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Prof. Dr.

Leo Schapiro

Fall 2 Bäckerei

Der Versicherungsvertreter Herr Kaiser (K) geht jeden Morgen auf dem Weg zu seiner Arbeit
an der Bäckerei des V vorbei. Eines Morgens überlegt er sich, dass die Kantine doch immer
schlechter und teurer würde und außerdem nur immer den gleichen „Einheitsbrei“ koche, so
dass er sich entschließt, bei V ein belegtes Fladenbrot „Doppeldecker“ zu kaufen.
K betritt den Verkaufsraum des V und bestellt bei V, der im Wege des „back to the roots“
gerade selber hinter dem Verkaufstresen steht, das ausgewählte Fladenbrot. Dieses ist in der
Auslage mit einem Preis von 3,50 Euro ausgezeichnet. V antwortet „Sehr gerne“, gibt ihm das
gewünschte Brot und verlangt den Betrag in Höhe von 3,50 Euro.
K, der schon von dem Brot probiert hat, stellt fest, dass ihm diese Komposition aus
Remoulade, Salami und Käse auch nicht besser schmeckt als das Kantinenessen. Mit den
Worten „Für den Mist bezahle ich nicht“ nimmt er das Brot und verlässt die Bäckerei.

Hat V gegen K einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung?

Lösung:

V könnte gegen K einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 II BGB haben.

1. Wirksamer Kaufvertrag
Das setzt voraus, dass zwischen V und K ein wirksamer Kaufvertrag gemäß § 433 BGB
geschlossen wurde. Ein wirksamer Kaufvertrag besteht aus zwei übereinstimmenden
Willenserklärungen, Angebot und Annahme, §§ 130 ff.; 145 ff. BGB.

a) Angebot
Ein Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die alle vertragswesentlichen
Bestandteile enthält und durch die der Vertragsschluss einem anderen so angetragen wird,
dass das Zustandekommen des Vertrages nur noch von dem Einverständnis des Empfängers
abhängt.
Ein Angebot der V könnte zunächst darin gesehen werden, dass V das Fladenbrot am
Verkaufstresen ausgestellt hat. Beim Auslegen von Ware handelt es sich jedoch regelmäßig
nur um eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (invitatio ad offerendum), bei welcher
der Rechtsbindungswille fehlt. Denn der Verkäufer liefe anderenfalls Gefahr, mehrere
Verträge über denselben Kaufgegenstand einzugehen, die er dann nicht erfüllen kann.

Ein Angebot könnte aber in dem Wunsch des K nach einem Fladenbrot liegen.
Vorliegend hat K zu V gesagt, dass er gerne ein belegtes Fladenrot „Doppeldecker“ zum Preis
von 3,50 € hätte. Diese Aussage enthält alle essentialia negotii eines Kaufvertrages. Hierin ist
daher ein Angebot zu sehen, § 145 BGB.

b) Annahme
Eine Annahme ist eine empfangsbedürftige WE, durch die der Erklärende sein Einverständnis
mit dem Angebot ausdrückt. V hat dem Angebot des K zugestimmt und das Brot sodann dem
K gegeben. Hierin ist eine Annahme zu sehen, § 147 BGB.

2. Ergebnis
Somit haben K und V einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB geschlossen.

Mithin hat V gegen K einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gemäß § 433 II BGB.
Fall 2a

V schreibt an K: „Ich biete Ihnen meine Vase, die Ihnen so gut gefiel, für 300€ zum Kauf an.“
K antwortet dem V: „Ich danke Ihnen für Ihren Brief und akzeptiere Ihren Vorschlag zum
Kauf der Vase.“

Kann V von K die Zahlung von 300€ verlangen?

Abwandlung 1:
Wie, wenn K auf den Brief des V antwortet: Ich bin mit dem Kauf einverstanden, kann
aber leider nur 250€ zahlen.“?
Abwandlung 2:
Wie, wenn K, während der Brief des V an K von der Post befördert wird, an V, ohne
dessen Brief zu kennen, schreibt: „Sie werden gemerkt haben, dass ich Gefallen an Ihrer Vase
gefunden habe. Ich biete Ihnen für die Vase 300€.“?

Lösung

Abwandlung 1:

V könnte gegen K einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 250,- Euro aus
§ 433 II BGB haben.

1. Wirksamer Kaufvertrag

Das setzt voraus, dass zwischen K und V ein wirksamer Kaufvertrag gemäß § 433 BGB
geschlossen wurde. Ein wirksamer Kaufvertrag besteht aus zwei übereinstimmenden
Willenserklärungen, Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB.

a) Angebot

Ein Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung die so gestaltet sein muss, dass es
nur vom Einverständnis des anderen abhängt, ob der Vertrag zustande kommt oder nicht. Das
bedeutet, dass das Angebot die notwendigen Vertragsbestandteile (essentialia negotii)
enthalten muss. Bei einem Kaufvertrag sind dies Kaufgegenstand und Kaufpreis.

Vorliegend schreibt V an K, dass er ihm seine Vase für 300€ zum Kauf anbietet. Dieser Brief
enthält die notwendigen Vertragsbestandteile eines Kaufvertrages, Kaufsache und Preis.
Somit ist der Brief des V als Angebot zu sehen.

b) Annahme

Dieses Angebot müsste K auch angenommen haben. Eine Annahme ist eine
empfangsbedürftige WE, durch die der Erklärende sein Einverständnis mit dem Angebot
ausdrückt. Angebot und Annahme müssen mit Bezug aufeinander abgegeben werden und
inhaltlich einander entsprechen.

Hier antwortet K dem V, dass er die Vase zu einem Preis von 250,- Euro kaufen würde. Seine
Antwort deckt sich damit nicht mit dem Angebot zum Preis von 300,- Euro. Gemäß § 150 II
BGB gilt eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen
als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.
Somit liegt gemäß § 150 II BGB durch K die Ablehnung des Angebots des V vor, verbunden
mit einem neuen Angebot über den Kauf der Vase zu einem Preis in Höhe von 250,00 Euro.

Zwischen V und K wurde kein wirksamer Kaufvertrag gemäß § 433 BGB geschlossen.

2. Ergebnis: V hat gegen K keinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 250,- Euro
aus § 433 II BGB.

Abwandlung 2:

Angebot und Annahme müssen mit Bezug aufeinander abgegeben werden und inhaltlich
einander entsprechen. Vorliegend hat K dem V, ohne von dessen Brief Kenntnis zu haben,
sein Interesse an der Vase bekundet. Sein Brief bezog sich also nicht auf den des V . Damit
haben K und V jeweils eigenständige Angebote abgegeben. Hier ist daher ebenfalls kein
Kaufvertrag zwischen V und K geschlossen worden.
Übersendet dagegen V nach Erhalt des Briefes von K die Vase an K, so ist darin die Annahme
des Angebots des K zu erblicken.

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