Heilung – Heiligung
Manche Gemeinden predigen viel von Heilung, aber
relativ wenig von Heiligung. Oft sind sogar beide
Begriffe eher selten in der Verkündigung. Das
ermutigte mich, nach der Ursache dafür zu forschen.
Es ist auch für diese Studie ein zu umfangreicher
Bereich. Ich muss mich beschränken. Ich stellte aber
fest: Es ist einfacher, über Heilung zu sprechen, die
man im Allgemeinen ganz äußerlich beobachten
kann, als über Heiligung, die innerlich geschieht und
nicht so einfach sichtbar ist. Beide Bezeichnungen
gehen auf „Heil“ zurück, das den optimalen Zustand
nicht nur des Menschen selbst, sondern auch seines
Lebensbereichs und seines Daseins darstellt.
Heilung (griech.: iasis /heilen: iomai) meint auch in
der Bibel stets Befreiung von Krankheit und
körperlicher Schwäche. Eher selten gebraucht man
den Begriff auch bildlich. Heilung kommt zwar
grundsätzlich von Gott, ist aber ebenso eine
Gnadengabe an die Menschen (1.Kor.12,9 u. 28). Das
wird oft vergessen, auch von Ärzten. In vielen Fällen
jedoch wird Heilung (heilen) mit Rettung (retten)
übersetzt, mehr noch Rettung mit Heilung. Das führt
zu Missverständnissen und unbeabsichtigten
Irreführungen. Weiter unterstützt diese Richtung die
uns gut bekannte Bezeichnung für Jesus als
„Heiland“, die zwar im Blick auf die Tätigkeit Jesu
verständlich ist, dem Grundtext nach aber nichts mit
ausschließlich Heilung zu tun hat. Der Name
„Heiland“ ist erst Ende des 1. Jahrtausends in einem
Epos aufgetaucht, missverstanden schon damals als
Ableitung von dem althochdeutschen
“heilan“ (=heilen). Einige Jahrhunderte später
benutzte es Martin Luther an vielen Stellen, wo
Retter (griech.: soter /retten; sozo) steht. Rettung ist
etwas Anderes als Heilung, hat aber durch die Zeit
hindurch seine prägende Auswirkung behalten.
Heiligung (griech: agiasmos /heiligen: agiazo) meint
zuerst den inwendigen Menschen, wobei der
körperliche Zustand keine oder nur eine
untergeordnete Rolle spielt. Im Gegensatz zur
Heilung geschieht Heiligung immer zuerst durch
Gott selbst (3.Mose 19,2). Er fordert aber auch
Gläubige auf, sich selbst oder die ihnen anvertrauten
Menschen, Tiere, Besitztümer zu heiligen. Das ist
kein Widerspruch. Doch ist es nur möglich, wenn ich
selbst von Gott geheiligt bin. Es bedeutet nicht
Heiligsprechung anderer Personen, sondern betrifft
zuerst mich selbst mit meinem Leben, persönlichem
Eigentum und den Personen, zu denen ich gehöre
bzw. aus meinem direkten Umkreis (z.B. Familie).
Heiligung ist Übereignung an Gott (Jos.3,5).
Übereignen kann man nur, wenn man selbst heilig ist
und mit dem, was man besitzt und wofür man volle
Verantwortung hat, denn es ist ein bewusstes
Übergeben unter die absolute Herrschaft Gottes. Mir
hat zum Verstehen geholfen, wenn ich die Richtung
des Geschehens erkannt habe. Heilung ist
Wiederherstellung von Gott an den Menschen.
Heiligung geschieht zunächst auch immer erst durch
Gott. Aber die Bereitschaft zur Heiligung eines
Menschen geschieht stets in der Gegenrichtung zu
Gott hin als Antwort auf seine Entscheidung, uns zu
heiligen und ist Hingabe. Wir erleben das immer
wieder: Gott will, dass wir auch wollen.
Rettung: Manche Übersetzungen weisen in
Fußnoten auf unkorrekte Vertauschung von Heilung
und Rettung hin (bzw. heilen und retten oder Heiland
und Retter), leider nicht überall. Deshalb im
Nachfolgenden noch Einiges zu dieser Problematik,
für aufmerksame Bibelleser hilfreich.
In vielen Fällen finden wir aus Zusammenhang oder
Sachverhalt die Unterschiede selbst heraus.
Biblisches Retten ist nicht allein Befreiung, sondern
stets ein positiver Akt. Gott rettet uns nicht aus dem
Feuer und lässt und dann im Regen stehen. Gottes
Rettung ist auch nicht Befreiung aus misslichen
Umständen allein, sondern Hinziehen in seine
Gegenwart. Manchmal bleiben dabei die misslichen
Umstände bestehen, wir aber bekommen die Kraft
oder andere Fähigkeiten, sie durchzustehen und zu
überwinden. Diese Bedeutung spielt auch bei „Heil“
eine Rolle, aus dem „Heiland“ personifiziert wurde
(„der das Heil ist“). Insofern ist eine Bezeichnung für
Jesus als den Heiland zutreffend. Das heißt aber
auch: ein Leben im „Heil“ setzt ein Leben mit Jesus
als Herrn voraus.
„Soter“ wird oft mit „Heiland“ übersetzt, wobei man
Heiland als Heiler versteht, ebenso „sozo“ mit
„heilen“ und umgekehrt (z.B. Matth.9,21), Luther in
Mk.5,23 konkret: „damit sie gesund wird“. Stellen,
die den „Heiland“ zitieren, meinen den Retter und
haben an keiner Stelle Bezug zu Krankheit (auch
Eph.5,23 nicht!). Jesus als Superdoktor darzustellen
(besonders für Kinder als den Super-Kinderarzt!),
entspricht nicht der biblischen Botschaft. Jesus ist an
erster Stelle der Retter von Sünde. Alle Krankheit in
der Welt geht ursächlich auf die Sünde zurück. Weil
er uns aber von der Sünde gerettet hat, trägt er auch
die Verantwortung für die Krankheit in der Welt.
Wenn man das nicht versteht, kann man zu dem weit
verbreiteten Irrtum kommen, dass der Grund für jede
Krankheit eine Sünde sei.
Ich habe eine Bibelübersetzung gefunden, die
versucht, der Wortbedeutung des Urtextes sehr nahe
zu kommen. Sie bezeichnet Gott und Jesus als
„Retthüter“. Auch wenn das ein konstruiertes Wort
ist, sagt es nach meinem Verstehen auf zutreffende
Weise das Wesen der göttlichen Rettung und des
Retters aus. Heilen ist bei Gott nur ein Teilbereich
von Retten. Das gilt auch für Heiligung. Die Endsilbe
„er“ (z.B. bei: „soter“) stellt im Griechischen ähnlich
wie auch in der deutschen Sprache einen
Dauerzustand dar (z.B. ein Maler ist nicht Einer, der
ab und zu mal was malt, sondern Einer, der es auf
Dauer tut, weil er es von Beruf ist). Nach göttlichem
Verständnis ist also ein Retter nicht Einer, der eben
mal aus einer Not rettet und dann seinen übrigen
Aufgaben nachgeht, sondern Einer, der auf Dauer
rettet.
Abschließend: Ohne Heiligung wird Niemand den
HErrn sehen (Hebr.12,14) sagt Gottes Wort. Das ist
eine wunderbare, aber auch wichtige, lebensrettende
Tatsache für uns Alle. © GE