Sie sind auf Seite 1von 16

Zusammenfassung Rechtskenntnisse

1 Wie entstehen Obligationen

1.1 Was ist eine Obligation

Die Rechtsbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner:

G hat eine Forderung:


ein Recht auf Leistung
Gläubiger Schuldner
S hat eine Schuld:
eine Pflicht zur Leistung

1.2 Die drei Entstehungsgründe für Obligationen

• Der Vertrag (ein Versprechen zweier Vertragspartner, z.B. eine Leistung und eine Gegenleistung)
• Die unerlaubte Handlung (Jemand fügt einem anderen widerrechtlich einen Schaden zu, Obligation
auf Schadenersatz)(Geschädigter kann Schadenersatz verlangen und Schädiger muss Schadenersatz
leisten)
• Die ungerechtfertigte Bereicherung (Wenn eine Person grundlos aus dem Vermögen einer anderen
Person bereichert ist; Telefongesellschaft erhält die Handy-Rechnung doppelt)

2 Wie entstehen Obligationen aus einem Vertrag?

Vier Voraussetzungen für einen Vertrag:


1. Einigung über den Vertragsinhalt
o Stimmen Antrag und Annahme überein?
o War die Offerte bindend oder nicht bindend?
2. Vertragsfähigkeit des Vertragspartners
o Sind beide Vertragspartner volljährig und urteilsfähig (also Handlungsfähig)?
o Falls nein: Zustimmung des gesetzlichen Vertreters? Unentgeltliche Vorteile (Schenkung)s?
Geringfügige Angelegenheit? Eigener Arbeitserwerb/Taschengeld (Jugendliche)?
3. Richtige Form des Vertrags
o Gilt für den betreffenden vertrag eine Formvorschrift und ist diese eingehalten?
4. Zulässiger Inhalt des Vertrags
o Liegt kein unmöglicher, widerrechtlicher oder unsittlicher Vertrag vor?

Wie lange ist der Offerierende an seine Offerte gebunden?


Wenn die Vertragspartner direkt miteinander kommunizieren muss die Offerte sofort, d.h. im gleichen
Gespräch angenommen werden. Wenn die Vertragspartner schriftlich miteinander kommunizieren
gelten fünf Tage und für die Kommunikation per Fax oder E-Mail dauert die Entscheidungsfrist einen bis
höchstens zwei Tage. Bei den Hauptpunkten des Vertrags geht um das „Was“ und das „Wie viel“. Z.B.
beim Kaufvertrag sind die Hauptpunkte der Kaufpreis und der Kaufgegenstand. Die Nebenpunkte sind z.B.
Lieferfristen, Garantieleistungen, etc. Darüber können sich die Vertragspartner einigen, müssen aber nicht.
Keine Verbindlichen Offerten sind: Werbeprospekte, Preislisten, etc.
Bindende Offerten: Schaufensterauslagen mit Preisangaben.

Die gesetzlichen Formvorschriften: Einfache Schriftlichkeit, Qualifizierte Schriftlichkeit (Lehrvertrag),


öffentliche Beurkundung (Kaufvertrag über ein Grundstück).

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 1


3 Kann man gültig zustande gekommene Verträge wieder auflösen?

Vertrag ist Vertrag und Verträge müssen erfüllt werden. Doch das Gesetz kennt vier Ausnahmen von
diesem Grundsatz:

3.1 Die vier Ausnahmen, in denen gültig abgeschlossene Verträge wieder aufgehoben
werden können

1. Ausnahme: Der Aufhebungsvertrag


Vereinbarung mit dem Vertragspartner, die Parteien sind bei der Aufhebung an keine Form gebunden
2. Ausnahme: Kündigung von Dauerverträgen
Einseitige Auflösung (Kündigung) bei Mietverträgen und bei Arbeitsverträgen
3. Ausnahme: Rücktritt vom Vertrag
Recht, einen Vertrag einseitig aufzulösen
• im Vertrag vereinbart
• gesetzlich vorgesehen bei Haustürgeschäften (Widerruf schriftlich innert 14 Tagen) und
Abzahlungsvertrag (Vertrag ist erst nach 14 Tagen gültig)
4. Ausnahme: Anfechtung eines Vertrags
Recht, einen Vertrag einseitig aufzulösen
• Irrtum, Erklärungsirrtum und Grundlagenirrtum, Motivirrtum
• Absichtliche Täuschung (Der Getäuschte muss beweisen) (Anfechtung innert Jahresfrist, nachdem
er von der Täuschung erfahren hat)
• Furchterregung (Drohung) (Anfechtung innerhalb eines Jahres nach Bedrohung)
• Übervorteilung (Ausnutzung einer Notlage, Unerfahrenheit oder Leichtsinn) (Anfechtung innerhalb
eines Jahres ab Vertragsabschluss)

4 Wirkung von Obligationen – Die richtige Erfüllung

Die Vertragspartner müssen sich über die Erfüllungsmodalitäten nicht einigen, denn das OR hält in den
Artikeln 68 – 96 Regeln bereit. Sie sind dispositiv (veränderbar), gelten also, wenn nichts abgemacht ist.
Merksatz: Wer muss was, wann in welcher Reihenfolge und wo leisten?

Was:
• Dienstleistungen (körperliche oder geistige Kräfte)
• Sachleistungen (eine Sache übergeben)
o Gattungssachen (Geld, Heizöl, Fahrrad)
o Speziessachen (Massgeschneiderter Anzug, Occasionsfahrrad)

Mit der Quittung – bei Sachleistungen spricht man auch vom Lieferschein und bei Dienstleistungen vom
Rapport – bestätigt der Gläubiger mit seiner Unterschrift, dass er die Leistungen empfangen hat.

Wann:
Ist für die Leistung kein Erfüllungszeitpunkt abgemacht, dann liegt ein Mahngeschäft vor. Der Gläubiger
kann sofort nach Vertragsabschluss die Leistung verlangen. Der Schuldner muss leisten, wenn ihn der
Gläubiger dazu auffordert.
Ist die die Leistung ein Erfüllungszeitpunkt abgemacht, handelt es sich um ein Verfalltagsgeschäft. Der
Schuldner muss bis spätestens zum vereinbarten Zeitpunkt geleistet haben.
Das Fixgeschäft ist ein besonderes Verfalltagsgeschäft. Die Parteien vereinbaren ausdrücklich oder
stillschweigend dass eine bestimmte Leistung nur zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt oder bis zu einer
bestimmten Zeit erbracht werden kann.

Wo:
• Gattungssachen sind Holschulden, Erfüllungsort ist der Sitz des Schuldners
• Der Erfüllungsort einer Speziessache ist dort, wo sich die Sache befunden hat, als der Vertrag
abgeschlossen wurde (ebenfalls Holschuld)
• Geldschulden sind Bringschulden, der Wohnort oder Geschäftssitz des Gläubigers

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 2


5 Wirkung von Obligationen – Erfüllungsfehler

Das Gesetz unterscheidet zwei Arten von Erfüllungsfehlern:


• Die Nichterfüllung
Die vereinbarte Leistung des Schuldner bleibt aus (verspätet sich oder ist zur Leistung nicht in der Lage)
Wenn die Erfüllung ausbleibt handelt es sich im Schuldnerverzug.
• Die Schlechterfüllung
Der Schuldner erbringt die Leistunng, hat aber einen Fehler; sie ist in irgendeiner Form mangelhaft

5.1 Der Schuldnerverzug – Der häufigste Fall der Nichterfüllung

Das Vorgehen des Gläubigers beim Schuldnerverzug (auch Leistungsverzug bzw. bei Geldschulden
Zahlungsverzug):

Mahngeschäft Verfalltagsgeschäft
Fälligkeit: jederzeit nach Vertragsabschluss Fälligkeit: am vereinbaren Erfüllungstermin
Verzug: durch Mahnung Verzug: automatisch nach Ablauf des
Erfüllungstermins
Nachfrist: zeitlich eindeutig bestimmte und Nachfrist: zeitlich eindeutig bestimmte und
angemessene Nachfrist zur nachträglichen Erfüllung angemessene Nachfrist zur nachträglichen Erfüllung
Keine Nachfrist beim Fixgeschäft
Ausübung der Wahlrechte
Wahlrecht 1 Wahlrecht 2 Wahlrecht 3
Festhalten an nachträglicher Festhalten am Vertrag, Rücktritt vom Vertrag und
Erfüllung und Schadenersatz Verzicht auf nachträgliche Schadenersatz wegen
für Verspätung Erfüllung und Schadenersatz Dahinfallens
wegen Nichterfüllung
Gläubiger wird diese Wahl Gläubiger wird diese Wahl Der Gläubiger wird diese Wahl
treffen, wenn er die gleiche treffen, wenn er die Leistung treffen, wenn er die Leistung
Leistung nicht anderswo anderswo teurer beschaffen anderswo billiger bekommt, denn
beschaffen kann. muss. Der Schuldner haftet bei mit der Auflösung des Vertrags
Verschulden für die entfällt auch seine Pflicht zur
Preisdifferenz. Bezahlung des Kaufpreises.

Ohne Mitteilung kommt diese Sofortige Mitteilung nötig, wenn Sofortige Mitteilung nötig, wenn
Variante zum Zug. diese Variante gewählt wird. diese Variante gewählt wird.

Die drei Folgen des Schuldnerverzugs:


• Der Schuldner haftet für den Verspätungsschaden
• Der Schuldner haftet für den zufälligen Untergang der Leistung
• Bei Geldschulden muss der Schuldner unabhängig vom Verschulden Verzugszinsen bezahlen

5.2 Die nachträgliche objektive Unmöglichkeit

Die Sache geht durch Zufall, d.h. ohne Verschulden des Schuldners, unter, dann wird der Vertrag ohne
weiteres Ungültig, z.B. Das gemietete Flugzeug wird nach Vertragsabschluss und vor der Übergabe durch
einen Blitzschlag zerstört.
Beim Kaufvertrag gilt dies nicht!

5.3 Der Gläubigerverzug (Annahmeverzug des Gläubigers)

Wenn der Gläubiger die Annahme der richtig angebotenen Leistung verweigert, kommt er in den
Gläubigerverzug – auch Annahmeverzug. Der Schuldner hat die Möglichkeit die Ware zu hinterlegen. Falls
das nicht möglich ist, kann er die Sache verkaufen und den Erlös hinterlegen.
Für den Annahmeverzug wird oft in grossen Verträgen auch eine Konventionalstrafe vereinbart.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 3


6 Erlöschen von Obligationen

6.1 Die Verjährung

Eine verjähre Forderung ist nicht untergegangen, sie kann aber nicht mehr gegen den Willen des
Schuldners eingetrieben werden (Einrede der Verjährung).
Die Verjährungsfrist dauert bei Verträgen gewöhnlich 10 Jahre; 5 Jahre Verjährungsfrist für einzelne
namentlich aufgezählte Forderungen, z.B. Mietzinsforderungen; Sachmängelhaftung des Verkäufers verjährt
nach 2 Jahren; Forderungen aus unerlaubter Handlung verjähren nach 1 Jahr; Forderungen aus
ungerechtfertigter Bereicherung verjährt mit Ablauf eines Jahre
Wenn en Schuldner durch irgendeine Handlung seine Schuld anerkennt oder wenn der Gläubiger ein
Betreibungsverfahren oder einen Prozess gegen den Schuldner einleitet, kann die Verjährung
unterbrochen werden. Nachher beginnt eine neue Verjährungsfrist.

6.2 Die Verrechnung

Die Verrechnung ist die Aufrechnung von gleichartigen gegenseitigen Forderungen (meistens Geld) zweier
Geschäftspartner.

7 Verschuldenshaftung und Kausalhaftungen

Man unterscheidet zwei Formen von ausservertraglichen Haftungen: die Verschuldenshaftung und die
Kausalhaftungen.

Was ist Haftpflicht?


Haftpflicht bedeutet, dass eine Person für Schäden aufkommen muss, die eine andere Person wegen ihr
erleidet. Haftpflichtig wird eine Person dann, wenn das Recht dies vorsieht. Nur wenn eine entsprechende
Vorschrift besteht, muss der Haftpflichtige den Schaden des Geschädigten tragen.

Ausservertragliche Haftpflicht
Verschuldenshaftung Kausalhaftung
Haftung für Schäden, die Milde Kausalhaftungen Scharfe Kausalhaftungen
man mit Verschulden Haftungen für Aufsichts- Sind Haftungen für die Schaffung
einem Dritten zufügt /Sorgfaltspflichtverletzungen oder eines bestimmten gefährlichen
(Verschüttung von für Mängel in bestimmten Zustands (Gefährdungshaftungen)
Rotweinglas auf Situationen.
Teppich)
• Geschäftsherrenhaftpflicht • Haftpflicht des
• Tierhalterhaftpflicht Motorfahrzeughalters
• Werkeigentümerhaftpflicht • Haftpflicht der Eisenbahnbetreiber
• Grundeigentümerhaftpflicht • Haftpflicht der Luftfahrzeughalter
• Haftpflicht des • Haftpflicht für Herstellung und
Familienhaupts Installation elektrischer Anlagen
• Produktehaftpflicht • Haftpflicht für
• Haftpflicht des gewässerbedrohende Tätigkeiten
Urteilsunfähigen • Haftpflicht der
• Haftpflicht für Schäden aus Atomkraftwerkbetreiber
radioaktiven Strahlen • Haftpflicht der Hersteller von
Rohrleitungen
• Haftpflicht für Umgang mit
Sprengstoff
• Haftpflicht für Herstellung
gentechnisch veränderter
Organismen

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 4


8 Die Verschuldenshaftung – Grundform der ausservertraglichen Haftung

Wer einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird
ihm zum Ersatz verpflichtet. Die Verschuldenshaftung ist der Grundtatbestand der ausservertraglichen
Haftpflicht. Sie kommt zum Zug, wenn nicht eine vertragliche Haftpflicht oder eine Kausalhaftung besteht.

Die vier Voraussetzungen der Verschuldenshaftung, damit der Geschädigte Schadenersatz verlangen kann:

1. Hat der Geschädigte einen finanziellen Schaden?


Schaden ist Sachschaden, Personenschaden oder entgangener Gewinn / Nein keine Haftpflicht
Entgangenes Einkommen. Der Geschädigte soll finanziell so gestellt werden, evtl. Genugtuung
wie wenn die Schädigung nicht stattgefunden hätte.
Ja

2. War die schädigende Handlung widerrechtlich?


Schädigung der Person oder ihres Eigentums; eventuell kann der Schädiger Nein
Rechtfertigungsgründe geltend machen (Einwilligung des Geschädigten, keine Haftpflicht
Notwehr oder Amtshandlung).
Ja

3. Besteht ein adäquater Kausalzusammenhang? Nein


Ein Schadenersatzanspruch besteht nur, wenn die schädigende Handlung keine Haftpflicht
nach dem normalem Lauf der Dinge geeignet war, den Schaden herbeizuführen.

Ja

4. Ist der Schädiger am Schaden schuld?


Nein
• Absicht oder mindestens Fahrlässigkeit keine Haftpflicht
• Urteilsunfähige können keine unerlaubten Handlungen begehen

Ja

Der Haftpflichtige muss dem Geschädigten den


Schaden ersetzten, den er angerichtet hat.

9 Haftpflicht ohne eigenes Verschulden – die Kausalhaftungen

Milde Kausalhaftung Scharfe Kausalhaftung


1.Finanzieller Schaden beim Geschädigten
2.Widerrechtlichkeit des schädigenden Eingriffs
3.Adäquater Kausalzusammenhang
4.Nichtbeachten der vorgeschriebenen 4. Schaffung des gefährlichen Zustands
Aufsichts- oder Sorgfaltspflicht bzw. Wichtigster Fall:
Vorliegen eines Mangels Haftpflicht des Motorfahrzeughalters. Der Halter haftet
Wichtigste Fälle: für Schäden von Drittpersonen, die aus dem Betrieb seines
Geschäftsherrenhaftpflicht , Haftpflicht Motorfahrzeugs entstehen. (In Betrieb ist es, wenn es sich
des Tierhalters, Haftpflicht des im öffentlichen Verkehr bewegt oder wenn es bei
Werkeigentümers (Eigentümer von eingeschaltetem Motor und/oder eingeschaltetem Licht auf
Häusern), Haftpflicht des Familienhaupts einer öffentlichen Strasse steht). Er kann sich nur von
für Kinder, Produktehaftpflicht seiner Haftung befreien, wenn er an einem Unfall
vollkommen schuldlos ist und wenn der Unfall durch höhere
Gewalt, grobes Selbstverschulden des Geschädigten
oder grobes Drittverschulden entstanden ist.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 5


10 Weitere Fragen im Zusammenhang mit der Haftpflicht

10.1 Haftpflicht des Haftpflichtigen bei Mitverschulden des Geschädigten:

Hat der Geschädigte den Schaden mitverschuldet, dann bleibt die Haftpflicht des Haftpflichtigen bestehen,
seine Schadenersatzpflicht wird aber reduziert. So muss der Geschädigte einen Teil des Schadens selber
tragen. Dabei gilt: Je grösser das Verschulden des Geschädigten wiegt, desto grösser ist der Abzug.

10.2 Solidarische Haftung mehrerer Haftpflichtiger:

Wenn mehrere Personen einen Schaden gemeinsam verursachen, dann haften sie solidarisch. Der
Geschädigte kann aussuchen, von wem er den Schadenersatz verlangen will (Aussenverhältnis). Es ist
dann die Sache der Beteiligten, den Schaden unter sich aufzuteilen (Innenverhältnis).

10.3 Beweislast und Prozessrisiko

Beweislast: Wer vor Gericht eine Tatsache behauptet und daraus Rechte ableitet, muss das
Vorhandensein der behaupteten Tatsache beweisen.

• Bei der Verschuldenshaftung trägt der Geschädigte als Kläger die Beweislast für alle vier
Voraussetzungen der Haftpflicht (finanzieller Schaden, Täterschaft des Beklagten, adäquater
Kausalzusammenhang und Verschulden des Schädigers). Entsprechend ist sein Prozessrisiko gross.
• Bei den milden Kausalhaftungen und der vertraglichen Haftpflicht trägt der Geschädigte als Kläger die
Beweislast für den finanziellen Schaden, die Täterschaft des Beklagten und den adäquaten
Kausalzusammenhang. Der Beklagte trägt dagegen die Beweislast für die Erfüllung der verlangten
Aufsichts-/Sorgfaltspflichten. Aus diesem Grund ist das Prozessrisiko für den Geschädigten geringer
als bei der Verschuldenshaftung.
• Bei den scharfen Kausalhaftungen hat der Kläger das geringste Prozessrisiko. Er muss den
finanziellen Schaden, die Täterschaft des Beklagten und den adäquaten Kausalzusammenhang
beweisen. Will der Beklage die Haftung abwehren, muss er beweisen, dass ihn keinerlei Verschulden
trifft und dass der Schaden durch höhere Gewalt bzw. durch grobes Selbst- bzw. Drittverschulden
entstanden ist.

11 Die Unternehmensformen

Unternehmen
Einzel-
Gesellschaften
unternehmen
Rechtsgemeinschaften Körpergemeinschaften
Kein Wirtschaft-
Wirtschaftlicher Zweck -> Gewinn Ideeller
bestimmter licher Zweck
(Handelgesellschaften) Zweck
Zweck -> Selbsthilfe
Einfache Kollektiv- Aktiengesell- Genossen-
GmbH Verein
Gesellschaft gesellschaft schaft schaft
Kommandit-
Kommandit-
Aktiengesell-
gesellschaft
schaft
Kapitalgesellschaften und
Personengesellschaften
Mischgesellschaften

• Bei einer Rechtsgemeinschaft schliessen sich mehrere natürliche Personen zusammen, sie haften
gemeinsam für die Schulden der Gesellschaft. Sie schliessen einen Gesellschaftsvertrag ab.
• Die Körperschaften haben eine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie sind juristische Personen.
• Bei Personengesellschaften bringen die Gesellschafter ihr Kapital und ihre Arbeitskraft.
• Bei Kapitalgesellschaften besteht die Leistung im Kapitalbetrag an die Gesellschaft.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 6


11.1 Die Einzelunternehmung

• Gründung:
o Mehr als Fr. 100‘000.- Bruttoumsatz im Jahr ist verpflichtet zum Eintrag ins Handelsregister,
Unternehmen mit weniger Umsatz können sich freiwillig eintragen lassen
o Pflicht zur kaufmännischen Buchführung
o Geschäftsfirma (Name) der Einzelunternehmung)
• Haftung: Einzelunternehmer mit seinem gesamten Geschäfts- und Privatvermögen
• Betreibungsrechtliche Stellung: Sofern im Handelsregister eingetragen, Betreibung auf Konkurs
• Versicherungsbedarf: Der Einzelunternehmer ist nicht Angestellter seines Unternehmens. Er hat für
sich selbst folgenden Versicherungbedarf:
o Unfall: freiwillige Versicherung nach UVG oder Private Unfallversicherung
o Krankheit: Krankentaggeldversicherung nach VVG (evtl. nach KVG)
o Alter/Invalidität: freiwillige Versicherung nach BVG oder Vorsorge im Rahmen der 3. Säule

11.2 Die einfache Gesellschaft

Die einfache Gesellschaft ist keine Unternehmensform. Es handelt sich um das Grundgerüst für jede Art von
Gesellschaft. Sie kann nicht ins Handelsregister eingetragen werden und hat keine Firma.
• Gründung: Abschluss Gesellschaftsvertrag
• Haftung: Es haften alle Gesellschafter solidarisch und mit ihrem ganzen Privatvermögen
• Betreibungsrechtliche Stellung: Betreibung muss gegen einen oder mehrere Gesellschafter
eingeleitet werden

11.3 Die Kollektivgesellschaft

• Gründung: Abschluss Gesellschaftsvertrag (keine Formvorschrift) und Handelsregistereintrag


• Haftung: Primär Gesellschaftsvermögen, sekundär die Gesellschafter mit dem gesamten
Privatvermögen
• Betreibungsrechtliche Stellung: Betreibung auf Konkurs
• Versicherungsbedarf: Die Gesellschafter sind nicht Angestellte ihres Unternehmens. Sie haben
deshalb den gleichen Versicherungsbedarf wie der Einzelunternehmer

11.4 Die Kommanditgesellschaft

Kommanditgesellschaft ist eine Kollektivgesellschaft mit zwei Gruppen von Gesellschaftern


• Die Komplementäre (voll haftende Gesellschafter) haben gleiche Stellung wie Kollektivgesellschafter
• Die Kommanditäre sind Gesellschafter, die nur bis zu einem Höchstbetrag für Gesellschaftsschulden
haften. Diese Summe ist im Handelsregister eingetragen.
• Haftung: Wie Kollektivgesellschaft mit der Besonderheit dass die Kommanditäre nur bis zur im HR
eingetragenen Kommanditsumme haften
• Betreibungsrechtliche Stellung: Betreibung auf Konkurs; Persönliche Haftung der Kommanditäre
durch die Kommanditsumme begrenzt
• Versicherungsbedarf: Komplementäre wie Kollektivgesellschafter; Kommanditäre sind Angestellte des
Unternehmens, wenn sie aktiv mitarbeiten und geniessen den sozialversicherungsrechtlichen Status

11.5 Die Aktiengesellschaft

1. Gründung:
1. Aufstellen der Statuten (Statuten sind der Gesellschaftsvertrag der AG)
2. Kapital aufbringen (min. Fr. 100'000.- Aktienkapital) Aktien müssen gezeichnet und liberiert
sein. Zeichnen heisst; sich zur Übernahme einer bestimmten Anzahl von Aktien einer AG
verpflichten und liberieren heisst; bezahlen der übernommenen Aktien. (Teilweisen
Liberierung möglich)
3. Öffentliche Gründungsurkunde (Muss von Notar öffentlich beurkundet werden)

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 7


4. Handelsregistereintrag
Es können auch Sachwerte (Maschinen, Fahrzeuge, etc.) eingebracht werden. Die Gründer müssen
aber einen Gründerbericht aufstellen.
2. Innenverhältnis: Die AG braucht Organe: Generalversammlung (fällt Gesellschaftsbeschlüsse),
Verwaltungsrat (hat die Geschäftsführung) und Revisionsstelle (kontrolliert die Geschäftsbücher)
3. Haftung: nur Gesellschaftsvermögen
4. Betreibungsrechtliche Stellung: Betreibung auf Konkurs
5. Versicherungsbedarf: Aktionäre, die aktiv in der Gesellschaft arbeiten, sind Angestellte des
Unternehmens. Zusätzlich besteht für Verwaltungsratsmitglieder und angestellte Führungskräfte ein
Versicherungsbedarf für Verantwortlichkeitsansprüche aus ihren unternehmerischen Entscheiden.

11.6 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung

• Gründung: Wie Gründung einer AG. Stammkapital min. Fr. 20'000.- und voll liberiert.
• Innenverhältnis: Die GmbH braucht Organe: Gesellschafterversammlung, Geschäftsführung und
Revisionsstelle
• Haftung: nur Gesellschaftsvermögen (evtl. Nachschusspflicht, wenn in Statuten vorgesehen)
• Betreibungsrechtliche Stellung: Betreibung auf Konkurs. Die Statuten der GmbH können eine
Nachschusspflicht der Gesellschafter vorsehen.
• Versicherungsbedarf: Gesellschafter, die aktiv in der Gesellschaft arbeiten, sind Angestellte des
Unternehmens. Gegebenenfalls besteht für Geschäftsführungsmitglieder und angestellte
Führungskräfte ein Versicherungsbedarf für Verantwortlichkeitsansprüche aus ihren unternehmerischen
Entscheiden.

11.7 Die Genossenschaft:

• Gründung: Min. 7 Mitglieder, aufstellen der Statuten, Eintrag im Handelsregister. Eigenkapital ist nicht
zwingend vorgesehen
• Innenverhältnis: Die Genossenschaft braucht Organe: Generalversammlung der Genossenschaftler,
Verwaltung (min. 3 Mitglieder )und Revisionsstelle
Die Genossenschafterversammlung kann auf verschiedene Arten durchgeführt werden. Neben der
Generalversammlung können die Statuten die Delegiertenversammlung und die Urabstimmung
vorsehen, jeder Genossenschafter hat nur 1 Stimme.
• Haftung: Nur Gesellschaftsvermögen (evtl. Nachschusspflicht, wenn in Statuten vorgesehen).
• Betreibungsrechtliche Stellung: Betreibung auf Konkurs
• Versicherungsbedarf: Gesellschafter, die aktiv in der Gesellschaft arbeiten, sind Angestellte des
Unternehmens. Zusätzlich kann für Verwaltungsmitglieder und angestellte Führungskräfte ein
Versicherungsbedarf für Verantwortlichkeitsansprüche aus ihren unternehmerischen Entscheiden
bestehen.

Das in der Genossenschaft geltende Prinzip der offenen Tür erlaubt es jedermann, bei einer
Genossenschaft Mitglied zu werden.

11.8 Der Verein

• Gründung: In einer Gründungsversammlung die schriftlichen Gründungsstatuten und Organe wählen.


Eintrag im Handelsregister ist nicht notwendig.
• Innenverhältnis: Der Verein hat eine Organisation, Organe sind: Die Vereinsversammlung und der
Vorstand sowie evtl. die Revisionsstelle
• Haftung: Grundsätzlich nur Vereinsvermögen (evtl. Nachschusspflicht, wenn in Statuten gesehen)
• Betreibungsrechtliche Stellung: Betreibung auf Pfändung für nicht im HR eingetragenen Verein,
Betreibung auf Konkurs für eingetragenen Verein.
• Versicherungsbedarf: Für ehrenamtliche Tätigkeit besteht kein Schutz durch die
Sozialversicherungen. Bezahlte Vereinstätigkeit ist den Sozialversicherungen unterstellt. Eventuell
besteht für Vorstandsmitglieder und andere Führungskräfte ein Versicherungsbedarf für
Verantwortlichkeitsansprüche aus ihrer Vereinstätigkeit.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 8


12 Handelsregister

12.1 Zweck und Inhalt des Handelsregisters

Das Handelsregister ist ein staatliches Verzeichnis der in der Schweiz niedergelassenen Unternehmungen.
Es erfüllt drei Funktionen:
• Publizität (gewährleistet die Verkehrssicherheit und den Vertrauensschutz im täglichen
Geschäftsverkehr)
• Rechtsdurchsetzung
• Rechtsanknüpfung (erhöhten Firmenschutz)

Das Handelsregister enthält im Wesentlichen Angaben über:


1. Firma des Unternehmens
2. Sitz des Unternehmens und Handelsregisternummer
3. Rechtsform des Unternehmens
4. Zweck des Unternehmens
5. Haftungsverhältnisse
6. Art der Information (auf welche Art und Weise informieren die Gesellschaften ihre Mitglieder)
7. Vertretungsverhältnisse (Wer kann verbindlich verhandeln und Verträge abschliessen)
8. Weitere Punkte (z.B. Bezeichnung der Revisionsstelle)

Es ist öffentlich zugänglich und jedermann darf Auszüge davon anfertigen lassen.

12.2 Die zum Handelsregistereintrag verpflichteten und die bloss dazu berechtigten
Unternehmen

Innerhalb der Eintragungspflicht kann man unterscheiden zwischen Unternehmungen, die erst mit dem
Handelsregistereintrag entstehen (konstitutiver Eintrag), und solchen, die auch ohne ihn entstehen
(deklaratorischer Eintrag).

• Pflicht mit konstitutivem Charakter: AG, Kommandit-AG, GmbH, Genossenschaft, Kollektiv-


/Kommanditgesellschaft ohne kaufmännisches Unternehmen
• Pflicht mit deklaratorischem Charakter: Kollektivgesellschaft, Kommanditgesellschaft mit
kaufmännischem Unternehmen, alle kaufmännischen Einzelunternehmen, Vereine mit kaufmännischem
Unternehmen.
• Recht für nicht kaufmännische Einzelunternehmen und Vereine ohne kaufmännische Unternehmen
• Kein Eintrag möglich: Einfache Gesellschaft

Der Grund für die freiwillige Eintragung ins Handelsregister liegt in der Regel in der Steigerung der
Kreditwürdigkeit (Unterstellung unter die Konkursbetreibung) und im erhöhten Schutz der Firma
(Geschäftsname).

12.3 Die Wirkung des Handelsregistereintrags

• Aussenverhältnis: positive und negative Publizitätswirkung sowie Unterstellung unter die


Handelsgerichtsbarkeit für Klagen gegen die Unternehmung
• Innenverhältnis: konstitutive Wirkung in gewissen Fällen (z.B. bei Gründung von juristischen
Personen), Schutz der Firma durch das Firmenrecht, Unterstellung unter die Konkursbetreibung.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 9


13 Die Aufsicht des Staates über die Versicherungen

13.1 Die gesetzlichen Regeln zur Versicherungsaufsicht

Das VAG gilt für alle Privatversicherer, die in der Schweiz tätig sind (Direktversicherer = Erstversicherung
und Rückversicherer), und ist das Schlüsselgesetz der Versicherungsaufsicht.
Es befasst sich hauptsächlich mit:
• Der Bewilligung zum Geschäftsbetrieb. Wer ein Versicherungsunternehmen betreiben will, muss eine
Bewilligung haben
• Überwachung der Geschäftstätigkeit durch die FINMA
• Sicherstellung der jederzeitigen Solvenz (Zahlungsfähigkeit) der Versicherer. Stichworte sind:
Mindestkapital, Solvabilität (Verhältnis von Eigenkapital und Prämienvolumen), Garantiefonds,
Organisationsfonds, Sicherungsfonds für Lebensversicherer
• Regelung des grenzüberschreitenden Versicherungsverkehrs
• Kautionspflicht für ausländische Versicherer
• Aufsicht über die Versicherungsvermittler

13.2 Bewilligung zum Geschäftsbetrieb

Eine Bewilligung brauchen Versicherer, die in der Schweiz neu tätig werden oder einen für sie neuen
Versicherungszweig anbieten wollen. Das Verfahren verläuft in vier Schritten:
1. Geschäftsplan erstellen
2. Bewilligungsgesuch bei der FINMA einreichen
3. Prüfung des Bewilligungsgesuchs durch FINMA. Sie prüft ob:
• Die Solvenz genügend ist
• Die Organisation zur Führung des Geschäfts geeignet ist
• Die Führung über die entsprechenden Fähigkeiten verfügt
• Der Versicherer die Rechtsform der AG oder der Genossenschaft hat
• Der Versicherer kein versicherungsfremdes Geschäft betreibt
• Der Versicherer die Spartentrennung befolgt; entweder Lebensversicherer oder
Schadenversicherer
4. Bewilligungserteilung

13.3 Die Beendigung des Geschäftsbetriebs

Der Versicherer muss sicherstellen, dass keine Versicherten zu Schaden kommen.


Vier Gründe für die Beendigung des Geschäftsbetriebs:
1. Verzicht = Freiwillige Aufgabe
Ein freiwillig verzichtender Versicherer muss der FINMA einen Abwicklungsplan zur Genehmigung
vorlegen. Während dessen darf er keine neuen Verträge abschliessen und auch keine Verträge
verlängern/erweitern.
2. Entzug der Bewilligung = Erzwungene Aufgabe
Die FINMA kann einem Versicherer die Bewilligung entziehen, wenn dieser die Voraussetzungen für die
Erteilung der Bewilligung nicht mehr erfüllt oder seine Geschäftstätigkeit seit mehr als 6 Monaten
eingestellt hat, ohne einen Abwicklungsplan vorzulegen
3. Übertragung von Versicherungsbeständen (an andere Versicherer). Bewilligung der FINMA nötig.
4. Liquidation bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (Konkurs des Versicherers). FINMA muss
zustimmen.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 10


14 Fundstellen rund um den Versicherungsvertrag

Das OR übernimmt bei Verträgen zwei Aufgaben:


• Es stellt Bestimmungen auf für den Fall, dass zwei Vertragspartner ein Vertragsdetail nicht geregelt
haben. Es handelt sich um dispositives (ergänzendes) Recht, weil es eben nur zum Zug kommt, wenn
im Vertrag selbst nichts vereinbart wurde
• Das Gesetz erhält auch zwingende Regeln. Damit will es einen Vertragspartner oder die
Allgemeinheit schützen. An diese müssen sich die Geschäftspartner halten. Sie dürfen weder im
Vertrag noch in den AGB davon abweichen.

Versicherungspolice
dokumentiert Abmachung der Parteien und besteht aus Deckblatt
und AVB sowie evtl. aus zusätzlichen Bedingungen (ZB)

Versicherer verspricht finanzielle Sicherheit, falls ein


versichertes Ereignis den Kunden trifft und finanziell schädigt
Versicherungs-
Versicherer Vertrag
nehmer
Kunde verspricht als Gegenleistung Bezahlung der
vereinbarten Versicherungsprämie

Fundstellen für Rechte und Pflichten im Versicherungsvertrag:


1. Fundstelle: Versicherungspolice
2. Fundstelle: Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Das VVG ist ein Spezialgesetz, das sich
ausschliesslich mit dem Versicherungsvertrag befasst. Es hat fünf Kapitel:
I. Allgemeine Bestimmungen (VVG 1-47); gelten für alle Versicherungsverträge
II. Besondere Bestimmungen zur Schadenversicherung (VVG 48-72)
III. Besondere Bestimmungen zur Personenversicherung (VVG 73-96)
IV. Zwingende Bestimmungen (VVG 97-99); legen fest, welche Bestimmungen des VVG
absolut zwingend (Abänderung verboten), relativ zwingend (Abänderung nur zugunsten des
Versicherungsnehmers) oder dispositives Recht (Abänderung zulässig) sind
V. Schlussbestimmungen (VVG 100-104); befassen sich mit Spezialfragen
3. Fundstelle: Obligationenrecht (OR). Es befasst sich allgemein mit Verträgen und kommt bei
Versicherungsverträgen zum Zug, wenn das VVG keine Antwort gibt.
4. Fundstelle: weitere Gesetze. Für besondere Fragen können weitere Gesetze von Bedeutung sein, vor
allem das ZGB, das sich mit der Handlungsfähigkeit befasst.

15 Wie entsteht ein Versicherungsvertrag?

Der Versicherungsantrag des Versicherungsnehmers geht an den Versicherer. Annahme des Antrags
durch Versicherer innert Bindungsfrist. So ist der Versicherungsvertrag gültig entstanden.

15.1 Der Versicherungsantrag

Der Versicherungsantrag wird vom Versicherungsnehmer schriftlich auf einem Antragsformular gestellt.
Damit ein Kunde den Antrag stellen kann, muss er informiert sein. Das VVG überträgt dem Versicherer
dabei eine Informationspflicht (VVG 3 und 3a). Er muss dafür sorgen, dass der Kunde die Identität des
Versicherers und den wesentlichen Inhalt kennt. Der Versicherungsantrag enthält die sechs Hauptpunkte
des Versicherungsvertrags und weitere Punkte, die für die Geschäftsabwicklung wichtig sind:

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 11


Die sechs Hauptpunkte, die im Antrag enthalten sein müssen:
1. Versicherte Gefahr
2. Versichertes Objekt (Gegenstand, Vermögen) / versicherte Person
3. Versicherungsleistung
4. Versicherungsprämie
5. Beginn der Versicherungsdeckung
6. Dauer des Versicherungsvertrags
Drei weitere wichtige Punkte, die regelmässig im Antrag enthalten sind:
7. Fragen des Versicherers zum Risiko, das versichert werden soll
8. Hinweis zu den AVB und Bestätigung des Versicherungsnehmers, dass er die AVB erhalten hat
9. Datum und Unterschrift des Kunden

15.2 Die Annahme des Versicherungsantrags durch den Versicherer

Der Vertrag entsteht erst, wenn der Versicherer den Antrag angenommen hat.

Bindungsfristen:
VVG 1: Bei Anträgen für Neuabschlüsse und für die Erhöhung der Versicherungssumme sind es 14 Tage.
Eine verlängerte Frist von 4 Wochen gilt, wenn der Kunde ein medizinisches Gutachten über seinen
Gesundheitszustand einreichen muss.
Trifft die Annahme nach Ablauf der Frist ein, dass ist der Kunde nicht mehr an seinen Versicherungsantrag
gebunden.
VVG 2: Bei Anträgen für die Verlängerung oder Abänderung bereits bestehender Versicherung ist die Frist
gleich. Hier gilt aber, dass der Antrag des Kunden angenommen ist, falls die Ablehnung des Versicherers
nicht innert der Frist bei Kunden eintrifft.

Die Versicherungspolice:
Der Versicherer muss eine Versicherungspolice ausstellen. Sie ist eine Beweisurkunde und bestätigt die
vereinbarten Rechte und Pflichten. Der Versicherungsnehmer muss die Police überprüfen. Meldet er
allfällige Abweichungen von seinem Versicherungsantrag nicht innert vier Wochen, gilt die Versicherung so,
wie in der Police beschrieben. Der Versicherungsvertrag kennt keine Formvorschrift.

Der Versicherungsbeginn:
Meistens legen die Vertragspartner den Versicherungsbeginn exakt fest. Der Versicherungsschutz beginnt
dann am vereinbarten Termin. Manchmal gibt der Versicherer eine provisorische Deckungszusage, bevor er
den Vertrag angenommen hat.

16 Dauer und Beendigung des Versicherungsvertrags

Die Prolongationsklausel sieht vor, dass der Vertrag automatisch um ein Jahr verlängert wird, wenn er
nicht durch den Versicherer oder Versicherungsnehmer drei Monate vor Ablauf der Vertragsdauer gekündigt
wird. VVG 47 schreibt zwingend vor, dass die Verlängerung jeweils im Maximum ein Jahr betragen darf.

Verträge enden durch Erfüllung


• Totalschaden führt zu Beendigung des Vertrags
• Ablauf der Vertragsdauer führt zu Beendigung des Vertrags, wobei dieser verlängert werden kann
(Prolongationsklausel)
Verträge enden automatisch bei
• Vollständigem und endgültigem Wegfall des versicherten Risikos und
• Konkurs des Versicherers
Verträge enden auf andere Weise, wenn
• In den AVB ein Rücktritts- oder Kündigungsrecht vorgesehen ist
• Das Gesetz ein Rücktritts- oder Kündigungsrecht vorsieht (Teilschaden, Verzug mit Prämienzahlung,
Anzeigepflichtverletzung) oder
• Die Vertragspartner sich auf eine Aufhebung des Vertrags einigen (Aufhebungsvertrag)

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 12


17 Die Rechte und Pflichten der Parteien

17.1 Die Pflicht des Versicherungsnehmers zur Prämienzahlung

• Zeitpunkt der Prämienzahlung. Erstprämie mit Vertragsabschluss, Folgeprämien mit Beginn der
nächsten Versicherungsperiode
• Prämienhöhe. Gemäss Abmachung. Eine Prämienerhöhung ist während der Vertragsdauer nur
möglich, wenn die AVB dies vorsehen (Prämienanpassungsklausel, PAK)
• Verspätung mit Prämienzahlung. Der Versicherungsschutz bleibt bestehen. Der Versicherer kann
dem Versicherungsnehmer aber eine schriftliche Mahnung mit letzter Zahlungsfrist von 14 Tagen und
Androhung der Verzugs- und Kostenfolgen schicken. Mit Ablauf der Frist gerät der
Versicherungsnehmer in Verzug und die Versicherung ruht. Danach hat der Versicherer zwei
Möglichkeiten:
o Er hält am Vertrag fest und fordert die Prämie mit Betreibung ein. Sobald die Prämie und
Inkassokosten bezahlt sind, lebt der Versicherungsschutz wieder auf.
o Er tritt vom Vertrag zurück und verzichtet auf die Prämie. Dies gilt, wenn der Versicherer
zwei Monate nicht unternimmt.

17.2 Die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers/Anspruchsberechtigten

• Auskunft über versichertes Risiko bei Vertragsabschluss. Beantwortet der Versicherungsnehmer


Fragen im Antrag nicht richtig, kann der Versicherer inert vier Wochen seit Kenntnis kündigen und bei
erbrachten Leistungen Rückerstattung verlangen.
• Anzeige von erheblichen Gefahrserhöhungen während Vertragsdauer. Vom Versicherungsnehmer
verursacht: Bei schriftlicher Meldung kann der Versicherer innert 14 Tagen vom Vertrag zurücktreten,
bei keiner Meldung ist der Versicherer nicht mehr an den Vertrag gebunden. Vom Versicherungsnehmer
nicht verursacht: Bei schriftlicher Meldung kann der Versicherer nur vom Vertrag zurücktreten, wenn die
AVB dies vorsehen, bei keiner Meldung ist der Versicherer nicht mehr gebunden.

17.3 Die Pflichten des Versicherungsnehmers/Anspruchsberechtigen im Schadenfalls

• Sofortige Schadenmeldung. Bei verschuldeter Verspätung droht Leistungsreduktion


• Mitwirkung bei der Ermittlung des Schadens und Auskunft über den Eintritt des versicherten
Ereignisses und dessen Folgen.
• Veränderungsverbot. Solange der Schaden nicht ermittelt ist, darf der Anspruchsberechtige keine
Veränderung vornehmen.
• Rettungspflicht. Der Anspruchsberechtigte muss alles Zumutbare unternehmen, um den Schaden zu
mindern, und wenn möglich Anweisungen des Versicherers einholen.

17.4 Die Versicherungsleistung des Versicherers

Zu den Vertragsdokumenten gehören alle Bestandteile der Versicherungspolice; Deckblatt, AVB, BVB
• Keine Leistung bei absichtlicher Herbeiführung des Ereignisses
• Leistungsreduktion bei grobfahrlässiger Herbeiführung
• Volle Leistung bei leichter Fahrlässigkeit
• Auszahlung der Versicherungsleistung. Vier Wochen nach Eingang der Schadenmeldung / der
angeforderten Auskünfte

Schicksal der Versicherung bei Total- und Teilschaden

• Totalschaden. Der Vertrag fällt dahin, die Prämie für das laufende Jahr verbleibt beim Versicherers
(Prinzip der Unteilbarkeit der Prämie)
• Teilschaden. Der Vertrag läuft weiter. Er kann aber vom Versicherungsnehmer und vom Versicherer
gekündigt werden. Die Kündigung muss spätestens mit der Auszahlung der Entschädigung
ausgesprochen werden.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 13


18 Der Regress des Versicherers auf den Verursacher des Schadens

Bei Schadenversicherungen (VVG 72) kann der Versicherer auf den Schadenverursacher Regress
nehmen, wenn er den Versicherten den Schaden vergütet hat und der Versicherte einen Anspruch aus
unerlaubter Handlung gegen den Verursacher hatte. Der Versicherer erwirbt diesen Anspruch von Gesetzes
wegen (Subrogation) und kann so gegen den Verursacher vorgehen.

Bei Summenversicherungen (VVG 96) gibt es keinen Regressanspruch des Versicherers gegen den
Verursacher des versicherten Ereignisses.

19 Überblick

Compliance sorgt dafür, dass das Unternehmen, seine Organisationsmitglieder und seine Mitarbeitenden
• Alle gesetzlichen Gebote und Verbote einhalten und
• sich an die Unternehmensphilosophie halten, die ja unter anderem den Umgang des Unternehmens
mit seinen Anspruchsgruppen regelt.
• Schutz der Mitarbeitenden

Aufgaben Compliance-Abteilungen:
• Die frühzeitige Erkennung von Entwicklungen im rechtlichen und gesellschaftlichen Umfeld des
Unternehmens,
• das Ausarbeiten von regelkonformen Verhaltensrichtlinien für das Unternehmen,
• die Umsetzung dieser Verhaltensrichtlinien im Unternehmen

20 Datenschutzgesetz (DSG)

Das Datenschutzgesetz regelt die Bearbeitung von Personendaten. Sein Ziel ist der Persönlichkeitsschutz.
• Datenbearbeitung im Sinne des DSG sind alle Aktivitäten von der Beschaffung über die Verwendung
bis zur Vernichtung von Personendaten. Eine Bearbeitung liegt vor, wenn jemand Informationen über
die Person: beschafft, aufbewahrt (speichert), verwendet, umarbeitet, einer anderen Person bekannt
gibt, veröffentlicht oder vernichtet.
• Personendaten sind alle Informationen, die einer Person zugeordnet werden können.
• Grundsätze der Datenbearbeitung: Rechtsmässigkeit/Verhältnismässigkeit, Zweckgebundenheit,
Richtigkeit, Auskunftsrecht, Informationssicherheit.

21 Das Geldwäschereigesetz

Das Geldwäschereigesetz will das Reinwaschen von kriminellen Geldern verhindern, indem es den
Finanzintermediären Sorgfaltspflichten bei der Annahme von Geldern und eine Meldepflicht verdrängter
Transaktionen auferlegt.
• Sorgfaltspflichten: Identifizierung der Vertragspartei, Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten,
Dokumentation, organisatorische Massnahmen zur Verhinderung der Geldwäscherei.
• Pflichten bei Geldwäschereiverdacht: Meldepflicht und Vermögenssperre.

Versicherer, die direkte Lebensversicherung oder Anteile von Anlagefonds anbieten, sind
Finanzintermediäre (Finanzdienstleister) und haben diese Pflichten zu befolgen. Das Reglement der
Selbstregulierungsorganisaiton SRO-SVV regelt die Details.
Verstösse gegen das GWG können Bussen für das Unternehmen sowie Bussen und/oder Gefängnisstrafen
für die beteiligten und verantwortlichen Personen nach sich ziehen. Meldepflicht.

Vom GWG ausgenommen sind: die Nationalbank, steuerbefreite Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und
einige weitere Gruppen.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 14


22 Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Das UWG sanktioniert jedes gegen Treu und Glauben im Geschäftsverkehr verstossende Verhalten
gegenüber Konkurrenten, Kunden oder Lieferanten.

Wichtige Erscheinungsformen:
• Unlautere Werbe- und Verkaufsmethoden (UWG 3)
• Verleitung zur Vertragsverletzung oder -auflösung (UWG 4)
• Verwertung fremder Leistung (UWG 5)
• Verletzung von Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnissen (UWG 6)
• Nichteinhaltung von Arbeitsbedingungen (UWG 7)
• Verwendung missbräuchlicher Geschäftsbedingungen (UWG 8)
Unlauteres und damit verbotenes Verhalten liegt u.a. vor bei: Herabsetzung und Behinderung der
Konkurrenten; Irreführung von Kunden, Schleichwerbung und ähnlichen Verschleierungstaktiken.

Verletzung des lauteren Wettbewerbs können von Konkurrenten, Lieferanten oder Kunden des fehlbaren
Unternehmens beim Zivilrichter eingeklagt werden, sofern diese in ihren wirtschaftlichen Interessen bedroht
oder verletzt sind. Da das finanzielle Risiko eines Wettbewerbsprozesses für einen Einzelnen in der Regel
zu hoch ist, lässt das UWG ausdrücklich die Verbandsklage zu. Wirtschaftsverbände und
Konsumentenschutzorganisationen können also unlauteres Wettbewerbsverhalten selbständig einklagen.
Der Kläger kann folgende Rechtsansprüche geltend machen:
• Die Verbotsklage gegen drohende Verletzungen;
• Die Beseitungsklage gegen bestehende Verletzungen;
• Allenfalls die Feststellungsklage

Zusätzlich kann er die Publikation des Urteils verlangen und gegebenenfalls Schadenersatz, Genugtuung
oder Herausgabe des Gewinns.

23 Das Kartellgesetz (KG)

Das Kartellgesetz bezweckt, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirtkungen von Kartellen und
anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und damit den Wettbewerb im Interesse einer
freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung zu fördern.

Definition Kartell: ein Zusammenschluss von Unternehmen des gleichen Wirtschaftszweiges, die auf
diesem Wege zum Beispiel durch Preisabsprachen die Konkurrenten auszuschalten versuchen.

Vom Kartellgesetz sanktionierte


Wettbewerbsbehinderungen

Wettbewerbsabreden Unternehmenszusam- Missbrauch von


(Kartelle) menschlüsse Marktmacht

Sind grundsätzlich zulässig grösseren Ausmasses sind ist verboten.


und nur ausnahmsweise bewilligungspflichtig.
verboten, wenn sie den
Wettbewerb ohne
Rechtfertigungsgrund
behindern oder ausschalten.

Wettbewerbsabrede: Wettbewebsabreden sind rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare


Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder
verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbseinschränkung bezwecken oder bewirken.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 15


24 Das Gesetz für kollektive Kapitalanlagen (KAG)

24.1 Was sind kollektive Kapitalanlagen

Kollektive Kapitalanlagen sind Vermögen, die von Anlegern zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage
aufgebracht und für deren Rechnung verwaltet (die Bewirtschaftung erfolgt durch eine Fondsleistung)
werden. Die Anlagebedürfnisse der Anleger werden in gleichmässiger Weise befriedigt.

Man unterscheidet offene und geschlossene kollektive Kapitalanlagen:


• Offene Kapitalanlagen stehen einer unbegrenzten Zahl von Anlegern offen. Dazu gehören der
vertragliche Anlagefonds und die Investmentgesellschaft mit variablem Kapital (SICAV).
• Geschlossene Kapitalanlagen sind für einen bestimmten Kreis von Anlegern konzipiert. Dazu gehören
die Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen und die Investmentgesellschaft mit festem
Kapital (SICAF).

Publikumsanleger sind alle Anleger, die nicht qualifizierte Anleger (Banken, Fondsleistungen,
Versicherungsunternehmen, etc.) sind; faktisch ist das die überwiegende Anzahl von Anlegern.

Wer öffentlich Anteile einer kollektiven Kapitalanlage anbietet oder vertreibt, braucht eine Bewilligung der
Aufsichtsbehörde. Als öffentliche Werbung gilt nach KAG 3 jede Werbung, die sich an das Publikum
richtet.

24.2 Der vertragliche Anlagefonds

Beim vertraglichen Anlagefonds sind im Zusammenhang mit fondsgebundener Lebensversicherung folgende


Parteien beteiligt: die Fondsleitung (Verwaltung des Fondsvermögens, Vergütungsanspruch), die
Depotbank (Aufbewahrung des Fondvermögens, Kontrolle der Fondsleitung, Vergütung gemäss
Fondsreglement), der Vertriebsträger (mit eigener Absatzorganisation) sowie der Kunde (Anleger).
Wer kollektive Kapitalanlagen verwaltet oder aufbewahrt, braucht eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde
(FINMA).

24.3 Arten von Anlagefonds

Das KAG unterscheidet:


• Effektenfonds (Obligationen-, Aktien- und Geldmarktfonds)
• Immobilienfonds
• Übrige Fonds für traditionelle Anlagen und für alternative Anlagen

Für diese Fondstypen bestehen unterschiedliche Bestimmungen hinsichtlich der zugelassenen Anlagen, der
Risikoverteilung und der Anlagetechniken.

Zusammenfassung Beat-Michael Roth 16

Das könnte Ihnen auch gefallen