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Anspruchsübersicht

Bürgerliches Recht (Universität Wien)

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Univ.-Ass. Mag. Bernhard Motal


Univ.-Ass. Mag. Sebastian Reiter
Anfängerpflichtübung aus Zivilrecht

Übersicht zur Fallprüfung nach Anspruchsgrundlagen

Die Fallprüfung im bürgerlichen Recht erfolgt grundsätzlich nach Anspruchsgrundlagen.1 Die


Grundfrage für das Prüfen von Anspruchsgrundlagen ist die Frage: Wer will was von wem
aufgrund welcher Anspruchsgrundlage? So kann bspw A (wer?) die Zahlung des Kaufpreises
(will was?) von B (von wem?) aufgrund seines Anspruchs aus dem Kaufvertrag gem § 1062
ABGB (aufgrund welcher Anspruchsgrundlage?) fordern. Bei der Fallprüfung sind jene (alle)
Anspruchsgrundlagen zu nennen, auf die sich der Anspruch stützt. Besonders wichtig ist die
Unterscheidung von Ansprüchen und Gestaltungsrechten (dazu unten). Ein richtig
formulierter Anspruch könnte lauten:
- A gegen B auf Zahlung des Kaufpreises gem § 1062 ABGB.

Im Anschluss daran folgt die Prüfung, ob der Anspruch besteht.


Definitionen2:
- Anspruch ist das subjektive Recht von einer anderen Person ein Tun oder Unterlassen
zu fordern.
- Anspruchsgrundlage ist die Rechtsgrundlage des Anspruchs als subjektivem Recht.

Die folgenden Tabellen sollen einen (unvollständigen) Überblick über verschiedene


Anspruchsgrundlagen bieten.
Die Tabelle zeigt wichtige vertragliche Anspruchsgrundlagen:
Anspruchsgrundlage Erklärung
§ 1062 ABGB Anspruch des Verkäufers auf
Kaufpreiszahlung
§ 1061 ABGB Anspruch des Käufers auf Übergabe der
Sache
§§ 1151 iVm 1170 ABGB Anspruch des Werkunternehmers gegen den
Werkbesteller auf Zahlung des Werklohns
§§ 1151 iVm 1165 ABGB Anspruch des Werkbestellers gegen den
Werkunternehmer auf Ausführung des Werks
§§ 1047 ABGB Anspruch der Tauschenden auf Übergabe der

1
Eine gute Einführung zur Prüfung nach Anspruchsgrundlagen bieten Perner/Spitzer/(Kodek), Bürgerliches
Recht, im Anhang der 1. und 2. Auflagen an denen sich die Übersicht orientiert.
2
Vgl Welser (Hrsg), Fachwörterbuch zum bürgerlichen Recht (2005) sowie den Glossar zu
Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht4 (2014).

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getauschten Sachen
§ 983 ABGB Anspruch des Darlehensnehmers auf
Übergabe der vertretbaren Sachen;
Anspruch des Darlehensgebers auf Rückgabe
ebenso vieler Sachen
§988 iVm § 983 ABGB Anspruch des Kreditnehmers auf Übergabe
der vertretbaren Sachen (Geld)
Anspruch des Kreditgebers auf Rückgabe
ebenso vieler Sachen zuzüglich eines
Entgelts (idR Zinsen)

Wichtige Anspruchsgrundlagen sind auch Gewährleistungsansprüche und aus


Vertragsverletzungen abgeleitete Schadenersatzansprüche
§§ 922 ff, 932 Abs 2 ABGB Gewährleistungsrechtlicher Anspruch auf
Austausch oder Verbesserung
§§ 1295 ff ABGB ex contractu Anspruch des Verletzten gegen den
Schädiger aufgrund der schädigenden
Vertragsverletzung
§ 920 ABGB Anspruch auf Schadenersatz wegen
Nichterfüllung des Vertrags
§ 933a ABGB Anspruch auf Schadenersatz statt
Gewährleistung

Anspruchsgrundlagen können unabhängig von einem Vertrag auf gesetzlicher Grundlage


bestehen.
ZB aus Geschäftsführung ohne Auftrag:
§ 1036 ABGB Anspruch des Notgeschäftsführers auf Ersatz
des notwendigen und zweckmäßig
gemachten Aufwands
§ 1037 ABGB Anspruch aus nützlicher Geschäftsführung
auf Ersatz der Kosten, die für des anderen
klaren, überwiegenden Vorteils verwendet
wurden

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Es gibt auch Anspruchsgrundlagen für dingliche Rechte:


§ 366 ABGB Eigentumsklage – Anspruch auf Herausgabe
des Eigentums
§ 532 ABGB Unterlassungsanspruch
(Eigentumsfreiheitsklage, actio negatoria)

Auch schadenersatzrechtliche Ansprüche können unabhängig von einem Vertrag eine


gesetzliche Grundlage haben (gesetzliches Schuldverhältnis):
§§ 1293, 1295 ff ABGB (Deliktischer) Anspruch auf Schadenersatz
aufgrund von Verschuldenshaftung
§§ 1, 5, 12 EKHG Anspruch auf Schadenersatz aus der
Gefährdungshaftung nach EKHG iHv …

Anspruchsgrundlagen dürfen nicht mit Gestaltungsrechten verwechselt werden.


Definition3:
- Gestaltungsrecht ist das subjektive Recht durch einseitige Erklärung eine
Veränderung der Rechtslage herbeizuführen.

Wer ein Gestaltungsrecht ausübt, zB einen Vertrag wegen Irrtums anficht (Irrtumsanfechtung
gem § 871 ABGB) kann damit eine Anspruchsgrundlage erschaffen (im Bsp: Anspruch auf
Rückabwicklung gem § 877 ABGB (condictio sine causa)). Aber nicht jede
Anspruchsgrundlage beruht auf der Ausübung eines Gestaltungsrechts. Im Detail sind manche
der folgenden Verknüpfungen strittig.
Die Tabelle zeigt einige Verknüpfungen von Gestaltungsrechten und Anspruchsgrundlagen
Anspruchsgrundlage iVm Gestaltungsrecht Erklärung
§ 877 ABGB iVm § 871 ABGB Anspruch auf
Rückabwicklung nach
Irrtumsanfechtung
§ 877 ABGB iVm § 870 ABGB Anspruch auf
Rückabwicklung nach
Anfechtung wegen List oder
Drohung
§ 921 ABGB iVm § 918 ABGB Anspruch auf Rückgabe des

3
Vgl Welser (Hrsg), Fachwörterbuch zum bürgerlichen Recht (2005).

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Entgelts nach Rücktritt vom


Vertrag wegen
Schuldnerverzugs
§ 1435 ABGB iVm § 932 Abs 2 ABGB Anspruch auf Rückgabe
(eines Teils) des Entgelts
nach
gewährleistungsrechtlicher
Preisminderung oder
Wandlung.
§ 877 ABGB iVm § 879 Abs 2 Z 4 ABGB Anspruch auf Rückgabe der
Leistung nach
Vertragsanfechtung wegen
Wuchers.
§ 1435 ABGB iVm § 934 ABGB Anspruch aus laesio enormis
§ 11 iVm § 14 FAGG Anspruch des Verbrauchers
auf Rückzahlung des
Entgelts nach Rücktritt des
Verbrauchers im Fernabsatz
Anspruch des Unternehmers
auf Rückstellung der
Leistung

Hat man im Rahmen der Fallprüfung festgestellt, dass ein Anspruch besteht, ist im Anschluss
daran zu prüfen, ob es Einwendungen gegen den Anspruch gibt. Einwendungen können
rechtsvernichtend oder rechtshemmend wirken.
Rechtshemmende Einwendungen, auch Einreden, hemmen den Anspruch, dh es wird
eingewendet, dass der Anspruch noch nicht besteht:
§ 1052 Satz 1 ABGB Einrede des nicht (gehörig) erfüllten Vertrags

Rechtsvernichtend wirken die Einwendungen, dass


- die Schuld erloschen ist,
- die Schuld geändert ist, dh dass nunmehr jemand anderes Schuldner ist.

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- Gestaltungsrechte können ausgeübt werden und so als rechtsvernichtende


Einwendungen wirken, wenn zB gegen den Kaufpreisanspruch eines Verkäufers der
Vertrag wegen Irrtums angefochten wird.

Schuld erloschen
§ 1422 ABGB Erfüllung
§§ 1451 ff, 1478 ff ABGB Verjährung
Schuld geändert
§§ 1392 ff ABGB Zession
Rechtsvernichtung durch
Gestaltungsrecht
§ 879 ABGB Vertragsanfechtung wegen Gesetz- und
Sittenwidrigkeit

Im Erbrecht und im Familienrecht ist eine Prüfung nach Anspruchsgrundlagen nicht immer
möglich.

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