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Universität zu Köln

Rechtswissenschaftliche Fakultät

Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts am Beispiel des Kaufvertrags

Akad. Rat Dr. iur. Tobias Voigt Fälle 1 Sommersemester 2022

Fall 1: Schädigung der Leibesfrucht (angelehnt an BVerfGE 39, 1; BGHZ 8, 243)

A ist schwanger. C fährt mit dem Fahrrad A beim Gehen in der Fußgängerzone an. A stürzt und auch der
Embryo wird dabei verletzt. A entbindet einige Zeit später. Das Kind B kommt infolge der vorgeburtlichen
Verletzung mit einem verkrüppelten Arm zur Welt.
Hat B eigene Rechte gegen C?

Fall 2: Herrenreiter (BGHZ 26, 349)

A tritt regelmäßig als Dressurreiter bei Turnieren auf. B vertreibt ein pharmazeutisches Präparat, das nach
Vorstellung des Publikums auch der Hebung der sexuellen Potenz dient. B bewirbt dieses Mittel
gewinnbringend mit einem Plakat, auf dem ein Dressurreiter abgebildet ist genau wie A auf einem
Originalfoto bei einem Turnier. A hat B zuvor indes kein Einverständnis mit der Abbildung gegeben.
Kann A von B zur Entschädigung eine Geldzahlung verlangen?

Fall 3: E-Person (frei nach Pygmalion; Homunculus; Marias Transformation in Fritz Langs Metropolis)

A leidet unter menschlicher Gesellschaft und lebt zurückgezogen in einem abgeschiedenen Techniklabor.
Um am Lebensabend nicht zu vereinsamen, hat A einen menschenartigen Roboter (Maschinenmensch)
konstruiert. Der Maschinenmensch M steht permanent mit dem Internet in Kontakt und funktioniert auf
der Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) völlig autonom. M entscheidet selbst, wann und was zu tun oder
zu sagen. Eines Tages geht M in die Bäckerei und verlangt nach einem Brötchen.
Kann M für sich selbst einen wirksamen Kaufvertrag abschließen?

Fall 4:

A geht in die Buchhandlung B, nimmt ein Buch aus dem Regal, legt es an der Kasse vor und zahlt. Das
Kassenpersonal ist gerade dabei, das Buch in eine Tüte zu packen, als schriller Feueralarm ertönt. Alle
hasten aus dem Raum, das Buch bleibt zurück. Später stellt sich heraus, dass es ein Fehlalarm war.
Wer ist Eigentümer des Buches?

Fall 5:

Es herrscht Not und fast nirgendwo gibt es noch Mehl zu kaufen. V hat noch einige Tüten, denn er verlangt
je Stück einen Kaufpreis von 50,- €. K lässt sich aus Verzweiflung zähneknirschend darauf ein, zahlt und
nimmt das Mehl mit nach Hause.
Nun kommt es noch dreister: V meldet sich bei K und beruft sich darauf, der Kaufvertrag sei wegen
Wuchers (§ 138 II BGB) nichtig gewesen und daher habe K auch kein Eigentum an der Tüte Mehl erlangt.
V behauptet daher, noch selbst Eigentümer zu sein und fordert von K die Tüte zurück. Er möchte sie neuen
Interessenten verkaufen, die inzwischen zur Zahlung von 100,- € pro Tüte Mehl bereit sind.
Kann V von K die Herausgabe der noch unverbrauchten Tüte Mehl verlangen?

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