlich. Gott Tender ihm

378 18
die kaiſerlichen Gefeke durh einen Engel und ihr Gatte Siegfried fie wegen Gefchwäsigfeit
ruft ihn als Schirmherrn der Kirche zur Rache geichlagen hat und die dann als Garrin des
gegen die Heiden auf. So ungermaniſch dieſes Hunnenkönigs um ihrer Rache und ihres Goldes
Bild ift und fo fremd es unferem Wolke blieb, willen die eigenen Brüder töten läßt und Hagen
fo fehr haben doch Karls Kriegeruhm und die das Haupt abichlägt, it eine ganz andere ſchon
Taten feines Helden Ro land die Dichter be- als die der älteren Eddalieder, die ſich nte züch—
ſchäftigt. Das zeigt das Rolandslied des tigen laflen würde, die aber troß ihres Schmer-
Matten Konrad, in dem der Engel Gabriel 8 um Siegfried am Hofe des Hunnen zum
dem Kaifer das für Roland beitimmte Schwert eigenen Blute hält und an der Seite der ‘Brüder
bringt, um Witwen und Waiſen damit zu mit blanfem Schwert gegen den verräteriichen
ſchützen. Es ftelt den tragiihen Helden- und Hunnen kämpft. Aber rein und echt erhalten
Iodesfampf eines tapferen Führers der vom in diefem mächtigen Lied ift der Gedanke der
Seinde überfallenen Nachhut Karls theologiich germanifchen Gefolgs- und Mannentreue, das
als Teil des Gotteskampfes mit dem Teufel dar, germanifche Führertum und das germaniſche
vermochte aber die Geftalt Rolands als Sinn- Wiſſen von der Schuld und der Motwenvigfeit,
bild der Gefolasmannentreue im Volk nicht zu ihre Folgen zu fragen und dem Scidial
beeinträchtigen. Eine ſächſiſche Herzogin veran- heldifch zu begegnen. Ähnlich ift in dem Epos
laßte die Miederfchrift des Nolandsliedes. „Gudrun“, weldes das Schickſal einer nor-
- Aber ie weltlicher und deutfcher die Stoffe difchen Königstochter behandelt und in dem es
wurden, die man wählte, um fo mehr nahmen nod) widerhallt von Wikingertum und nordifcher
andere, „weltliche“ Menihen an der Dichtung Tat, erhalten geblieben germaniihe Nrauen-
teil. Die Sabeln von Herzog Ernit oder von freue und Frauenahtung felbit Gefangenen
König Rothers Brautfahrt begegneten fich mit gegenüber. Diefe Schäge, die ung das Mittel-
dem, was die fahrenden Spielleute fangen von alter überrafchend hinterließ, bleiben heute und
Hildebrand und Dietrih von Bern, von dem immer unferem Wolfe wert als Spiegel des
Hunnen Ebel und den Nibelungen. Diele Spiel- Heldvifhen in feinem WVefen Die
leute waren unbefangen der fchönen Welt zus ichnell diefes Heldenbild unferer Raſſe wieder
gewandt, hatten keinen theologiichen Auftrag, verfälfcht und verdecft worden ift im Laufe der
fondern eher einen Auftrag des Volkes, ihm folgenden Jahrhunderte, das zeigen ſchon die
feine Erinnerung zu bewahren. Während die dem DMibelungenlied zeitlich Folgenden Volks—
höfiſchen Dichter, die ritterbürtigen Sänger auf epen von Dietrih von Bern, von Zwerg
den Burgen, ſich aus franzöſiſchem, „welſchem“ Laurins Nofengarten oder von Wolfdierrich, der
Mitterleben ihre Weiſen und „Stoffe holten, am Ende des Lebens Mönd wird und, da er
und mit einer beachtlihen Kraft erwachenden 16 Söhne hatte, 16 Jahre büßen mußte. In
deutfhen Dichtertums aus dem eleganten und einem ſolchen Gedicht ift Siegfried mit feinen
verliebten Abenteurer franzöfiicher Mitterpoefie Helden Hüter des Mofengartens der Kriemhild.
Helden deutfher Art zu machen fuchten, haben Und Mönch Ilſan bezwingt im Zweikampf die
die Spielleute dag Wiſſen des Volkes gepflegt. Helden, den Spielmann Volker und nod
Und fo gelang e8 dem Volk, noch einmal das 51 andere und holt fih als Siegespreis von
Bild von den fagenhaften Helden am Mhein, der widerftrebenden Kriemhild 52 Küffe, fo daß
von ihrem Zug durds Donautal und ihrem fein ftruppiger Bart den Frauenmund blutig
Untergang im Hunnenland zufammenzufaffen. reibt. Vielleicht wird eine fommende Literatur—
Wir wiflen, au dag Mibelungenlied, geſchichtsſchreibung ſolche ſymboliſche Entehrung
wie e8 ung vorliegt, ift von dem Geift des der Hochgeſtalten unſerer Raſſe nicht mehr nur
mittelalterlihen Chriftentums berührt. Die aus deutſcher Spielmannsfabelei, ſondern aus
alten nordifchen Überlieferungen der gleichen der Politik eines Raſſefeindes abzuleiten wiſſen.
Sage zeigen ung, wie wenig die Zeit der Hoben-
ftaufen noch imftande war, germanifche DBlut- Das Frauenlob des Mittelalters
rache oder germaniiches Frauentum zu verftehen. Die Sage vom Sängerkrieg auf der
Die Kriemhild, die ohne Scham erzählt, daß Wartburg har Nihard Wagner in feinem

19 379
„Zannhäufer” gefaltet. Ein lebensvolles Bild Mode der Zeit, verheiratete Frauen ſich ge—
am Hofe des Landgrafen von Ihüringen und beim zu erwählen und ſchwärmeriſch zu befingen,
der Elifaberh, wie dort die Edlen und ihre mancher germanifche Zug. Die deutſche Liebes⸗
ihönen Frauen fih im Nemter der Burg, dem dichtung zeigt zuerſt, ehe ſie entartet, eine keuſche
großen Nitterfaal, verfammeln und nun die be- Zurüdbaltung, die ung überraſcht gegen-
rühmten Sänger und Dichter der Zeit in einem über dem damals vielgelefenen „Hohen Lieb‘!
Zurüdfhaltung auf-
Lied dem Fürften huldigen oder nach Wagner in oder den alle ſchamhafte
gebenden Streitichriften hoher Geiftlicher über
einem Wettftreit der „Liebe wahrites Weſen“
befingen follen. So ſchlecht das Gedicht Des die Sittlichkeit. Auch zeigt diefer Minnefang
Mittelalters ift, das uns diefe Begebenheit be- eine fchöne und gemütvolle Verbindung Des
richtet, fo reich darf fie unfere Phantafie fid Siebegerlebens mit dem Erleben der Natur,
ausmalen. Denn wirklich war nicht mehr das als Auftakt zu Goethes „Werther“. Und end»
Kiofter, fondern die Burg eines Fürſten die lich verraten die beften diefer Lieder ein reli-»
Stätte, wo ſich die geiftig Schaffenden fanden. giöfes Empfinden, das die Verehrung der
Und ehe der Landgraf Hermann auf Kreuzfahrt erwählten Frau verknüpft mit der ehrfürchtig
ging, um nie zurüdzufehren, und ehe Eliſabeth, verehrten Maria, ohne freilich un deren
die allzu junge Frau und Mutter auf dieſer Burg, Miürterlichfeit zu denken, und dag erinnert an
die fürſorgende und mitleidige Pflegerin ihrer die Zeit, wo germanifhe Frauen und Mütter
Armen, die Liebe zu ihren Kindern ſich aus als Träger einer „Heiligen und feherifchen‘‘
dem Herzen riß und ihrem „Seelenführer“ in Geiftesfraft geehrt wurden. Dod das Frauen-
die Kafteiung und Weltentſagung folgte, um tum, das fo „angebetet“ die Ritter vor ſich
dann eine Heilige der Kirche zu werden, ehe fo ſingen und turnieren ließ, war kein germaniſches
diefe Burg wie immer wieder die weltliche mehr. Die wenigen aber, wie die große und kluge
deutiche Führerſchaft fih an die $remde „um Hildegard von Bingen, die gleich der Veldeda
Gottes willen” verlor, war die Wartburg einſt bei den Germanen für wert gehalten
ein Mittelpunkt des frohen und ftarfen geiftigen wurde, ſelbſt Königen ihren Nat zu geben,
Lebens. | | waren zu fromm und zu fief für diefe riffer-
Die ritterlihen Sänger der Zeit fteben nicht liche Welt; und auch Herzoginnen wie die ftolze
anders zu ihren Fürften wie die Sfaiden der Frau Hadwig vom Hohentwiel, von der Viktor
Wikingerzeit. Wie das Schickſal eines nordiichen Scheffels Edehart erzählt, wurden immer
Gerolgichaftsffalden, der feinem König in die feltener. Als dann dag Nittertum verfiel, ſank
Schlachten folgt und feine Iaten und Ahnen auch die „Minne auf eine fehr tiefe Stufe.
um ehrenvollen Lohn befingt, ericheint uns das Die deutſche Frauenehre, die Walther preift,
Los jenes adligen Sängers Friedrich von Hufen, wird völlig mißachtet. Das deutfhe Frauenlob
de an Barbaroſſas Seite auf einem Kreuzzug um das Jahr 1200 ift ein kurzes Aufleuchten
fällt, von Fürft und Heer betrauerf. Und fo vor dem endgültigen Verfall jener germanifchen
geehrt war diefe Dichterfunft, die einft in der Achtung vor dem weiblichen Lebensgenoffen.
Edda „Odins Gabe” hieß, daß ſelbſt Kaifer Auch die Verehrung Marias, der jungfräulichen
- (wie Heinrih VI) unter die Dichter gingen. Mutter, hat nicht verhindert, daß der Verfall
Aber das Nittertum, dem diefe Sänger dienen, der Srauengeltung und der Ehefittlichfeit am
bat niht an Helden liedern, fondern an Ende des Mittelalters erfchütternd zutage frat.
Liebesgliedern, an dem „Minneſang“ Als Zeugnis diefes ernfteften, noch heute [pür-
fih) erfreut. Und wenn nicht Männer wie baren DBerluftes an germanifchem Sittenerbe,
MWalther von der Vogelweide und Wolfram erfcheint am Ende des 15. Jahrhunderts im fo-
son Eihenbah unter diefen Minnsfängern genannten „Hexenhammer“ mit Leitwort des
wären, Männer von fittlihem Ernft und Tat- Papſtes jenes Buch zweier Geiftlichen, das das
fraft, jo würde ung diefer Minnefang als eine weibliche Gefchlecht als das dem Teufel befon-
oft weichliche und ftillofe Nachahmung franzd- ders verfallene Fennzeichnere und in Verbindung
ſiſcher Galanterie heute Faum mehr. efwas mit dem deutfchen Gewiſſen, ewig fremden
fagen. Und dennoch fteht hinter diefer Tremden Lehren, ungezählten deutfhen Müttern, Frauen

380 20
und Mädchen im Kindesalter den unverdienten val, den feine Mutter Herzeloide im Walde vor
Zod auf dem Scheiterhaufen brachte. der böfen Welt verbirgt, big er Reiter fieht und
ihnen nachgeht in die Welt der Iat, auch wenn
Deutſche Seelenhaltung als germanifches Erbe
der Mutter dag Herz darüber bricht. Denn
Mur einer der Minnefänger hat dag Lob der diefe Welt der heimatlos gewordenen Nittertat
eigenen Ehefrau gefungen. Er war zugleich am erjcheint unbeilvoll und unbeilig der Frau, die
wenigften der „welſchen“ Mode diefes Treibeng ihrem Knaben im Walde den Gott zeigt, der
verpflichtet, am meiften deutfh: Wolfram „lichter ift als der lichte Tag. Das Kitter-
vonEſchen bach, der Dichter des Parzival- tum enthüllt fi in Parzivals Water, der mit
Epos. einer Mohrenfürftin einen Megerbaftard zeugt,
Zwei feiner Zeitgenoffen ſtehen neben ihm. als das fehuldhafte Sichverlieren an die
Gottfried von Straßburg uw Fremde, ein Nittertum, dem nun in Parzivals
Hartmann von Aue. Gottfrieds Triſtan Weg die Löſung von diefer Schuld, die
ift ein weltfrobes Bekenntnis zum Leben und Heimkehr in heimatlihe Bindungen, in reine
zur Liebe feiner Helden. So ernft au er, der Ehe, ein Heiligtum der tätigen Liebe und der
große Menſchenkenner, hinter diefer Liebe die nur dem Guten geweihten Nitterfchaft gegeben
Schuld fuhrt, fo leicht kann er auch fpotten wird. Mit diefer Rückwendung des ins Aben-
über gewifle Einrichtungen oder ihren Miß— teuer abgeleiteten germanischen Iatendranges zu
brauch, fo, wenn er anläßlih eines durd feinen heiligen Quellen und zu fich felbft, Fe:
Liſt zum Guten gewendeten Gottesgerichts die Hinnt Wolfram wegweiſend die tiefften fitt-
Verſe fchreibt: lichen und religiöfen Fragen der deutichen Ge-
Ichichte zu löfen. Er bat die (wohl aftverfiiche)
„Da ward e8 wohl erfläret
Sage von einem heiligen „Gral’ auf hohem
Und aller Welt bewiefen,
Berge benußt, um feinen Helden diefes Aller-
daß der viel tugendhafte Krift
heiligfte finden zu laffen und ihn zu Iöfen von
zu wenden wie ein Ärmel iſt.“
der Unbheiligfeit und SHeimatlofigfeit feines
Und deshalb verfpricht er: „Der Welt will Zatenlebens. Diefer Gral ift Feine Kirche.
ich ein Weltkind fein, mit ihr verderben und Frauen tragen feine Wunderfraft. Der Nitter,
gedeihn”.. | der beſtimmt ift, ihn zu verwalten, findet zu-
Ganz anders ift Hartmann in feinen gleich mit ihm auch feine Frau dort wieder und
Verserzählungen — ob fie nun einen Nitter feine Söhne, die er vergeffen hatte auf feiner
aus des König Artus Tafelrunde oder den Wanderſchaft und deren er fi) erinnerte, als er
Büßer Gregorius, den fchuldlofen Todſünder einmal im Wald drei Tropfen Blut in weißem
und fpäteren Papft, oder einen ausfäßigen Land- Schnee zu feinen Füßen ſah. Er erfennt:
edelmann zum Helden haben — immer erfüllt
„Und nur wer filget feine Schule,
yon mittelalterlicher Frömmigkeit. Dei ihm
erftreitet fi) des Himmels Huld.“
heißt e8 nur fromm:
Das Fünflein in der Seele, von dem
„Da bewies der heilige Krift,
Meifter Edehart, den wir heute erft verftehen,
wie lieb ihm die Treue ift.”
fpricht, hat den Mitter Parzival zu feinem Heil
Aber weder Hartmann noch Gottfried weiſen in geführt. Es hat in den Städten das deutiche
fittlihen und religiöfen Fragen über ihre Zeit Gewiſſen angerührt und ſich einen neuen Aus-
und damit über dag Mittelalter hinaus. Mur druck gegeben in neuer Frömmigkeit und freiem
Wolframs ſuchender Geift finder die Wege, die Durchbrechen romanifcher Form.
zu dem Geift der gotifhen Dome in den Als man im 18. Jahrhundert fich eifrig mit
Städten, zu der Frömmigkeit der deutichen griechifcher und römifcher Kunft zu beichäftigen
Myſtiker, zu der fittlihen Erneuerung der begann, hielt man die Germanen befanntlich für
Lutherzeit und von da aus heraufführen über fulturlofe Barbaren. Als man aber wahrnahm,
Goethe und Kant bis in unfere Tage. Auch er wie im Mittelalter nad der erften lateinifchen
dichtet vom „fahrenden Ritter“. Vom Parzi- Überfremdung etwas Germanifches wieder ang

91 381
\r
Licht drängte, wie zumal in der Baufunft vom zur Aufhebung der Schwerkraft, eine Auf
12. Sahrhundert ab ein dag Romanische auf- löſung des Steins in ein Gewebe zierlich—
löfender Zug zu deuticher Eigenart ſich ver- fchlanfer Glieder und Teile, die fih doch in
riet, nannte man auch diefe Fünftlerifche Selbit- fühnem Aufbau nad innerer Formgebung zur
befinnung, die der Höhepunft des Mitrelalterg Ganzheit zufammenfchließt und in den mächti—⸗
wurde, barbarifch oder nach dem befannte- gen, hochftrebenden Kirchenhallen mit den Spitz⸗
ften Germanennamen „got i ſch“. So heißen bogenfenftern den Gedanken mit Recht wach—⸗
wir Gotik jest den eigenartig in Domen, gerufen bat an fteingewordene Buchen⸗
Brunnen und Skulpturen ſich äußernden Stil wälder und an eine Frömmigkeit, die im
der Kunft, der den romanischen befonders in Aufblid zu den Wipfeln betet.
Deutihland überwand und durch die Kreup- In dieſe neuen Kirchen drang dann der
fahrer in die Mittelmeerländer Fam. Erft reformatorifhe Wille der Erneuerung und der
Herder mwedte im jungen Goethe ein Trotz des letzten Mitters Wlrih von Huften
neues Derfteben aller völkiich bedingten Kunft gegen Ablag und Papftgewalt:
in den Volksdichtungen fo gut wie in den „Bir greifen nad) dem Himmel unverwehrt.
Dramen Shafeipeares. Und der junge Goethe Uns wird die Ewigfeit umfonft beſchert.“
begeifterte fihb in Straßburg für die innere
Und aus germanifhem Erbe und hriftlich-
Form und die edle Kunft der als barbariich
mittelalterlihem Wahstum gewann die deutfche
verichrienen Gotik und pries in dem Aufſatz
Seele über alle Teufelsangft hinweg jenes Telbft-
„Bon deutiher Baukunſt, Erwin von Stein-
fihere Vertrauen in ihre Sendung zurüd, das
bach und fein Werk, dag „göttliche Straßburger
ſich Wolframs Parzival, der „tilget feine
Müniter, in dem er einen Ausdrud der eigent-
Schuld”, „erftreiter und das Nürnberg
lihen germanifhen Kunft fah.” GBieſe.)
Hans Sachs (in Wagners Be in
Hatte die aus frühchriftlichen und orientalifch-
die Worte faßt:
byzantiniihen Elementen genährte roma-
nische Kirchenkunſt ſeit der Karolingerzeit bis „Und wenn mich der im Himmel hält,
zu ihrer Blüte im 11. Jahrhundert fi) aus- fo Tiegt zu Füßen mir die Welt.”
gezeichnet durdy das Vorherrſchen der wange- Im Zeichen diefes Vertrauens auf die frucht-
rechten Linien, dur „ſtrenges Gepräge des baren Kräfte germanifchen Erbes in ung und
Äußeren und fchwere Gedrungenheit des auf die Gottheit, die die Entfaltung dieſes
Innern‘, fo zeigte die gotifche Kunft das Erbes will, fiebt auch wieder mit neuen
Emporftreben, den eigentümlichen Willen Zielen unfere Zeit.

ZU
A
” GE
* Mills

ISLA
97
SS * —

N —SE
anN

Aa) X) . —

—— RUEi 7M
IN

un
f
MM \ j 7 — ———
a! 1 niAR ———

K 2 nz

wi
6 RSSETIISTH — — —
Al TH
Aatgte 00.

—VV—

22
- merke Bir das !
Po. Bernhard Köhler, der teiter des naht dag Wehrvermögen | ſchaffen müſſen, das
Amtes für Wirtfhaftspolitif vr N.S.
D. A.P., uns die politiſche Freiheit ſichert. Die nächſte
umriß die Aufgaben von Unternehmern und Ar- Aufgabe wird ſein die Rationaliſierung und
beitern in einer Fürzlich gehaltenen Mede, aus Verbeſſerung der Arbeitsplätze. Ihr wird folgen
der wir einige Gedanfengänge ihrer grundfäß- die Bildung eines neuen Wohlſtandes, in dem
liben Bedeutung wegen wiedergeben: wir nicht verfetten werden, fondern der größte
Durch die vom Nationalſozialismus ge— MWohlftand wird ung nicht daran hindern, unier
Leben und unfere Freiheit zu verteidigen, auch
ichaffenen politiſchen Tatſachen ift die Wirt-
ſchaft erft frei geworden. Die wichtigſte Auf- wenn es Opfer Eoftet. &
gabe ift: den Unternehmer zur echten Betätigung
feiner Kräfte wirklich frei werden zu laſſen. Es Seit der Gründung des Deutihen Reiches
gibt Feine Wirtichaftsmaichine. Wirtichaft be- bis zum Januar 1934 find ung 2,4 Millionen.
ſteht aus der lebendigen, periönlichen Tätigkeit Menihen durd Auswanderung verloren ge
von Arbeitern und Unternehmern. Dieſes Leben gengen. Dom Jahre 1900 ab hat die Aus-
kenn nicht angekurbelt werden. Es entfteht, wanderungsluft allerdings nadıgelaflen, doch
wenn jeder feinen Wert nicht in dem fieht, was haben auch in der Folgezeit immer noch durd-
er hat, fondern in dem, was er Ichafft. ſchnittlich 25 000 bis 30 000 Deutiche jährlich
Am Unternehmer Tiegt es, ob wir bie unfer Vaterland verlaflen. 70 bis 80 Prozent
Strufturwandlungen, die wir nötig haben, er- davon nahmen die DBereinigten Staaten von
reihen. Das Vorrecht, als Unternehmer vor- Mordamerifa auf. Dabei tft intereflant, daß
an zu ſtehen, kann nur dur Erfüllung höherer Württemberg die meilten Auswanderer von
wirtfchaftliher Aufgaben errungen werden. Wie allen deutihen Landen ftellte. &
der Soldat im Felde fein Mafienteilhen mehr
ift, wie es nicht genügt, daß er nur gehorfam, Im Deutfchen Meich, einichließlic des Saar:
fondern aud fähig ift, verantwortlid zu handeln, landes, gibt es 52 342 approbierte Ärzte mit
fo muß fi der einzelne Arbeiter und Unter- befannter Anſchrift. Don biefen waren
nehmer felbftändig und verantwortungsbewußt 6,85 Prozent weiblihen Geſchlechtes, alſo auf
einfeßen. Heute ift dem Unternehmer die wid- rund 14 männliche Ärzte trifft eine Arztin.
figite Aufgabe geftellt, einen Erifenfeften Über 2,4 Prozent des Arztebeftandes find ing
Betrieb zuſchaffen. Die lebhaften De Ausland gegangen, davon ift ein Drittel nad)
batten über den „Erifenfeften Arbeiter“ find Naläftina abgemeldet. In Europa verblieben
nicht geeignet, dem Unternehmer dag Nach— etwa 45 Prozent der aus Deutihland aus—⸗
denken über die Löfung dieler, feiner Aufgabe gewanderten Ärzte. Davon hat fi der größte
zu eriparen. Zeil in Franfreih, England, der Schweiz und
Wenn der Betrieb die Zelle der Wirt- Dtalien angefiedelt. | &
fchaft ift, fo muß er gefund und nicht fo
e'infeitig von einer ganz be- Dante war fein reinblütiger Römer, be-
fimmten Berätigung abhängig ziehungsweiſe Romane, fondern zweifellos ein
fein, daß bei jeder Schwanfung der Wirt- Nachkomme jener nah Dtalien gewanderten
ſchaftslage Arbeitshände feiern müflen. Hier Germanen, die Ichließlich, wie zum Beiſpiel die
ift eine Aufgabe parallel zu der der national- Lombarden, lateinifiert wurden. Auf diefe Tat-
fozialiftifchen Politik. | ſeche weift vor allem Dantes Familienname
Unfere Forderung hat gelautet: „Erft Frei- Aighieri hin, der eine Ableitung bzw. Nomani-
beit und dann Brot.” Danach ſtellt ſich die fierung der germaniichen Familiennamen Alagher
wirtfehaftspolitiiche Lage fo dar: Wir haben zu- oder Alighern fein dürfte.

93 383
— — FETTE — — TE FETTE, * —— — DE
a a — —— ZERIT

. uw von Amo Schickedang


Die vor dem Meichetag zu Mürnberg ver Bon Anbeginn ihres Beſtehens bat bie
kündeten Judengeſetze bringen eine grundſätzliche N.S. D. A.P. ſofort die Judenfrage als eine
Enntſcheidung des deutſch⸗jüdiſchen Verhältniſſes. der wichtigſten im Leben und für das Leben der
Ihre unabſehbare Tragweite und Bedeutung Völker erkannt und aufgegriffen. Das Be—
verlangt von den geſetzgebenden Gewalten ſorg⸗ ſtehen einer ſolchen Frage war für fie zweifels—
fältigſte Bearbeitung und vom deutſchen Volks— frei, galten doch die Worte Choim Waiz-
genoſſen eine grundlegende Kenntnis des jüdi- manns, des Führers des Zionismus, nicht
chen Problems. Vor allem wäre e8 befonders nur für die Juden, fondern auch für die übrinen
gefährlich und falfch, wenn dag Vorhandenſein Völker: „England mit feinem weltumfpannenden
beftimmter Gefeße als eine billige Befretung Blick hat vielleicht aug Gründen, die ich an-
von der Pflicht der eigenen Belhäftigung mit deuten möchte, mehr und mehr als irgendeine
den betreffenden Problemen angefehen würde. andere Nation verftanden, daß die Juden-
Nationalſozialiſtiſche Gelege follen im Wolfe frage wie ein Schatten über die
leben und DBertiefung finden. Eine oberfläd- Melt ſpaziert und zu einer ungeheuren
lihe Betrachtung der Judenfrage wird nicht Kraft des Aufbaues und zu einer ungeheuren
dazu ausreichen, die neuen Geſetze aud nur zu Kraft der Zerftörung werden kann.‘
verfteben. Mur weil die nationaliozialiftiiche Die N.S. D. A.P. hat ſich nicht begnügt, die
Bewegung den naturgefeslich beitimm- einzelnen bisher auf diefem Gebiet vertretenen
ten Parafitismus des Judentums aufdeckte und Auffaffungen und Meinungen einfach zu über-
fo die Judenfrage in ihren legten Geheimniffen nehmen und als richtig oder falſch zu erflaren.
vor der Welt und legten Endes Für die Welt Gleich von ihren Anfängen on erftand in
im pofitiven Sinne völfifher Selbiterbaltung ihren Meihen eine Anzahl von Parteigenoffen,
aufzeigte, Fonnte fie dag Schidfal der früberen die ſich einer Unterfuchung diefer für alle Wirrg-
nur antilemitifhen Wellen der Auflehnung völfer fo lebenswichtigen Frage widmeten. Ge-
gegen das Sudentum vermeiden. Nicht empor» ftüßt auf die fhon von früher her befannten
brandend und wieder verflachend, fondern mit Tatſachen und Forfhungen, gereift durch Die
zielficherer fleißiger Stetigfeit immer tiefer ein- bittere Erkenntnis der Vorkriegs- und Nach—
dringend, geht der Weg der Bewegung. Er- friegszeit, haben fie Tatſachen fefigeftellt und Zu-
forderlich tft daher auch, daß fih zum mindelten ſammenhänge aufgededt, die dag Wirken des
jeder Nationalſozialiſt ganz ernithaft in die Judentums in einer neuen, umfaflenden, bisher
Materie der Judenfrage vertieft und ſich gerade ungeahnten Bedeutung aufzeichneten. Dazu
in diefen Tagen dazu rüftet, die grundſätzlichen Fam, daß die im liberaliftifchen, gleichmacherifchen
Gefichtspunfte fo zu beberrichen, daß es ihm ‚Zeitalter zurücdgedrängte und nur fliefmüffer-
Veicht wird, jedem Volksgenoſſen die Klarheit
lid behandelte Naflenfrage danf der glücklichen
zu vermitteln, derer viele nod, bedürfen. Daber
Syftematif einzelner Forſcher einen neuen Auf-
müflen die bier folgenden Ausführungen eines
trieb erlebte und auch von fih aus zu einer
ausgezeichneten nationaliozialiftiihen Sacdfen-
neuen Betrachtung des jüdifchen Phänomens
ners und Forfchers mit Fleiß und Hingabe ver
arbeitet werden. Es ift beftimmt nicht damit aufforderte. Aus vier Gebieten: aus der
getan, daß man diefen Artikel nur einmal flüchtig Naturwiffenihaft, der Völker—
überlieft. Es gilt, ihn zu erarbeiten! Eunde,der Boraefhihte und der Be

384 24
ſſch i chte erfolgten neue Antriebe zur Be— ohne Rückſicht auf Konfeffion.
wertung des Judentums auf Grund feiner Kein Jude fann daher Volke.
ſtammes⸗ und geiftesgefchichtlihen DVergangen- genoffe fein.”
heit in Beziehung auf die übrigen, befonderg
aber die europäifchen Völker, wobei dag Lebens: Dos jüdische Phänomen
gebaren des Judentums felbft, wie es von jedem Schon einer der bedeutendften Vorkaͤmpfer
unvoreingenommenen Angehörigen der euro- einer neuen Weltanfchauung, Houfton Ste-
pätichen Völkerfamilie beobachtet werden Eonute, wart Chbamberlain, prägte in feinem
den Hauptanfporn lieferte. | grundlegenden Werf „Die Grundlagen des 19.
Natürlic erhob fi fofort gegen dieſes Be— Jahrhunderts“ den Sag: „Der Jude ift eine
ginnen ein ungeheures Gefchrei der Betroffenen, ganz einzige Erfcheinung, zu der feine Parallele
die eine Klärung diefer Frage mit allen Mitteln aufgewiefen werden kann“. Diefe Worte treffen
zu verhindern frachteten und eine Auseinander- den Kern der ganzen Frage. Nimmt das Iuden-
jeßung mit ihr allein fchon als eine Bedrohung fum innerhalb der verfchiedenartigen Völkerſchaf⸗
ihrer Stellung und als eine Herabwürdigung fen eine befondere Stellung ein oder nicht? Bon
ihrer Gemeinfchaft empfanden. Es genügte die der Beantwortung diefer Frage hängen alle
Sudenfrage anzufchneiden, um als Antifemit weiteren ab. Denn ift das Dudentum von allen
verichrien zu werden. Ohne fahlihe Wider: übrigen Völkern und Stämmen verfchieden, fo
legung wurde der ‚„Antifemitismug‘” als An- erhebt fich die weitere Frage: als was ift es dann
griff auf die „gebeiligten Menſchenrechte“ Hin- zu bewerten? — Wag bedeutet eine folde fich
Heftellt, die ein für allemal alles, was ‚„‚Menfchen- von den übrigen Völkern, Stämmen und: Ber:
antlitz“ trägt, auch alg „gleich“ zu bewerten ver- bänden abhebende Volksgemeinſchaft gegenüber
pflichtet war. Eine jede Unterfcheidung, eine diefen, mit welchen ähnlichen Erfcheinungen in
jede Differenzierung follte im Namen einer be- der Natur wäre fie vielleicht zu vergleichen und
wußt mißgedeuteten Humanität unterbunden wie läßt fi die Entftehung einer ſolchen Son-
werden, follte ale Rückfall in eine falfch dar- dergruppe auf eine zwanglofe und natürliche
geftellte Barbarei des fogenannten Mittel. Weile erflären. Denn vom Himmel gefallen ift
alters gelten, in. der Inquifitions-Tribunale und das Judentum nicht. Es ift auch nicht durch ein.
Schreckenskammern, Scheiterhaufen und Kreuz— Wunder plöslih in Erfcheinung getreten, fon-
züge gegen Volksangehörige die Auswirkung dern im Laufe eines langen rafienbiologifchen
eines fchaurigen Dramas der geiftigen Ver— Prozeſſes, der fi zum Teil verzerrt und ver-
früppelung faft alle europäifhen Völker an- fälſcht in den gefichichtlichen Überlieferungen
zeigten. : widerfpiegelt, entftanden.
Aber alle diefe an die Wand gemalten Das Judentum felbit hat feit feinem Eintritt
Schreckgeſpenſter verfingen nicht. Auch die in die Gefchichte immer Anfprud darauf erhoben,
übrigen Mittel verfagten, eine fälfchlicherweife als etwas ganz Befonderes, von allen übrıgen
angerufene „Staatsautorität” inbegriffen, die Völfergemeinfchaften ſcharf Unterfchiedenes ge-
ihre Machtmittel zur gewaltfamen Widerlegung wertet zu werden: als „das auserwählte Volk”.
der angeblih angegriffenen „Menſchenrechte“, Seine Auffaſſung bat es auf angebliche göttliche
gezwungen durh die ausichlaggebende Herr— Dffenbarungen geftüßt, die in für das Judentum
ichaftsftellung der Juden im verflofienen No— heilig erflärten Schriften nachträglich durch feine
vemberftaat, vergeblich in die Wangfchale warf. Priefter niedergelegt worden find, aus denen es
Ein großer Aufwand wurde ſchmählich vertan. das Anrecht auf eine beiondere Berufung und
Die ungeahnte, in ihrem Führer perfonifisierte auch auf eine befondere Stellung berleitete. Es
Willenskraft der N.S.DAP. fiegte und mit war alſo äußerlich eine Konfeſſionsgemeinſchaft,
ihr eine andere Bewertung von Staatsbürger- eine gegenüber allen anderen Völkern auf eine
tum und Volksangehörigkeit, wie es ſchon in Prieſterſchaft Anſpruch erhebende Gemeinde, von
den erften Programmpunften der N.S. D. A.P. ihnen als durch göttliche Eingebungen ausgegebene
formuliert ftond: „Staatshbürgerfann Geſetze abgeſondert, in denen es zugleich innerlich
nurfein, wer deutſchen Blutesift, auch fein Volkstum verankerte. Kurz geſagt,

25 385
kann man es als ein SPrieftervolf bezeichnen, mit völfern und feinen jüdifchen Gäften heraus»
einer als „göttlich“ von feiner eigenen ‘Priefter- bildeten, die die eigentlichen, wenn auch nicht Flar .
fafte feftgelegten Miſſion gegenüber den übrigen erforfchten Urfachen der ftets vorhandenen Ab-
Völkern. neigung waren. Sie bedurften nur eines An-
Nichts hat mehr zur Verdunkelung und Ver⸗ laſſes, um in offene Feindſchaft umzufchlagen.
fchleierung des jünifchen Phänomens und damit Eine vorurteilslofe Betrachtung des jüdifchen
zu unendlichen Leiden befonders der -europätfchen Phänomens wird alfo Eonfeifionelle Unterfchiede
Völker beigetragen, als daß kritikloſe Nachfolger überhaupt nicht berüdfichtigen, fondern ihr ganzes
eine mit örtlichen Anläffen verknüpfte, aber in Gewicht nur auf die Wechfelbeziehungen in einem
ihren Grundlagen big in die Tiefe vorgefchicht- möglichft langen, bis in die jüngſte Zeit hinein-
Yicher Zuftände reichende religiöfe Erneuerung mit reichenden Zeitraum zwifchen dem Judentum und
ihren durchaus gegenfäßlichen Lehren verbanden, den übrigen Völkern legen, um daraus feine
ja fie foger zum Teil auf diefe zurüdführten. Schlüſſe zu ziehen. Sollte e8 fi dann erweifen,
Diefe Verknüpfung der allein auf jüdiſche daß fih im Laufe einer langen Periode immer
Lebensnotwendigfeiten bezogenen, im Laufe von wieder diefelben Ereigniffe mit einer faft beäng-
Sahrhunderten von Prieftern zufammengetragenen ftigenden Gleichförmigkeit bei den verfchiedenften
und zufammengefaßten Beltimmungen mit einer Völkern wiederholen, dann dürfte die Urface
fpäteren, in der zufammenbrechenden Antike auf- nicht in der abgrundtiefen Bosheit der nicht-
fretenden Heilglehre, hat die Erfenntnis des jüdifchen Völker zu fuchen fein, die ihnen vom
Judentums zum Schaden der Völker, unter denen Judentum mit einer feltenen Übereinftimmung
fie ficy niederließen, verhindert. Die Nücfbezie- dur die Dahrhunderte zugefchrieben werden,
hung auf die fpäter fiegreiche Offenbarungslehre fondern im Judentum felbft. Und das find jene
hat die Duden froß des immer wieder durch⸗ Tatfachen, deren Bekanntwerden und Wertung
brechenden natürlichen Abwehrinſtinkts der Völ⸗ das Judentum fo fürchtet.
fer noch mit einem falfchen Heiligenfchein um- Allerdings muß hierbei etwashervorgehoben wer-
Fleidet, der die gegen fie notwendigen Maßnahmen den: die jüdischen Konfeſſionsgeſetze find zugleich
verhinderte. Zwar galten die Duden alg frühere Lebensgeſetze feines Volkstums. Nicht dag Gefes
Feinde der neuen Heilslehre, die fich fehr fchnell, machte den Juden, fondern der Jude dag Gefer
da fie vielleicht zum Teil an uralte raſſenhafte im Laufe einer langen Entwicdlungsperiode, wenn
Vorſtellungen anfnüpfte, zuerft durd Leiden und diefe Gefege wiederum auch fpäter eine formende
dann mit Feuer und Schwert die europäiſche Kraft auf die Kette der jüdischen Generationen
Welt eroberte. Daraus entiprang dann hin und entfalteten. Darin liegt beim Dudentum eine
wieder, alg fich die neue Lehre ihre eigene Priefter- einzigartige Derfehmelzung vor. Und infofern
organtifation geichaffen hatte, ein Vorgehen dieſe Gefeke die Tebensäußerungen des Juden⸗
gegen fie aus Eonfeffionellen Gründen, tums regeln und für alle Zeiten feftzulegen
dag die wahren Gründe und tieferen Urfachen frachten, gehören fie deswegen mit in den Kreis
mehr verichleierte und verfälfchte, als fie förderte. diefer Betrachtungen, da fie den Schlüflel zur
Die Judenfrage war damit auf ein falſches erfenntnismäßigen Löfung der Dudenfrage ent-
Gleis geſchoben und lief ſich auf ihm immer halten.
wieder zum Vorteil des Judentums tot, da die
im Abendland herrſchende Kirche für ſich die—
Gefchichtlicher Überblid
ſelben Rechte als göttliche Offenbarung geltend Eine fchulmeifterlihe Überlieferung beliebt
machte und ſich zum Teil zur Durchſetzung der- auch noch heute, Paläftina um das erfte Jahr
jelben eben auf dag Judentum bezog, die dag unferer Zeitrehnung als ein von Duden be-
Sefamtjudentum wiederum für fidy erhob, fo daß wohntes und von ihnen bebautes Land darzu-
letzten Endes die gemeinfame Baſis die fonfef- ftellen. Das tft eine der irrigen Anfichten, die
fionellen Gegenfäge überbrüdte. Damit wurden eine Klärung der Judenfrage verhindert. Die
auch zeitweilig immer wieder jene Gegenſätze SudenfindinPaläftinanieetwas
unterdrüct, die fih auf Grund der verfchieden- andereselgeine mehr oder minder
artigen Tebensbetätigung zwifchen den Wirts— indem Stammes- und Völker—

386 6
gemiſch Paläftinasverfhwindende gewordene Schicht, die fi um die Priefterfchaft
Minderheit gewesen, Menihen, die gruppierte, die felber wiederum aus ihr hervor-
entiprehend ihren ererbten und fie no gegangen war: die Juden. Sie waren fchon
heute beftimmenden Anlagen Städtebewohner damals (450 v. Chr.) eine Kafte, die Kapitaliften
waren, in denen fie die vielleiht auch der Vergangenheit, die die Gefeke ihrer fozialen
nicht einmal zahlenmäßig überlegene, wohl Entftehung auf Grund ihrer im Verlaufe eines
aber die herrichende Schicht bildeten. An langen biologifchen Prozeſſes zuftande gefom-
ihrer Spitze ſtand um jene Zeit ein Priefter- menen Anlagen nunmehr der Gefamtbevölferung
tum, dag feine Einkünfte aus dem Tempeldienſt aufzwang.
bezog und ſich im übrigen außer einer fehr mweit- Paläftina war feit jeher Feine abgelegene Land-
gehenden Anteilnahme an der Gemeindeverwal- Ihaft voll ruhender Beſchaulichkeit und ftetiger
tung mit Handels-oder beſſer gefagt Geldgefchäften Entwillung, fondern ſeit Dahrtaufenden das
aller Art befaßte, zu denen es die Einfünfte aus Durchzugs-, Kampf- und Siedlungsgebiet der
dem Tempel verwandte. Die Synagoge erfeßte verfchiedenartigften menschlichen Stämme, die ſich
damals die Börfe und die Banken. Sie war ein auf ihren Zägen dort befriegten, befiegten und
geichloffener Markt, auf dem das Judentum unter miteinander vermengten. Don einer mit euro-
Anteilnahme der Synagogenverwaltung als be- päiſchem Maßſtab beurteilten, irgendwie einheit-
herrſchende Bank feine Geſchäfte beforgte. lichen Bevölkerung kann big zu den letzten großen
Diefer Zuftand des Landes hatte fih, auf Araberzügen nah Paläftina, die mit den Er-
frühere Anfänge fußend, feit der Erneuerung des oberungsmwellen aus dem Morden bis zu den
Bundes mit Jahwe (Jaho, Jahu) durch Esra fpäteren Mongoleneinfällen abwechfelten, zu
und Nehemia herausgebildet und trotz der wech— feiner Zeit die Dede fein. Allein eine Auf:
ſelnden Oberherrſchaft durch Babylonier, Perſer, zählung der Paläftina berührenden Völkerſchaften
Mazedonier und die ſpäteren Diadochen weiter— in gefchichtlicher Zeit würde über den Rahmen
erhalten, bis die Römer endlich dieſer Priefter- diefer Abhandlung hinausgreifen. Don den
und Tempelberrfchaft, die um jene Zeit fehon zu Dolmenerbauern, die, aus dem Werften oder Nord⸗
einer finanziellen Weltmacht geworden wor, ein weiten kommend, über Paläftina auf ihren bis
Ende feßten. | nah Malakka reichenden vorgefchichtlihen Er-
Mit der Verkündung
des „Geſetzes“ durch oberungszügen dahinftrömten, bis zu den Gal-
Esra können wir eigentlich erft den Eintritt der fiern, haben faft alle europäischen VBölferfchaften
Duden — als einer Bevölferungsgruppe, wie fie ihre Bifitenfarten in Paläftina abgegeben und
aus dem fpäteren DBerlauf ihres Schickſals be- das ihre zu einem fländigen Raſſenchaos in der
fannt wird — in die MWeltgefchichte feftftellen, Vermiſchung mit einer vielleicht zuerft mehr
wenngleich ihre Bildung big weit in die graue negerifhen Bevölkerung, die fpäter von einer
Vorzeit reiht. Durch die Ausrufung dieſes mehr orientalifch-vorderafiatifch zufammengejegten
neuen Bundes mit perfifcher Genehmigung aber, abgelöft wurde, beigetragen.
zu deſſen Anerfennung die Bevölkerung des Das Land mag ſchonin grauer Vorzeit von
Landes gewaltfam gezwungen wurde, war die einer ewigen Unruhe beherricht gewefen fein. In
Bewohnerſchaft Paläftinas und der angrenzenden den mehr unzugänglichen DBerggegenden mögen
Gebiete noch nicht zu Yuden geworden. Die Be— die zurüdgedrängten. fogenannten Ureinwohner
wohner blieben, was fie waren, Landbebauer, noch lange ihr bejonderes Leben geführt haben,
Viehzüchter, Gebirgsiäger und nomadiſierende bis auch in ihre Reihen allmählih das Blur
Horden in jener bunt zufammengewürfelten der fiegreichen Nachzügler fickerte und fie eine
Form, wie fie die Geichichte des Landes danf langiame raflenbiologiihe Veränderung er—
ununterbrochener Eroberungszüge durcheinander- fitten. In den mehr offenen und den Wüſten
gefchüttelt hatte. Nur in den Städten oder in benachbarten Ebenen mögen noch lange nomadi—
größeren Anfiedlungen verichiedener, an den fierende Völkerſchaften untereinander ihre Kriege
Grenzen der Wüftengegenden gelenener Dafen um die beiten Weidepläße abgehalten und fi
ſaß eine nicht dur Krieg und Raub, fondern dazwifchen oft genug miteinander zu Überfällen
mehr durd Handel, Tauſch und Betrug reich auf die angefiedelten Plätze verbunden haken.

27 387
Und auch über dag in Fleine Gruppen, Stämme verſchwindenden ſozialen Oberkaſte eines von
und Völkerſchaften zerfplitterfe, miteinander in ſteter Unruhe durchzitterten Landes ſind die ſo—
ewiger Fehde liegende bunte Gemiſch einer land- genannten jüdiſchen Vorfahren zu ſuchen, die
bebauenden Bevölkerung hatten fi) dann oft durch den fortlaufenden Zuſtrom der mit ähn—
genug die mannigfaltigften Sturmfluten ber lichen Fähigkeiten in dieſem Miſchlingsbrei Be—
verfchiedenartigften Völkerwellen von Werten, gabten anwuchſen. Und erſt nachdem dieſer Zu-
Norden, Oſten und Süden ergoffen und eine ſtand eingetreten war, legte dieſe Kaſte in ıhren
allein im Wechſel beftändige Herrihaft, ſtark Gefeßesfammlungen die Normen des für fie
nach Landfchaften und den örtlichen Verhält— gültigen Handelns nieder, die zugleich auch die
niffen getrennt, mit ſich gebracht. / Bedingungen für ihre eigene Entitehung waren,
In gefchichtliher Zeit wurde dann mod und feftigten damit die formende Kraft auf die
Paläſtina zum Schauplag der Machtkämpfe, die ipäteren Gefchlechter. *

swifchen den fi) im Oſten in der Euphrat- und Der jüdiſche Forfcher Ullmann (Süddeutſche
Tigrigebene bildenden Weltmächten und feinen Monatshefte) nannte die Juden ſehr bezeichnend
füdfihen Nachbarn Ägypten ausgetragen wur- eine „Stadtraſſe“, die, muß ergänzt werden,
den. Hinzu Fam, daß mit der dichter werdenden unter beſonderen, einmalig gegebenen Umſtänden
Befiedelung der Taufchhandel einen immer im Laufe einer langen geſchichtlichen Entwick—
größeren Umfang annahm, um jene Zeit ſchon lung zuſtande kam. Eine „Stadtraſſe“ ſind die
der Handelsverfehr im nahen Orient blühte und Juden bis zum heutigen Tage geblieben, der
der Warenaustaufh auf dem noch bie vor gegenüber die in ſpäterer geſchichtlicher Zeit in
furzem üblihen Karawanenwege lange Zeit— den verfchiedenften Ländern unternommenen Ver⸗
räume hindurch über Paläftina Tief. Auch der pflanzungsverfuche auf das Land oder in die
Übergang vom beichwerlihen Taufhhandel zum anderen Raſſen und Völker entiprechenden
Geldweien, das vielleicht aus Sumerien feine Lebensverhältniffe jedesmal mit einem völligen
Verbreitung nahm, ift mit zu berüdfichtigen, Mißerfolg endeten. Es ift mithin nicht an-
zeigt doch ſchon Babylon ein ſehr auggebildetes gängig, die Bildung des Judentums alleın auf
Geld- und Leihweſen. Alle diefe Umftände be- ganz beftimmte menfchlihe Stämme, Bölfer-
günftigten in einem langen Zeitraum die Ent- Ichaften oder Raſſen zurücdzuführen und beim
ftehung einer, ihren Vorteil in folhen gefeß- Entſtehungsprozeß des Judentums die befondere
ofen Zeiten in den einzelnen befeftigten oder Struktur der gegebenen Verhältniffe unberüd- _
ſchwer zugänglichen Plätzen fErupellog mwahr- fihfigt zu laſſen. Auch fie hat ihre Wirkung
nehmenden Schicht, die mit der gleichfalls Geld- ausgeübt eben in der DBeeinfluffung von Aus-
und Handelsgeihäfte treibenden SPriefterfafte Vefevorgängen fchon in der vorgefchichflichen Zeit,
eng verbunden war. Während die allgemeine die zur Erfcheinung jenes „jüdifchen Phänomens‘
Unficherbeit der gefeßmäßige Zuſtand mar, führten, wie e8 ung in der gefchichtlichen Zeit
Raub, Mord und die mit ihnen verbundenen. allmählich entgegentritt und ſich dann immer
Laſter blühten, die Gewalttätigften und Kriege: deutlicher von allen anderen Erſcheinungen ab-
rifchften unter den in ewigem Streit mitein- zeichnef.
ander liegenden Gruppen, Landichaften und
Stämmen fich gegenfeitig ausrotteten, blühte Die Iſraeliten
und vermehrte fich diefe durch fErupellofe Wahr- Eine verwerflihe Rückſtändigkeit führt aud)
nehmung ihres perfönlihen Vorteils hoch— heute noch troß befferen Wiſſens die Juden auf
gekommene Schicht, trotz ſicher manchmal cin- die Dfraeliten zurüc, als deren Nachkommen
tretender Rückſchläge. Sie wurde, un- fie ausgegeben werden. Gemeint find damit die
bemerft von den die Oberhoheit in dem fogenannten „Alten Teſtament“ in einem
ausübenden Mächten, zu dem Sammelnamen zufommengefaßten angeblichen
eigentlihen Beherrſcher des zwölf Stämme Dfraels, die als Nachzügler mit
LandesdurchihremitallenLiſten der erften großen, als hebräiſch-kanaanäiſch be-
und Tücken erworbenematerielle zeichneten Welle aus dem Oſten und Südoſten
Macht. In dieſer im Nebel der Geſchichte im Laufe von Jahrhunderten Paläftina teil-

388 23
weife eroberten, fi) mit der Bevölkerung ver und ihrer Stammeshäuptlinge, Führer und
mifchten und im Raſſenchaos Vorderaſiens und Krieger mit den Juden, kann Feine Rede fein.
befonders Paläftinag verfehwanden, ohne weitere Dieſe Gefhichtsfälihung, begünftigt durch das
Spuren zu binterlaffen. Plagiat einer Bezeichnung und verftärft durch
Ein ungefähres, wenn auch gleichwohl fpäter eine verhängnisvolle Verknüpfung mit einer in
vielfach überarbeitetes und immer mehr auf die fpäterer Zeit in jenem Raſſenchaos auffommen-
„iüdiſche Verheißung“ abgeftimmtes Bild diefer den Heilglehre, ift ebenfo verhängnisvell wie
Eroberung gibt die „Richterzeit“ im fogenannten die als tarfächliche Ereigniffe noch heute für
Alten Teſtament. Das ganze Eindringen diefer wahr ausgegebenen Erlebnifle fogenannter
Wüſtenſtämme erfcheint als ein Chaos von jüdifcher „Erzväter”. In ihnen find vielleicht
Mafienmorden, Überfällen und Kämpfen aller die fpäter verperfünlichten und vielfach mit der
gegen alle, denn von einem Zuſammenhalt Diefer Angleihung an die jüdischen Verheißungen über-
einzelnen, jeder für fi) vorgehenden nomadi- arbeiteten Erzählungen von Wanderungen und
fierenden Horden ift Feine Rede. Dieſer Dor- Schickſalen einzelner Nomadenftämme zu er-
gang mag einige hundert jahre umfaßt haben, blicken. Auffhlußreih und intereffant allein
während der die damalige fehr Iofe ägyptiſche durch diefe jüdischen Überarbeitungen, in denen
Herrfhaft immer mehr erfchütteret und zum allmählich die angeborenen Weſenszüge des
Schluß gelöft wird. Die Bezeihnung Judentums ihren immer prägnanteren Ausdruck
„Jſrae !“ fommt zum erftien und fanden. Dasfelbe ließe fih auch über den an-
einzigen Male um 12309 Chr. in geblichen Aufenthalt des jüdifchen Volkes in
einer ägyptiſchen Infhrift vor, Ägypten und feine wunderbare Errettung aus
alfo ein PVierteljohrtaufend diefer Knechtſchaft jagen. Zwar liegen auch
fpäter. Im DVerfolg der Abwehrfämpfe gegen diefen Darftellungen geichichtliche Ereigniſſe
die aus. dem Welten ungeſtüm vordringenden, anderer Art wie der Einfall und die Der
wahrſcheinlich aus Kreta übergefesten Philiſter freibung der Hyffos in Ägypten zugrunde,
fommt es dann zu einer allmählihen Der- aber mit dem Judentum haben auch fie nichts
einigung diefer einzelnen Stammesherrfchaften zu fun. Das jüdifhe Wolf, das feine Bes
unter gleichzeitiger langſamer Verſchmelzung zeichnung von einem mehr wie fragmürdigen und
mit der vorhandenen Bevölkerung. Es erfolgen durch gar Feine DBefonderheiten ausgezeichneten
dann die aus der bis heute fälſchlich als Wüſtenſtamm ableitet, war damals nod fo
„jüdiſchen“ Gefchichte befannten Gründungen wenig in die Gefchichte eingetreten, wie das
- zweier Meiche: im Norden durd das Außerft deutfche. Es fchlummerte aber wohl bereits in
ſagenhafte Stammesoberhaupt Saul, im Süden jenen Schichten und Kreifen der ftädtifchen Be—⸗
dur den nicht minder fagenhaften David. sölferung, die im engften Einvernehmen mit
Beide Reiche friften bis zu ihrem Verſchwinden einer vorherrſchenden und zu ihr gehörenden
ein fehr Fümmerliches, aber deſto märdhen- Priefterfhaft durch feine fErupellos erworbene
ummobeneres Dafein, dem Betrug, Verrat, Geldmacht zur Landplage geworden war, worüber
Mord und Totſchlag den verflärenden Schein das Zufreffende neben unzähligen anderen in
nicht rauben Fonnten. den jüdifchen Glaubensbüchern verftreuten Aus-
Die aus den Wüftengegenden vordringenden fprüchen fchon Hefefiel fagt: „Sie blößen vie
Dfraeliten find im paläftinifchen Raſſenchaos Scham der Väter und nötigen die Werber in
immer nur ein übergefchichtetes Einfprengiel- ihrer Kranfbeit. Und treiben untereinander
Volk gewefen, das ſich fuftematifch zwifchen die mit Freundesweib Greuel, fie ſchänden ihre
gefchlagene ältere Bevölkerung einfchob. Und fie eigene Schwiegertochter mit Unzucht, fie nof-
wurden auch aus der Gefchichte getilgt, mie züchtigen ihre eigenen Schweftern, ihres Vaters
andere Völker durch eine fchranfenlofe Ver— Zöhter. Sie nehmen Beftehung an, um Blut
mifchung mit dem buntfchedfigen menfchlichen Ge- zu vergießen. Sie wuchern und überfeßen ein-
wimmel diefes Raſſenchaos. Von einer Gleich— ander, und treiben Geiz wider ihren Nächſten
feßung der in dem Völkermaſſengrab Paläftinas und tun einander Gewalt, und vergeflen meiner,
für eine kurze Spanne auftaucenden Iſraeliten alfo ſprach Herr Jahove.“

39 389
EEE TEE TEILT — — IE ZIERT —— ——
—— — Mt

Das Judentum vielleicht felber zum Judentum gehörte, mag in


Durd die Verkündung deg neuen Bundes ihm aufgegangen fein, abgelehen von den in bie
mit Jahwe unter Esra und Nehemia in Je Ereigniffe der damaligen Welt nicht mit hin-
rufalem (der auf dem 150 Jahre früher ab- eingezogenen nomadifhen Stämme, die ihr
gefaßten Priefterfoder beruht) waren die Juden mofaifches Bekenntnis behielten. Mit dem Ver⸗
zum eritenmal zu den aud äußerlich herrichenden fhwinden der nicht zum jüdiihen Volkstum ge-
Machthabern im Lande aufgerüdt. Charafte- hörenden Bekenner der jüdifchen Lehre ver-
riſtiſch für dieſen Vorgang ift, daß er den erſten fchwinden aber auch die „Eriegerifchen‘‘ Eigen-
ung befannten Aft religiöfer Unduldfamlett in ſchaften, auf weldhe das heufige Judentum
ver Geſchichte daritellt, was bisher gefliſſentlich immer noch zu verweifen beliebt. Diefer Wandel
„überſehen“ wurde. Das Händler-Prieitertum ift ein derartig charakfteriftifcher, daB er ſchon
erzwang die Anerfennung der ihren Anlagen längſt die Aufmerkſamkeit unvoreingenommener
gemäß im Laufe einer längeren Entwidelungs- Betrachter hätte erweden müflen, wenn nicht
periode umgemwandelten Sasungen im Yande, eine noch viel zu große Defangenheit die Be-
Damit wurden die einzelnen, raſſiſch durchaus werfung diefer Merkmale verhinderte. Niemals
verichiedenarfigen Bevölkerungsteile deg bunt- mehr nachher greift das Judentum zum Schwert!
ſcheckigen Mifhlingsgewimmels zu Bekennern Selbft nicht in den überlegenften Madıt.
ihrer Lehre, wie durch die hriftlichen Miſſionen pofitionen bei großer zahlenmäßiger Stärfe lässt
in Afrifa Meger zu Ehriiten wurden, ohne da- e8 dag Judentum gefchlofien auf gemwaltjame
mit ihrer Volkszugehörigkeit nach nun den Eng- Austragungen der durch fein Wirfen entftandenen
ländern oder DBelgiern oder Deutichen zugezäblt Gegenſätze ankommen. Seine Waffe bleibt für
zu werden. Auch trieb das Judentum in den die Zukunft allein dag Geld. Das Fraffeite Bei—
eriten Jahrhunderten feines geſchichtlichen Bes fpiel dafür gibt die Austreibung der Juden aus
itebeng eine fehr eifrige Miſſion, wodurch fi Spanien unter Ferdinand und Iſabella.
die vielfachen Übertritte aller möglichen ara- So iſt auch beider Dehbandlung
bifhen Stämme, big tief in die Sahara hin- der Judenfrage ſehr wohl
ein, wie wohl auch verfchiedener äthiopiſch— zwiſchen Volkstum und Kon—
negeriicher Völkerfchaften, die in ihren Wande— feſſion zu unterſcheiden. Gerade die
rungen weit nah Afrika, 3. B. Abeifinien, Außerachtlaſſung dieſes Umſtandes hat die Unter-
gelangten, erklären. Diefe Übernahme der ſuchung empfindlich geſchädigt und zu Verall—
moſaiſchen Konfeffion berechfigt aber noch lange gemeinerungen und Ergebniſſen verleitet, die
nicht, fie dem jüdiſchen Volkstum zuzurechnen, den Tatſachen nicht entſprechen. Von jüdiſcher
wie es noch heufe gefan wird. Seite iſt bewußt oder unbewußt ſtets eine Gleich—
Die zur jüdiſchen Lehre Bekehrten galten ſetzung erfolgt, entweder um die raſſenmäßige
lange Jahrhunderte hindurch beim fdiichen Einheit des Judentums zu beweiſen oder um ſie
Volke nicht als volle Juden, fondern als „Pro— zu beſtreiten. Im erſten Fall zur Stärkung des
ſelyten des Tores“, die dazu auserfehen waren, Bewußtſeins der Andersartigkeit imJudentum
zum Frommen des „auserwählten Volkes“ aus— wie bei Zollſchan (Das Raſſenproblem), im
genußt zu werden. Sie waren e8, die Die ſo— zweiten zu Verteidigungszwecken gegenüber den
genannten jüdifchen Aufftände und Kämpfe im Immer ſchärfer werdenden Angriffen von nicht
Lande führten, indem die Juden damals wie jüdifcher Seite wie bei Fifhberg (Die Raſſen—
heute die Drabtzieber hinter den Kuliſſen merfmale der Juden) oder bei Feiſt (Stammes-
blieben, und fie je nach Lage der Dinge höchiteng funde der Juden).
mit ihrer Geldmacht unterftüßten. In dieſen
andauernden Kriegen und Aufftänden, die ſich Die jüdiſche Wanderung
unter römifcher Oberhoheit
‘big weit nach Klein-. Se mehr fih nun das Judentum, befonders
afien, Agypten und die Cyreneika ausdehnten, nad) dem Auftreten Esras, aber auch ſchon
verblutete der größte Teil diefer Profelyten, früher, dank der befonderen Gelegenheiten aller
andere fielen vom füdifchen Defenntnis ab, und feine Bildung begünftigenden Umftände, aus der
nur ein kleiner Meft, der feinen Anlagen nad Bevölkerung herausfriftallifierte und feine Zahl

390 30
anwuchs, deſto mehr behinderten ſich feine Ver⸗ Perfiihen Meerbufen‘, berichten felber die jüdi⸗
treter gegenſeitig in Paläſtina. Es begann abzu- ſchen Forfcher (Hersfeld, Handelsgefchichte der
firömen nah Oſten und Weften, wohin feine Juden des Altertums). Die Mär alfo, daß die
Vorläufer — eben jene priefterhändlerifchen Juden nach „Europa verfchlagen” wären oder
Schichten — ſchon Yange vor der Zerftörung aber, daß fie durch die „Zerftörung Serufalems
Serufalems durd die Babylonier gezogen waren in die Welt verftreut wurden”, ift eine der vielen,
und wo in den Verfehrszentren der Alten Weit aber ſehr bezeichnenden Lügen, mit deren Hilfe
die Dichte der andersgearteten Bevölkerung die jüdiſche Gefchichte verfälfcht worden ift. Die
feinen Anlagen den größten und freieften Spiel- Juden find nirgends zu ihren Wanderungen ge-
raum bot. Im Gegenſatz zu allen Völkerſchaften jwungen worden. „Ohne alle fihtliche Nötigung
der Welt, ganz befonderg zu den Iandbebauenden von außen‘ find fie freiwillig auf Grund genauer
und erobernden Bölfern, wie den Germanen, Berichte ihrer Kundfchafter in jene Gefilde ge—
aber auch im Gegenfos zu den viehzüchtenden zogen, die ihrer befonderen Tätigkeit als die zu-
und räuberifchen Nomaden und Mongolen, die fagendften fchienen. War eine Landfhaft aus-
doc auf die gewaltfame Beherrfchung von Land⸗ gepowert, jo wandten fie ſich der nächften zu, wie
ſchaften ausgingen, 309 die „Stadtraffe” allein ein ungeheurer Polyp mit Fangarmen, deflen
in die ödeſten Steinhaufen, Die bier vorge- Kopf eine Zeitlang in Jeruſalem faß, in ewiger
brachten Iatfachen werden auch von jüdifchen Bewegung begriffen.
Forfchern, wenn auch unfreiwillig, beftätigt. So Wenn fih nun im Laufe der verfchieden-
bemerft Karo (Sozial- und MWirtfchaftsgefchichte artigften Wandlungen der Gefchichte bei allen
der Duden) über die Augtreibung der Duden in Dölfern und zu den verfchiedenften Zeiten
England: „Zugleich verminderte ſich mit der immer wieder dasfelbe in den Grundzügen feft-
Austreibung die Gefahr einer allzu ftarfen gegen- liegende Schaufpiel wiederholt, daß die zuerft
feitigen Konkurrenz. So erflärt fi, daß ein Begünftigten den Haß und den Abfcheu der an-
Mes von Kleinen jüdifchen Gemeinden das Land fäffigen Bevölkerung erweden und die zuerft zu
überfpannt. Mein wirtfchaftliche Urfachen haben ihrem Vorteil oder zu ihrem Schuß erlaffenen
die Zerftreuungen der Juden in England bedingt.” Geſetze in folche zu ihrer Abwehr oder zur De-
Nur find diefe Feftftellungen nit allein für wahrung der Bevölkerung vor ihrer Tätigkeit
England maßgebend gewefen, fondern für die umgeändert werden, dann find die Gründe eben
Verteilung der Yuden in der ganzen Welt. im Judentum felber zu fuhen und nidt in
Ganz allmählich breitet fih das Judentum in äußeren Umftänden. |
ben großen Städten Syriens, Agyptens, ganz Es wäre nun wirflih an der Zeit, daß die
Kleinafiens, Griechenlands ufw. aus, wo «8 Mär verfhwände: „Die Juden feien während
fefte Kolonien bildete. Diefe einzelnen ftädtifchen des europäischen Mitelalters — im weſentlichen
Miederlaffungen fianden in einem dauernden erft feit den Kreuzzügen“ — in das Geldleih-
regen Derfehr miteinander und mit Paläſtina, geſchäft hineingezwungen worden, weil ihnen alle
von wo ein ununterbrochener Nachſtrom erfolgte, Berufe verfchloffen geweien feien. Die zmwei-
der eine freimillige Moaflenabwanderung der taufendjährige Gefchichte eines jüdifchen Leihver-
Juden darftelt. Diefe einzelnen Kolonien fehrs bis zum Mittelalter beweift doch wahr-
fandten Kundfchafter aus, die über die Eignung haftig fchon deutlich genug die Vrrigfeit diefer
der neubetretenen Gebiete für die jüdifche Iätig- Gefhichtsfonftruftion”, fo fchreibt einer der
feit berichteten, worauf die Kolonien weiter vor- judenfreundlichften Gelehrten, Sombart (Die
rüdten, neue bildeten, big fich der Ring um das Juden und dag Wirtfchaftsleben), der ganz be-
Agäifche und Schwarze Meer, Sahrhunderte vor fonders ihren Einfluß auf die MWirtfchaftsge-
unferer Zeitrechnung, geichloffen hatte. „So fam ichichte einer eingehenden Unterfuchung unter-
8, daß nach wenigen ahrhunderten, und im zogen hatte. Dieſe Feftftelung müßte dahin-
ganzen ohne alle fihtlihe Nötigung von außen, gehend ergänzt werden, daß fich die Juden ſeit
die Juden anfällig waren in allen Tandfchaften ihrer Entfiehung faft ausfchließlih mit Geld-
von Medien bis Nom, von Pontes bis zum und Wechfelgefchichten abgegeben hatten.

31 391.
ERSTELLE EEE BZ TEELEE GE ER TEEEETTE Een ⸗

Das deutſche Buch


Walter Franf:
Hofprediger Adolf Stoeder und die
hriftlih-fozgiale Bewegung.
Dr. Bernhard Pier: Hanſeatiſche Verlagsanftalt, Hamburg, 1935. 6,80 NM.,
£w. 7,80 RM. 347 Seiten. :
Naffenbiologifhe Betrahtungsweife
der Geihihte Frankreichs Eine der FLebensbefchreibungen, die man Thon des»
wegen empfehlen muß, weil fie wirklid Leben wider-
Verlag Drefterweg, Frankfurt a. M., 1935. 1,35 NM. fpiegelt. Diele Darftellung der Feineswegs ruhigen und
63 Seiten. behaglichen innerpolitiihen Lage des Bismardreihes
Die Schrift Felt einen Verſuch dar, die Geſchichte wird von der Dynamik ihrer Entftehungszeit (1. Auf-
Frankreichs vom Standpunkt der rafiihen Zufammen- Inge 1928!) getragen. Der fahlihe Berührungspunft
feßungen aus zu analvfieren und die auf Grund der beider Zeiten ift in der fozialen und Judenfrage gegeben
raſſiſchen Verſchiebungen im Laufe der Geſchichte des und hier zeigt ſich zugleich der tiefe Unterichied. Der
franzöfiihen Volkes entſtehenden Anderungen der von dem ganz befonderen Chriftentum feiner Stellung
Geiſteshaltung begreiflich zumachen. Das Buch iſt gut ausgehende und durch vielerlei Ballaſt und Rückſichten
und lebhaft geſchrieben. Man kann den Verſuch des- gehemmte Hofprediger in feinem beftändigen Hin und
halb als gelungen betrachten. Selbitverftändlih war es Her zwiſchen feinem überperfönlihen Ziel und periön-
in dem engen Rahmen dem Verfaſſer niht möglich, auf lihen Bindungen if feine Geftalt nah unferem Sinne,
alle Einzelheiten einzugehen und da und dort entflan- und feine Art, feine Aufgaben zu ſehen, ift nicht die
dene Probleme bis zum legten auszuführen. Trotzdem unfere. Wir können aber an feiner Eraftvollen Perſön—
folte die Schrift befonders von der Lehrerſchaft für die lichkeit als Eriheinung von beadhtliher Wirkſamkeit ın
Belebung des franzöfiihen Unterrichts verwendet werden. der fozialen Geſchichte unſeres Volkes nit vorüber-
gehen und dürfen diefem Kämpfer für feine dee von
Dr. Bernhard Pier: Spialismus und Judentum unfere Achtung nicht ver-
fangen. Die Notwendigkeit des Zuſammenbruchs dieſer
Ralifenbrologifdhe Betrahtungsmweife erft von ihm entfeflelten Volksbewegung wird klar aus
der Geihihte Englands dem bier mit reihem Material belegten Mit- und
Verlag Dieiterweg, Frankfurt a.M., 1935. 1,20 AM, Gegeneinander der realpolitiihen Grundlagen ſozialer
55 Seiten. Pläne und des durch das Hofpredigeramt Stoeders
Vom gleihen Verfaſſer der Arbeit „Rafienbiologiihe beionders belafteten preußiſch⸗ſtaatskirchlich-orthodoren
Betrachtungsweiſe der Geſchichte Frankreichs“ ſtammt Chriftentums.. Stürmifh verlaufende, gefprengte
nun auch die der Geſchichte Englands. Auch hier be— Maffenverfammlungen, Prefiefehden, Hofintrigen und
müht er ſich die engliſche Geſchichte auf Grund raflen- das Auf und Ab höfiſcher Intereffenpolitif geben den
fundliher Erfenntniffe zu erflären und man fann dieſe Mahmen für diefen Ausfchnitt aus dem Drama der
Arbeit als genau fo wertvoll wie die erft beiprodene beginnenden inneren Auflöfung des zweiten Neiches. Das
über Frankreich bereichnen. Buch ift für das Verſtändnis deutſcher Sozialgeichichte
Zunähft wird die vafliihe Zufammenfesung des notwendig und daher weitgehend zu empfehlen.
engliihen Volkes behandelt. Zu Beginn ber jüngeren
Steinzeit (etwa 5000 v. Ehr.) follen in England Men-
fhen mediterraner Raſſe als Hirtenvölfer gelebt haben
ihre Nachkommen follen noch heute z. DB. in Cornwall Bücher zu unferen Auffäßen:
und Wales zu finden fein. Später famen Kelten und
Mormannen (Mormannen als Sammelbegriff für die ‚Germanisches Erbe im Mittelalter“
nordiiben Völker) und dieſen Gruppen hat England
iein vorwiegend nordiihes Geliht zu verdanfen. Es
Originalausgabe der Gedidte
folgt ein Abſchnitt „IR das heutige England ein nor- Waltheers v. d Vogelweide,
diihes Land?" in dem die Anfichten Eiditedts, Gün- herausgegeben von Karl v. Krauß, 1935, Verlag
thers, Gobtneaus u. a. zufammengeftellt find, die dahin de Gruyter, Berlin. Preis, geb, 3,80 NM.
gehen, dab England wohl ein vorwiegend nordiihes Land
wäre, aber dat die Entnordung Englands immer mehr Hermann Schwarz:
vorwärts ſchreite. Aud der Geburtenrüdgang wäre eine „Ekkehart der Deutſche“
große Gefahr. Belonders ftarf wäre die Gefahr der
Versudung man fünne ohne Übertreibung lagen. daß Verlag Junker & Dünnhaupt, Berlin, 1935. Preis
die Leitung des britiihen Weltreihes wenn auch nicht 3,39 RM.
in tüdiihen Händen ruhe, ſo doch von Juden flarf
beeinflußt wäre, Diefes erfläre auch die merfwirdige „Die Judenfrage“
Politik, die England insbefondere nah dem MWeltkriege H. F. 8. Günther:
getrieben habe.
In den folgenden Abichnitten wird die Titeratur und „Raſſenkunde des jüdiſchen
Philoiophie Englands raſſenkundlich betradhtet, u. a. Volkes“
wird daber ausgeführt (f. 32 - 35) dab in England
die Grundzüge des germantihen Rechtes fih bis auf Verlag J. F. Lehmann, Münden, 1931. Preis 11,70 RM.
den heutigen Tag voll erhalten haben. was dem ftolzen Alfred Roſenberg:
Selbftbemußtiein und dem wftinftfiheren Raſſegefühl
der Engländer zuzuſchreiben wäre, Die Arbeit ſchließt „Der ſtaatsfeindliche Zionismus“
mit Ausführungen über die innere Entwicklung Eng- Deutſchvölkiſche Verlagsanſtalt, Hamburg, 1922. Preis
lands und die Ausbreitungspolitif, die es getrieben hat. 45 Rpf.

Auflage der November-Folge: 1130000


Nahdrud, auch auszugsweile, nur mit Genehmigung der Schriftleitung. Herausgeber: Reichsſchulungsleiter
Geſamtinhalt: Franz H.Woweries, M.d.R. Berlin W57,
Dr. Max Frauendorfer. Hauptſchriftleiter u.verantwortl. f. d.
Potsdamer Str. 175, FernrufB 7 Pallas 0012. Verlag: Zentralverlag ver N.S. D. A.P.Franz; Eher Nachf. G.m.b.H.
Berlin SWeos, Zimmerſtraße 88. Fernruf Al Jäger 0022. Druck: M. Müller & Sohn K.G., Berlin SW 68.

392 32
SAMMELMAPPE
|SCHULUNGS
W
> en ——
SAMMELMAPPE 1935
100000 schätzten den Wert der Schulungsbriefe 1934 durch
Anlegen einer Sammelmappe. Sie vervielfachen den Wert
Ihrer Hefte, wenn Sie sie von Jahresbeginn an schonen. Der
Jahrgang der „Deutschen Vorgeschichte‘ verdient diese Pflege!
Steigern Sie ihn durch Verwendung einer Sammelmappe zum

HANDBUCH NATIONAL.-
SOZIALISTISCHER
WELTANSCHAUUNG
Bestellen Sie auf dem Dienstweg die
SCHULUNGSBRIEF-SAMMELMAPPE,
in der Sie den Jahrgang 1935 in Buchform sauber geordnet
halten können, die geschmackvoll aussieht, einfach, gediegen
und mitihrer Klemmnadelheftung so praktisch ist.
Sie kostet nur RM. 1,50
Titelfeite: Braunfchweig, Burglöme von 1166
Zeichnung Profeffor Tobias Schwab, Berlin
” B Eu Pa 8 — ——— * — — — = — * — — m. — — — DE — —
*
Y *
— —
SS & e n >

*
Ri
*

BERLIN,NOV

x #
Mittelalterliche Dar- .
stellung ländlicher |
Arbeiten

Yu
*

ai
Als*

05;
2ee
X

BR,

J—
lien
Abi
ei —
a
A)

Der schöne Brunnen


zu Nürnberg

Tilmann Riemenschneider: Eva


(Würzburg)

Eckart und Uta |


(Naumburger Dom) is...

—J

mr BR

Bäuerliche Fachwerkgotik „Vier Tugenden”


Ritter Hartmann v. Aue mit durchkreuzter Raute vom Straßburger
(Buchmolerei aus der Heidelberger Liederhandschrift) (Hanauerland) Münster
BERLIN, NOVEMBER 1935-11. JAHRGANG 11.FOLGE
PREIS 10 RPF,

REICHSSCHULUNGSAMTOERNSOAP
UND DER DEUTSCHENAIRDEITSFRONT

Das könnte Ihnen auch gefallen