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Und finde leider Nahverwandte;

Es ist ein altes Buch zu blättern:

Vom Harz bis Hellas


imer Vettern!

Empuse

Entschieden weiß ich gleich zu handeln,


In vieles könnt’ ich mich
verwandeln;

Doch euch zu Ehren hab’ ich


jetzt
Das Eselsköpfchen aufgesetzt.

Mephistopheles

Ich merk’ es hat bey diesen


Leuten
Verwandtschaft Großes zu bedeuten;

Doch mag sich was auch will eräugnen,

Den Eselskopf möcht’ ich


verläugnen.

Lamien

Laß diese Garstige, sie verscheucht,


Was irgend schön und lieblich däucht;

Was irgend schön und lieblich wär,


Sie kommt heran, es ist nicht mehr!

Mephistopheles

Auch diese Mühmchen, zart und


schmächtig,

Sie sind mir allesamt verdächtig;

Und hinter solcher Wänglein Rosen


Fürcht’ ich doch auch
Metamorphosen.

Lamien
Versuch’
es doch! sind unsrer Viele.
Greif zu! Und hast du Glück im Spiele,
Erhasche dir das beste Loos.
Was soll das lüsterne Geleyer?

Du bist ein miserabler Freyer,


Stolzirst einher und thust so groß! –
Nun mischt er sich in unsre Schaaren;
Laßt nach und nach die Masken fahren,
Und gebt ihm euer Wesen blos.

Mephistopheles

Die schönste hab’ ich mir


erlesen . . . .
sie umfassend
O weh mir! welch ein dürrer
Besen!
eine andere ergreifend
Und diese? . . . .
Schmähliches Gesicht!

Lamien
Verdienst du’s besser? dünk’ es
nicht.

Mephistopheles

Die Kleine möcht’ ich mir verpfänden . . . .


Lacerte schlüpft mir aus den Händen!
Und schlangenhaft der glatte Zopf.
Dagegen faß’ ich mir die Lange . . . .7776DagegenDagegen II H74Dagegegen H (I a)
Da pack’ ich eine
Thyrsusstange!
Den Pinienapfel als den Kopf.
Wo will’s hinaus? . . . . Noch eine Dicke,
An der ich mich vielleicht erquicke;

Zum letztenmal gewagt! Es sey!


Recht quammig, quappig, das bezahlen
Mit hohem Preis Orientalen . . . .

Doch ach! der Bovist platzt entzwey!

Lamien
Fahrt auseinander, schwankt und schwebet
Blitzartig, schwarzen Flugs
umgebet

Den eingedrungenen Hexensohn!

Unsichre schauderhafte Kreise!


Schweigsamen Fittigs, Fledermäuse!

Zu wohlfeil kommt er doch davon.

Mephistopheles

sich schüttlend

Viel klüger, scheint es,


bin ich nicht geworden;
Absurd ist’s hier, absurd im
Norden,
Gespenster hier wie dort vertrackt,
Volk und Poeten abgeschmackt.
Ist eben hier eine Mummenschanz
Wie überall ein Sinnentanz.
Ich griff nach holden Maskenzügen
Und faßte Wesen daß mich’s
schauerte . . . .
Ich möchte gerne mich betrügen,
Wenn es nur länger dauerte.
sich zwischen dem
Gestein verirrend
Wo bin ich denn? Wo will’s
hinaus?
Das war ein Pfad, nun ist’s ein
Graus.
Ich kam daher auf glatten Wegen,
Und jetzt steht mir Geröll entgegen.

Vergebens klettr’ ich auf und nieder,


Wo find ich meine Sphinxe wieder?
So toll hätt ich mirs nicht gedacht
Ein solch Gebirg in Einer Nacht.
Das heiß ich frischen Hexenritt!7809–7810Hexenritt! mit. HHexenritt‸ mit‸ auf eingekleb-
tem Zettel H (VII)
Die bringen ihren Blocksberg mit.

Oreas

vom Naturfels

Herauf hier! Mein Gebirg ist alt,


Steht in ursprünglicher Gestalt.
Verehre schroffe Felsensteige,
Des Pindus letztgedehnte Zweige.
Schon stand ich unerschüttert so,

Als über mich Pompejus floh.


Daneben, das Gebild des Wahns,
Verschwindet schon beym Krähn des Hahns.
Dergleichen Mährchen seh’ ich oft
entstehn
Und plötzlich wieder untergehn.

Mephistopheles

Sey Ehre dir, ehrwürdiges


Haupt!
Von hoher Eichenkraft umlaubt;
Der allerklarste Mondenschein
Dringt nicht zur Finsterniß herein. –
Doch neben am Gebüsche zieht
Ein Licht das gar bescheiden glüht.
Wie sich das alles fügen muß!
Fürwahr! es ist Homunkulus.
Woher des Wegs, du Kleingeselle?

Homunkulus
Ich schwebe so von Stell’ zu Stelle
Und möchte gern im besten Sinn entstehn,
Voll Ungeduld mein Glas entzwey zu schlagen;

Allein was ich bisher gesehn


Hinein da möcht’ ich mich nicht wagen.
Nur, um dirs im Vertraun zu
sagen:
Zwey Philosophen bin ich auf der Spur,
Ich horchte zu, es hieß: Natur! Natur!
Von diesen will ich mich nicht trennen,
Sie müssen doch das irdische Wesen kennen;

Und ich erfahre wohl am Ende


Wohin ich mich am allerklügsten wende.

Mephistopheles

Das thu’ auf deine eigne


Hand.
Denn, wo Gespenster Platz
genommen,

Ist auch der Philosoph willkommen.

Damit man seiner Kunst und Gunst sich freue,

Erschafft er gleich ein Dutzend neue.


Wenn du nicht irrst, kommst du
nicht zu Verstand!
Willst du entstehn, entsteh’ auf
eigne Hand!

Homunkulus

Ein guter Rath ist auch nicht zu verschmähn.

Mephistopheles

So fahre hin! Wir wollen’s weiter


sehn.

trennen sich
Anaxagoras
zu Thales
Dein starrer Sinn will sich nicht beugen,
Bedarf es weit’res dich zu
überzeugen?

Thales
Die Welle beugt sich jedem Winde gern,
Doch hält sie sich vom schroffen Felsen fern.

Anaxagoras

Durch Feuerdunst ist dieser Fels zu Handen.

Thales
Im Feuchten ist Lebendiges erstanden.

Homunkulus

zwischen beiden

Laßt mich an eurer Seite gehn,


Mir selbst gelüstet’s zu
entstehn!

Anaxagoras

Hast du, o Thales, je, in Einer Nacht,


Solch einen Berg aus Schlamm hervorgebracht?

Thales
Nie war Natur und ihr lebendiges Fließen
Auf Tag und Nacht und Stunden angewiesen;
Sie bildet regelnd jegliche Gestalt,
Und selbst im Großen ist es nicht Gewalt.

Anaxagoras

Hier aber war’s! Plutonisch grimmig Feuer,


Äolischer Dünste Knallkraft ungeheuer,
Durchbrach des flachen Bodens alte Kruste
Daß neu ein Berg sogleich entstehen mußte.

Thales
Was wird dadurch nun weiter fortgesetzt?

Er ist auch da, und das ist gut zuletzt.


Mit solchem Streit verliert man Zeit und
Weile
Und führt doch nur geduldig Volk am Seile.

Anaxagoras

Schnell quillt der Berg von Myrmidonen,


Die Felsenspalten zu bewohnen,
Pygmäen, Imsen, Däumerlinge,
Und andre thätig kleine Dinge.
zum Homunkulusvor 7877HomunkulusHomunkulus II H74Homunnkulus H (I a)
Nie hast du Großem nachgestrebt,
Einsiedlerisch-beschränkt gelebt;

Kannst du zur Herrschaft dich gewöhnen,


So laß ich dich als König krönen.

Homunkulus

Was sagt mein Thales? –

Thales

Will’s nicht rathen;

Mit Kleinen thut man kleine Thaten,

Mit Großen wird der Kleine groß.


Sieh hin! die schwarze Kranich-Wolke!
Sie droht dem aufgeregten Volke
Und würde so dem König drohn.
Mit scharfen Schnäbeln, krallen Beinen,
Sie stechen nieder auf die Kleinen;
Verhängniß wetterleuchtet schon.
Ein Frevel tödtete die Reiher,
Umstellend ruhigen Friedensweiher.
Doch jener Mordgeschosse Regen,
Schafft grausam-blut’gen
Rache-Segen,
Erregt der Nahverwandten Wuth,
Nach der Pygmäen frevlem Blut.
Was nützt nun Schild und Helm und Speer?

Was hilft der Reiherstrahl den Zwergen?

Wie sich Dacktyl und Imse bergen,


Schon wankt, es flieht, es stürzt das Heer.

Anaxagoras

nach einer Pause


feyerlich

Konnt’ ich bisher die


Unterirdischen loben,
So wend’ ich mich in diesem
Fall nach oben . . .

Du! droben ewig unveraltete,


Dreynamig-Dreygestaltete,
Dich ruf ’ ich an bey meines
Volkes Weh,
Diana, Luna, Hekate!

Du Brust-erweiternde, im
Tiefsten-sinnige,

Du ruhig-scheinende, gewaltsam-innige,

Eröffne deiner Schatten


grausen Schlund,

Die alte Macht sey ohne Zauber kund!

Pause

Bin ich zu schnell erhört!


Hat mein Flehn
Nach jenen Höhn
Die Ordnung der Natur gestört?

Und größer, immer größer nahet


schon
Der Göttin rundumschriebner Thron,

Dem Auge furchtbar,


ungeheuer.
Ins Düstre röthet sich sein Feuer . . .
Nicht näher! drohend-mächtige
Runde,

Du richtest uns und Land und Meer zu Grunde!

So wär’ es wahr daß dich


Thessalische Frauen,
In frevlend magischem Vertrauen,
Von deinem Pfad herabgesungen?

Verderblichstes dir abgerungen? . . .

Das lichte Schild hat sich umdunkelt,

Auf einmal reißt’s und blitzt


und funkelt,

Welch ein Geprassel! Welch ein Zischen!


Ein Donnern, Windgethüm dazwischen! –

Demüthig zu des Thrones Stufen! –

Verzeiht! Ich hab’ es


hergerufen.

Wirft sich aufs Angesicht

Thales
Was dieser Mann nicht alles hört’
und sah!

Ich weiß nicht recht wie uns geschah;


Auch hab’ ich’s nicht mit ihm
empfunden.

Gestehen wir, es sind verrückte Stunden,


Und Luna wiegt sich ganz bequem
An ihrem Platz so wie vordem.

Homunkulus

Schaut hin nach der Pygmäen Sitz,


Der Berg war rund, jetzt ist er
spitz.
Ich spürt’ ein ungeheures
Prallen,
Der Fels war aus dem Mond gefallen,
Gleich hat er, ohne nachzufragen,

So Freund als Feind gequetscht, erschlagen.


Doch muß ich solche Künste loben,

Die schöpferisch, in einer Nacht,


Zugleich von unten und von oben,

Dies Berggebäu zu Stand gebracht.

Thales
Sey ruhig! Es war nur gedacht.
Sie fahre hin die garstige Brut!

Daß du nicht König warst ist gut.


Nun fort zum heitern Meeresfeste,

Dort hofft und ehrt man Wundergäste.

entfernen sich

Mephistopheles

An der Gegenseite kletternd

Da muß ich mich durch steile Felsentreppen,


Durch alter Eichen starre Wurzeln schleppen!
Auf meinem Harz der harzige Dunst
Hat was vom Pech und das hat meine Gunst;
Zunächst der Schwefel . . . . Hier, bey diesen Griechen
Ist von dergleichen kaum die Spur zu riechen;
Neugierig aber wär’ ich, nachzuspüren
Womit sie Höllenqual und Flamme schüren.

Dryas
In deinem Lande sey einheimisch klug,
Im fremden bist du nicht gewandt genug.
Du solltest nicht den Sinn zur Heimath kehren,

Der heiligen Eichen Würde hier verehren.

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