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Benjamin Rey Paradise Inc.

oder Der andere Hiob

Benjamin Rey

Paradise Inc.

oder Der andere Hiob

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Für Meine Katharina,

Ohne die dieses Buch ein anderes Ende gehabt hätte.

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Kurzbeschreibung

Das Stück erzählt die Geschichte von dem einfachen Büromenschen Karl Lichtz und seinem
desillusionierten Leben. Eines Abends, auf dem Weg nach Hause, wird er von Gott, der eine Wette mit
dem Teufel gewinnen möchte, in den Himmel eingeladen. Dieser befindet sich in einem Hochhaus und
firmiert dort unter „Paradise Inc.“ – ein bizarr-kruder Ort.
Die Aufgabe besteht für Karl darin, die Dachterrasse zu erreichen, wo Gott weilt. Allerdings muss er dazu
die Stockwerke, in denen sich dramatische Schicksale widerspiegeln, durchqueren.

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Dramatis Personae

Karl Lichtz mittelmäßige Bürokraft

Gott Erschaffer jeder Existenz

Teufel erster Zweifler

Konsument Süchtiger

Drei Politiker höchste Kompetenz des Staats

Unwissende unbefangene Dame an der Bar

Taube verschwiegene Besucherin

Pessimist Zweifler an sich selbst

Kind Gefangen in Arbeit

Zwei Freunde Karls alte Bekanntschaften

Diverse Engel stumme Diener des Erschaffers

Besetzungshinweis

Karl, die Zwei Freunde und der Konsument sind als männliche Rollen ausgelegt, die Unwissende und
die Taube als weibliche. Alle weiteren Rollen sind divers zu besetzen.

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1. Akt

Szene 1

Gott und der Teufel im Himmel. Der Himmel ist gemütlich, aber insgesamt abgedunkelt aufgebaut,
und auf Gott zentriert. Gott sitzt alleine an einem großen Tisch, der Teufel lehnt sich an eine hintere
Wand.

Gott Meine Welt, perfekte Welt, alles preist seinen Schöpfer. Ich habe dies, alles Leben aus
dem schmachvollen Nichts befreit. Glorie, Glorie erschallt im Himmelreich. Sie haben zu
ihrem Besten gefunden und ich, ich habe sie erschaffen. Den sechsten Tag nahm ich mir,
um meine ganze Sorgfalt in sie hineinzulegen. Einen ganzen Tag waren sie mir wert!
Und seht, was ich vollbracht habe! Alles lebt in Perfektion, alles ist! (Er hebt die Arme in
Andacht) Niemand kann das Geschehene leugnen. Posaunen und Trompeten künden
täglich! Niemand kann leise leben, denn meine Saat wächst täglich in jedem Sein.

Teufel (mit einer Starbucks Becher) Ach Alter, schon wieder in Ekstase gefangen? Macht die
Einsamkeit dir wieder zu schaffen, oder warum verherrlichst du dich, wie so oft, selbst?

Gott Was sprichst du? Welchen Grund solltest du haben, meine Gefühle mit solch einem
sarkastischen Unterton zu versehen?

Teufel Ach red nicht so geschwollen! (Trinkt aus seinem Becher) Mhm… weißt du, ich kenne
mich da unten einfach besser aus als du. Ich mein, ich habe schließlich eine halbe
Ewigkeit da unten verbringen müssen.

Gott Respektlosigkeiten, die du da von dir gibst. Schau Doch nur einmal nach draußen! Ich
habe dies alles erschaffen.

Teufel Eben, nur erschaffen, aber nie genug gewürdigt. Nachdem du die Menschen ins Elend
gestürzt hast, kamst du noch einmal mit Jesus, um dich groß als Retter inszenieren zu
lassen, dann aber wieder auf unbestimmte Zeit zu verschwinden. Pah. Und dann stehst
du hier und schreist dich selbst den perfekten Schöpfer. Du erinnerst mich sehr
verdächtig an die ganzen Väter, die ihre Kinder, nur mal, für ne Packung Zigaretten
verlassen.

Gott Wie, welche Väter? Wovon sprichst du?

Teufel Ha siehst du, da fängt‘s schon an! Du kannst das Thema nicht in deinem Gedächtnis
hervorrufen. Komm endlich darauf klar, du bist veraltet! Deine Kinder sind dumm,
hilflos und haben keine Ahnung von dem Licht, was du ihnen versprichst.

Gott Pah, ich werde dir schon noch beweisen, wie sehr ich meine Schöpfung liebe. (geht ab)

Teufel Wird langsam sentimental der Alte. Gefühlvoll und das als Gott. Wo ist ein Betriebsrat,
wenn man ihn mal braucht. (Er wendet sich zum Publikum) Ihr werdet es
wahrscheinlich nicht so ernst nehmen, doch das hier ist immer noch Gott. So etwas
darf dem einfach nicht passieren, Witz hin oder her! Nun wollen wir nur hoffen, dass er
nichts zu ausgefallenes macht, mir fallen da so einige vergangene Situationen ein.

Der Raum wird verdunkelt, der Teufel sitzt auf dem bequemen Sofa.

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Szene 2
Karl Lichtz; Gott, zunächst als Obdachloser. Die Szene spielt auf einer dunklen Straße,
diese ist verdreckt, es stehen mehrere Müllsacke im Weg. Gott sitzt auf einem
Pappkartonboden und sieht bedauernswert aus

Karl (läuft pfeifend den Weg hinunter) Ach, ist es schön durch diese einsame, dunkle Stadt
zu laufen. „Karl, “ sagen sie, „Karl, fahr doch mit dem Auto, das ist sicherer. Wenigstens
mit der U-Bahn.“ Haha, doch sie sind nicht gefeit vor dem tapferen Karl, der lebhaft
durch das Dunkel zieht. Ein Ritter der Nacht! Hola, ein Obdachloser, du musst hier neu
sein, hab dich noch nie gesehen. (kurze Pause) Weißt du, ich laufe hier jeden Tag
entlang, außer natürlich am Wochenende. Das hilft meinem Burnout entgegen zu
kämpfen. Das Büroleben ist ein leidvolles Leben. Ich hoffe doch ich habe Sie nicht
verschreckt. Hier nehmen Sie, nehmen Sie. (Karl reicht dem Obdachlosen einen
zerknitterten Fünf-Euro Schein)

Gott Zu gnädig, gnädig der Herr, solche wie Sie trifft man heut nur noch selten.

Karl Ach Sie übertreiben, denken zu sehr in alten Zeiten.

Gott Nein, gewiss nicht, ich warte hier schon eine Ewigkeit, um nur ein bisschen leben zu
können. Dabei braucht es doch nur ein gutes Herz um Vertrauen zu mir, dem fremden
Penner aufzubauen. Und doch findet man es heute so selten in der Kälte.

Karl Du sprichst wohl wahre Worte. Sind Sie betrunken? Ich hoffe doch, Sie geben mein
mühsam Erarbeitetes nicht gleich für Alkoholexzesse aus. Das wäre wirklich
bedauernswert. Erinnert mich an die Geschichte vom alten Thomas. Ja richtig. Der kam
eines Nachts so besoffen an seine Brücke, der ist glatt von den Fluten mitgerissen
worden. Armer Kerl, das letzte was von ihm blieb war seine aufgedunsene Leiche und
sein Karton in der Ecke. Die hätten ruhig mal die Brücke nach ihm benennen können.

Gott (panisch) Thomas, wer ist Thomas (blickt denkend)

Karl War, wer war er!

Gott Ich habe nie von ihm gehört. (fasst sich ins Gesicht)

Karl Der Trick dabei ist, nie die Todesanzeigen, sondern die Unglücksspalten zu lesen, die
können so grausig unterhalten.

Gott Ich kenne ihn nicht! In meinem ganzen Gedächtnis keine einzige Spur von ihm. Aber ich
muss ihn doch gekannt haben! Das kann nicht sein, das kann einfach nicht sein (Fängt
an zu stottern).

Karl Nimm‘s nicht so tragisch. Mann, er war eben nur ein Penner, von denen gibt es
hunderte, was rede ich, tausende. Die rücken schon immer wieder auf.

Gott Du verstehst nicht, ich muss ihn kennen!

Karl Seid ihr etwa in einer Bande? So ein bisschen wie bei Oliver Twist? Ihr lebt zwar alle im
selben Dreck, aber das macht euch nicht zur Familie.

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Gott Nein, nein, ich bin Gott.

Karl (bricht in Gelächter aus) Gott? Der wär der Letzte den ich hier unten erwarten würde.
Heilige machen sich nicht schmutzig. Siehst du das? (Er zeigt auf eine Kirche) Da wohnt
Gott, aber da kommst du armer Tropf mit deinem Dreck nicht rein. Wenn du Ihn aber
kennenlernen willst, geh hoch auf den Turm, in ner Metallbox steckt da das Evangelium
für die ganzen Selbstmörder. Müssen sehr hoffnungslose Typen sein, die da springen,
wenn Gott einen Meter weiter unter der Brücke hockt und zusieht! Beweise mir, dass du
Gott bist! (lacht)

Gott Du bist Karl Lichtz, lebst in der Elisenstraße 23, und bist ein kleiner Büromensch. Du
gehörst der schwindenden Mittelschicht an, und bist auf dem Weg zu deiner Frau.

Karl (zieht sein Smartphone aus der Tasche) Das ist Nichts, was das Ding hier nicht auch
schon über mich weiß. Das kann theoretisch jeder Fünfzehnjährige herausfinden. Also
weiter geht’s, beweise es mir, du obdachloser Hobbygott.

Gott (nimmt sich die Perücke ab) Dann komm mit. Eigentlich musst du mir doch glauben, ich
bin doch schon immer ein Gott der Schwachen gewesen. (Er geht ab)

Karl (leiser werdend) Ja natürlich, in Kreuzzügen, im Ablasshandel. Sogar in Auschwitz


warst du. (Er geht Gott hinterher)

Szene 3

Karl Lichtz; Gott. Sie stehen beide vor der Tür eines Hochhauses. Über der Tür steht in goldenen
Lettern der Name der Firma: Paradise Inc.

Gott Gut, hier wären wir. (Er breitet die Arme aus) Willkommen vor den Toren des Himmels.
Die Trennung zwischen eurer Welt und meinem Haus. Die Spitze allen seins!

Karl (klatscht langsam) Ach, du willst mir jetzt sagen, dass ich einfach nur durch diese Tür
hindurchgehen muss, um mich im nächsten Moment wieder im Himmel
wiederzufinden? Wenn alles so lustig einfach wäre, dann würde ich meinen Wein aus
dem Heiligen Gral trinken und die drei heiligen Könige lägen in meinem Garten
begraben und nicht in den dutzenden Kirchen auf aller Welt. Erzähl mir doch keine
Märchen! Du bist entweder high oder betrunken!

Gott (reicht ihm ein goldenes Ticket) Karl, mein Karl, du lässt dich zu leicht von dem
Aussehen der anderen beeinflussen. Hier, nimm das Ticket, es wird dir den Zugang in
mein Haus gewähren. Hoffentlich sehen wir uns bald oben. (Gott klopft Karl auf die
Schulter und verlässt die Bühne)

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Karl (schaut auf das Ticket) Gott? Hey Obdachloser! Wo bist du? Ich habe dich mein ganzes
Leben lang nicht gesehen und dann tauchst du hier plötzlich auf. Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen? Hast du deine Schafe denn vergessen? Damals, in der
Schule, wo warst du da, als dein lieber Karl geschlagen wurde, Tag für Tag! Ich konnte
meiner Mutter nicht in die Augen blicken, in diesen Tagen. Ich wollte sie nicht noch
trauriger machen! Und du? Du hättest all das verhindern können. Ich wartete
nächtelang, allein in meinem Bett, auf deine Stimme! (Besinnt sich) Jetzt, jetzt kommst
du einfach mal vorbei und verlangst mich in den Himmel. So unerklärlich. (Nach einer
kurzen Pause) Gut, ich will mich aufraffen, dir noch einmal Vertrauen schenken. Ist‘s
dann vergebens, so will ich deinen Namen auf weiteres verbannen. (Er geht langsamen
Schrittes hin zur Tür) Pah vielleicht soll ich für Gott ja auch nur eine Theateraufführung
spielen. (Schaut nach oben) Wenn dann schau nur zu und friss dich voll. (Das Licht
wird gedämmt)

Szene 4

Karl Lichtz; der Teufel; Engel. Der Raum ist luxuriös eingerichtet. Der Engel spielt Piano Man, Zehn
Sekunden lang geschieht ansonsten nichts. Danach geht die Tür auf. Der Teufel mimt den Butler

Karl (sich umschauend) Was für eine Pracht, dieser Tempel. Hier, alles schön vergoldet und
dort, die wundervollsten Amethysten (läuft wild hin und her) und auf Marmor laufe ich,
so glatt. Ja, das kommt wahrlich himmlisch. (verwundert) Aber, warum rührt sich denn
niemand? Ich bin doch ihr Kunde! (Er tritt vor den Tisch des Butlers und holt sein
goldenes Ticket aus der Tasche) Hier, ich hab so nen Flyer von euch bekommen,
vielleicht hilft…

Teufel (bewegt sich ruckartig) Guten Tag, werter Herr. Willkommen bei Paradise
Incorporated. Wir sind eine stolze Firma, die schon seit Jahrhunderten besteht und
ihren Kunden zur Zufriedenheit dient. Wie ich bemerke, haben Sie ein goldenes Ticket.
Ihre Reise beginnt dort an der Tür und wird im obersten Stock auf der Dachterrasse
enden. Es wird Sie befremden zu hören, dass der Aufzug leider, seit einiger Zeit schon,
ausgefallen ist. Sie werden die Treppe nehmen müssen. Sir, geben Sie mir bitte noch Ihr
Handy, wir werden es sicher aufbewahren, für den Fall, dass Sie dieses Gebäude
verlassen wollen.

Der Teufel streckt seine Hand aus, während der Engel vom Klavier aufsteht und sich an der Tür
positioniert.

Karl Ha, das was mich aus der Barbarei erhoben hat einfach so abgeben? (Karl schaut
sichtlich verwirrt, der Teufel bleibt in der gleichen Haltung) Gut, passt verdammt noch
mal drauf auf! (Er zieht jedoch seine Hand wieder zurück) Ach, es ist schwierig. Ist‘s
das, was mich zum Menschen macht oder ist‘s der Mensch in mir der es so dringend
braucht? (lacht) Wann wurde ich denn bitteschön irgendwelchen seelenlosen Geräten so
folgsam? (dreht das Handy betrachtend) Ich könnte es jederzeit weglegen! (Er läuft in
die Richtung der Treppe, wird jedoch durch die Gestalt des Engels aufgehalten) Hm,
müsste ich vielleicht? Da durch? Darf ich? (stapft zurück) Hier verdammt, ist ja in
Ordnung, habt ihr mein dummes Gerät! Mich einfach so aus der Gesellschaft
ausgekabelt, zu welchem Zweck? Pah! (Er lässt das Handy in die geöffnete Hand des
Teufels fallen)

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Teufel Vielen Dank Sir, begeben Sie sich nun in Richtung der Treppe, fürchten sie keinen der
Engel, sie stehen hier lediglich zu Ihrer persönlichen Sicherheit. Ich wünsche Ihnen
einen schönen Aufenthalt. (Der Engel stapft starr zu Seite und setzt sich zum Klavier)

Karl Und wehe, allen Anwesenden, wenn es sich nicht lohnt. (Er rauscht ins Treppenhaus.
Die Klaviermelodie erklingt wieder, das Licht wird langsam gedämmt.)

Szene 5
Karl Lichtz; der Konsument; drei Politiker, Engel. Der Raum ist in zwei Lichtkegeln
(der Konsument- drei Politiker) aufgebaut. Karl stolpert in den Raum.

Karl Hola, hier gibt es noch andere. Und ich dachte eher an ein leerstehendes Bürogebäude.
(Der Konsument reißt Pakete an sich, die aus einem Schacht fallen/ drei Politiker
diskutieren abseits) Guten Tag? Hört mich jemand? Ich seid wohl doch wie die da
unten: Sprachlos. (Politiker dreht sich um)

Politiker 1 Seid gegrüßt Bürger, darf ich mich Ihnen vorstellen? Ich bin Politiker. Wenn du mit
irgendjemandem deine Sorgen teilen magst, komm zu mir, ich stehe für dich.

Karl Ähm, bitte was?

Politiker 2 Bist du leichtgläubig? Dann bleib bei dem. Willst du aber Veränderung, dann komm zu
mir. Meine Familie steht schon seit hunderten Jahren mit ihrem guten Namen
(überlegt) für die Interessen der Bürger.

Politiker 1 Nur, weil du in deiner gesamten Laufbahn noch nie etwas für deine Wähler vollbracht
hast, musst du deine Abstammung bewerben? Das ist eine arme Methode, wenn man
mich fragt.

Karl Sollte man nicht eher mich fragen? Ich bin doch der-

Politiker 3 Nonsens redet ihr zwei da. Endlich muss jemand mal kommen und mit offenen Karten
spielen. Du hast Glück, ich bin die Alternative!

Karl Alternative für was?

Politiker 1 Reden Sie gefälligst nicht so einen Stuss, werter Kollege. Vorn herum die rebellische
Alternative spielen und sich dann hinten rum von irgendwelchen Ausländern Geld
zuschieben lassen. (zu Karl) Lassen Sie sich nicht blenden, er ist genauso wie wir beiden.

Politiker 2 Jaja, genauso wie Sie vielleicht. Bei mir ist es gute Tradition sich nicht einfach mal so
mit dahergelaufenen Destruktivisten abzugeben.

Politiker 3 Ich bitte sie! Wer hat denn jahrelang wichtige Reformen verhindert? Wer kümmert sich
denn nur um die Wiederwahl und lässt dabei die nächste Generation liegen? Wer?

Politiker 1 Also, da muss ich jetzt einmal den Herren Kollegen in Schutz nehmen. Wir haben unsere
Vergangenheit wenigstens von unserer Gesinnung her verlassen können!

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Politiker 3 Jetzt kommen sie mir bloß nicht damit. Das waren ja auch oft mehr Witze als ernste
Meinungen. Wenn Sie das wohl verstehen können.

Karl (laut) Was für Witze? Worum geht es hier?

Politiker 2 Sie sind äußerst geschmacklos, wissen Sie das? Von ihren Handlungen allein sollte man
Sie verbieten lassen!

Politiker 3 Genau das zeigt doch ihr falsches Demokratieverständnis. Wie ein Heuchler auf „alle
Bürger können unsere Entscheidung mitbestimmen“ tun und dann im Hinterzimmer
eine überteuerte Maut beschließen, die dann auch noch gecancelt wird. Ist das denn ein
gutes Beispiel? Das zeigt doch wunderbar die Politik von euch beiden!

Karl (schreit) Hallo? Für wen diskutiert ihr hier überhaupt? Kann mir das jemand sagen?

Politiker (im Chor) Sei Still! (Sie gestikulieren weiter im Hintergrund)

Karl (aufgebracht) Was soll das denn? Ich werde gebraucht um nichts zu tun? Um welche
Inhalte geht es denn, wenn man die Stimme des Einfachen so einfach ausblendet?
Schwachsinnige, egoistische Menschen hier und das soll der Weg zum Himmel sein? (Er
nähert sich dem Konsumenten) Na, wer bist du? (Der Konsument reißt weiter Pakete
auf) Mann, ich spreche zu dir, antworte doch! Was tust du hier? Was machst du grade?
(Karl hält inne) Wer bist du? Hört ihr denn alle nicht zu? Was ist das für eine verlorene
Erziehung. Hallo? Sie tragen doch einen Anzug, verhalten Sie sich doch bitte ihrem
Aussehen angemessen. Sie sind doch nicht dumm. (flehend) Bitte, bitte reden Sie doch!
Ein Wort kann Ihnen doch nicht weniger wert sein als diese ganzen Pakete. (Er ergreift
ein Paket)

Konsument (schreit) Halt, halt! Lass das fallen, lass das sofort liegen! (macht Anstalten sich auf Karl
zu stürzen).

Karl (geschockt) Mein Gott! (wirft das Paket von sich) Was seid ihr denn für ein kranker
Geist!?

Konsument Mehr (leise) mehr. Ich brauche mehr, gebt mir mehr. (rafft Pakete auf einen Haufen,
nun laut) Mehr!

Karl Was ist denn überhaupt da drin? So wichtig kann das doch gar nicht sein.

Konsument Oh, das ist ein schönes. Was da drin ist? Niemand interessiert doch was da drin ist, ich
muss es nur haben. Gebt es mir! (blickt auf den Haufen) So kann ich mich wohl kaum
unter Leute wagen, was für eine Schande wäre das. Ich könnte meiner nicht in die Augen
schauen. (Er kratzt sich am Arm) Wo bleibt es denn, wo ist‘s denn nun? (schreit) Wo?
Wo? Ich brauche es (Er bewegt sich wild)

Karl Eine Frau? Sie haben eine Frau? Ich habe auch eine, die sitzt da unten und erwartet
mich mit warmen Abendessen. Die Gute. (kurz kehrt Stille ein, dann poltert ein neues
Paket herbei)

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Konsument (lacht hysterisch) Ha ja, da ist mein neues. (greift sich das Paket) Ich habe ja so lange
auf dich gewartet. Du bist jetzt in guten Händen, du bist meins. Meins, ganz allein
meins. Den Besten hast du erwischt, ich will um dich sorgen, dich willkommen heißen
und dir einen Platz geben (streichelt den Karton) Jaja, ich an deiner Stelle wäre auch
glücklich. Du darfst nicht weinen, komm, komm her. (Karl läuft fassungslos rückwärts)

Karl Was für eine Perversion! Was für ein böser Geist greift sein Gewissen. Verdammt, ich
vermag es mir nicht zu erklären.

Konsument Ich bin normal! Normal! (lacht manisch) Alles hier gehört mir, mir ganz allein. Ja es
fühlt sich so gut, ich brauche es, ich will es. (wirft das Paket achtlos über die Schulter)
Gebt mir, los gebt mir, es ist mein Recht. Gebt mir. Oh du guter Gott ich brauche mehr.
(Karl hebt das fallengelassene Paket vom Boden auf) Du räudiger Dieb (Konsument
will sich auf Karl stürzen)

Karl Weiche von mir! Weiche von mir, du Verrückter! (Ein weiteres Paket poltert in den
Raum)

Konsument Heissa, mein neues ist da, wie schön, wie befreiend. Meins. (Karl öffnet das Paket)

Karl Huch. Da ist ja gar nichts drin.

Konsument Hach, ich habe dich vermisst, wollt dich schon seit deiner Geburt an meine Brust
drücken. Mein ein und alles, du wirst mir gute Dinge leisten. Nein, nein ich werde dich
nicht arbeiten lassen. Ich werde dich hegen und pflegen, immer und ewiglich

Karl (lauter) Es ist leer. Hör mir doch zu, es ist leer, du Verrückter! Alles ist leer!

Konsument Hör nicht auf den, der versucht, dich schlecht zu machen. (zu Karl) Du versuchst, sie
nichtig zu machen. (zärtlich) Meine Freunde, meine Prinzen.

Karl Du bist nicht zu retten. Ein Vermögen gibst du aus, nur um verpacktes Nichts zu
besitzen. Pah!

Konsument Wir werden Schulden aufnehmen, nicht wahr? Damit ich dich nach Hause nehmen
kann, jaja. Ich brauche dich doch, wir werden uns schon genug Geld beschaffen, jaja.

Karl (stutzig) Wie? Du hast nicht einmal genug Geld, um dir diesen ganzen Schwachsinn zu
leisten? Ich bitte dich, bei Gott, lass ab von diesem Treiben!

Politiker 1 (kommt näher) Entschuldigen Sie bitte, Bürger. Ich habe grade zufällig Ihr Gespräch
mitangehört. Sie brauchen einen Kredit?

Konsument (wirft das Paket nach hinten) Ah, wo bist du? Komm her! (rennt zum Schacht) Du
brauchst mich, komm her. (schreit) Komm her!

Karl Es ist sinnlos, so sinnlos (schlägt seine Hände über dem Kopf zusammen)

Politiker 1 Bürger, entschuldigen Sie bitte, Sie brauchen doch einen Kredit, für ihre Pakete.

Konsument (aufhorchend) Pakete? Was, Sie haben Pakete? Geben Sie mir etwas, geben Sie mir alles!

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Politiker 1 Nein, nein, ich geben Ihnen das Geld für ihre Pakete, sagen wir 20.000 Euro? (Er
poltert, ein weiteres Paket fällt durch den Schacht)

Konsument Jaha! (lacht) Da bist du ja. Ich habe schon so lange auf dich gewartet, jaja! (lacht
wieder)

Politiker 2 (tritt hinzu) Also, wenn ihr mich fragt, dann gehört der in ein Sanatorium.

Karl (verzieht sarkastisch sein Gesicht) Ja, nur er ganz alleine.

Politiker 1 Hier, ich gebe Ihnen den Stift. Sie müssen nur noch unterschreiben dann- (Der
Konsument redet leise zu seinem Paket)

Karl Stopp, stopp, stopp! Nur so aus Interesse, welche Bedingungen gelten denn für den
Mann?

Politiker 3 Ist das denn so wichtig?

Konsument (wirft das Paket weg) Ich brauche es, verlange es, gib her! (Er unterschreibt
angestrengt den Zettel, rennt aber sofort wieder zu den Paketen)

Politiker 1 Wunderbar, Sie haben ihr Geld hiermit in der Tasche.

Politiker 2 Zu einem kleinlichen Zinssatz von 5%.

Karl (heftig) Was, 5 %? Sie wollen ihn wohl ausnehmen! (Es poltert ein weiteres Paket fällt
durch den Schacht)

Politiker 2 Also, ich empfinde den Satz gar nicht als Betrug.

Politiker 3 Ja, klingt eigentlich ganz üblich.

Karl Das ist ein Witz sondergleichen. Das könnt ihr einfach nicht ernst meinen! (Er schaut
suchend in die Gesichter der Politiker) Ihr Halsabschneider, ihr wiederwertigen. Nutzt
die schlechtesten, schwächsten Seiten des Menschen aus, um einer Zwielichtigkeit Platz
zu machen!

Politiker 2 Bewahren Sie doch die Ruhe.

Karl Nein, das will ich nicht.

Politiker 3 Aha, also wollen Sie keinen Dialog zu uns suchen? Vielleicht kommen Sie ja aus einem
Land, in dem das demokratische System nicht so ausgebildet ist wie hier in meiner
Heimat! (zu den anderen) Seht ihr, wir müssen dem ausländischen Terror Einhalt
gebieten (Politiker 1 und 2 blicken verlegen zu Boden)

Karl Was? Frechheiten, die Sie hier loslassen, alle Menschen über ein und denselben
Umstand zu pauschalisieren. Ich bin übrigens, da können Sie meine Mutter selbst
fragen, hier in diesem Land meiner Väter geboren worden!

Politiker 1 (verlegen) Naja, eigentlich haben die da schon sehr viele Anschläge auf unsere
Gesellschaft verübt.

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Karl Ihr seid alle unfähig, allesamt unfähiges Pack! Wisst ihr überhaupt, wen ihr da
verurteilt? Viele tausende Familien, Kinder, haben den gefährlichen Weg auf sich
genommen! Nicht wenige von ihnen sind auf der Strecke geblieben. Erfroren,
verdurstet! Jeder Apfelbaum trägt faule Früchte, deshalb boykottiert man doch nicht
alle reifen Äpfel.

Politiker 2 (verlegen) Wir versuchen schon für bessere Umstände in den Lagern und auf den
Wegen zu sorgen.

Politiker 3 (selbstbewusst) Beinahe schon zu viel!

Karl Jetzt kommen sie mir nicht damit! Wie viel Engagement habt ihr denn alle privat
gezeigt?

Politiker 1 Puh, bei all den Verdiensten- (Karl fängt an Politiker 1 schrill auszulachen)

Politiker 2 Ist es nicht schon meine Arbeit? Muss ich das auch noch in meiner Freizeit machen?

Karl (mit Lachtränen in den Augen) Das können Sie nicht ernst meinen. Und das schreit sich
Elite! (packt den Politiker 2 am Kragen und schreit) Das können Sie nicht ernst meinen.
Sogar der da (Karl zeigt auf den Konsumenten) hat mehr Gewissen als ihr alle drei
zusammen! (lässt ihn abschätzig fallen)

Politiker 2 (stolpert nach Hinten) Wie, was? Sie haben mich bedroht. Jawohl, bedroht haben sie
mich. Das wird schwere Folgen nach sich ziehen.

Karl (starrt zu Politiker 3) Na Sie Alternative, jetzt fühlst du dich nicht mehr so revolutionär!

Politiker 3 Ah, er versucht zu reden, zu beschwichtigen. Mich in seine zerstörerischen Pläne


einzuweihen. Lasst ihn in Ketten legen.

Karl (zischt) Hunde! (Die drei Politiker fangen erregt an untereinander zu diskutieren) Ihr
habt doch nichts in der Hand. Eure Arbeit besteht aus reiner Blendung. Ich hab dies, ich
hab das, ich bin der Beste für meine Wähler. Man könnte glatt vor euch ausspucken.
(zeigt sich verärgert in Richtung der Politiker) Was wollt ihr drei denn erreichen? Eine
bessere Welt für die Zukunft oder ein erneutes Anreichern der eigenen Macht? Eine
Schande für den Berufsstand. Wahrlich. Ihr wagt euch mit eurem Urteil ganze
Menschenmassen schlechtzureden. Beklagt euch tagtäglich über die kommende
Verrohung der Gesellschaft, ohne zu bemerken, dass ihr, die Hirten der Gesellschaft,
diesen rauen Ton anschlägt. (ruft) Blind seid ihr, blind! Blinde Heuchler! (Er rennt
verärgert durch die Tür, der Engel macht ihm dabei Platz)

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2. Akt

Szene 1

Karl Lichtz; 2 Grundschulfreunde; Engel. Das Zimmer ist erleuchtet, an der Wand steht eine Stuhlreihe
im Sinne von Wartezimmern. Karl läuft durch das Zimmer, bleibt dann irritiert in der Mitte desselben
stehen. Er erkennt seine Freunde.

Karl Fred? Noah? (Beide drehen sich um, Fred geht erfreut auf Karl zu)

Fred Karl! Ich hab dich schon so lange nicht mehr gesehen. Seit der Schulzeit kein einziges
Mal, so glaube ich.

Noah Guten Tag.

Karl (recht kühl) Guten Tag.

Fred (eilend) Karl, sag doch, wie geht es dir? Was machst du hier? Du bist doch nicht wegen
„ihm“ hier, oder?

Karl Gott? Ja, doch schon irgendwie. Ich will ganz nach oben.

Noah Was, du kannst ganz nach oben?

Fred Wir warten hier nur, Noah will sich einen Wunsch erbeten. (Er zuckt mit den Schultern)

Karl Ach, das ist sowas wie das Wartezimmer von Gott? (Ein Hauch von Belustigung streift
das Gesicht von Karl, er wird jedoch gleich wieder ernst) Und was wünscht er sich?

Noah Ach, nicht so wichtig.

Karl (zu Fred) Was wünscht er sich?

Fred steht aus seinem Stuhl auf und geht mit Karl etwas abseits. Er bedeutet Noah sitzen zu bleiben.

Fred Karl, guter Karl. Wir drei haben uns doch schon so lange nicht mehr getroffen-

Karl Ich habe den Kontakt abgebrochen.

Fred (zärtlich) Ja, das hast du. Von einer Nacht auf den nächsten Tag. Hör mal, es ist ein
Schandfleck von unserer aller Herzen, das was damals geschah.

Karl Ich nicht, Schande werde ich darüber nie verspüren!

Fred Ein Freund, das wollte ich dir immer sein, immer, das kannst du mir glauben! Doch ich
habe mich wie jeder entscheiden müssen. Bitte vergib mir.

Karl (berührt) Ach, Fred, du warst, du warst ein guter Freund. Vergeben? Du bist bereits
reinen Herzens. Komm her! (Er umarmt ihn stürmisch) Nun sag mir, warum ist er
hier?

Fred (wird leiser) Weißt du noch, die Band die er damals in der Schule gegründet hat?

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Karl (knurrt) Nur allzu gut!

Fred Er wurde vor einigen Wochen rausgeworfen. (Karl fängt an leise zu lachen) Pscht, bleibt
doch bitte leise! Er ist doch in den letzten Tagen so hoffnungslos geworden, dass er seine
letzte Chance in diesem Treffen mit Gott sieht.

Karl Ganz ehrlich, das geschieht im durchaus recht!

Fred Bitte Karl, du warst damals auch nicht grade das Lamm, was du dir einredest zu sein.

Karl (aufgebracht) Er (zeigt dabei auf Noah), hat mich einfach so verlassen, mir den Rest
seines verdammten Lebens den Rücken gezeigt! Ich habe diesem Typen mein Vertrauen
geschenkt, meine Träume mit ihm geteilt und das alles dann nur, damit er sie mit
anderen durchlebt, ohne mich je wieder eines Wortes zu würdigen!

Fred Aber du trägst doch auch eine gewisse Mitschuld an diesen Vorgängen, Freund.

Karl Nein, du versteht mich nicht. Nicht der Fakt, dass gegangen ist, ist der Grund für meine
Ablehnung. Ich lag Nacht über Nacht wach, auch nachdem ich keinen Kontakt mehr zu
euch hatte, um meine eigene Schuld an seinem Verlassen herauszufinden. Was konnte
ich ihm nicht bieten, was ihn so weggedrängt hat? Wie asozial kann ich nur sein, dass
mir meine Freunde freiwillig davonlaufen? Ich war damals so im Schmerz versunken.

Fred Oh, warum hast mich denn nicht schon damals beredet, ich hätte dir geglaubt.

Karl Ich war einfach zu traurig in dieser Zeit.

Fred Versteh doch, alles sah so aus, als würdest du unberechtigt Leute verurteilen und
schlecht behandeln. Doch war es so begründet? Bitte sag mir sowas doch!

Karl Wir hatten länger keinen engen Kontakt mehr. Leider haben wir unser Leben gelebt und
den anderen langsam, aber sicher vergessen. Warum ist Noah aus der Band geflogen?

Fred Puh, das ist eine etwas längere Geschichte, die ich selbst nicht so ganz beantworten
kann.

Karl Gut, nichts leichter als das! (Er schreitet zu Noah, der immer noch auf- dem
Wartezimmersessel sitzt) Ich habe gehört, du bist aus der Band geschmissen worden.
Stimmt das?

Noah Stimmt.

Fred setzt sich auf den Boden und hört interessiert zu.

Karl Warum?

Noah (lacht) Gut, ich will dir die Geschichte erzählen. Alles fing mit dem Tod meiner Frau an.
Sie hatte Krebs. Als sie gestorben ist, fiel unser einziges Kind Vollzeit in meine Obhut.
Kinder bieten einem die schönsten Aussichten, doch sie können genauso deine
privatesten Träume zerstören. (Er starrt zu Boden) Ich hatte einfach keine Zeit mehr,
war zu abgelenkt von allem.

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Fred Aber warum sind wir denn hier, wenn du doch so oder so nicht die ganze Zeit in der
Band sein kannst?

Noah (leise) Die Band war einfach alles, alles, alles!

Karl (ebenso leise) Das verstehe ich. Warum hast du mir das erzählt?

Noah Du musst mich für einen schrecklichen, unliebenswerten Menschen halten. Das bin ich
nicht. Ich hatte eine Frau, die mich geliebt hat, hatte eine Band, mit der ich eins war und
sorge mich jetzt um mein Kind, das mich anhimmelt. Verstehst du? Ich bin Mensch! Ich
hatte mehr von deinen Träumen, als du je in deinem Leben erleben wirst!

Fred zieht scharf die Luft ein.

Karl Wer am höchsten steigt, wird am tiefsten fallen. Ich will kein Stern am Himmel sein,
denn beim Verglühen werde ich solch ein Herz, wie du es hast bekommen. Eines, das
nach dem Licht der einstigen Größe giert und in schwarzem Feuer brennt!

Noah Du lügst! Wie oft saßen wir zusammen auf der Burgmauer und haben uns unsere
Zukunft ausgemalt?! Wir standen immer im Rampenlicht der Welt, immer! Erinnerst du
dich nicht mehr? (Karl steht wie versteinert) Und jetzt schau dich an… Wer bist du? Ein
Niemand mit Krawatte.

Pause. Karl lässt sich auf einen der Stühle fallen.

Fred Bist du nicht etwas zu hart zu ihm?

Noah (lacht bitter) Nein bin ich nicht, es ist doch haargenau so. Er hat es nie zu etwas
gebracht.

Karl (murmelnd) Ein Albtraum, welch ein Albtraum.

Noah Ich war wenigstens groß genug, um fallen zu können. Um dich, Karl, hat sich seit damals
niemand mehr gekümmert.

Fred Es reicht Noah! Ich bin dir nur hierher gefolgt, weil ich dich bemitleide. Doch diese
letzten Worte sprechen von einer absoluten Überheblichkeit.

Noah Jeden Tag stehst du auf, steigst immer in denselben Bus zu der gleichen nichtigen
Arbeit. Schau dich doch an: Du bist völlig verloren in diesem Alltagstrott! Du hast
deinen Gott wahrlich verloren.

Fred Schluss jetzt! Ich kann mir nicht länger anschauen, wie ihr euch selbst zerfleischt. Ich
werde jetzt gehen, niemand kann sich diesen Quatsch anhören, sollte es je tun. (Er geht
ab)

Karl (antwortet zu Noah) Das sagst du zu mir? Zu mir? Ich habe in den ganzen letzten zehn
Jahren gar nichts von eurer Musik gehört, weder im Radio, noch im Fernseher, und erst
recht nicht auf irgendeinem Streamingdienst!

Noah Du hast uns die ganze Zeit, seit damals, aus deinem Leben ausgeblendet. Weißt du noch,
als du nicht mehr mit mir geredet hast? Mich kaum noch gegrüßt?

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Karl Mich kannst du nicht als Fehler abstempeln. Du warst es doch, der seinen Trieben
reinsten Ausdruck gab!

Noah (lacht) Man, du bist verblendet. Du warst schon damals so egoistisch, du hast dich
keinen Deut geändert

Karl (zischt) Verräter!

Noah Du hast dich doch jeden Tag selbst verraten. Ist dir mal aufgefallen: Du warst immer
alleine. In jeder Schulpause bist du alleine von einer Ecke zur anderen gestapft. Als die
Schule dann aus war, bist du immer alleine runtergelaufen, niemand hat dich je
begleitet. Während die anderen sich immer getroffen haben, hast du alleine in deinem
Zimmer gesessen und Musik gehört. Man haben wir alle damals gefeiert! Mit Whisky,
Zigaretten und Gras haben wir damals die Welt erobert. Doch du, du warst nie da!

Karl (leise) Ich war nicht eingeladen. Nie. (lauter) Erinnerst du dich nicht mehr, als ich dich
und deine Freunde gefragt habe, ob ich auftauchen könnte? Und mir deine Freundin am
nächsten Tag freundlichst riet, gar nicht erst daran zu denken? Hast du überhaupt eine
Ahnung, welche Kraft solche Worte entfalten? Fang nicht an zu denken! (Er fängt an zu
schreien) Hör auf zu denken!

Noah Warum hast du nicht einfach mit uns kooperiert? Warum musstest du dann unbedingt
immer dagegenhalten? Immer wolltest du den Helden spielen und hast nie gemerkt,
dass du die Achillesverse für den Rest von uns warst.

Karl Was war denn je so falsch an mir, dass ihr meine gesamte Person so verbannen musstet?

Noah Du hast dich wichtiger gemacht als du warst, dich richtig aufgeblasen. Verstehst du? Du
bist nicht gesellschaftsfähig, deswegen warst du alleine. Nicht weil alle anderen so unfair
sind oder sich gegen dich verschworen haben, sondern weil du durch dein Verhalten
unerwünscht geworden bist. Nie hast du jemanden ausreden lassen, musstest immer
den Raum mit deiner angeblichen Größe füllen.

Karl Lass mich in Frieden und erzähl mir keine Lügen!

Noah Lügen? Es ist hoffnungslos, Karl. Immer noch redest du dir zu viel in deinem Kopf ein.

Karl Was wart ihr nur für Freunde? (Noah schweigt beharrlich, Karl wird laut) Was wart ihr
für Freunde? Ich habe euch zu sehr vollgelabert? Ihr hab mir nie zugehört, habt nur den
hinter mir gesehen, nie mich! Was ist ein Mensch wert, wenn er nur für sich selbst
existiert? (Eine Träne läuft ihm über die Wange) Warum ist es so schwierig zu bereuen?
Diese Gefühle! Ich habe sie so lange Zeit vergraben, meine Frau tagelang grundlos durch
schlechte Laune belästigt.

Noah (überrascht) Wie, du hast eine Frau?

Karl (tut so, als hätte er ihn nicht gehört) Doch jetzt brechen sie wieder hervor. Ich will mich
nicht länger quälen, mich nicht vor meiner Vergangenheit verstecken. Nie war ich ein
Heiliger, das wollte, konnte ich nie sein. Doch, was ihr getan habt, das war nicht nur
schrecklich, das war unmenschlich!

Noah Warum bitte hast du eine Frau?

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Karl Was ist das für eine Frage? Warum hätte ich keine verdient? Du kennst doch noch das
Mädchen aus der Nachbarschule, mit der ich damals gut befreundet war? (Noah schaut
ihn überlegend an, sein Gesicht zeigt nach einer Weile Erkenntnis) Ich kam schon
damals mit ihr zusammen, und sie hat im Gegensatz zu uns beiden Karriere gemacht.
(Er bleibt kurz still) Zugegeben, manchmal bin ich etwas neidisch auf ihren klaren
Lebensweg. Meiner hätte auch einmal klar verlaufen können. (Tränen laufen über sein
Gesicht) Versteht du, mein Lebensweg wurde mir geraubt!

Er bleibt einige Sekunden lang bewegungslos stehen, reißt sich dann los und stürmt am Engel vorbei
die Treppe hoch.

Szene 2

Karl Lichtz; der Teufel; die Unwissende; die Taube; der Pessimist. Karl stürzt in den Raum, er ist
unordentlich gekleidet, fahrig. Der Teufel steht als Barkeeper hinter dem Tresen einer Bar, auf dem
Hocker davor sitzen die Unwissende, die Taube und der Pessimist mehr im Hintergrund. Über der Bar
spielt ein Fernseher dauerhaft Szenen von Terroranschlägen ab, es läuft Black Hole Sun über eine
Anlage.

Karl (lässt im Gehen sein Jackett fallen, sein Hemd ist Zerknittert) Geben sie mir einen
Whisky Tender, einen Whisky, bitte schnell! (Der Teufel schenkt ihm ein und stellt es
auf den Tresen) Lassen sie die Flasche gleich hier, die brauch ich noch! (Der Teufel
wendet sich anderen Drinks zu, während Karl am Tresen auf den Fernseher starrt)
Schrecklich, nicht wahr? (Die Unwissende kramt in ihrer Tasche, die Taube trinkt ein
Bier am Tresen)

Unwissende Tragisch, habe ich gar nicht mitbekommen. Ansonsten hätte ich natürlich meine
Solidarität gezeigt. (Sie stylt sich mit einem Lippenstift) Kann ich mich so unter
Menschen blicken lassen?

Karl Mhm ja. Ein Verwandter von mir hatte grade noch Glück gehabt. Der wäre nämlich
unter normalen Umständen dagewesen.

Unwissende (zieht sich einen Spiegel aus der Tasche und betrachtet sich prüfend im Spiegel) Sehe
ich wirklich gut aus? Ein bisschen mehr Wimperntusche würde mir durchaus nicht
schaden.

Karl Hoffentlich fällt solch ein schreckliches Ereignis nicht in meine Lebenszeit. Nein, nein,
niemand sollte so etwas erleben müssen!

Unwissende Zum Glück musste ich noch nie mit solchen Sorgen beschäftigen. (Sie fängt an, sich die
Wimpern zu machen)

Karl (befremdet) Ein Klischee? (zu der Tauben) Hey Sie! Wie findest du das Land in dem wir
leben?

Taube Wie bitte?

Karl trinkt sein Glas aus.

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Karl Du musst doch eine Meinung zu dieser Welt haben. Eine gewisse Idee, die du nach
außen hin vertrittst.

Taube Wie bitte?

Unwissende (betrachtet ihre Nägel prüfend) Sie ist taub. Sie kann dich nicht hören. Sie kann
niemanden hören.

Karl Dann sag du mir, was hälst du von unserer Gesellschaft?

Unwissende Ha, da kann ich dir eine lustige Geschichte erzählen. Der Crush von meiner besten
Freundin Isabell kam letztens zu uns in das Büro. Er hat uns um Rat gebeten, was er
denn machen könnte um jemandes Herz zu erobern. Und dann musste sie ihrer Liebe
Tipps zum Ausgehen mit einer anderen geben. (Sie greift sich den Nagellack aus ihrer
Tasche) Beim besten Willen, ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Karl Aha, aber das meinte ich eigentlich-

Unwissende Und ich habe ihn dann noch einmal darauf angesprochen. Und voila, er wollte mit mir
ausgehen. Doch allein meine Überzeugungskraft konnte ihn dazu bewegen, es noch
einmal mit ihr zu versuchen. Ich bin quasi der Grund für ihre Beziehung!

Karl (sarkastisch) Schön, sehr schön.

Unwissende Ja, nicht? Ich sage mit immer: „Jeden Tag eine gute Tat“. Ich muss schon sagen, ich bin
wirklich großartig da drin.

Karl (sarkastisch) Sie müssen ja ein wahrer Engel sein!

Unwissende Hach, Sie müssen mich verstehen, so wahr wie Sie sprechen. Meine Mutter hat mich
damals auch ihren Engel genannt. Ich war ja auch wunderschön als Mädchen. Ich bin ja
immer noch schön, dank Gott der Kosmetik. Haben Sie schon gehört, sie haben die
Mascara um anderthalb Euro erhöht, das ist glatt zum auf die Barrikade gehen.

Karl (zwingt sich zu einem Lächeln) Was Sie nicht sagen, die Welt ist einfach unfair. (Er
trinkt noch ein Glas aus)

Unwissende Es ist ja nicht so als würde ich das wirklich brauchen, ich seh ja ansonsten immer gut
aus. Es ist mehr so wie ein Bonus zu meinem Aussehen. Es könnte ja jemand kommen
und mich mit einem Messer verstümmeln, dann bräuchte ich mein Make-up. (Sie fängt
an, hysterisch zu lachen)

Karl Das erinnert mich an eine eigene Geschichte. Als Kind bin ich beim Herbstlaub fegen in
den Rechen gefallen. Eigentlich wollte ich nur die Blätter in unserem Garten
zusammenfegen-

Unwissende Einen Champagner bitte.

Karl Hören Sie doch. Auf jeden Fall habe ich mir dann einen Korb geschnappt, einen Besen
und einen Rechen und bin in den Garten gestapft.

Unwissende (zum Teufel) Vielen Dank.

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Karl Hab dann den Rechen auf den Grasboden geworfen und angefangen, die Blätter und
abgefallenen Beeren auf einen Haufen zu kehren-

Unwissende Sag mal, warum musst du denn immer nur von dir selbst erzählen? Das ist langweilig.

Karl (schenkt sich ein Glas Whisky ein) Warum ist das denn so schlimm? (trinkt das Glas
wieder aus)

Unwissende Ihre Mutter würde sich für Ihre langweilige Erzählung schämen. In dieser Welt kann es
doch nicht nur um Sie gehen. Sie leben doch in einer modernen Welt, da müssen Sie
doch genug Taktgefühl haben, mit anderen zu kommunizieren. Die Welt, nicht Sie!

Karl (verdutzt, fasst sich aber schnell, mit der Whiskyflasche in der Hand) Gut, dann lassen
Sie uns doch über die Ereignisse der Welt schauen. Was sagen Sie nun dazu? (Er deutet
auf den Fernseher, die Unwissende schreibt) Na los, Sie müssen doch was wissen. Die
Welt, nicht Sie! (Die Unwissende nippt an ihrem Champagner)

Unwissende Warum soll ich mir damit beschäftigen wollen? Jeden Tag versucht die Welt, uns ihr
Schlechtestes aufzudrücken. Die Welt ist hässlich! (trinkt aus ihrem Champagnerglas)

Karl Die Welt ist hässlich, weil wir alle etwas, ein bisschen, einen Teil des bösesten in uns
tragen.

Teufel Das stimmt.

Unwissende Man kann doch nicht einfach alle Menschen über einen Kamm scheren.

Karl und der Teufel Doch!

Unwissende Ich meine, manche Menschen sind einfach In ihrer Art unschuldig.

Karl Meine Teuerste, verwechseln Sie Unschuld bitte nicht mit Unwissen. Es ist nur ein
schmaler Grad von der Jungfräulichkeit hin zur Weltabgewandheit. (trinkt sein Glas
wieder aus)

Unwissende Aber kein Mensch kann mir doch sagen, ob ich das eine oder das andere bin, ohne seine
Subjektivität in Gedanken die Hauptarbeit verrichten zu lassen.

Karl Na, Sie scheinen ja öfter darüber nachzudenken.

Teufel (zu der Unwissenden) Ich kann Ihnen die Frage gern beantworten, wenn Sie wollen.

Karl Dann wären Sie ja Gott!

Teufel (verschmitzt) Joa, nicht ganz.

Unwissende (eilig beiseiteschiebend) Nein, nein, ich muss das nicht wissen. Meine Unschuld will
gewahrt bleiben.

Karl (angetrunken) Unwissende! (zu sich) Wir verstecken uns hinter Tusche und
Parfümflaschen, während andere mit dem Messer vorm Gesicht leben müssen!

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Szene 3

Personen unverändert. Karl steht auf und geht mit einigen Schwierigkeiten zu dem Tisch an dem der
Pessimist sitzt.

Karl Gezwungen, die da hinten. Ist hier noch ein Platz frei, mein Freund?

Pessimist Es gibt keine Freunde… Doch setz dich. (Er bestellt sich ein Bier per Handzeichen beim
Teufel, Karl setzt sich)

Karl Warum sind Sie hier? Wollen Sie auch in den Himmel?

Pessimist Wie, der Himmel? Den gibt’s gar nicht. Ich bin hier, um für eine kleine Weile mein
Leben zu vergessen. Man sollte es ertränken!

Karl Wir wollen die Welt doch nicht ganz schwarzmalen, es, es gibt auch viele gute Sachen,
nicht wahr?

Pessimist Was sollen all die guten Dinge, wenn sie mich nie betreffen?

Karl (zu sich) Nie. (zum Pessimisten) Nie?

Pessimist Jeden Morgen zwinge ich mich zum Aufstehen und lasse mich in das Korsett des Alltags
drücken. Alle Menschen wollen mir den ganzen Tag weißmachen, wie fröhlich das Sein
ist. Sag du mir, ob sie Recht haben!

Karl (stottert) Ähm, das…, das kann man nicht über… über das gesamte Sein beurteilen.

Pessimist Über die Art des Menschen konnte man das. (Er deutet auf die Unwissende) Versteh
meine Aufforderung nicht falsch, du weißt ganz genau, wie ich sie gemeint habe. Man
kann die fröhlichsten Ereignisse des Tages nicht aus demselben verbannen. Der größte
Teil des Tages besteht jedoch aus Schatten und Verderben. Sprich, du wolltest mich
doch überzeugen!

Karl Nein, niemals will ich über den Wert des Menschenlebens urteilen, dazu bin ich zu
wankelmütig, zu zweifelnd!

Pessimist Und doch liegt es offen auf der Hand.

Karl Meine Stimmung verändert sich tagtäglich. Wie kann man die menschliche Seele
plötzlich auf etwas runterdefinieren?

Pessimist Er vermag es. Jeden Tag auf‘s Neue. (deutet auf den Fernseher) Jeden Tag aufs Neue!
(kurze Pause) Den Himmel kann es gar nicht geben. Irgendwann sahen die Menschen
auf Erden den Schrecken, den ihre Taten anrichteten und wünschten sich so sehr fort
von diesem unheiligen Boden. Der Himmel war dieser friedliche Planet vor unserer Zeit.

Karl (sich besinnend) Siehst du denn nicht, welche Saatlinge zwischen all der Zerstörung
keimen können?

Pessimist Ach, zu unbedeutend (winkt ab)!

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Karl Der Himmel muss ein Wald dieser ausgewachsenen Saat sein. Wir leben ständig an den
Quellen der Hoffnung und vermögen sie doch nie zu sehen.

Pessimist Hoffnung ist ein trügerisch Ding. Meine Erfahrung hat mir schon oft bewiesen, dass
dort, wo die größte Hoffnung weilt, die größte Enttäuschung zu erwarten ist.

Karl (zeigt Verzweiflung) Nein, was achtest du noch, Mensch?

Pessimist Nichts, der Mensch achtet Nichts außer sich selbst. (bedrückt) Dieser nicht einmal seine
Person. (schaut auf den Tisch)

Karl (einfühlsam) Was, aber warum? Sie sind bis jetzt der Zugänglichste von allen, die ich
hier angetroffen habe.

Pessimist Ach, ich bekomm‘s zu spüren, jeden Tag. (sinnierend) Der Mensch achtet nichts außer
sich, sich selbst allein. Der Mensch ist des Menschen Wolf! Und immer sagen sie, „du
kannst das nicht, was machst du hier“ und jagen mich danach zum Teufel.

Teufel Trefflich formuliert, trefflich.

Karl Mir ging es doch ganz genauso. Wenn deine Hoffnung dich so oft betrügt, lass von
deinen Vorstellungen ab und werfe die Hoffnung in die nächste Gasse. Sie wird wieder
in voller Pracht zurückkehren!

Pessimist Warum solltest du mir helfen wollen?

Karl Was verliere ich dann, wenn ich es tu?

Pessimist Die vergangenen Wunden ziehen zu viel Schmerz nach sich. Das ist kein Schmerz mehr,
das ist tiefste Pein. Ich seh‘s an den Augen. Meinen Augen. Jedesmal, wenn ich vor dem
Spiegel stehe. So viel Scheu, so viel Unsagbares. (Er schüttelt den Kopf)

Karl (beugt sich auf die Tischplatte, um in die Augen des Pessimisten zu schauen. Er zuckt
dann plötzlich zurück) Nie, nie sah ich solch eine Wundheit, solch finstere Sehnsucht in
einem Menschen. Was muss ich nur tun, um dich von dir zu befreien?

Pessimist Das Leben ist sinnlos. Immer müssen wir uns einen Sinn einreden. Es ist sinnlos, so
voller Entwürdigung, voll von Fehlern. (zu Karl) Den ersten Fehler beginnen wir, für
viele Eltern, mit unserem Leben. Unser Leben ist die erste Sünde, die wir begehen!

Karl Und wenn es wirklich so sinnlos ist, das Leben, genieß es doch in vollen Zügen. Ich
meine, du hast ja nichts mehr zu verlieren, oder?

Pessimist Es ist die Erkenntnis, die mich am Leben hindert.

Karl Ein Fortschritt, der zur Rückständigkeit führt? Paradox! (Er überlegt eine Weile) Eine
Unschuld, die einem genommen wird. (direkter) Was unterscheidet die Unschuld von
der Unwissenheit?

Pessimist (nach einer Weile) Man kann sich die Frage auch anders stellen. Das Gegenteil wäre
Schuld und Wissen. Was unterscheidet Schuld von Wissen?

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Karl Es hängt doch beides zusammen, oder? Warum ist Wissen eine Schuld? Wann ist die
Schuld bewusst?

Pessimist So gerne ich jetzt Antwort geben würde, ich habe keine Ahnung, was die richtige sein
könnte.

Karl Manchmal wünsche ich mir eine Stimme, die mir klare Antworten gibt, alles wäre so viel
einfacher. (sinnierend zu sich) Wann ist Wissen Schuld? (Der Pessimist trinkt weiter an
seinem Bier, scheint sich nicht weiter um Karl zu kümmern. Karl steht auf und will sich
verabschieden. Er lässt die Flasche auf dem Tisch stehen) Hoffentlich werden wir uns
irgendwann wiedersehen. Aber bitte, du bist etwas wert, das darfst du nicht vergessen.

Pessimist Eine Lüge, eine große Lüge. (schüttelt den Kopf)

Teufel (zum gehenden Karl) Wir sehen uns!

3. Akt

Szene 1

Karl Lichtz; das Kind; Engel. Der Raum ist karg aufgebaut, in der Mitte des Raumes ist ein
Kartonhaufen. Karl kommt in den Raum gelaufen, er wirkt nicht unglücklich. In der Mitte des Raumes
sitzt das Kind auf dem Boden und steckt Pakete zusammen. An der Tür steht ein Engel, weiter hinten
an der Wand befindet sich ein Schacht. Karl kommt pfeifend auf die Bühne.

Karl (zu sich) Es gibt auch noch normale Menschen hier. (lacht) Nein nur Menschen die auch
ich verstehe. (läuft einige Schritte weiter, bleibt dann wie angewurzelt stehen) Was
machst du da? (geht zwei Schritte rückwärts) Was machst du da? (lauter) Was… ist
das?

Kind (zart) Wie, das? Das sind Pakete, die verpackt werden müssen, weiter nichts.

Karl Aber warum tust du das?

Kind Warum? Das ist doch ganz normal. Pakete für ein Leben jeden Tag!

Karl Was? (sieht sich, die Arme erhoben sarkastisch um) Das nennst du Leben? Wirklich?

Kind (irritiert) Ja, was ist denn daran so falsch?

Karl (fassungslos) So falsch, fragst du, so falsch? Kinder in deinem Alter sollten vielmehr
draußen spielen als hier… Ich verliere noch die Sprache!

Kind Was sagen Sie da, Sir! (im Brustton der Überzeugung) Ich bin meiner Aufgabe völligst
gewachsen. Sehen Sie mal, wie gut ich das kann! (Er faltet ein Paket zusammen und
wirft es in den Schacht)

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Karl (setzt sich zu dem Kind runter und schaut ihm in die Augen) Ja doch, das machst du
gut. Das machst du wirklich gut. (Seine Stimme ist belegt, eine Träne rollt über seine
Wange) Das ist deine Meisterschaft.

Kind Sir, warum weinen Sie denn? Was hat Ihnen an mir nicht gefallen, was kann ich besser
machen?

Karl Ein Kind für die Welt, aber was für eines! Narren, die wir weinen. Tolle, die wir lachen,
um welcher Seele willen? Tausende Momente leben wir uns vor und lassen tausend
Leben in Flammen aufgehen, nur um uns zu wärmen! Ist das wirklich noch so
durchlebenswert?

Kind (verwirrt) Sir, ich verstehe nicht. Was versuchen Sie nur zu sagen?

Karl (legt seinen Arm um das Kind) Wie hießt du denn? Und wo sind deine Eltern?

Kind Wie ich heiße? Wie heißt du denn?

Karl Ich bin Karl, Karl Lichtz. Da, (zeigt nach vorne) da irgendwo arbeite ich. Ein kleiner
Büromensch in der Großstadt. (blickt still nach vorne)

Kind Ich finde sie gar nicht klein.

Karl (lächelt) Danke. Du bist lieb. (Er blickt dem Kind Ins Gesicht) Hast du niemanden da
draußen, der auf dich wartet?

Kind Da draußen? Was ist da draußen? Alles was ich kenne ist hier, in dem Raum. Draußen
ist es bestimmt schrecklich!

Karl Ja, draußen ist es schrecklich. Auch. Die Welt ist unbarmherzig, nachtragend und, Gott
weiß, intrigant. Aber es gibt auch Liebe.

Kind Lieben sie denn?

Karl Ich habe eine Frau. (zeigt) Da unten. Ich bin mit ihr schon lange verheiratet.

Kind Sir, aber warum sind Sie denn hier oben? Unten wartet doch jemand auf Sie!

Karl Ich bin mittelmäßig. (zu dem Kind) Manchmal, da schäme ich mich richtig wieder
zuhause anzukommen. Zu mittelmäßig ist mein Leben. Was kann ich ihr schon bieten?
Der, die alles besser verrichten kann als ich es von mir je glauben könnte. (schüttelt den
Kopf) Manchmal, da fühle ich mich so unnötig, nicht unerwünscht, nein einfach ohne
Nutzen.

Kind Warum sprecht ihr sie nicht einfach darauf an? Ich meine, wenn es Sie mit so großen
Sorgen belastet.

Karl Das wäre lächerlich, sie würde mich belächeln. Sie würde sagen: „Karl, komm, lass ab
von solchen Gedanken, du kannst so viel von dem ich keine Ahnung habe.“ Damit wäre
das Gespräch beendet. (Er starrt nach vorne) Es ist Liebe, die mich in den Wahnsinn
treibt.

Kind Sir, sie ist so negativ?

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Karl Nein mein Kind, versteh mich nicht falsch. Ihre Liebe ist mir ein Lebensbrunnen, der
mich täglich erquickt. Wahnsinn, Kind, ist diese Liebe, weil ich das Schlechte in ihrer
Anwesenheit vergessen kann. Ich lebe dank einer Güte, die ich nicht erwidern kann,
einfach nicht kann!

Kind Sir, dann freuen Sie sich doch für sie!

Karl Es fühlt sich an, einfach wie- (Er sucht gestikulierend nach dem passenden Wort)

Kind Eine Waage?

Karl Ha, genau. Du bist nicht auf den Kopf gefallen. Oh, für mich ist meine Frau schier
perfekt und ich will sie wahren mit der gesamten Kraft, die in mir steckt. Manchmal
fühle ich mich, je heller ihr Stern leuchtet, ihr umso unwürdiger. Nur Sekunden später
schalt ich mich immer einen Schwachkopf, doch ein bitteres Nachgefühl bleibt. (Karl
fängt an Bitter Sweet Symphony zu pfeifen, das Licht wird gedämmt)

Szene 2
Personen sind unverändert. Der Raum ist unverändert, das Kind hat wieder
angefangen zu arbeiten, das Licht wird hell

Karl (verwirrt) Was war das denn jetzt?

Kind (spricht beim Arbeiten) Die Dunkelheit? Ich muss einfach wieder arbeiten, nichts
weiter. (wirft ein Paket nach unten)

Karl Nichts weiter? Ein Kind wie du darf nicht arbeiten! Das ist gesetzlich verboten.

Kind Verboten? Das ist doch ganz normal. Ich habe niemanden da draußen gesehen (Es zeigt
zum „Fenster“) der nicht auch irgendeine Arbeit verrichtet. Da bin ich ganz normal
dabei.

Karl Du hast noch nie ein anderes Kind gesehen. (traurig) Du hast noch nie ein anderes Kind
gesehen! Hör mal, Kinder in deinem Alter brauchen Bildung. Sie laufen morgens zur
Schule und wachen nicht in der Arbeit auf!

Kind (unterbricht ihn) Ich bitte Sie, Sir, ich bin ebenso handlungsfähig wie Sie!

Karl Darum geht es doch gar nicht. Glaub mir, kein Erwachsener würde Erwachsener
bleiben, wenn er die Wahl dazu hätte. Und töricht, jedes Kind will den Erwachsenen
spielen! (Das Kind macht Anstalten ihn zu unterbrechen, Karl winkt ab) Was ich sagen
will, Bildung ist wichtiger als Arbeiten. Den ganzen lieben langen Tag verschwendet man
in Arbeit, um sich die Existenz eines Lebens zuzusichern. Bildung ist ein Schwert, die
Welt zu verändern und jeder sollte die Ehre haben, es sich umzugürten!

Kind Wie ein Ritter, ein edler Ritter?

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Karl Wer Bildung trägt, der trägt die Verantwortung der Tugenden. Der ist dazu bestimmt, in
beständiger Fehde gegen das Unwissen und alle schlechten Umstände dieser Welt
streiten!

Kind Bitte, erzähl mir mehr von diesen Rittern. Sie scheinen mir so tapfere Krieger zu sein!
(Es schaut träumend nach oben)

Karl Als Kind las ich immer gerne meinen Perceval von Eschenbach. Ein Krieger geht auf
Aventüre, der Jüngling bleibt zu Haus, und ein Ritter kehrt zurück.

Kind Ich will auch ein Ritter sein!

Karl (schaut das Kind lächelnd an) Siehst du, dann brauchst du Wissen!

Kind Ach was. Ein Ritter muss kämpfen. Muss heroisch in die Schlacht ziehen. Ich seh‘s im
inneren Auge. (Er wirft ein Paket in den Schacht, steht auf) Auf einem Feld, umgeben
von Korn. So stehen sich zwei Parteien gegenüber, Banner wehen flatternd im Wind,
eiserne Hemden rasseln in wilder Bewegung und Hörner blasen tönend gegen den
Wind!

Karl Zuallererst ist ein Ritter ein gebildeter Mann, das unterscheidet sein Ideal von den
Barbaren. Wie willst du denn gegen Ungerechtigkeiten kämpfen, wenn du nicht zu
unterscheiden vermagst, mit deinem feurigen Herzen?

Kind (denkt nach) Wann weiß ich denn, dass ich genug weiß? (Er wirft ein Paket nach unten)

Karl Man ist sich nie genug dem Ideal zu trotzen, doch jede Silbe Wissen bringt dich einen
Schritt weiter!

Kind So will ich anfangen zu lernen, furchtlos. (Er steckt in einer theatralischen Geste seine
Hand aus)

Karl (sinnierend) Ich glaube, ich weiß wer dir helfen kann. (Er blickt zur Tür, die nach oben
führt) Da oben, da soll Gott wohnen. In der obersten Etage.

Kind Wirklich? Was macht der denn hier? Ich kenn den nicht so.

Karl Das war dir nicht bewusst? Er hat sein Paradies hier auf dem Dach.

Kind Das klingt dämlich!

Karl (holt sein Ticket aus der Tasche) Hier, das Blatt, das hat mir Gott persönlich überreicht.
Er hat mich hierhergeführt und mir versichert, dass er oben weilt.

Kind (schaut sich das Ticket von beiden Seiten an) Hm, ich glaube dir. Aber nur, weil du mich
davor nicht angelogen hast. (lächelt)

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Karl Gehen wir zusammen. Es kann nicht Gottes Wille sein, dass hier Kinder wie du arbeiten,
ihm muss da ein Fehler unterlaufen sein. (im Brustton der Überzeugung) Ein gewaltiger
Fehler unterlaufen! (Das Kind geht zielstrebig auf die Tür in Richtung Himmel zu. Karl
bleibt stehen, da das Kind das Ticket auf den Boden liegen gelassen hat.) Warte, warte
auf mich! (Karl bückt sich um das Ticket aufzuheben. Das Kind versucht am Engel
vorbei in die Tür zu treten, der Engel zieht ein Messer und ersticht das Kind. Karl sich
zuerst aufrichtend, dann eine Zeitlang bewegungslos) Was? (Er stürzt sich nach einer
kurzen Pause zum Kind) Nein, nein, nein! Das kann nicht sein, (Er beugt sich über das
Kind) das darf nicht sein! (schreit zu dem Engel) Was hast du getan? Warum nur?
(beugt sich zum Gesicht des Kindes, um nach seinem Atem zu fühlen.) Tot! Er ist Tot!
(zum Engel) Du hast ihn umgebracht! Jetzt antworte! (fassungslos) Du, du hast
jemanden umgebracht, einfach so umgebracht! Und jetzt stehst du hier als wäre nichts
geschehen! (zum Kind) Du hättest es mehr verdient, als jeder andere, in den Himmel zu
kommen. Ein Leben voller Arbeit, ohne einen Ausblick in eine bessere Welt. Ohne
Hoffnung, ohne Hoffnung! Seine Seele war gefangen, sein Körper in Arbeit entstellt,
jetzt kalt, die Seele ausgestochen. Auf Leichen, Berge von ihnen sind wir geboren!
Schrecken, wenn unsere fetten Leiber die Sonne verdunkeln und der Geier
herniederstürzt! Wir sind zur blinden, gefühlslosen Justitia verkommen, die eisig über
den verfüllten Katakomben thront! (Karl zieht sich die Krawatte aus und wischt sich
damit über die Augen) Was für eine Qual. Die Flut des brennenden Gewissens schlägt
aus. Terror, Chaos und Verwirrung finden ihren Platz! Bitte, verrichte dein Werk! (Er
stürzt zum Engel und umgreift ihn an den Knien, der Engel bleibt unbeweglich) Lass
mich mein Leben, neben seine Träume einreihen! Ich bitte, ich flehe darum!

Das Licht um den Engel wird gedämmt.

Szene 3

Der Konsument; drei Politiker. Der Konsument kommt aus dem Schacht herausgekrochen, das Licht
wird an dieser Stelle hell

Konsument (außer Atem) Wo, wo? (sieht sich ruckartig um) Warum ist es nicht? Warum kommt es
nicht? (Er sieht den Haufen von unverpackten Kartons, stürzt sich auf ihm) Da, welch
ein Paradies! (Er greift sich ein Fertiges mit zitternden Händen und fängt an manisch
zu lachen) Ich kann mich sehen. Ich kann mich sehen lassen! Cibola, Cibola, dein
Esteban ist hier! Der heilige Gral, nicht von Lancelot gehoben, nein von mir! Ich habe es
verdient, es mein nennen zu dürfen, jaja, verdient! Alles und mehr. Gebt es mir, gebt es
mir, ich brauche es! (Er wirft das Paket weg und kniet sich zu dem Haufen) Freuden
jauchzend schwind ich hier, mein Herz es füllt sich! Greifend der Erlösung nah, jaja. (Er
hebt ein Paket auf, stellt dann aber fest, dass sie nicht zusammengesteckt sind) Was soll
das denn? Wo sind die Pakete? Oh Himmel und Hölle, gleich was, wo sind sie? Ich
verlange! (schreit) Wo werden diese verdammten Pakete gepackt? (leise) Wunderbar,
wunderbar. (laut) Es treibt mich noch hinweg! Oh Abgrund, bleib mir fern! (schreit)
Bleib mir fern!

Die Tür des Aufzugs geht auf, die drei Politiker treten aus dem Schacht, der Konsument wühlt im
Haufen der Paketschablonen. Karl betrauert das Kind.

Politiker 1 Bleiben Sie bloß hier, Schuldner!

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Politiker 2 Dass Sie sich hier entzogen haben, spricht gegen herrschendes Gesetz. Sie wollen doch
nicht für ein Leben lang als Verbrecher gebrandmarkt sein, oder?

Politiker 3 Na hätten Sie mal mich gefragt, ich wäre Ihnen nicht so penetrant nachgefolgt.

Politiker 1 Unsinn, Sie sind ihm doch genauso hinterhergefolgt!

Politiker 2 Sehr wohl, Sie sollten aufhören, solche Sätze von sich zu geben. Sie sind immer noch
genauso wie wir.

Politiker 3 Solch ein früh gefälltes Urteil will ich mir verbitten, ich bin hier nur der journalistischen
Freiheit wegen.

Politiker 1 Pah, reden Sie nicht so einen Schwachsinn. Sie sind sensationsgierig!

Politiker 2 Man könnte schon fast sagen, sie wollen uns scheitern sehen.

Politiker 3 (empört) Sie wollen mich beschuldigen? Frechheit! Nichtsahnend bin ich einmal der
breiten Masse gefolgt und schon werde ich verurteilt. Ihr habt mich doch erst wegen
meiner alternativen Position strafen wollen, das zeigt euer verräterisches Gemüt!

Politiker 2 Das hat doch nichts mit Ihrer speziellen Meinung zu tun!

Politiker 1 Auch wenn diese manchmal nicht vertretbar scheint.

Politiker 2 Es geht eher um Ihre Art sich immer als das Opfer der Situation darstellen zu wollen.
Immer sind Sie der, dem das Unrecht geschieht. Ist das nicht doch etwas stereotypisch?

Politiker 3 Pah, das klingt abgesprochen meine Herren. Ich werfe ihnen unlauteren Wettbewerb
vor, bis Sie mir das Gegenteil beweisen können.

Politiker 2 (empört) Das Gegenteil? Beweisen Sie mir doch erstmal ihre Anklage, bevor Sie sich
erdreisten, solches zu behaupten

Politiker 1 steigt langsam in die Richtung des Konsumenten. Dieser durchsucht panisch den Haufen.

Politiker 1 Haben Sie mich überhaupt gehört? Warum sind sie denn so schnell verschwunden?

Konsument Wo? Wer? Bei all der Macht der Verzweiflung! Die Sonne, sie verschwimmt im Reich, im
Reich! Und ein neblig Morgen, reit g’schwind! Oh willst du mich verlassen? Wer? Wer?
Die Himmelspforten drohn, verdammt in Ungewiss. Oh, diese Qual!

Politiker 3 Unfug! (folgt dem 1. Politiker) Ich gebe es nur äußerst ungern zu, aber Sie haben eine
Unterschrift gesetzt. Und das Einhalten von öffentlichen Verträgen ist nun einmal zur
Erhaltung der Moral von Nöten.

Konsument Jetzt antworte mir! Jetzt brauche ich dich, Antworter! Wo? Wo? Alles verrinnt, (lacht)
gebt doch Antwort! Warum schweigt ihr denn? Warum? Gibt denn keiner Antwort?
Keiner, keiner?

Politiker 2 Aber wir sind doch hier! Hören Sie doch! Ich bitte Sie, bewahren Sie ihr Gemüt. Zum
Schluss werden Sie noch vollkommen verrückt!

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Politiker 1 Dann könnte ich Sie wirklich nicht mehr gebrauchen. (Er fährt sich mit einer Hand
durch die Haare)

Politiker 3 Da sehen Sie mal, wohin Ihre kruden Geschäfte führen!

Politiker 2 Das sagt ja grade der Richtige.

Konsument Der Eingang bin ich, zu der Stadt der Schmerzen. Der Eingang bin ich zu den ew’gen
Qualen, der Eingang bin ich, wo, wo? Wo ist es?

Alle Politiker Was?

Konsument Der Ursprung vor des Himmels Pforten, die Quelle der ewigen Jugend, der heilige Gral,
wo? Wo?

ENDE DER LESEPROBE

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