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vois κεχράτηται. In Oxyr. IY 712 heißt es entsprechend, daß „auf Grund


der τον γάμου συγγραφή" „die Eltern für ihre gemeinsame Nachkommen-
schaft i h r gesamtes Vermögen mit der Maßgabe besessen haben, daß
nach ihrem Tode das Vermögen fest und unentziehbar den Kindern
gehöre." Es ist unrichtig, wenn Verf. hier davon spricht, daß erst
nach dem Tode eines der Gatten ein festes Recht der Kinder an dem
gesamten Vermögen der Eltern entsteht. Welches Recht allerdings
die Kinder zu Lebzeiten der Eltern an der Zuwendung haben, steht
nach dem vorhandenen Material nicht ganz fest: Mitteis nennt es
Eigentum oder ein Verfangenschaftsrecht (Arch. I, 189, 1). Diese korre-
spektive Verfügung der Heiratenden zugunsten ihrer Kinder ist ange-
sichts dieser Rechtsübertragungswirkung sicherlich unwiderruflich, und
das Fehlen des Vorbehalts des Widerrufs in OPR. I 28 ist sicherlich
bezeichnend. Der Verf. übt hier wohl eine zu weit gehende Zurück-
h a l t u n g , wenn er die Frage der Widerruflichkeit angesichts dieser
Urkunde dahingestellt sein l ä ß t .
Den Abschluß der interessanten Studie bilden Abschnitte über
die oft erörterten Urkunden des römischen Rechts, wie das berühmte
Testament des C. Longinus Castor, die Verhandlung über die Testa-
mentseröffnung BGU. I 361, den P. Cattaoui col. 4, 1—15 und BGU.
I 327, endlich ein Kapitel über die Rezeption des römischen Reichs-
rechts in Ägypten, das die schon vielfach bekannten Beziehungen der
spätzeitlichen Papyri zu den Quellen des Reichsrechts eingehend im
Zusammenhange vorlegt.
So ist die vorliegende Schrift, die im Juli 1904 abgeschlossen ist
und die spätere Publikationen nicht berücksichtigen konnte, eine
tüchtige Leistung. Hoffentlich begegnet uns der Verfasser bald wieder
auf dem Felde rechtshistorischer Forschung.
Genf. J. P a r t s c h .

Dr. H. B ö g l i . Über Ciceros Rede für A. Caecina. Kom-


missionsverlag von C. Langlois «Sc Comp. Burgdorf 1906.
57 S.
Von den juristischen Fragen, zu denen die Rede Ciceros für
A. Caecina Anlaß g i b t , h a t sich der Verfasser drei zur Bearbeitung
auserwählt.
I. Der erste Teil der Abhandlung (S. 10—23) ist der Erörterung
der schwierigen Stelle in c. VII 19 gewidmet, deren handschriftlich
überlieferter Text lautet: in possessione bonorum (Caecina) cum esset
e t cum i p s e sextulam suam nimium exaggeraret, nomine heredis
arbitrum familiae erciscundae postula vit. Atque i l l i s paucis diebus,
posteaquam videt nihil se ab A. Caecina posse litium terrore abradere,
homini Romae in foro denuntiat fundum illum, de quo ante dixi,
cuius istum emptorem demonstra vi fuisse mandatu Caesenniae, suum
esse seseque sibi emisse. Die Stelle wurde schon von K e l l e r (Semestria

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290f.) unter fast allgemeiner Zustimmung folgendermaßen erklärt:


Caecina hat gegen Aebutius, da dieser seinen Erbteil in ungebühr-
licher Weise zu vergrößern trachtete, auf Erbteilung im iudicium
familiae herciscundae angetragen. Dies konnte er tun, obwohl ihm
Aebutius das Bürgerrecht und damit auch das Erbrecht nach Cae-
sennia bestritt, da er sich im Besitze des Nachlasses befand. Vgl.
D. (10, 2) 1, 1. Allerdings war dieses Ergebnis nur auf Grund einer
Korrektur des Textes zu gewinnen, indem man, um den wiederholten
Subjektswechsel zu erklären, im ersten Satze iste statt ipse, im zweiten
ille oder iste statt illis beziehungsweise illis(is) paucis diebus oder
ähnlich emendieren mußte. Demgegenüber will B.' eine Erklärung
der Stelle versuchen, welche dem überlieferten Texte gerecht wird.
Nicht Caecina, sondern Aebutius soll die Teilungsklage erhoben
haben. Allerdings scheint dem fr. 37 D. (10, 2) entgegenzustehen: qui
familiae erciscundae iudicio agit, confitetur adversarium sibi esse coher-
edera, für welches auch B. die durch die Basiliken bestätigte Lesuug
confitetur an Stelle des handschriftlich überlieferten non confitetur ak-
zeptiert. Denn Aebutius bestreitet doch das Erbrecht Caecinas. Diesen
Einwand glaubt jedoch der Verf. durch den Hinweis auf den dritten
Miterben Fulcinius erledigen zu können. Hätte dieser, dessen Erbrecht
von keinem der Teilerben in Frage gestellt wurde, gegen Caecina und
Aebutius auf Teilung geklagt und hierbei der letztere Caecina das
Erbrecht bestritten, so hätte der Teilungsrichter zufolge der Doppel-
seitigkeit der Klage incidenter über die Erbrechtsfrage erkennen
müssen. Das mag zugegeben werden, wenn es auch in Hinblick auf
D. (10, 2) 1, 1 nicht ohne Bedenken ist. Hingegen kann ich B. nicht
zustimmen, wenn er dasselbe für den Fall behauptet, daß Aebutius
gegen Fulcinius und Caecina geklagt habe. Dieser Fall soll nämlich
Ciceros Bericht zugrunde liegen. Weil nämlich Aebutius das Erb-
recht des Fulcinius anerkenne, so sei die Möglichkeit der Teilung ge-
geben und dem in D. (10, 2) 37 ausgesprochenen Satze genügt, der
überhaupt nur für den Fall gelte, daß bloß zwei Miterben vorhanden
sind. Seien deren mehrere vorhanden, so genüge es, daß der Kläger
nur das Erbrecht eines derselben nicht bestreite, damit er überhaupt
Teilung verlangen könne. Allein es ist doch nicht dasselbe, ob unter
den b e k l a g t e n Miterben einer dem anderen das Erbrecht bestreitet,
oder ob der Kläger selbst das Erbrecht der Miterben nicht anerkennt.
Im letzteren Falle ist er, wie sich aus fr. 1,1 und 37 D. (10, 2) ergibt,
auf die hereditatis petitio verwiesen. Es ist daher trotz der Doppel-
seitigkeit der Klage nicht gleichgültig, wer Kläger und wer Beklagter
ist. Vgl. fr. 13 u. 14 D. (5,1). Ich vermag es mir ferner nicht vorzu-
stellen, daß Aebutius, wie B. behauptet, „ganz allgemein auf Teilung
angetragen habe" und dann „Caecina, der j a Anspruch auf das Mit-
erbrecht machte, als Gemeinschafter auftreten mußte". Das provo-
care ad iudicium (D. (5, 1) 13 u. 14 vgl. auch Audibert, Mélanges
Appleton 12 f.) hat doch nicht die Bedeutung einer allgemeinen Auf-
forderung an die interessierten Miterben, sich bei sonstigem Präjudiz
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zu melden, sondern die Teilungsklage kann nur gegen bestimmte Per-


sonen als Beklagte erhoben werden, deren Erbrecht der Kläger durch
die Klageerhebung anerkennt. Fr. 43 D. (10, 2): arbitrum familiae
erciscundae vel unus petere potest . . . igitur et praesentibus ceteris
et invitis poterit yel unus arbitrum poscere, auf welches sich B. be-
ruft, erklärt sich wohl daraus, daß in der Regel sämtliche Miterben
auf Teilung klagten. Ygl. D. (5, 1) 13 u. 14. Endlich wird mit keinem
Worte von Cicero angedeutet, daß Aebutius auch gegen Fulcinius ge-
klagt habe.
Ich glaube also, daß wir bei Kellers Interpretation der Stelle
werden bleiben müssen. Aebutius will bei der Erbteilung möglichst
viel für sich herausschlagen und daher die gerichtliche Teilung, bei
welcher er voraussichtlich schlecht abschneiden wird, vermeiden.
Daher sucht er Caecina durch die Drohung, daß er ihm das Bürger-
recht bestreiten wolle, vom Prozesse abzuschrecken. (Vgl. auch B.
p. 19f.) Als er sieht, daß diese Drohung nichts fruchtet und Cae-
cina sich zur Erhebung der Teilungsklage entschließt, ändert er seinen
Standpunkt und behauptet, den fundus Fulcinianus titulo singulari
zu besitzen. Damit erledigen sich auch die Einwendungen, die B.
p. 14f. gegen Keller vorbringt.
II. Die zweite Frage, die der Verf. erörtert, betrifft die vielbe-
sprochene deductio, quae moribus fit. Leider scheint B. die Aus-
führungen M i t t e i s ' , Z. d. S.-St. 23, 274f. über dieses Verfahren nicht
zu kennen, da er sie nirgends berücksichtigt. Er wäre sonst in
manchen Punkten zu anderen Ergebnissen gekommen. Nach einer
Übersicht über die Literatur (S. 29—36), zu welcher noch die Arbeit
S a l e i l l e s , Nouv. rev. hist. (1892) 245f. nachzutragen wäre, entwickelt
B. seine eigene Ansicht (S. 36 —42). Aebutius weigert sich die mit
Caecina verabredete deductio bezüglich des streitigen fundus Ful-
cinianus vorzunehmen und hindert Caecina mit bewaffneter Hand am
Betreten des Grundstückes. Damit will er sich selbst in eine günstigere
Situation bringen und diese soll darin bestehen, daß sich Caecina jetzt
vor die Alternative gestellt sieht, entweder Aebutius als Besitzer anzu-
erkennen und in der Vindikation die Klägerrolle zu übernehmen oder
sich den Besitz mit dem interdictum uti possidetis zu verschaffen.
Bezüglich des letzteren hofft jedoch Aebutius obzusiegen, da es mit
Caecinas Beweisen für den Besitz am streitigen fundus schlecht be-
stellt ist. Für die deductio moribus ergibt sich dem Verfasser daraus,
daß sie die Regelung der Parteirollen und damit des Besitzes be-
zweckte. Daher kann sie sich nicht auf das interdictum uti possi-
detis bezogen haben, welches Streitigkeit der Besitzverhältnisse voraus-
setzt. „Der Prozeß, welchen die deductio moribus einleitete", so
folgert der Verf. weiter, „kann demnach nur ein possessorischer oder
dann ein solcher petitorischer gewesen sein, bei welchem zunächst
die Vindizien, der interimistische Besitz, geregelt werden mußte".
Als possessorischer Prozeß komme das interdictum unde vi, als peti-
torischer die legis actio sacramento in rem in Betracht. Die Beziehung

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auf das interdictum unde vi hält B. für wahrscheinlicher. Dem kann


nicht zugestimmt werden. Daß Caecina im dinglichen Prozesse mehr
riskierte, weil er im Unterliegensfalle das sacramentum und Eigentum
verlor, als beim Interdikt, ist kein Argument, ebensowenig der Um-
stand, daß Gaius bei der Darstellung der legis actio sacramento in
rem die deductio nicht erwähnt. Es bleibt j a noch immer die Mög-
lichkeit der Beziehung der deductio auf den Sponsionsprozeß, den
Gaius ex professo nicht behandelt. (Vgl. auch M i t t e i s , a.a.O. 299.)
Ferner sieht sich B. im Widerspruch mit der Tatsache, daß das inter-
dictum unde vi wirkliche Gewalt voraussetzt (vgl. Gai. 4, 154) und
wenn B. demgegenüber, einen von E x n e r , Z. d. S.-St. 8, 192f. ausge-
sprochenen Gedanken weiter ausführend, behauptet, daß das Interdikt
in republikanischer Zeit zur Einleitung des nachfolgenden Vindikations-
prozesses auch bei symbolischer Gewaltanwendung zulässig gewesen
sei, um so das für die Parteien riskantere interdictum uti possidetis
zu vermeiden, so ist das eine reine Hypothese, die durch nichts ge-
stützt wird und namentlich die von M i t t e i s nachgewiesenen Ana-
logien aus dem griechischen Rechte gegen sich h a t , welche uns die
deductio als Bestandteil des Eigentumsprozesses aufweisen. Außer-
dem würde es jeder historischen Entwicklung widersprechen, daß ein
Verfahren ursprünglich auch dicis gratia angewendet werden konnte
und erst später auf den eigentlichen Anwendungsfall eingeschränkt
wurde.
III. Im letzten Abschnitte (S. 42—57) beschäftigt sich B. mit dem
interdictum de vi armata und namentlich mit den Ausführungen
Ciceros, daß bei diesem Interdikte im Gegensatze zu dem int. de vi
quotidiana Besitz der Dejizierten nicht erforderlich sei. Diese Behaup-
tung wird im Anschlüsse an S a v i g n y und andere als juristische Spitz-
findigkeit charakterisiert, mit welcher Cicero vielleicht auf Erfolg
hoffen konnte, weil das Interdikt noch neu war und sich feste Grund-
sätze bezüglich seiner Auslegung noch nicht gebildet hatten. In der
Aufstellung Ciceros liegt zugleich ein deutlicher Hinweis auf die
Schwäche der Position Caecinas in der Besitzfrage, wie denn auch
die Beweise, die der Redner in eventum für den Besitz seines Klienten
beibringt, nur sehr dürftige sind.
Cicero stützt seine Behauptung auf die dem interdictum de vi
armata im Gegensatze zum int. unde vi fehlende exceptio vitiosae
possessionis, indem er die beiden Sätze cum ille possideret, quod nec
vi nec clam nec precario a te possideret trennt, und in dem ersteren
eine besondere exceptio des mangelnden Besitzes des Dejizierten er-
blickt, aus deren Fehlen im interdictum de vi armata er schließt,
daß hier Besitz des Dejizierten nicht erforderlich sei.
Demgegenüber vertritt Β., wie schon vor ihm R o b y , Roman
private law II 523f., die Auffassung, daß grammatikalisch die beiden
Sätze eine Einheit bilden, indem der zweite quod nec vi . . . possideret
das Objekt zum possideret des ersten bilde. Zu demselben Ergebnisse
führe auch die Fassung des Interdiktes in der lex agraria c. 18: sei

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quia . . . ex possessione vi eiectus est, quod eius is qui eiectus est


possederit, quod neque vi . . . possederit ab eo, quei eum ea posses-
sione vi eiecerit, wo neben der Wendung ex possessione vi eiectus ein
nachfolgendes Erfordernis des Besitzes keinen Sinn mehr hätte.
Graz. P. K o s c h a k e r .

Fritz Schulz, Sabinus-Fragmente in Ulpians Sabinus-Kom-


mentar. Halle a. d. 8. 1906. Yerlag von Max Niemeyer.
96 Seiten.
Der Verfasser, der den Lesern dieser Zeitschrift bereits durch eine
im vorigen Bande veröffentlichte vortreffliche Studie über Klagen-Zession
bekannt ist, stellt sich nach dem Vorgänge von Lenel (Palingenesia und
Sabinussystem) die Aufgabe, in dem Sabinus-Kommentare Ulpians
denjenigen Sätzen Sabins nachzuforschen, die ihm, ohne daß er aus-
drücklich als Autor genannt wird, zugehören, gleichviel aus welchem
seiner Werke sie entstammen. In Betracht kommen hierbei natürlich
in erster Linie das ius civile, nebenher aber auch in der Vermächtnis-
lehre die libri ad Vitellium, beim furtum der liber singularis de furto,
ferner die Responsen.
In einer kurzen Einleitung (S. 1—10) legt Schulz dar, nach
welchen Grundsätzen der Kommentar Ulpians angelegt sei und nach
welchen Kriterien man den Sabinustext von den erläuternden Aus-
führungen des Kommentators zu sondern hat. Er geht hierbei mit
Jörs (Art. Domitius Ulpianus in Pauly-Wissowas Realenzyklopädie)
von der Annahme aus, daß Ulpian Sabin in der Regel wörtlich aus-
geschrieben und dann mehr oder minder eingehend kommentiert habe.
Hierbei hatte er gewiß den Sabinustext auch äußerlich ersichtlich ge-
macht. In der überlieferten Gestalt seines Kommentars ist davon
jedoch nichts mehr erhalten, da die Kompilatoren in dem Bestreben,
den Text zu kürzen, die bezüglichen Bemerkungen Ulpians gestrichen
haben, ein Verfahren, das bereits dem Verfasser der Vaticana fragmenta
beliebte. (Vgl. jedoch auch P. K r ü g e r , Deutsche Lit.-Ztg. 1906, Sp. 1782.)
Man muß daher nach Kriterien, die sich aus der Anlage des Werkes
ergeben, den Sabinustext zu verifizieren suchen.
Grundsätzlich hat Ulpian die Entscheidungen Sabins Satz für
Satz, beziehungsweise Wort für Wort erläutert, wobei er in der Regel
mit den Phrasen quod sie aeeipiendum est, quod dicitur, quod scrip-
tum est seine eigenen Darlegungen einleitet. Starre Regeln lassen
sich hier natürlich nicht aufstellen. Am sichersten wird man immer
dann eine Entscheidung als von Sabin herrührend betrachten dürfen,
wenn sie in der Folge Satz für Satz oder Wort für Wort erläutert
wird. Schulz gibt hierfür p. 6 ein Beispiel. (Vgl. auch p. 15, 17,
21, 37, 42 u. a. m.)
Die Erläuterungen Ulpians sind dem kommentierten Text gegen-
über bald zustimmend, indem sie eine Paraphrase desselben geben und

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