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Institut für Rechts- und Sozialwissenschaften (550)

Fg. Bürgerliches Recht, Handels-, Wirtschafts- und Agrarrecht (550A)


Anja Fingerhut, wiss. Mitarb.

Recht I : Zivilrecht
Einführung in das Zivilrecht (Übung)

SoSe 2017

1. Einheit: Willenserklärung, Vertrag


Einführung in das Zivilrecht (Übung)
Inhalte der 1. Einheit

I. Organisatorisches

II. Willenserklärung

III. Vertrag

IV. Fälle
Organisatorische Hinweise

Termine der Übungsstunden


Über ILIAS verfügbar

Übungsklausur
Mo, 29.05.2017 10:00 – 12:00 Uhr, Audimax (Gruppe ökonomisches Wahlprofil A-H + wipäd. Profil + Winfo)
Mo, 29.05.2017 14:00 – 16:00 Uhr, Audimax (Gruppe ökonomisches Wahlprofil I-Z)
(Teilnahme an der ÜK ist Voraussetzung für die Teilnahme am Tutorium; angemeldet ist nur, wer
die Übungsklausur ernsthaft mitschreibt!)

Tutorien
Voraussichtlich Sa, 24.06.2017 und Sa, 01.07.2017
(Besprechung Übungsklausur / Bekanntgabe Einteilung über ILIAS)

Prüfungsklausur
Anmeldung und Termin beim Prüfungsamt
Organisatorische Hinweise
Internetseite / ILIAS

Internetseite

www.privatrecht.uni-hohenheim.de

ILIAS
Magazin
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
 Institut für Rechts – und Sozialwissenschaften (550)
 Bürgerliches Recht, Handels-, Wirtschafts- und Agrarrecht (550A)
 Sommersemester 2017
 Grundstudium
 Einführung in das Zivilrecht (Übung) SoSe 2017 (ökonom. Wahlprofil A-H +
wipäd. Profil + Winfo) bzw. (ökonom. Wahlprofil I-Z)
Hinweise
Literatur

Skripte:

 ***Alpmann Schmidt, BasisSkript BGB AT***


 ***Hemmer/Wüst, Grundwissen BGB AT***
 ***Hemmer/Wüst, Die 76 wichtigsten Fälle – BGB AT***
 ***Alpmann, Handelsrecht: 17 Fälle***
 ***Hemmer/Wüst, Die 35 wichtigsten Fälle - Handelsrecht***
 ***Alpmann Schmidt, FallSkript Handelsrecht***
 ***Richter, Juristische Grundkurse: BGB - AT***
 ***Hemmer/Wüst, Grundwissen Schuldrecht AT***
 ***Alpmann Schmidt, Sachenrecht 1***
 ***Hemmer/Wüst, Die 50 wichtigsten Fälle zum Mobiliarsachenrecht. Sachenrecht I***
Hinweise
Literatur

Zur Vertiefung bei Interesse:

• Willenserklärungen, Vertrag: JuS 2007, S. 881 ff. „Was ist eine Willenserklärung?“; JuS 2005, S. 788
ff. „Der Zugang von Willenserklärungen“; JuS 2002, S. 313 ff. „Der Kaufvertrag“
• Falllösungstechnik: JuS 2009, S. 289 ff. „Grundzüge juristischer Methodik“; JuS 2009, S. 887 ff.
• Anfechtung: „Die Irrtumsgründe des § 119 BGB“; BGH Urteil, vom 26. 1. 2005 - VIII ZR 79/04 (auch
Vertragsschluss)
• Stellvertretung: JuS 2010, S. 382 ff. und 771 ff. „Grundwissen – Zivilrecht: (Stellvertretung und
Vollmacht); JuS 2008, S. 309 ff., S. 391 ff., S. 486 ff. „Grundfälle zum Stellvertretungsrecht“
• Bürgschaft: JuS 2009, S. 679 ff., „Grundfälle zum Bürgschaftsrecht“
• Besitz: JuS 1992, S. 215 ff.; S. 393 ff. „Grundfälle zum Besitz und Besitzschutz“
• Eigentum, Eigentumsvorbehalt: JuS 2001, S. 341 ff., S. 449 ff.; S. 556 ff. „Grundfälle zum Recht des
Eigentumsvorbehalts“
Veranstaltungen und Ziele:
Einführung in das Zivilrecht

Fallbearbeitung/ Besprechung Eingehen auf


Stoffvermittlung der individuelle
Anwendung Übungsklausur Fragen
Willenserklärung
Willenserklärung

Willenserklärung

auf Herbeiführung einer


Rechtsfolge gerichtete Willensäußerung

Äußerer (objektiver) Innerer (subjektiver)


Tatbestand Tatbestand

Erklärungsakt • Handlungswille
• Erklärungsbewusstsein
(+), wenn sich das Verhalten des Erklärenden für einen (Rechtsbindungswille)
objektiven Beobachter als die Äußerung eines • [Geschäftswille]
Rechtsbindungswillens darstellt.

• Ausdrückliche Äußerung (P) Folge, wenn eines dieser Elemente fehlt?


• Sog. konkludentes Verhalten
• Achtung: Schweigen ist grds. ein rechtliches nullum
Auslegung von Willenserklärungen

§ 133 Auslegung einer Willenserklärung

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und
nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

§ 157 Auslegung von Verträgen

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit


Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen erfolgt nach §§ 133, 157 BGB (nach
dem sog. objektiven Empfängerhorizont).
Wirksamwerden von Willenserklärungen

Wirksamwerden

Nicht
Empfangsbedürftige
empfangsbedürftige
WE
WE

Mit Abgabe
Def.: willentliche Entäußerung Mit Abgabe und Zugang
in den Rechtsverkehr (§ 130 I 1 BGB ggü.
Hier (+), wenn Wille erkennbar Abwesenden)
endgültig geäußert wird

Gesetzlich nicht geregelt. Für den Begriff des Zugangs


fehlt eine gesetzliche
Definition.
Zugang von Willenserklärungen

Def.: Eine empfangsbedürftige WE ist zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des
Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen von ihr Kenntnis erlangen
kann und nach der Verkehrsanschauung von ihm erwartet werden darf.

Unter Unter
Abwesenden Anwesenden

 Zwei Voraussetzungen: • Schriftliche Erklärungen


(verkörpert): Aushändigung
• Gelangen in den Machtbereich des Empfängers
• Mündliche Erklärungen (nicht
• Möglichkeit der Kenntnisnahme unter normalen verkörpert): „eingeschränkte
Umständen und nach Verkehrsanschauung zu Vernehmungstheorie“ → Zugang (+),
erwarten wenn Erklärende damit rechnen
konnte und durfte, dass Empfänger
ihn richtig und vollständig
verstanden hat.
Einzelfälle beim Zugang von
Willenserklärungen

Unter Unter
Abwesenden Anwesenden

• Einwurf eines Schreibens in den • Am Telefon gemachte Erklärungen


Postbriefkasten • Äußerung gegenüber
• E-Mail/ Fax Empfangsboten
• Entgegennahme durch Empfangsboten
• (P) Schwerhörigkeit / fehlende
• (P) Urlaub/ Krankenhausaufenthalt/ Sprachkenntnis des Empfängers
Einwurf außerhalb der Geschäftszeiten

Widerruf der Willenserklärung: WE wird erst mit Zugang wirksam, bis dahin kann sie
widerrufen werden, § 130 I 2 BGB
Vertrag
 Wo steht im BGB etwas zu Verträgen?

 Welche Vertragsarten gibt es?


Vertragsfreiheit (Privatautonomie)

BGB weitere

Kaufvertrag Fitnessstudiovertrag

Darlehensvertrag Restaurantbesuch

Mietvertrag Handyvertrag

Werkvertrag …


Allgemeine Regeln für Verträge

Dienst-
vertrag

Kauf- §§ 145 ff. Darlehens-


vertrag BGB vertrag

Gemischte
Verträge
Vertragsschluss §§ 145 ff. BGB

Angebot Annahme
(Willenserklärung) (Willenserklärung)

inhaltliche
Übereinstimmung?

Vertrag

Der Vertrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft und kommt durch den Austausch von zwei
inhaltlich übereinstimmenden (Konsens), mit Bezug aufeinander abgegebenen
Willenserklärungen (Angebot und Annahme) zustande, §§ 145 ff BGB.

Die Parteien müssen sich über die wesentlichen Vertragsbestandteile (sog. essentialia
negotii, Bsp. beim Kaufvertrag: verkaufte Ware; Kaufpreis) geeinigt haben.
Vertragsschluss §§ 145 ff. BGB

Angebot Annahme

WE WE
• obj. Tatbestand • obj. Tb
(Tb.) • subj. Tb
• subj. Tb.

Wirksam- Wirksam-
werden werden
• Abgabe • Abgabe
• Zugang • Zugang
Vertragsschluss §§ 145 ff. BGB

Angebot Annahme

Def.: Empfangsbedürftige Willenserklärung, die Def.: Empfangsbedürftige Willenserklärung, die


auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet ist die vorbehaltslose Zustimmung zu einem
und inhaltlich so bestimmt oder bestimmbar Angebot enthält.
(essentialia negotii) ist, dass die Annahme durch
bloße Zustimmung („Ja“) des anderen erfolgen
kann.

• Angebot an jedermann (sog. invitatio ad incertas


personas) Bsp. Warenautomat
• Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (sog. invitatio
ad offerendum) Bsp. Schaufenster

Achtung: Rechtsbindungswille des Erklärenden ist


anhand des objektiven Erklärungswertes seines
Verhaltens zu ermitteln.
Fälle zur Übung
Fall 1

Autohändler (A) macht dem Kunden (K) ein Angebot zum Kauf eines teuren Sportwagens. K verfasst
eine Annahmeerklärung, lässt den fertigen Brief aber auf seinem Schreibtisch liegen, um die
Kaufentscheidung lieber noch mit seiner Frau zu besprechen. Beim Aufräumen entdeckt Ehefrau (E) den
Brief und bringt ihn mit anderen Briefen zur Post. A erhält die Annahmeerklärung am nächsten Tag .

Ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen?


Fall 1 – Lösung (Grobgliederung)

I. Kaufvertrag gem. § 433 BGB zwischen A und K?

1. Angebot durch A, § 145 BGB (+)

2. Annahme durch K, § 146 BGB?

a) Wirksame Annahme?
 Def. Annahme: empfangsbedürftige WE in Form einer vorbehaltslosen Zustimmung zu
einem Angebot
 Hier: Schreiben enthält Annahmeerklärung (WE), also (+)
 (P) Annahme auch wirksam?
 empfangsbedürftige WE werden nur mit Abgabe und Zugang wirksam
 Hier: (P) Abgabe
• Def. Abgabe: willentliche Entäußerung durch den Erklärenden in den
Rechtsverkehr
Fall 1 – Lösung (Grobgliederung)

• Hier: Erklärender K hat Schreiben zwar schon fertig formuliert, aber nicht
willentlich auf den Weg zu A gebracht, sondern wollte sich nochmal überlegen, ob
er das Angebot überhaupt annehmen will/ mit seiner Frau besprechen
• Zwischenergebnis: Abgabe der Annahmeerklärung (-) Wirksamwerden der
Annahmeerklärung (-)
b) Zwischenergebnis: Annahme durch K (-)

II. Ergebnis: Kaufvertrag (-)


Fall 2

A erklärt gegenüber B, er biete ihm sein Fahrrad für 50 € zum Kauf an. B nickt. Am Tag darauf überlegt es
sich B doch anders. Weil er sowieso mehr mit der Bahn unterwegs ist, teilt er A mit, dass er das Fahrrad
nun doch nicht kaufen möchte.

Ist ein wirksamer Vertrag zustande gekommen?


Prüfen Sie dies in einem Rechtsgutachten und gehen Sie dabei auf alle im Sachverhalt
aufgeworfenen Rechtsfragen ein.
Fall 2 – Lösung (Grobgliederung)

I. Vertragsschluss - Kaufvertrag gem. § 433 BGB?


Kommt zustande durch den Austausch von zwei inhaltlich übereinstimmenden (Konsens),
mit Bezug aufeinander abgegebenen Willenserklärungen (Angebot und Annahme, 145 ff. BGB).

1. Angebot, § 145 BGB


 Angebot = empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Vertrages
gerichtet ist und inhaltlich so bestimmt oder bestimmbar ist, dass der Adressat das Angebot
durch ein bloßes „Ja“ annehmen kann
 hier: Erklärung des A ggü B diesem das Fahrrad zu verkaufen
 Inhaltlich bestimmt (wesentl. Vertragsbestandteile, sog. essentialia negotii?):
Vertragsgegenstand (Rad), -partner (B) und Gegenleistung (Kaufpreis von 50 €) bestimmt
 Zwischenergebnis: Angebot (+)
Fall 2 – Lösung (Grobgliederung)

2. Annahme, § 146 BGB


Empfangsbedürftige Willenserklärung, die eine vorbehaltslose Zustimmung zu dem Angebot enthält

a) Willenserklärung
 Hier: B nickt
• (P) ist Nicken eine WE?
• Keine ausdrückliche Erklärungshandlung
• Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, nach objektivem Empfängerhorizont
→ Nicken wird von einem objektiven Dritten als Zustimmung verstanden
→ Konkludentes Verhalten
• Zwischenergebnis: obj. TB der WE (Erklärungshandlung) (+)
• Subj. TB der WE: Handlungswille, Rechtsbindungswille, Geschäftswille zum Zeitpunkt
der Erklärungshandlung (nicht abzustellen ist auf spätere Änderung des Willens) (+)
 Zwischenergebnis: Nicken ist hier als WE anzusehen
Fall 2 – Lösung (Grobgliederung)

b) Wirksamwerden der empfangsbedürftigen WE: Abgabe und Zugang


 Abgabe (+)
 Zugang?
 Def.: Eine empfangsbedürftige WE ist zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich
des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen von ihr Kenntnis
erlangen kann und nach der Verkehrsanschauung von ihm erwartet werden darf.
 Bei nicht verkörperten WE (wie hier durch Nicken) nach eingeschränkten
Vernehmungstheorie (+), wenn Erklärende damit rechnen konnte und durfte, dass
Empfänger ihn richtig und vollständig verstanden hat.
 Hier: Empfänger A hat das Nicken wahrgenommen und B musste keine Zweifel daran
haben, dass A es gesehen und verstanden hat.
→ Zugang (+)

c) Zwischenergebnis: Annahme (+)


Fall 2 – Lösung (Grobgliederung)

3. Konsens (+)

4. Widerruf der Annahmeerklärung?


 Annahmeerklärung als empfangsbedürftige WE wird erst mit Zugang wirksam (s. o), bis
dahin kann sie widerrufen werden, § 130 I 2 BGB
 Widerruf vorher oder gleichzeitig?
 Hier: am Tag darauf
 Zwischenergebnis: Gem. § 130 I 2 BGB damit nicht mehr rechtzeitig widerrufen

II. Ergebnis: Kaufvertrag (+)


Fall 3

Inhaber (I) betreibt ein Bekleidungsgeschäft. Aufgrund eines Versehens wird ein im Schaufenster
ausgestellter Pelzmantel mit einem Preis von 200 € anstatt 2000 € ausgezeichnet. Schnäppchenjägerin
(S) stürmt in den Laden und sagt zu I, sie nehme das Angebot hiermit an und kaufe den Mantel zum Preis
von 200 €. I lehnt dies ab.

Ist zwischen S und I ein wirksamer Kaufvertrag über den Mantel zum Preis von 200 € zustande
gekommen? Prüfen Sie dies in einem Rechtsgutachten. Gehen Sie dabei auf alle im Sachverhalt
aufgeworfenen Rechtsfragen ein.
Fall 3 – Lösung (Grobgliederung)

I. Kaufvertrag über den Pelzmantel zum Preis von 200 € gem. § 433 BGB ?
1. Angebot gemäß § 145 BGB
a) Angebot durch I
 Angebot = empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Abschluss eines
Vertrages gerichtet ist und inhaltlich so bestimmt oder bestimmbar ist, dass der
Adressat das Angebot durch ein bloßes „Ja“ annehmen kann
 WE, die auf Abschluss eines Vertrages gerichtet ist?
• Ausstellen im Schaufenster = Erklärungshandlung
• Handlungswille (+)
• (P) Rechtsbindungswille? Nach § 145 BGB würde sich I dann gegenüber jedem
Kaufinteressenten binden und ggf. sogar schadensersatzpflichtig machen
Schaufensterauslage beinhaltet keinen Rechtsbindungswillen, sondern stellt
lediglich eine „invitatio ad offerendum“, d.h. eine Aufforderung zur Abgabe
eines Angebotes dar
 Zwischenergebnis: Kein Angebot durch I
Fall 3 – Lösung (Grobgliederung)

b) Angebot durch S
hier: S äußert ausdrücklich den Willen, der auf den Kauf des Mantels zum Preis von 200 €
gerichtet ist
2. Annahme des I?
 Annahme = empfangsbedürftige WE in Form einer vorbehaltslose Zustimmung zu einem
Angebot
 Hier: I will den Mantel für 2000 € verkaufen und nicht für 200 €
 Zwischenergebnis: Ablehnung des Angebotes der S

II. Ergebnis: Mangels Annahme des Angebotes über 200 € ist kein Kaufvertrag über den Mantel
zustande gekommen

III. [ggf. könnte hier weiter geprüft werden, ob Ablehnung des I nach § 150 II BGB als neues Angebot zu
werten ist, Fallfrage war darauf aber nicht gerichtet]
Fall 4

A bietet B schriftlich seinen Gebrauchtwagen zum Preis von 4.500 € an. In dem Schreiben heißt es weiter,
wenn er von B innerhalb von zwei Wochen keine Antwort erhalte, gehe er davon aus, dass B das Angebot
annehme. B liest das Schreiben, schweigt aber.

Hat A gegen B einen Anspruch auf Abnahme des Gebrauchtwagens? Prüfen Sie dies in einem
Rechtsgutachten. Gehen Sie dabei auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ein.
Fall 4 – Lösung (Grobgliederung)

I. A könnte gegen B einen Anspruch auf Abnahme des Wagens aus § 433 II BGB haben
 Voraussetzung: Kaufvertrag gem. § 433 BGB wirksam zustande gekommen
 Kaufvertrag kommt durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot, Annahme und
Konsens) zustande

1. Angebot durch A, § 145 BGB


 Angebot = empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Vertrages
gerichtet ist und inhaltlich so bestimmt oder bestimmbar ist, dass der Adressat das Angebot
durch ein bloßes „Ja“ annehmen kann
 Hier: schriftliches Angebot über Verkauf des Gebrauchtwagen zum Preis von 4.500 € enthält
auch alle wesentlichen Bestandteile (Kaufgegenstand, Kaufpreis)
 Zwischenergebnis: Angebot des A (+)

2. Annahme durch B, § 146 BGB?


 Empfangsbedürftige Willenserklärung, die eine vorbehaltlose Zustimmung zu einem Angebot
enthält.
Fall 4 – Lösung (Grobgliederung)

 Hier: B schweigt
 Grundsatz:
 Schweigen ≠ ausdrückliche WE
 Schweigen ≠ konkludente WE (Auslegung nach objektivem Empfängerhorizont mit
Rücksicht auf die Verkehrssitte → Schweigen hat keinerlei Aussagegehalt/
Erklärungswert)
 Ausnahme:
 gesetzlich geregelte Fälle, nach denen Schweigen ausnahmsweise die Bedeutung
einer WE hat (z.B. § 177 II 2 Halbsatz 2 BGB, § 362 HGB)
 Parteivereinbarung
 Hier: A gibt B‘s Schweigen einseitig eine bestimmte rechtliche Bedeutung

3. Zwischenergebnis: Schweigen hier ≠ WE → keine Annahme

II. Ergebnis: kein Kaufvertrag zustande gekommen und daher kein Anspruch des A gegen B auf
Abnahme des Wagens aus § 433 II BGB

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