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Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- die 60er – das Jahrzehnt der Veränderungsbewegungen > politisch begründete Kulturkrise
- 1968: Mythos > eine Art Chiffre, hinter der sich ein Prozess verbirgt
- neue politische Kultur
vielfache Gründe:
- ökonomisch: 1963 erste Nachkriegskrise, 1967 Rezession
- 1965/66 – Streiks, Krise, erste Phase der Arbeitslosigkeit
- Eskalation der Unzufriedenheit, des Wunsches nach Veränderung
- die Frauenbewegung, Hippies
- innenpolitische Faktoren
- Mauerbau 13. August 1961
- die Sowjetunion will ihre Bürger vorm Westen schützen
- außenpolitische Faktoren
- das Leiden der zivilen Bevölkerung (Vietnam)
- Konsequenzen des Imperialismus
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- häufig autobiographisch
- Bernd Vesper – Sohn eines NS-Lyrikers; er besetzt aber eine außerparlamentarische Position:
1) Prozess-Einsicht
2) Drogeneinnahme
3) Reise nach Dublin
- sein Roman Die Reise wurde 1971 geschrieben und 1977 veröffentlicht; Revision der Begeisterung
KONKRETE POESIE
Ausgangspunkt:
Es war erst mal die Sprache als Material, fast im physikalischen Sinn ein Experimentierstoff, und Sie dürfen nicht vergessen,
dass wir noch zwölf Jahre lang mit einer verlogenen, hoch pathetisierten Sprache konfrontiert waren. Zeitungen, Rundfunk,
sogar in Gespräche, in den Jargon ging das ein, und unsere Sprache, also sagen wir ruhig, die deutsche Sprache auf diese Weise
wieder zu finden, war per se ein Experiment. H. Böll
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
Entwicklung:
- Sprache als Material > „sprachimmanent“: die Sprache als eigenständige Realität
- das Verfahren der Regelabweichung
- H. Heißenbüttel: Befreiung von literarischen Konventionen, aber auch im politisch-ideologischen Sinne (Über
Literatur, 1966)
- Überdruss an gesell. Konventionen, an herkömmlichen Sehweisen, Wahrnehmungsformen und
Denkgewohnheiten > ideologiefreies Sprechen
- Jandl bekannt – konkrete Poesie als Gegengewicht; die Autoren sind nicht an der Wirklichkeit interessiert
- der Gegenstand ist die Sprache; die Materialität der Sprache
- sie zweifeln nicht an der Kommunikationsfunktion, wollen sie aber aufheben
- die Sprache als sprachimmanent betrachtet
- Sprache = Summe von Lauten oder Symbolen
- die konkrete Poesie = experimentell
- ist es möglich, in die Theorie zu flüchten und die Sprache nur als Sprachsystem zu betrachten?
- aber nicht völlig apolitisch (z.B. in einem Gedicht: sau aus usa)
- konzentriert auf die Buchstaben, aber auch politisch
- der Schweizer Autor Eugen Gomringer 1955 den Begriff geprägt und ist der Begründer dieser Tradition
(Konstellationen stellen eine neue Realität her)
- selbstreferentielle Funktion dieser Lyrik (wenn z.B. ein Text ein leeres Rechteck bildet, dann steht das für das
Unsagbare)
- stützt sich auf das “Manifest der konkreten Kunst” von Theo von Doesburg: dass das Bild “keine Anlehnung and
die Natur enthalten darf”
- „konstellationen“ > „mit der Konstellation wird etwas in die Welt gesetzt, es ist eine Realität an sich und kein
Gedicht über“ (1960)
- was bedeuten diese Buchstaben? Schock-Ästhetik – neue Avantgarde (Berufung auf die Avantgarde); Kritik an
Konventionen
- Prinzipien: Reduktion und Kombination der Bauelemente der Sprache: als Schriftbild optisch wahrnehmbare
Sprache: Laut- und Buchstabengedichte (asemantische akustische/visuelle Poesie)
- Autoren versuchen eine nicht-kontaminierte Sprache zu erfinden
- Gedichtsammlung „worte sind schatten“, 1969
http://lyrikline.org/index.php?id=162&L=0&author=eg03&show=Poems&poemId=2916&cHash=4624b23515
- 1966 - 2 Gedichtbände: E. Jandl Laut und Luise, E. Fried undVIETNAMund
- die konkrete Poesie bezieht sich auf die materielle Seite der Sprache
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- patriarchale Autoritäten und die Familie angegriffen als Kleinzelle des Übels
- in den frühen 50er: Friedrich Achleitner, H. C. Artmann, Konrad Bayer, Gerhard Rühm, Oswald Wiener
- F. Archleiter – Architekt, der jetzt Kurzerzählungen schreibt
- H. C. Artmann war starker Individualist; österreichische Tradition der dialektalen Poesie (Wienerisch)
- K. Bayer – Selbstmord (= Ende der Gruppe); war der Talentierteste von allen Mitgliedern der Wiener Gruppe
- die Romane von O. Wiener wurden jetzt erst entdeckt, und zwar in der Tradition Musils
- konkrete, mit Materialien der Sprache arbeitende Dichtung
- Aufhebung der „hierarchischen Struktur des Satzes“
- gegen das Klima der Unterdrückung
- kritische Manifeste; Spiel mit der Sprache
- ihre Werke sind nur bedingt der konkreten Literatur zuzurechnen, weil sie gesellschaftlich engagiert waren,
knüpften an die Avantgarde an (die Kunst musst eine Wirkung erzielen können, wenn sie die Welt erschüttern soll);
provokative, subversive Effekte
- Tradition des Schocks, der Provokation
- Sprachexperiment: Ausdruck und Mittel gegen das restaurative und bornierte kulturelle Klima im
Nachkriegsösterreich
- Funktion: Akt der Widersetzlichkeit gegen gesell. Herrschaftsverhältnisse „Atmosphäre von Ignoranz und
wütender Ablehnung“ (G. Rühm 1967)
- Befreiung von vorgegebenen Normen durch „elementare Reduktion“
- Vorläufer: Dadaismus, Futurismus, Surrealismus
- Montagen aus vorgefertigtem Sprachmaterial
- Poetik der Provokation und des Schocks „poetische Prozessionen“
- später auch Die Grazer Gruppe Gesellschaftskritik und Gemeinschaftsarbeit (ähnlich wie die Wiener Gruppe)
ERNST JANDL
- konkrete Poesie
- Spiele mit den Sprachzeichen und mit der Sprache
- Wien. Heldenplatz (Hitler-Rede 1938 – die Rede wurde von den Österreichern mit Begeisterung angenommen –
darüber schrieben später viele; später wollten sich die Österreicher nämlich als Opfer präsentieren; in Österreich gab
es keinen Entnazifizierungsprozess)
- die austriakische Renaissance – rückwärtsgewandte Literatur
- das Narrativ der vergangenen Größe des österreichischen Volkes
- bekommt den österreichischen Staatspreis
- konservatives borniertes Klima in Österreich
- Jandl ist ein österreichischer Autor, der die Schuld der Vergangenheit thematisiert
- „akustische Gedichte“, „Lautgedichte“ “Sprechgedichte”; Jandl war der Performer seiner Gedichte und war von
Anfang an berühmt
- anders als die Wiener Gruppe hat er die Poetik der Publikumsnähe verfolgt
- Sprachexperiment und Sprachwitz
http://lyrikline.org/index.php?id=162&L=0&author=ej00&show=Poems&poemId=1230&cHash=4555b5e098
- subjektiv-emotionale Dimension seiner Textproduktion > „Was ich will, sind Gedichte, die nicht kalt lassen“,
1967
- “freude an der manipulation mit dem sprachmaterial und den daraus resultierenden entdeckungen“
- Gedichtband “laut und luise” 1966 > Sprache wird “in verschiedener weise aus dem gewohnten in ein
ungewohntes gleichgewicht gebracht” (Verwechslung von r und l)
lichtung
manche meinen
lechts und links
kann man nicht
velwechsern
werch ein illtum!
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- Parallelen: Dada-Bewegung, Figurendichtungen des Barock, Nonsense Dichtung (er war wiederum ein Poeta
doctus, Nonsens-Dichtung dicht an die Bedeutung gebunden)
- zergliedert die Sprache in die kleinsten Einheiten
DOKUMENTARISCHE LITERATUR
Nun gab es die Anschauung, dass der Autor sich aus politischer Anteilnahme heraushalten sollte. Aber war das Leben nicht zu
kurz für diese Objektivität?... Es gab eine entscheidende Frage: Wer braucht meine Arbeit, und kann mein Schreiben helfen, die
Erde bewohnbar zu machen? P. Weiss, 1966
- die These, die Literatur sei tot (Enzensberger will neue Bereiche für die Literatur eröffnen und schaut, welche
Form auf die Wirkungslosigkeit hinweisen kann)
- die Autoren dürfen nicht mehr erfinden, sie können sich keine Fiktion leisten, man muss mit den Fakten eine
Authenzitität erreichen und so Veränderungen vollbringen
- die Autoren klammern sich an historische Fakten und versuchen authentische Literatur zu schreiben (oft mit
Schriften aus Prozessen)
- gegen die Zeitfluchttendenzen von „abstraktem Roman“, absurdem Theater und konkreter Poesie
- aktualisiert das Problem des Verhältnisses der Literatur zur empirischer Wirklichkeit
- Literaturgegenstand: von gesellschaftspolitischer Brisanz, Maßnahme gegen die manipulierende Berichterstattung
der Massenmedien > Objektivität der Darstellung
- Zeitgeschichte als Bühnengeschehen
- Ralf Hochhuth: Der Stellvertreter 1963, „christliches Trauerspiel“
- Heiner Kipphard: In der Sache J. Robert Oppenheimer, 1964 “szenischer Bericht” > Form des Verhörs
- P. Weiss: Die Ermittlung, 1965 Typus des engagierten Schriftstellers (Autoren wollen engagierte Literatur als
Antwort auf alle Ereignisse schreiben; sie behaupten, sie hätten kein Recht, sich zurückzuziehen und Geschichten
zu erfinden; sie sollen ins Leben eingreifen und kritische Meinungen formulieren)
- dokumentarische Dramen Dokumentarliteratur im Vordergrund; die Literatur soll die Wirklichkeit einholen
Antwort: die Wirklichkeit entzieht sich der Literatur, Sie wollen deshalb auf Dokumente zurückgreifen
- die Frage nach dem Status von Dokumenten einige sagen, sie hätten auch keine Wahrheitsdimension
- Objektivität – engagierte politische Antwort auf die Ereignisse in der Literatur als Form der Abwendung von den
Massenmedien (die manipulieren) aber sind Dokumente nicht auch manipulierbar und nicht nur trockene Fakten,
kein Stoff fürs Literarische? Häufig werden aufgefundene Stoffe bearbeitet.
- Themen: Texte, die sehr provokativ sind mit Themen wie z.B. Auschwitz
- die Stellung des Papstes im 2. Weltkrieg, der sich hätte engagieren sollen
- die Informationen über Verbrechen werden nicht akzeptiert, die Kirche hat nichts unternommen (moralische
Dimension des Stückes – das Drama als christliches Trauerspiel)
- keine Tabus und Beziehungsängste: Verantwortung und Mitschuld der Welt
Das dokumentarische Theater enthält sich jeder Erfindung, es übernimmt authentisches Material und gibt dies, im Inhalt
unverändert, in der Form bearbeitet, von der Bühne wieder. (Notizen zum dokumentarischen Theater, 1968)
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
PETER WEISS
- später schreibt Weiß didaktische Stücke, zeitgebunden, virulente Themen; diese werden aber nicht positiv
aufgenommen
- ideologisch zu einfach
- Dokumentartheater als Gegenentwicklung zu den Massenmedien
Die Ermittlung
- Ermittlung der Auschwitz-Prozesse
- ist mit dem Thema verbunden; sehr subjektiv
- schreibt ein Oratorium (Versform im Drama)
- hat Transkripte bearbeitet und daraus ein Oratorium gemacht
- Ästhetisierung des Grauens
- die Form dient der Distanzierung vom Grauen
- setzt sich mit der Belastung Deutschlands auseinander
- hat die Figuren nicht individualisiert, weil sie als universell gelten
- zeigt all die grausamen Elemente aus Auschwitz, aber auch als Leitmotiv – wie alle Angeklagten ihr Unwissen
rechtfertigen
- das Perverse am Drama – keiner hat was gesehen oder gelernt, alle streiten die Schuld ab
- will die Botschaft an die Schweigenden bringen
Deutsche Lebensläufe
- Lebensläufe der national-sozialistische Täter und die Verstrickung des Einzelnen im größeren geschichtlichen
Zusammenhang
Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspieltruppe des Hospizes zu
Charenton unter der Anleitung des Herrn de Sade
- 1964 Drama in zwei Akten
- basiert auf wirklichen Ereignissen
- psychiatrische Schriften, die Französische Revolution, historische Reden sind im Drama erhalten, historische
Akten
- nicht rein dokumentarisch, weil alles vermischt ist
- die Welt soll als Bühne fungieren
- Spiel im Spiel – 3 Perspektiven Ermordung, Marats Perspektive, das Bewusstsein des Autors
- aktuelles Thema –> Möglichkeit der Verwirklichung der Revolution und der Wirkung der Revolution
- die Bühne wird zum „politischen Formen“
- fiktionale Ebene: 2 Zeitebenen, das ganze Drama unter Geisteskranken (Theatrum mundi), die ganze Welt verrückt
- Stoff: Abklänge der Französischen Revolution
- dokumentarische Quellen: die Totenrede de Sades auf Marat, Berichte vom Ende Marats, Aufzeichnungen über
die fr. Psychiatrie zu Beginn des 19. Jahrhundert
- drei Zeit- und Handlungsebenen
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- die Welt als Bühne, als Irrenhaus, als Schaubude „Denn was wäre schon diese Revolution/ ohne eine allgemeine
Kopulation.“
- die Welt als Bühne der Revolution
- leitmotivisch => der Chor (fiktionale Einschübe, wodurch die Frage nach der Verwirklichung der Revolution
gestellt wird), historische Dramen
- die Unausweichlichkeit der Gewalt
- Marat krazt sich die ganze Zeit
- die dialektische dichotomische Position
Ein resignierte zweifelnder Revolutionär, der an der Revolution zweifelt de Sade
- Konflikt zwischen den zwei Figuren
- Sprache: stilisiert, Blank- und Knittelvers > Inszenierungscharakter des Schauspiels
- dichotomische Dramaturgie des Stückes: Diskutierspiel mit konträren ideologischen Positionen und zugleich ein
Spiel mit lit. Stilisierungen
- „der Konflikt zwischen dem bis zum äußersten geführten Individuum und dem Gedanken an eine politische und
soziale Umwälzung“
- „Wann werdet ihr sehen lernen / Wann werdet ihr endlich verstehen“
HEINAR KIPPHARDT
- 1946 SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands aus zwei Parteien gegründet) gegründet, “antifaschistisch-
demokratische Umwälzung“ > importierte Revolution
- Heiner Müller, Dramatiker, schreibt über die Entstehung der DDR; als ob die im Osten sich reingewaschen hätten
und sich der Schuld nicht bewusst wären
- antifaschistische Tendenzen wurden ihnen aufgedrängt
- „Sozialismus von oben“
- Spaltung der SED – Partei vs. Volk (reflektiert sich in der Literatur bzw. in der „Kulturpolitik“ – öffentliche
Literatur, die ideologische imprägniert ist, um nur ideologische Ziele zu verfolgen)
- wirtschaftlich verzweifelte Lage
- aufgedrängte Ideologie + nicht nachgeholte Vergangenheitsbewältigung
- Widersprüche der allgemeinen Gesellschaftsverfassung > Literatur
- “Literaturgesellschaft” J. R. Becher > deklarativ sich der humanistischen Pflege verschrieben
- „Aufbau. Kulturpolitische Monatschrift“ seit Sep. 1945
Die neue deutsche fortschrittliche Kultur baut auf dem großem nationalen Kulturerbe des deutschen Volkes auf. Sie… ist
getragen vom kämpferischen Humanismus….Die Werke der Wissenschaftler, Schriftsteller und Künstler müssen die
gesellschaftliche Realität widerspiegeln, sie müssen dem Volke verständlich sein und eine friedliche Aufbaumoral festigen .
Johannes R. Becher
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- die DDR als Mythos; 1917 als Gründungsjahr der DDR (Oktoberrevolution in Russland)
- eine große Kluft zwischen Volk und Partei, Propagande und Wirklichkeit
- schwierige Lage, planmäßiger Aufbau des Sozialismus (Petoljetka)
- Geist der Stalin-Ära ideologische Verfestigung
- die Literatur und Kultur in der DDR
- 1934 Andrej Zdanov – die Doktrin des nationalistischen Sozialismus sozialistischer Realismus
- die Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung
- der Realismus aus dem 19. Jahrhundert, das Narrativ der DDR Entwicklung
- wahrheitsgetreue, konkrete Wirklichkeitsdarstellung
- Literatur mit pragmatischer Funktion – kann sich dem nicht entziehen Instrument einer Ideologie diese
Autoren in Vergessenheit (nur H. Müller und Ch. Wolf wurden als Modernisten nicht vergessen)
- 1953 - der Tod Stalins – rigide Kulturkonzepte
- auf welchen Grundlagen? Welche Vorbilder? die Anthologie Das bessere Land
- das Kulturerbe und die Kulturpolitik soll man betreiben (Kulturpolitik – in der BRD gibt es das nicht – Autonomie
der Zeit)
- die Kunst wird an alle vermittelt (in der DDR); aber eine ideologische Doktrin
- die Quellen:
1) Neuherausgabe der Klassiker
2) antifaschistische Exilliteratur B. Brecht gründete in Berlin das Berliner Ensemble; auch auf deutsche
Klassiker konzentriert; humanistisches Idealdrama (Nathan der Weise, Mutter Courage...)
3) sowjetische Kunstwerke als Beispiel (von Maxim Gorki Die Mutter – sozialer Bildungsroman); gezielte
Auswahl; von avantgardistischen Autoren ist nicht die Rede
DIE TAUWETTERPERIODE
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- B. Brecht – das Gedicht An die Nachgeborenen – man kann keinen Ausdruck mehr finden für die Verbrechen aus
der Vergangenheit (ich lebe in finsternen Zeiten); er weiß nicht, welche Seite negativ ist
- Buckower Elegien – epigrammatisch beschreibt er die Situation in der DDR nach dem Aufstand am 17. Juni
- sachliche nüchterne Sprache
- die Kluft zwischen der Partei und dem Volk
- Betonung des subjektiven Faktors, Nachdenklichkeit und Sensibilität, subtilere Reflexion, „Lyrikwelle“ >
Selbstvergewisserung des Subjekts
Kurzer Lehrgang
Im mittelpunkt steht
der mensch
Nicht
der einzelne.
- Zäsur in den 70er-Jahren: die Ausbürgerung Biermanns nach seinem Kölner Konzert 16. 11. 1967
- in der Lyrik gibt es zwei Pole:
SARAH KIRSCH
- Landaufenthalt, 1967
- spricht von der sächsischen Dichterschule; sie wird eine ostdeutsche Ingeborg Bachmann genannt
- sie schreibt vom Grauen der Zeit
- bei ihr herrscht existenzielle Unsicherheit
- Botschaft an ihre eigene Zeit niemand kennt den Ausweg
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
RAINER KUNZE
WOLF BIERMANN
Die Drahtharfe – eine Sammlung danach wurde er in der DDR wegen des Gedichts Die Drahtharfe gleich
verboten
Stasi-Ballade
- Systemkritiker in der BRD und der DDR uneingeschränktes Auftrittverbot in der DDR absolutes
Publikationsverbot
- im Herzen war er aber noch immer Kommunist
- 1976 - Ausbürgerung > Protest der ostdt. Intelligenz und ein nachfolgender Exodus von Schriftstellern und
Künstlern (aber auch die systemkonformen Autoren können nach 1976 das Regime nicht mehr bejahen)
- 1976 wurde er aus der DDR ausgebürgert, weil er in Köln ein Konzert vorführte
„1976 war ein Einschnitt in der kulturpolitischen Entwicklung bei uns, äußerlich markiert durch die Ausbürgerung von
Biermann. Das hat zu einer Polarisierung der kulturell arbeitenden Menschen auf verschiedenen Gebieten, besonders in der
Literatur geführt: Eine Gruppe von Autoren wurde sich darüber klar, daß ihre direkte Mitarbeit in dem Sinne, wie sie sie selbst
verantworten konnte und für richtig hielt, nicht mehr gebraucht wurde.“ (Die Dimension des Autors, C. Wolf 1987)
- auch H. Müller schreibt darüber, wie es in der DDR war, über alle Herausforderungen und Hinderungen
- es ist unmöglich, sich Orientierungen zu verschaffen
- Günter Kunert – intellektuelles Spiel; flieht in den Westen; beschreibt von dort aus die Situation in der DDR;
schreibt, die Dominanz und Kontrolle würden das Leben unmöglich machen
- die DDR der 70er als Übergangsgesellschaft Zerfall, transitorische Situation
- das Nebenprodukt des sowjetischen Untergangs
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
DRAMATIK
- sozialistische Bejahungsdramen
- unterschiedliche Entwicklungslinien
2) B. Brecht – experimentelle Form des epischen Theaters Berliner Ensemble, 1949 > Refugium der
Widerspruchskultur
- quasi moderner demokratischer Staat
3) neue Stimmen – die sind wichtig, weil das Nonkonformisten sind; Gegenspieler
- Thomas Brasch (1945-2001) Nonkonformist – Kampf des Individuums mit dem System (marginalisiert); das
Scheitern des Subjekts
- Volker Braun, 1939 – Widersprüche des Sozialismus; Produktionsstücke in der Tradition des Bitterfelder
Weges (Partizipation der Massen an der Kultur); er weist später auf die Wiedersprüche des Sozialismus hin;
pessimistische dunkle Dramatik
- Peter Hacks (1928-2003) (ein poeta doctus) Nach- u. Neudichtungen antiker Stoffe, Klassizist; tatkräftige
Individuen in Moritz Tasso; seine Werke wurden verboten, wonach er sich antiken Stoffen widmet, weil sie nicht
oder nur schwer zensuriert werden können
- H. Müller (1929-1995)
- Horror-, Koloportage und Montageverfahren
HEINER MÜLLER
- Montageverfahren
- die Geschichte als dysfunktionaler Horrorfilm
- mit dem Aspekt der deutsche Geschichte beschäftigt
- dicht Dramen tödliche Gedichte, scheiternde Hoffnung
- Kultfigur der DDR; wurde auch in der BRD rezipiert
- auch von der Subkultur aufgenommen
- Bands bearbeiten seine Dramen
- 1970-1976 als Dramaturg am Berliner Ensemble, anschließend an der Berliner Volksbühne, seit 1990 Präsident
der Akademie der Künste der DDR (der Nachfolger Brechts)
- Außenseiterposition von Wiederspiegelungsauftrag des „sozialistischen Realismus“
- marginalisierter Status seine Dramen wurden oft verboten und nicht aufgeführt
- fing mit Produtkionsstücken an; gab sie auf, weil sie ihn nicht weiterbringen können
- intertextuelle Herausforderung rezipiert die Literatur der Moderne
- das Theater der Grausamkeit – radikale Revolutionalisierung des Theaters (die Schauspieler sollten mit ihren
Gesten dramatisch grausam spielen; Extremsituationen des menschlichen Körpers)
- Einfluss: B. Brecht als „Legitimation“ zugleich, „Brecht gebrauchen, ohne ihn zu kritisieren, wäre Verrat“
- die Inhumanität der Gesellschaft Kritik an der Gesellschaft
- stellt das Negative zur Schau, Pessimismus
- Radikaldramaturgie
- Brecht war sein großes Vorbild, aber er übernimmt von ihm nicht nur, er bricht seine Richtlinien und führt Brechts
Ideen bis zum Paradox
- am Anfang Agitationstheater
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- Aufführungsverbot: Die Umsiedlerin, 1961, Einsicht: „Mit dem Realismus geht es nicht.“
- „mir fällt zum LEHRSTÜCK nichts mehr ein“ (Müller 1978), so dass „wir uns vom LEHRSTÜCK bis zum
nächsten Erdbeben verabschieden müssen“
- seine Radikaldramatik:
- offene Montage; Anhäufung von Wissen, Traditionen usw. (der Leser soll die Zusammenhänge erkennen)
- die Realität in Teile zerlegt wie sin Puzzle-Spiel
- danach: Absage mit dem Realismus Mythos der Antike werden bearbeitet, genauso wie Shakespeare und die
deutsche Geschichte obsessiv thematisierte Schwerpunkte
- Scheitern der Revolution
- gegen das Theater, gegen die Theatralisierung der Texte
- der schwarzeste Autor der deutschen Literatur
- das Wühlen im Schlamm der Geschichte
- „Die Realität kann man nur sehen, wenn man sie in Teile zerlegt, in Segmente.“ > Montage, Rolle des Rezipienten
> “Theater als Prozess”
- Quellen: antiker Mythos, Shakespeare-Kosmos und die deutsche Geschichte
- pessimistische Geschichtsauffassung: Aspekt tödlicher Geschichte und scheiternder Revolution, „Text der
Geschichte“
- „Stücke werden, heute mehr... für das Theater geschrieben statt für ein Publikum. Ich werde nicht die Daumen
drehn, bis eine (revolutionäre) Situation vorbeikommt. ... Was bleibt: einsame Texte, die auf Geschichte warten.“
- Poetik: „Auf einem Gelände, in dem die LEHRE so tief vergraben und das außerdem vermint ist, muß man
gelegentlich den Kopf in den Sand (Schlamm Stein) stecken, um weiterzusehen. Die Maulwürfe oder der
konstruktive Defaitismus.“ >
- „Die erste Gestalt der Hoffnung ist die Furcht die erste Erscheinung des Neuen der Schrecken.“
- Dramaturgie Groteske, Brutalität, Widersprüchlichkeit
Zitatenmontage
Das Theater wird erst dann wieder es selbst werden, wenn es dem Zuschauer der Wahrheit entsprechende
Traumniederschläge liefert, in denen sich sein Hang zum Verbrechen, seine erotischen Besessenheiten, seine
Wildheit, seine Chimären, sein utopischer Sinn für die Dinge und das Leben, ja sogar sein Kannibalismus auf einer
nicht bloß angenommenen und trügerischen, sondern inneren Ebene Luft machen. (Artaud 1979)
Ich schlage daher ein Theater vor, in dem körperlichem, gewaltsame Bilder die Sensibilität des Zuschauers, der im Theater wie
in einem Wirbelsturm höherer Kräfte gefangen ist, zermalmen und hypnotisieren. (Artaud 1979)
- Intertextualität: Zitate verschiedenster Provenienz > aus eigenen Stücken, Joseph Conrad, A. Artaud, ee
cummings, Fr. Hölderlin, Charles Manson, Sartrescher Lebens-Ekel, Konsum-Ekel Pasolinis, Nietzsche
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
Jeder neue Text steht in Beziehung zu einer ganzen Menge älterer Texte, von anderen Autoren, und verändert auch den Blick auf
sie. Mein Umgang mit alten Stoffen und Texten ist auch ein Umgang mit einer Nachwelt. Es ist ... ein Dialog mit Toten . (Müller
1985)
- Wolf versucht authentisch zu schreiben, indem sie auf die kollektive Erfahrung verzichtet revolutionär
- Erlebnis der Ausgeschlossenheit
Kassandra (1983)
- fiktive Begegnung mit Kleist
- entwickelt das weibliche Schreiben
- greift zu mythologischen Figuren Kassandra Prophetin, die eine Gabe obwohl sie den König vor dem
Krieg warnt, kann der Krieg nicht gestoppt werden
- Monolog der verrückten Seherin
- antikes Schicksal, aufgeladen mit Aktualität wie verurteilt den Sozialismus und den Kapitalismus
- Reaktion auf die Ohnmacht der Proteste gegen den Rüstungsschub Anfang der 80er Jahre
- neue Literatur der Frauen – Feminismus und Pazifismus
- kritisiert beide ideologische Lager „Sozialismus oder Kapitalismus“ von einem neuen Standpunkt
Zivilisationskritik wird zur Weltkoordinate
- behauptet „den Primat der Person“ in „stillen Akten geistiger und physischer Lossagung, in Gesten der
Nichtüberreinstimmung“, Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra, 1983
Eine der ersten Frauengestalten… deren Schicksal vorformt, was dann, dreitausend Jahre lang, den Frauen geschehen soll: daß
sie zum Objekt gemacht werden… Ihre innere Geschichte: das Ringen um Autonomie.
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
Wir, ernüchtert bis auf die Knochen, stehn entgeistert vor den vergegenständlichten Träumen jenes instrumentalen Denkens, das
sich immer noch Vernunft nennt, aber dem aufklärerischen Einsatz auf Emanzipation, auf Mündigkeit hin, längst entglitt und als
blanker Nützlichkeitswahn in das industrielle Zeitalter eingetreten ist . (Wolf 1987)
NEUE FRAUENLITERATUR
- Frauenliteratur „Literatur von Frauen, besonders solche, die sich kritisch mit der Erfahrung der Frauen
auseinandersetzt“ Reallexikon 1997
- ausgehend von der 68-er Bewegung, die mit ihrer Forderung nach umfassender Emanzipation dem Feminismus
enormen Aufschwung gegeben hatte > Neue Frauenbewegung
- ideologischer Terminus: Abgrenzung gegen die als fremd oder feindlich empfundene Welt des Männlichen:
emanzipatorische Literatur weiblicher Autorinnen
- Subjektivität, Sensibilität, Natürlichkeit als spezifisch weibliche Gegenmittel zu den männlichen Abstraktionen
- „Die Formen und Formeln der Dichtersprache sind nicht geschaffen, daß ein weibliches Ich sich darin artikulieren
kann.“ C. Reinig 1976
- H. Cixous „Einschreibung des weiblichen Körpers“ > rollenspezifischer Wortschatz?
- V. Stefans Häutungen. Autobiographische Aufzeichnungen, Gedichte, Träume, Analysen“, 1975, Häutung als
Ablösungsprozess von vertrauten soz. Bindungen und tradierten Mustern sex. Beziehungen
- Karin Struck: Klassenliebe, 1973 > auch Selbstfindungsliteratur, Autobiographisches > weibliche
Verständigungstexte; schreibt gegen den Sexismus
Verena Stefan
Häutungen (1975)
- Kritik an der Sprache
- die Frau versucht sich von den Klischees abzulösen und sucht eine neue Sprache
- unordentliche Syntax untypischer Satzbau
- muss eine neue Sprache finden, die nicht affiziert vom starken patriarchalen Dogma ist
- verzichtet auf soziale Grenzen
- radikale Entblößung, darstellung der Sexualität der Frauen, die anders als die in den von Männern geschriebenen
Romanen sit
beim schreiben dieses buches, dessen inhalt hierzulande überfällig ist, bin ich wort um wort und begriff um begriff an der
vorhandenen sprache angeeckt. […]
wenn ich über heterosexualität schreibe, benutze ich die klinischen ausdrücke. sie sind neutraler, weniger beleidigend,
verfremdender.
die sprache versagt, sobald ich über neue erfahrungen berichten will. angeblich neue erfahrungen, die im geläufigen jargon
wiedergegeben werden, können nicht wirklich neu sein.
ich zerstöre vertraute zusammenhänge. ich stelle begriffe, mit denen nichts mehr geklärt werden kann in frage oder sortiere sie
aus. – beziehung, beziehungsschwierigkeiten, mechanismen, sozialisation, orgasmus, lust, leidenschaft – bedeutungslos. sie
müssen durch neue beschreibung ersetzt werden, wenn ein neues denken eingeleitet werden soll. jedes wort muss gedreht und
gewendet werden, bevor es benutzt werden kann – oder weggelegt werden. 3-4
PETER SCHNEIDER
Lenz (1973)
- Erzählung von Georg Büchner verrückte Perspektive Intertextualität
- Absage an die gesellschaftliche Utopie
Morgens wachte Lenz aus einem seiner üblichen Träume auf. […]
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
Schon seit einiger Zeit konnte er das weise Marxgesicht über seinem Bett nicht mehr ausstehen. Er hatte es schon einmal
verkehrt herum aufgehängt. Um den Verstand abtropfen zu lassen, hatte er einem Freund erklärt. Er sah Marx in die Augen:
„Was waren deine Träume, alter Besserwisser, nachts, meine ich? Warst du eigentlich glücklich?
TENDENZWENDE
„Ein Gespenst geht um in Deutschland: die Langeweile. Die ehemals radikalen Schüler sitzen schwitzend über ihre über Bonus-
und Malus-Werten und denken über die Höhe ihrer Pension nach; die ehemals radikalen Studenten sitzen frischrasiert und
gerade an ihren sauberen Schreibtischen und entdecken eine alte und die neue Ordnung, auf jeden Fall eine Ordnung; die
ehemals radikalen Schriftsteller liegen in den warmen Armen der Gewerkschaft, seitdem sind sie ruhig; der Rest der
Bevölkerung scheint, aus Angst vor Entlassung, regelmäßig und unauffällig zu leben. (Tintenfisch, 1975)
- Übergangszeit; der Sozialismus von oben funktioniert nicht mehr; die kritischen Stimmen werden immer lauter
- der ideologische Druck (aus den 50ern, 60ern) wird in den 70ern schwach
- die 70er Jahre als Tendenzwende man wendet sich von etwas ab
- allgemeine Beruhigung, häufig Introspektion
- wieder Subjektivismus in den 70ern ist typisch für diese Periode
- die Autoren sind mit dem Autobiographischen sehr beschäftigt Nabelschauliteratur(?) – Egoismus, Narzissmus,
sehr auf sich selbst konzentriert
- Peter Weiß (Vietnam), H. M. Enzensberger (Kuba) –> politische Form des Theaters
- die Autoren wenden sich von diesem Engagement ab und wollen das Persönliche zeigen
- literarische Formen von Innerlichkeit und Privatheit gekennzeichnet (Ausdruck von Subjektivität)
- Peter Handkes Dramen und Romane sind ein Beispiel dafür Wunschloses Unglück autobiographische
Beschreibung des Todes seiner Mutter; es geht um die Bearbeitung persönlicher Träume usw.; die Mutter wird als
Quelle des literarischen Schaffens dargestellt; Reflexion auf sich selbst als Schriftsteller
MARTIN WALSER
- Thema: die Darstellung bürgerlicher Ehebeziehungen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Wirklichkeit
- Problem der Identität: die Rollenproblematik und das Dilemma des sozialen Aufsteigers
- Sonnen und Schattenseiten des „Wirtschaftswunders“
- breitausgeführte Romane in satirischer Tonlage, Befindlichkeiten des dt. Mittelstand-Bürgertums
- Das fliehende Pferd, 1978 > Thema: scheiternde Partnerschaftsbeziehungen
von der Figurenkonstellation her ein Vergleich mit Goethes Wahlverwandschaften: zwei Paare begegnen sich, der
Erzähler hat einen Hund namens Otto
- der exemplarische Text der 70er Jahre
- Aufeinanderstoßen kontrastiver Lebensprinzipien, die Entlarvung von Lebenslügen und der Versuch der
Selbstverwirklichung
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- das unmögliche/unerhörte Ereignis das Altern, die Dimension der Zeitlichkeit; eine Fluchtgeschichte; der
Versuch vor der Zeit zu flüchten: das Unausweichliche zu vermeiden
Ehen in Philippsburg
- Roman
- die Problematik seines Schaffens Probleme in der Partnerschaft + Identitätskrisen mit Gesellschaftskritik
- misslungene Kommunikation
- im Roman scheitern alle Ehen wegen der Gesellschaft
- der Identitätszerfall wird auf die ganze Gesellschaft „ausgedehnt“
- Gesellschaftsdruck, dass man sich nicht entfalten kann
- Rückblende, Problematik der Erinnerung
- Partnerschaft in der Gesellschaft wichtig
- detailbesessener Realismus über die bundesdeutsche Wirklichkeit; Schilderung des kleinbürgerlichen Milieus
- die Schwerpunkte seiner Werke: 1) gesellschaftliche Missstände (die Unmöglichkeit, sich zu entfalten)
2) Möglichkeiten des Erzählens darüber
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2012/2013 (zweite Teilprüfung)
PETER HANDKE
- provokativer Autor; war vor seiner Anwesenheit auf Miloševićs Begräbnis auch in Kroatien ein Kultautor
- Abwendung von der Geschichte: die Fragen der Selbstverwirklichung des Ichs außerhalb der Gesellschaft >
Rückzug in die ästh. Selbstbespiegelung
- das Thema des Reisens (erwähnt auch die Drava und Morava) – gegen das dominante Narrativ über Serbiens
Schuld
Das Theater als Bedeutungsraum ist dermaßen bestimmt, daß alles, was außerhalb des Theaters Ernsthaftigkeit, Anliegen,
Eindeutigkeit, Finalität ist, Spiel wird – daß also Eindeutigkeit, Engagement etc. auf dem Theater eben durch den fatalen Spiel
und Bedeutungsraum rettungslos verspielt werden. (..) Das Theater als gesellschaftliche Einrichtung scheint mir unbrauchbar
für eine Änderung gesellschaftlicher Einrichtungen.
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- die Aufgabe: die selbstverständlich gewordene Dramaturgie in der Sprache zu entlarven; muss sie mit einer
widersprüchlichen Dramaturgie versehen; muss den Wiederspruch zeigen
- „jede Geschichte, Form des Erzählens, macht mich, meine Situation vergessen“ (Handke)
- um zum Ich zu kommen, muss er ständig an der Sprache arbeiten, die Strukturen und Klischees in Frage stellen
- macht die manipulative Künstlichkeit des Theaters durchsichtig, aber auch durchschaubar
Publikumsbeschimpfung (1966)
- ununterbrochener vierstimmiger Monolog > „Sprechstück“
- 4 Sprecher – keine Individualisierung
- Anspielung auf die Pop-Kultur
- das Publikum wird, wie der Titel auch sagt, beschimpft
- gleichzeitig Traktat über die Theorie des Dramas
- gegen eine politische Auffassung der Literatur
Es gibt keine Auftritte, keine Dialoge, kein Bühnenbild und keine Pausen, es gibt kein Erlebnis, keine Illusion von Wirklichkeit,
keine Handlung, keine Dramenzeit, kein Gegenüber von Akteuren und Publikum; es gibt keine Intrige und es gibt keine
Hintertür. P. Putz
Die Sprechstücke sind Schauspiele ohne Bilder, insofern, als sie kein Bild von der Welt geben. Sie zeigen auf die Welt nicht in
der Form von Bildern, sondern in der Form von Worten, und die Worte der Sprechstücke zeigen nicht auf die Welt als etwas
außerhalb der Worte Liegendes, sondern auf die Welt in den Worten selber… Sie wollen nicht revolutionieren, sondern
aufmerksam machen.
- Was sind diese Sprechstücke eigentlich? Schauspiele ohne Bilder (aber kritische Spitze im Hinblick auf die
Sprache als Problem und Instrument der unmöglichen Kommunikation)
- das Wort/die Sprache steht im Vordergrund (klaffende Lücke)
- diese Worte wollen nur aufmerksam machen auf die Entfremdung, die Mechanismen der Sprache
- das Werk ist nicht nur eine Beschimpfung, sondern auch ein Traktat über die Theorie des Dramas - wie das
Theatertheater aus allen werden Marionetten (die Sprache verbindet und entfremdet; sie ermöglicht die
Verständigung und macht sie gleichzeitig auch unmöglich)
- für Handke ist Ludwig Wittgenstein sehr wichtig: „Die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unserer Welt“
- auch Robert Musils Mann ohne Eigenschaften ist für ihn von Bedeutung
- Sprache: Realitätssinn
- keine Auftritte, Dialoge, Bühnenbilder, „keine Hintertür“ der Zuschauer kann nicht entkommen, der Zuschauer
bekommt die Rolle
- gesellschaftskritisch und sprachkritisch
- der Autor aus Österreich Österreicht ist eine dauerhafte Kulisse; er greift permanent österreichische Themen
auf und an
Kaspar (1968)
- „Sprechstück“
- Elemente von Pantomime und Sprechstück
- manipulative Rolle der Sprache > die Automatismen des menschlichen Verhaltens
- “wie jemand durch Sprechen zum Sprechen gebracht werden kann“ > Sprechfolterung > die Sprache als Medium
der Entfremdung u. Subjektdezentrierung:
Ich möchte ein solcher werden wie einmal ein andrer gewesen ist.
Ich bin, der ich bin.
Ich: bin: nur: zufällig: ich
- Sprache nicht als Ordnung, sondern auch als Dilemma und Verführung zum Klischeedenken
Früher war mir jeder vernünftige Satz eine Last
und jede vernünftige Ordnung verhaßt
doch künftig
bin ich vernünftig.
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
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- historischer Stoff; beschreibt aber wie jemand durch das Sprechen zum Sprechen gebracht wird
Sprachaneignung als Sprachfolter
- Kaspar muss das wiederholen, was auf ihn zukommt
- es geht darum, wie er durch die Sprache um die Identität gebracht wird – er wird zerstört
- Verfügungsgewalt der Sprache über uns selbst
- im Werk: Elemente des Sprechstücks und aus der Pantomime
- es wird alles gezeigt, was mit der Sprache gelernt wird
- Rollen- und Identitätsmuster und Verhalten werden durch die Sprache beigebracht
- Was bleibt? Sprache als Entidividualisierungsapparat
- eine Identität soll hergestellt werden, aber: Ich bin: nur: zufällig: ich.
- Ich bin zum Sprechen gebracht worden – ob er es wollte oder nicht
- die Unmöglichkeit der sprachlichen Konstruktion; was wird eingelernt; gibt es Reste der Freiheit?
- die Verführung zum Klischee-Denken
- sprachexperimentelle Zugänge im Theater: Sprache als Medium im Vordergrund
- wie kommt die Sprache zu stande
- engagiertes vs. ästhetisches Schreiben
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PETER TURRINI
“Theater ist für mich vor allem Sinnlichkeit, Grausamkeit: Ich will mich von den Gesetzen einer langweiligen, von Psychologie
und Kunstfertigkeit durchsetzten Dramaturgie entfernen, um mich den Abgründen der menschlichen Natur zu nähern. Ich will
das Publikum auf diesen Weg mitnehmen: Schock als Ergebnis und nicht als Selbstzweck.“ Anläßlich der Linzer Aufführung,
1972
Sauschlachten, UA 1971
- rudimente Sprache
- der Sohn kann nicht sprechen, sondern nur grunzen
- es wird die Scheußligkeit und die kollektive Aggressivität gegen einen Außenseiter dargestellt
- Darstellung protofaschistischer Denkformen
- Kärtner Mundart
- soziale Not und Sprachnot, Dekonstruktion der ländlichen Idylle
- keine gesellschaftlichen Tabus
- neue kritische Heimatdichtung; als kitschige Idylle dekonstruiert
- Autoren: Theater des Grauens
- Schockdramaturgie und nicht Aufklärungsdramaturgie
- (bei der Veröffentlichung der Werke gibt es eine Mundart-Fassung und eine Standard-Fassung)
- 3 Autoren dominieren: Botho Strauß (Soziologe, Gesellschaftskritiker), Heiner Müller, Thomas Bernhard
- in den 80ern gibt es immer mehr Frauenstimmen: Elfriede Jelinek expressionistische Stücke, in der
neoavantgardistische Tradition in Österreich
- Wiener Gruppe Abzweigung in der Grazer Gruppe
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- Ratlosigkeit – radikalipessimistisch
- die Umweltbewegung fängt an, Klimaveränderungen, die 80er sind eine postapokalyptische Zeit
- Handlungs- und Sinnverlust die Figuren sind ohnmächtig, krank, kommunizieren nicht mehr, nur noch
monologische Blöcke
- Heiner Müller gar kein Dialog
- die unmögliche Kommunikation und die Unmöglichkeit der politischen oder gesellschaftlichen Wirkung des
Theaters das Befinden des Individuums darstellen
- Autoren – gesellschaftskritische Diagnostiker
- Kälte, Endzeit, Verfall (B. Strauß), Entindividualisierung (Bernhard), Sprache als Waffe (Jelinek)
- die Literatur hat keine Perspektive
Zur Zeit ist das Irresein, so scheint es, eine ganz gewöhnliche Metapher für das Befinden des Individuums überhaupt, für die
internierten Kräfte seiner Phantasie, inmitten einer Gesellschaft, welche nur zur Raison zu bringen versteht, welche im Namen
der Vernunft eine perverse Unterdrückungsherrschaft ausübt. B. Strauß, 1970
THOMAS BERNHARD
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- hat verboten, dass seine Stücke in Österreich aufgeführt werden, wegen all der Skandale
- Dramatiker des Verfalls, der Vernichtung und der Katastrophe, der Einsamkeit, der Kälte und der Verstörung, des
Wahnsinns und des Todes „Komödientragödien“
- Rollen: Misanthrop (Der Weltverbesserer, 1979), Wahnsinniger (I. Kant, 1978) und immer wieder Schauspieler
(Ritter, Dene, Voss, 1985,) > exzentrische, neurotische Künstler und Gelehrte
- Themen: Krankheit, Verfall, Tod > in Bezug auf das Individuum und auf die Gesellschaft
- Bühnenräume demonstrieren die hermetische Abgeschlossenheit der Innenwelt
- Kritik der gesell. Konventionen, z. B. “Daß ich Österreicher bin, ist mein größtes Unglück“ Heldenplatz, 1988 >
Haßliebe, Skandale in seinen Werken: Destruktion des österreichischen Patriotismus
- Übertreibung als Prinzip „Und ich habe meine Übertreibungskunst in eine unglaubliche Höhe entwickelt... Um
etwas begreiflich zu machen, müssen wir überteiben... nur die Übertreibung macht anschaulich...“ Die Auslöschung.
Ein Zerfall, 1986
Heldenplatz
- greift Österreich an
- als das Stück erschien, war Kurt Waldheim Ministerpräsedent, der sagte, dass das Stück verboten werden müsse
- der Ministerpräsident war aber in der NS-Zeit hoher Offiziert in der Wehrmacht, hat seine Vergangenheit
vertuscht
- das greift Bernhard im Heldenplatz an
- im Werk bringt er einen jüdischen Professor in eine Wohnung am Heldenplatz dieser merkt, dass dort nichts
anders ist, sondern nur schlimmer und stürzt sich aus dem Fenster
- die Handlung spielt im März 1988 – aktuell, daher noch provokativer, Kritik an der Einstellung der Österreicher,
die die Vergangenheit verdrängen
- in den 80ern werden sie mit der Vergangenheit konfrontiert (Jelinek, Bernhard)
- Bernhard – monozentrisch
Der Weltverbesserer
Der Theatermacher
- Komödientragödien – Brechung des Realen
- isolierte, einsame Gegenden, neurotische Figuren
- Themen: Gesellschaft
- repetitiver Strom der Rede
- der Text hermetisch abgeschlossen
- die Sätze haben eine rhythmische musikalische Form
- „Das Theater ist keine Geffälligkeitssituation“
BOTHO STRAUSS
Frost
- der Roman, mit dem er berühmt wurde
- Strauß = Geschichstszerstörer Romane ohne eine wichtige Handlung; die Unmöglichkeit der Handlung
- Themen der Entfremdung und der unmöglichen Partnerschaft
- das leere Reden, Sinnlosigkeit, Plappern usw.
- bei ihm gibt es Dialoge, Illusion der dramatischen Handlung, aber als leere Kulisse – das Aneinander-vorbei-
Kommunizieren nur leere Floskeln
- das „mentale“ Theater
Das ist nicht narzißtische Isolierung, sondern der Grenzfall: mit wissenschaftlicher Gründlichkeit, mit hoher Disziplinierung der
Kunstmittel, in laboratiorumshafter Keimfreiheit das Schauspielerische zum autonomen System des Theaters zu entwickeln,
tendiert im letzten zur Grenzenlosigkeit: das Schauspielerische als Existenzprogramm zu leben... Strauß, 1969
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Geschichte der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts II
2012/2013 (zweite Teilprüfung)
Was ist Glashaus, was ist Welt? Was innen, was außen? Was Automat und was Organ? Nicht mehr zu unterscheiden. Wir fühlen
unseren Kopf Globus werden und gehen auf einer Erde, die sich anschickt, ein einziger Kopf zu werden. Die verschaltete Welt ist
das komplette artificium, die künstliche Kunst nur ihr oberster Verdichtungsgrad. Büchner-Preis Rede, 1989
- Strauß als poeta doctus – zitiert viele Quellen (z.B. auch Strindbergs Nora)
- das Leben findet nicht statt, es ist nur als Zitat vorhanden; über Gefühle, aber eigentlich keine Gefühle, keine
Echtheit
- Dramatik des Verlustes sowohl bei Strauß als auch bei Bernhard
„Es ist der fremde Blick der Jüdin, der Frau, der Ausländerin, der Slawin auf das Deutsche, das ihr sehr fremd ist. Wenn wir mit
unserem Wissen von der deutschen Schuld diese Texte zurückprojizieren, bekommen sie ihre Entsetzlichkeit, ihren
schrecklichsten Hohn.“ Wolken. Heim, 1988
Die Klavierspielerin
- das unmögliche Verhältnis zwischen Mutter und Tochter
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2012/2013 (zweite Teilprüfung)
- Intertextualität – die Literatur nicht als Projektion des Ichs, sondern als die Summe von allem
- Jelinek – Marxistin; Agoraphobie, verlässt ein Jahr lang nicht das Haus
- Aspekte der strukturalistischen Semiologie
- Die Liebhaberinnen – da geht es um eine Fabrik in der Steiermark
- bei Jelinek gibt es keine Veränderungen
- Enthmythologisierungsstrategien – Faschismus und Feminismus werden kritisiert und als gefährlich betrachtet
- das Drama Wolken. Heim. Anspielung auf die Todesfuge und die österreichische Tradition der Heimatdichtung
- formuliert das Wissen, die Schuld, Entsetzlichkeit
Die Liebhaberinnen
- Roman
- in einer schönen Landschaft, spricht aber von Unschönheiten
- Destruktion der Mythen Liebe und Hass
- Liebe als Mythos und Hass der Frauen gegenüber ihren Männern als einzig genuines Gefühl
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