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Auf der Espressomaschine

Text & Musik:


Franz Josef Degenhardt
D6 B‹7 E
6
8
Auf der E spres so ma schi ne traf sie sei nen

4 A B¨6 Eº B‹

Mund, ei nen kur zen Mund mit Zäh nen aus Chrom.

8 E‹6 E‹ D6

Der A tem be schlug ih re Au gen, und

11 B‹7 E A

( )
sie rauch ten sich Wor te ins Ohr.

1. Auf der Espressomaschine traf sie seinen Mund, 4. Von Telegrafendrähten tropften Lieder ins Gras,
einen kurzen Mund mit Zähnen aus Chrom. kurze Lieder aus schimmerndem Chrom.
Der Atem beschlug ihre Augen, und Wolken flatterten, wurden nass,
sie rauchten sich Worte ins Ohr. Atem verbrannte ihr Ohr.

2. Sein Wagen hockte neben der Tür zur Bar, 5. Speckmond im gelben Licht.
ein kurzer Wagen aus Polster und Chrom. Scheibenwischer aus schimmerndem Chrom
Sie rauchten und strichen die Angst ins Haar, wischten den Regen aus ihrem Gesicht,
als sich die Straße im Wind verlor. als sich die Straße im Wind verlor.

3. In einem Feldweg verdrehte er seine Hand, 6. Auf der Espressomaschine traf sie seinen Mund,
eine kurze Hand mit Nägeln aus Chrom. einen kurzen Mund mit Zähnen aus Chrom.
Als sie in ihrem Körper verschwand, Der Atem beschlug ihre Augen, und
wusste sie, dass sie fror. sie rauchte Worte und fror.
Ballade von Joß Fritz
Text & Musik: Franz Josef Degenhardt
B‹ D
3
2
Joß Fritz ist breit und ist leib ei gen, schon drei mal hat man ihn ge

4 B‹ A

schasst. Die Wei ber krei schen auf der Ten ne, wenn er beim
7 B‹ D

Tanz die Pun ze fasst. Und ra sches Flüs tern zwi schen Tü ren, das,

15 E‹

mei nen vie le, ist die Brunst. Und nachts das Ra scheln, Stroh ge

18 B‹ A

knis ter ist heim lich gei le Wei ber gunst. Und doch ist das der Bund schuh

22 B‹

füh rer, der heim lich kommt, or ga ni siert und a gi tiert und der auch

26 E‹ D A B‹
2
2
zü gelt, wenn wil de Wut die Kö pfe schnürt. Lasst nicht die ro ten Häh ne flat tern

31 A B‹

e he der Ha bicht schreit. Lasst nicht die ro ten


37 A

Häh ne flat tern vor der Zeit; vor der Zeit.


2
Das ist die Ballade vom Bauernführer Joß Fritz oder:
Legende von der revolutionären Geduld und Zähigkeit und vom richtigen Zeitpunkt.

1. Joß Fritz ist breit und ist leibeigen, 4. Und als die Bänkelsänger sangen,
schon dreimal hat man ihn geschasst. und als die Nachricht schneller lief,
Die Weiber kreischen auf der Tenne, geheime Zinken an den Türen,
wenn er beim Tanz die Punze fasst. und als zu oft die Eule rief,
Und rasches Flüstern zwischen Türen, und als die Bundschuhfahne wehte
das, meinen viele, ist die Brunst. beim wilden Hagebuttenfest,
Und nachts das Rascheln, Strohgeknister und als sie fast dreitausend waren
ist heimlich geile Weibergunst. und Waffen überall versteckt,
Und doch ist das der Bundschuhführer, und als ein paar nicht warten wollten
der heimlich kommt, organisiert und agitiert und einer bei der Folter schrie
und der auch zügelt, und Pläne, Plätze, Namen nannte,
wenn wilde Wut die Köpfe schnürt. da war es wieder mal zu früh.
Lasst nicht die roten Hähne flattern Lasst nicht die roten Hähne flattern,
ehe der Habicht schreit. ehe der Habicht schreit.
Lasst nicht die roten Hähne flattern Lasst nicht die roten Hähne flattern
vor der Zeit. vor der Zeit.

2. Und als die schönen Schlösser brannten 5. Verrat. Und wieder auf den Straßen
im schönen Nachtigallenmai, Joß Fritz, gejagt, gesucht, versteckt.
und als der bunte Haufe rannte Und die ihn hören und berühren,
vor Fürstenheer und Reiterei, sind aufgerührt und angesteckt.
und wurden Köpfe abgeschnitten, Mal ist er Mönch, mal Landsknecht, Bettler,
geblendet viele und gehetzt, mal zieht ein Gaukler über Land,
die Organisation verraten, und mal erkennen ihn Genossen
die Bundschuhfahne war zerfetzt, am Muttermal auf seiner Hand.
da lernten die, die übrigblieben: Das große Bündnis will er knüpfen
es war ein ganzes Stück zu früh, mit Ritter, Bürger, Bauer, Pfaff.
noch viel zu stark war dieser Gegner, Plebejer, Bettler und Soldaten,
und viel zu wenig waren sie. und immer warnt er vor der Hast:
Lasst nicht die roten Hähne flattern, Lasst nicht die roten Hähne flattern,
ehe der Habicht schreit. ehe der Habicht schreit.
Lasst nicht die roten Hähne flattern Lasst nicht die roten Hähne flattern
vor der Zeit. vor der Zeit.

3. Joß Fritz, gejagt auf allen Straßen, 6. Und als die schönen Sensen glänzten
im Weiberrock, am Bettlerarm, und Morgensterne glänzten mit,
wird Fisch und taucht im Volke unter und als der Hammer Helme knackte,
und wieder auf als Dorfgendarm, und als die Sichel schneller schnitt,
und lernt den Feind und lernt die Schliche, und als die schönen Schlösser brannten,
taktiert und reorganisiert und als der Bischof Gnade bat,
und konspiriert mit Pfaff und Bürger, und als die Reiterheere flohen
und mancher Mann sympathisiert. und Mauern brachen vor der Stadt,
Den Aufruhr in die Köpfe tragen da ging die Saat auf, die er säte
wie kaltes Feuer, heißes Eis, im schönen Nachtigallenmai.
geduldig, listig und verschlagen, Und zieht dahin, der helle Haufe,
und warten können, weil er weiß: Joß Fritz ist irgendwo dabei
Lasst nicht die roten Hähne flattern, und lässt die roten Hähne flattern
ehe der Habicht schreit. beim hellen Habichtschrei,
Lasst nicht die roten Hähne flattern und lässt die roten Hähne flattern
vor der Zeit. und war dabei
und ist dabei.
Der anachronistische Zug oder: Freiheit, die sie meinen
Text & Musik:
Franz Josef Degenhardt
E‹ D
3
4
Dies mal wurd’ es Herbst im Land. Ü ber Smog und Glas bau

5 C C B‹

wand flog das ers te brau ne Laub, schmut zig, welk, und wur de

9 E‹ D C

Staub, als aus Tä lern und von Hö hen, wo die wei ten Vil len ste hen,

14 C E‹

pomp haft zog ein bun ter Zug der ein brei tes Spruch band trug,

18 E‹ E‹
4
4
da rauf stand in stei ler Schrift, schwarz, ver wa schen und ver wischt:

22 G C D G
4 3
4 4
Frei hei hei ... ha, ha, ha, Frei heit.
1. Diesmal wurd’ es Herbst im Land. 6. Dann die Laien-Ideologen, 2
Über Smog und Glasbauwand bunt und lustig angezogen:
flog das erste braune Laub, Werbeleute, Intendanten,
schmutzig, welk, und wurde Staub, Redakteure, Obskuranten,
als aus Tälern und von Höhen, die sich krumm prostituierten
wo die weiten Villen stehen, und für alle Herren schmierten,
pomphaft zog ein bunter Zug, die Bestechungssummen boten,
der ein breites Spruchband trug, die mit ihren feuchten Pfoten
darauf stand in steiler Schrift, lobten laut das freie Wort,
schwarz, verwaschen und verwischt: hochbezahlt an jedem Ort,
Freiheit. Freiheit.

2. Vorneweg, in Weihrauchschwaden, 7. Na, und schließlich ganz zum Schlusse


Goldmonstranzen und Prälaten, fuhr die große Staatskarosse
Baldachin, Brokatgewänder, mit Ministern undsoweiter,
Oberhirten, Wahrheitsschänder, und die waren ziemlich heiter,
halsbekrauste Theologen, schwenkten ihre steifen Hüte.
knochig, dürr und krummgelogen, Wir sind jetzt die neue Mitte,
Presbyter und Synodale, riefen sie, es ist gelungen,
und die sangen im Chorale: und das Band ist fest geschlungen
Wollest vor Revolutionen, um Arbeit und Kapital.
Herr, uns allezeit verschonen, Das kommt von der freien Wahl,
Freiheit. Freiheit.

3. Dann im Gleichschritt, Glied zu viere, 8. Und vorbei an der Tribüne


hohe Nato-Offiziere, zog der Zug an der Tribüne.
Eisenorden auf den Brüsten Und da saßen ein paar Herrn,
aus dem Raubkrieg der Faschisten. Leiter von ein paar Konzern.
Folgten muskulöse Nacken, Und das waren kluge Kenner,
Herrn mit ausgebeulten Jacken, klardenkende, ernste Männer,
BND und CIA, die Millionen dirigierten,
und sie riefen: liberty, und die auch mit Weitsicht führten.
freedom, Freiheit überall, Machten keine Sprüche mit,
ungeteilt bis zum Ural, Freiheit hieß für die Profit,
Freiheit. Freiheit.

4. Dann ein paar Verfassungsrichter, 9. Saßen da mit ernsten Mienen.


heimlich grinsende Gesichter. Und dann sprach einer von ihnen:
Über ihren roten Roben Meine Herren, auf die Dauer
hielten sie verkrampft erhoben sind das doch nur noch Kalauer.
Grundgesetze, wie zum Hohn, So was überzeugt nicht lang mehr,
hundertmal geändert schon: dieses Stimmvieh, genannt Wähler,
Aufrüstung, Gesinnungsstrafen brauchen was aus einem Guss:
bis zu Notstandsparagraphen. Diesen Dingsbums-Sozialismus
Greisenzittrig riefen sie: mit dem menschlichen Gesicht,
Freiheit und Demokratie, meine Herrn, sonst läuft das nicht
Freiheit. mehr länger mit der Freiheit.

5. Dann die Kultusbürokraten 10. Ja, es wurde Herbst im Land.


warfen Eier und Tomaten. Über Smog und Glasbauwand
Hinter ihnen Professoren, flog das erste braune Laub,
Ordinarien, Rektoren, schmutzig, welk, und wurde Staub,
vom Bund Freiheit der Wissenschaften, In die Täler, auf die Höhen,
die ihre Talare rafften wo die weiten Villen stehen,
mit den money-geilen Händen. pomphaft zog ein bunter Zug.
Sie skandierten wie Studenten: Und der graue Herbstwind trug
Haltet Wissenschaften frei Stimmen über Feld und Wald,
von Marx und Mitbestimmerei, aber sie verwehten bald,
Freiheit. Freiheit.
Deutscher Sonntag
Nur vor der ersten Strophe Text & Musik: Franz Josef Degenhardt
D A B‹ F© G A D
4
4
Sonn tags in der klei nen Stadt, sonn tags in der klei nen Stadt,
A G A D A G A

Wenn die Spin ne Lan ge wei le Fä den spinnt und oh ne Ei le


9 D A G D

gif tig grau die Wand hoch kriecht, wenn’s blank und frisch ge ba det riecht,
14 G D

dann bringt mich kei ner auf die Stra ße, und aus Angst und Är ger
18 C B‹

las se ich mein ro tes Bart haar stehn, lass’ den Tag vor ü ber
23 E‹7 A7 D

gehn, hock’ am Fens ter, le se mei ne Zei tung, de cke Bein mit
27 B‹ E‹7 A7

Bei ne, seh’, hör’ und rie che ne ben bei


31 D A D G A

das gan ze Sonn tags ei ner lei. Tam ta dam da da


36 D B‹ E‹7 A7 D (ab )

ta dam da da ta dam ta da da da dam.


2
Sontags in der kleinen Stadt 5. Wenn Zigarrenwolken schweben,
sontags in der kleinen Stadt. aufgeblähte Nüstern beben,
aus Musiktruhn Donauwellen
1. Wenn die Spinne Langeweile plätschern, über Mägen quellen,
Fäden spinnt und ohne Eile dann hat die Luft sich angestaut,
giftig-grau die Wand hochkriecht, die ganze Stadt hockt und verdaut.
wenn’s blank und frisch gebadet riecht, Woher kam der laute Knall?
dann bringt mich keiner auf die Straße, Brach ein Flugzeug durch den Schall?
und aus Angst und Ärger lasse Oder ob mit’m Mal die Stadt
ich mein rotes Barthaar stehn, ihr Bäuerchen gelassen hat?
und lass’ den Tag vorübergehn, Die Luft riecht süß und säuerlich.
hock’ am Fenster, lese meine Ich glaube, ich erbreche mich.
Zeitung, decke Bein mit Beine, Tada-da-da-dam ...
seh’, hör’ und rieche nebenbei
das ganze Sonntagseinerlei. 6. Dann geht’s zu den Schlachtfeldstätten,
Tada-da-da-dam ... um im Geiste mitzutreten,
mitzuschießen, mitzustechen,
2. Da treten sie zum Kirchgang an, sich für wochentags zu rächen,
Familienleittiere voran, um im Chor Worte zu röhren,
Hütchen, Schühchen, Täschchen passend, die beim Gottesdienst nur stören.
ihre Männer unterfassend, Schinkenspeckgesichter lachen
die sie heimlich vorwärts schieben, treuherzig, weil Knochen krachen
weil die gern zu Hause blieben. werden. Ich verstopf’ die Ohren
Und dann kommen sie zurück meiner Kinder. Traumverloren
mit dem gleichen bösen Blick, hocken auf den Stadtparkbänken
Hütchen, Schühchen, Täschchen passend, Greise, die an Sedan denken.
ihre Männer unterfassend, Tada-da-da-dam ...
die sie heimlich heimwärts ziehn,
dass sie nicht in Kneipen fliehn. 7. Und dann die Spaziergangstunde,
Tada-da-da-dam ... durch die Stadt, zweimal die Runde.
Hüte ziehen, spärlich nicken,
3. Wenn die Bratendüfte wehn, wenn ein Chef kommt, tiefer bücken.
Jungfraun den Kaplan umstehn, Achtung, dass die Sahneballen
der so nette Witzchen macht, dann nicht in den Rinnstein rollen.
und wenn es dann so harmlos lacht, Kinder baumeln, ziehen Hände,
wenn auf allen Fensterbänken man hat ihnen bunte, fremde
Pudding dampft und aus den Schenken Fliegen-Beine ausgefetzt -
schallt das Lied vom Wiesengrund sorgsam an den Hals gesetzt,
und dass am Bach ein Birklein stund, dass sie die Kinder beißen solln,
alle Glocken läuten mit, wenn sie zum Bahndamm fliehen wolln.
die ganze Stadt kriegt Appetit, Tada-da-da-dam ...
das ist dann genau die Zeit,
da frier’ ich vor Gemütlichkeit. 8. Wenn zur Ruh’ die Glocken läuten,
Tada-da-da-dam ... Kneipen nur ihr Licht vergeuden,
dann wird’s in Couchecken beschaulich.
4. Da hockt die ganze Stadt und mampft, Das ist dann die Zeit, da trau’ ich
dass Bratenschweiß aus Fenstern dampft. mich hinaus, um nachzusehen,
Durch die fette Stille dringen ob die Sterne richtig stehen.
Gaumenschnalzen, Schüsselklingen, Abendstille überall. Bloß
Messer, die auf Knochen stoßen, manchmal Lachen wie ein Windstoß
und das Blubbern dicker Soßen. über ein Mattscheibenspäßchen.
Hat nicht irgendwas geschrien? Jeder schlürft noch rasch ein Gläschen
Jetzt nicht aus dem Fenster sehn, und stöhnt über seinen Bauch
wo auf Hausvorgärtenmauern und unsern kranken Nachbarn auch.
ausgefranste Krähen lauern. Sontags in der kleinen Stadt
Was nur da geschrien hat? sontags in der deutschen Stadt.
Ich werd’ so entsetzlich satt.
Tada-da-da-dam ...
Du bist anders als die andern
Text & Musik:
Franz Josef Degenhardt
Refrain F C7 F
2
4
Du bist an ders als die an dern, ein zig ar tig like a star, der sich
6 B¨ C B¨ A¨ F

aus der Men ge ab hebt un ver wech sel bar.


12 C F G C

1. Ha ben sie mir früh er zählt und mus ter ten mich dann auch so: lan ge Lo cken,

17 F G C B¨

Rü schen hemd chen, Bas ken müt ze, Samt ja bot. Klei ner Prinz. In un serm Vier tel
22 A B¨ A

zwi schen Bahn damm und Fab rik grins ten sie, wenn ich mit Ma ma tei ta ging, hin
27 F B¨ C F

und zu rück. Kam ich in den Kin der gar ten un ten in der O ber stadt

32 A¨ G C

hock ten da schon drei ßig Prin zen, je dem hat te man ge sagt:
2

Refrain: 4. Nirgends gibt es soviel Träume


Du bist anders als die andern, wie im Ghetto City Nord.
einzigartig - like a star, Hunderttausend Angestellte.
der sich aus der Menge abhebt - Ich blieb viel zu lange dort.
unverwechselbar. In den Honigglaspalästen
ist die Außenwelt aus Gold.
1. Haben sie mir früh erzählt und Achter Stock im Großraumbüro -
musterten mich dann auch so: höher rauf hab’ ich gewollt.
lange Locken, Rüschenhemdchen, Aber gibt sehr viel Etagen,
Baskenmütze, Samtjabot. aber jeder glaubt daran.
Kleiner Prinz. In unserm Viertel Einmal kommt einer von oben,
zwischen Bahndamm und Fabrik sagt dir: Sie sind unser Mann,
grinsten sie, wenn ich mit Mama Sie sind anders als die andern ...
teita ging, hin und zurück.
Kam ich in den Kindergarten 5. Wenn man merkt, dass wie man raucht
unten in der Oberstadt und wohnt und wäscht und fährt und denkt
hockten da schon dreißig Prinzen, ganz genauso wie Millionen
jedem hatte man gesagt: zappelnd an der Strippe hängt
Du bist anders als die andern ... sagt man sich: Okay, go on man.
Oder man hebt wirklich ab.
2. Auf dem Foto vor der Schule Als die Glaspaläste brannten,
bin ich oben, fünfter, vorn. wusste ich, dass es mich gab.
Das sind alles Schulabgänger, Dass die Feuerwehr mich schnappte,
die ins Leben treten solln. wollte ich und wollte sie.
Entenschwanz und Haarlocktolle, Den Persilschein, den bekam ich,
offenes Hemd und bisschen Brust: weil ich im Gerichtssaal schrie:
hundertfünfzig Elvis Presleys, Ich bin anders als die andern ...
jeder von uns hat’s gewusst.
Wie auch später auf dem Foto: 6. Jetzt trag ich die Prinzenkleidung,
Unteroffizierslehrgang, Mütze meiner Kinderzeit
lauf ich in der zwölften Reihe, bin Karl-Josef, der Gesalbte,
tausend Mann, und alles sang: hundertmal gebenedeit.
Wir sind anders als die andern ... Spiele Schach mit Bruder Hans,
dem Crack für Nuklear-Physik,
3. Auch dem Mädchen, das ich wollte, diskutiere Vietnam und
sang ich diese Sprüche vor. Watergate mit Tricky Dick.
Bei der Hochzeit flüsterte sie Wenn der heil’ge Jimmy Hendrix,
mir was Ähnliches ins Ohr. dem der Papst die Schleppe hält,
Klaus Springorum war mein Kumpel, hier im Trakt für harmlos Irre
sagte ihr denselben Spruch - loslegt, dann weiß alle Welt:
sicher öfter, sicher besser,
nach zwei Jahren war’s genug. Die sind anders als die andern ...
Durch die langen Disco-Nächte,
schön wie Popstars, tanzten sie
stolz und einsam, jeder nach der
Rattenfängermelodie:
Ich bin anders als die andern ...
Grándola vila morena
José Afonso José Afonso
Deutsche Nachdichtung: Franz Josef Degenhardt

C F

c
im Marschrhythmus

Grán do la vi la mo re na, ter ra da fra


4 G

ter ni da de o po vo é quem mais or


7 C

de na den tro de ti ó ci da de.

10 F

Den tro de ti ó ci da de o po vo é
13

quem mais or de na ter ra da fra ter ni da

16 G7

de Grán do la vi la mo re na.
2

1. Grándola vila morena 1. Grándola, vila morena


terra da fraternidade Stadt der Sonne, Stadt der Brüder
o povo é quem mais ordena Grándola, vila morena
dentro de ti ó cidade. Grándola, du Stadt der Lieder.

2. Dentro de ti ó cidade 2. Grándola, du Stadt der Lieder


o povo é quem mais ordena auf den Plätzen, in den Straßen
terra da fraternidade stehen Freunde, stehen Brüder
Grándola vila morena. Grándola gehört den Massen.

3. Em cada esquina um amigo 3. Grándola, vila morena


em cada rosto igualdade viele Hände, die sich fassen
Grándola vila morena Solidarität und Freiheit
terra da fraternidade. geht der Ruf durch deine Straßen.

4. Terra da fraternidade 4. Geht das Lied durch deine Straßen


Grándola vila morena gleich und gleich sind unsre Schritte
em cada rosto igualdade Grándola, vila morena
o povo é quem mais ordena. gleich und gleich durch deine Mitte.

5. A sombra duma azinheira 5. Deine Kraft und euer Wille


que já não sabia a idade sind so alt wie unsre Träume
jurei ter por companheira Grándola, vila morena
Grándola a tua vontade. alt wie deine Schattenbäume.

6. Grándola a tua vontade 6. Alt wie deine Schattenbäume


jurei ter por companheira Grándola, du Stadt der Brüder
à sombra duma azinheira Grándola, und deine Lieder
que já não sabia a idade. sind jetzt nicht mehr nur noch Träume.
In den guten alten Zeiten
Text & Musik:
Franz Josef Degenhardt
B‹ G A D
4
4
Dort im Süd rand kra ter, hin ten an der Zwi schen kie fer wand,
wo im letz ten Jah re noch das Pär chen Brenn nes seln stand,
4 A7 D

wo es im mer, wenn der Mond sich ü ber schlägt, so gel lend lacht. drü ben

7 F©7

haust in ei nem Pan zer aus der al ler letz ten Schlacht

D A

je ner Kerl mit lau ter Haa ren auf dem Kopf und im Ge sicht,
zu dem, wenn es Neu mond ist, un ser gan zer Stamm hin kriecht.
10 G F©7

Je ner schlägt ein In stru ment aus hoh lem Holz und Sta chel draht und er

13 E‹ A7 D G F

zählt da zu, was frü her sich hier zu ge tra gen hat in den gu ten al ten
(H)
16 B‹ G A7 D A G F©7 B‹

Zei ten, in den gu ten al ten Zei ten.

1. Dort im Südrandkrater, hinten an der Zwischenkieferwand,


wo im letzten Jahre noch das Pärchen Brennnesseln stand,
wo es immer, wenn der Mond sich überschlägt, so gellend lacht,
drüben haust in einem Panzer aus der allerletzten Schlacht
jener Kerl mit lauter Haaren auf dem Kopf und im Gesicht,
zu dem, wenn es Neumond ist, unser ganzer Stamm hinkriecht.
Jener schlägt ein Instrument aus hohlem Holz und Stacheldraht
und erzählt dazu, was früher sich hier zugetragen hat
|: in den guten alten Zeiten. :|
2. Damals konnte der, der wollte, auf den Hinterkrallen stehn. 2
Doch man fand das Kriechen viel bequemer als das Aufrechtgehn.
Der Behaarte sagt, sie seien sogar geflogen, und zwar gut.
Aber keiner fand je abgebrochne Flügel unterm Schutt.
Über Tage und in Herden lebten sie zur Sonnenzeit,
doch zum Paaren schlichen sie in Höhlen, immer nur zu zweit.
Ihre Männchen hatten Hoden und ein bisschen mehr Gewicht,
doch ansonsten unterschieden sie sich von den Weibchen nicht
|: in den guten alten Zeiten. :|

3. Damals wuchsen fette Pflanzen überall am Wegesrand,


doch sie abzufressen galt als äußerst unfein in dem Land.
Man verzehrte Artgenossen, selbst das liebenswerte Schwein,
doch die aufrecht gehen konnten, fraß man nicht, man grub sie ein.
Manchmal durfte man nicht töten, manchmal wieder musste man.
Ganz Genaues weiß man nicht mehr, aber irgendwas ist dran.
Denn wer Tausende verbrannte, der bekam den Ehrensold,
doch erschlug er einen einz’lnen, hat der Henker ihn geholt
|: in den guten alten Zeiten. :|

4. Wenn ein Kind ganz nackt und lachend unter einer Dusche stand,
dann bekam es zur Bestrafung alle Haare abgebrannt.
Doch war’s artig, hat’s zum Beispiel einen Panzer gut gelenkt,
dann bekam es zur Belohnung um den Hals ein Kreuz gehängt.
Man zerschlug ein Kind, wenn es die Füße vom Klavier zerbiss,
doch man lachte, wenn’s dem Nachbarkind ein Ohr vom Kopfe riss.
Blut’ge Löcher in den Köpfen zeigte man den Knaben gern,
doch von jenem Loch der Löcher hielt man sie mit Hieben fern
|: in den guten alten Zeiten. :|

5. Alle glaubten an den unsichtbaren gleichen Manitu,


doch der Streit darüber, wie er aussah, ließ sie nicht in Ruh.
Jene malten ihn ganz weiß und andre schwarz oder gar rot,
und von Zeit zu Zeit, da schlugen sie sich deshalb einfach tot.
Ob die Hand ganz rot von Blut war und die Weste schwarz von Dreck,
das war gleich, wenn nur die Haut ganz weiß war, ohne jeden Fleck.
Und den Mischer zweier Farben federte und teerte man
oder drohte ihm für nach dem Tode Feuerqualen an
|: in den guten alten Zeiten. :|

6. Und wer alt war, galt als weise, und wer dick war, galt als stark.
Und den fetten Greisen glaubte man aufs Wort und ohne Arg.
Und wenn Wolken sich am Abend färbten, freute man sich noch,
und man fraß ganz ruhig weiter, wenn die Erde brandig roch.
Denn vom Himmel fiel noch Wasser, und die Sonne war noch weit,
und der große Bär, der schlief noch, in der guten alten Zeit.
Und die Erde drehte sich nicht plötzlich rückwärts und im Kreis.
Doch man schaffte rüstig, bis es dann gelang, wie jeder weiß.
Und da war Schluss mit jenen Zeiten,
|: in den guten alten Zeiten. :|

7. Und so hocken wir bei Neumond an der Zwischenkieferwand,


wo im letzten Jahre noch das Pärchen Brennnesseln stand.
Und wir lauschen dem Behaarten, der sein Instrument laut schlägt.
Und wir lauschen, lauschen, lauschen nächtelang und unbewegt.
Und wir träumen von den guten alten Zeiten und dem Land,
wo man überall und jederzeit genug zu fressen fand.
Unsre Stammesmutter streichelt unser Jüngstes mit den Zehn,
manchmal seufzt sie: «O ihr Brutgenossen, war das früher schön
|: in den guten alten Zeiten.» :|
Kommt an den Tisch unter Pflaumenbäumen
Text & Musik: Franz Josef Degenhardt
E A D A
3
4
6 A B‹ B‹

1. Kommt an den Tisch un ter Pflau men bäu men, der


11 E A A

Ham mel ist gar ü berm Lauch. Pa pri ka soll uns im


18 B‹ B‹ E A

Hal se bren nen, der rei fe Kar tof fel schnaps auch.
24 E A

La chen wol len wir wie der wie da mals,


31 E A

bis mor gens der Nacht vo gel schreit,


37 B‹ E

wie der gu te Ge schich ten er zäh len von da mals und


43 A A B

von die ser Zeit. Denn uns’ re Sa che, uns’ re


49 , A G G F©

Sa che, die steht nicht schlecht.


2

1. Kommt an den Tisch unter Pflaumenbäumen, 3. Erzählt von eueren Fahrten, Genossen,
der Hammel ist gar überm Lauch. was man da macht und wie man da singt.
Paprika soll uns im Halse brennen, Hanoi, von der Großen, Unbesiegten,
der reife Kartoffelschnaps auch. und wie man die Ernte einbringt.
Lachen wollen wir wieder wie damals, Vom Vollmond über Havanna, der Schönen,
bis morgens der Nachtvogel schreit, im Schutz von Raketen aus Stahl
wieder gute Geschichten erzählen vom Donez. Erzählt von georgischen Festen.
von damals und von dieser Zeit. Erzählt bei unserem Mahl
Denn unsere Sache, unsere Sache, von unserer Sache, unsere Sache,
die steht nicht schlecht. die steht nicht schlecht.

2. Sicher, wir sind ganz schön mitgenommen, 4. Sicher sind auch unsere Schwierigkeiten.
die Stimmen sind heiser vom Schrein. Das Einfache ist ziemlich schwer.
Töne gibt’s da manchmal im Lachen, Vorsicht ist in unsere Träume geschlichen,
da muss man schon vorsichtig sein. die Maultrommel spielen wir nicht mehr.
Misstrauisch sind wir beim Spaß geworden. Erzählt aber auch von den Streiks und Aktionen,
Nein, machen wir uns da nichts vor. von Festen und von unserem Spaß,
Schmaler Verdacht in den Augenwinkeln, und wie allmählich die Steine tanzen,
die Hand am geschlitzten Ohr. die Mauern aus Dummheit und Hass.
Doch unsere Sache, unsere Sache, Ja, unsere Sache, unsere Sache,
die steht nicht schlecht. die steht nicht schlecht.

5. Also kommt an den Tisch unter Pflaumenbäumen,


der Hammel ist gar überm Lauch.
Paprika soll uns im Halse brennen,
der reife Kartoffelschnaps auch.
Harmonika spielen wir und Trompeten,
elektrischen Bass und Schalmein
und werden noch unter den Bäumen liegen,
wenn morgens die Nachtvögel schrein.
Denn unsere Sache, unsere Sache
die steht nicht schlecht.
Rumpelstilzchen
Text & Musik:
Franz Josef Degenhardt
D‹ C G
2
4
Wenn mor gens schon die Schu le brennt, wenn ein Pfar rer aus der
6 F G A

Kir che rennt, ein Schutz mann in die Pfüt ze fällt, ein
11 G D‹ C

Hund durch ein Mu se um bellt, wenn der Fried hofs wär ter, der nie mals trinkt,
16 D‹ C B¨

noch am off nen Grab an zu la chen fängt, wenn der Mond sich vor die
21 A B¨ A

Son ne schiebt, und ein Greis ein Mäd chen von sieb zehn liebt, da
26 D‹ C F G‹ A (Gm) A

ha be ich, mal kaum, mal viel, die Hand im Spiel. Ich


31 G‹ D‹ C B¨ A

bin mit je dem bluts ver wandt, doch bleibt mein Na me un ge nannt.
36 F E¨ D‹

Es ist gut, dass nie mand weiß, dass ich Rum pel
40 (C) D‹ C F D‹ C D‹

stilz chen heiß. Hem ba hem ba he, hem ba hem ba he.


2

1. Wenn morgens schon die Schule brennt,


wenn ein Pfarrer aus der Kirche rennt,
ein Schutzmann in die Pfütze fällt,
ein Hund durch ein Museum bellt,
wenn der Friedhofswärter, der niemals trinkt,
noch am offnen Grab an zu lachen fängt,
wenn der Mond sich vor die Sonne schiebt,
und ein Greis ein Mädchen von siebzehn liebt,
da habe ich, mal kaum, mal viel, die Hand im Spiel.
Ich bin mit jedem blutsverwandt,
doch bleibt mein Name ungenannt.
Refrain:
Es ist gut, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß
Hemba hemba he, hemba hembahe.

2. Soldaten, wenn sie vor der Schlacht


heimlich rückwärts lauern und ganz sacht
die Waffen von den Schultern ziehn,
nicht glauben, dass die Feinde fliehn,
wenn ein Richter vorm Automaten steht,
einen Blechknopf zwischen Fingern dreht,
seine Frau, schon ziemlich angegraut,
verträumt nach Italienern schaut,
die lachend um die Ecke gehn und stark aussehn,
da pfeif ich einen leisen Ton
und flüstre: Na, nun macht doch schon.
Es ist gut, dass niemand weiß ...

3. Ich bin es, der so oft bei Nacht


unterm Bett liegt und so hämisch lacht,
und der, der hinterm Spiegel steckt,
der grinst, wenn man das Kinn vorreckt,
der von jeder Geschichte den Schluss verrät,
der beim dritten Mal wie ein Hahn aufkräht,
der auch gnädge Fraun ans Kreischen bringt,
wenn ein Wort fällt, das so glitschig klingt.
Und der Spruch an der Toilettentür
stammt auch von mir.
Ich beiß auf Glas und knirsche laut
und so entsteht die Gänsehaut.
Es ist gut, dass niemand weiß ...

4. Am Bahndamm, wo der Zug verkehrt,


der von Schilda nach Schlaraffia fährt,
wo Kinder ihre Höhlen baun,
weil sie sich nicht nach Hause traun,
wo der Rattenfänger von Hameln pfeift,
wo der Ziegenjunker die Scheren schleift,
wo der Wind durch tote Autos fegt,
wo der bucklige Oskar die Trommel schlägt,
da zünde ich am Abend dann mein Feuer an.
Ich tanze, bis der Mond aufgeht,
und sing dazu mein altes Lied:
Es ist gut, dass niemand weiß ...
Sacco und Vanzetti
englischer Text: Joan Baez Ennio Morricone
deutscher Text: Franz Josef Degenhardt
G D E‹ D G D E‹ D
4
4
Eu er Kampf, Ni co la und Bart, brann te weit und wur de Fa nal.

5 B‹ A‹ D7 G A‹ B7 E‹

Brann te rot und wur de zum Schrei: Gebt Sac co und Van zet ti frei!

1. Euer Kampf, Nicola und Bart,


brannte weit und wurde Fanal.
Brannte rot und wurde zum Schrei:
Gebt Sacco und Vanzetti frei!

2. Und der Schrei lief rund um die Welt.


Und im Kampf hat jeder gefühlt
diese Kraft, die hinter euch steht,
die Kraft der Solidarität.

3. Diese Kraft, Nicola und Bart,


sie ist heute mächtig und stark
und sie hat Millionen erfasst,
wie blutig auch der Feind sie hasst.

4. Euer Kampf, Nicola und Bart,


und auch dein Kampf, Angela,
euer Kampf wird weitergehn,
weil hinter euch Millionen stehn.

5. Dieses Lied, Nicola und Bart,


ist für euch und Angela.
Hinter euch steht heute die Welt,
in der das Volk die Macht schon hält.

Dieses Lied ist für Nicola Sacco und Bart Vanzetti, zwei amerikanische Arbeiterführer. Sie hatten Streiks
organisiert und Demonstrationen gegen die Herrschaft des Kapitals. Deshalb sollten sie beseitigt werden
und man klagte sie an wegen Mord, den sie nie begangen hatten. Trotzdem wurden sie zum Tode verurteilt.
Hunderttausende in allen Ländern der Welt gingen gegen dieses Unrechtsurteil auf die Straße, streikten und
forderten die Freilassung von Sacco und Vanzetti. Zwar konnte der Mord nicht verhindert werden. Am 22.
August 1927 wurden Sacco und Vanzetti auf dem elektrischen Stuhl zu Tode gefoltert. Aber der Kampf der
internationalen Bewegung zur Befreiung der beiden Arbeiterführer öffnete Millionen die Augen über den
wahren Charakter des kapitalistischen Systems und seiner Justiz. Sacco und Vanzetti blieben Kämpfer bis
zum letzten Augenblick. Aus dem Gefängnis heraus forderten sie zu weiteren Aktionen auf. Sie wussten,
weshalb sie hingerichtet werden sollten, und starben als Opfer des internationalen Befreiungskampfes.
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern
Text & Musik:
Franz Josef Degenhardt
Refrain:
F C7 F
2
4
Spiel nicht mit den Schmud del kin dern, sing’ nicht ih re Lie der.
5 E¨ F E¨ F E¨ F E¨ F C7 F

Geh doch in die O ber stadt, mach’s wie dei ne Brü der,
11 F E¨ B¨ F

so sprach die Mut ter, sprach der Va ter, lehr te der Pas tor.
17 E¨ F E¨ F E¨ F

Er schlich a ber im mer wie der durch das Gar ten tor
22 B¨ F E¨

und in die Ka nin chen stäl le, wo sie Sechs und sech zig spiel ten
27 B¨ F

um Ta bak und Rat ten fel le, Mäd chen un ter Rö cke schiel ten.
32 E¨ B¨

wo auf al ten Bret ter kis ten Kat zen in der Son ne dös ten
37 E¨ B¨

wo man, wenn der Re gen rausch te, En gel bert, dem Blö den, lausch te,
42 C7 F C7 F

der auf ei nen Haar kamm biss, Rat ten fän ger lie der blies.
47 F B¨ B¨

A bends, am Fa mi lien tisch, nach dem Ge bet zum Mahl,


2
52 C7 F

hieß es dann: Du riechst schon wie der nach Ka nin chen stall.

Refrain:
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing’ nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach’s wie deine Brüder,

1. so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor. 3. Aus Rache ist er reich geworden. In der Oberstadt
Er schlich aber immer wieder durch das Gartentor hat er sich ein Haus gebaut. Nahm jeden Tag ein Bad.
und in die Kaninchenställe, Roch, wie bessre Leuten riechen.
wo sie Sechsundsechzig spielten Lachte fett, wenn alle Ratten
um Tabak und Rattenfelle, ängstlich in die Gullys wichen,
Mädchen unter Röcke schielten, weil sie ihn gerochen hatten.
wo auf alten Bretterkisten Und Kaninchenställe riss er
Katzen in der Sonne dösten, ab. An ihre Stelle ließ er
wo man, wenn der Regen rauschte, Gärten für die Kinder bauen.
Engelbert, dem Blöden, lauschte, Liebte hochgestellte Frauen,
der auf einen Haarkamm biss, schnelle Wagen und Musik,
Rattenfängerlieder blies. blond und laut und honigdick.
Abends am Familientisch, nach dem Gebet zum Mahl, Kam sein Sohn, der Nägelbeißer, abends spät zum Mahl,
hieß es dann: Du riechst schon wieder nach Kaninchenstall. roch er an ihm, schlug ihn, schrie: Stinkst nach Kaninchenstall.
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, Spiel nicht mit den Schmuddelkindern ...
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach’s wie deine Brüder!

2. Sie trieben ihn in eine Schule in der Oberstadt, 4. Und eines Tages hat er eine Kurve glatt verfehlt.
kämmten ihm die Haare und die krause Sprache glatt. Man hat ihn aus einem Ei von Schrott herausgepellt.
Lernte Rumpf und Wörter beugen. Als er später durch die Straßen
Und statt Rattenfängerweisen hinkte, sah man ihn an Tagen
musste er das Largo geigen auf ‘nem Haarkamm Lieder blasen,
und vor dürren Tantengreisen Rattenfell am Kragen tragen.
unter roten Rattenwimpern Hinkte hüpfend hinter Kindern,
par cœur Kinderszenen klimpern - wollte sie am Schulgang hindern
und, verklemmt in Viererreihen, und schlich um Kaninchenställe.
Knochen morsch und morscher schreien - Eines Tags in aller Helle
zwischen Fahnen aufgestellt hat er dann ein Kind betört
brüllen, dass man Freundschaft hält. und in einen Stall gezerrt.
Schlich er manchmal abends zum Kaninchenstall davon, Seine Leiche fand man, die im Rattenteich rumschwamm.
hockten da die Schmuddelkinder, sangen voller Hohn: Drumherum die Schmuddelkinder bliesen auf dem Kamm:
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern ... Spiel nicht mit den Schmuddelkindern ...
Tonio Schiavo
Text & Musik: Franz Josef Degenhardt
B¨ E¨ B¨
4
4
Das ist die Ge schich te von To ni o Schia vo, ge

4 E¨ B¨ E¨

bo ren, ver wach sen im Mez zo gior no. Frau und acht Kin der, und

7 B¨ E¨ B¨

drei le ben kaum, und zwei ein halb Schwes tern in ei nem Raum.
10 F7 B¨

To ni o Schia vo ist ab ge haun. Zog in die

12 E¨ B¨ F7 B¨
6
4
Fer ne, ins Pa ra dies, und das liegt ir gend wo bei Her ne.
Schluss der letzten Strophe ab
16 E¨ B¨ F7 B¨
6 3 3
4
4 4
Fer ne aus dem Mez zo gior no ins Pa ra dies, und das liegt ir gend wo bei Her ne.
2

1. Das ist die Geschichte von Tonio Schiavo,


geboren, verwachsen im Mezzogiorno.
Frau und acht Kinder, und drei leben kaum,
und zweieinhalb Schwestern in einem Raum.
Tonio Schiavo ist abgehaun.
Zog in die Ferne,
ins Paradies,
und das liegt irgendwo bei Herne.

2. Im Kumpelhäuschen oben auf dem Speicher


mit zwölf Kameraden vom Mezzogiorno
für hundert Mark Miete und Licht aus um neun,
da hockte er abends und trank seinen Wein,
manchmal schienen durchs Dachfenster rein
richtige Sterne
ins Paradies,
und das liegt irgendwo bei Herne.

3. Richtiges Geld schickte Tonio nach Hause.


Sie zählten’s und lachten im Mezzogiorno.
Er schaffte und schaffte für zehn auf dem Bau.
Und dann kam das Richtfest, und alle waren blau.
Der Polier, der nannte ihn: Itaker-Sau.
Das hört er nicht gerne
im Paradies,
und das liegt irgendwo bei Herne.

4. Tonio Schiavo, der zog sein Messer,


das Schnappmesser war’s aus dem Mezzogiorno.
Er hieb’s in den dicken Bauch vom Polier,
und daraus floss sehr viel Blut und viel Bier.
Tonio Schiavo, den packten gleich vier.
Er sah unter sich Herne,
das Paradies,
und das war gar nicht mehr so ferne.

5. Und das ist das Ende von Tonio Schiavo,


geboren, verwachsen im Mezzogiorno:
Sie warfen ihn zwanzig Meter hinab.
Er schlug auf das Pflaster, und zwar nur ganz knapp
vor zehn dünne Männer, die waren müde und schlapp,
die kamen grad aus der Ferne - aus dem Mezzogiorno -
ins Paradies,
und das liegt irgendwo bei Herne.
Zwei und zwei
Text & Musik:
Franz Josef Degenhardt
C‹ E¨ B¨ E¨
4
4
Zwei und zwei noch mal her um. Ja und ja, und wie der um

5 C‹ D7 G C G C

tanzt das Lamm und lacht spät bis in die Nacht.

1. Zwei und zwei noch mal herum.


Ja und ja, und wiederum
tanzt das Lamm und lacht
spät bis in die Nacht.

2. Zwei und zwei und eins im Sinn.


Ja und nein und her und hin,
denkt die Geiß und zählt
Tage und ihr Geld.

3. Zwei und zwei macht vier, das reicht.


Ja heißt ja und nicht vielleicht,
spricht der alte Bock,
meckert fest am Pflock.

4. Zwei und zwei macht noch nicht satt.


Ja heißt’s, wenn ein Lämmlein naht,
knurrt der Wolf und geht
durch das Feld und späht.

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