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Skript zum
Grundkurs
Europarecht
Wintersemester 2014/2015
2
Vorlesungsübersicht
§1 Einführung in das Europarecht
Literaturübersicht
Hinweis: Im Text wird an bestimmten Stellen auf besonders geeignete Aufsätze in den Ausbildungs- und
europarechtlichen Fachzeitschriften sowie auf einzelne Passagen der Lehrbücher verwiesen.
2. Fallsammlungen
Fetzer, Thomas: Fälle zum Europarecht, 7. Aufl. 2010
Gonsior, Florian/Holzner, Thomas/
Kramer, Urs u.a.: Fälle zum Europarecht, 1. Auflage 2011
3
3. Kommentare zu EUV/AEUV:
Calliess, Christian/Ruffert, Matthias (Hrsg.): EUV/AEUV Kommentar, 4. Aufl. 2011
Geiger, Rudolf/Khan, Daniel-Erasmus/
Kotzur, Markus: EUV/AEUV Kommentar, 5. Auflage 2010
Geiger, Rudolf/Khan, Daniel-Erasmus/
Grabitz, Eberhard/Hilf, Meinhard/ Das Recht der Europäischen Union, Loseblatt-
Nettesheim, Martin (Hrsg.): Kommentar
von der Groeben, Hans/Schwarze, Jürgen/ Kommentar zum Vertrag über die Europäische
Hatje, Armin (Hrsg.): Union und zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft, 7. Auflage 2014 (i.E.)
Lenz, Carl O./
Borchardt, Klaus-Dieter (Hrsg.): EU-Verträge, Kommentar, 6. Auflage 2012
Schwarze, Jürgen (Hrsg.): EU-Kommentar, 3. Auflage, 2012
Streinz, Rudolf (Hrsg.): EUV/AEUV, 2. Auflage 2012
Vedder, Christoph/
Heintschel von Heinegg, Wolff (Hrsg.) Europäisches Unionsrecht, 2012
4. Vertiefungsliteratur
von Bogdandy, Armin (Hrsg.) Europäisches Verfassungsrecht, 2. Auflage, 2009
(online)
Principles of European Constitutional Law, 2.
Auflage 2010 bzw. 2011 (Studienausgabe)
Ehlers, Dirk (Hrsg.) Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten,
3. Auflage 2009
Frenz, Walter Handbuch Europarecht, 6 Bände, 2004 ff.
Hatje, Armin/Müller-Graff, Peter-Chr. Enzyklopädie Europarecht, 10 Bände, 2012 ff.
a) Rechtsquellen:
Unmittelbare Anwendbarkeit PrimärR:
Slg. 1963, S. 1, Rs 26/62 – van Gend & Loos
Wirkungen Verordnung:
Slg. 1973, S. 981, Rs 34/73 – Variola
Wirkungen Richtlinie:
Slg. 1982, S. 53, Rs 8/81 – Becker
Slg. 1986, S. 723, Rs 152/84 – Marshall
Slg. 1991, S. I-2567, Rs C-361/88 – TA-Luft
Slg. 1994, S. I-3325, Rs C 91/92 – Faccini Dori
Schadensersatz:
Slg. 1991, S. I-5357, verb. Rs C-6 und 9/90 – Francovich
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Slg. 1996, S. I-1029, verb. Rs C-46 und C-48/93 – Brasserie du Pêcheur und Factortame
Vorrang des europäischen Rechts:
Slg. 1964, S. 1251, Rs 6/64 – Costa/E.N.E.L.
Slg. 1978, S. 629, Rs 106/77 – Simmenthal
Vollzug des europäischen Rechts durch nationale Verwaltungen
Slg. 2004, S. I-837, Rs C-453/00 – Kühne & Heitz
b) Grundfreiheiten:
Warenverkehr:
Slg. 1974, S. 837, Rs 8/74 – Dassonville
Slg. 1979, S. 649, Rs 120/78 – Cassis de Dijon
Slg. 1993, S. I-6097, verb. Rs C-267 und 268/91 – Keck
Slg. 2009, S. I-519, Rs C-110/05 – Kommission/Italien
Dienstleistungsfreiheit:
Slg. 1991, S. I-4221, Rs C-76/90 – Säger
Slg. 2011, S. I-2101, Rs C-565/08 – Kommission/Italien
Personenfreizügigkeiten:
Slg. 1986, S. 2121, Rs 66/85 – Lawrie-Blum
Slg. 1991, S. I-2357, Rs C-340/89 –Vlassopoulou
Slg. 1992, S. I-3351, Rs C-106/91 – Ramrath
Slg. 2000, S. I-4139, Rs C-281/98 – Angonese
c) Rechtsschutz:
Nichtigkeitsklage:
Slg. 1963, S. 211, Rs 25/62 – Plaumann
Slg. 1994, S. I-833, Rs C-188/92 – TWD
Slg. 2002, S. I-6677, Rs C-50/00 P – UPA
Urt. v. 3.10.2013, Rs C-583/11 P – Inuit Tapiriit Kanatami
Vorabentscheidungsverfahren:
Slg. 1982, S. 3415, Rs 283/81 – CILFIT
Slg. 1987, S. 4199, Rs 314/85 – Foto-Frost
d) Kompetenzordnung
Slg. 2000, S. I-8419, Rs C-376/98 – Tabakrichtlinie
Slg. 2009, S. I-593, Rs C-301/06 – Vorratsdatenspeicherung
6. Internetseiten:
– Europäische Union: http://www.europa.eu
– Rechtsakte (Amtsblatt, Normativakte und Einzelentscheidungen):
http://www.eur-lex.europa.eu
– Gerichtshof: http://www.curia.europa.eu
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Voraussetzungen:
* Kompetenz („begrenzte Einzelermächtigung“), Art. 5 II EUV und
* Subsidiaritätsprinzip, Art. 5 III EUV (mit Zusatzprotokoll)
c) Europäische
Kommission: 28 unabhängige Personen (Kommissare)
(Brüssel) (mit großem Verwaltungsapparat)
- Mitwirkung an der Rechtsetzung durch Rat und Parlament
(Initiativen und weitere Beteiligung)
- Umsetzung / Kontrolle von Unionsrecht
- Wahrnehmung eigener Rechtsetzungsbefugnisse
(Durchführungsbestimmungen aufgrund einer Ermächtigung
des Rates [Grund-VO])
- Außenvertretung der Union
(Art. 17 EUV, Art. 244 ff. AEUV)
d) Europäisches
Parlament: 751 von den Völkern unmittelbar gewählte Vertreter
(Straßburg/Brüssel) - Rechtsetzung einschl. Beschlussfassung über Haushalt (mit
Rat)
- Zustimmung zur Aufnahme neuer Mitgliedstaaten
- Zustimmung zur Benennung der Kommissionsmitglieder
- Kontrolle der Kommission (Misstrauensvotum,
Untersuchungsausschüsse)
(Art. 14 EUV, Art. 223 ff. AEUV)
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e) Europäischer
Gerichtshof: EuGH und EuG, ggf unter Einschluss der Fachgerichte
(EuGH) jeweils 28 unabhängige Richter, EuGH: dazu z.Zt. 9
(Luxemburg) Generalanwälte
- Rechtsprechung, konkret:
* Auslegung von Verträgen und sonstigen Unionsrechts
* Fortbildung des Unionsrechts
* Kontrolle der Rechtsakte der Organe auf
Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht
* Kontrolle des Verhaltens der Mitgliedstaaten am Maßstab des
Unionsrechts
Fachgerichte: Gericht für den öffentlichen Dienst (2004)
(Art. 19 EUV, Art. 251 ff. AEUV)
f) Europäischer
Rechnungshof: 28 unabhängige Mitglieder
(Luxemburg) => externe Rechnungsprüfung:
- Prüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsgemäßheit aller
Einnahmen und Ausgaben der EU sowie ggf. deren Organe
- Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung
(Vorlage eines Jahresberichtes nach jedem Haushaltsjahr)
- Sonderberichte zu speziellen Fragen
(Art. 285 ff. AEUV)
g) Europäische
Zentralbank: Direktorium: 6 Mitglieder
(Frankfurt/M.) Zentralbankrat: dazu Präsidenten der 18 nationalen
Zentralbanken des Euro-Raumes
=> Europäische Währungspolitik (Verwaltung des EURO)
(Art. 282 ff. AEUV)
h) weitere Institutionen:
Wirtschafts- und Sozialausschuss (Art. 300 ff. AEUV)
Ausschuss der Regionen (Art. 300, 305 ff. AEUV)
II. Verbot von Zöllen und zollgleichen Abgaben (Art. 28, 30 AEUV)
Literatur: Schön, Der freie Warenverkehr, die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten und der
Systemgedanke im europäischen Steuerrecht – Teil 1: Die Grundlagen und
Das Verbot der Zölle und zollgleichen Abgaben, EuR 2001, 216–233
1. Kernelement
Art. 28, 30 AEUV: Verbot von Zöllen (= Abgaben für die Grenzüberschreitung von Waren
und zollgleichen Abgaben
1. Kernelement
Art. 34 AEUV: Verbot mengenmäßiger Beschränkungen und
Maßnahmen mit gleicher Wirkung bei Einfuhr
-> nicht erforderlich ist der Nachweis, dass Handel tatsächlich beeinträchtigt wird
EuGH, Slg. 1993, I-6097 (6131), verb. Rs C-267 und C-268/91 – Keck
„Nach dem Urteil [...] (Cassis de Dijon) stellen Hemmnisse für den freien Warenverkehr, die
sich in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften daraus ergeben, daß Waren
aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht
worden sind, bestimmten Vorschriften entsprechen müssen (produktbezogene Vorschriften)
[...], selbst dann, wenn diese Vorschriften unterschiedslos für alle Erzeugnisse gelten, nach
Art. 30 EWGV [heute: Art. 34 AEUV] verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung dar, sofern
sich die Anwendung dieser Vorschriften nicht durch einen Zweck rechtfertigen läßt, der im
Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht.“
„Demgegenüber ist [...] die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Ver-
kaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse anderer Mitgliedstaaten nicht
geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten [...] zu behindern, sofern diese Bestim-
mungen für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und so-
fern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mit-
gliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren.“
-> Unterscheidung zwischen produktbezogenen und sonstigen Vorschriften: Restriktion des
Beschränkungsbegriffs
Sinn: Reduktion auf Maßnahmen die tatsächlich den grenzüberschreitenden Handel beschrän-
ken (Stichworte: Sicherung des Marktzugangs, grenzüberschreitende Wirkung von Handels-
hemmnissen)
Da alle produktbezogenen Vorschriften am Maßstab von Art. 34 AEUV zu messen sind, lässt
sich die zitierte EuGH-Rechtsprechung im Ergebnis wie folgt zusammenfassen:
- Eignung: Eine Maßnahme ist nur geeignet, „die Erreichung des geltend gemachten Ziels zu
gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systema-
tischer Weise zu erreichen.“ Slg. 2009, I-4171, verb. Rs C-171 und 172/07 – Apothekerkam-
mer des Saarlandes (zur Niederlassungsfreiheit, gilt hier aber ebenso)
- Erforderlichkeit:
* Kennzeichnungspflichten sind milder als Verbote;
* wenn dem Schutzgut bereits durch Maßnahmen des Herkunftsstaates Rechnung ge-
tragen wurde, sind Maßnahmen des Importstaates nicht erforderlich;
* dass in anderen Mitgliedstaaten großzügigere Regelungen bestehen, ist für sich ge-
nommen noch kein Argument, die Erforderlichkeit zu verneinen.
- Angemessenheit wird vor allem in der jüngeren Rspr. kaum geprüft. Da es vor allem bei
nichtdiskriminierenden Maßnahmen primär nicht um die Lösung eines Konflikts zwischen
zwei Rechtsgütern geht, sondern um die Frage, ob eine Maßnahme wirklich einem legitimen
Ziel dient, ist die Prüfung der Verhältnismäßigkeit ieS auch zumeist nicht erforderlich (Rspr.
ist aber uneinheitlich).
4. Inländerdiskriminierung
* kein Problem der EU-Verträge: diese sind nicht anwendbar (EuGH, Slg. 1986, 3231,
Rs 355/85, Driancourt/Cognet);
* kein Problem von Art. 3 GG (unterschiedliche Normsetzer tätig; punktuelle Be-
trachtung);
* u.U. Problem von Art. 12 GG (Eignung, Verhältnismäßigkeit), vgl. BVerfG,
1 BvR 1730/02, JZ 2007, 354.
Aber: fast alles ist umstritten.
1. Vertragliches Grundmodell
a) Kernelement (Anwendungsbereich)
Art. 35 AEUV: Verbot mengenmäßiger Ausfuhrbeschränkungen und
Maßnahmen gleicher Wirkung
b) Beschränkung
2. Problem: Beschränkungsbegriff
(-> andere Definition der mengenmäßigen Beschränkung als bei Art. 34 AEUV)
EuGH, Slg. 1979, 3409, Rs 15/79 – Groenveld:
„Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes bezieht sich Artikel 34 EWGV [heute:
Art. 35 AEUV] auf nationale Maßnahmen, die spezifische Beschränkungen der
Ausfuhrströme bezwecken oder bewirken und unterschiedliche Bedingungen für den
Binnenhandel innerhalb eines Mitgliedstaats und seinen Außenhandel schaffen, so daß die
nationale Produktion oder der Binnenmarkt des betroffenen Staates einen besonderen Vorteil
erlangt.“
3. Einzelprobleme:
a) inhaltlicher Rahmen der Harmonisierung
b) (begrenzte) Wirkung der Harmonisierung:
- Art. 114 IV AEUV (bei bestehenden nationalen Regeln)
- Art. 114 V AEUV (bei Neueinführung nationaler Regeln)
c) Praxis: - produktbezogene Regelungen (Lebensmittel, Arzneimittel)
- Verfahrensregeln (Anerkennung ausl. Zulassungsentscheidungen);
- Mitteilung von nationalen produktbezogenen Regeln an Kommission;
- Verbraucherschutz (Verpackungen, Produkthaftung)
- Harmonisierung Herstellungsbedingungen (Wettbewerbsgleichheit)
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d) Klausurmäßiger Hinweis:
nach Harmonisierung ist Art. 34 AEUV nicht mehr einschlägig
V. Zusammenfassung:
Wörtliche Interpretation spielt im EU-Recht (vor allem wegen der Mehrsprachigkeit) eine ge-
ringere, teleologische Interpretation eine besondere Rolle.
Im Lichte der unter I dargestellten Funktionen der Grundfreiheiten ergeben sich folgende
Konsequenzen für die Auslegung der Art. 34 ff. AEUV (die kursiven Zahlen beziehen sich
auf die dort genannten Funktionen):
2. Rechtfertigung
über die „echte“ Ausnahme nach Art. 36 AEUV sind zwecks Sicherung der Regulierungs-
möglichkeit auch alle Maßnahmen zulässig, die der Sicherung (sonstiger) „zwingender Erfor-
dernisse des Handelsverkehrs“ dienen (im Rahmen der Verhältnismäßigkeit) – („Cassis de
Dijon“, Skript § 2 III 3b; praktische Konsequenz: wie eine „Ausweitung“ von Art. 36 AEUV)
doch können alle diskriminierenden Beschränkungen wegen der mit ihnen verbundenen be-
sonderen Gefährdung des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs nur nach Art. 36 AEUV
gerechtfertigt werden.
I. Kernelement
a) sachlich:
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- Leistung, die
- idR gegen Entgelt erbracht wird und
- keinen hoheitlichen Charakter besitzt
(-> öffentliche Gewalt bleibt ausgeklammert, Art. 62 i.V.m. 51 AEUV)
b) persönlich:
- nat. Personen: Staatsangehörigkeit eines MS und Ansässigkeit in einem MS
- jur. Personen: Gründung nach Rechtsordnung eines MS und
Sitz / Hauptverwaltung / -niederlassung in einem MS (vgl. Art. 54 AEUV)
c) Grenzüberschreitung:
Leistungserbringer geht vorübergehend zum Leistungsempfänger in dessen Land
(vgl. Art. 57 AEUV a.E.; vgl. EuGH, Slg. 1995, S. I-4165, C-55/94
– Gebhard)
d) Subsidiarität:
keine andere Grundfreiheit anwendbar (Art. 57 AEUV)
2. Beschränkung
Art. 57 AEUV: Erbringung „unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für sei-
ne eigenen Angehörigen vorschreibt.“
-> nur Diskriminierungsverbot
3. Rechtfertigung
Art. 62 i.V.m. 52 AEUV: Sonderregeln für Ausländer (selbstverständlich, denn wenn nicht:
keine Diskriminierung -> nicht von Grundmodell erfasst)
und öff. Sicherheit, Ordnung und Gesundheit: praktisch nur Ausweisungsrecht
und Verhältnismäßigkeit (Eignung, Erforderlichkeit)
III. Einzelprobleme
Kombination von aktiver und passiver DLF: Erbringer und Empfänger gehen in anderen
(dritten) Staat, in dem dann die Dienstleistung erbracht wird
(Bsp.: Pauschalreise; vgl. EuGH, Slg. 1991, S. I-709, Rs C-180/89 – Kommission/Italien)
=> Die drei maßgeblichen Orte (Wohnsitz DL-Erbringer, Wohnsitz DL-Empfänger, Er-
bringungsort DL) müssen in zumindest zwei verschiedenen Mitgliedstaaten liegen.
2. Nichtdiskriminierende Beschränkungen:
a) Niederlassungserfordernis: EuGH, Slg. 1986, S. 3755, Rs 205/84 –
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Kommission/Deutschland
b) sonstige Beschränkungen: lange Zeit str.:
– Anforderungen an Inhalt der DL: Parallele zum Warenverkehr
– Anforderungen an Erbringer der DL: besonderes Problem, nicht allein über
Marktzugangsrecht zu lösen
-> EuGH (über den Vertragswortlaut hinausgehend):
* alle Behinderungen sind Beschränkungen (auch hier: Herkunftslandprinzip)
* jedes legitime Allgemeininteresse vermag im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu
rechtfertigen
aber: immer prüfen, ob nicht Maßnahme des Herkunftsstaates ausreicht
(Vertrauensprinzip)
c) Missbrauchsvermeidung:
wenn eine DL vor allem für das Ausland gedacht ist, darf der Empfangsstaat seine
Normen uneingeschränkt durchsetzen
4. Drittwirkung
bei normsetzender Befugnis, etwa Tarifvertragsparteien
EuGH, Slg. 2007, I-11767, Rs. C-341/05 – Laval un Partneri
5. Inländerdiskriminierungen
wie beim Warenverkehr nicht vom AEUV erfasst (siehe § 2 III 4 und EuGH, Slg.
1980, S. 833, Rs 52/79 – Kabelfernsehen)
Literatur: Burk, Enno, Art. 49, 54 AEUV: Zum Stand der Niederlassungsfreiheit für na-
türliche Personen und Gesellschaften nach der neuen EuGH-Rechtsprechung,
Jura 2010, 284 ff.
Classen, Der EuGH hält das Fremdbesitzerverbot für Apotheken für mit dem
EG-Vertrag vereinbar, Jura 2010, 56 – 61
Hatje, Die Niederlassungsfreiheit im europäischen Binnenmarkt, Jura 2003,
160–167
1. Kernelement:
Art. 49 AEUV: (1) Tätigkeit als Selbständiger (Nicht-ArbN):
- auf eigene Rechnung und
- auf eigenes Risiko
(2) auf Dauer
(3) in einem anderen MS (Sitzverlegung und Zweigstelle)
3. Einzelprobleme
a) Begünstigte
- nat. Personen: MS bestimmen Staatsangehörigkeitsrecht.
- Gesellschaften: Gründung und Sitz/HauptVerw/Hauptniederlassung
(Art. 54 AEUV; -> Gesellschaftsrechtsangleichung Art. 50 II g AEUV); zur
Anerkennung von ausl. Gesellschaften siehe EuGH, Slg. 2002, I-9919, Rs
C-208/00 – Überseering.
b) Beschränkungsbegriff
- Text: Diskriminierungsverbot (Art. 49 II AEUV)
und Recht auf Gründung von Zweigstellen (Art. 49 I 2 AEUV; EuGH, Slg. 1984,
S. 2971, Rs 107/83 – Klopp)
- sonstige Beschränkungen?
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einem Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einem Staat niederlassen will und damit
in dessen Wirtschaftsleben integrieren will, kann grundsätzlich zugemutet wer-
den, sich an die dort bestehenden Regeln anzupassen (EuGH, Slg. 2001,
S. I-837, Rs C-108/96 – Mac Quen u.a.)
1. Kernelement:
Art. 45 AEUV: (1) Tätigkeit als Arbeitnehmer
- gegen Entgelt
- nach Weisung
(2) auf Dauer
(3) in einem anderen MS
b) Beschränkung
- Arbeitsbedingungen: Art. 45 II AEUV: keine Diskriminierung
durch Staat oder (auch privaten) Arbeitgeber
- weitere Rechte nach Art. 45 III AEUV
c) Rechtfertigung
nicht vorgesehen für diskriminierende Arbeitsbedingungen (Art. 45 II AEUV)
für Rechte nach Art. 45 III AEUV: öff. Ordnung, Sicherheit und Gesundheit
-> nur Ausweisungen möglich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit
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3. Einzelprobleme
b) Beschränkungsbegriff
- manche mögliche Beschränkungen ausdrücklich angesprochen (Art. 45 III AEUV)
- aber: es bestehen auch weitere
-> EuGH: auch hier weiter Beschränkungsbegriff
(EuGH, Slg. 1992, S. I-3351, Rs C-106/91 – Ramrath)
mit Folge einer insoweit
erleichterten Rechtfertigungsmöglichkeit (jedes Allgemeininteresse)
d) Drittwirkung
Das Diskriminierungsverbot bindet auch private Arbeitgeber (EuGH, Slg. 2000,
S. I-4139, Rs C-281/98 – Angonese)
4. Rechtsangleichung
1. Entwicklung: (heutige) Art. 18 i.V.m. Art. 165 AEUV; vgl. EuGH, Slg. 1985, S. 593,
Rs 293/83 – Gravier
I. allgemeine Struktur
2. Beschränkung
a) Belastung mit einer finanziellen Abgabe
b) Belastung durch Staat
c) Bezug zur Grenzüberschreitung:
- Zoll
- oder: sonstige Abgabe allein wegen des Grenzübertritts
3. Rechtfertigung
- nicht vorgesehen
2. Beschränkung
a) Maßnahme hat staatlichen Charakter
b) Maßnahme hat keinen finanziellen Charakter
c) Handel mit der Ware wird beschränkt
aa) durch produktbezogene Regelungen: immer
bb) bei sonstigen Regelungen (vertriebs- oder nutzungsbezogene
Regelungen):
aaa) durch Maßnahmen, die Importware rechtlich oder
tatsächlich stärker treffen als inländische Waren
bbb) durch sonstige Marktzugangsbeschränkungen
3. Rechtfertigung
a) Beschränkung besteht in einer Diskriminierung
-> Rechtfertigung nur nach Art. 36 AEUV möglich
aa) Vorliegen eines entsprechenden Grundes
bb) Verhältnismäßigkeit:
- Eignung (Kohärenz?)
- Erforderlichkeit (reichen Maßnahmen des Herkunftsstaates aus, da legal in
einem MS hergestellte Waren grds. in der ganzen EU verkaufsfähig
sein sollen/reichen Warnungen aus?) ,
(- Angemessenheit: wird vom EuGH kaum geprüft)
cc) keine willkürliche Diskriminierung oder Handelsbeschränkung
2. Beschränkung
a) Ausfuhr der Ware wird beschränkt
b) Beschränkung hat staatlichen Charakter
c) Beschränkung hat keinen finanziellen Charakter
d) Beschränkung trifft Exportware rechtlich oder tatsächlich stärker als für das Inland
bestimmte Waren (Definition ist enger als bei Art. 34 AEUV)
2. Beschränkung
a) Erbringung der Dienstleistung wird beschränkt
b) Beschränkung ist Staat zuzurechnen oder auf private Normsetzung zurückzuführen
c) Bezug zur Grenzüberschreitung:
aa) Diskriminierung
bb) weist sonstwie marktbeschränkende Wirkung auf
(keine Teilnahme am normalen Wettbewerb)
3. Rechtfertigung
a) Beschränkung besteht in einer Diskriminierung
-> Rechtfertigung nach Art. 52 i.V.m. 62 AEUV)
aa) Vorliegen eines entsprechenden Grundes
bb) Verhältnismäßigkeit:
- Eignung (Kohärenz?)
- Erforderlichkeit (reichen Maßnahmen des Herkunftsstaates aus, da
legal in einem MS erbrachte DL grds. in der ganzen EU möglich
sein sollen/reichen Warnungen aus?) ,
(- Angemessenheit: wird vom EuGH kaum geprüft)
2. Beschränkung
a) Tätigkeit wird beschränkt
b) Beschränkung ist Staat zuzurechnen oder auf private Normsetzung zurückzuführen
c) Bezug zur Grenzüberschreitung:
- Beschränkung
aa) besteht in einer Diskriminierung
bb) weist sonstwie marktbeschränkende Wirkung auf
(keine Teilnahme am normalen Wettbewerb)
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3. Rechtfertigung
a) Beschränkung besteht in einer Diskriminierung
-> Rechtfertigung nach Art. 52 AEUV
aa) Vorliegen eines entsprechenden Grundes
bb) Verhältnismäßigkeit:
- Eignung (Kohärenz?)
- Erforderlichkeit (reichen Maßnahmen des Herkunftsstaates oder
Warnungen aus?),
(- Angemessenheit: wird vom EuGH kaum geprüft)
2. Beschränkung
a) Tätigkeit wird beschränkt
b) Bezug zur Grenzüberschreitung:
aa) besteht in einer Diskriminierung des Arbeitnehmers
bb) weist sonstwie marktbeschränkende Wirkung auf
(keine Teilnahme am normalen Wettbewerb)
3. Rechtfertigung
a) Beschränkung besteht in einer Diskriminierung
-> keine Rechtfertigung, sofern es um Arbeitsbedingungen geht
-> Rechtfertigung gemäß Abs. 3 in den dort genannten Fällen:
aa) Vorliegen eines entsprechenden Grundes
bb) Verhältnismäßigkeit:
- Eignung (Kohärenz?)
- Erforderlichkeit (reichen Maßnahmen des Herkunftsstaates aus,
reichen Warnungen aus?),
(- Angemessenheit: wird vom EuGH kaum geprüft)
2008, 838–845
Giegerich, Europarecht und deutsches Recht – Wechselwirkungen in der
Fallbearbeitung, JuS 1997, 39–43, 335–340, 426–431, 522–528, 619–
625, 714–718 (Aufsatzreihe)
I. Überblick
1. Überblick
2. Rechtliche Wirkung
- Rechte und Pflichten werden begründet
- nicht nur der Mitgliedstaaten und EU-Organe,
sondern auch der Einzelnen, wenn und soweit eine Vertragsbestimmung
(1) inhaltlich konkret und
(2) unbedingt ist.
Dabei ist entscheidend: was kann (allein) durch Gerichte konkretisiert werden,
wo müssen politische Stellen (Gesetzgeber, Verwaltung) Entscheidung nach
Ermessen treffen
(EuGH, Slg. 1963, S. 1, Rs 26/62 – van Gend & Loos)
4. Rang
höchster Rang im Unionsrecht (EU-„Verfassungsrecht“)
III. Sekundärrecht
1. Überblick
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2. Zustandekommen
Sekundärrechtsakte werden von den Unionsorganen erlassen
a) Verbandskompetenz
- Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 I und II EUV)
* Typen der Kompetenzen: Art. 2 bis 6 AEUV
* Abgrenzung der Kompetenzen: nach Inhalt und Ziel eines Rechtsaktes
* Ergänzungskompetenz des Art. 352 AEUV (dessen Inanspruchnahme ein zu-
sätzliches Ermächtigungsgesetz verlangt, BVerfGE 123, 267, 395)
sowie
- Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art. 5 I 2, III, IV EUV iVm Proto-
koll)
praktische Bedeutung: Begründung des Rechtsaktes; (begrenzte) gerichtliche
Kontrolle; neu: Frühwarnsystem (Einschaltung der nationalen Parlamente)
b) Organkompetenz/Verfahren:
Literatur: Fischer, Gesetzgebung in der EU - Institutionen und Verfahren, DRiZ 2000,
330–332
v. Danwitz, Wege zur besseren Gesetzgebung in Europa, JZ 2006, 1–9
Daneben können Rechtsakte auf der Grundlage (Art. 290 AEUV) bzw. zur Durchführung
(Art. 291 AEUV) von Unionsrechtsakten von der Kommission erlassen werden.
Einzelfallentscheidungen werden, soweit sie auf europäischer Ebene getroffen werden, prak-
tisch immer von der Kommission erlassen
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c) Formerfordernisse
- Begründung (Art. 296 AEUV)
- Publikation / sonstige Bekanntgabe (Art. 297 AEUV)
3. Rang
- unter Primärrecht und (grundlegenden; s.u. IV.2.) allgemeinen Rechtsgrundsätzen
- innerhalb des Sekundärrechts besteht eine Rangordnung, soweit Sekundärrechtsakte
selbst eine solche enthalten (z.B. DurchführungsVO unter VO)
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VO: gilt für alle Adressaten unmittelbar: MS, alle Organe, Bürger, Unternehmen
7. Sonstige Akte
a) Empfehlung, Stellungnahme (Art. 288 V AEUV)
b) atypische Rechtsakte
2. Methodische Einzelheiten
Orientierung an
- den in den Unionsverträgen enthaltenen Leitbildern
- gewichteten rechtsvergleichenden Erfahrungen
Rang:
str. - z.T. wie Primärrecht;
richtiger:
- grundlegende Prinzipien (s.o. III.3.) zwischen Primär- und Sekundär
recht;
- lückenfüllende Prinzipien wie Sekundärrecht
Anwendungsbereiche: vorwiegend
- allgemeines Verwaltungsrecht (insbesondere: Haftung der EU-Mitgliedstaaten für
Fehler beim Vollzug des Unionsrechts: EuGH, Slg. 1991, S. I-5357, verb. Rs C-6
und 9/90 – Francovich; Slg. 1996, S. I-1029, verb. Rs C-46 und C-48/93 – Brasserie
du pêcheur und Factortame)
- bis 2009: Grundrechtsschutz (§ 7 des Skripts)
1. Überblick
2. Wörtliche Auslegung:
Sprachenproblem; spezifisch unionsrechtliche Auslegung
3. Systematische Auslegung:
Kohärenz (z.T.), Zielbestimmungen und Begründungserwägungen
4. Teleologische Interpretation:
zentrale Bedeutung („effet utile“ = praktische Wirksamkeit)
5. Historische Interpretation:
geringe Bedeutung
§ 6 Anwendung des Unionsrechts
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I. Problemüberblick
* Grundlagen
- Art. 23 GG ist Spezialvorschrift zu Art. 24 GG für die Übertragung von Hoheitsrechten
- Entstehung: Begriff der "zwischenstaatlichen Einrichtung" wurde als unzureichend
für die EU empfunden (seit 1992, Vertrag von Maastricht)
- Sinn: Schaffung einer Spezialvorschrift, um den Zusammenhang von deutscher
und europäischer Integration zu verdeutlichen
- Inhalt: Abs. 1: Grundlage und Grenze der europäischen Integration
Abs. 1a - 7: Beteiligung der innerstaatlichen Verfassungsorgane am Prozess der
Integration
* Recht und Pflicht zur Mitwirkung an der Europäischen Integration
* „Übertragung von Hoheitsrechten“:
=> Zurücknahme des Geltungsanspruchs der deutschen Hoheitsgewalt
=> EU übt insoweit (eigenständige) Hoheitsgewalt aus
* Grundlage: Gesetz
- ermächtigt Exekutive, Vertrag abzuschließen,
- Art. 23 I S. 2 (Zustimmung von BTag und BRat): nach Auffassung des BVerfG nicht
nur bei der Übertragung von Hoheitsrechten, sondern auch bei sonstigen
Vertragsänderungen
- Art. 23 I S. 3 (Verfassungsändernde Mehrheit): häufig
- bildet die Grundlage für die Legitimation der deutschen Mitwirkung an der EU
- liefert die Grundlage für Geltung des Unionsrechts in Deutschland (h.M.; str.)
* Grenzen: Art. 23 I 1 und 3 i.V.m. Art. 79 III GG (ausführlich, zT zweifelhaft, BVerfGE
123, 267)
III. Rangverhältnis von EuR und nationalem Recht
b) BVerfG:
d) Achtung: Rangfrage stellt sich beim Ausgangspunkt der Prüfung nur bei
unmittelbar anwendbarem Recht
anderenfalls: nationales Recht bildet den Ausgangspunkt der
Prüfung
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V. Aufbaufragen
Wenn Anspruchsgrundlage etc. zum nationalen Recht gehört, aber Widerspruch zum EU-
Recht droht, und zwar
bei der Interpretation einzelner Merkmale der Norm oder im Ergebnis,
3. Prüfungsschritt
b) auf sonstige Norm, ist der Fall nach nationalem Recht zu lösen
(ggf. besteht aber ein Anspruch auf Staatshaftung; vgl. Rechtsprechung bei § 5 IV 2
des Skriptes).
Führt Schritt 3a zu einem Widerspruch zu Art. 23 I 1 GG, ist der Fall weiterhin
an diesem Maßstab zu prüfen (-> § 6 III des Skriptes)
Folge wäre: EU-Recht ist in Deutschland unanwendbar
Verfahren: § 8 III 3 des Skriptes
Im Bereich der Grundrechte spricht viel dafür, dass ein Widerspruch gar nicht in einem Ein-
zelfall auftreten kann, sondern nur, wenn der europäische Grundrechtsschutz ganz generell
den deutschen Standards nicht genügt („Solange-“, nicht „soweit“-Rechtsprechung)
§ 7 Die Unionsgrundrechte
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1. Grundsätzliches
Charta greift vielfältig EMRK-Rechte bzw. durch nationale Verfassungstraditionen geschützte
Rechte auf
Präambel: zweifelhafte deutsche Fassung bzgl. des religiösen Erbes
2. Dogmatik:
a) Auslegung: - dazu Auslegungshinweise des Konventspräsidiums
(Art. 6 I UAbs. 3 EUV, Präambel und Art. 52 VII GRC)
- Auslegung so wie jeweilige Quelle (aus EMRK übernommene Rechte
wie EMRK-Garantie etc.; vgl. Art. 52 III ff. GRC)
b) Anwendungsbereich/Adressaten:
keine Ausweitung der EU-Kompetenzen (Art. 6 I UAbs. 2 EUV);
Bindung
- der Organe
- der Mitgliedstaaten, aber nur bei „Durchführung“ des Unionsrechts (Art. 51 GRC;
Anwendung VO, Umsetzung RL, Einschränkung der Grundfreiheiten); vgl. noch
unter IV
- Drittwirkung: EuGH tendiert zu Großzügigkeit
III. Einzelheiten
3. Klausurpraktische Konsequenz:
Bei grundrechtlich fundierter Kritik an einem Rechtsakt ist zu fragen:
-> wer ist für die konkrete Beschwer inhaltlich verantwortlich?
(1) EU: nur EU-Rechtsschutz
(2) MS: nationaler und EU-GR-Schutz
§ 8 Rechtsschutz
I. Grundlagen
1. Allgemeines
Die EU ist eine „Rechtsgemeinschaft“; daher wird umfassender Rechtsschutz gewährleistet
- den Individuen aufgrund des Justizgewährleistungsanspruches (Art. 47 GRC,
Art. 19 I UAbs. 2 EUV; EuGH, Slg. 2002, I-6677, Rs C-50/00 P – UPA);
- zwischen Institutionen zur Wahrung des institutionellen Gleichgewichts (EuGH, Slg. 1986,
S. 1339, Rs 294/83 – Les Verts);
- dabei muss die Kohärenz zwischen nationalem und europäischem Rechtsschutz gewährleis-
tet werden (EuGH, Slg.1987, S. 4199, Rs 314/85 – Foto-Frost).
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b) „Bürgerbezogene“ Streitigkeiten
- nationale Gerichte mit Vorlage an EuGH nach Art. 267 AEUV
- ausnahmsweise: Individualklagen vor europäischen Gerichten
(1) Nichtigkeitsklage (Art. 263 IV AEUV)
(2) Untätigkeitsklage (Art. 265 III AEUV)
(3) Schadensersatzklagen (Art. 268 AEUV)
(4) Sonderfälle (etwa: Beamtenklagen: Art. 270 AEUV;
zuständig: Gericht für den öffentlichen Dienst,
vgl. Art. 257 AEUV)
c) Begründetheit:
(1) MS hat sich so verhalten, wie Kommission in Vorverfahren behauptet hat
und (2) dies verletzt die im Vorverfahren angeführte Norm des EU-Rechts
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Literatur: Borowski, Die Nichtigkeitsklage gem. Art. 230 Abs. 4 EGV, EuR 2005, 879 -
910
Ehlers, Die Nichtigkeitsklage des Europäischen Gemeinschaftsrechts (Art. 230
EGV), Jura 2009, 31–39
Hamer, Die Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, JA 2004, 728 - 732
König, Die Individualklage nach Art. 230 IV EG, JuS 2003, 257 - 260
Ogorek, Auslegung des Begriffs "Rechtsakte mit Verordnungscharakter" in
Art. 263 IV AEUV, JA 2014, 236 - 238
Streinz, Europarecht: Rechtsschutz - Nichtigkeitsklage von Individuen gegen
Rechtsakte mit Verordnungscharakter, JuS 2012, 472
ders., Europarecht: Nichtigkeitsklagen von Individuen, JuS 2014, 184 - 186
b) Zulässigkeit
- Parteifähigkeit: * Kläger: MS, KOM, Rat, EP (Art. 263 II AEUV)
EZB, RHof, AdR (Art. 263 III AEUV)
nat. und jur. Personen (Art. 263 IV EGV)
c) Begründetheit:
Rechtsakt ist aus dem geltend gemachten Grunde tatsächlich rechtswidrig
b) Zulässigkeit:
- Parteifähigkeit: * Kläger: wie oben: MS, andere Organe, Individuen
* Beklagte: EU-Organ, andere Stellen der Union
- Vorverfahren: konkrete Aufforderung, 2 Monate vor Klageerhebung
- Klagegegenstand: völlige Untätigkeit (nicht: Erlass eines anderen als des
gewünschten Rechtsaktes)
- Klageberechtigung: Organe; MS; Individuen: Adressaten
(und wenn sie vom unterlassenen Akt unmittelbar und
individuell betroffen wären)
c) Begründetheit:
Die Unterlassung verstieß aus den angeführten Gründen tatsächlich gegen Unionsrecht
a) Kern:
„Dialog“ zwischen nationalen Gerichten und EuGH zur Klärung gemeinschafts-
rechtlicher Fragen und damit zur Sicherung einer einheitlichen Anwendung des EU-R
a) Kerngehalt:
Geltendmachung der Haftung der Union nach Art. 340 II+III AEUV
b) Zulässigkeit:
- Parteifähigkeit Kläger, Beklagte (Union)
- Geltendmachung der Voraussetzungen der Haftung der Union
c) Begründetheit:
geltend gemachter Ersatzanspruch besteht
a) Verfahrensablauf:
Schriftliches Vorverfahren
Mündliche Verhandlung
Schlussantrag Generalanwalt
(nicht obligatorisch; Praxis: ca. 40 % der Fälle)
Urteil
b) Urteilsbegründung:
knapp im Vergleich zu deutschen Urteilen (andere Traditionen; Schwierigkeit, eine
allgemein konsentierte Begründung zu finden)
c) Streitgegenstand:
Überprüfung idR nur der Mängel, die geltend gemacht worden sind
Formelle Mängel, vor allem bei Zuständigkeiten und wichtigen Verfahrensfragen,
können, müssen aber nicht von Amts wegen aufgegriffen werden
d) Kontrolldichte:
häufig in der Sache geringer als in Deutschland; insbesondere regelmäßige
Anerkennung auch eines Beurteilungsspielraumes
(Begründung: Wahrung des institutionellen Gleichgewichts zwischen politischen
Organen und dem Gerichtshof)
Anwendung des Unionsrechts durch den nationalen Richter nach Maßgabe von § 6 im Rah-
men von normalen Rechtsstreitigkeiten
Verfahrensrechtliche Grundlage:
- ggf. bestehende unionsrechtlichen Vorgaben
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2. Sicherung der Vorlagepflicht gemäß Art. 267 AEUV über Art. 101 I 2 GG
EuGH ist nach Art. 267 III AEUV zur Beantwortung der europarechtl. Frage zuständig und ist
daher nach Art. 101 I 2 GG gesetzlicher Richter iSd GG
- Missachtung stellt nur bei Willkür eine GR-Verletzung dar (BVerfGE 82, 159)
- Fallgruppen:
- bewusste Missachtung EuGH-Rechtsprechung
- Nichtvorlage ohne Begründung
- bei offener Rechtsfrage: Fachgericht muss unter Auswertung der EuGH-Rspr.
seine Lösung und die Nichtvorlage plausibel begründen (BVerfG, 2 BvR
1561/12 v. 28.1.2014)
c) „ausbrechende Rechtsakte/ultra-vires-Akte“:
- nach Vorlage an EuGH
- Fehler muss offensichtlich sein
- und von struktureller Relevanz für das Verhältnis der EU zu den MS
sein (BVerfGE 126, 286,305 f.)
I. Grundlagen
* auch hier gilt: Grundsätze müssen gemeineuropäisch uminterpretiert und auf eine
zwischenstaatliche Einrichtung übertragen werden
b) Schutz der nationalen Verfassungsordnung nach S. 3 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG
* Sicherung einer lebendigen Demokratie durch hinreichende Entscheidungsfreiräume
(BVerfGE 123, 267 [359 ff.])
1. unmittelbare Legitimation über das EP (wenn auch Qualität abgemildert wegen der degres-
siven Proportionalität
Legitimationssubjekt:
alter Wortlaut: Art. 189 EGV: Vertretung der Völker
jetzt: Art. 10, 14 II EUV nF: Unionsbürger
BVerfGE 123, 267: weiterhin Völker
2. mittelbare Legitimation über die nationalen Parlamente, die die nationalen Regierungen le-
gitimieren und kontrollieren
1. Zusammensetzung:
Staats- und Regierungschefs, Kommissionspräsident und hauptamtlicher Präsident
II. Rat der Europäischen Union (Art. 16 EUV, 237 ff. AEUV)
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3. Organisation
4. Verfahrensweise
a) Beschlussfassung
Art. 238 AEUV: 3 mögliche Mehrheiten
3. Organisation:
Verwaltungsapparat gliedert sich in Generaldirektionen und Dienste
4. Verfahrensweise
- Kommission ist Kollegialorgan;
- Präsident übt politische Führung aus
2. Aufgaben des EP
a) Repräsentation
b) Legislation: - Normsetzung und
- Haushalt
c) Kreation (Wahlen): Art. 17 VII EUV -> Kommission
d) Kontrolle: der Kommission
3. Organisation
4. Verfahrensweise
Kontrolle bei: Organen der Union und in den MS (Art. 287 III AEUV)