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Nachhaltigkeit

Der Klimawandel und seine Geschäftschancen


20.04.2020 | Autor/ Redakteur: Tibor Reischitz und Martin Schulz / Melanie Krauß

Der Klimawandel ist für die Industrie nicht nur eine Herausforderung, sondern
birgt auch Chancen. Das sind die drei wichtigsten Themen, mit denen
Unternehmen sich jetzt befassen sollten.

Der Klimawandel birgt viele Risiken für


die Industrie: schlechter verfügbare
Ressourcen, (Wetter-)Schäden an
Anlagen, verschärfte
Emissionsvorschriften – pessimistische
Zukunftsszenarien gibt es genug. Laut
einer Untersuchung des Carbon
Disclosure Project (CDP) bezi ern 215
der weltweit 500 größten Unternehmen

Verantwortung für den Umweltschutz zu übernehmen, die Geschäftsrisiken durch den


schafft auch wirtschaftliche Chancen für Unternehmen. Klimawandel auf knapp 1 Bio. Dollar.
(Bild: ©malp - stock.adobe.com)
Gleichzeitig bietet der Klimawandel
jedoch immense Geschäftschancen, die
zu ergreifen sich mehr als lohnt – denn diese liegen laut der genannten Untersuchung
bei 2,1 Bio. Dollar. Hier sind die drei wichtigsten Themen, denen sich die Unternehmen
stellen müssen, wenn sie vom Klimawandel pro tieren wollen.

Den eigenen Footprint reduzieren


CO2-neutral zu wirtschaften beziehungsweise zu produzieren, ist das (längst überfällige)
Gebot der Stunde. Mehr noch als das: Es markiert eine Zeitenwende, die nicht nur von der
Politik ausgeht. Um den Klimawandel zu stoppen, hat sich die Bundesrepublik
verp ichtet, bis 2050 die CO2-Emissionen um 90 % gegenüber 1990 zu senken. Diesen
Zielen hinkt sie jedoch hinterher – was viele Menschen dazu bringt, für den Klimaschutz
auf die Straße zu gehen oder sich anderweitig dafür zu engagieren. Umweltschutz
allgemein hat mittlerweile einen hohen Stellenwert eingenommen, gesellschaftlich,
politisch, ökonomisch. Unternehmen können sich dem nicht entziehen: Entsprechen ihre
Produkte und Produktionsweisen nicht diesem Wert, können sie sie nicht mehr gut
verkaufen, vor allem nicht an die junge Generation.

Auch B2B-Kunden stellen Anforderungen, die nicht mehr nur nanzgetrieben sind. Denn
sie sind ebenfalls ihren Shareholdern verp ichtet – entlang der gesamten Lieferkette.
Kein Unternehmen kann es sich heutzutage noch leisten, Kriterien des Umweltschutzes
zu ignorieren. Den eigenen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, ist also nicht nur
eine ökologische, sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit geworden.

Das Beispiel von Siemens in Australien zeigt, wie wichtig es für Unternehmen
hierzulande ist, ihre Geschäftsmodelle zu überprüfen: Weil der Konzern eine
Signalanlage für die Bahnstrecke eines umstrittenen Kohlebergwerks liefern wollte,
wurde die Kritik an ihm lauter. Auch der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock ruft
Unternehmen immer stärker zu nachhaltigem Handeln auf und ändert sein
Investitionsverhalten entsprechend. Anstatt diesen Dingen aus dem Weg zu gehen,
müssen Unternehmen sich den gesellschaftlichen Interessen und Diskussionen stellen
und sie mitgestalten.

Auf eigene Kernkompetenzen setzen


Verantwortung für den Umweltschutz und den Klimawandel zu übernehmen, bietet also
ganz konkrete wirtschaftliche Chancen. Um sie zu nutzen, gilt es für Unternehmen,
Technologien zu entwickeln, die Treibhausemissionen vermeiden und diese
Technologien anderen zur Verfügung zu stellen. Denn diese Emissionen werden sehr
schnell sehr teuer werden – je mehr Staaten das Pariser Abkommen unterzeichnen, desto
schneller. Es enthält auch das Ziel, dass die Finanzmittel üsse mit den Klimazielen in
Einklang gebracht werden sollen.

Deutschland hat eine lange Tradition im Automobil- sowie im Maschinen- und


Anlagenbau. Klassische deutsche Ingenieurskunst, die neue Technologien entwickelt und
diese global exportiert, ist eine Kernkompetenz, die sich auch in unseren
Ausbildungswegen für Ingenieure widerspiegelt. Weltweit ist Deutschland hier führend,
kann eine Vorreiterrolle übernehmen. Hinzu kommt eine weitere Kernkompetenz:
Deutschland ist eine Exportnation. Um „grüne“ (Anlagen-)Technik im großen Stil zu
exportieren, gibt es also schon bewährte Wege und Partnerschaften. „Made in Germany“
kann wieder verstärkt zum Erfolgsfaktor werden.

Innovationen entwickeln
Um weltweit die CO2-Emissionen zu reduzieren, braucht es innovative und wirksame
Technologien, ausgetüftelt von entsprechend ausgebildeten und kompetenten
Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und aus anderen Disziplinen. Die Digitalisierung
bietet diesbezüglich große Chancen. Sie hilft dabei, die Wirtschaft hin zu mehr
Nachhaltigkeit zu transformieren, beispielsweise bei der Umstellung von fossilen
Kraftwerken auf intelligenten Einsatz und Kombination von Wind- und Solaranlagen.

Auch neue digitale Geschäftsmodelle sind dadurch möglich, mithilfe derer beispielsweise
Elektroschrott sinnvoll recycelt werden kann, anstatt ihn um die halbe Welt zu schicken,
nur damit er auf einer Müllkippe landet. Zu diesen innovativen Technologien gehören
aber genauso neue Materialien, die einen e zienteren Einsatz von Ressourcen
sicherstellen – beispielsweise besonders behandelte Ober ächen, die Reibung und damit
Energieverluste vermindern. Ein weiteres vielversprechendes Technologiefeld ist
beispielsweise das Climate Engineering, mit dessen Hilfe CO2 in der Atmosphäre
abgefangen und sicher gespeichert oder gebunden werden kann. Dazu zählt auch die
künstliche Wolkenbildung über dem Meer; die Wolken reduzieren die
Sonneneinstrahlung und kühlen so die Erde.

Viele diese Technologien beziehungsweise Prozesse stecken in den Kinderschuhen und


sind noch ergebniso en, das heißt, es wird noch an erwünschten Wirkungen und
möglichen Nebene ekten geforscht. Aber Potenzial für Innovationen, die
Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit vereinen, steckt in jedem Fall darin.

Fazit: Chance und Herausforderung gleichzeitig


Die dargestellten Chancen des Klimawandels für die Industrie werden nur solche
Unternehmen nutzen können, die das Thema ernst nehmen, sich aktiv und frühzeitig
entsprechend positionieren, innovativ sind und in neue Technologien investieren – und
als Erstes bei ihrem eigenen ökologischen Fußabdruck ansetzen. Eine große Chance für
Deutschland liegt im Export – deutsche Ingenieurskunst und Unternehmen
beziehungsweise die von ihnen entwickelten Technologien und Produkte können
weltweit Vorreiter für grüne Technologien sein.
Die Politik spielt bei diesem Thema eine wichtige Rolle: Sie muss die passenden
Rahmenbedingungen scha en. Dass dies in der Vergangenheit nicht immer geglückt ist,
zeigt die einseitige Förderung von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen zulasten
anderer Antriebsvarianten wie beispielsweise Wassersto . Eine solche Praxis bremst den
Kampf gegen den Klimawandel. Nur eine Technologieo enheit beschleunigt
marktwirtschaftlich die dringend nötigen Innovationen.

* Tibor Reischitz und Martin Schulz sind Direktoren und Mitglieder der Solution Group Maschinen- und
Anlagenbau bei der Atreus GmbH in 80637 München, Tel. (0 89) 45 22 49-5 40, reischitz@atreus.de,
schulz@atreus.de , www.atreus.de

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