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für den Bereich der Rechtsgeschichte, zumindest für jenen lichen Rechtstradition weitergewirkt 1 hat: Die Respektierung
Rechtsakt aus der gewisserma13en vorpneumatischen Urzeit des kirchlichen Dienstalters. Die Bezeichnung und Anrede der
der Kirche, schon immer vermuten. Jetzt aber konnen wir Glaubensgenossen als dosJ.cpot. Die Auswahl, Prasentation
es fastschon beweisen, nicht zuletzt mit Hilfe der drei Texte zum (und Auslosung) eines Amtstragers in der Plenarversammlung.
jüdischen Kirchenrecht, die in den letzten 50 Jahren entdeckt und Das zugehorige Gebetsritual. Die Termini TÓ:rror;, xAfíeor; (xa-ra­
inzwischen mit einiger W ahrscheinlichkeit datiert sind : Pseudo­ ed}µsív, avyxa-r:atpr¡<pít;sw), o,auov{a, dnoawJ.17, lmaxonÍ) und lní­
philon25 f., Damaskustext und Ordensregel von Jericho. Da13 axonor; samt all den Rechtsanschauungen, die sich mit diesen
die Auswertung dieser Texte für das Verstii.ndnis der ganzen Begriffen verbinden.
urchristlichen Rechtsgeschichte von hochster Bedeutung ist,
liegt auf der Hand. Hier stellen wir nur zusammen, was in 1) Traditionselemente, die spiiter transformiert wurden, stehen in

Ag. 1, 13ff. zur jüdischen Erbmasse gehort und in der urkirch- Klammern.

<Pilo� �ov Kaiaa�o�


Von Emst B a m m e l, Erlangen
Ernst Kohlmeyer zum siebzigsten Geburtstag
Als Pilatus Jesus freilassen will, erklaren ihm die Juden: Die Makkabaerzeit war die letzte als genuin jüdisch emp­
Wenn du diesen freilii.13t, bist du des Kaisers Freund nkht fundene Geschichtsperiode, ilire Zeugnisse wurden als Helden­
(mehr)1. bücher fleillig gelesen. Da in ilmen der titulare Gebraucb
Dies Wort, meist als paraphrasierender Ausdruck einer unserer Wendung fast ganz vorberrscht 1 und auch in der
allgemeineren Beschuldigung verstanden 2, ist an sich eine neutestamentlichen Zeit sich daran nichts Entscheidendes ii.n­
überraschende Wendung; die erwartete Feststellung eines dert 2, vielmehr gerade im Jahre 43/44 n.Chr. die Abwandlung
Sachverhalts wird übersprungen und auch die Zuspitzung auf <piloua{aae in einem geradezu staatsrechtlich strengen Sinne
die Person des Prokurators in die ungewohnliche Form ovx El verwandt wird 3, ist es schon wahrscheinlich, da13 auch Joh 19, 12
cpO.or; Tov Kataaeor; gekleidet. Sie ist es um so mehr, als auch in diesen Zusammenhang gebort.
das materiale Problem, wieso nii.rnlich Pilatus die Drohung
nicht nur nicht geahndet, sondern sogleich vor ilir zusammen- manche Deillmanns Autoritat hat seiner Meinung Eingang in
geknickt ist, viele Scbwierigkeiten macht. Ko=entare verschafft 4, aber sie ist nicht eigentlich
Adolf Deillmann hat nun erstmalig auf die Vorgescbichte fruchtbar
Das mag
gemacht worden für die Erhellung der Situation 5•
daran liegen, da13 es aucb bei Annahme eines titu­
dieses Begriffes aufmerksam gemacbt und die Moglichkeit laren Hintergrundes
der Einwirkung eines titularen Gebrauchs im Jesusprozesse er­ der Wendung unsicber bleibt, ob es sich
wogen 3, freilicb ohne die Frage zu entscheiden und daraus nur um eine Phrase im Munde der Juden, ein Stilmittel des
Konsequenzen für die Exegese zu ziehen. Er selbst hat zwei Evangelisten oder doch um eine verliehene Würde handelt und
Hinweise für eine uralte Verwendung des Titels gegeben. In wieso der Einwurf solche Wirkung haben konnte. Es mu13 dar­
dieserr.. Zusammenbang ist es nur notig, auf zwei Strange dieser um der Versuch ein•er noch 6 konkreteren Interpretation ge­
macht werden.
Tradition hinzuweisen, weil beide mit dem Judentum in enger
Berübrung stehen.
Aus dem ptolemaischen A.gypten gibt es eine reiche Fülle gemeint ist (Grimms Vorschliige für das Verstiindnis sind nicht überzeugend
von Nachrichten, die die Existenz des Titels, und zwar die a. a. O. S. 200f.), woraus auch die politische Rolle des Titels im Kampf um
planmafüge Einführung desselben 4. die Zusa=enfassung der die Selbstandigkeit des jüdischen Staates erhellt (es ist dabei eine sekundare
Titeltrager in einer Rangklasse 5 und den Einflul3 dieser cplJ.ot Frage, ob Demetrius Simon wirklich so angeredet hat oder ob es sich um eine
auf die Entscheidungen des Konigs klar aufzeigen 6. Auch das nachtriigliche Umstilisierung der Adresse handelt, was der auch sonst er­
in Alexandria verfa13te 3.Makkabii.erbuch ist in der Reihe der kennbaren Tendenz, die Unabhiingigkeit Israels miiglichst frühzeitig anzu­
Zeugnisse nicht unwichtig7 . Na.her freilich liegt das seleuki­ setzen, entsprechen würde).
discbe Vorbild, um so mehr als eine Reihe der so Ausgezeich­
neten Juden waren und wir hauptsachlich durcb eine jüdiscbe 1) Nicht ganz sicher ist, ob es sich, wenn van den Freunden der jüdischen

Schrift von der Sache wissen 8• Die Institution ist genau die­ Führer gesprochen wird (l. Makk. 7, 6; 8, 12 usw.), um eine Institution handelt.
selbe wie in A.gvpten 9. Es gibt die <pílot, von dene11 sicb noch 2) Nichttitularer Gebrauch bei Jos. Ant. 14 § 131; vgl. jedoch 13
die gehobene Klasse der neww, <píJ.o, 10 abhebt. Mindestens die §§ 85 und 145.
letzteren werden in einer besonderen Liste gefübrt 1. Die Er­
1
nennung zum <pílor; bewirkt nicht nur ein Verbaltnis zum 3) Auf ciner Münze Agrippas I (BMCG Palestine Tfl 26, 5); sie geht
Konig, sondem auch zu den Mitfreunden, die man sich als zu auf den Abschlull einer <pi).La und avµµaxíei. mit Claudius zurück, die gleich­
einem Gremium versa=elt und also iliren Einflu13 ausübend falls durch eine Münze belegt ist (BMCG Palestine Tfl 42, 10). Herodes Phi­
vorstellt. Die Bezeichnung ist etwas Au13erordentliches, von Iippus und Agrippa selbst in seinen ersten Regierungsjahren setzen zwar den
direkter praktischer Bedeutung und erscbeint darum als ganz Namen des Kaisers auf ihre Münzen, hüten sich aber, diesen Tite! in An­
oben stebend in der Titulatur 12 . Deshalb konnen sicb die Mak­ spruch zu nehmen ! -Auch der Ausdruck <p1J.oewµaior; bezeichnet nicht eine
kabaerbücher nicht genug daran tun, die Bedeutung einer sol­ loyale Geste, sondern ist verliehener Tite! (s. I.Makk.14,40; vgl. Pauly­
chen Auszeichnung zu betonen. Wissowa [ = PW] I, 1832f.).
Th. v. Zahn, Joh.-Evgl. S. 634, wendet sich gegen das passivische Ver­
1) Joh. 19, 12. stiindnis der Bezeichnung und führt dafür den Tite! des Nabatiierkiinigs
') s. schon Hugo Grotius, Annotationes S. 1015. Aretas IV i17::ll' Ol"1'1 an. Aber dieser entspricht dem in den persischen Nach­
3) Licht vom Osten S. 324' Anm. 3. folgestaaten hiiufigen <piUUr¡v und ist kein direktes Gegenstück zu <pt).o­
4) s. M. L. Strack in: Rheinisches Museum 1900 S. 168f.
xa{aae oder <piJ.oewµaior;.
5) Feste Bezeichnung ist b (slr;, nr;) T<ÍJV <pO.wv (vgl.W. Dittenberger, ') Fr. Büchsel S. 171; W. Bauer (1925) S. 213; zurückhaltend iiullert
Orientis Graeci lnscriptiones I Nr.99, 103 u.v.a.). - Eine Klassifizierung der sich R. Bultmann S. 513.
Hoftitel in Form einer Rangliste findet sich bei J. G. Droysen, De Lagidorum 5) Die Folge ist, dall die neueste Exegese, die H. v. Campenhausens (ThLZ
regno .. (Kl. Schriften 11, 369). 1948 Sp. 388) darauf verzichtet, eine historische Bezüglichkeit der Stelle an­
º) 3. Makk. 5, 3. zunehmen.
7) s. Kap. 2, 23tt.; 5, 19 ff.; 6, 23; 7, 3.
6) Wir haben gerade betr. Pilatus einen sehr genauen Bericht darúber,
8) Vgl. C. L. W. Grimm, Das erste Buch der Makkabiier S. 38.
wie man eine Denunziation vornahm und zum Erfolg führte, den in Philos
9) Ob freilich die ptolemiiische Einrichtung van der seleukidischen ab­
Legatio § 299 ft. Dort lag ein bestimmter Grund vor: die Nichtachtung des
hiingig ist, wie dies Dittenberger a. a. O. I, 175 annimmt, scheint mir nach der Sonderstatus van Jerusalem durch Aufstellung einer Votivtafel für Tiberius;
van Leipoldt (Theol. Lit. Bl. 1908 Sp. 561) gemachter. Mitteilung zweifelhaft. da war ein Anknüpfungspunkt gegeben in dem Widerwillen, den Tiberius
- S. Jetzt auch E. Bikerman, Institutions des Séleucides (Paris 1938) gegen die Verehrung seiner Person hatte; dort marschierten drei Gruppen
s. 40-42. van Prominenz gegen Pilatus auf, van denen die eine, die J-lerodiierfürsten,
'º) Vgl. Jos. Ant 12 § 298: ovvawl TWV <pLJ.wv. dazu seit einigen Jahren über besonders gute Beziehungen in Rom verfügten
11) 1. Makk. 10, 65; vgl. aber Kap. 8, 20. (s. Vogelstein-Rieger, Geschichte der Juden in der Stadt Rom I, 16). Und
11) 1. Makk. 13, 36; Simon wird hier gar als {J.or; TWV f)aaiUwv bezeich­ in diesem konkreten Rahmen, der für Pilatus so ungünstig wie miiglich war,
cp
net, womit zweifellos ein Verhaltnis zum lagidischen wie seJeukidischen J-lof taucht erst die Andeutung einer Fernaktion auf (§ 301 Schlull).
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Im augusteischen 1 Rom gab es die Gruppe der amici Au­ man schlie.l3en, daD auch der Ritter Pilatus, der mit der in Rom
gusti 2; unter Tiberius blieb es so 3. Dies ist um so bedeutsamer, immer für wichtig gehaltenen Prokuratur Judii.a betraut und
als die Einrichtung direkt vom Ptolemaerhofe übernommen zu zudem von Sejan mit einem Sonderauftrag in Marsch gesetzt
sein scheint 4 und so indirekt auch die seleukidische Institution wurde 1, unter die amici aufgenommen war. Die Bezeichnung
eine Erneuerung erfahren hat. Damit war auch der rptJ..o,;­ des Pilatus als rpíJ.o,; wií Kaíaaeo,; entpricht so ganz dem Bild,
Begriff der Makkabaerbücher wieder hochst aktuelle Gegen­ das uns die anderen Quellen vermitteln.
wart. Mommsen bemerkt, da.13 die Bezeichnung amicus titular
Amici Caesaris waren generell alle Senatoren, Ritter nur, nicht verwendet wurde, ,,offenbar weil es für dritte sich nicht
soweit sie besonders dazu berufen waren 5. Pilatus aber war schickt, das personliche Verhaltnis zwischen dem princeps und
Ritter 6, so da.13 sich über seine Zugehorigkeit zu den amici a einem Untertan zu definieren" 2, und es ist eine Tatsache, da.13
limine nichts aussagen lii.J3t 7. Inschriften mit entsprechendem Titel selten sind. Aber die
Das Einzige, was wir über seine Stellung in Rom er­ Zugehorigkeit war doch leicht feststellbar. Hochstwahrschein­
schlie.l3en konnen, ist, da.13 er eine Kreatur Sejans war 8. Dieser lich auch ganz einfach an dem goldenen Ringe mit Kaiserbild 3,
entstammte auch ritterlichem Geschlecht 9. Aber er hatte die den der so Ausgezeichnete trug 4 • Mindestens dadurch konnte
dem zweiten Stand gesetzten Schranken beizeiten hinter sich den Juden Kenntnis und dauernde Veranschaulichung des
gebracht. Der Mann, der 20 post die ornamenta praetoria emp­ ,Charakters' ihres Fronvogts zuteil geworden sein.
fing, der 31 gemeinsam mit dem princeps das Konsulat an­ Nicht nur der Rang, sondern auch die Art der Protektion
trat und dazu die prokonsularische Gewalt erhielt, dem der war natürlich für den Prokurator eine Auszeichnung, bis zu
Senat bei seiner Ankunft in Rom wie dem Kaiser entgegenzu­ dem Augenblick, wo Sejan gestürzt wurde. Nun begann das
gehen beschlo.13 10, wahrend ihm gleichzeitig die Adorationszere­ Kesseltreiben gegen seine Günstlinge 5• Dafür, da.13 es nicht auf
monien des romischen Heeres zuteil wurden 11, war selbstver­ Rom beschrankt blieb, wie es nach den erhaltenen Stücken des
standlich rpíJ.o,; 12. Tiberius nannte ilin in einem speziellen und Tacitus den Anschein hat, gibt es einige Anzeichen. Noch im
heraushebenden Sinne socius, namlich ,wwwvo,; .wv rpeov.ífiwv, Jahre 39 konnte gegen Antipas, den Tetrarchen von Galilaa
ja die Skala der Range wird vollig überboten: l:r¡ iav6,; n: ó und !duma.a, Stimmung gemacht werden mit der Behauptung,
eµ6,; 13. DaD auch die, die mit ihm stiegen, in die Klasse der daD er ein Anhanger Sejans gewesen sei 6. Und in die Ausein­
amici aufgeno=en wurden, darf man annehmen. Quisque andersetzungen innerhalb des romischen Lagers führt die Be­
Seiano intimus, ita ad Caesaris amicitiam validus, so wird merkung des Tacitus hinein, da.13 die syrischen Legionen als ein­
spii.ter treffend die Situation gekennzeichnet 14 . Davon müssen zige im Reich die Verehrung desBildes Sejansabgelehnt hatten 7•
viele Ritter gewesen sein 15, denn unter denen, die im Zu­ So konnte auch für den Prokurator in Caesarea ein kritischer
sammenhang mit dem 18. 10. 31 verfolgt wurden, findet man Augenblick kommen. DaD wirklich Ma.l3nahmen gegen ilin an­
Ritternamen in einem ungewohnlichen Verhaltnis16. So darf liefen, erkennt man noch an der schlagartigen Einstellung sei­
ner Provokationsprii.gungen in eben den ersten Monaten nach
1) Ansatzhaft gab es Ahnliches schon je und dann bei einigen Magnaten dem Sturz Sejans 8 und der alsbaldigen Emission einer starken
der spiitrepublikanischen Zeit; am drastischsten die Bezeichnung der Privat­ antiochenischen Ersatzserie 9 . Und dies ist die Situation 10, in
armee des Scipio Africanus bei Appian, Hisp. 84 (vgl. Mommsen, Ges. Schr.
VI, 2 f.). wandter Sejans, dann also hiichstY,iihrscheinlich auch Ritter, jedenfalls nich t
2) s. L. Friedliinder, Darstellungen .. 1 10 (1922), 74ff. - Es ist dies Angehéiriger eines alten Geschlechts (Ann. 6, 7: originem non repperi). P. Vi­
schon gelegentlich zu Joh. 19, 12 notlert worden, aber nur in negativem Sinne: tellius stammte aus ritterlichem Geschlecht (Sueton Vit. 2); bei Q. Servaeus ,
so kiinne es nicht gemeint sein (Keil S. 545). dessen früherem Genossen in der Gefolgschaft des Germanicus, miichte ich
3) Dio 57, 11. dasselbe annehmen, denn diese socii werden demselben Range entnommen
') s. Daremberg-Saglio, Dictionnaire I, 228; H. Zilliacus, Untersuchun­ sein wie die Reisebegleiter des Tiberius in dessen Prinzenzeit (s. Tac. Ann.
gen zu den abstrakten Anredeformen ... (Helsinki 1949) S. 56; anders Momm­ 6, 10; schon Mommsen, Hermes 1870, 123f. anerkennt, daB es sich im wesent­
sen, Hermes 1870 S. 124 A.1 (vgl. jedoch Riim. Gesch. V, 342) und neuer­ lichen um Ritter handelte; Friedliinders Vermutung (I, 78 A. 16) müBte noch
dings Kortenbeutel in PW 20, 1, 96. erwiesen werden). - Auch von den anderen scheint mancher nur als candi -
6) Th. Mommsen, Staatsrecht 2, 834. - Auf den Unterschied zwischen datus principis (s. Mommsen StR III, 508) in den Senat gekommen zu sein.
Freunden 1. und 2. Klasse, wie er aus Sueton Tib. 46 und der bei Mommsen 1) Das ergibt sich aus dem Philo-Resümee von Euseb h. e. 2, 5, 7, wo

a.a. O. Anm.2 wiedergegebenen Inschrift hervorgeht, ist hier nicht niitig ein­ durch den parallelen Satzbau eine Relation zwischen der antisemitischen Ak­
zugehen. tivitiit Se¡ans in Rom und Pilatus' in Judiia ausgedrückt ist, und den bei
6) s. J. Felten, Neutestamentl. Zeitgeschichte I, 172. Schürer, Gesch. d. jüd. Volkes . . I11, 678 A. I 22 wiedergegebenen PhiloauBe­
7) Friedliinders Meinung a.a.O. I, 77, daB die Prokuratoren ex officio rungen über Sejans bohrende Tatkraft in dieser Sache.
auf diesen Tite! Anspruch hatten, ist für das l . Jahrhundert nicht nachweis­ 2) StR 2, 2, 835. - Dies entspricht nicht ganz dem seleukidischen und

bar; s. das Material bei O. Hirschfeld, Die kaiser!. Verwaltungsbeamten ptolemaischen usus, wo eine fortschreitende Entwertung der Tite! im ersten
S.449 Anm. Jahrhundert auch diesen der Üffentlichkeit der Inschriften preisgegeben
8) s. E. Stauffer in La nouvelle Clio 1950 S. 505f. und vgl. Sp. 208, Anm. 1 hatte, wohl aber der augusteischen Tendenz auf Aufwertung der Tite! und
9) Vater (Dio 57, 19) wie Stiefvater (Plinius hist. nat. 6, 160) waren sinngemiiBe Verwendung der Formen.
Ritter und er selbst hatte als praefectus praetorio eine vorzugsweise dem 3) Abbildung eines solchen Ringes bei Daremberg-Saglio I, 296.
Ritterstand offenstehende Stelle inne. Auch wenn man mit Mommsen StR I, ') Wir wissen aus Sueton Tib. 58 und Sen. De Benef. 3, 26, 1, daB solche
499, III, 500 eine prinzipielle Erblichkeit der Ritterwürde ablehnt (anders Ringe z. Z. des Tiberius getragen wurden. Nach Plinius (hist. nat. 33, 41)
Kübler PW VI, 295), wird man eine faktische Vererbung doch im allgemeinen handelt es sich dabei um ein ius, das den Personen, die die admissio libera
voraussetzen dürfen. hatten, also den amici verliehen war, und zwar schon in vorklaudianischer Zeit
lO) Dio 58, 4; vgl. Tac. Ann. 4, 74. (so ist die Stelle gegen Friedliinder I, 93 u. a. zu interpretieren).
11) Tac. Ann. 4, 2; Sueton Tib. 48. - Vgl. jetzt A. D. Nock in Joy of 6) Es kamen natürlich weit mehr zu Fall, als bei Tacitus zu lesen steht
study - Festschrift für F. C. Grant (New York 1951) S. 138. (vgl. auch die Bemerkung in Ann. 6, 7 SchluB). Der Bericht über die erste und
12) s. Friedliinder IV, 62. schlimmste Zeit nach der Hinrichtung Sejans ist nicht erhalten (s. aber 5, 9:
13) Dio 58, 4; vgl. Tac. Ann. 4,2: socius laborum - Wenn man einen reliqui Seiani liberi sowie den Rückverweis in 5, 8 auf die Flucht des Aelius
Rang für ihn bestimmen will, muB man ihn den avyywéi,; wií {JctaiUw,; Gallus - wohl auch eines Ritters - in den Garten eines Freundes), und den
zurechnen, die es am la¡;,idischen Hof gab; Sejan war mit einer Julia verlobt AbschluB seiner Darstellung der Affiire bildet eine summarische Notiz, die
(s. PW I, S. 31). einen griiBeren ProzeB oder ga,r eine Massenexekution nahelegt (6, 19; vgl.
14) Tac. Ann. 6, 8. Suet. Tib. 61 und Dio 58, 21). Bei der Darstellung der Prozesse in den Jahren
15) Offenbar spielten in die Bestrebungen Sejans auch Velleitiiten der 32-34 scheint jedoch keine griiBere Anzahl von Fallen übergangen worden
Ritter gegen die von Augustus bevorzugten altsenatorischen Geschlechter hin­ zu sein (s. auch G. R. Sievers, Studien zur Geschichte d. riim. Kaiser S. 94f.).
ein, wiihrend spiiter die Ritter (als zuverliissiger) immer mehr von den Kaisern 6) Jos. Ant. 18 § 250.
gehoben wurden. - In der Zeit des Tiberius ist überhaupt eine Konsolidie­ 7) Ann. 4, 2.
rung des Ritterstandes zu beobachten. Jm 11. Jahre seiner Regierung wurde 8) s. E. Stauffer a. a. O. S. 508.
erstmalig eine Art Standesordnung festgelegt (Plin. hist. nat. 33, 32), und Ti­ 9) s. meinen Artikel im Journal of Jewish Studies II (1951) S. I 0!!ff.
berius selbst verlieh zum ersten Male einem Ritter, Masurius Sabinus, die Voll­ 1 º) Über den Stand der Forschung bez. des Todesjahres Jesu s. jetzt

macht, Rechtsbescheide in seinem Namen zu erteilen (Pompon. Dig. I, 2, 2, die umfassende Zusammenstellung bei D. Lazzarafo, Chronologia Christi ..
48. 50). Vgl. auch die folgende Anm. (Neapel 1952) S. 433ft. - Jeder nach 31 liegende Termin ist mit der These
16) Tacitus macht, wenn man von den Kindern Sejans absieht, 12 Per­ dieses Artikels vereinbar, da nach Tac. Ann. 6,30 die Verfolgung der Sejan­
sonen, gegen die ein Gerichtsverfahren angestrengt wurde, namhaft (s. Dürr, anhiinger mindestens bis ins Jahr 34 weiterging. Am besten harmoniert die
Die Majestiitsprozesse unter dem Kaiser Tiberius, Schulprogramm Heilbronn Ansetzung auf Ostern 32, über welchen Termln E. Stauffer eine Untersuchung
1879/80 S. 28 f.). Darunter werden als Ritter bezeichnet Geminius, Celsus, veriiffentlichen wird (St. hat erstmalig - Dt. Pfarrerblatt 1950 S.335f. -auf
Pompeius (Ann.6, 14), Minucius Thermus (Ann. 6, 7), M.Terentius (Ann. 6, 8). die miigliche Beziehung zwischen den Wirren um Sejan und dem JesusprozeB
Seius Quadratus war nicht Senator, nach PW IIA, 1124 vielleicht ein Ver- hingewiesen). - Betr .früherer Ansetzungen der Passion Jesu kann ich hier
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der allein das Wort von Joh. 19, 12 zu ei.nem scharfen Schwert der Begünstigung eines Hochverraters di.es drohende Verhang­
werden konnte 1. nis zu einem unentrinnbaren machen konnte und da13 in Rom
Pilatus hatte an Jesus keine Schuld gefunden und darauf in diesem Augenblick auch eine wenig begründete Anzeige auf­
in mehrfacher Weise versucht, si.ch über seine Freilassung mit merksame Ohren finden würde; und darum wird das Zwei­
den Juden zu einigen, welche Absicht einem nur immer hart­ deutige der Pramisse von dem bezwingenden Klang jener
nackiger werdenden Téitungswillen der Juden, zuletzt mit aus­ Formel überdeckt.
gesprochen theologischer Motivierung (19, 7), begegnet. Da Man darf als sicher annehmen, da.B den Juden in Jerusa­
horcht er auf, lafü Jesus ins Pratorium hineinführen und be­ lem die innerpolitische Situation des romischen Reiches wohl
ginnt so etwas wie ein theologisches Verhor; aber auch jetzt bekannt war 1 ; dann auch die besondere Lage des judaischen
kommt nichts Belastendes heraus. Da spielen die Juden il1ren Prokurators. Kaiphas ware ein schlechter Politiker gewesen,
starksten Trumpf aus: v. 12. Der Nachsatz bringt die Prii.misse, wenn er das nicht ausgenutzt hii.tte. Da13 er es nicht war, be­
die den Vordersatz begründet: nci,; ó {JaaiJ.ia saV'l:ov notwv weist die Tatsache, da.B er si.ch so lange wie kein anderer Hoch­
dvnJ.iyst •o/ Kataaet. Aber eben das war bisher noch keines­ priester in herodianisch-réimischer Zeit in seinem Amte hielt.
wegs festgestellt; weder da13 Jesus si.ch in einem spezifischen So steht auch auf di.eser Seite nichts der Historizitat des Wor­
Sinne zum Konig gemacht hatte noch der Gegensatz zum tes entgegen 2.
Kaiser in Rom 2• Darum war die Anwendung di.eser These im Die Andeutung 3 am Eingang des Prii.toriums 4 - vielleicht
Vordersatz héichst windig. Hatte man si.e nur in einfacher Forro mit einem vielsagenden Blick auf des Pilatus Ring ausgespro­
vorgenommen, etwa: darum ist seine Freilassung untunlich chen - hatte vollen Erfolg 5• Der Prokurator, bisher zwischen
oder auch: wenn du ihn freila13t, so handelst du nicht im Sinne Nachgiebigkeit und hohnischer Abweisung 6 der Juden schwan­
des Kaisers, so ware das gleich einsichtig. Aber durch die per­ kend, wu.Bte nun Bescheid. Er besteigt das Berna und verur­
sonliche Formulierung auch des zweiten Gliedes im Vordersatz teilt Jesus. -
ist es verdeckt. Das war einsichtig, da13 Pilatus in der Gefahr
stand, aus der <ptM<J. wv Kataaeo, auf hochst unsanfte Weise gerichts (dessen Kompetenz keine scharfen Orenzen gezogen waren) schon in
entfernt zu werden3, das war klar, da13 auch nur der Anschein augusteischer Zeit wird vielleicht am deutlichsten im Falle des Ritters und
Prokurators van Ágypten C. Oallus (Suet. Aug. 66; Dio 53, 23). - Über den
nur auf die neueste, diejenige Hiilschers: Ostern 27 (Die Hohenpriesterliste ..., rechtlichen Untergrund von Begriffen wie amicitia, iniuria, inimicitia s.
1940, S. 26ff.) - van L.leider nicht erwahnt - hinweisen, eine Auffas¡;ung; einiges bei R. Reitzenstein, Zur Sprache d. lat. Erotik S. l 6ff.
der man freilich im Blick auf die Ansetzung der Bekehrung des Paulus, die 1) Um so mehr, wenn, wie dies Philo behauptet, tatsachlich das Ende der
Errechnung des 15. Jahres des Tiberius und die Konzentrierung der a-z:áact, Sejanara einen einschneidenden und raschen Wechsel der Judenpolitik Roms
auf das erste Amtsjahr des Pilatus nicht ohne weiteres wird folgen kiinnen. mit sich gebracht hat (Leg. § 161).
1) J. Blinzler, Der ProzeB Jesu (1951) S. 99 weist zwar nach dem Vor­ 2) Oegen eine johanneische Pragun¡¡ der Wendung spricht auch, daB in
gang van K. Kastner, Jesus vor Pilatus S. 100 und B. WeiB S. 662 auf die Kleinasien die Bezeichnung <pt?.oas{Jaa-z:ó,; viel haufiger war als <pt?.oxa{aae;
Empfindlichkeit des Tiberius gegenüber Majestatsbeleidigungen hin. Das ist vgl. jedoch den Tite! des Oberpriesters des Kaiserkultes von Asia in der von
eine wichtige Konkretisierung. Aber sie genügt nicht. Denn einmal beziehen J. Keil in Osterr. Jhefte 1908 S. 103 herausgegebenen lnschrift (die Deutung
sich die angeführten Zitate auf die besondere Lage der Hauptstadt (und sind des Titels ist noch umstritten).
3) Das ixeav aaav in v. 12 ist einfacheine Dublette von v.6; das IJJ.
auch da durchaus nicht ohne Einschrankungen gültig, s. dafür PW X, 516ff.), y ey ov
zum anderen ist doch im Normalfall immer eine ordentliche Untersuchung er­ der prima manus des Sinaiticus dürfte die richtige Lesart sein. Dafür spricht
folgt, dies um so mehr, je weniger die stadtischen Behiirden direkt an der Sache auch, daB im Oegensatz zu v. 6 als Sprecher nur die'/ovoaíot, welcher Aus­
interessiert waren und es sich um die Beschwerde gegen einen riimischen Ver­ druck im Joh.-Evgl. die führenden Kiipfe der Juden bezeichnet, nicht aber
waltungsbeamten, dessen Stellung gerade van Tiberius besonders gefestigt war, die vnr¡el:r:at genannt sind.Damit erledigen sich auch die von Wellhausen S.85
handelte. Nur in einer hektischen Situation konnte der JesusprozeB für Pilatus angemeldeten Bedenken gegen die Historizitii.t der Szene.
zum Fallstrick werden. - Noch unbefriedigender wirken die Darstellungen 4) Pilatus scheint ahnlich wie bei der ersten Zurschaustellung Jesu(l 9,4f.)
bei K. Bornhauser S. 116 und J. Pickl, Messiaskiinig Jesus S.117. vor diesem das Pratorium verlassen zu haben (Vgl. auch Bultmann S. 503,
2) Vgl. auch Bultmann S.514. Anm. 2). So wird, da die Annahme einer nachtrii.glichen AuBerachtlassung des
3) Über die Folgen auch nur einer renunciatio amicitiae s. H. Volkmann, Orundsatzes van Kap. 18, 28b doch schwierig ist, das Oesp-rach mit den jüdi­
Zur Rechtsprechung im Prinzipat des Augustus S. 105ff. - Wie unzuverlii.ssig schen Führern als am Portal des Amtsgebaudes stattgehabt zu verstehen sein.
die an sich sorgfaltige Senatsrechtsprechung in einer kritischen Lage wurde, 5) v.15 ist kein echter Versuch mehr, Jesus zu retten.
dafür s. Tac. und Sueton a. a. O. - Die Oefahrlichkeit des kaiserlichen Haus- 6) s. besonders Kap. 18, 31 und 19, 6b.

RELIGIONSWISSENSCHAFT lebendig geblicben ist und si.ch immer wieder Ausdruck zu


schaffen sucht.
Die erste Abhandlung, die gréifüe von den drei, ,,Ergebung
Rowley, H. H., o. o., F. B. A.: Submission in Suffering and other im Leiden", die dem Buch den Titel gegeben hat, will, wie der
Essays on Eastern Thought. Cardiff: University of Wales Press 1951. Untertitel sagt, das vergleichend mustem, was ostliches Den­
IX, 170 s. 8 °. Lw. s 12.6. ken über Ergebung als Mittel, mit dem Leid fertig zu werden,
Di.eser Band legt drei bereits in den Jahren 1940-1948 zu sagen weill. Es wird hier also weder ein Versuch zur Léism1g
veroffentlichte Abhandlungen in überarbeiteter Gestalt vor, des Leidproblems unternommen noch überhaupt prinzipiellen
namlich Submission in Suffering: A Comparative Study of Erorterungen um ihrer selbst willen Raum gegeben, sondern
Eastem Thought (S. 1-73), The Chinese Sages and the Goldcn in objektiver Berichterstattung die Art beschrieben, wie si.ch
Rule (S. 74-107), The Chinese Philosopher Mo Ti (S. 108 bis Altes und Neues Testament, Hinduismus und Buddhismus,
144) und fügt ilmen eine ausführliche, in A. Chinesische Reli­ Dschahilijja und Islam, Confucius, Mengt-tze und Mo-tze mit
gion, B. Brahmanismus und Hinduismus, C. Buddhismus, dem Leiden abfinden und es überwinden. Dabei lii.13t die Zu­
D. Jainismus, E. Islam, F. Babylonische Religion, G. Judais­ sammenstellung der hier in Betracht kommenden Auffassun­
mns und Christentum, H. Werke allgemeiner Art gegliederte gen des ofteren auf einzelne Erscheinungen erhellendes Licht
Bibliographie (S. 145-157) sowie Indices für Sachen, Moderne fallen. So wird es klar, da.B zwar auch Indien um enge Ver­
Autoren und Stellen (S. 159-170) hinzn. Wie es bei der bindung von Leiden und Schuld weill, da13 hier aber in Aus­
zweiten und dritten Abhandlung schon die Titel erkennen wirkung der Kanna-Lehre das als Strafe für Sünde gewertete
lassen uncl. bei der ersten die Lekture es alsbald zeigt, nimmt Leid nicht immer die schuldige, sondem eine spatere Inkar­
chinesisches Denken und Glauben in dem Buche einen sehr nationsstufe trifft und da.B diese Auffassung den Willen zur
breiten Raum ein. Das mag angesichts der Tatsache, da13 der Mitarbeit an der Besserung der Verhaltnisse di.eser Welt eher
Verf. im übrigen der Welt als Alttestamentler rühmlichst be­ hemmt als belebt, dafür aber die Sorge um die Veredelung
kannt ist, manchem als auffallig erscheinen. Wer seinen des für die Art der künftigen Geburt entscheidenden Charak­
Lebensweg aber etwas genauer kennt, der weill, da13 Rowley ters beflügelt. Weiter hebt si.ch Mo-tze aus der Reil1e der
vor Ubernahme des Lehrstuhls für semitische Sprachen an der übrigen chinesischen Denker insofern heraus, als er freudig
Universitat Manchester nicht nur einige Jahre am University stellvertretend für andere Leid auf si.ch nimmt und si.ch dabei
College of North Wales, Bangor das Fach der Religions­ bewufü dem Willen eines perséinlich gedachten Gottes unter­
geschichte vertreten, sondem davor auch dem Lehrkorper der wirft.
Cheeloo-Universitat in Tsinanfu, China, angehéirt und si.ch da­ Die zweite Vorlesung, die über ,,Die Chinesischen Weisen
mals gründlich mit dem chinesischen Volk einschlie.Blich und die Goldene Regel", führt nach der Feststellung, da13 es
seiner Sprache vertraut gemacht hat, und versteht es, da13 das bei der Beurteilung des Wertes der hier in Betracht kommen­
damals geweckte Interesse für chinesisches Denken bei ilm1 den Satze weniger auf ihre Form, ob sie nii.mlich positiv oder

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