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Eine besondere Ausprägung der Privatautonomie betrifft die sog. Vertragsfreiheit, die
sich in die Abschluss- und Gestaltungsfreiheit unterteilt.
Gestaltungsfreiheit („wie“)
Die Parteien können grundsätzlich frei darüber entscheiden, mit welchem Inhalt sie
einen Vertrag schließen. Ausnahme: der Vertragsinhalt verstößt gegen ein
gesetzliches Verbot nach § 134 BGB oder gegen die guten Sitten nach § 138 BGB.
B. Die Rechtsgeschäftslehre
Kernpunkt des allgemeinen bürgerlichen Rechts ist die Lehre vom Rechtsgeschäft.
Grundgedanke der Rechtsgeschäftslehre ist, dass Rechtsverhältnisse durch Rechtsgeschäfte
gestaltet werden. Dabei können die an einem Rechtsgeschäft Beteiligten den Inhalt der
Rechtsgeschäfte grundsätzlich frei gestalten. Der Grundsatz der Privatautonomie und als
deren Ausprägung die Vertragsfreiheit spiegeln sich damit in der Rechtsgeschäftslehre
wieder.
2 Privatrecht- BGB Allgemeiner Teil- Rechtsgeschäftliches Handeln 1 –Grundstudium 1
I. Definition „Rechtsgeschäft“
Rechtsgeschäfte
1. Einseitige Rechtsgeschäfte
3 Privatrecht- BGB Allgemeiner Teil- Rechtsgeschäftliches Handeln 1 –Grundstudium 1
Bei einseitigen Rechtsgeschäften enthält das Rechtsgeschäft nur die Willenserklärung einer
Person. Die gewollte Rechtsfolge tritt bereits mit der Wirksamkeit einer Willenserklärung
ein.
Bsp.: Kündigung, z.B. eines Arbeitsverhältnisses (§ 622 BGB), Anfechtung (§ 142 BGB),
Rücktritt, z.B. von einem Kaufvertrag (§§ 437 Nr. 2, 440 BGB), Erbeinsetzung mittels
Testaments (§ 1937 BGB), Aufrechnung (§ 388 BGB), Auslobung (§ 657 BGB)
2. Fall: A möchte sich ein Hausgrundstück zum Preis von 250.000,- € kaufen. Da er sich
bereits ein schickes Auto geleistet hat, geht er zu seiner Bank und leiht sich die Geldsumme.
4. Fall: Bernhard möchte eine Kaffeefahrt nach Fulda machen und bucht eine Busfahrt mit
anschließender Besichtigung des Doms und einem Kaffeebesuch im Cafe Müller.
Nichtsahnend wird er während der Busfahrt plötzlich Zuschauer einer
Verkaufsveranstaltung. Bernhard kauft von seinem Reiseleiter total überrumpelt eine
gebrauchte Heizdecke. Zu Hause angekommen, versteht er gar nicht wie er so eine alte
Heizdecke kaufen konnte und widerruft daraufhin seine Willenserklärung gegenüber dem
Reiseleiter.
5. Fall: Der Hund Bello der Witwe W ist entlaufen. Sie heftet aus Kummer und Sorge im
Umkreis ihrer Wohnung Zettel mit dem Foto von Bello und der Aufschrift „Hund entlaufen.
Wer ihn wiederbringt, erhält eine Belohnung in Höhe von 2000,- €“.
7. Fall: Der Kühlschrank des K ist kaputt. Daraufhin bestellt er den Handwerker H, der diesen
repariert. H verlangt von dem K 65,- € und geht wieder.
5 Privatrecht- BGB Allgemeiner Teil- Rechtsgeschäftliches Handeln 1 –Grundstudium 1
1. Das Verpflichtungsgeschäft
In allen Vorschriften, also in §§ 433, 535, 611 und § 631 BGB findet sich der Begriff
„verpflichtet“. Diese Verträge sind allesamt Verpflichtungsgeschäfte.
Verpflichtungen beruhen vielfach auf Gegenseitigkeit wie z.B. beim Kauf-, Miet-, Dienst- oder
Werkvertrag. Immer dann, wenn die vertraglichen Leistungspflichten in einem
Gegenseitigkeits- und Austauschverhältnis stehen, ist von einem Synallagma die Rede. Die
Leistung erfolgt um der Gegenleistung willen - getreu nach dem Motto „do ut des“- „ich
gebe, damit Du gibst“. Daher nennt man diese Verträge auch gegenseitige Verträge.
Auftrag, § 662
Leihe, § 598 BGB.
Bei diesen Verträgen entstehen für beide Vertragspartner Pflichten. Diese Pflichten stehen
jedoch nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Beim Leihvertrag nach § 598 BGB ist bspw.
die Pflicht zur Herausgabe nach § 604 BGB keine echte Gegenleistung. Beim Auftrag nach
§662 BGB sind die Pflichten nach § 667 BGB oder nach § 670 BGB keine echten
Gegenleistungen.
Verpflichtungen können aber auch einseitig sein, sog. einseitig verpflichtende Verträge, z.B.:
2. Das Verfügungsgeschäft
Das Abstraktionsprinzip zählt ebenfalls zu den Grundlagen des Privatrechts. Danach ist das
Verpflichtungsgeschäft nicht nur getrennt vom Verfügungsgeschäft zu behandeln, sondern
beide Geschäfte sind darüber hinaus in ihrer Wirksamkeit voneinander rechtlich losgelöst zu
sehen. Sie bestehen unabhängig voneinander. Das bedeutet, dass sollte das
Verpflichtungsgeschäft (z.B. der Kaufvertrag) aus irgendwelchen Gründen unwirksam sein,
dies nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts führt. Beide Geschäfte
sind vielmehr unabhängig voneinander zu beurteilen.
Fallbeispiel: Frau Müller (M) geht in die Bäckerei und verlangt eine Brezel. Sie legt 1,- € auf
die Ladentheke, steckt die Brezel in ihre Tasche und verlässt die Bäckerei wieder. Was hat
sich juristisch ereignet? Liegt nur ein Kaufvertrag vor und sonst nichts?
7 Privatrecht- BGB Allgemeiner Teil- Rechtsgeschäftliches Handeln 1 –Grundstudium 1
Der Gesetzgeber versteht unter dem Kaufvertrag über die Brezel nur die reine Verpflichtung
für beide Seiten, das Eigentum an der Brezel und am Geld zu übertragen.
Der Kaufvertrag ist das bloße Verpflichtungsgeschäft. Hierbei wird der Verkäufer der
Bäckerei nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet, M die Sache, also die Brezel, zu übergeben
und Eigentum daran zu verschaffen. M verpflichtet sich seinerseits nach § 433 Abs. 2 BGB,
den Kaufpreis für die Brezel zu zahlen und diese abzunehmen.
Doch warum liegen im Fallbeispiel zwei weitere Verträge, zwei sog. Verfügungsgeschäfte,
neben dem Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft vor?
Beim Brezel-Kauf liegt also neben dem Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft ein
Eigentumsübertragungs-(Übereignungs-)Vertrag hinsichtlich der Brezel und ein
Eigentumsübertragungs(Übereignungs-)Vertrag hinsichtlich des Geldes vor.