Die großen Hoffnungen von 1910 hatten sich nur wenige Jahre später zerschlagen. Der
evolutionistische Optimismus, die industrielle Zivilisation durch eine Synthese von Kunst und
Technik zur »Industriekultur« zu veredeln, zerplatzte in den Materialschlachten des ersten
»modernen«, mit industrieller Konsequenz geführten Weltkrieges. Von dem
Zusammenbruch aller humanistischen Werte in dieser »Katastrophe« der Menschheit
fühlten sich die Künstler in besonderem Maße betroffen.
● Die Idee des Zusammenhangs, die Vorstellung von einer Ordnung der Dinge, in der
sie als Teile eines größeren Ganzen aufgehoben sind, ist die Grundlage jedes
System-Gedankens.
● Gott = größter Baumeister/Architekt
● Schöpfung der Natur - gesetzmäßiges Erscheinungsbild, keine Willkür, sondern Teil
eines größeren Systems
● Harmonie zw. Mensch und Welt: Mikrokosmos (der menschlichen Lebenswelt)
wiederholt Gesetze des Makrokosmos -> Kosmologische Abbildungstheorie
● seit der Antike bezieht sich Baukunst auf diese Abbildungstheorie
● Platon:
○ Baukunst = hervorbringende, nicht nachahmende Kunst
○ höchste Kunst = Berechnungs- und Messkunst (Maß und Ebenmaß bewirken)
○ metaphysischer Rang - Baukunst, die festgelegtem Plan folgt
● moderne Wissenschaft (Prozess der Verweltlichung des Menschen, von universalia
zu realia) löst alte metaphysische Funktionen ab
● Architektur nicht mehr aus göttlicher Vernunft, aber grundsätzlich metaphysische
Funktion erhalten
● Descartes: richtiges Denken ist wie Haus bauen (fester Grund und stimmiges
Ganzes) ->Architektur-Metapher
● Kant:
○ Architektur = Kunst der Systeme
○ Wissenschaft = Systembau der Vernunft
○ Wissenschaft zur reinen Vernunft durch systematische Einheit der Erkenntnis
unter einer Idee
○ das Ganze ist gegliedert und nicht gehäuft
○ Wissenschaft selbst soll als ein für sich bestehendes Gebäude als Ganzes
und nicht ein Anbau oder Teil eines anderen Gebäudes behandelt werden.
○ Bauen und Denken
○ Kunst und Wissenschaft
○ Architektonik = methodischen Handwerk der Wissenschaft
● Wie auch K.F. Schinkel Baukunst als wissenschaftliches Handwerk sieht
● Nietzsche:
○ Kantsche Ideale-Konstruktion eines planvollen Turmbau der reinen Vernunft
sah Nietzsche als metaphysische Konstruktion
○ Verdacht: moderne Mensch will sich nur ein Glaubensgebäude schaffen aus
eigener Eitelkeit und Prahlerei
○ Frage: Warum bestimmte architektonische Anordnungen überhaupt unser
Gemüt beeinflussen?
○ ohne metaphysikalische Macht gehts aber bei ihm auch nicht
○ Architektur ermuntert den modernen Mensch, der zu sein der er ist. Sein
eigener Baumeister und Bauherr mit Maß und Gesetz
○ Moderne Baukunst = vom Individuum ausgehende Organisation und
Steigerung der Natur
2. Vitruv und Alberti: Von der Ordnung der Säule zur Ordnung der Wand
● Loos: ein Architekt sei ein Maurermeister, der Latein gelernt hat
● drei Ziele der Architektur nach Vitruv:
○ »firmitas« (Festigkeit)
○ »utilitas« (Zweckmäßigkeit)
○ »venustas« (Anmut)
○ alle Architekturtheoretiker haben sich danach auf diese 3 Begriffe gestützt
○ bis heute ihre Gültigkeit
○ Beziehung dieser Begriffe untereinander = ges. Architekturtheorie dreht sich
darum
○ heute gebräuchlichen Begriffe (Bedeutungszusammenhang Vitruvs
verschwunden bzw. stark verflüchtigt):
■ Konstruktion,
■ Funktion
■ Form
● Ein Element gegenüber den anderen priorisiert:
○ Schlagworte wie Funktionalismus, Konstruktivismus, Formalismus
○ (18.Jhd.) Franziskanerpater Carlo Lodoli fokus auf den Zweckgedanken und
die Materialgerechtigkeit
○ (18.Jhd. zur gleichen Zeit)Jesuitenpater Marc-Antoine Laugier erklärt anhand
der Urhütte die konstruktive Grundidee des Skeletts von Säule, Gebälk und
Giebel zum generativen Prinzip aller architektonischen Schönheit
○ moderner Funktionalismus:
■ Standpunkt, konsequente Zweckerfüllung und/oder bedingungslose
Anwendung modernster Konstruktionsmethoden und Baumaterialien
■ würden von sich aus und gleichsam von selbst zur Lösung der Form-
Problems und zur richtigen Gestalt führen
■ Form nicht mehr eigenständig, wird zu autom. oder magisch-zufälligen
Verhältnis
○ Theorie der Formlosigkeit:
■ zur Befreiung und Erlösung vom Zwang der architektonischen Form
■ auf die moderne Wissenschaft und ein kosmologisches Prinzip der
Emergenz, Komplexität und Selbstähnlichkeit beruft
● Um 1800 bereits Kritik an der Neutralisierung der venustas/Anmut
● Etienne-Louis Boullée Abhandlung Essai sur l´art:
○ künstlerische Aspekt der Architektur kam ihm vernachlässigt vor
○ Bildwirkung bzw. Wirkung auf menschliche Gemüt ist Gegenstand dieser
Abhandlung
○ Vermögen der arch. Form: Wirkung auf unser Gemüt und Anmutung
○ wahrnehmungs-ästhetische Interesse macht ihn zum Vorreiter einer
Psychologie der Architektur
○ Wissen um diese Gemütsveränderung, Wirkung, Stimmung unterscheidet für
Boullee einen Handwerker von einem Künstler
○ er fordert deshalb Architekten auf dies zu berücksichtigen als Experten der
Form, seine Kunst beherrschend, als Dirigent zu wirken um eine gezielte
Gefühlswelt und Vorstellung umzusetzen
● Wirkungsaspekt auf das Gemüt wurde von Vitruv noch nicht berücksichtigt
● erst in “eurythmia” (Wohlgereimtheit des Anblicks) und in optischen Täuschungen
● “symmetria” (Proportionsgesetz); »wenn den Gliedern am ganzen Bau und dem
Gesamtbau ein berechneter Teil (modulus) als gemeinsames Grundmaß zu Grunde
gelegt ist«
● wohlgeformter Mensch ist Beweis für Vitruv für das Walten eines Maßes in der Natur
● Beweis des Proportionsgesetz:
○ Vitruv miss Gesicht eines Menschen
○ Kinn, Nase, Stirn teilt Gesicht in je ein Drittel
○ Gesicht 1/10 des Körpers
○ Vorderarm ¼
○ Fuß ⅙ des Körpers
○ ect.
○ Mensch liegt mit ausgebreiteten Armen und Beinen am Boden und Nabel als
Mittelpunkt - Finger und Zehenspitzen im Kreis
○ Quadrat - Scheitel bis Sohle gleich der ausgebreiteten Arme
● Das Maß selbst ist aus Körper abgeleitet - Elle, Fuß
● Darstellung wird in der Renaissance zum humanistischen Emblem und mit Leonardo
da Vinci
Das Quaderwerk der Wand wird symbolisch durch eine Pfeiler- und
Gebälkarchitektur geöffnet, deren Pilaster als eine der Mauer gewährte
»Zulage« gemäß Albertis Theorie »eine Portikus Vortäuschen« sollen. Durch
das Relief und den Linienzusammenhang der in die Fassade hineinprojizieren
Pfeilerordnung schmückt
sich das raumbegrenzende
Element >Wand< mit dem
Element >Öffnung<. Dem
Auge wird ein räumlicher
Tiefenzusammenhang
suggeriert, der die Fassade
als Repräsentation des
Privaten und zugleich als
Bühne des öffentlichen
Lebens bezeichnet und
damit in eine raumaktive
Fläche verwandelt.
3. Der Vitruvianismus: Ein Regelwerk für Konvention und Innovation
17.Jhd.
● 1671 Colbert gründet Pariser Architekturakademie
● Desgodets fährt im Auftrag der Akademie 1674 nach Rom um Altertümer genau zu
vermessen
● Als Laie für Laien zu schreiben kommt in Mode -> Baukunst, Widersprüche einseitig
einfach aufzulösen
● Sébastian Le Clercs Traité d'architecture von 1714
○ Gesprächsstoff für breite Masse / Gesellschaft
○ Perraults Relativierung wird in totale Subjektivierung fortgetragen
○ für Le Clercs nur mehr arbiträre Schönheit für subjektiven Geschmack
● Abbe Jean-Louis de Cordemoy
○ Ablehnung der positiven Schönheit
○ Wegbereiter der modernen Bau-Religion der Funktionalismus
○ Nouveau traité de tonte l'architecture von 1706
○ Komfort (commodite) und Gebrauch (usage) bei positiver Schönheit nicht
vereinbar (Komfort muss gegenüber Nutzen aufgeben)
○ einzelne Räume mit ihrer Funktion stehen der Einheitlichkeit des Baukörpers
gegenüber
● Franziskanerpater Carlo Lodoli (1690-1761)
○ Mitschrift seiner Vorträge von Francesco Algarotti (1712-1764) und Andrea
Memmo (1729-1792) überliefert
○ stellte Vitruvs Prinzipien komplett in Frage
○ Architektur neues System
○ nimmt Credo der modernistischen Architektur-Avantgarden des 20. Jhd.
vorweg
○ Materialgerechtigkeit und Funktionalität bestimmen Entwurf
○ entwarf anatomisch angepassten Stuhl und will Flur Trapezförmig wie
Mensch auch nach unten verjüngen
● Jesuitenpater Marc-Antoine Laugier (1713-1769)
○ Essai sur l'architecture von 1753
○ Re-Objektivierung der Baukunst
○ Rousseauismus
○ von Cordemoy Vorliebe für freistehende, tragende Säule
○ Bestreben Architektur von Überflüssigem zu reinigen, Reduktion nur das
konstruktive Skelett
○ nur Säule, Gebälk und Giebel, am Liebsten Wand auch entfernt
○ Wesen,Notwendigkeit, Freiheit
○ Goethe in seiner “Baukunst” von 1772; verneint sein Prinzipien, Haus aus 4
Wänden an 4 Seiten, nicht 4 Säulen an 4 Ecken
■ Raumabschluss priorität vor konstruktives Gerüst, wie später Gottfried
Semper
○ Ideal Trennung von Stütze und Wand, Skelett und Füllung
○ platonisch-rousseauistischer Perspektive
○ ein Jhd. später hegelianisch-darwinistischer Warte
○ natur-technische Auffassung der Gotik
○ Laugier bewundert die zeitgenössische Kühnheit der Gotik
○ kritisiert aber die Formen in seinen “Observations” von 1765
○ Subjektivierung des Geschmacks aber rationale Formsprache
● Germain Boffrand (1667—1754) in Livre d'architecture (Paris 1745)
○ »caractère« (Wesen, Charakter)
○ Architektur “spricht” zu Betrachter, Wesen also seines Erbauers spiegeln
○ Vorlage für Revolutionsarchitektur (architecture parlante), Gebäude ein
bildhafter Ausdruck der Funktion
● Claude-Nicolas Ledoux (1736—1806)
○ L’architecture considérée sous le rapport de l’art, des moeurs et de la
législation (Paris 1804)
○ Veränderung der Ordnung und der Gesetze des gesellschaftlichen
Zusammenlebens ausgedrückt und bewerkstelligt in der Architektur
○ Architekt ein Erzieher und Führer (religiöse, moralische, politische Rolle)
○ wie später Expressionisten 1918, Bruno Taut, hohes priesterhaftes, göttliches
Amt
● Charles-Etienne Briseux (1660-1754)
○ Traité du beau essentiel (Paris 1752)
○ Wirkunger der Proportionen auf Mensch gleich
○ aber der Hintergrund (Wissen, Bezug zur Natur, physiologische Disposition)
des Menschen sei verschieden
● Jacques-François Blondel (1705-1774)
○ achtung nicht Francois Blondel, konkurrenz zu Perrault
○ Cours d’architecture
○ Paris zwischen 1771 und 1777 erschienen
○ sechs Text- und drei Tafel-Bänden
○ umfassendste und umfangreichste Architekturlehre des 18. Jahrhunderts
○ objektive Notwendigkeit der Proportionslehre verknüpft mit Charakterlehre
○ jede Bauaufgabe anderen Charakter-> Katalog mit Zuordnungen der
Charaktere zu Bautypen
○ Ornamentik an Ausdruck gebunden
○ typologischen und formalen charakterlichen Einheit ergeben wahren >Stil<
● Étienne-Louis Boullée
○ Traktat: Architecture - Essai sur l’art
○ Motto: Ed io anche son pittore (und ich bin auch Maler; von Correggio)
○ Charakterlehre der Malerei auf Baukunst übertragen
○ Modell zur Unterscheidung in Charaktertypen aus den 4 Jahreszeiten
○ Architektur ist eine 3-dimensionale Malerei mit Körper, Raum, Licht, Schatten
und bringt damit Stimmungen hervor und Bilder die auf den Betrachter wirken
○ Wirksamkeit durch klare Erfassbarkeit von einem Gegenstand
○ Idealentwurf: primären Körper, nackte Geometrie-Lehre und die
übersichtliche Anordnung der Baukörper
○ moderner Architekt schafft Bild der Schönheit
○ Vitruv: Architektur nur als Kunst zu bauen definiert; daher nur ein
beschränkter Handwerker, der Ursache und Wirkung verwechselt
● Perspektive:
○ Renaissance: konkrete Darstellungen, Zentralperspektive, viel Traktate zu
Perspektive
○ Barock: Bildwirkung der Architektur, Illusionen, Bühnenhafte
○ Ferdinando Galli Bibiena (1657-1743) führt in seiner Architettura civile (Parma
1711) perspektivische Operationen für »scena per angolo« (Über-Eck)
○ Johann Jacob Schübler führt 1720 in seiner Perspectiva pes picturac noch
schwindelerregenden Sturzflug Perspektiven im Inneren von Bauwerken
○ Piranesi düster-labyrinthische archäologische Fiktionen
○ Phantasiegebilde entstehen am Papier, weit weg von Vitruvsche Normen
Pianesi
● Francesco Milizia (1725-1798)
○ anonym veröffentlichten Principi di architettura civile von 1781 (auch auf
Deutsch 1784-1786 übersetzt)
○ »firmitas«, »utilitas«, »venustas« im Rückwärtsgang
○ Zuerst fällt Schönheit ins Augen, untersucht die Bequemlichkeit, und zuletzt
die Festigkeit
● Le Camus de Mézières
○ ein Jahr vor Milizia
○ Le génie de l'architecture on l’analogie de cet art avec nos sensations
○ funktional direkte Erscheinungsform
● Deutschsprachige Beiträge zur Architekturtheorie im 18.Jhd.
○ Baukunst als Teilgebiet der angewandten Mathematik
○ Nicolai Goldmann, Leonhard Christoph Sturm und Christian Wolff Baukunst
streng rationale Weise wissenschaftlich zu bestimmen
○ Mitte 18.Jhd. Schriften zu bürgerliche Baukunst gefragt (Johann Friedrich
Penther, Lorenz Johann Daniel Succov oder Franz Ludwig von Cancrin
○ Kritik durch junge Architekten Generation (Friedrich Gilly z.B.)
○ 1799 Eröffnung der Berliner Bauakademie
○ Goethe (1795, Baukunst); poetischer Teil hebt Bauen von Technik zu Kunst
○ Untersuchungen über den Charakter der Gebäude, 1785, anonym
■ Ausgang Kant: im menschlichen Bewußtsein Vorstellungen als
konstante Formen ausgebildet, lenken unsere Wahrnehmung, sonst
nicht auf Gemüt Auswirkungen
● Alois Hirt (1759-1837), Baukunst nach den Grundsätzen der Alten (1809), Schönheit
auf Konstruktion und zweckmäßige Anordnung, Andere sahen Vorbild in der Antike
● Heinrich Hübsch (1795-1863), In welchem Style sollen wir bauen?, zwei Stile
gebe,horizontale und die bogenförmige Raumüberdeckung
● Gotik als die universelle Alternative zum Klassizismus zu etablieren
● Gotik zur theoretischen Geburtsstätte der modernen Architektur
● John Ruskin (1819-1900)
○ The Seven Lamps of Architecture von 1849
■ »Leuchtern«
■ »Aufopferung«
■ »Wahrheit«
■ »Kraft«
■ »Schönheit«
■ »Lebens«
■ »Erinnerung«
■ »Gehorsams«
○ akzeptiert keine aus der Vergangenheit abgeleiteten Gesetze, nur aus
menschlicher Natur und Gesetzmäßigkeit des Materials
○ muss über Notwendige hinaus gehen
○ Ehrlichkeit von Konstruktion, Material und handwerklicher Fertigung
○ Todsünde für Ruskin: Bemalungen um andere Materialität darzustellen;
gegossener oder maschinengefertigter Metallform, die handwerkliche
Fertigung nachahmt, Pilaster (vom Sachverhalt abweichend)
○ Kapitel »The Nature of Gothic« aus The Stones of Venice (1851-1853),
universalen Gotik (»Gothicness«)
● Eugene-Emmanuel Viollet-le-Duc (1S14-1879)
○ Restauriert gotischer Bauwerke
○ zehn Bände umfassendes Dictionnaire raisonné de l’architecture française du
XI au XVI siècle (Paris 1854-1868)
○ Gotik als das »wahre Prinzip« , Maßstab und Norm dar
○ und erhebt damit gleichen objektiven Anspruch wie der Klassizismus
○ zweibändigen Entretiens sur l’architecture (Paris 1863-1872)
■ Gotik als vernunft gemäßen Stil in neue Materialien und
Konstruktionsmethoden zu überführen
○ begeisterung für Maschinen, Inspiration in Schiffen und Lokomotiven
● International Style
○ Synthese von Gotizismus und Klassizismus
● Positivismus Vertreter Ruskin und le-Duc
● 1887, Stuttgarter Architekt Adolf Göller die Fragen: »Was ist Wahrheit in der
Architektur?« und »Worauf beruht die Wirkung des edlen Materials in Architektur und
Kunstgewerbe?«
○ Echtheit vom Material auch als perfekte dauerhafte Täuschung zulässig, alles
nur für die sinnliche Wahrnehmung
● Goethe-Satz: »Kunst muß nicht wahr sein, sondern einen Schein des Wahren
erzeugen.«
● »als den guten Willen zum Scheine« Nietzsche
● Gottfried Semper (1803-1879)
○ “Stoffwechsel”
○ symbolische Kleid, dem statischen Kern übergezogene Raumhülle
○ zwei bände, Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten, oder
praktische Aesthetik. Ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde
(1860 und 1863)
○ Freund Richard Wagner
○ Einheit von Kunst und Leben, das Gesamtkunstwerk
○ Die vier Kategorien der Rohstoffe sind:
■ biegsam, zäh, dem Zerreissen in hohem Grade widerstehend, von
großer absoluter Festigkeit;
■ weich, bildsam (plastisch), erhärtungsfähig, mannigfaltiger Formierung
und Gestaltung sich leicht fügend und die gegebene Form in
erhärtetem Zustande unveränderlich behalten;
■ stabförmig, elastisch, von vornehmlich relativer, d. h. der senkrecht
auf die Länge wirkenden Kraft widerstehender, Festigkeit;
■ fest, von (lichtem Aggregatzustände, dem Zerdrücken und Zerknicken
widerstehend, geeignet, sich bearbeiten und zu festen Systemen
zusammenfügen zu lassen
○ Gesetz des geringsten Widerstandes
○ Ur-Bedürfnisses nach Schutz und Schmuck
○ Sprach-Wurzel der Wörter >Wand< und >Gewand<, gemeinsame Begriffe
wie >Decke< oder >Band<, als Beweis, Architektursprache durchzogen von
Textil-Metaphern
○ Anstoß: farbigen Bemalung der antiken Tempel und Statuen, technischen
Schutz der Oberflächen (Verlängerung Haltbarkeit) und Augenlust
○ Emanzipation der Oberfläche von der tragenden Struktur
○ Emanzipation der Form vom Stoff - Stoffwechsel
● Londoner Glaspalastes von 1851 spricht Lucae bereits 1869 von der Auflösung des
Baukörpers zu einer »wesenlosen Schranke«, fehlende Raumabschluss keinen Halt
für Auge
»Ein logisches Denken muß uns daher zur Überzeugung führen, dass der Satz:
“Jede Bauform ist aus der Konstruktion entstanden und sukzessive zur Kunstform
geworden.” unerschütterlich ist. Dieser Grundsatz hält allen Analysen Stand und erklärt uns
jede Kunstform.« Otto Wagner
Kunst von der Übermacht der Geschichte zu befreien, nicht aber die Geschichte aus der
Kunst zu vertreiben, Perret und Behrens
8. Architektur-Theophanie:
Architekturtheorie als frohe Botschaft vom Fortschritt
Expressionismus
Kristalline, Biomorphe und Organische soll das Neue Bauen bestimmen
Bruno Taut:
● Sturm auf die alten Baustile wurde zum städtebaulichen Programm
● grüne Satelliten mit offener Zeilenbebauung übers Land
● Paradiesgarten auf Erden
Rudolf Arnheim
● Dynamik der architektonischen Form 1977
● Furcht des modernen Architekten vor der Architektur
● macht bewusst einen Bogen um die Theorie der Architektur und formuliert
stattdessen lieber Manifeste als Glaubensbekenntnis zur neuen Zeit
1919 Schere zw. Theorie und Praxis weit offen
Le Corbusier: neue Vorstellung von der Organisation des Körpers und des Raumes und der
Bedeutung der Zwecke und Materialien einher, die in Theorie und Praxis nicht zwangsläufig
auf funktionale, technische oder soziale Aspekte eindimensional reduziert werden muss
Mies van der Rohe Ende der 20er auch überzeugt, Barcelona Pavillon
Kritiker:
● Philip Johnson, Die sieben Krücken der modernen Architektur, 1954
● Ernst Bloch, Prinzip Hoffnung, 1959
● Hans Sedlmayr, Verlust der Mitte von 1948