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Friedrich Nietzsehe

Das Hauptwerk

Band 3
Also sprach Zarathustra
Die Geburt der Tragödie
Jenseits von Gut und Böse

nymphenburger
69 2 Jen, ei ts von Gut u n cl n öSe
-
Unsere Tugenden
Schwarz Gewand und Schweigsamkeit kleidet jeglich
zu "kurz" sein und in k ein e Tiefe hinunter können.
Weib - gescheit.
Ein Mann hingegen, der Tiefe hat, in seinem Geiste wie in
* seinen Begierden, auch jene Tiefe des Wohlwollens, welche
der Strenge und Härte fähig ist und leicht mit ihnen ver-
Wem 1m Glück ich dankbar bin? Gott - und meiner
wechselt wird, kann über das Weib immer nur 0 r i e n-
Schneiderin.
tal i s c h denken: - er muß das Weib als Besitz als
verschließbares Eigentum, als etwas zur Dienstba;keit
Jung: beblümtes Höhlenhaus. Alt: em Drache fährt Vorbestimmtes und in ihr sich Vollendendes fassen, - er
heraus. muß sich hierin auf die ungeheure Vernunft Asiens auf
Asiens Instinkt-überlegenheit stellen, wie dies' eh:mals
Edler l'hme, hübsches Bein, Mann dazu: 0 wär' er mein! die Griechen getan haben, diese besten Erben und Schüler
Asiens, - welche, wie bekannt, von Homer bis zu den
* Zeiten des Perikles, mit z une h m end e r Kultur und
Kurze Rede, langer Sinn - Glatteis für die Eselin! Umfänglichkeit an Kraft, Schritt für Schritt auch s t ren _
ger gegen das Weib, kurz, orientalischer geworden sind.
* Wie notwendig, wie logisch, wie selbst menschlich-
Die Frauen sind von den Männern bi~her wie Vö~cl wünschbar dies war: möge man darüber bei sich nOlch-
behandelt worden, die von irgend welcher Höhe sich denkenl
hinab zu ihnen verirrt haben: als etwas Feineres, Ver-
letzlicheres, Wilderes, Wunderlicheres, Süßeres, Seelen- 239
volleres, - aber als etwas, das man einsperren muß,
damit es nichtdavoniliegt.
Das schwache Geschlecht ist in keinem Zeitalter mit
solcher Achtung von seiten der Männer behandelt worden 1}
'~
als in unserm Zeitalter - das gehört zum demokra-
238 tischen Hang und Grundgeschmack, ebenso wie die Un-
Sich im Grundprobleme "Mann und Weib" zu ver- ~!:~I~ietigkeit vor dem Alter -: was Wunder, daß
greifen, hier den ab gründlichsten Antagonismus und die -soförfwieoer-'rn:lt dleser Achtung Mißbrauch getrieben
Notwendigkeit einer ewig-feindseligen Spannung zu wird? lI,{an will mehr, man lernt fordern, man findet
leugnen, hier vielleicht von gleichen Rechten, gleicher Er- zuletzt jenen Achtungszoll beinahe schon kränkend, man
ziehung, gleichen Ansprüchen und Verpflichtungen zu würde den Wettbewerb um Rechte, ja ganz eigentlich den
träumen: das ist ein typ i s ehe s Zeichen von Flach- Kampf vorziehen: genug, das Weib verliert an Scham.
köpfigkeit, und ein Denker, der. an dieser gefährlichen Setzen wir sofort hinzu, daß es auch Oln Geschmack ver-
Stelle sich flach erwiesen hat - flach im Instinkte! _, 'liert. Es verlernt den Mann zu für c h t e n: aber das
darf überhaupt als verdächtig, mehr noch, als verraten, Weib, das "das Fürchten verlernt", gibt seine weiblidl-
als aufgedeckt gelten: wahrscheinlich wird er für alle sten Instinkte prei~. Daß das Weib sich Eervonv_a,~->.
Grundfragen des Lebens, auch des zukünftigen Lebens, wenn das Furcht-Emflößende am Manne, sagen wir be-
Jenseits von Gut und !löse
Un.sere TU/'I'enden
o
695
stimmter, wenn der Man n im Manne nicht mehr ge- gleich einem zarteren, wunderlich wilde "
wollt und großgezüchtet wird, ist billig genug, auch nehmen Haustiere erhalten, versorO't genchund Ort angc-
00
begreiflich genug; was sich schwerer begreift, ist, daß wer d en müsseo das t OO 'ch 0 , s utzt, geschont
, appIS" e und t 00
eben damit - das Weib entartet, Dies geschieht heute: suchen all des SkI h f en rustete Zusammen-
aven a ten und L Ob 0
täuschen wir uns nicht darüber! Wo nur der industrielle Stellung des W c:bes' d bOh ' el eIgenen, das die
. m er IS ~n"'" 0 d
Geist über den militärischen und aristokratischen Geist seI lschaft an sich O"ehabt I d~ 6~n r nung der Ge-
o 0 0 1at un noch h (I L
gesiegt hat, strebt jetzt das Weib nach der wirtschaft- verel em GcO'enargume t d 0ch ,at a s Ou Skb-
' '" n un nI t VIel h 0
lichen und rechtlichen Selbständigkeit eines ~Q~.Q}is: »das dmgung J°cder hoooh eren K lo
u tur Jed E hooh
me r eme Be-
Weib als Kommis" steht an der Pforte der sich bildenden sei): _ was bedeutet dO 'II er r 0 u,ng der Kultur
modernen· GeS::'Üschaft, Indem es sich dergestalt neuer bröckelung der weobI"ch les a, es, wenn mcht eine An-
Rechte bemächtigt, »Herr" zu werden trachtet und den Freilich, es O'ibt g~n~g e~/~s~In~te, eine EntweibIichung?
»Fortschritt" des Weibes auf seine Fahnen und Fähnchen Weibs- Verde~ber unt d 0 sInmge Frauen-Freunde und
schreibt, vollzieht sich mit schrecklicher Deutlichkeit das Geschlechts dO d er ~n gelehrten Eseln männlichen
, le em WeIbe a 'ch
Umgekehrte: das W e i b geh t 2 U r Ü c k, Seit der entweibIichen und aIIe die D nraten" SI dergestalt zu
Französischen Revolution ist in Europa der Einfluß des an denen der Man "0,.., umn:helten nachzumachen,
. " n m .curopa dl 00' ..L
Weibes in dem Maße ger i n ger geworden, als es an haftlIYkeit" k k ' e europalS'.:ue ,,:Mann-
, '" ran t, - weIche das W Ob b' ,
Rechten und Ansprüchen zugenommen hat; und die memen Bilduno-" wohl . el IS zur "aIIge-
»Emanzipation des Weibes", insofern sie von den Frauen tisieren herunt:rbrino-en ga~chzum ZCltungslesenOund Poli-
0 '" mo ten, Man wiII h d d
selbst (und nicht nur von männlichen Flachköpfen) ver- se lb st Frelo-eister
o
und L'Iteraten aus d F ler un a
langt und gefördert wird, ergibt sich dergestalt als ein als ob ein Weib ohne F 00 . . en 'rauen machen:
. rommlO'kel~ fO' .
merkwürdiges Symptom von der zunehmenden Schwä- gottlosen 1fann °ch o · ur emen tiefen und

chung und Abstumpfung der allerweiblichsten Instinkte, Lächerliches wär;l~, etwas voIIdk?mmen Widriges oder
' man ver trbt f o·b 11 0
Es ist D u m m h e i t in dieser Bewegung, eine beinahe N erven mit der kran'-h f
hatesten und ast lOch
fooh u era Ihre
maskulinische Dummheit, deren sich ein wohlgeratenes Arten Musik ( . J ge a rIsten aller
unsrer ueutschen M 0
Weib - das immer ein kluges Weib ist - von Grund macht sie täglich hyst 0 ch neuesten uSlk) und
ens er und z 1°h
aus zu schämen hätte. Die Witterung dafür verlieren, letzten Berufe, kräftiO'e Kind u 00 • rem ersten und
auf welchem Boden man am sichersten zum Siege kommt; Man wiII sie üb h '" er zu gebaren, unbefähigter,
wie man saO"t der auch pt noch mehr "kultivieren" und,
die übung in seiner eigentlichen Waffenkunst vernach- b' as "s wache Geschlecht" d h
lässigen; sich vor dem Manne gehe)'Ll?,~sep., vielleicht s t ar k machen: als ob 'ch d' . ure Kultur
sogar "bis zum Buche", wo man 5ichTrijhe·~-in. Zucht und lich wie möglich lehrte :~ß t K leI .G~schlch,;e 50 eindring-
und Sch "ch : ' . " u tlvlerung des Menschen
feine listige Demut nahm; dem Glauben des Mannes an wa ung - namhch Sch ,o°ch .
ein im Weibe ver h ü 11 t e s grundverschiedenes Ideal, Ankränklung der W '1 I k '" a ung, ~ersphtterung,
1 ens raft - I ..
an irgendein Ewig- und Notwendig-Weibliches mit an d er Schritt geO'angen s' d ommer mltem-
tugendhafter Dreistigkeit entgegenarbeiten; dem Manne und einfIußreichst~n F m cl und_ daß dIe mächtigsten
Mutter N I rauen , er WeIt (zuletzt noch die
es nachdrücklich und geschwätzig ausreden, daß das Weib apo eons) gerade Ihrer WiIIenskraft _ unQ
69 6 Jen,.it. Ton Gut und !lös.

nicht den Schulmeistern! - 1'h re Ma cht und ihr W über-'b


'cht über die Männer verdankten, D,as, w,as am el e
r:;ekt und oft genug Furcht einflößt, 1st ,seme N a ;:u~~
d' atürlid1er" ist als die des Mannes, seme echte,
ti~erl;:fte listige Geschmeidigkeit, seine ~igerkral~e u~:~
dem Ha~dschuh, seine Naivität ,im ~gol:rus'Je~~rche ACHTES HAUPTSTOCK
erziehbarkeit und innerliche WIldheIt; aST n d 1 ,
Weite Schweifende semer , B'egler den und ugen en", " VöLKER UND VA TERLKNDER
Was, 'bei aller Furcht, für diese ~efäh~li~e u~~id::~::'
240
Katze "Weib" Mitleiden macht, 1st, a ~ e~.. ver-
verletzbarer, liebebedür!tiger ~nd ~ur Entt;;::~:~g Mit-
urteilter erscheint als lrgendem JI~:'h FU~er Mann vor
I chard
CH HöR TE, wieder einmal Zum ersten Male _ Ri-
Wagners Ouvertüre zu den M eis t e r s i n ger n :
leiden: mit diesen Gef,ühl~n stan ß IS s~on in der Tra- das ist eine pradltvoIle, überladene, schwere und späte
dem Weibe, imme~ ml: emem, Fu e" t _ Wie? Und Kunst, welche den Stolz hat, zu ihrem Verständnisse zwei
.. die welche zerreIßt, lOdern sIe entzuck , b Jahrhunderte Musik als nodl lebendig vorauszusetzen: _
go , d '? U d die E n t z aue - es ehrt die Deutsmen, daß sich ein solmer Stolz nimt ver-
damit soll es nu? zu ,En ,~se;erk;? Die Verlangweili-
remnete! Was für Säfte und Kräfte, was für Jahreszeiten
run g des WeIbes 1st 1 h f? 0 Europa 1
gung des Weibes kommt langs~m ,~rau Ich es fü; und Himmelsstrime sind hier nidlt gemismtl Das mutet
k d Ter mIt Hornern, we uns bald altertümlidl, bald fremd, herb und überjung an,
Europa! Man ennt, as 1 dem dir immer
dich immer am anzIehendsten war, von " ch ein- das ist ebenso willkürlim als pomphaft-herkömmlim, das
wieder Gefahr droht! Deine alte Fabclchko~nte a~\önnte ist nicllt selten smelmisch, nom öfter derb und grob, _
\ G schichte" werden, - no emm d das hat Feuer und Mut und zugleim die smlaffe falbe
'! mal
,
zur h" e DummheIt , u"b er d'ch
I Herr werden un ck Haut von Frümten, wclme zu spät reif werden. Das
eme unge eure 'h kein Gott verste t, strömt breit und voll: und plötzlic.\ ein Augenblick uno
, did1 d;wontragen! Und unter 1 r "I _ _
'\~
\ ' 'Idee" el
'ne moderne Idee , erklärlichen Zögerns, gleichsam eine Lücke, die zwischen
nem! nur eme " , "
Ursache und Wirkung aufspringt, ein Drud" der uns
träumen mamt, beinahe ein Alpdruck -, aber smon
breitet und weitet sim wieder der alte Strom von Be-
hagen aus, von vielfältigstem Beh:lgen, von altem und
neuem Glücl" se h r eingeremnet das Glück des Künst-
lers an sim selber, dessen er nimt Hehl h:lben will, sein
erstauntes glücklimes Mitwissen um die Meistersmaft
seiner hier verwendeten Mittel, neuer neuerworbener uno
ausgeprobter Kunstmittel, wie er uns zu verraten scheint,
Alles in allem keine Smänheit, kein Süden, nidlts von

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