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The
University
of Iowa
Libraries
PTI 812
A8
1843
v . l - 12
ca
UNIVERSITY OF IOWA
Date Due
1
Sämmtliche Werke:
Bon
in zwanzig Bänden .
Eilfter Band.
以
MIhambra.
Epos in dramatiſcher Form
in
Von
Dritter Theil
in vier Bänden ; 1. B and
oder
270091
}
Die
Von
Zweiter Aufzug :
Die Dizona ... 92
Dritter Aufzug :
Wehe mir , Ulmanſor ! .. 137
Die
1 *
Per ione n .
Erſte Scene.
Der fi omarenfaal in A lha in bra .
Auf blumengeſchmüdten Goldſäulen ruhen purpurfarbige Gewölbe. Fin Proſpect
befinden ſich drei hohe Bogen , durch weldie man auf Granada herniederſteht.
Auf einem Nuhebette rechte liegt Seïdi Ben Bian . Boraïde
fikt neben ihm . Boabdil ſteht zur Seite. Tänzerinnen und Sängerinnen,
als Genien von Hirem , fehen bei dem Aufrollen des Vorhangs in einer
großen Gruppe , mit goldgeſtidten Purpurſchleiern einen Baldachin über
Seïdi's Haupt bildend. Ihre Gewänder ſind ſchwarz, mit hochrothen
Gürteln , und mit Sternen bereßt; fie tragen goldene Pfeile in dem Haar.
Harfen - und Flötentöne erſchallen von der Seite.
Ballet , mit Begleitung der folgenden 3 y ralit *) .
Komm, o mohnbefränzter Knabe !
Somiege dich an dieſe Bruſt,
Daß ein frantes Herz fich labe
An den Quellen deiner Luft.
Fremdling , ben zur guten Stunde
Unſer Gott hierhergeſandt;
Schnell geheilt ward deine Wunde
Bon des Dankes zarter Hand.
Sie bewachet deinen Schlummer ,
Shrem Winke folgen wir ,
*) Zyralit : weiblicher Chorgeſang mit Tanz .
8
Boabdil .
Santa Fé wächſt auf zum Himmel,
Und die Chriſtenkönigin ,
Eine zweite Ormiſinda ,
Sebet Kron' und Leben ein ,
Mich zu reißen von dem Fels ,
Den ich krampfbaft noch umſchlungen.
Iſt es nicht, als ob mit ihr
Die Natur im Bunde ftebe ?
Winterszeit iſt eingebrochen ,
Wo die Völkerwaffen ruh'n ,
Aber raſtlos geht die Stolze
Borwärts auf betret'ner Bahn.
Feſtgefettet in den Tiefen
liegen zornvoli alle Stürme ,
Während con die müde Sonne
In das Haus von Erfus * ) zieht.
Fables Grün bedeckt die Fluren ,
Und der ſtille Winter gleicht
Einem eingeſchlaf'nen Herbſt.
Unſere Gefdicksverkettung
Spricht den freien Thaten Hohn ,
Und das Flammenſdwert der Rettung
Kehrt fich gegen meinen Thron.
Seit Muſeïrah hier erſchienen ,
Darf ich faum mich König nennen ;
Er ift's, dem die Schaaren dienen ,
Dem die Herzen wild entbrennen.
Auf die Höhen will er ſteigen ,
Während ich verſint im Thal ;
*) In den Sdyüßen .
13
Zweite Scene.
Die Vorigen. Mulen Haſem fommt.
Boraïde.
Halte , Vater , ihn zurück !
Mit der Freundſchaft Zauberfetten
Feßle dieſen guten Geiſt.
Mulen Haſſem .
Wil Seïdi von uns ſcheiden ,
Eh' den Zoll der Dankbarkeit
Dem Genef'nen wir entrichtet ?
30
Muley Haſrem .
Wär' er Bettler , wie die Armen ,
Die Barmherzigkeit erweden
In dem Vorhof der Moſchee * ) ,
Rönnt ſein Stand ihn nicht erniedern ,
Wenn ſein Glaube ihn erhöht.
Glüdlich iſt , wer auf dem Bette
Edler Gaſtlichkeit entſchlief;
Feber Menſch trägt eine Kette ,
Keinem ward ein Freibeitsbrief.
Gönnt ibm Ruhe ! Boabdil !
Seit dem Tage , der mich wieder
In Dein Königshaus geführt,
Hat mein Geift es klar begriffen ,
Daß an Gott id frebeln würde ,
Wout' ich mit gefränktem Herzen
Feßt verlaſſen einen Sohn ,
Deffen reuevoller Blid
Den Verſtoßenen begrüßte ,
Der durd herbes Mißgeſchick
Für den Traum der Rubmſucht büßte.
Boabdil.
In dem Herzen Deines Sohnes
Ward geliefert -- eine Hauptídlacht.
Debes Dunkel bricht berein ,
Fordert auf zur Waffenrube,
Und die Heere fteben ſchweigend ,
Jedes nod dem andern nay ,
Mit geſenkten Schwertern da.
* ) Die Bettler ſind oft fthaarenweiſe in den Vorhöfen der Moſcheen gelagert ,
wo fie Unterſtüßung ſuchen .
32
Muley Haſrent.
Du erkenneft, daß Dein Vater
Sich den beſſern Theil erwählt ?
Die vier Himmelsbücher ſprechen :
Wer genügſam iſt, wird ſatt.
Wer da duldet , wird errettet.
Der Friedfertige findet Frieden.
Wer auf Gott baut , dem genügt er.
(Zur Erde deutend :)
Wer den Feind ruft , den betrügt er.
Von der Stürme wildem Tofen
Wähnt' id lange mich befreit;
Doch die Mutter alles großen
Iſt die heil'ge Einſamkeit.
Was in ihr ich konnt' ergründen ,
Sei dem Sohne dargereicht.
eßt , da wir uns wiederfinden ,
3ft ſein Aug von Thränen feucht;
Oft ſind's Blide , die verfünden ,
Was der ſtolze Mund verſchweigt.
Boabdil .
Eines Vaters Rummerzähre
3ft die fräftigſte Berwünſchung,
Die den Sohn je treffen fann.
(Mild :)
Laß mid trodnen Deine Augen ;
Lehr' mich abſteh'n von dem Frd'ſchen ,
(dumpf:)
Und mißtrauen allen Wünden.
Denn ſie gleichen Sghérad's *) Schwarm ,
* ) Die Heuſchreden, von welchen bekanntlich die i ungen gefährlicher find, als
die alten .
33
Doraïde.
Armer Freund !
Seidi .
Der Hülferuf ,
Den nach Lybien 3hr fandtet ,
3ft aud bis zu mir gedrungen ;
Unglüdopfeile treffen ſich ;
In der wetterſchwangern Luft
Flog der eine auch dem Süden
Und dem Nord der and're zu ;
Doch vermaz Seïdi nicht
Euch von jenem - Berbernkönig
Sidh're Runde zu ertheilen .
Niemals hab' ich ihn erblickt
Dieſen Sohn entleg'ner Wüſten ,
Der den Stahl nun auf die Chriften ,
Bie -- auf Eure Rube zūdt.
Boabdil.
Dennoch rühmt er, daß ſein Stammſchloß
Den uralten Atlas ziere ;
Gleich dem Sælangenbändiger
Kûs , 3obat's furchtbarem Bruder ,
Läßt er Ebre fich erweiſen
Von der Schilba's *) bunkeln Horden ,
Deren Augen ſind gebildet
Aus dem dwarzen Höllenfeuer.
Was der große Soleier becket,
Ift gefürchtet, wie der Zornblick
*) Schilha , der arabiſche Name der Berbern.
43
Almanſor .
Sprich, o Bruder ! iſt es Wahrheit ,
Was der Almohadoun Einer
Mir vom König überbrachte ,
Daß , verſöhnet mit dem Vater ,
Du beſchloſſen , mir die Streiter
Der Befaßung zu Bertraiten ,
Mich zum Kaïd * ) zu ernennen
In der Stadt der Alhamaren ?
Boabdil.
Führer ſei'ft Du aller Schaaren ,
Die auf tauſend Thürmen ſteh'n.
**) Anführer .
49
Almanſor .
Enblid haft Du mid erkannt !
Hin zum Felde der Gefahren !
Aus den Retten ſchnöder Rube
Hebt mich Deine Bruberband .
Offen ſteht die große Bahn ,
Wo die Lorbeerkränze winken ,
Die verhaften Nebel finken
Und mein wahrer Tag bricht an.
Boabdil.
Deinem Sowert , erfahrner Bruder ,
Das ich allzulang gebunden ,
Will ich gönnen Raum und Ziel.
Alle Waffen müſſen wir
Rüften auf Granada's Zinnen ;
Denn die Feinde droben ihr
Nun von Außen und von Innen.
(Er ſtelt zwiſchen Muley Haſſem und Almanſor , feine Arme um
Beide ſchlingend.)
Boražde.
Hochgeſegnet ſei die Stunde ,
Die mir ſo bie edlen Häupter
Meines Vaterlandes zeigt.
Die Verbindung wird erretten
Von den doppelt ſchweren Retten.
Mit befeligter Geberbe
Blickt der Vater auf Euch nieder ,
Und die Ruh', die lang entbehrte ,
Kehrt den Bruderherzen wieder.
Boabdil
(mehr vortretend , für fich ).
Sprich die Ruh', die nie gekannte ;
duffenberg's ſämmtl. Werle XI. 4
50
Vierte Scene.
Die Morigen. Abenamar fonmt mit einigen feines Stammes.
Abenamar.
Der verſchleierte Aſtandar
Steht , umgeben von dem Volke ,
In der Bivarambla Mitte
Unter'm Schatten ihrer Palme.
Tief erbonnert feine Stimme , 1
Wie der Sturz der Wetterſtröme
In der nächtlichen Morena.
Seine aufgehob'nen Arme
Gleiden bautberaubten Flügeln ,
Die ein todter Bergdrach gräßlich
Aus den Zauberhöhlen ftredt.
Wie vom Sturm ergriffen wanfte
Nu're eb'rne Rieſenpalme,
Als nur leicht der hobe Frembling
Sich an ihren Stamm gelehnt.
3eso ſpridt er zu dem Volke
Mit der Stimme der Propheten .
am des Korans flare Sterne
Webet er der eig'nen Deutung
Räthfelvottle Soleiernacht.
Was der ernſte Zaharahvi *)
*) Lehrer der Chemie.
55
Abenamar.
Wabr ſo fürcht' ido - iſt die Kunde ,
Die Dein weisheitsreicher Vater
In geheimen Büdern fand.
Der auf Netſcheb's Burg verſchwand ,
Zeigt fid nun im Abendland.
Chor.
Der auf Neffheb's Burg verſchwand ,
Zeigt ſich nun im Abendland.
Abentamar .
Alſo ſteigt die blauäug'ge Hyäne
Nieder von Bergen in Nächten der Peft,
Wenn ohne Segen und Abſchiedstbräne
Wimmernde Kinder der Vater verläßt ;
Wenn die Mutter den Säugling verſtößt,
Und dem liebenden Bräutigam graut
Vor ſeiner wankenden Jammerbraut.
Durch den vergifteten Nebelfleier
Wandelt einſam das Ungeheuer ,
Wie zwei IInglüc verkündende Sterne
Glüh'n feine Augen aus nächtlicher Ferne ,
Wo an dem End' der verödeten Straßen
Ausgeſtoß'ne im Todeskampf rafen ;
und in des Schweigens verdunkeltem Thal
Stredt es fich nieder zum Leichenmabl.
Chor .
Und in des Schweigens verdunfeltem Thal
Stredt es fich nieder zum Leichenmabl.
Boabdil (Vater und Bruder umſchlingend ).
Folgt mir in die Bivarambla !
Laßt und feh'n , ob der Prophet
57
Fünfte Scene.
Boraïde. Seidi Den Bian.
Seïdi
(wollte folgen , da fallen ſeine Blide auf Boraïde , und er tritt vor zu ihr ).
( 3m heftigen Seelenkampf :)
Nein ! dies licht am hoben Pol
Darf mich ferner nicht mehr leiten ;
Schöne Fürſtin , lebe wohl !
Von Granada muß ich ſcheiden.
Boraïde ( entſebe).
Rede jetzt von Trennung nicht;
Solch ein Abſchied gleicht dem Tode .
(Jhin liebevoll in's Auge rehend :)
Folge, Theurer ! dieſem Licht,
Folg' dem ſanfteren Gebote.
Seïdi.
Willſt Du eine Welt betrüben ,
Schlage Deinen Schleier nieder ;
Wilft Du eine Welt entzünden ,
Heb ' ihn liebelächelnd auf.
Tauſend Blüthen zog Dein Anblick
Glühend aus dem Herzensbaum .
Engeltroft in Balſamſtrömen
Floß von den Aſala -lippen *),
*) Honiglippen.
58
Boraïde.
Ha !
(Sie ſtürzt auf das Rubebett. Große Pauſe.)
Gonſalvo.
Fehlt Dir die Kraft, zu beben dieſes Sdwert ?
Fehlt Dir der Muth, der Vaterftadt zu fünden,
Wer in dem Umfreis ihrer Mauern weilt ?
Denfft Du , ſie werde ießt , wie ebemals ,
Det Gaſtrechts albekannte Pflichten üben ?
Und zu mir ſprechen , wie der edle Greis
In ihr zum Mörder ſeine einz'gen Sohnes :
„Zieh' hin ! damit ich dich verfolgen kann.“
Ein Wort von Dir , und tauſend Schwerter dringen
Wetteifernd in den Buſen Deines Feindes.
Erhebe Dich ! verlaß die Purpurhalle,
Tritt auf den ſonnenhellen Prachtbalkon ,
Der Deine hodgethürmte Stadt beherrſcht,
Ruf Deinem Volke zu : „ Im Königshauſ:
Der Mauren ſteht Gonſalvo von Kordova ;
Nun iſt es Zeit, den Raceftahl zu ſchärfen ,
Ihn zu erringen , den erſehnten Preis.“
Sie werden aufwärts ftürmen ſchaarenweiſ'
Und mich zu Deinen Füßen niederwerfen.
Boraïde (in fürchterlicher Angſt ).
Nein ! id fann nicht !
Gonſalvo.
Lautlos werd' ich ſterben ,
Mit feiner Klage Dir Dein Dhr verlegen ,
Das wie den Zauberliedern Almotréfo's * )
Den Worten meiner Liebe hat gelauſcht;
*) Almotréfo, ein berühmter Diditer des arabiſchen Spaniens.
64
Boražde
(den Gonſalvo halb mit Schauer , halb mit tieſem Sdymer; anblidend ).
Haß und lieb in einem Buſen ,
Únd noch ſchlägſt du armes Herz ?
Gonſalvo .
Als ich zurücritt in das Chriſtenlager,
Verglichen meine Caſtilianer mich
Der bohen Leiche des Campeadors ,
Die bei dem Abzug aus Valencia
Auf's Roß gefeßt , noch ihre Feinde ſchredte.
Seit jenem Tag , der mir den Sieg geraubt ,
Stand Zoraïde nur vor meinen Blicken .
Hell trat aus unbeſtimmtem Sehnſuchtsraum
Das flare Sternbild meiner erſten Liebe.
Ich fand es wieder an Granada's Himmel ,
Wo durch die Abenbrötbe meine Ruhms
Die holden wohlbekannten Strahlen glüh'n
Und mir voran zum Thal der Ruhe zieh'n .
Boraïde.
Ift Gonſalvo nicht der Mann ,
Der , die Baterſtadt verderbend , 8
Bweiter Aufzug.
Die Tizona .
Erſte Scene.
Pia za de armas *) in Santa Fé .
Mehrere Bauten der neuen Stadt ſind vollendet, andere weit vorgerüđt und
ſämmtliche Häuſer glänzend weiß. Im Hintergrunde ſind die Bauenden in
großer Thätigkeit. Man erblickt in der Mitte die Fahren von Caſtilien und
Arragon auf einer aus Trophäen gebildeten Erhöhung. Kanonen ſtehen zul
beiden Seiten . Ritter halten die Wache. In weiter Ferne ſieht man die
Stadt Granada.
Nach einer kleinen Pauſe kommt
Lara .
Die neue Stadt entſteigt dem Erben dooße
Auf Iſabella's königlichen Ruf ;
Die Streiter ſind verföhnt mit ihrem Looſe,
Sie eben ſtaunend, was der Glaube ichuf;
Und ob die Wuth der Hölle fie umtoſe,
Die Fürftin folgt dem inneren Beruf ;
Es iſt ihr ſtarkes Wort , das uns vereinte
Zum größten Werk im Angeſicht der Feinde.
Und als ich fah , wie ſich die Mauern hoben
Um dieſe fönigliche Glaubensſtadt ,
Blidt ich mit neuer Zuverſicht nach Oben ,
Ein Sünder , der das Heiligthum betrat ,
* ) Waffenplaß.
93
Zweite Scene.
Der Vorige. Cortez fommt.
Cortez.
Auf, Lara ! Jubel herrſcht im ganzen Heere ,
Bon allen Seiten ſammeln ſich die Krieger,
Den beimgefehrten Feldherrn zu begrüßen.
fara.
Was ſagſt Du ?
Cortez.
Alle drängen ſich herbei ,
Die eble , fieggewohnte Hand zu füffen ,
Det Helben ichwere Waffen zu berühren.
Er ward gehoben auf das Dach der Schilde ,
96
Vierte Scene.
Die Vorigen. König Fernando und Iſabella von Ca
Atilien kommen , unter Vortritt von Waden , mit mehreren Großen tes
Dienſtes und einem mauriſchen Herold.
grabella .
Der Tag , der und den Feldherrn wiedergab ,
Erfüllet mit Entfeßen unſ're Feinde.
Die Ebelften der Mauren ſtreben ron ,
Dies Gut dem Chriſtenbeere zu entziehen .
Seit wir die ftarfe Glaubensſtadt gegründet,
Berließen Biele jenen Lagerraum ,
Wo fich die Banner Afrika's erhoben.
Syr nädfted Trachten gehet nun dabin ,
Den heimgekehrten Feldherrn uns zu rauben ;
Doch fruchtlos wird auch died Beſtreben ſein ,
Denn alle Himmelemächte ſind mit uns.
Ein Engel fam zum Lager meines Gatten ,
Die Wunde heilend , die der Berber ſchlug ;
Süßträumenb bat Fernando ibn erblidt,
Wie er im Sdimmer des eben'iden Lidtes ,
Beim fernen Lobgefange ſeiner Brüder,
In's nebelvolle Chal der Schmerzen trat.
Er glidh dem Lichtgeift , der berniederſtieg
101
* ) Gabriels Stwert.
104
Fünfte Scene.
UD on ſal v o. far a .
fara .
Erwach' aus der Betäubung , edler Freund !
Sabft Du die Blide nicht der Könige ,
Die zweifelſchwer auf ihren Feldherrn ſanfen ?
O ! Dolche waren ſie für Lara's Bruſt !
Erhebe würdig Dein geſenktes Haupt !
Was Did belaſtet, theile mit dem Freund.
So lang' er lebet, wird er's mit Dir tragen.
Am himmliſchen Vertrauen fünd'ge nicht!
Bei beffen Sonnenbild wir uns vereint.
Dein ſtarrer Blid ! – Dein bleiches Angeficht
Sind Zeugen tiefer Stürme , die Dich quälen.
Du fönnteft Deinem Freunde fie verhehlen ?
Noch keine Wunde hab' ich Dir geheilt,
Nur immer Glück und Ruhm mit Dir getheilt.
Gilt denn Nichts mehr der Bund der Bruberſeelen
Am Tag , wo das Berberben Dich ereilt ?
115
Lara
(heide Hände vor's Geſicht ſchlagend).
D großer Gott !
Gonſalvo
Chimmelwärts zeigend).
Ein Eid , vor ihm geſprochen ,
Hält meinen ſtreitgeſtählten Arm zurüc.
Mit frühern Sdwüren kämpft die neue Pflicht,1
Die lieb' und Dankbarkeit mir auferlegten .
Weißt Du , wer rettend mich entzog dem Grab ?
Wer mid dem Cbriftenbeere wieder gab ?
Wer des bedroh'ten Landes ſchönſte Blüthe
Den -
mächtigen Erbfeind - arglos hat gepflegt,
Der jeßt zum Cohn für ihre Himmelsgüte
Dem Bruder dieſes Schwert entgegen trägt ?
Daß ihm bei dem Gedanken : Zoraïde !
Der Blig des Vorwurfs aus der Rechten følägt !
Lara .
Du liebeft fie ?
Gonſalvo .
Verſuche, zu erforſchen ,
Was in, bem Raume der drei Worte liegt !
Feft an die qualenvoule Bruſt geſchmiegt ,
Die lange Dein getreuer Sinn vermiſte ;
Nimm das Bekenntniß, das ſich ihr entwand :
Ja ! während Du zur afrifan cen füfte
Die Seufzer Deiner Sehnſucht ausgeſandt,
lag ich , entfremdet meinem Vaterland ,
Deß größ're Hälfte mich als todt beweinte ,
An ibrem Buſen in der Stadt der Feinde
3weifad verwundet - mit gebroc'nem Muth.
Beſprißt mit eig'nem wie mit Bruderblut !
119
Gonſalvo.
Jo muß !
Lara .
An Deinem Ruhme fdwing' Dich auf !
Am Bilde deſſen , was Du immer warſt.
Auf Siegesſäulen , die Du ſelbſt gegründet ,
Darfſt Du Dich ftüßen in dem Seelenkampf.
Laß Deinen Lara nicht den Tag erleben ,
An dem die ſpan'ſchen Heere fich verſammeln
Zum Trauerliebe , das Uracca ſang ,
Als Rodrigo an dem Duero ftand,
Den die gebarniſchte Zamora *) frönt.
Rückwärts , rückwärts, ftolzer Cið !
Deine Ebre ift verloren !
Gonſalvo ( aufflammend).
von meines Königs Hand ward ich umgürtet
Mit der Tizona de Campeadors.
So nimm denn, Göttin , deinen Sieg babin ,
Die du , ein Nachtſtern , in den Höhen glänzeft.
Bei dieſem licht kann keine Blume blüh'n.
Indeß mit Lorbeer du mein Haupt bekränzeſt,
Fühl ich dein Sdwert ſchon in dem Buſen glüh'n.
Die Sonne meiner Liebe ſinkt darnieder ,
3 blicke ihr mit Adleraugen nach ** );
Dann werde Stabt mein Herz , wie dieſe Glieder ,
Die feſt find gegen Sturm und lingemad .
Ol noch berührt ihr Strahl den Blumenhügel ,
Wo meine feeengleiche Hulbin tyront.
Er ſinkt in den zerſblag'nen Wunderſpiegel,
*) Aehnliche Beinamen erhielt Zamora turd ihre Feſtigkeit und nächtigen
Felſenwände.
**) Dic Adler follen trauernd in die untergebende Sonne ſchauen .
131
9*
132
Sechste Scene.
Die Morigen.
Moraïma (su Gonſalvo's Füßen ).
Allah Dank ! Ich bin am Ziele !
Gonſalvo ( richtet ſich fühnell auf).
Did fendet Zoraïbe mir entgegen ?
Erbebe nicht
(auf Lara zeigend)
vor meinem treuen Freund ,
Der das Geheimniß unſ'rer Herzen theilt ;
ſprich ! was bringſt Du mir von der Geliebten ?
Moraïma (ſchnell und dringend).
Bei der Afde ihrer Mutter !
Bei dem Eidſchwur Eurer Liebe !
Ruft fie Euch um Mitternacht
An bas zeichenloſe Grab ,
Wo die Hochverehrte lummert.
Nach dem Willen Zoraïbens
Hat die treue Dienerin
Sich bedeckt mit dem Gewande.
Don Gonſalvo von Kordoval
Herr der Herrin ! Seid gegrüßt !
Führen wirb Eud Moraïma
an den Buſen der Geliebten ,
Die in Thränen Eurer barrt.
Gonſalvo ( entfeßt).
So weiß ſie , daß ihr Bruder mich auf morgen
Zum Kampf gefordert ?
Moraïma (weinend).
Was fie ſpracy,
134
Dritter Aufzug.
Webe mir , Almanfor !
Erſte Scene.
Scauerliche Muſit leitet den Aufzug ein . Beim Aufrollen des Vorhanges erblidt
man den Thränenwald von Granada . Viele Gräber, deren Säulen Turbans
tragen , ſtehen umher. In der Mitte eine große Marmorſäule, vieredig ,
ohne weiteres Zeiden , als einen Aſchenfrug auf der Höhe . An ihr ſteht
Muſeïrah Molathemoun . Nadt.
Muſeïrah.
Flor auf Flor umhüllet Igna's * ) Antlig.
Seine Wächteraugen find geſchloſſen.
In die dunkle Marmorgruft der Nacht
Trat die – Mildftra f', wie der Leidenzug
Einer tooten Welt.
Almutter , för mich !
Denn Muſeïrahs Herz ſehnt ſich nach dir.
Deinen ſtillen Tempel möcht' er feben ,
Deffen Schwelle nie das licht geſtreift.
Meiſterin auf deinem Probeftein
Zeigt ſich dieſes Sternes falſches Silber.
Und bein ew'ger Sohn mußt' ihn betreten ,
Der Schamübra’s **) Gold im Haupte trägt.
*) Igna , der Himmel in der alten Sprache der Berbern .
**) Schaműhrah , das Sonnengold , von welchem die Berbern glauben , es ſei
in der Sdilangenfrone befindlich und fehre, wenn es entblößt wird, augen
hidlig in die Sonne zurück.
138
Zweite Scene.
Der Vorige. Neun Fedaviés vom Stamme der Beni Aija treten auf,
bogen - und pfeilbewehrt. Einige tragen dunkle Marnorgefäße.
Erfter Derber.
Herr , und Steu'rmann auf dem Schiffe,
Das durch beide Welten ſegelt ,
Der Du trägſt die Chalaa *) ,
Die gefertigt ward am Tage,
Als die rothe Himmelslöwin **
Smaims *** ) feur'ge Pforten brad
Und voll Kampfluft, weltverſengend
Auf Al Sertand Thürmen ſtand.
Drachenwürgender Allide +t) ,
Dem der wilde Schlangenfönig
Mit den Beni Aifa's buldigt.
Nimm den Gruß der Eingeweihten ,
Die auf Deinen Pfaden dreiten.
Muſeïrah.
Salam ! Fedaviés ! Amazirgas ! 71 )
Erfter Berber .
Wenige nur rühmen fich
Deines ehrenden Vertrauens ,
Großer Bergfürft! Sohn der Kraft!
Ift es nicht Suleimans Ring ,
Was erglänzt in milden Strahlen
*) Ehrenkleid.
**) Die Sonne.
*** ) Smaim : die größte Hiße .
+) 3m Zeiten des Krebſes.
++ ) Aflide : Hoher Herr.
*11) Heil den eingeweihten Berbern vom alten Blute.
145
Erfter Derber.
Und erwartend fteben wir,
Wie der burſt'ge Kaheraner * )
In der heilgen Nokta - Nacht** ),
Wenn die Himmelstropfen fallen
Auf die felſenreiche Habeſch ,
Und das Roß des Götterftromes *** )
Hod die Silbermähne fträubt.
Einſam fteht der edle Herrſcher ,
Von den Sterblichen geſchieden ,
Wie wir oft und gern ihn ſehen .
Schaarenweiſe zieh'n die Krähen
Zu dem Aas im tobten Sumpf.
Einſam fliegt der Königsadler,
Mit Verachtung aller Tabler ,
Sonnenwärts den Blick gewandt ,
In Al Igna's Geifterland.
Muſeïrah.
Denket heut' nicht an den Himmel ,
Offen fteh'n bie untern Thore ;
Al Talaffa + ) bricht herein
Und die höf'ſchen Meteore
Flammen auf mit Zauberſchein.
Chor der Fedaviés .
Denfet beut nicht an den Himmel ,
Al Talaſſa bricht herein !
* ) Die Bewohner Kabira'8 , eigentlich Rahera von Raher , Mars.
**) Die Nacht vom 17. auf den 18. Junius, wo der Nil in Sabeſch zu ſteigen
beginnt und der Tropfen Nokta erwartet wird.
***) Der Nil.
+) Die dreifache Finſterniß.
147
Muſeïrah .
Tief verhüllet find die Mondeshäuſer ;
Afrits Abgeſandte ſtehen lauſchend
An den thaubeneßten Marmorpforten ;
Engel ihleifen ihre bellen Rlingen
An der ſtäblernen Saturnusmauer,
Und die ſchöpfungsalte Höhlentochter * )
Droht vom Walle, den mein Geift erftieg.
Sebt, ſchon webt die feindliche Duſhabrah ** )
Thränentücher von dem Haar der Todten .
Semermére *** ) ftredt die braune Hand
Aus den Spalten blißgetroff'ner Bäume.
In den Wipfeln fitt der düſt're Ghul 4) ,
Bild die weißen Schafalgjähne fletſchend.
3mmer ſchwärzer wird die nächtige Ferne
Auf Muſeïrabo flegendes Gebot.
Unter'm Trauerſiegel rub’n die Sterne ;
Meniden fönnten glauben - Gott ſei - todt !
@riter Berber.
Herr ! gebieť auch uns ; die Feuer
Mareds ++ ) tragen wir im Haupt.
Samum nennt und ſeine Brüder ,
Und kein Grab verſchlingt die Glieder,
Die fich Deinem Dienft geweiht;
An dem Ziel der Lebenszeit
Pilgern wir durch die Saharah
*) Beiname der Hyäne.
**) Die mächtigſte der orientaliſchen unterirdiſchen Parjert.
***) Ein Waldgeiſt.
+) Ein Wüſtenkobold
++) Mared ; ein Feuergeiſt.
10 *
148
Weltverachtend - wohnungelos.
Und die flammende Wangarah *) volt tadyaa
bara 13
Nimmt uns auf im Mutterſchooß. and
Laßt den Staub dem Staub fich gatten , Mode
Wir ſind Jenem zugetheilt ,
Welcher bildlos – ohne Schatten 115 11332( ม.
Bei den Völferfärgen weilt.
Muſeïrah
(in ihrer Mitte den nächſtſtehenden die Hände reichend).
Kalt ſind die Hände , die Herzen warm , Dalmabores
Leben entſtrömet dem Born der Aeonen ;
Körper find Staub , ihre Nahrung ift - Harm !
Aber die Geifter ringen nach Kronen , nad
Und erheben kann Euch mein Arm
Auf den Ehrenſtuhl der Dämonen ! Hores de
Chor der Fedaviés . Thes
Wir gehorchen. Bereite bie Kronen.
Muſeïrah .
Lebt Ihr dod ſchon in dem achten Grabe ,
Welcher zeigt die Eitelkeit des Glaubens
Und die Gleichheit zwiſchen gut und böſ'; ousehat
Aud ben neunten werdet ihr erreichen ,
Dem als Diener fich die Didinnen beugen ; t ist the
com. der
Wenn ich preiſe, was Ihr ſchon gethan ,so
Deffnet Euch mein lob die neue Bahn . 2015
(Mit ſchmetternder Stimme.) do 19
Euer Werk gilt zu noch wenig
In dem Aug des Weltverwüſters.
Knüpfet auf den legten König was borga
Am Gebärm des legten Prieſters !
*) Der große See auf Afrika's Plateau , die Wiege des Samums.
149
*) Salbe, mit der ſich die Zauberer verſahen, ehe ſie den Thamuras anriefen .
** ) Beiname des Gebirges Kaf.
***) Sacrut, der Sinarags , deſſen Wiederſchein bem Himmel die blaue Farbe
giebt.
+) Fanum : Reſidenz der voradamitiſchen Solimane.
#t) Der Reiher Thamuras war , wie ſchon im erſten Theile erwähnt wurde,
aus den Federn Simurgs gebiltet.
+++ ) Der Menſchenlöwe.
151
Wierte Scene.
Die Morigen verborgen. Gonſalvo von Kordova fommt mit
Boraïde .
Bor a ï de.
Hier iſt unſer Ziel , Gonſalvo;
Dort , in jenem hohen Grabe
Schlummert meine arme Mutter
Unter zeichenloſem Steine
Ralt und dwer , wie ihr Geſchick.
Ad ! dem Vaterland entriffen , 1
Sant fie bin im fremden Reiche,
Und der Tochter Augen werden
Immerdar dat' Kreuz vermiffen
Auf dem Hügel , der die Leiche
Diefer frommen Chriftin bedt.
Sieb', was von dem leßten Zweige
Eines großen Fürſtenhauſes
In Granada übrig blieb.
Nidt der Meißel durft' e$ wagen ,
Ihren Namen einzutragen.
Was i d auf die Säule drieb ,
Haben Chränen eingebrannt.
Hier weint' ich am Todesthore ,
Bis der Name Eleonore
Deutlich auf dem Grabmal ſtand ;
Liebe pflüđt die ſchönſten Blüthen
An des tiefften Abgrunds Rand.
Heilge! die ſo früh geſchieden ,
Wolleft gnädig mich behüten !
Breite beine Mutterband
171
Muſeïrah .
Eilt herbei!
Rüftige Bouftreder meines Willens !
(Die Berbern erſdeinen wieder von allen Seiten .)
Gonſalvo
(zu Muſeïrah , während er Boraïde umídilingt ).
Zurück , Verfluchter ! eh' dies Schwert Dich trifft.
(Er wird in dieſem Augenblice von den Berbern umringt und nach heitigem
Widerſtande entwaffnet. )
Muſeïrah ( zu Gonſalvo ).
Du entwindeſt Dich den Armen nicht !
Solangenöl giebt Gladiatorenftärke.
( Auf die Grabesſäule deutend . )
An die Säule bindet ihren Buhlen .
Boraïde.
Große Gottheit, rette !
Gonſalvo.
ihr. gebunden
Ich vertrau' Säule
(Er wird von den Berbern an die .)
Muſeïrah.
Rüftet die Geldoffe.
(Die Berbern ſpannen die Bogen . )
Gonſalvo.
Herr und Gott !
3ft meine Liebe Frebel an dem Glauben ,
Für den dein ew'ger Sohn am Kreuze ſtarb;
Erreichte dich der Racheruf der Brüder ,
Durd deren Tod id leben mir erwarb ;
Dann ftrafe mich , und beines Zornes Bliss
Laß finken auf mein ſchuldgebeugtes Haupt !
Nur foldem Ende, Herr ! gieb mich nicht preis !
3m Rampf für deinen Namen laß mich ſterben ,
12 *
180
Gonſalvo.
Verſchließ' Dein Dhr dem Wort des Schredlichen !
Boraide.
Tüdiſcher! was forderft Du ?
Ich fou Dein ſein nach dem Todel ?
Muſeïrah (zu den Seinen).
Mid beſchuld'gen fie' der Tüde !
Glauben , was die Prieſter rafen.
Wohl ! für eine Himmelsbrüde
Zeig' ich tauſend Höllenſtraßen .
Gonſalvo.
Ermordet mich ! eh' die Verzweiflung fie
Zum Sdwur des Wahnſinns treibt.
Muſeïrah .
Entideide nun ,
Auf ihr Opfer barren die Geſchoſſe.
Boraïde (einen Gedanken erfaffend).
Biuben kann mid nur ein Sowur ;
Nenne mir des Eides Worte.
Muſeïrah (mit unterdrüdtem Hohn).
Bei ber heiligen Medina dwöre
Und beim Glauben Deines Vaterlandes !
Bei dem großen unerſchaffnen Buche ! * )
Und ſo wahr Du im Gebete Dich
Nach dem Wunderhaus der Kaaba wendeſt :
Meine Braut zu ſein jenſeits des Grabes !
( Boraïde ſtürzt fidy, wie zum Gebete, nieder auf die Erde .)
Muſeïrah.
D’rauf follſt Du die Hand zum Bund mir reichen ,
Und in Freiheit zieht Dein Buble hin.
* ) Beiname des forang.
185
Muſeïrah
(nachbein er den Seinen einen leichten Wint gab).
Wilft Du ihn erretten ?
Boraïde (nach beftigem Sampfe).
Ja !
Muſeïrah.
Du kennſt den Preis !
Boraïde (entſdiloſſen ).
3 fenn ihn.
Gonſalvo.
Gott !
Bewahre nicht auf Tafeln des Gerichtes ,
Was Wahnſinn fchwöret in Verzweiflungsnacht.
Du gabeft zu , daß Schmerzen mich erfüllen ,
Die ſtärker glühen , als bad Höllenfeuer :
(Mit vollem Ausbruch der Verzweiflung .)
Warum verbrennen ſie die Bande nicht ?!
Muſeïrah (zu den Seinen ).
Sifid Didhamekian ! * )
Chor der Fedaviés .
Oroßer Aftandar !
Muſeïrah.
Reißet die nächtliden Binden vom Dhr ,
Während id Worte der Weibe verſende.
Än der Erkenntniß goldenem Thor
Laſſet erglänzen die heiligen Brände ;
Stredt dann die leuchtenden Glorien bände**)
Zu dem verſchleierten Himmel empor !
*) Beiname der Anhänger des Verſchleierten , bedeutet : Weißgefleitete.
Glorienhände, im Weſten von Afrika beimiſch , waren Kerzen, aus dem
Fette tobter Miſſethäter gegoſſen, deren ſich die Beni Aiſa's zu ihren Bes
ſchwörungen bedienten.
189
(Die Berbern ziehen gelbe Kerzen aus ihren Gürteln und halten felbige, um
Muſeïrah gruppirt, knieend an feinen Schleier .)
Chor der Fedaviés (mit dumpfer Stimme).
Elleila hubla fema tedra
bima telid ! * )
(Grüne Flammen fdlagen aus den Kerzen , die während des Schwures empor
gehalten werden .)
Muſeirah .
Nun ! ſo werden wir das Ziel erreichen ,
Eh' die Nacht die Aufbruchstrommel rührt
Und der Tag, geſchwäßigem Pöbel gleich,
In den Rathſaal der Geftirne bringt ;
Bis fie zornvoll auseinandergeben ,
Bis die ſtolze Königin des Feuers **)
Wie der Bannerfürft des Geifterbeeres
Auf erſtürmter Himmeldzinne ſteht.
(3u Boraïde.)
Sprich , o Braut ! den Sdwur der großen Weibe ,
Der die Retten Deines Buhlen löft.
Gonſalvo.
Admächtiger Gott !
Muſeïrah ( einfallend ),
Beim heil'gen Alkoran !
Boraïde ( wantent).
Beim Koran
Muſeïrah.
Bei der heiligen Medina !
Boraide .
Bei Medina
Muſeïrah.
Unb fo wabr Du betenb
Nach der Raaba Deinen Körper wendeft!
Boražde.
Und ſo wahr id betend nach der Raaba
Meinen Körper wende.
Muſeirah .
Swörft Du
Boraide.
Schwör' ich
Muſeïrah.
Meine Braut zu ſein jenſeits des Grabes !
Boraide.
Deine Braut zu ſein jenſeits des Grabes !
(Die lichter erlöſchen .)
Muſerrah .
Wohll in Freiheit mag er wallen ,
Und der Prachtdom Euer$ Glückes
Steige über Revans *) Burg.
Gonſalvo.
Entfeßlich !
Muſeïrah.
Nabet mir , Fedavies !
(Er tritt ganz vor ; von den Berbern umgeben , init leiſer Stimme:)
Zu dem Rampfe wird Almanſor zieh'n ,
Fener foll nicht fedten gegen ihn.
Wenn ſie mir zum Eide reicht die Band ,
Löſet 3hr des Chriſten ſtarkes Band ;
Doch bewacht ihn ftrenge, bis der Tag
Glanzvod trat aus Dſtens Flammentboren ,
Bis die Sonne bod die Fahne ſchwingt
*) Revan , der große Hüter, Beiname des Saturnus.
191
Fünfte Scene.
Santa Fé .
Vorzelt bes Gonſalvo von Kordova. Morgen. Nach ter Verwanda
lung erfallen einige weitentfernte Tromperenſtöße. Nach einer Pauſe tritt
fara ein , von der Seite redyt8 tommend.
Sara .
Lang find die Nächte, die der Schlummer flieht.
Ich wollte mein ermattet Auge ſchließen ,
Um in der Träume feligem Gebiet
Das Bild der naben Freiheit zu begrüßen ;
Wann wird mein Aug die langerſehnte ſchauen
D Himmel , ſende fie! nur ihre Band
Kann Duldern jene Wunderbrücke bauen ,
Die über Wolfen führt in's Heimatland .
Mit voller Bruſt und liebendem Vertrauen
Hatt' ich zum edlen Freunde mich gewandt ,
Und fühlte mich nicht einſam auf der Erde,
Seit er, der Heißgeliebte , wiederkehrte.
Im Freudentaumel batt' ich nicht erwogen ,
Was die geheime Macht mich fürchten ließ ,
Die unſerm þauſe ſeinen Glanz entzogen ,
Die Lara's Kinder in's Verderben ftieß.
Am foredlichſten hat ſie an mir gehandelt ,
Da Freundes Arm den Dold auf mich gezüdt;
In Leichenalde ward mein Herz verwandelt ,
193
Sechste Scene.
Der Vorige. Cortez eilt herein.
Cortez
Lara , eile zu dem Feldherrn !
fara
(emporblidend und das Tageslicht wie mit geblendetein Auge anſtarrend ).
Gott !
Cortez.
Der Feind ritt ein burd's Thor von Santa Fé.
Es harren unſ're Könige des Streites ;
Das ganze Chriſtenbeer fteht unter Waffen.
Des Maurenlagers Wälle find bedeckt
Mit Kriegern , die herab zur Vega ( chauen.
Granada's Zinnen prangen tauſendfarbig ,
Es ift, als fteh' die Stadt auf ihren Thürmen.
Almanſor ſchwingt die reichverzierte Lanze
Und ruft vou Rampfruft den berühmten Feind ,
Der zögert an dem Tage reines Ruhms.
( Dringend .)
Wo ift Gonſalvo ? ruf ihn Tonell herbei,
Auffenberg's rämmti. Werle XI. 13
194
Cortez .
Wähnft Du , es ſei unbemerkt
Geblieben , welch' ein Sqauer ihn ergriff.,
Als vor dem Hofe jener Maurenherold
Almanſors *) kriegeriſchen Namen rief ?
von Cueva
Bei unſ'rer lieben Frau (Machtvoll. Santa !
)
34 will erweden diefen füb nen Mann.
Der feinen ſchönſten Tag - verídlafen fann !
Lara
( ſtellt ſich , mit der Hand am Schwertgriff, an den Eingang zum Innern des
Zeltes recht8 , mit dem Rufe :)
Hinweg !
Siebente Scene.
Tronpetenſtöße.
Die Vorigen . Cellez ſürgt herein.
Cellez.
Wo iſt Gonſalvo ? Äuf der Bega
Liegt Spaniens Rubm . Geordnet fteht das Heer .
Das Aug' der Königin blickt unmuthsvoll ,
Und Don Fernando's gold'ne Sporen klirren **).
Gonſalvo ftellte ſich dem Mohren nicht ,
Ein Meer von Blut wäſcht folchen Schimpf nicht ab.
Granada's Stämme fchwingen hoch die Fahnen
Auf Thor und Thurm , und ihr Triumphlied ſalt ,
Die Chriften föhnend , über'm Lambrawald .
Cortez (zu Lara ).
Durchſchauen will ich , was Dein Wund verhehlt,
*) Almanſor heißt : Der Siegreidie.
**) Der König verrieth oft unwillkürlich ſeinen Grimm durd ein heftiges
Anetnander ?dlagen der Füße.
13 *
196
Achte Scene.
Der große Rampfplaß zu Santa Fé , mit den koloſſalen Bildern des Cid Cam.
peadors und des Martin Pelaez geziert. Ausſicht auf Granata und das
afritaniſde Lager. Fernando und 3ſabella auf Thronen, rechte
und lints von Granden umgeben. Alle in prachtvollen Rüſtungen. Ein
Theil des chriſtlichenHeeres als Zuſchauer. Nach der Verwandlung ertönen
Trompetenſtöße. Almanſor mitten auf dem Rampfplaße zu Pferde,
den Dívirid dwingend.
Almanſor .
Don Gonſalvo von Rorbova !
Kämpfer aus dem Chriftenbeere ,
Dem bas günftige Geſchid
197
Iſabella .
Gonſalvol reicht ihm noch bie tapf're Rechte.
Der Tod verſöhnt, und ebel ift der Feind,
Der hier im ritterlichen Rampf gefallen.
Fara (mit wantender Stimme , leiſe :)
Ein Wort nur , meine Königin !
Jſabella .
Was hör' ich ?
Das ift Gonſalvo's Stimme nicht!
Lara (ganz vortretend ) .
Bei allem ,
Was wir als heilig ſchäßen , böret mich !
3ſabella (zu ihm eilend).
Wer ſeid Ihr ?
( fara hebt , nur von der Königin geſehen, das Wifir auf.)
grabella .
Lara ! Und - Wo ift Gonſalvo ?
Lara .
Wollt ihr mir dankbar ſein für einen Sieg ,
Den hier mit Blutesſtrömen ich erfauft ,
ſo verſchweiget, was 3hr jeßt erblidt,
Und raubt nicht Eure Huld dem Waffenbruber ,
Für ben id fechtend in die Schranken trat.
grabella (ftrenge ).
Wo iſt Gonſalvo ?
Lara.
Itebet Gnad' an ihm !
Gebenfet feiner frühern großen Thaten.
Bom Ehrenplaß , dem heut' er war beſtimmt,
Zog ihn hinweg der Ruf der reinften Liebe ;
Und jener Todte bort im Fahnenſchatten ,
Er ift -- der - Bruder ſeiner Auserwählten.
206
Iſabella.
Daher ſein Grau'n vor dem beſtimmten Kampf!
So konnt' er ſich an unſerm Gott verfünd'gen?
Lara.
Zum Chriſtenthum will er die Holde führen ,
Und lara opfert ihm ſein des auf.
(Die Hände ringend:)
Das Blut, bas jeßo meiner Bruſt entſtrömt,
Beneßt zur Taufe Zoraïdens Stirne.
Der wahren Gottheit hab' ich ſie gewonnen ,
Geführt in Freundes Arm ! — 3 ſterbe gern.
Uebt Gnade, hochverehrte Königin !
Genug des Jammers finket auf den Freund ,
Wenn er zurückkehrt zu — Almanſors Leice !
Entzieht ihm nicht die Stüße ſeines Ruhmo !
Die, wenn ihr ſchweiget - fara bat bewahrt.
3ſabella.
Nicht minder glüdlich war Gonſalvo heut,
Wenn auch ſo ſchuldlos nicht, wie Don Fernando
Bon Antolini , deſſen ſchwere Rüſtung
Ein Engel in der Schlacht von Gormaz trug ,
An ſeiner Statt die Feinde niederſchmetternd * ).
Schließt das Viſir und folgt mir in mein Zelt!
( Sie wenden ſich ; laut :)
Nun dankt dem Himmel für Gonſalvo's Sieg
Im Gotteshaus der naben Glaubensſtadt.
Dann laßt benutzen uns den Scred der Feinde.
Sie eben ihres Führers ſich beraubt ;
Gelingen wird der Sturm auf jenes lager ,
Das drobend noch vor unfern Bliden fteht,
Ob auch die Feuerſchlünde längſt verſtummten ;
*) Rogatis erzählt im 3. Theile ſeines wiedereroberten Spanien ausführlich
dieſe Begebenheit, die noch ießt in Spanien für ein großes Wunder gilt.
207
in zwanzig Bänden.
Zwölfter Band .
int
Dritter Theil
in vier Bänden ; 2. aud
oder
Alhambra IV. Band.
V on
น . 13
-( 1-5452 เวลา17.00
Die
Erſte Scene.
Santa Fé.
Vorhalle in der Kapelle der Königin, mit Coquilla *) geſchmüdt. In der Mitte
ein hoher und breiter gothiſcher Bogen , durch einen reichen himmelblauen
Vorhang gerdloſſen. Nach einer kleinenPauſe tritt König Fernando
mit Königin 3ſabella, Gonſalvo de Kordova, Tellez
und mehreren Anführern und Granden aus dem Innern der Kapelle, alle
feſtlich gefleitet .
Iſabella.
Und jeßt , da wir dem Himmel froh gedankt
Für einen Sieg , mit dem wir das Geburtsfeſt
Des großen Welterlöfers würdig feiern ,
Für den gelung’nen Sturm , der unſern Feind
Zurück in die bedrohte Stadt geworfen,
Laßt uns erwägen , was uns ferner frommt,
Und was die Zeit , die günſtige, gebietet.
Gonſalvo's Rath leſ' ich in ſeinen Bliden .
Todſuchend eilte er dem Heer voran
Und war der Erfte , ber Caftiliens Banner
In dem erftürmten Lager aufgepflanzt.
Gonſalvo.
Euch große Königin ! -- ift wohl bekannt,
*) Coquilla , das Gras , deſſen man ſich in Spanien bedient , um zu Weiſs
nachten die Kirchen angzuſchmüden .
1 *
4
grabella (einfallend).
Eure Feinde find beſchämt, Gonſalvo !
Und hättet 3hr den Mohren nicht getödtet ,
Doc fpräche für Euch dieſer neue Sieg ,
Den 3 hr zum Wohle Spaniens erfochten ,
Der uns vielleicht vergönnet, in Granada
Das Feſt der heiligen drei Könige
Zu feiern. Blutig ſinkt das alte Jahr,
Beladen mit hiſpaniſchen Trophäen ,
In's ſturmburchwühlte Meer der Zeit hinab.
Das neue wird ein großes Freudenfeft ;
Denn ſchon im Geiſte reb' ich's vor mir ſteh'n ,
Umſchimmert von der Krone Nataydens .
Die nächſte Schrift, die unſer Rath erläßt,
Sie ſoll von vierzehnbundert zweiundneunzig
Aus der eroberten Granada lauten ;
Dafür bürgt Arragona's Heldenkönig
(auf Gonſalvo bliđend)
Und dieſer Führer , den ich fechten fab ,
Dem ſtarken Herzog Albuquerque gleich,
Der an dem Ehrentage von Dimeba
Sich einzeln gegen vierzig Feinde ftellte
Und mit dem Donnerrufe : Sanct Georg !
Auf ihren wundenvollen Leichen ftand.
5
Zweite Scene.
Die Vorigen. Ximenes kommt.
Ximenes .
Ich bringe frohe Kunde , meine Herrſcher !
Geführt von einem Weibe , nabet fich
Ein großer Zug mit better Friedensfahne,
Karthama's Abenc'ragen bilden ihn ,
Die legten Zweige des berühmten Stammes ,
Der in der glüdlichen Arabia
Bis in der Vorwelt fernſtes Dunkel ragt.
Fernando .
Mit einer Friedensfahne fommen ſie ?
Ximenes.
lind einer Bitte, die mich hoch beglüdt.
Sie mögen fie Euch felbft im Gotteshaus
Der neuerbauten Glaubensſtadt verfünden.
grabella.
Man führe fie hierher.
( Einige Ritter gehen ab .)
Ximenes .
Der heutige Tag
12
Dritte Scene.
Die Morigen . Alfaïma Bena Cemim wird eingeführt mit Seïr
Ben Amoſar und den Abenceragen. Einer von ihnen trägt auf einem
blauen Kiſſen die Schlüſſel Sarthama's .
Alfaïma.
Rönige Hifpaniens !
Deren Waffen Gott geſegnet ,
Blidet huldvod auf die Refte
Diefes alten Heldenſtammes,
Dem das Unglüc alle Zierbe
Vom gebeugten Haupte nahm.
Nicht der Trieb gerechten Zornes
Führt zu Euch die Abenc'ragen ,
Stets miffannt und nun verſtoßen
Vom bethörten Vaterlande.
Gerne hätten ſie ihr Blut
Für Granada hingegeben ,
Die mit ſchwerem Faß die treuſten
Ihrer Söhne nun verfolgt;
Eine unglüdſel'ge Mutter ,
Die den ſcharfen Dolch im Wahnſinn
*) Juan de Strada hieß des Königs Geſandter in Rom .
15
grabella
(die Abenceragen überbliđend).
Ihr habt Karthama's Pforten uns eröffnet;
Dod – werbet 3hr mit gleicher Ueberzeugung ,
(auf Alfaïma zeigend)
Wie dieſe langverfolgte Königin ,
Dem Gnadenquell der heilgen Taufe naben ?
Alfaïma.
In dem gottgeſandten Traume
Hat ber wahre Glaubenshimmel
Sid erſchloſſen vor dem Auge ,
(auf Seïr deutend)
Des Begünftigten und Reinen.
Nabe blieb und jener Engel ,
Der bes Troftes füßen Balſam
In's gequälte Herz mir goß.
Mich erwählt' er und die Meinen ,
Seinem Wink gehorchten wir .
Sprid , o Seïrl und verfünde ,
Was der Abenc'ragenführer
In Karthama hat erblidt ;
Mag die Königin entſcheiden ,
Ob Du würdig ſeift, die Brüder
Durch das beitge Thor zu leiten ,
Defſen Anblick Du genoſſen ,
Das ein Engel Dir erſchloffen.
Seïr ( feierlich).
An dem Abend vor dem Feſte ,
Das die Chriſten beut begeben ,
War , beim Untergang der Sonne ,
Auf Karthama's wald’gen Höhen
29
C
Alle rufen webmuthdvou :
D Kordova lebe wohl ! "
-
In entſeglichem Gedränge ,
Durch die bunfle Felſenenge,
Ueber Herbftlaub, todte Wurzeln
Leuchtend in dem Zauberſchein ,
Ueber rollendes Geftein
und geſtürzte Grabesfäulen ,
Noch umflogen von den Eulen ,
Die das Grauſen dieſer Nacht
Von dem Kubefit verjagt.
Jeßt - vom boben Bergedrüden
Tönt ein neuer Ruf zur Schlacht.
Bei verworr'nem Klang der Cymbeln ,
Der Poſaunen und Trompeten ,
Kam ein zweites Geiſterbeer,
Unter'm Banner des Propbeten.
,,Adab ! " rief die ganze Schaar,
Nach dem Thal die Schritte Tenfend
Und die Mohrenfahne ſchwenkend ;
Aud die wilden Basken nayten ,
Die dem Heere fich verbunden
Auf den dampfumwölkten Pfaden.
Bei dem Anblid dieſer Sdaar
Wurde meinen Sinnen klar ,
Daß ich in furchtbarer Nähe
Nun verwirklicht vor mir ſebe ,
Was aux längſt vergang'nen Sagen
Sid erhielt in unſern Tagen ,
Daß ich auf des Tod's Gefilden
In dem dornenvollen Thal
Nun ein Zeuge bin der wilden
Geiſterſchlacht von Ronceval.
69
Erbenföhnen angepflanzt,
Das , ein Zauberreich im Süden ,
Zwiſchen Marmorbergen ruht;
Alle reiden an den Glanz
Zenes fel'gen Drtes nicht! -
Was an füßen Wohlgerüchen
Saba , Tidor und Ternate
An dem Blüthenbuſen tragen ,
Wehte mir erfriſchend zu.
Nidt bas tiefe Blau bes Aethers
fand ich wieder in den Höhen ;
Nein ! der Himmel trug die Farbe ,
Die am Tage des Erwachens
Hold verſämt die Raſchmirsroſe
Den geſchmüdten Fluren zeigt.
Jeßt, aus duft'gen Weihrandwolfen ,
Stiegen die Juwelenthürme
Dieſer gottgeliebten Stadt
In das Roſenlicht empor.
Auf der Zinne jedes Thurmes
War ein Cherub zu erblichen ,
Deffen weitgeſpannten Sdwingen
Narb' und Myrrhenhauch entſtrömte ,
Deffen Mund der nahen Gottheit
Ew'ges Halleluja ſang.
Näber glänzten ſchon die Mauern
Von lichtgrünem Jaspis ; Cedern
Blühten auf den breiten Höh'n ;
An den nieverwelkten Stämmen
Prangten gold'ne Seraphsharfen ,
Die , vom Luftſtrom ſanft berührt,
95
Am Juwelenthore wacht.
Tauſend Sonnenbogen führen
Durch die Wohnung der Maria
Bis zum gotterfüllten Tempel ,
Wo die Leuchte dieſer Stadt
Auf der Zaopistafel thront.
Dieſe leuchte iſt das lamm ,
Feder Strahl geht aus von ihm ,
Und der ew'ge Rorenhimmel
Ift des Tempels Wiederſøein.
Die Menſchwerdung des Erlöſers
Wird am heut'gen Tag gefeiert;
Denn allhier iſt — Weihetag ,
Was wir Weibenadt benennen.
Chriftus, der bei den Erwählten
In Geſtalt des Lammes wohnt,
Hüllet fich an dieſem Feſte
Wieder in den Menſchenförper ,
Und die ganze gläubige Welt
Und die Kraft des alten Bundes ,
Sammt den ' Engelsdynaſtien
Shweben ihm zum Heiligthume
Der Dreifaltigkeit voran. " -
,,Herr und Gott! --- bas darf ich feben ? "
Rief ich. „ Ja , Erwählter ! "
Sprad der große Paladin ;
,,Doch ben Pfad der Vorbereitung
Wirſt du erſt mit mir betreten ;
Wiſſe, daß der Ewige ,
Um der Geifter Glück zu mehren ,
Die Erinn’rung nicht vertilgte
101
118
Und ſie ſperren den Mund auf, fletſchen die Zähne und rufen :
„Ha ! wir vertilgten ſie, wir erſchauten den Tag , den be
gebrten !
Ha ! wir haben’s erlangt wir haben's erlebt!"
laß fließen
Tag und Nacht deine Thränen, zertrümmerte Tochter von Sion !
Schütte dein Herz aus, wie Waſſer, vor Gott ! Erhebe die
Hände ,
Um deiner Kinder willen , die auf den Straßen berſchmachten !
Ruf ': „ D fieb' doch, mein Herr ! Wie ſehr du mich ärme
gebeugt baft ! ""
Alſo fang der Prophet zum Hazurah- Tone der Jungfrau'n ,
Und wie Abendthau floffen ihre Thränen hernieder.
,,Seht dort die heilige Stadt! " – fo rief der leitende Engel,
Und wie die Königin diefer todumlagerten Wüſte,
Hob Jeruſalem ſich vor unfern ſtaunenden Bliden.
Da ftieg fein Rauch empor ; und grüßten feine Geſänge;
Schweigend ruhten die hoogethürmten gothiſchen Mauern.
Von dein Tempel Moria's war keine Spur zu erbliđen.
Während ich mit dem Paladin am Propheten emporſay ,
Glänzten uns roſige Sterne von himmliſchen Höhen entgegen
Durch das ſmaragdene Licht mit niegeſebenen Strahlen.
Auf unſ're Frag' erwiederte mild die liebliche Jungfrau :
„Was ihr baltet für Sterne, find balboffene Pforten,
D’raus die ewige Sion auf die ird'ſche herabblidt.
Troft und Frieden gießet dies lidt in ihre Bewohner ,
Und ſie werden es ſeh'n , bis einſt das büft're Gewölbe
Sanft hinüberfließt in der Seligkeit ſchimmernde Räume. “
Auf das Haupt des Propbeten, auf das Untlig der Jungfrau'n
Fiel nun ein roſiger Strahl , und alſo fang Jeremias,
Gegen die heilige Stadt ausbreitend die zitternden Arme :
124
Alſo belehrt und die Jungfrau über die Namen der Geiſter ;
ließ dann an unſeren Seelen ftit ihre Werke vorbeizieh'n.
Unb wir ſchwebten in eine oben off'ne Rotunda ,
Wo das grünliche lidt, mit dem Lampenſchein fich verbindend,
Eine Dämmerung ſchuf, wie nie die Welt ſie geſehen.
Cedernſäulen vom Libanon ſtüßten dieſes Gewölbe ;
Prieſterchöre durchtönten den Raum. Wir erblicten von Ehr
furcht
An der Morgenſeite den Eingang zum heiligen Grabe.
Ein gegürteter Mönch trat freudig der Jungfrau entgegen.
Hobe geiſtige Kraft entſtrahlte dem ſprechenden Auge.
Seine gewölbte Stirn umflog ein weißlicher Schimmer.
Bieber erhob ſich ſanft die Flötenſtimme des Engels :
,,Der hier am Eingange wacht, iſt der ſerap o'ide fran
ciscus
Gott ſprach zu ihm : Zieh' aus ! Erneuere mir meine Woh
nung ! * ) -
Barfuß ging er nach Rom , vermiſchte die Speiſen mit Aſche
Und mit Staub ſein Getränke ; ein Feldſtein wurde ſein Kiffen.
(Fand doch der Himmelsfürſt felbft auf Erben kein weicheres
Lager.)
Er, der reinſte von Allen , nannte ſich einen Sünder.
Wie ein verſengender Bliß drang ſein Aug in die Seelen
der Keßer.
Sab er freundlich umber, wurden Syriens Löwen befänftigt.
Chriftus erſchien ihm kurz vor dem Tod ; er ſtarb mit den
Worten :
Die Gerechten harren auf mich ! Hier fand er die Brüder
Und die Söhne des Drdens , der ihn als Bater verehret.
*) Naci der legende hat Gott zu ihm geſprochen : Francisce vade , el repala
domum meam , quae ut cernis tota distruitur.
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1
137
Wer ," rief der Paladin , „ ift bas Weib vou Andacht und
Würde ,
Das bei der Lampe bort fnieet im weißen, fameelbaar'nen Kleide
Und purpurnem Mantel, durch's Kreuz über'm Buſen geſchloſſen ?
Blick ich auf's Erfte , wähn' ich eine Pilg'rin zu leben ,
Während der Lestere mir eine hohe Fürſtin verkündet."
,,Du fiebft die Heilige felbft , “ ſprach der palmentragende
Engel ,
Die gefunden das Kreuz und die Werkzeuge ſchmählicher
Dualen ,
Die mit Gewölben und Tempeln dieſe heiligen Stellen
Fromm geſchüßt und geziert; boch — ſtöret nicht Conſtan
tin8 Mutter
Im Begeift'rungsgebet am ſchönſten der göttlichen Feſte!
Sdwebet leiſe vorüber ! -- Rein Luftzug bewege die Lampe ! "
Als wir den Ort noch erblidt, wo Chriftus mit Dornen
gekrönt ward ,
Stiegen wir auf den Kalvariaberg, den der Tempel umſchließet.
Und die Jungfrau begann : ,,Sebt hier auf den unteren Stufen
Sanct Bernhardum von Clairvaur , betend am Hügel
ber Sdmerzen.
In ſeiner Jugend ſchon erſchien ihm der Herr in der Chriſtnacht.
Wenigen ift es vergönnt, mit gleicher Inbrunft zu beten ,
Fahrelang ging er zur Kirche und wußte Nichts von den Fenſtern ;
Strenge nur gegen ſich , vergab er den irrenden Brüdern.
Aus ſeiner zeitlichen Sion * ) erhob ihn Gott in die ewige,
Und alljährlich am Chriftfeft befugt er die ſchweigenden Räume,
Betet im untern Tempel und auf Golgatha's Höhen ,
Dankbar fio ftets erinnernd an die frühe Erwählung."
„ Wer,“ rief der Paladin , „ ift der glanzumfloſſene Pilger
*) St. Bernhard nannte Clairvaur fein irdiſches Sion.
138
Er trug das Kreuz , und wer darf nach ihm von Laften
noch ſprechen ?
Stärkung für's ganze Leben giebt dieſer eine Gedanke.
Wer auf Golgatha ftand , bat des Himmels Borball '
betreten .
Höre den Ruf meines Danfo , o friedenbringender Engel ,
Welden Namen du auch im Schattenthale getragen ,
Dein unſterblicher Geiſt führt mich zum Tempel der Wahrheit.
Immer ſchwebſt du vor mir , beim Licht der Sonn' und der
Sterne ,
Selbſt in der Todesnacht hoff' ich zu ſeh'n deine grünende
Palme.
Zwei gebarniſchte Ritter mit gefalteten Händen
Knieeten hier im Gebet. Zur Seite ſtanden die Helme ,
Narbenreichy, kronengeſchmückt; zwei Scepter lagen daneben.
Flüfternb begann der Engel : ,,Der mit der offenen Stirne ,
Würdevoll und treuherzig zugleich - ift Gottfried von
Bouillon ;
Durch dieſen chriſtlichen Hercules *) warb Paläſtina erobert.
Niemals ließ er ſich frönen am Ort, wo Chriſtus gelitten,
Aber es nennen die Engel ihn der Könige beften ;
Ihre unſterblichen Händedrüften dem Helme den Schmuck auf.
Der ihm zur Seite knieet , ift Balduin ,, ſein ruhmvoller
Bruder.
Wer von den Menſchen hat ein ſolches Grab je gefunden ,
Wie der irdiſche Staub dieſer gottergebenen Helden ?
Unter der Stelle des Kreuzes ruht er auf Golgatha's Höhen
Und an demſelben Orte beten die Seelen im Himmel. " )
Weiter zurück bemerkt' ich im Zwielicht noch knieende
Kämpfer ,
*) So wurde Gottfried genannt.
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Auf die Streitart geſtüßt, fah der Ritter zum Grunde Ben
Hinnons .
Mild erklang nun das Lied : „ Komm zu mir , mein herr
lider Rönig ! "
Und das rieſige Bild verſchwand im dämmernden Thale.
,,Das war Ricard löwenberz" – ſprach erglübend
die Jungfrau .
„Blondel , der Troubadour , rief ihn zur Tiefe Ben
Hinnons.
Mahne , mahne die Enkel , löwenmüthiger König !
Bitte ben Herrn , daß er beinesgleichen fende ben Bölfern,
Und befreit wird das Grab. Aus Ruinen ſteigen die Tempel.
Solch einem Bauherren ziemt der Hammer in Sions Gewölben,
Und das cederngetragene Dach ragt wieder zum Himmel ,
Und ſeine Zierbe, das Kreuz , Verſöhnt die Mächte der
Vorwelt. “
Alſo rief mit prophetiſcher Würde die glanzvolle Jungfrau.
Hellauf glühte das Aug’ in ſeelendurchdringenden Strahlen .
Wie einePrieſterin ſtand ſie unter den ſchweigenden Trümmern,
Von den Purpurfternen der himmliſchen Sion beleuchtet.
Langſam febrte zurück die frühere fei'rliche Rube ,
Langſam die ſinnende Wehmuth , wie ein Satten des
Glüdes .
Niederſdwebent, erblickten wir den Teid, wo der Heiland
Mit der Gabe des Lichts den armen Blinden erfreute.
Saben zwei Mächtige dort: den dritten Ronrad von Deutſch .
land ,
Und den frommen König von Frankreid : Ludwig den ſieb
ten )
Ritterlich grüßte der Paladin die hohen Geſtalten ,
* ) Ludwig VII. hieß der Fromme.
145
Kleide Inil
Selbſt die Erzengel erbebten nach dieſen frevelnden Worten.
11, Ruhig ! a ſprad Gott, wer nennt dich den Bruder der
himmliſchen Taube ?
Dein verwegener Stolz und die betrogene Menſchheit.
Hab' ich die Macht dir verlieh'n , den Stachel des Tod's zu
zertreten ?
Wiederkehre mein Hauch ; bod weil er in bir
gewohnt hat ,
Seift du befreit von der Pein der abgefallenen Geiſter.
Bleib' unglüdlich im Himmel ! – das iſt größere Strafe.
157
Fluge !
Wie er ſich nähert der feligen Wohnung des Vaters -- bebedt ibn
Himmliſchet licht. Die Zurüdgebliebenen ftehen geblendet."
So rief der heilige Greid voll namenloſen Entzückens.
Wir aber ichwebten dahin über's dunkle Thor von Damascus,
Nordwärts blieb nun Jeruſalem; gegen Abend die Höhe
Bon Judäa mit ihren labyrinthiſchen Schluchten ,
Und gleich Hütern des Landes , erhellt von ſmaragdenen
Strahlen ,
Wähnt' ich im fernſten Often Arabia's Berge zu dauen.
Wir erblicten den Rubeiß des Propheten Elias ,
Nur der Stein war zu ſehen ; längſt todt der ſchattige Delbaum.
Nabe bei Rama ſtand das alte Grabmal der Rabel
Und das öde Gebirg', wo ſie beweint ihre Rinder.
Ein unfenntlicher Schatten umſchwebte die mooſigen Mauern ;
Doch meine Frage ftarb hin auf der Zunge vor einem Bilde,
Das in düſterer Pradt bervortrat aus wankenden Nebeln.
Bon dem Grabe der Rabel bis nad Bethlehem ftanden
Geifter zu beiten Seiten des fadelnerleuchteten Pfadec.
Graue Gewänder trugen ſie und filberne Kronen ,
Märtyrerpalmen im Arm ; in der Rechten das Buch der
Erkenntniß *).
Jeder betete laut vor einem Marmoraltare ,
D'rauf ein einfaches Kreuz von rother Farbe zu ſeh'n war ,
*) Die heilige Schrift.
*
11 *
164
So zog vorüber der Berg. Ihm folgte ein goldener Löwe ---
Dombode ; tragend die Hellebard' von Norwegia's Streitern.
Wie eine Sturmfluth rauſchten ſie nach dem Volk und den
Prieſtern :
Flügel ſchienen die Fahnen , zum Halleluja geſchwungen .
In einer hellblauen Wolfe verlor fich der glühende Nebel ;
Ihre Geſtalt glich einem unermeßlichen Schilde;
Gelbe Standarten , von eiſenbedecten Händen gehoben ,
Ragten trophäenartig empor, ſammt Lanzen und Schwertern .
Inder Mitte des Schildes erblicť ich drei goldene Kronen ;
Auf ſeiner Höhe ſtand der heilige Ericus von Sweden ,
Den als den Neunten des Namens mir der Engel be
zeichnet.
,, Jener im Prieſterfleid ", ſprach er, iſt der Prediger Sieg
fried .
Um ihn fiehſt du verſammelt die Königsgeiſter des Reiches,
Manch' preiswürd'ges Geſchlecht, das thatenſchwer einging
zum Himmel.
Hört ! die Sel'gen des Landes fingen die Pſalmen der Wonne."
Alſo 30g Suedia's Kraft an unſern Bliden vorüber.
Nun erſchien ein Reiter in ſchwerem , ſtahlblauem Harniſch,
Auf einem filbernen Pferd , das mit goldenen Hufen ge
ſchmüdt war
Deſſen gewaltiges Haupt erreichte die fünfte Pallaſtreih '.
Einem Bergſtrom des Nordlands glich ſeine glänzende Mähne ;
Jeder Fuß einer Marmorſäul in Walhalla's Paläſten ;
Und die Augen waren zwei ſchneeſturmdurchblißende Sonnen.
Aber der Reiter auf ihm trug einen funkelnden Flammberg,
Der einem Opferfeu'r glich auf Odins verlaſſenen Hügeln .
Ein Patriarchenfreuz war der Schmud feines rieſigen Schildes;
Das Viſir geſchloſſen. Ihm folgten zwei filberne Adler
174
Hoch, wie die zwölfte Pallaftreib ', ſchwebt ſie mit grü
nender Palme.
Siehft du die tauſend Heiligen bort ? Sanct. Gereon
fübrt fie.
Auf ſeiner alten Kirche ftehen fie, Gloria fingend.
Schnell, eh' das Rieſenbild fliebt, betrachte nod die Rathes
brale ,
Welche näher beranſduwebt, von allen Gloden durchtönet.
Wie die Cedern des Tabord, wenn Gott im Sturme vorbeizieht,
Wantet das Bruderpaar der kaum zu ermeffenden Thürme.
Auf vollendetem Dom erblidſt duterden beil'gen Ma
nis ,
Der als Schüler gelebt bed ſchlüſſeltragenden Jüngers.
Auf dem vollendeten Soiffe der Rirde ſteht Sanct
Agilulp bus ;
Unter den Erzbiſchöfen Colonia's war er der Erſte.
þa ! wie der Heilige glänzt, von den Märtyrerſchaaren umgeben ,
Wie der große, trabantenumwandelte Rönig der Sphären !"
,,Konnte wobl menſdliche band", fo rief id , „ vollenden dies
Prachtwerf ?
Dieſen gigantiſchen Dom ! die augenerdrückende Kirche!
Die noch groß mir erſcheint, ob mein Blic aud zwei
mal geweibt ift."
„Nicht vollendet auf Erden ," begann die ſchöne Prophetin,
,, Ift dieſes mächtige Wert, fo trugen't die Meiſter im
Sinne ,
Jene , die dort in Berklärung unter den Engeln fich zeigen,
So war ihr Plan ; doch nichts Halbvollbragtes darf je
erſcheinen
In der Vollkommenbeit Reich ; als das Bild ward na Sion
erhoben ,
184
Flog eine Wolfe heran, wie von Gold und Purpur gebildet.
3hr zur Rechten ein Rieſenlöw' mit der Kron' auf dem Haupte,
Links, wie verfteinert im Sprung, ein hochaufragendes Einhorn.
Ueber der Mittelkron' ſchwebte mit der Davidiſchen Harfe
Sanct Patricius , Irlande wunderthätiger Apoſtel,
Und in dein Innern der Wolke die Thronfraft der edlen
Britannia .
Schauet bort Egbert den Großen ," begann die bold
ſelige Jungfrau,
„Und ſeinen Namensverwandten im Ruhm , den ſtreit
baren Alfred.
Eduard den Bekenner erblickt ihr , und den Erob’rer
Wilhelm , und Plantageneto Stolz , den 3 weiten der
Heinrichs.
Höret bie Hymnen des Danks , 'bom nachftrömenden Volfe
geſungen ,
Von dem fiegreichen Heer ber tempelzierenden Prieſter ." —
„Welch' ein Zeichen erſcheint dort ? " ſo unterbrach ich die
Jungfrau ,
Denn eine einzelne Wolfe , abnlich Ifrael . Säule ,
Hochgethürmet , balb licht, balb ehrfurdtgebie
tended Dunfel ,
Folgte der britiſchen Kraft wie eine herrliche Nachbut,
Majeſtätiſch und langſam . „ Wiffe ," begann nun die Jungfrau,
,,Daß ein Augenftrabi Gotted dieſe Säule bewohnet ;
Davon zeugt euch die Glut : dat Dunfel von ſeiner Be
ſtimmung.
Aehnlid dem Geifte Siloabe , wird er in Mendengewande
Nach 3abrhunderten auferſteh'n unter Albions Bölfern .
Er iſt ein Himmelegedent, das die Gottheit in Stun
den der Gnade
186
Welche gleich ihm auf den Pfaden der großen Apoſtel gewandelt.
Mit luftſtrahlendem Aug betrachtet er ſeine Brüder.
Dort erſbeinet das Riefenpaar des Pradtobelisken ;
Dort das Haus der Berathung. Hört ! wie die Gloden erſchallen
Von den rechsundſechszig Kirchen der glanzvollen Meer’sſtadt.
Sebet die Märtyrer bort auf den Gallerieen ber Thürme,
Auf den vierhundert Brüden das Volf im feftlichen Schmuđe.
Sebt ! " — ,, D Himmel ! " begann ich im Aufruf des höch
ften Erſtaunens,
Unterbrechend die Jungfrau „dort theilt ſich die lidt
blaue Wolke ,
Und eine neue , nod idönere Stadt thront über
Venedig.
Wie von den zahlloſen Maften ihrer Schiffe getragen,
Steiget fie amphitheatraliſd zur oberſten Wolfe ,
Wo ſich in heiligem Dunkel die Geſtalten verlieren.
Künde den Namen mir dieſer wunderbaren Erſcheinung ,
Eh' vor Entzücken noch meine ſterblichen Sinne vergeben .“.
,, Das iſt Neapolis !" rief die palmentragende Jungfrau,
,,Sebet den herrlichen Golfo, die weiche Wiege der Freuden ;
Die geſchmüdten Paläſte der Stadt, die glođenduroſchalten,
von ihren Heil'gen beſtiegenen Kirchen ; die fürſtlichen Reihen
Dort auf Mauer und Wall, und den wogenumdonnerten
Thürmen.
Sebet den Dom Sanct Januarii , wo ſeine Leiche
Als Beſdüßerin ruht für Neapels glüdſelige Bewohner.
Seht die Vicaria dort, wo auf dunkelm Marmorbalcone
Längſt geſchiedene Herrſcher betend verweilen. Zeßt hebt fich
Pofilippo aus Elfenſchleiern der duftenden Nebel ;
Vor ſeiner Sdönheit flieht jeder Gram, die Sterbenden beſten
Noch auf ihn ihren Blick, und ſớmerzlod ſcheidet die Seele,
208
Kurze Zeit dien es mir, als fab' ich die beit'gen Geſtalten ,
Mit den Stäben der Patriarchen , den ſtrahlenden Mithras,
Und die gold'ne Monſtranz, von Gregorius dem
Siebten getragen ,
Die wie der Abendſtern vom Roſenhimmel herabſah.
Doch nun verſchwanden ſie ſteigend , oder mein Lug’
-
wir fauten.
215
217
,, Seht das Gewitter, von dem der höchſte Gipfel bebedt iſt!
Jeßo zertheilt es ſich ! Aus den Wolken, mit Blißen umfäumet,
Tritt gewaltig hervor der völferführende Mofes.
Alle find um den Berg verſammelt, die treu ihm geblieben,
Während er auszog zum Land, überfließend von Mild und
von Honig .“
Nach der Rede der Jungfrau ftarrt' id hinauf am Propheten,
Welcher vor Gott dem Herrn die geheiligten Lippen eröffnet.
Ihn nur erblidť ich ! vergaß den Berg und die Sdaaren
der Völfer.
Wunderreich ragt er empor, von Jehovahd Wettern umgeben,
Weltbeſiegende Kraft in feelenvoller Geberde ;
Ein lebendiges Bild des Berufs, der ebernen Ausdau'r;
Wäre der Donner ein Gott , fein Hochaltar wäre die Stirne !
In eine liebliche Flur ward plößlich die Gegend verwandelt,
Quellen- und blumenreich walte fie an. Unter grünen Gezelten
Sah'n wir die Schaaren der heiligen Patriarchen gelagert.
fafob wurde vor Allen und durch die Jungfrau bezeichnet.
In der Mitte verweilt er ſeiner reuigen Söhne.
Joſeph, der öſtliche Stern, lag ſanft an dem Herzen des Vatero.
,,Nur auf ſeine Bitte bat Gott den Sündern vergeben .
Er, der Beleidigte, führte zum Patriarchengefilde
Seine beſchämten Brüder , verflucht vom zürnenden Jafob.
Er nur gewann auf's Neue für ſie die verlorene Liebe.
Alle find jeßt verſöhnt , die brennenden Thränen getrocnet,
Und der ehrwürdige Greis vergaß die Tage der Drangſal.
Sebt, der ſchöne Benjamin ſucht die Augen des Vaters,
Welche mit neuem lidt die bimmliſde Sion erfüllte.
Lieblicher Knabe ! du treue, fromme Stüße des Alters !
Wieder gingen dir auf die ſeelenerleuchtenden Sterne.
Vater Jakob erblict ſeinen unverdroff'nen Gefährten,
218
Vorwelt.
Und es verſchlangen Meereswogen die grünen Gefilde.
Rauſchend famen fie an, neun Meilen der Straße bedeckend.
Glänzend wie Saphir, und raſo wie die wildeſte Sturmfluth,
Das Entfeßen der Pilger in den nördlichen Meeren.
Aber in ihrer Mitte war Noah & Arche zu ſchauen ,
Auf ihrer Höh' der zweite Bater des Menſchen
geſchlechtes.
Einen grünenden Delzweig trug er im wallenden Haare.
Fröhlich blickt' er empor am farbigen Bogen des Bundes ,
Der, ſo breit wie die Fluth, gewölbt war über der Arche.
Jeßt enttauchten den Bogen langſam ebeniſche Hügel,
Reid bepflanzet mit Bäumen von jeglicher Gattung . Die
grünen
Wälle des Paradieſes ragten von waldigen Gipfeln ;
Nektarſtröme wogten herab von den ſeligen Höhen,
Sammt dem begeiſternden Hauch der ſüßen Sabäiſden Düfte.
„Sebet ! “ – begann die Jungfrau dort oben das wieder
-
errung'ne
Paradies , burde den Tod des Erlöſero nad Sion
perpflanzet.
In dem unteren Hain erblickt ihr die heiligen Väter,
Die vor der Sündfluth gelebt. God oben in Ebens
Gefilden ,
Wo jener Engel ſteht mit gefenftem feurigem Sowerte
Und bulbftrahlendem Blid, find Abam und Eva zu ſchauen ,
Beide verklärt und gereinigt von den Fleden des
Falles .
219
Nein! mit bir felbft will ich ſprechen und habern , feindſel'
ger Fehovab !
Tritt heraus auf die Zinnen derBurg ! Blid ' an dieſe Saaren,
Die bu geſunken nennſt. Die entfalteten Höllenftandarten
Drüdten wir tief in den Schooß der irregeleiteten Sterne.
Für unſäglide Dual befteh'n wir auf unſeren Rechten .
Ebre fie, und die Höll’ rod Halleluja dir fingen !
Sende mir, ftark wie er war, den Rönig aus Foſaphat nieder,
Deffen erbärmliches Daſein du ftreng an die Grüfte gefettet.
Er ift ein Hauch von dir , ich will ihn tragen zur Hölle ,
Daß fie länger nicht den gefallenen Engel vermiffe.
Neben Abrameled ſteht der Thron, nach dem er gerungen .
Hal ein unterirdiſches Eden fou ihn umblühen ,
Und die Tiefe fidh freu'n des geſchwärzten Strabled der Gottheit,
Gieb mir mein Recht! oder Satan waget es , Sion
zu ftürmen ,
Bürb' er aud rüdgeomettert, wie vor einem Jahrtauſend,
Doch erringt er den Sieg ; dann erbebe für das , was du
ſoufeft.
Auch mein ewiges Sdwert fann den vierten der Reiter befreien, a
Und über'm fiegenden Abgrund ſtürzet das Weltall zuſammen .
Während der Täfternden Rede wurden die tauſend Geftirne
Von verzehrenden Flammen erfaßt, und der Erzengel hatte
Tief fich herabgeſenkt bis in Satans verderbliche Nähe ,
Bleibend in Menſchengeftalt, bod von unbeſchreiblider Größe.
Aehnlich ſchwarzen Felſen ftanden bie Teufel im Feuer ;
Schleuderten brennende Sternentrümmer den Engeln entgegen :
Während Abrameles Sdlachthorn bie ganze Sdöpfung
burdbrüdte.
Er ſtand dem Satan zur Rechten. Jeßt warf ihn der En
gel Simihal
231
Jrabella.
Erheb' Dein Auge , Führer dieſes Stammes !
Ein zweiter Turpin ſchreitet Dir entgegen ;
Du ſtehſt auch hier im Himmelshaus des Lammed ,
Und die Erfenntniß giebt Dir ihren Segen.
Die Gnadenfluth beneße jene Stirnen ,
Von deren Höh' der alte Turban finkt.
Ein neues Leben hat Euch zugewinft.
Die Engel jubeln , die Verdammten zürnen ;
Der Weih'tag ſtrahlt wie Sions Wiederſchein ;
Er grüßet Abenzurrahs edle Söhne ,
Vor ſeinem Glanze trocknet jede Thräne.
Ihr werdet Rämpfer Jeſu Chriſti ſein ,
Und Euerm Führer , den der Herr erwählt ,,
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