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In der Chironica des Titus Secundus Tiberius findet sich folgende Textpassage:

„Während des Aufstands [des Vercingetorix] aber zogen sie 1 gen Westen, entlang des Flusses
Duranius, an dem die Allianz der Vier Stämme, genannt die Petrocorier, sich dem Aufstand
angeschlossen hatten und gegen den Statthalter vorgingen.
Nördlich des Flusses aber lebte ein anderer Stamm der Gallier, den sie die Sileni nannten. Jene Sileni
nutzten Schweine wie Jagdhunde und Ricken wie Ziegen; Sie kleideten sich in die Felle der
Waldthiere und buken Brot aus Eicheln und Nüssen. Ihre Ältesten und Hauptleute aber trugen Hörner
wie Ziegen oder Hirsche. Bei den anderen Stämmen aber galten sie als Sucher nach Omen und Deuter
der Zeichen, jedoch waren sie unbeliebt und hatten sich ihnen daher nicht im Aufstande
angeschlossen, sondern verharrten in ihrer Hügelfeste und den Wäldern der Gegend.
Publius Licinius Crassus der Legat der Römer sprach daher zu den Ältesten und Honoratioren von
jenen, daß die Bündnistreue zu Rom belohnt werden soll. Also erbat er, dass er auf dem Lande der
Sileni ein Winterlager und Lager für Vorräte errichten könne für die seinigen und daß die Gallier
ihnen Gastfreundschaft gewähren sollen. So errichte die Legion ein Lager für Vorräte und Verletzte an
jener Stelle und zog weiter gegen die Aufständischen.
Im Winter dieses Jahres als die Legion zurückkehrte, fand man das Lager zerstört vor. Alle Menschen,
aber auch alle Thiere vor Ort waren erschlagen worden alle Arbeiten 2 waren zerstört und das Land
selbst war verbrannt und gesalzen. Der Legat wandt sich daher im Zorn gegen die Sileni und
beschuldigte sie des Verrats und des Bruches der Bündnistreue. Die Ältesten der Sileni aber rauften
sich die Haare und warfen sich zu Boden in Lamentation. Sie sprachen davon, dass ein Erdbeben das
Lager der Römer heimgesucht hatte und für die Zerstörung verantwortlich sei. Der Legat aber traute
ihnen nicht und ließ die Citadelle stürmen und schleifen. Die Ältesten der Sileni ließ er kreuzigen ob
ihres Verrates. Von den anderen Angehörigen des Stammes nahm er jedoch jeden 20. Mann und jeden
10. Knaben und Weib als Sklave.
Als aber die Angehörigen der Vier Stämme von der Verheerung erfuhren, so führten sie die ihrigen in
den Conflict mit den gestraften Sileni. Sie kamen über jene mit großer Gewalt und wen sie nicht
erschlugen, der floh in die Wälder. Als aber Boten dem Publius Licinius Crassus von diesem Überfall
berichteten, ließ er seine gallischen Reiter kommen und gegen die Aufständischen reiten während er
seine eigenen Truppen sammelte. Die Reiterei der Bundesgenossen konnte Vesunna Petrucoriorum, die
Hauptstad der Aufständischen, erreichen bevor deren Tross es that, und dort die Wintervorräte
einnehmen; als aber dann die Streitmacht der Petrocorier eintraf, mußten sie sehen, daß ihre
Tollkühnheit sieh theuer getroffen hatte. Sie ergaben sich alsbald dem Crassus “
Dieser Bericht zeigt, inwiefern die Uneinigkeit der Gallier auch zu der Niederlage des Vercingetorix
beitrug. Die Sileni werden weder bei Caesar noch bei anderen Autoren erwähnt, es mag sich um einen
kleineren Stamm der Aquitanier gehandelt haben, aber die Attribute unterscheiden sich deutlich von
denen, mit denen die antiken Autoren jene Gallier wie die die Petrocorii oder die Biturigae
beschrieben werden. Es ist ein Jammer, daß nur so wenige Fragmente der Chironica überliefert sind,
auch wenn der Verfasser wenig zuverlässig erscheinen mag und er viele Topoi der klassischen
Autoren aufgreift.
Aus: Dr. Alexander Rienbach: Commentare zum Gallischen Krieg, Straßburg 1901
(Originalsprache Deutsch)

1 Gemeint sind: die römischen Streitkräfte; spätere Verweise machen deutlich, dass es sich wahrscheinlich um Teile der
Legio VII und verbündeter Auxiliare handelt.
2 Hiermit sind vermuthlich Befestigungen und Behausungen gemeint.

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