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10.

Vorlesung
Wiederholung

1. Wer ist Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz?

Hersteller gem. § 4 ProdHaftG:


• wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat
• wer sich durch Anbringens seines Namens oder seiner Marke als Hersteller ausgibt (Quasihersteller)
• wer das Produkt importiert

2. Was ist Besitz? Was ist Eigentum?

Besitz = tatsächliche Sachherrschaft


Eigentum = rechtliche Sachherrschaft

3. Paul Porsche (P) fährt mit seinem neuen Sportwagen durch die Gegend. Ist er Eigentümer des Fahrzeugs?

• P übt die tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrzeug aus und ist damit dessen Besitzer gem. § 854 BGB.
• Gem. § 1006 I BGB wird vermutet, dass er als Besitzer der Sache auch der Eigentümer ist.

Zur Erinnerung:
• Abstraktionsprinzip: schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft und sachenrechtliches Verfügungsgeschäft sind voneinander zu trennen und können
unabhängig voneinander wirksam sein.
• Die dingliche Rechtslage (Eigentumssituation) ändert sich nur durch das Verfügungsgeschäft.

Abstraktionsprinzip

Ebene 1 Verpflichtungsgeschäft • Wirkung: Begründung einer Leistungsverpflichtung

Ebene 2 Verfügungsgeschäft • Wirkung: Anderung der dinglichen Rechtslage durch Erfüllung der Leistungsverpflichtung

Eigentumserwerb

bewegliche Sachen
§§ 929 ff.

I
Einigung Übergabe

Übereignung gem. § 929 S.1 BGB

Voraussetzungen:

• Berechtigung des Veräußerers


Veräußerer muss selbst Eigentümer oder der Eigentümer muss ihn zur Übereignung ermächtigt haben
• Einigung über Eigentumsübertragung
• Übergabe der Sache
• Einigsein zum Zeitpunkt der Übergabe

Grundstücke §§
873 ff. BGB

Auflassung §§ Eintragung im
873, 925 BGB Grundbuch
Einigung

• Veräußerer und Erwerber müssen sich darüber einig sein, dass das Eigentum an der Sache auf den Erwerber übergehen soll.

• Für die Einigung gelten die allgemeinen Regeln über Rechtsgeschäfte gem. §§ 104 ff. BGB; d.h. jede Willenserklärung muss mit Abgabe oder
durch Zugang wirksam geworden sein und es dürfen keine Nichtigkeits- oder Unwirksamkeitsgründe vorliegen.

• Hinreichende Bestimmtheit der Einigung erforderlich: es muss deutlich werden, an welchen Sachen der Eigentumswechsel eintreten soll.

Die Einigung kann auch unter Bedingungen geschlossen werden (§ 158 BGB)

Beispiel:

A und B einigen sich, dass B Eigentümer des Rasenmähers von A wird, wenn A in eine Mietwohnung ohne Garten umzieht.

aufschiebend bedingte Übereignung

Kauf unter Eigentumsvorbehalt gem. § 449 BGB

Das Eigentum an der Sache soll erst dann übergehen, wenn der Kaufpreis vollständig gezahlt worden ist. Bis dahin hat der Vorbehaltskäufer ein
Anwartschaftsrecht.

Beispiel:

A veräußert sein Auto an B für 12.000 € und übergibt es dem B. Die Parteien vereinbaren monatliche Ratenzahlung in Höhe von 1.000 €. A behält
sich sein Eigentum bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vor.

Trotz Übergabe wird B erst nach Zahlung der letzten Kaufpreisrate Eigentümer des Autos

Übergabe nach § 929 S.1 BGB

• Der Veräußerer gibt den unmittelbaren Besitz auf.

• Die Aufgabe des Besitzes kann auch dadurch erfolgen, dass der Veräußerer seinen Besitzdiener, seinen Besitzmittler oder seine Geheißperson
anweist, die Sache dem Erwerber zu übergeben.

• Der Erwerber erhält unmittelbaren Besitz; auch er kann sich einer Hilfsperson bedienen.

Übergabe kurzer Hand gem. § 929 S.2 BGB

• Die Übergabe ist entbehrlich, wenn der Erwerber schon Besitzer der Sache ist.
• Es genügt die dingliche Einigung.

Beispiel:

A hat sich den Rasenmäher des B ausgeliehen. Da sich B aber inzwischen einen Aufsitzrasenmäher angeschafft hat, veräußert er den
Rasenmäher an A, der bereits unmittelbarer Besitzer des Rasenmähers ist.

Übergabesurrogate

Die Übergabe kann ersetzt werden


• durch Besitzkonstitut gem. § 930 BGB

Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses, wonach der Erwerber mittelbarer Besitzer wird und der Veräußerer unmittelbarer Besitzer bleibt

Beispiel:

A veräußert seinen Rasenmäher an B. Die Parteien schließen einen Leihvertrag für die Zeit, bis A seinen neuen Aufsitzrasenmäher erhält.

• durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen einen Dritten gem. § 931 BGB

Veräußerer und Erwerber schließen einen Abtretungsvertrag gem. § 398 BGB über den Herausgabeanspruch aus dem Besitzmittlungsverhältnis
(z.B. §§ 556, 604 BGB) oder aus §§ 812, 985 BGB

Beispiel:

A hat seinen Rasenmäher an seinen Nachbarn N verliehen. Er veräußert den Rasenmäher an B und tritt seinen Herausgabeanspruch aus § 604
BGB an B ab.
Einigsein bei Übergabe

• Wenn Einigung und Übergabe auseinanderfallen, muss die Einigung zum Übergabezeitpunkt noch bestehen.
• Das Fortbestehen der Einigung wird grundsätzlich vermutet. Es können aber Umstände eintreten, die den Eigentumsübergang verhindern.

Beispiel:

A und B einigen sich darüber, dass B Eigentümer des Rasenmähers von A werden soll. Die Übergabe findet drei Wochen nach der Einigung statt.
Inzwischen ist A aufgrund einer Geisteskrankheit nicht mehr geschäftsfähig. Es liegt zum Übergabezeitpunkt keine wirksame Einigung vor.

Berechtigung des Veräußerers

• Veräußerer ist selbst Eigentümer


• oder der Eigentümer hat ihn zur Übereignung ermächtigt

Gutgläubiger Eigentumserwerb

Eine Eigentumsübertragung kann auch dann wirksam sein, wenn der Veräußerer nicht Eigentümer der beweglichen Sache ist.

→ Übereignung gem. §§ 932 ff. BGB


→ fehlende Berechtigung des Veräußerers zur Eigentumsübertragung wird ersetzt durch den guten Glauben des Erwerbers an das Eigentum des
Veräußerers

Negative Definition der Gutgläubigkeit in § 932 II BGB:

Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

Der gutgläubige Erwerb ist ausgeschlossen, wenn die Sache dem Berechtigten gestohlen, verloren gegangen oder sonst wie abhanden gekommen ist
(935 BGB).

Beispiel:

Benno Böse (B) entwendet das Fahrrad von Peter Pedale (P) und verkauft es auf dem Trödelmarkt an den nichts ahnenden Anton Ahnungslos (A).

Da das Rad gestohlen wurde, kann A daran kein Eigentum erwerben, auch wenn er gutgläubig ist.

Beispielsfall

A leiht B seine Spiegelreflexkamera. Weil B dringend Geld benötigt, veräußert er die Kamera an den gutgläubigen C, dem er vorspiegelt, der
Eigentümer zu sein, zu einem Preis von 120 €.

Hat C das Eigentum an der Kamera erworben?

Ursprünglich war A Eigentümer der Kamera (folgt bereits aus dem Rechtsschein des Besitzes gem. § 1006 BGB)
Eigentumsübertagung an B gem. § 929 S.1 BGB?

Voraussetzungen:

• Einigung (gerichtet auf die Eigentumsübertragung) und Übergabe


• Hier keine Einigung über Eigentumsübertragung, sondern nur über zeitweise Überlassung

→ keine Eigentumsübertragung an B gem. § 929 S.1 BGB

Eigentumsübergang an C durch Einigung mit B und Übergabe der Kamera gem. §§ 929 S.1, 932 BGB?

Voraussetzungen:

• Einigung zwischen B und C über Eigentumsübertragung (+)


• Übergabe (+)
• B ist Nichtberechtigter

→ das Eigentum geht nur auf C über, wenn dieser gutgläubig ist hier (+)
• kein Abhandenkommen gem. § 935 I BGB

→ hier kein unfreiwilliger Verlust des unmittelbaren Besitzes, A hat B die Kamera freiwillig geliehen

Ergebnis:

C ist durch die Einigung mit B und Übergabe Eigentümer der Kamera geworden.

Vertiefungsfall zum gutgläubigen Erwerb

Student Benno Böse (B) findet in der Stadtbibliothek H zwei Bücher, die ihn interessieren. Bei dem ersten Buch handelt es sich um ein Fachbuch
zur Physik, bei dem anderen um einen Abenteuerroman. B beschließt, nur den Abenteuerroman regulär auszuleihen und das Fachbuch aus der
Bibliothek zu entwenden. Er begibt sich mit dem Abenteuerroman zur Ausleihe und lässt ihn da verbuchen, anschließend verlässt er mit beiden
Büchern die Bibliothek.
Nachdem B beide Bücher ausgelesen hat, verfällt er auf den Gedanken, beide Bücher an den Antiquar Arno Alt (A) zu verkaufen. Er entfernt aus
beiden Bänden fein säuberlich alle Hinweise, die auf Bücher aus einer Leihbibliothek schließen lassen. Sodann verkauft B an A den Roman für 15 €
und das Fachbuch für 30 € und händigt A beide Bände aus.
Nach Ablauf der Leihzeit klärt sich der ganze Vorfall auf.

Frage

Kann H von A Herausgabe der beiden Bücher verlangen?

H → A auf Herausgabe der Bücher aus § 985 BGB

Voraussetzung:

H müsste Eigentümerin der Bücher sein


• Ursprünglich (+)
• Eigentumsübertragung an B (-)
• Eigentumsübergang an A durch Einigung mit B und Übergabe der Bücher gem. §§ 929 S.1, 932 BGB?

Voraussetzungen:

• Einigung zwischen B und A über Eigentumsübertragung (+)


• Übergabe (+)
• B ist Nichtberechtigter
→ das Eigentum geht nur auf A über, wenn dieser gutgläubig ist hier (+), B hat Bibliothekskennzeichen entfernt

• kein Abhandenkommen gem. § 935 I BGB?

Abenteuerroman wurde ordnungsgemäß entliehen, H hat Besitz freiwillig aufgegeben

→ hier kein unfreiwilliger Verlust des unmittelbaren Besitzes


→ kein Abhandenkommen des Abenteuerromans

Fachbuch wurde gestohlen


→ unfreiwilliger Verlust des unmittelbaren Besitzes
→ Abhandenkommen des Fachbuchs

Zwischenergebnis:

Am Fachbuch war kein gutgläubiger Eigentumserwerb möglich, Eigentümerin ist weiterhin H.


Der Abenteuerroman wurde von A gutgläubig erworben, so dass H ihr Eigentum daran verloren hat.

A übt die tatsächliche Sachherrschaft über das Fachbuch aus, er ist Besitzer gem. § 854 BGB

A hat gegenüber der Eigentümerin H kein Recht zum Besitz gem. § 986 I BGB

Ergebnis:

H hat einen Anspruch gegen A auf Herausgabe des Fachbuchs aus § 985 BGB.

Sie hat keinen Anspruch auf Herausgabe des Abenteuerromans.


Gesetzlicher Eigentumserwerb

Gem. § 958 I BGB erwirbt derjenige, der eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, das Eigentum daran.

• Herrenlos ist eine Sache, wenn Sie noch nie jemandem gehört hat oder niemandem mehr gehört.
• Eine bewegliche Sache wird gem. § 959 BGB herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der
Sache aufgibt (Dereliktion).

Ersitzung

Wer eine bewegliche Sache 10 Jahre in Eigenbesitz hat, erwirbt gem. § 937 I BGB das Eigentum daran.

Ausschluss bei Bösgläubigkeit (§ 937 II BGB)

Verbindung gem. §§ 946, 947


bewegliche Sache und Grundstück oder mehrere bewegliche Sachen werden so verbunden, dass sie zu wesentlichen Bestandteilen werden
gem. § 93 BGB

Beispiel: "

Handwerker H baut Fenster in das Haus des Grundstückseigentümers A ein. Durch den Einbau verliert H das Eigentum an den Fenstern, und zwar
unabhängig davon, ob er i.S.d. § 929 BGB eine Übereignung vornehmen wollte.

Vermischung gem. § 948 BGB


bei untrennbarer Verbindung

Verarbeitung gem. § 950 BGB


Wer eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigentum daran.

Beispiel

Stofflieferant L verliert sein Eigentum an dem Stoff, wenn die Schneiderin S daraus einen Mantel näht.

Entschädigungsanspruch gem. § 951 BGB

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