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Europarecht-Altfragen:

Inhaltsverzeichnis
Eingrenzung ...................................................................................................................................... 2
Geschichte ........................................................................................................................................ 3
Rechtsquellen.................................................................................................................................... 4
Organe .............................................................................................................................................. 5
1. Grundsätze ................................................................................................................................ 6
2. Parlament .................................................................................................................................. 6
3. Europäischer Rat ........................................................................................................................ 8
4. Ministerrat ................................................................................................................................ 8
6. Kommission ............................................................................................................................... 8
7. Gerichtshof ................................................................................................................................ 9
8. WWU, Institutionen und Eurokrise........................................................................................... 10
Kompetenzen und Rechtssetzung .................................................................................................... 11
Verhältnis – EU-Recht und nationales Recht .................................................................................... 14
Unionsrechtsschutz ......................................................................................................................... 22
1. Vertragsverletzung .................................................................................................................. 23
2. Nichtigkeit und Untätigkeit ...................................................................................................... 24
3. Vorabentscheidung .................................................................................................................. 28
Binnenmarkt- und Wettbewerbsrecht ............................................................................................. 31
1. Grundfreiheiten ....................................................................................................................... 31
2. Wettbewerbsrecht................................................................................................................... 39

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Eingrenzung
a) Welche Voraussetzungen muss eine Person erfüllen, um als Unionsbürger/in bezeichnet zu werden?
(1P)

Jeder Staatsangehörige* eines Mitgliedstaates der Europäischen Union ist Unionsbürger*.

b) Welche Rechte kommen einem Unionsbürger zu? (1P)

U.a. die Grundfreiheiten, der Zugang zu diplomatischen Schutz, das Petitions- und Beschwerderecht,
das Wahlrecht zum EU-Parlament und das Kommunalwahlrecht.

1. Frage (2P):
In welcher Art und Weise ist in der Europäischen Union das Prinzip der Gewaltenteilung verwirklicht?
Erläutern Sie!

Das institutionelle Gleichgewicht ist das europarechtliche Äquivalent zur nationalen Gewaltenteilung.
Grundsatz des institutionellen (= organschaftlichen) Gleichgewichts: Vom EuGH aus dem Grundsatz
der begrenzten Einzelermächtigung hergeleitet. Besagt, dass jedes Unionsorgan seine Befugnisse
unter Beachtung der Befugnisse der anderen Unionsorgane ausüben soll. Bei Übertretungen steht die
Nichtigkeitsklage zur Verfügung.

1. Frage (2P):
a) Wie wirkt sich die Qualifizierung der EU als supranationale Organisation aus? Nennen Sie ein Beispiel!
(1P)

EU kann selbständig für die Mitgliedstaaten verbindliche Normen setzen, weil diese einen Teil ihrer
Souveränität an die EU abgegeben haben (Autonomie des Unionsrechts). Die EU kann somit für
Unionsbürger verbindliche Normen erlassen.

b) In welcher Rechtssache hat der EuGH zum Prinzip des Vorrangs grundlegende Aussagen getroffen?
(1P)

In der Rs Costa. Z.B. wird aus der Formulierung „keine wie immer gearteten innerstaatlichen
Rechtsvorschriften“ deutlich, dass der EuGH einen Vorrang, auch vor nationalem Verfassungsrecht,
annimmt.

4. Frage (3P):
Was versteht man unter „Autonomie des Unionsrechts"? Was folgt daraus?

Das Unionsrecht ist eine Rechtsordnung sui generis (eigener Art) mit autonomen Geltungsanspruch
und eigenen Begriffen und Methoden (Merkmal der Supranationalität). Daraus folgt der Vorrang und
die unmittelbare Geltung des Unionsrechts, welches nicht auf der nationalen Ebene abgeändert
werden kann. Ein weiteres Merkmal ist das Bestehen der vollwertigen gerichtlichen Kontrolle.

3. Frage (5P):
Was versteht man unter „Anwendungsvorrang“ im Unionsrecht? Nehmen Sie zu diesem Begriff
ausführlich Stellung und nennen Sie eine bekannte Leitentscheidung!

Merkmale der Supranationalität der Unionsrechtsordnung sind die unmittelbare Geltung des
Unionsrecht, die Autonomie des Unionsrechts und der Vorrang des Unionsrechts. Aufgrund der
unmittelbaren Geltung braucht es eine Konfliktlösungsregel für die nebeneinanderstehenden
Rechtsordnungen, falls sich widersprechende Anordnungen treffen: Es kommt somit zum

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Anwendungsvorrang des Unionsrechts; d.h. Unionsrecht geht dem nationalen Recht vor. Es erfolgt
keine Derogation, das nationale Recht wird nicht „vernichtet“ sondern überlagert.

Eine bekannte Leitentscheidung ist die Rs. Costa.

3. Frage(5P): Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch
sind. Begründen Sie Ihre Antwort!

a) Die EU verfügt insofern über eine Kompetenz- Kompetenz, als – soweit sich alle
Kommissionsmitglieder einig sind – sie ihre Zuständigkeiten ausdehnen kann.

Falsch. Die Kompetenz-Kompetenz ist das Recht, Zuständigkeitsbereiche selbst zu definieren oder
nach Belieben zu erweitern. Die EU verfügt über keine Kompetenz-Kompetenz.
Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 2 EUV) wird die Union nur innerhalb
ihrer Grenzen der Zuständigkeiten tätig, welche die Mitgliedstaaten ihr übertragen haben. Jedes
Handeln muss der Union auf eine schon bestehende primärrechtliche Ermächtigung rückführbar sein
(Art. 48 EUV).

b) Direkt wirkendes Primärrecht gilt immer auch im horizontalen Durchsetzungsverhältnis direkt.


Falsch. Die horizontale Wirkung zwischen Privaten kann (aufgrund von Schutzzweckdenken, wenn der
MS Adressat der Verpflichtung ist) gesperrt sein, und somit nur gegenüber Staat (vertikal)
durchsetzbar sein.

c) Anwendungsvorrang des Unionsrechts bedeutet, dass entgegenstehendes nationales Recht im


Kollisionsfall ungültig wird.

Falsch. Der Anwendungsvorrang des Unionsrecht führt zu keiner Derogation des nationalen Rechts.
Nationale Behörden und Gerichte dürfen in dem Fall das nationale Normen nicht anwenden, sofern
unmittelbar wirkendes primäres oder sekundäres Unionsrecht dem entgegensteht.

d) Merkmal der Supranationalität des Unionsrechts ist zum Beispiel die mittelbare Geltung des
Unionsrechts.
Falsch. Es besteht ein eigener Geltungsgrund und Geltungsanspruch; somit tritt die Geltung mit
Rechtserzeugung ein und nicht durch Ableitung vom nationalen Recht. Diese unmittelbare Geltung
des Unionsrecht ist ein Merkmal der Supranationalität.

e) Staatshaftung steht grundsätzlich auch bei unionswidrigem Handeln durch nationale Höchstgerichte
zu.

Richtig. Staatshaftung tritt bei Folgen durch Verstößen gegen unmittelbar anwendbares
Gemeinschaftsrecht ein, unabhängig davon, welches mitgliedstaatliche Organ durch sein Handeln
oder Unterlassen den Verstoß begangen hat (EuGH 1996 Brasserie du pêcheur).Daher kann auch das
Verhalten von Organen der Verwaltung und der Justiz Haftung begründen, auch durch
Entscheidungen der nationalen Höchstgerichte.

Geschichte
1. Frage (3P):
Beschreiben Sie die wesentlichen Entwicklungsschritte der Europäischen Einigung!

Der EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) wurde am 18.April 1951 gegründet. Das Ziel
war ein gemeinsamer, freier Zugang zur Produktion von Kohle und Stahl durch Freiverkehrs- und

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Wettbewerbsregeln sowie Transparenz der Preise.
Der praktische Erfolg des EGKS-Vertrags führt zum Entschluss, das Freiverkehrsmodell auf weitere
Wirtschaftsbereiche auszuweiten.
Dies wurde im EWG-Vertrag und Euratom (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Europäische
Atomgemeinschaft) 1957, die sog. Römer Verträge, vereinbart. Der EWG-Vertrag bildet das Rückgrat
der europäischen Integration: Angleichung des Rechts der MS als Voraussetzung der Öffnung der
Märkte & Wirtschaftsintegration als erster Schritt wechselseitiger Verflechtung.
Der Fusionsvertrag 1965 führte die Organe der drei Gründungsverträge zusammen.

1. Frage (2P):

Welche Staaten haben die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet?

Die sechs Gründerstaaten: Frankreich, Deutschland, Italien und Benelux.

1) 3 Pkt.
Welche Änderung sehen die Verträge nach dem Vertrag von Lissabon im Bereich der Grund- und
Menschenrechte vor?
1. Frage (2P):
Welche Veränderungen hat der Vertrag von Lissabon im Bereich des Schutzes von Grund- und
Menschenrechten des Unionsrechts gebracht?

Bis zum Vertrag von Lissabon kannte das damalige Gemeinschaftsrecht keinen kodifizierten
Grundrechtskatalog. Seit dem Vertrag von Lissabon 2009 sind auch die Grundrechte der
Grundrechtecharta unmittelbar anwendbares Unionsrecht.
Die GRC bindet die Organe der EU umfassend (Gesetzgebung, Durchführungsrechtsakte und
unionseigener Vollzug) und die MS beim Vollzug von EU-Recht an die Grundrechte. Im Verhältnis zur
EMRK gilt, dass zur EMRK parallele Rechte der GRC auch parallel auszulegen sind.

3. Frage: a) In welchem Dokument finden sich die Grund- und Menschenrechte des Unionsrechts?
Erläutern Sie! (2P)

Bis zum Vertrag von Lissabon kannte das damalige Gemeinschaftsrecht keinen kodifizierten
Grundrechtskatalog. Seit dem Vertrag von Lissabon 2009 sind auch die Grundrechte der
Grundrechtecharta unmittelbar anwendbares Unionsrecht

b) Welcher Rang kommt diesem „Grundrechtekatalog“ innerhalb der Unionsrechtsordnung zu? (1P)

Die GRC bindet die Organe der EU umfassend (Gesetzgebung, Durchführungsrechtsakte und
unionseigener Vollzug) und die MS beim Vollzug von EU-Recht an die Grundrechte. Im Verhältnis zur
EMRK gilt, dass zur EMRK parallele Rechte der GRC auch parallel auszulegen sind.

Rechtsquellen
2. Frage (4P): Kann Primärrecht unmittelbare Wirkung entfalten? Was bedeutet das genau? Müssen
dafür bestimmte Voraussetzungen vorliegen? Kennen Sie eine Vertragsbestimmung, der unmittelbare
Wirkung zukommt?

Eine Norm aus EUV oder AEUV entfaltet unter folgenden Voraussetzungen unmittelbare Wirkung,
womit sich der Einzelne direkt vor nationalen Behörden und Gerichten auf diese berufen kann:

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1. Der Inhalt der Norm ist hinreichend klar, bestimmt und uneingeschränkt.
2. Die Durchführung der Norm erfordert keinen weiteren Rechtsakt.

Jedoch können sich Private bei Rechtsstreitigkeiten mit Anderen Privaten nicht direkt auf die
betroffene Norm berufen (keine horizontale Wirkung), sondern nur bei Rechtsstreitigkeiten
gegenüber dem Staat (vertikale Wirkung).

Beispiel: Art. 18 AEUV: Allgemeines Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatszugehörigkeit

Organe
4. Frage (5P):
Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

• Der Europarat ist kein Organ der Europäischen Union. (1P)

Richtig. Der Europarat wurde am 5. Mai 1949, ist eine europäische internationale Organisation und
somit unabhängig von der Europäischen Union EU.

• Der Europäische Rat ist gemeinsam mit dem Europäischen Parlament Gesetzgeber der
europäischen Union. (1P)

Falsch. Die Kommission (hat Initiativmonopol inne), das Parlament und der Ministerrat (= Rat der
Europäischen Union) sind an der Gesetzgebung beteiligt. Der Europäische gibt Politische Impulse
und legt politische Ziele/Prioritäten fest, ist jedoch nicht an der Gesetzgebung beteiligt.

• Der Rat der Europäischen Union repräsentiert die Mitgliedstaaten auf Unionsebene. (1P)
Falsch. Der Rat der europäischen Union (=Ministerrat) besteht aus den Ministern jedes MS und
repräsentiert somit die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten. Jedoch sind die Abgeordneten zum EP
sind als Vertreter des Volkes und nicht der Regierungen anzusehen und unterliegen keiner fremden
Weisungsgewalt.

• Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments schließen sich nach ihrer Nationalität zu
Fraktionen zusammen. (1P)

Falsch. Intern bilden die Abgeordneten Fraktionen, die nicht nationale, sondern parteipolitische
Zusammenschlüsse darstellen.

• Die Mitglieder der Europäischen Kommission erhalten Weisungen von dem sie entsendenden
Mitgliedstaat. (1P)

Falsch. Laut Art. 17 Abs 3 EUV ist die Kommission gegenüber der MS unabhängig, womit die MS
keinen politischen Einfluss üben dürfen.

2. Frage (5P): Gem Art 13 EUV handelt jedes Organ der Union nach Maßgabe der ihm in den
Verträgen zugewiesenen Befugnisse.

a) Wie wird der Präsident der Europäischen Kommission bestellt? Erläutern Sie! (1P)

Der europäische Rat nominiert den Präsidenten der Kommission und wird vom Parlament gewählt
(Art. 17 Abs. 7 EUV).
b) Nennen Sie eine Aufgabe bzw Funktion, die der hohen Vertreterin für Außen- und
Sicherheitspolitik zukommt! (1P)

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Gemeinsam mit dem Präsidenten des Europäischen Rates vertritt er die EU nach außen. Die Hohe
Vertreterin führt sowohl die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik als auch die Gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik (im Auftrag des Rates) durch.

c) Wie nimmt das Europäische Parlament neben seiner Einbindung in die Bestellung der
Europäischen Kommission seine Kontrollfunktion wahr? Nennen Sie ein Beispiel! (1P)

Das Europäische Parlament kann einen Misstrauensantrag gegen das gesamte Kollegium der
Kommission richten - Art 17 Abs 8 EUV.

d) Nennen Sie einen Bereich, in dem das Europäische Parlament und der Rat zusammenarbeiten!
(1P)

Der Ministerrat wird gemeinsam mit dem Parlament als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit
ihm die Haushaltsbefugnisse aus.

e) Wie setzt sich der Europäische Rat zusammen? (1P)

Er setzt sich aus den Fachministern (oder Staatssekretären) der nationalen Regierungen zusammen
und tagt in (derzeit) zehn fachspezifischen Zusammensetzungen.

1. Grundsätze
2. Frage (4P):

Nehmen Sie zur Rolle des demokratischen Verfassungsprinzips Stellung. Erläutern Sie insbesondere das
Legitimationsmodell des organschaftlichen Aufbaues der Europäischen Union:

a) Was versteht man unter dem Begriff des „unmittelbaren Legitimationsstrangs“? (1P)
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden von den Bürgern der Union gewählt –
sekundärer Legitimationsstrang.

b) Was ist mit dem Begriff „mittelbare demokratische Legitimation“ gemeint? (3P)
Die primäre Legitimationsstrang (des Demokratieprinzips) erfolgt in Form einer mittelbaren
Legitimation. Der Rat der Europäischen Union setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs
zusammen, welche von den Bürgern des jeweiligen Staates gewählt werden. Die demokratische
Legitimation wird dadurch an die EU weitergeleitet.

2. Parlament
1. Frage (3P):
Welches gesetzgebende Unionsorgan repräsentiert die Mitgliedstaaten auf europäischer Ebene? Wie
setzt es sich zusammen?

Das Parlament. Es hat regulär 751 Mitglieder / nach dem Brexit 700 Mitglieder, die seit 1979 direkt
von den Bürgern der Union auf fünf Jahre gewählt werden. Geleitet wird das Parlament vom
Parlamentspräsidenten, der dem Präsidium vorsteht. Das Parlament ist nach politischen Fraktionen
organisiert und die einzelnen Materien werden in themenspezifischen Ausschüssen vorbereitet.

3. Frage (4P):
Im Mai 2014 fanden in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Wahlen zum Europäischen
Parlament statt.
a) Gibt es für die Wahl zum Europäischen Parlament eine einheitliche und unionsweit geltende
Wahlordnung? Erläutern Sie! (1P)

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Nein, gibt es nicht. Das Wahlrecht zum Parlament ist nur in Grundzügen einheitlich geregelt
(allgemeine, unmittelbare, freie und geheime Wahl) und richtet sich in Einzelheiten maßgeblich an die
nationalen Wahlordnungen.

b) Wie formieren sich die Abgeordneten im Europäischen Parlament? (1P)

Das Parlament ist nach politischen Fraktionen organisiert. Einzelne Materien werden in
themenspezifischen Ausschüssen vorbereitet.

c) Wie lange dauert die Amtszeit der Abgeordneten im Europäischen Parlament? (1P)

Sie werden von den Unionsbürgern auf 5 Jahre gewählt.

d) Inwiefern wurde das Europäische Parlament durch den Vertrag von Lissabon aufgewertet? (1P)
Durch den Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament mehr Legislativbefugnisse erhalten
und bei Entscheidungen über die Tätigkeit der EU über den Haushaltsplan wurde es dem Ministerrat
gleichgestellt.

2. Frage (6P)

Das Europäische Parlament konnte durch diverse Änderungen der Verträge stets den größten Zuwachs
an Befugnissen verbuchen.

a) Beschreiben Sie den Wahlmodus zum Europäischen Parlament! (2P)

Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und
geheimer Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt; Einzelheiten richten sich maßgeblich nach
den nationalen Wahlordnungen. Das Europäische Parlament wählt aus seiner Mitte seinen
Präsidenten und sein Präsidium (Art 14 Abs 3 EUV).

b) Wie viele Abgeordnete sitzen seit der Wahl 2014 im Europäischen Parlament? (1P)

750 Abgeordnete.

c) Nennen Sie ein Beispiel für ein sogenanntes Kontrollrecht, das dem Europäischen Parlament
zukommt. (1P)

Das EP kann, wenn es gravierende Verstöße gegen das Unionsrecht durch EU-Organe oder die
öffentliche Verwaltung einer der MS vermutet, einen Untersuchungsausschuss einsetzen.

d) Der Europäische Rat und der Rag sind von einem Kandidaten für das Amt des Präsidenten der
Europäischen Kommission begeistert. Auch für den Rechnungshof und die Europäische Zentralbank
wäre diese Person ein „Wunschkandidat“. Das Europäische Parlament ist aber gegen diesen
Kandidaten. Was wird passieren? Argumentieren Sie anhand einer Vertragsbestimmung! (2P)

Gemäß Art 17 Abs 7 UAbs 1 EUV schlägt der Europäische Rat dem Europäischen Parlament, nach
entsprechenden Konsultationen mit qualifizierter Mehrheit, einen Kandidaten für das Amt des
Präsidenten der Kommission vor. Der Europäische Rat muss dabei das Ergebnis der Wahlen zum
Europäischen Parlament zu berücksichtigen.
In diesem Fall wird der vorgeschlagene Kandidat nicht die Mehrheit , bei der Wahl durch das EP,
bekommen und der Europäische Rat muss dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats
einen neuen Kandidaten vorschlagen.

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3. Europäischer Rat
4) 4 Pkt.
Erklären sie den Unterschied zwischen Rat der europäischen Union und Europäischen Rat, insbesondere
hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Aufgaben (in Grundzügen)!

Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die
allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest. Außerdem hat er noch weitere
primärrechtlich zugewiesene Einzelaufgaben (z.B. Entwicklung der Leitlinien der GASP). Er wird im
Gegensatz zum Rat der EU nicht gesetzgeberisch tätig. Er besteht aus den Staats- und
Regierungschefs der MS.

Der Ministerrat / Rat der EU wird gemeinsam mit dem Parlament als Gesetzgeber tätig und übt
gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung der
Politik und die Koordinierung nach Maßgabe der Verträge. Er ist im Bereich der
Administrativrechtsetzung tätig, hat einige Befugnisse im Rahmen der besonderer
Gesetzgebungsverfahren und einzelne direkte Exekutivbefugnisse. Er setzt sich aus den Fachministern
(oder Staatssekretären) der nationalen Regierungen zusammen und tagt in (derzeit) zehn
fachspezifischen Zusammensetzungen.

4. Ministerrat
2. Frage (4P): Stellen Sie Europäischen Rat und Ministerrat in folgender Hinsicht einander gegenüber: a)
Zusammensetzung (2P)

Der Europäische Rat setzt sich aus dem Präsidenten, den Staats- und Regierungschefs der
Mitgliedsstaaten und dem Präsidenten der EU Kommission zusammen.

Mitglieder des Ministerrats sind die jeweiligen Fachminister der Mitgliedstaaten. Intern bilden die
Abgeordneten Fraktionen, die parteipolitische Zusammenschlüsse darstellen.

b) Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren (2P)

Der Europäische Rat ist Kein Legislavtivorgan.

Der Ministerrat ist gemeinsam mit dem Parlament das Hauptrechtsetzungsorgan. (Präsenzquorum:
einfache Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder. Beschlussfassungsquorum: abhängig von der
Materie; beim Regelquorum: qualifizierte Mehrheit.)

6. Kommission
2. Wie viele Jahre beträgt die Amtszeit der Mitglieder der Europäischen Kommission? Welche
Möglichkeiten gibt es für die Beendigung ihres Amtes, abgesehen vom Ablauf der Amtszeit? Nennen Sie
einschlägige Bestimmungen. (5 Punkte)

Die Amtszeit der Kommission beträgt 5 Jahre. Die Kommission ist als Kollegium dem Europäischen
Parlament verantwortlich. Das Eu Parlament hat das Recht nach einem Misstrauensantrag die
Kommission abzuberufen. Wird ein solcher Antrag angenommen, so müssen die Mitglieder ihr Amt
geschlossen niederlegen. Die Hohe Vertreterin muss nur im Rahmen der Kommission ihr Amt
niederlegen (nicht die Funktion im Rat Auswärtige Angelegenheiten).

1. Frage (4P): Über welche Aufgaben und Befugnisse verfügt die Europäische Kommission?

Art. 17/1 EUV: Initiativmonopol bei der Gesetzgebung, Hüterin der Verträge, überwacht die
Anwendung des Unionsrechts mit Kontrolle des EuGH (Vertragsverletzungsverfahren),
Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktion.

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Wettbewerbsrecht: Kommission kann Entscheidungen gegenüber Unternehmen und MS erlassen, um
wettbewerbswidrige Praktiken abzustellen und zu bebußen.

7. Gerichtshof
2. Frage (5P):

a) Wie und für wie lange werden die Richter am Gerichtshof (EuGH) ernannt? Wer kommt für diese
Position in Frage? (2P)
Richter werden von den Regierungen der MS im gegenseitigen Einvernehmen, für eine sechsjährige
Amtszeit, ernannt (Richterwahlausschuss). Eine Wiederernennung ist möglich.

Die Richter müssen das höchste richterliche Amt im jeweiligen MS innehaben oder von „anerkannt
hervorragender Befähigung“ sein.

b) Wie wird der Präsident des Gerichtshofs (EuGH) ernannt? (1P)

Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichts für die Dauer von drei Jahren.
Wiederwahl ist zulässig (Art. 253 AEUV).

c) Welche Aufgaben haben Generalanwälte? (1P)

Ihre Aufgabe ist es nach Art 252 Abs 2 AEUV in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit
begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu erstellen.

d) Nennen Sie ein Beispiel für eine Verfahrensart, die nur dem EuGH (und nicht auch dem EuG)
zugewiesen ist! (1P)

Nichtigkeitsklage (Art. 263 AEUV)

2. Frage (5P):

a) Welche Funktion kommt den sogenannten „Schlussanträgen“ zu und wer erstellt diese? (2P)
Die Schlussanträge werden vom Generalanwalt erstellt. Dabei handelt es sich um nicht bindende
Gutachten zur Unterstützung und Beratung der Richter in der Entscheidungsfindung. Sie sind
umfangreich und enthalten Erwägungen über Rechtsfragen eines Falles und Lösungsvorschläge.

b) Welches Unionsorgan entscheidet über die Auslegung der Verträge? In welchem Verfahren erfolgt
dies? Nennen Sie die entsprechende Vertragsbestimmung! (2P)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Auslegungsmonopol inne. Die Auslegung erfolgt durch
das Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV).

c) Weshalb darf ein nationales Gericht einen Unionsrechtsakt nicht einfach für ungültig erklären? (1P)

Die Nichtigkeitsklage (Art. 263 AEUV) ist Sache des EuGH.

4. Frage (4P):
a) In welchen drei unterschiedlichen Zusammensetzungen kann der Gerichtshof der Europäischen
Union tagen? Geben Sie auch an wie viele Richter in diesen Spruchkörpern jeweils vertreten sind! (3P)

Die Behandlung der Fälle erfolgt in Kammern aus drei oder fünf Richtern. Für besonders wichtige Fälle
besteht diese auf 15 Richtern (große Kammer). Es bestehen auch Sonderzusammensetzungen:
Entscheidungen durch Einzelrichter am EuG und das Plenum am EuGH.

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b) In welcher Konstellation werden vom Gerichtshof der Europäischen Union die meisten Rechtssachen
entschieden? (1P)

In der Kammer aus drei (meist EuG) oder fünf Richtern (meist EuGH).

8. WWU, Institutionen und Eurokrise


2. Frage (5P):
Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

• Der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung besagt, dass die Europäische Union über
Kompetenz-Kompetenz verfügt. (2P)

Falsch. Die Kompetenz-Kompetenz ist das Recht, Zuständigkeitsbereiche selbst zu definieren oder
nach Belieben zu erweitern. Die EU verfügt über keine Kompetenz-Kompetenz.
Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 2 EUV) wird die Union nur innerhalb
der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung
der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Nach Art. 48 EUV, muss jedes Handeln der Union
auf eine schon bestehende primärrechtliche Ermächtigung rückführbar sein.

• Die WWU ist eine Währungsunion, aber keine echte Wirtschaftsunion. (2P)

Falsch. Die WWU (Wirtschafts- und Währungsunion) ist eine Einrichtung mit Aufgaben im Bereich der
Wirtschafts- und Währungspolitik und befasst sich mit der wechselseitigen Abstimmung der
Wirtschafts-, Steuer- und Budgetpolitiken der MS, insbesondere mit der Begrenzung von
Staatsverschuldung und Defiziten. Teil der WWU sind ebenfalls die gemeinsame Währung Euro und
die unabhängige Geldpolitik der EZB.
• Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Luxemburg und die Niederlande sind die
Gründungsstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Staat. (1P)

Nein, 1951 erfolgte die Gründung durch Frankreich, Deutschland, Italien und die BeNeLux-Staaten.

2. Frage (5P):
Als Reaktion auf die Finanz- und Zahlungskrise wurden zwei neue Instrumente zu deren Bewältigung
bzw. künftiger Verhinderung ins Leben gerufen. Erläutern Sie diese näher!

a) Fiskalpakt (3P)
Der 2013 in Kraft getretene Fiskalpakt (2011), diente der wirtschafts- und finanzpolitischen Steuerung
der WWU.
Er sah eine Deckelung des strukturellen Defizits bei max. 0,5% des BIP als Schuldenbremse vor und
verpflichtete MS zur Verankerung von Kriterien der Haushaltsdisziplin sowie der Voraussetzungen für
Hilfen im Rahmen des ESM (Europäische Stabilitätsmechanismus) in ihrem nationalen Recht. (Die
Nichteinhaltung ist sanktionierbar.)

b) Europäischer Stabilitätsmechanismus (2P)

Der Europäische Stabilitätsmechanismus ist ein 2012 in Kraft getretener Völkerrechtsvertrag (der MS).
Er ist Teil des Euro-Rettungsschirms und löst die EFSF ab. Aufgabe des ESM ist es, überschuldete MS
der Eurozone durch Kredite zu unterstützen. (Sitz in Luxemburg)

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2. Frage (5P):
a) Nehmen Sie Stellung zum Begriff der Wirtschafts- und Währungsunion. Differenzieren Sie dabei
zwischen Wirtschafts- und Währungspolitik! (3P)

Die WWU (Wirtschafts- und Währungsunion) ist eine Einrichtung mit Aufgaben im Bereich der
Wirtschafts- und Währungspolitik.
In der Wirtschaftspolitik befasst sich mit der wechselseitigen Abstimmung der Wirtschafts-, Steuer-
und Budgetpolitiken der MS, insbesondere mit der Begrenzung von Staatsverschuldung und Defiziten.
Teil der WWU sind ebenfalls die gemeinsame Währung Euro und die unabhängige Geldpolitik der EZB
(Europäische Zentralbank.

b) Wann wurde der Euro als gemeinsame Währung eingeführt? (1P)

Ab 1999 wurde der Euro als Buchgeld und ab 2002 als Bargeld eigeführt.

c) Was versteht man unter dem Begriff des „Binnenmarkts"? (1P)

Binnenmarkt: Ein Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen,
Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist.

Kompetenzen und Rechtssetzung


4. Frage (4P): Suchen Sie sich zwei der verschiedenen Kompetenzarten der Europäischen Union aus:

a) Wodurch unterscheiden sich die beiden von Ihnen gewählten Arten der Zuständigkeit wesentlich
voneinander? (2P)

Bei geteilter Kompetenz wird die Union nur tätig, wenn die Ziele von den MS nicht ausreichend
verwirklicht werden können und auf Unionsebene besser zu erfüllen sind (Art 2 Abs 2, Art 4 AEUV).
MS werden nur tätig, sofern und soweit Union nicht tätig wird.

Bei den ausschließlichen Kompetenzen (Art 2 Abs 1 AEUV) gilt für die MS eine absolute Sperrwirkung:
Die Union hat hier die alleinige Befugnis, gesetzgeberisch tätig zu werden und verbindliche Rechte zu
erlassen.

b) Nennen Sie jeweils 1 Beispiel für die von Ihnen angeführten Kompetenzarten! (2P)

ausschließliche: Zollunion, Wettbewerbsregeln, Währungspolitik , der biologischen Meeresschätze im


Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik
geteilte: Binnenmarkt, Umwelt, Verbraucherschutz, Energie
unterstützende: Wirtschaftspolitik, Tourismus, Katastrophenschutz

a) Weshalb verfügte der EWG-Vertrag in seiner ursprünglichen Fassung über keinen geschriebenen
Katalog von Grund- und Menschenrechten? (1P)

In den frühen Entscheidungen zählte der EuGH die Grundrechte zum Recht der MS und lehnte damit
eine Grundrechtsbindung der EWG ab.
b) Nennen Sie eine bekannte Entscheidung, in der der EuGH die Grund- und Menschenrechte als
allgemeine Rechtsgrundsätze des EU-Rechts qualifiziert hat! (1P)

Das Urteil Internationale Handelsgesellschaft aus dem Jahr 1970.

3. Frage (6P): a) Für wen gelten die Grund- und Menschenrechte des Unionsrechts? Wer kann sich auf
sie berufen? Wer ist durch sie gebunden? (4P)

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Darauf berufen können sich natürliche und juristische Personen, wobei sich nur natürliche Personen
auf höchstpersönliche Grundrechte berufen können. MS sind an die Grundrechte, bei der Ausübung
von EU-Recht an die GRC & EMRK und außerhalb an die EMRK gebunden. Nur Polen und
Großbritannien sind eingeschränkt an die GRC gebunden.

b) Was besagt das im AEUV normierte allgemeine Diskriminierungsverbot? (1P)

Jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, mit grenzüberschreitendem Bezug, ist
verboten (Art 18 AEUV). MS werden dadurch verpflichtet und es gibt keine Bereichsausnahmen.

c) Inwiefern sind die Mitgliedstaaten mehrfach an Grund- und Menschenrechte gebunden? (1P)

Die Grundrechtecharta ist parallel zur Europäischen Menschenrechtskonvention (bildet den


Mindeststandard) auszulegen.

3. Frage (5P):
a) Verfügte der E(W)G-Vertrag in seiner ursprünglichen Fassung über einen geschriebenen Katalog von
Grund- und Menschenrechten? (1P)

Nein. In den frühen Entscheidungen zählte der EuGH die Grundrechte zum Recht der MS und lehnte
damit eine Grundrechtsbindung der EWG ab.

b) Worauf stützte der EuGH seine Rechtsprechung zu den Grund- und Menschenrechten? Nennen Sie
eine bekannte Entscheidung! (2P)

Ab Ende der 1960er-Jehre legte der EuGH die Beachtung der Grund- und Menschenrechte als
ungeschriebenen Rechtsgrundsatz fest, der sich aus der gemeinsamen Verfassungstradition der MS
ergibt (insbesondere aus deren Bindung an die EMRK ab 1953).
→ Das Urteil Internationale Handelsgesellschaft aus dem Jahr 1970.

c) Inwieweit hat sich die Rechtslage in diesem Bereich durch den Vertrag von Lissabon geändert? (2P)

Mit dem Vertrag von Lissabon kam es zum Inkrafttreten der der Grundrechtscharta, als verbindliches
Grundrechtsdokument auf Primärrechtsebene (Art. 6 EUV).

6. Frage (5P):
Die Europäische Kommission schlägt vor, eine sogenannte „EU-Steuer" - eine eigene Steuer auf
Unionsrechtsebene - einzuführen. Diese soll die Finanzierung der Union langfristig absichern. Die
Mitgliedstaaten leisten gegen dieses Vorhaben starken Widerstand und argumentieren, dass sich in den
Verträgen keine ausdrückliche Ermächtigung zum Erlass einer solchen Steuer findet.
a) Kann die Europäische Union sich selbst Kompetenzen zueignen? (1P)
Nein, die EU besitz keine Kompetenz-Kompetenz – d.h. Zuständigkeitsbereiche selbst zu definieren
oder nach Belieben zu erweitern.

b) Gegen welches Verfassungsprinzip hat die Europäische Kommission hier möglicherweise verstoßen?
(1P)

Art. 48 EUV: Jedes Handeln der Union hat auf eine schon bestehende primärrechtliche Ermächtigung
rückführbar zu sein.

c) Welche Arten von Zuständigkeiten unterscheidet der AEUV? (3P)


Ausschließliche Zuständigkeiten – die alleinige Befugnis der Union gesetzgeberisch tätig zu werden
(absolute Sperrwirkung); geteilte Zuständigkeiten – zunächst liegt die Rechtssetzungskompetenz bei

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den MS, die durch Tätigwerden der EU beendet wird (relative Sperrwirkung); und weitere
Zuständigkeitsarten – die Zuständigkeiten der Union treten neben jene der MS:

2. Frage (4P):
Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

• Verordnungen haben die Rechtsangleichung der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten zum Ziel. (2P)

Ja. Die Verordnung sieht eine Vollharmonisierung vor, d.h. dass weder Abweichungen nach unten
noch nach oben zulässig sind. Harmonisierung bezeichnet die Vereinheitlichung der
Rechtsvorschriften der MS durch einheitliche Rechtssetzung auf EU-Ebene.

• Unter unmittelbarer Geltung versteht man, dass eine unionsrechtliche Norm ab ihrer Erlassung
unmittelbar Bestandteil der nationalen Rechtsordnungen wird. (1P)

Ja. VO gelten unmittelbar und allgemein, sie gelten somit ohne Umsetzungsbedarf der MS für
jedermann und entgegenstehendes nationales Recht wird mit Inkrafttreten sofort überlagert.

• Das Subsidiaritätsprinzip muss auch bei Unionsrechtsakten beachtet werden, die in die ausschließliche
Zuständigkeit der Union fallen. (1P)

Falsch, das Subsidiaritätsprinzip als Schranke der Kompetenzausübung gilt nur bei Vorhaben, die
geteilte Zuständigkeiten betreffen. Bei ausschließlichen Kompetenzen fehlt ihm ein
Anwendungsbereich, da die MS dort von vorherein nicht zur Rechtsetzung zuständig sind.

3. Frage (5P):

a) Was versteht man unter „positiver Harmonisierung“ und „negativer Harmonisierung“ im


Binnenmarkt? Erläutern Sie! (2P)

Positive Harmonisierung: Rechtsangleichung durch Erlass von Maßnahmen - Anstelle einzelstaatlicher


Schutznormen werden solche auf Gemeinschaftsebene zu setzen.

Negative Harmonisierung: Gemeinschaftlichen Maßnahmen, die eine Beseitigung oder Reduzierung


staatlicher Hemmnisse für den Binnenmarkt bewirken.

b) Wann wurde der Euro als einheitliche Währung eingeführt? (1P)

Ab 1999 wurde der Euro als Buchgeld und ab 2002 als Bargeld eigeführt.

c) Nennen Sie zwei Aufgaben, die dem Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) zukommen! (2P)

Das ESZB hat das vorrangige Ziel, die Preisstabilität zu gewährleisten.

- Aufsicht über Finanzmarkttätigkeiten


- Festlegen und Ausführen der Geldpolitik
1. Frage (3P): Welcher Sekundärrechtsakt hat die Rechtsangleichung in der Europäischen Union zum
Gegenstand? Erläutern Sie!
Mindestharmonisierung erfolgt durch Richtlinien. Es wird nur ein Mindestniveau des Schutzes in der
RL festgelegt, MS dürfen aber noch engere Schutzstandards vorsehen, denn lediglich
Unterschreitungen sind verboten. Bei der Vollharmonisierung, durch Richtlinien oder Verordnungen,
ist von den Regelungen keine Abweichung zulässig.

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1. Frage (2P): Beschreiben Sie in Grundzügen das Austrittsverfahren eines Mitglieds aus der EU!

Art 50 EUV: Jeder MS kann im Einklang mit seinen Verfassungsvorschriften aus der EU austreten. Will
ein MS austreten, teilt er das dem Europäischen Rat mit. Danach wird ein Austrittsabkommen
zwischen EU und dem austretenden Staat verhandelt. Nach Zustimmung des Europäischen Parlament,
beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit. Spätestens 2 Jahre nach Mitteilung der Austrittsabsicht
endet die Anwendung der Verträge. Ein erneuter Beitritt ist möglich.

Verhältnis – EU-Recht und nationales Recht


Die beiden hochbegabten Mathematikstudenten Zenzi Zollfrei und Rudi Rechenfroh studieren neben
auch noch Jus. Zenzi Zollfrei erklärt ihrem Freund folgendes: "Ich habe gelesen, dass alle Rechtsakte des
Sekundärrechts verbindlich sind. Stimmt das?"
a) Was wird Rudi Rechenfroh, der sich in Europarecht sehr gut auskennt, sagen? Differenzieren Sie
genau. (6 Punkte)

Verbindlich sind VO, RL und der Beschluss, nicht verbindlich sind Empfehlungen und Stellungnahmen.

Verordnungen sind verbindlich, haben allgemeine Geltung und sind somit immer
direktwirkungstauglich – sie gelten unmittelbar in jedem MS.
Richtlinien sind für MS nur hinsichtlich ihrer Ziele verbindlich und müssen in innerstaatliches Recht
umgesetzt werden. Sie haben im Einzelfall als Reparaturwerkzeug Direktwirkung.
Beschlüsse sind verbindlich. Die Direktwirkung von Beschlüssen hängt davon ab, ob es sich, um
Beschlüssen mit Adressaten (Beschlüsse sui generis) – diese entfalten Direktwirkung – oder ohne
Adressaten handelt – diese entfalten Direktwirkung, wenn sie justiziable Rechte enthalten.
Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.

Völkerrechtlichen Abkommen sind nach Art. 216 Abs. 2 AEUV nach Ratifikation für die EU ohne
weiteren Umsetzungsakt verbindlich. Ihre Direktwirkung ergibt sich aus den dort getroffenen
Regelungen.

b) Rudi Rechenfroh kann sogar den entsprechenden Art. im Vertrag nennen (1 Punkt)

Art. 288 AEUV (nicht abschließend)

3. Frage (3P):
Erklären Sie drei Auslegungsmethoden des Europarechts in ein paar Sätzen!

Die Methoden der unionsrechtskonformen Auslegung gibt das jeweilige nationale Recht vor. Sie sind
die Wortinterpretation, systematische Interpretation und teleologische Interpretation. Die
teleologische Interpretation hat die größte Bedeutung. Dabei werden Sinn und Zweck der
auszulegenden Norm ermittelt.
Ihre methodische Grenze liegt dort, wo die nationalen Methoden die Grenze der zulässigen
Rechtsauslegung ansetzen. Zudem darf die Interpretation nicht zur Auslegung des nationalen Rechts
gegen dessen klaren Wortlaut führen – contra legem.

3) 5 Pkt.
a) Was versteht man unter richtlinienkonformer Interpretation? Wie geht der EuGH dabei vor? 2 Pkt.

Die nationalen Gerichte sind verpflichtet, das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des
Wortlauts und des Zwecks unionsrechtlicher Vorgaben auszulegen, um zu einem
unionsrechtskonformen Ergebnis zu kommen (unionsrechtkonforme Interpretation). Ist die

14
Auslegungsvorgabe eine fehlerhaft erzeugte RL, spricht man als Unterfall, von einer
richtlinienkonformen Interpretation. Voraussetzung ist, dass die Norm justiziabel ist.

Zum Inhalt der unionsrechtlichen Vorgaben kann das nationale Gericht den EuGH um
Vorabentscheidung ersuchen. Der EuGH

b) Wo sind die Grenzen? 1Pkt.

Ihre methodische Grenze liegt dort, wo die nationalen Methoden die Grenze der zulässigen
Rechtsauslegung ansetzen. Zudem darf die Interpretation nicht zur Auslegung des nationalen Rechts
gegen dessen klaren Wortlaut führen – contra legem.

c) Welcher Grundsatz bestimmt die Richtlinienkonforme Interpretation? 1 Pkt.

Die Pflicht zur richtlinienkonformen Interpretation setzt erst mit Ablauf der Umsetzungsfrist ein.
Davor besteht eine Berechtigung der nationalen Gerichte aber keine Verpflichtung.

d) Nennen sie eine bekannte Entscheidung! 1 Pkt.

Urteil Pfeiffer aus 2004.

4. Frage (5P):

Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

• Nur Richtlinien können unmittelbare Wirkung entfalten. (1P)

Falsch. Richtlinien können im Einzelfall Direktwirkung entfalten und die Direktwirkung von
Verordnungen ergibt sich aus Art. 288 AEUV, denn sie gelten allgemein.

• Der EuGH lehnt in ständiger Rechtsprechung die horizontale unmittelbare Wirkung von Richtlinien ab.
Dies hat der EuGH auch in der Rs Becker entschieden. (2P)

Falsch. In dem Grundsatzurteil Faccini Dori aus 1994 wurde das entschieden.

• Im Rahmen der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien legt der EuGH den Begriff des Staates eng aus.
(1P)

Falsch. Er wird weit ausgelegt. Der Begriff schließt sämtliche Träger der Hoheitsverwaltung,
Einrichtungen, die von einem Träger der Hoheitsverwaltung kontrolliert werden oder besondere
Rechte erhalten haben und öffentliche Unternehmen mit ein.

• Wenn ein Mitgliedstaat eine Richtlinie umgesetzt hat, kann sie niemals unmittelbare Wirkung
entfalten. (1P)

Falsch. Wurde die Richtlinie zwar umgesetzt, weicht jedoch klar davon ab oder wird trotz einer
Klarstellung der Rechtslage weiterhin dagegen verstoßen, kann sie ebenfalls unmittelbare Wirkung
entfalten (hinreichend qualifiziert).

2. Frage (5P):
Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

• Handelt ein Exekutivorgan eines Mitgliedstaats bei der Anwendung von Unionsrecht rechtswidrig, ist
ein Staatshaftungsanspruch grundsätzlich möglich. (1P)

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Falsch. Ein Einzelner hat einen Schadenersatz-Anspruch gegen einen Mitgliedstaat aufgrund eines
Verstoßes gegen Unionsrecht (= sekundärer Rechtsbehelf). D.h. wenn die primäre
Leistungsdurchsetzung (= Durchsetzung des unmittelbaren Rechtsanspruchs auf ein bestimmtes Tun
oder Unterlassen) nicht oder nicht mehr möglich ist, soll durch Staatshaftung zumindest der Schaden
ausgeglichen werden.

• Das Rechtsinstitut der Staatshaftung beruht auf dem Gedanken des Estoppel-Prinzips. (1P)

Falsch. Das Estoppel-Prinzip besagt, dass ein rechtswidrig handelnder Staat aus seinem Handeln keine
Vorteile haben soll.

• Es ist möglich einen Staatshaftungsanspruch vor dem EuG einzuklagen. (1P)

Falsch. Der Geschädigte setzt seinen Anspruch auf Schadenersatz vor einem nationalen Gericht nach
nationalem Haftungsrecht durch.

• Für die Geltendmachung eines Staatshaftungsanspruchs ist Verschulden erforderlich. (1P)

Falsch. Die Staatshaftung ist verschuldensunabhängig. Verschulden kann jedoch ein Hinweis für
Qualifiziertheit sein.

• Bekannte Leitentscheidungen zur Staatshaftung sind die Rechtssachen Plaumann und Brasserie du
pêcheur (1P).

Falsch. Das Grundsatzurteil Francovich und Präzisierung durch Brasserie du Pêcheur.


5. Frage (7P):
Die Richtlinie 85/577 räumt bei sogenannten „Haustürgeschäften“ ein Widerrufsrecht ein. Dies gilt auch
für Verträge, die anlässlich eines vom Gewerbetreibenden organisierten Ausflugs außerhalb seiner
Geschäftsräume geschlossen wurden. Das deutsche Ehepaar Wolfgang und Waltraud Wohl hat sich in
Italien anlässlich einer solchen organisierten Freizeitveranstaltung an einem Abend mehrere teure
Wolldecken aufschwatzen lassen. Am nächsten Tag stellt Frau Wohl fest, dass die Wolldecken schlecht
verarbeitet wurden und das Preis-Leistungs-Verhältnis miserabel ist. Die Umsetzungsfrist ist bereits
abgelaufen, aber die Richtlinie wurde in Italien noch nicht umgesetzt.

Kann sich das Ehepaar Wohl in diesem Fall erfolgreich auf die Richtlinie berufen, um den Vertrag zu
widerrufen? Unter welchen Voraussetzungen wäre dies grundsätzlich möglich? Argumentieren Sie
anhand einer Leitentscheidung des EuGH!

Richtlinien können im Einzelfall Direktwirkung entfalten.

Nach dem Grundsatzurteil Faccini Dori aus 1994 wird die horizontale Direktwirkung von Richtlinien
ausgeschlossen, wenn sich fragliche Ansprüche nicht auf das nationale Recht gründen. Die
Substitution fehlenden nationalen Rechts durch die Bestimmung einer RL im horizontalen Verhältnis
ist unzulässig. Das Ehepaar kann sich somit nicht auf die RL berufen.

Nach dem Urteil Kücükdeveci aus 2009 wird die Ausschlusswirkung von RL in horizontalen
Rechtsstreitigkeiten anerkannt. Die Berufung auf RL wird hingenommen, wenn die daraus
resultierende Verpflichtung für den privaten Streitgegner lediglich aus dem bereinigten nationalen
Recht folgt.

Auch eine mögliche Vorwirkung kann eine Direktwirkung zulassen. Wie man im Urteil Schwarze Sulm
aus 2016 sehen kann, dürfen während der Umsetzungsfrist keine Vorschriften erlassen werden, die
die Erreichung des Ziels der RL ernstlich gefährden.

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6. Frage (7P):
Der dänische Staatsangehörige Sören wird auf dem Kopenhagener Hauptbahnhof von einem Vertreter
der Lingua Company angesprochen. Der Vertreter überzeugt Sören, an einem Italienischkurs per
Fernunterricht teilzunehmen. Sören unterschreibt den Vertrag. Schon kurze Zeit später bereut er
jedoch den Vertragsabschluss und widerruft nach drei Tagen seine Bestellung gegenüber der Lingua
Company. Diese antwortet ihm, dass sie den Widerruf nicht akzeptiere, da das dänische Zivilgesetzbuch
keinen Fall kenne, in dem eine Willenserklärung nach Abschluss des Vertrags noch widerrufen werden
könne.
Die Richtlinie 85/577/EWG sieht allerdings vor, dass bei Verträgen, die auf Initiative von einem
Gewerbetreibenden außerhalb seiner Geschäftsräume abgeschlossen wurden, dem jeweiligen
Vertragspartner ein Widerrufsrecht innerhalb einer Frist von sieben Tagen zusteht. Zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses, war die Umsetzungsfrist bereits abgelaufen. Dänemark hatte die Richtlinie aber
noch nicht in nationales Recht umgesetzt.
Wie ist die Rechtslage? Argumentieren Sie unter Hinweis auf eine bekannte Leitentscheidung!

Richtlinien können im Einzelfall Direktwirkung entfalten.


Nach dem Grundsatzurteil Faccini Dori aus 1994 wird die horizontale Direktwirkung von Richtlinien
ausgeschlossen, wenn sich fragliche Ansprüche nicht auf das nationale Recht gründen. Die
Substitution fehlenden nationalen Rechts durch die Bestimmung einer RL im horizontalen Verhältnis
ist unzulässig. Sören kann sich somit nicht auf die RL berufen.

Die Voraussetzungen der Staatshaftung hat der EuGH im Grundsatzurteil Francovich aus 1991
aufgestellt und insb. im Urteil Brasserie du Pêcheur aus 1996 präzisiert.
1. Der Rechtsverstoß muss hinreichend qualifiziert sein. Das liegt vor, da die RL nicht umgesetzt
wurde.
2. Die fragliche Rechtsnorm/ Das durch die Richtlinie vorgeschriebene Ziel muss dem Einzelnen
ein konkretes (verletztes) Recht verleihen, dessen Inhalt schon aufgrund dieser
Norm/Richtline abschließend klar bestimmbar ist.
3. Der eingetretene Schaden muss letztlich kausal auf dem Verstoß gegen Unionsrecht beruhen.
Es kann im Wesentlichen auf die Äquivalenztheorie abgestellt werden (Nach dieser Theorie ist
Ursache für den Eintritt des Schadens jede Bedingung, d.h. jede Handlung, die nicht
hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele)

Sören kann seinen Anspruch auf Schadenersatz vor einem nationalen Gericht nach nationalem
Haftungsrecht durchsetzen.

Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

Unionsrechtswidriges Verhalten von Privatpersonen kann einen Staatshaftungsanspruch nach sich


ziehen. (1P)
Nein. Der Mitgliedstaat selbst bzw. der Hoheitsträger, der sich den Verstoß nach der
mitgliedsstaatlichen Regelung zurechnen lassen muss, haftet für die fehlerhafte Anwendung des EU-
Rechts.

Verstößt ein Gericht eines Mitgliedstaats gegen Unionsrecht kann dies bei Vorliegen der erforderlichen
Voraussetzungen zu einem Staatshaftungsanspruch führen. (1P)

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Laut EuGH ist der Grundsatz der mitgliedstaatlichen Haftung auch anwendbar, wenn der Verstoß
durch die Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts begangen wird. Damit besteht im Grundsatz
eine Staatshaftung für Verstöße gegen Unionsrecht durch alle drei Gewalten.

Setzt ein Mitgliedstaat eine Richtlinie nicht um, so liegt jedenfalls ein hinreichend qualifizierter Verstoß
gegen Unionsrecht vor. (1P)

Ja, völlige Nichtumsetzung einer RL stellt immer einen hinreichenden qualifizierten Verstoß dar.

Der EuGH hat das Konzept der Staatshaftung in der bekannten Leitentscheidung Costa/ENEL entwickelt.
(1P)

Nein, die Voraussetzungen der Staatshaftung hat der EuGH im Grundsatzurteil Francovich aus 1991
aufgestellt und in der nachfolgenden Rsp., insb. im Urteil Brasserie du Pêcheur aus 1996, präzisiert.

Für die Geltendmachung eines Staatshaftungsanspruchs ist Verschulden erforderlich. (1P)

Die Voraussetzungen der unionsrechtlichen Staatshaftung – Rechteverleihung, Qualifiziertheit und


Kausalität – sind zur Begründung der Haftung notwendig und ausreichend. Daher unterliegt die
Haftung keinen weiteren Voraussetzungen, wie z.B. Verschulden.

Der Staatshaftungsanspruch wird vor dem EuG geltend gemacht. (1P)

Nein, der Geschädigte setzt seinen Anspruch auf Schadenersatz vor einem nationalen Gericht nach
nationalem Haftungsrecht durch.
5. Frage (7P):
Der griechische Staatsbürger Dimitris Diapollos ist Arbeitnehmer bei dem Unternehmen Piräus E.P.E.
Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage musste das Unternehmen Konkurs anmelden und ist
nicht mehr in der Lage, seinen Arbeitnehmern weiterhin den Lohn zu zahlen. Die Richtlinie 2008/94 soll
einen Mindestschutz für Arbeitnehmer im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers
gewährleisten. Sie sieht vor, dass finanziell unabhängige Garantieeinrichtungen geschaffen werden
sollen, die den Arbeitnehmern in diesem Fall den Lohn weiter fortzahlen. Griechenland hat diese
Richtlinie jedoch nicht fristgerecht umgesetzt. Dimitris überlegt, ob er sich unmittelbar auf die
Richtlinie berufen kann. Allerdings sind die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie nicht
hinreichend genau und bestimmt, sodass die Richtlinie keine unmittelbare Wirkung entfalten kann.
a) Kann Dimitris trotzdem Ersatz für den erlittenen Schaden erlangen? Welche Voraussetzungen
müssen dafür vorliegen? (5P)

Ja, Dimitris kann von Griechenland Ersatz des aufgrund eines Verstoßes gegen Unionsrecht erlittenen
Schaden erlangen.
Voraussetzungen der Staatshaftung:

4. Der Rechtsverstoß muss hinreichend qualifiziert sein. Das liegt vor, da die RL nicht umgesetzt
wurde.
5. Die Verletzung einer Schutznorm muss vorliegen, d.h. einer Norm, die nicht ausschließlich im
Interesse der Allgemeinheit besteht, sondern zumindest auch im Interesse des Betroffenen.
6. Der eingetretene Schaden muss letztlich kausal auf dem Verstoß gegen Unionsrecht beruhen.
Es kann im Wesentlichen auf die Äquivalenztheorie abgestellt werden (Nach dieser Theorie ist
Ursache für den Eintritt des Schadens jede Bedingung, d.h. jede Handlung, die nicht
hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele)

b) Welches Gericht ist hier zuständig? (1P)

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Die Durchsetzung des Anspruchs erfolgt vor nationalen Gerichten (und Art und Höhe des Ersatzes
richten sich nach dem jeweiligen nationalem Haftungsrecht, wobei die Durchsetzungsbedingungen
den Korrektiven der Äquivalenz und Effektivität unterliegen).

c) Nennen Sie eine bekannte Leitentscheidung! (1P)

Das Grundsatzurteil Francovich aus 1991 / Urteil Brasserie du Pêcheur aus 1996.

5) 8 Pkt.
Rl 02/1512 soll Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf Unionsebene eine Mindestsicherung bei
Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers oder Arbeitgeberin gewährleisten. Mitgliedstaat Mekonga hat
Richtlinien nicht fristgerecht umgesetzt und diese ist auch nicht unmittelbar anzuwenden. Frau Hanoia
und Saigona haben von ihrem Arbeitgeber seit Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Herrn Minh ist
es aufgrund von Fehlinvestitionen nicht möglich seine Angestellten zu bezahlen und flüchtet nach
Vietnam.
a) Erklären sie präzise was Frau S. meint, wenn sie sagt: Ich werde den Staat Mekong verklagen,
schließlich hat dieser die Richtlinien nicht umgesetzt. 1 Pkt.

Frau S. kann von Mekonga Ersatz des aufgrund eines Verstoßes gegen Unionsrecht erlittenen Schaden
erlangen (Staatshaftung).

b) Unter welchen Voraussetzungen haftet der Mitgliedstaat Mekong in diesem Fall? 4 Pkt.

Voraussetzungen der Staatshaftung:

1. Der Rechtsverstoß muss hinreichend qualifiziert sein. Das liegt vor, da die RL nicht umgesetzt
wurde.
2. Die Verletzung einer Schutznorm muss vorliegen, d.h. einer Norm, die nicht ausschließlich im
Interesse der Allgemeinheit besteht, sondern zumindest auch im Interesse des Betroffenen.
3. Der eingetretene Schaden muss letztlich kausal auf dem Verstoß gegen Unionsrecht beruhen.
Es kann im Wesentlichen auf die Äquivalenztheorie abgestellt werden (Nach dieser Theorie ist
Ursache für den Eintritt des Schadens jede Bedingung, d.h. jede Handlung, die nicht
hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele)

c) In welchem Umfang wird der Schaden ersetzt? 2 Pkt.

Die Durchsetzung des Anspruchs erfolgt nach nationalem Haftungsrecht, nach dem sich v.a. Art und
Höhe des Ersatzes richten. Allerdings unterliegen die nationalen Durchsetzungsbedingungen den
Korrektiven der Äquivalenz und Effektivität.

d) Nennen sie eine bekannte Grundsatzentscheidung. 1 Pkt.

Das Grundsatzurteil Francovich aus 1991.

6. Frage (7P):
Professor Martin Mobilis hatte jahrzehntelang einen Lehrstuhl an einer britischen Universität inne und
ist nun Universitätsprofessor an der Universität von Budapest geworden. Nach einiger Zeit erfährt er,
dass der ungarische Staat seine Vordienstzeiten aus Deutschland nicht anerkennen möchte. Durch
diesen Verstoß gegen Unionsrecht (Art. 45 AEUV) entsteht ihm ein Schaden von über 30.000€.

a) Kann Professor Mobilis nun vom ungarischen Staat Ersatz für den entstandenen Schaden erlangen?
Welche Voraussetzungen müssten dafür vorliegen? (5P)

Voraussetzungen der Staatshaftung:

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1. Der Rechtsverstoß muss hinreichend qualifiziert sein. Das liegt vor, da gegen Art. 45 AEUV
verstoßen wird und somit gegen eine Garantie des Unionsrechts.
2. Die Verletzung einer Schutznorm muss vorliegen, d.h. einer Norm, die nicht ausschließlich im
Interesse der Allgemeinheit besteht, sondern zumindest auch im Interesse des Betroffenen.
3. Der eingetretene Schaden muss letztlich kausal auf dem Verstoß gegen Unionsrecht beruhen.
Es kann im Wesentlichen auf die Äquivalenztheorie abgestellt werden (Nach dieser Theorie ist
Ursache für den Eintritt des Schadens jede Bedingung, d.h. jede Handlung, die nicht
hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele).
Professor Martin Mobilis kann von Ungarn, Ersatz des aufgrund eines Verstoßes gegen Unionsrecht
erlittenen Schaden erlangen.

b) In welcher Entscheidung hat der EuGH erstmals einen solchen Anspruch zuerkannt? (1P)

In der Rechtssache van Gend 1963.

c) Vor welchem Gericht muss er den Schaden geltend machen? (1P)

Die Durchsetzung des Anspruchs erfolgt vor nationalen Gerichten (und Art und Höhe des Ersatzes
richten sich nach dem jeweiligen nationalem Haftungsrecht, wobei die Durchsetzungsbedingungen
den Korrektiven der Äquivalenz und Effektivität unterliegen).

6. Frage (8P):

Ger Gonzales ist Angestellter im spanischen Unternehmen Alegria, das während der Wirtschaftskrise
zahlungsunfähig wird und in Konkurs geht. Herr Gonzales kann nun den noch austehenden schwer
verdienten Arbeitslohn in Höhe von insgesamt 10.000€ von Alegia nicht mehr erhalten. Um eine
Entschädigung für solche Fälle konkursbedingten Lohnausfalls sicherzustellen, verpflichtet eine
entsprechende EURichtlinie die Mitgliedsstaaten zu Errichtung eines Fonds, aus dem die
Entschädigungsleistung im Konkursfall dann gezahlt werden sollten. Spanien hat aber die RL trotz Ablauf
der Umsetzungsfrist nicht umgesetzt und daher einen solchen Entschädigungsfonds nicht geschaffen.
Herr Gonzales will auf die ihm nach Unionsrecht zustehende Entschädigung in Höhe des entgangenen
Arbeitsgeltes von 10.000€ nicht verzichten.
a) Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit sich Herr Gonzales unmittelbar auf die
Richtlinienregelung berufen könnte? (3P)

Richtlinien können im Einzelfall Direktwirkung entfalten.

Nach dem Grundsatzurteil Faccini Dori aus 1994 wird die horizontale Direktwirkung von Richtlinien
ausgeschlossen, wenn sich fragliche Ansprüche nicht auf das nationale Recht gründen. Spanien hat
die RL nicht umgesetzt. Die Substitution fehlenden nationalen Rechts durch die Bestimmung einer RL
im horizontalen Verhältnis ist unzulässig. Herr Gonzales kann sich somit nicht auf die RL berufen.

b) Gäbe es noch eine weitere Möglichkeit für Herrn Gonzalez, die 10.000€ doch noch zu bekommen,
wenn die Richtlinie nicht unmittelbar anwendbar ist? Wenn ja, wie und von wem? (1P)
Ja. Er kann einen Staatshaftungsanspruch vor einem nationalen Gericht nach nationalem
Haftungsrecht durchsetzen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind.

c) Prüfen Sie anhand der Anhaltspunkte im Sachverhalt, ob Voraussetzungen für diesen Anspruch
vorliegen! (3P)

Die Voraussetzungen der Staatshaftung – Qualifiziertheit, Rechteverleihung, und Kausalität:

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1. Da die RL nicht umgesetzt wurde, ist der Rechtsverstoß hinreichend qualifiziert.
2. Das durch die Richtlinie vorgeschriebene Ziel verleiht Herr Gonzales ein konkretes (verletztes)
Recht, dessen Inhalt aufgrund der Richtline abschließend klar bestimmbar ist.
3. Der eingetretene Schaden beruht kausal auf dem Verstoß gegen Unionsrecht. Die
Nichtumsetzung der RL ist ursächlich für den Eintritt des Schadens, und kann nicht
hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg in dieser konkreten Gestalt entfällt
(Äquivalenztheorie).

Die Voraussetzungen sind gegeben.

5. Frage (7P): Franz K. lebt und arbeitet in Österreich. Seine gesamten Ersparnisse hat er auf einem
Sparbuch bei einer der größten österreichischen Banken angelegt. Als Österreich von der Finanzkrise
erfasst wird, kann die Bank Franz K. sein Geld nicht auszahlen. Sein Erspartes ist verloren. Die Richtlinie
1994/19/EG sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat ein Einlagensicherungssystem errichten muss. Im Falle
der Zahlungsunfähigkeit der Bank ersetzt dieses den Anlegern ihre Einlagen. Österreich hat diese
Richtlinie jedoch nicht umgesetzt und kein derartiges Einlagensicherungssystem geschaffen.

a) Franz K. ist der Meinung, dass Österreich ihm den Schaden ersetzen muss. Welchen
Rechtsinstruments möchte sich Frank K. bedienen? Welche Voraussetzungen müssen hierfür vorliegen?
Liegen diese im konkreten Fall vor? Subsumieren Sie! (5P)

b) An welches Gericht muss sich Franz K. wenden, um seinen Schaden ersetzt zu bekommen? (1P)

c) Nennen Sie einen allgemeinen Rechtsgrundsatz durch den sich dieses durch den EuGH entwickelte
Verfassungsprinzip begründen lässt! (1P)

Nach ständiger Rechtsprechung müssen die nationalen Gerichte, die volle Wirkung der
Bestimmungen und Rechte, die das Gemeinschaftsrecht dem Einzelnen verleiht, schützen.

5. Frage (6P): Die polnische Staatsbürgerin Kasia Kowalska beantragt bei einem polnischen Gericht den
Erlass eines Zahlungsbefehls gegen die Cyber Tech GmBH, die ihren Sitz in Deutschland hat. Frau
Kowalska klagt neben der Zahlung der Hauptforderung auch die bisher angefallenen Zinsen ein. Der
Antrag landet auf dem Schreibtisch des zuständigen polnischen Richters, der sich zunächst einen
Überblick über die Rechtslage verschafft. Die vom Europäischen Parlament und Rat erlassene
Verordnung Nr. 1896/2006 normiert in ihrem Art 7, dass in grenzüberschreitenden Verfahren nicht nur
die Hauptforderung, sondern auch angefallene Zinsen eingeklagt werden können. Das polnische
Zivilverfahrensgesetzbuch sieht diese Möglichkeit hingegen nicht vor.

a) Kann Frau Kowalska neben der Hauptforderung auch die Zinsen einklagen? Muss der Richter
Unionsrecht oder das polnische Recht anwenden? Begründen Sie Ihre Antwort! (5P)

Das Unionsrecht genießt Anwendungsvorrang vor nationalem Recht. Nationale Behörden und
Gerichte dürfen somit nationale Normen nicht anwenden, wenn unmittelbar wirkendes sekundäres
Unionsrecht dem entgegensteht. Die Direktwirkung von Verordnungen ergibt sich aus Art. 288 AEUV,
denn sie gelten allgemein; soweit sie durch nationale Gerichte angewendet werden kann, was hier
der Fall ist. Außerdem unterliegen Verordnungen keiner Einschränkung zwischen Privaten und können
in horizontalen Verhältnissen durchgesetzt werden.

Frau Kowalska kann somit auch die angefallenen Zinsen einklagen, denn der Richter muss Unionsrecht
anwenden.

b) Nennen Sie eine bekannte Leitentscheidung! (1P)

21
Rs Costa

Unionsrechtsschutz
3. Frage (5P):
Geben Sie an, welche Klage in der jeweiligen Konstellation herangezogen werden könnte. Nennen Sie
dabei auch die entsprechende Rechtsgrundlage ganz genau!

• Ein Unternehmen möchte einen Beschluss der Europäischen Kommission bekämpfen. (1P)

Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV.

• Ein Mitgliedstaat hat eine Richtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt. (1P)

Staatshaftung nach Art. 340 AEUV.

• Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat eine Frage zur Auslegung einer


Richtlinienbestimmung. (1P)

Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV.

• Ein Unionsorgan handelt nicht, obwohl es zum Tätigwerden aufgefordert wurde. (1P)

Untätigkeitsklage nach Art. 265 AEUV.

• Ein Mitgliedstaat ist der Ansicht, dass eine Verordnung in rechtswidriger Weise zustande gekommen
ist. (1P)

Vertragsverletzung nach Art. 259 AEUV.

3. Frage (5P): Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch
sind. Begründen Sie Ihre Antwort!

a) Mit der Nichtigkeitsklage können nationale Rechtsakte, die Unionsrecht widersprechen, auch von
Privatpersonen bekämpft werden. (1P)

Richtig. Natürliche oder juristische Personen sind aktivlegitimiert und können als nicht privilegierte
Kläger Klage erheben, wenn sie unmittelbar und individuell betroffen sind.

b) Damit eine natürliche Person eine Verordnung gem. Art 288 AEUV bekämpfen kann, reicht es, wenn
sie entweder unmittelbar oder individuell betroffen ist. (1P)

Falsch. Als nicht privilegierter Kläger kann eine natürliche Person Klage erheben, wenn sie unmittelbar
und individuell betroffen sind. Diese Voraussetzung soll Popularklagen vermeiden.

c) Adressaten eines Beschlusses gelten immer als unmittelbar und individuell betroffen und können die
Nichtigkeitsklage immer erheben. (1P)

Richtig. Adressaten sind immer unmittelbar und individuell betroffen, denn die Handlung ist an sie
gerichtet. Rechtswirkungen treten zwangsläufig ein, aufgrund persönlicher oder besonderer
Eigenschaften.

d) Die Europäische Zentralbank gehört zu der Gruppe der privilegierten Kläger. (1P)

Falsch. Die EZB ist teilprivilegierter Kläger (Art. 265 AEUV).

22
e) Wird der Nichtigkeitsklage stattgegeben, kommt es zur Nichtigerklärung des betreffenden
Rechtsaktes erga omnes. (1P)

Richtig. Die Aufhebung wirkt auch über den konkreten Rechtsfall hinaus, da der Rechtsakt von Anfang
an (ex tunc) aufgehoben wird.

1. Vertragsverletzung
4. Frage (4P):
Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

• Das Europäische Parlament kann ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, wenn es der Ansicht ist,
dass ein Mitgliedstaat gegen Unionsrecht verstoßen hat. (1P)

Falsch. Aktivlegitimiert sind nur die Kommission (Art. 258 AEUV) und MS (Art. 259 AEUV).

• Ein Mitgliedstaat kann ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, wenn er der Ansicht ist, dass ein
anderer Mitgliedstaat gegen Unionsrecht verstoßen hat. (1P)

Richtig. Falsch. Aktivlegitimiert sind nur die Kommission (Art. 258 AEUV) und MS (Art. 259 AEUV).
Jedoch sind MS im späteren Gerichtsverfahren nach Art. 260 AEUV nicht aktivlegitimiert, sondern nur
die Kommission.

• Der Begriff „Gerichtshof der Europäischen Union“ ist ein Oberbegriff für den Gerichtshof (EuGH) und
das Fachgericht für den öffentlichen Dienst (EuGöD). (1P)

Falsch. Der Gerichtshof der EU umfasst den Gerichtshof (EuGH), das Gericht (EuG) und Fachgerichte
(Art. 19 EUV).

• Der Gerichtshof besteht aus 28 Richtern und wird von Generalanwälten unterstützt. (1P)

Richtig. Der Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedstaat und 11 Generalanwälten. Die
Aufgabe der Generalanwälte ist es nach Art 252 Abs 2 AEUV in völliger Unparteilichkeit und
Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu erstellen – sie unterstützen und
beraten.

5. Frage (8P):
Die Regierung des Staates Magyar erlässt zunehmend Gesetze, in denen sie die Unabhängigkeit der
Justiz und der nationalen Zentralbank stark beschneidet. Unter anderem ist ein Gesetz mit 1.1.2012 in
Kraft getreten, welches die Bindung der Richter und Staatsanwälte an Weisungen der Regierung festlegt
und damit die Gewaltenteilung aufhebt. Die Europäische Kommission hegt ernsthafte Bedenken gegen
das erlassene Gesetz und fürchtet um die Gefährdung der in den Gründungsverträgen festgelegten
Werte und Ziele der Union.
a) Welches Verfahren kann die Europäische Kommission einleiten? Wo ist es normiert (nennen Sie die
genaue Bestimmung)? Wer fällt das Urteil in einem solchen Verfahren? (3P)

Die Europäische Kommission kann das Vertragsverletzungsverfahren einleiten, welches in Art. 258
AEUV normiert ist. Der EuGH ist in erster und letzter Instanz zuständig.

b) Beschreiben Sie den Ablauf des Verfahrens! (4P)

Bevor die Kommission eine Klage beim EuGH einbringen kann, muss ein Vorverfahren durchgeführt
worden sein: Die Kommission gibt eine begründete Stellungnahme über die Vertragsverletzung ab

23
und gibt dem Staat die Möglichkeit zur Äußerung, innerhalb einer von der Kommission gesetzten Frist.
Auch wenn der Staat die Verletzung beseitigt hat, kann eine Klage dennoch begründet sein, da
weitere Interessen verletzt sein könnten. Kommt der Mitgliedstaat innerhalb dieses Zeitraums
(wiederholt) der Aufforderung nicht nach, kann die Kommission beim EuGH Klage erheben.

c) Welche Rechtswirkung hat das der Klage stattgebende Urteil? (1P)

Das Urteil bewirkt die Pflicht den festgestellten Verstoß zu beseitigen oder zu unterlassen (Art. 260
Abs. 1 AEUV) und wirkt erga omnes.

6. Frage (7P): Nach den spanischen Vorschriften über die Körperschaftssteuer werden die nicht
realisierten Wertzuwächse in die Bemessungsgrundlage des Steuerjahres einbezogen, falls eine in
Spanien niedergelassene Gesellschaft ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt. Die Kommission
ist der Ansicht, dass dieses Vorgehen gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt und möchte gegen
Spanien gerichtliche Schritte einleiten.

a) Wie wird die Kommission nun vorgehen? Erläutern Sie! (4P)

Die Europäische Kommission kann das Vertragsverletzungsverfahren einleiten, welches in Art. 258
AEUV normiert ist. Dazu muss die Klage beim EuGH eingebracht werden. Jedoch muss davor ein
Vorverfahren durchgeführt worden sein: Die Kommission gibt eine begründete Stellungnahme über
die Vertragsverletzung ab und gibt dem Staat die Möglichkeit zur Äußerung, innerhalb einer von der
Kommission gesetzten Frist. Auch wenn der Staat die Verletzung beseitigt hat, kann eine Klage
dennoch begründet sein, da weitere Interessen verletzt sein könnten. Kommt der Mitgliedstaat
innerhalb dieses Zeitraums (wiederholt) der Aufforderung nicht nach, kann die Kommission beim
EuGH Klage erheben.

Das Urteil bewirkt die Pflicht den festgestellten Verstoß zu beseitigen oder zu unterlassen (Art. 260
Abs. 1 AEUV) und wirkt erga omnes.

b) Angenommen Spanien ändert seine Vorschriften auch weiterhin nicht. Welche Folgen könnte das
nach sich ziehen? (3P)

Ändert Spanien seine Vorschriften weiterhin nicht, obwohl die Vertragsverletzung festgestellt wurde,
werden in einem zweiten Verfahren Geldstrafen verhängt (Art. 260 AEUV). Entweder werden
Pauschalbeträge (Verstoß wird für die Vergangenheit sanktioniert) oder Zwangsgelder (Anreiz den
Verstoß zu beenden) verhängt.

2. Nichtigkeit und Untätigkeit


2. Frage (6P):
a) Kann eine Einzelperson Nichtigkeitsklage erheben, um einen Rechtsakt der Union zu bekämpfen?
Unter welchen Voraussetzungen ist das möglich? Nennen Sie diese genau! (4P)

Einzelpersonen sind nicht privilegierte Kläger. Ihr Klagerecht ist durch die Zulässigkeitsvoraussetzung
eines Nachweises der unmittelbaren individuellen Betroffenheit eingeschränkt.
Im betreffenden Rechtsakt muss die Einzelperson als Adressantin genannt werden oder unmittelbar
und individuell beschwert sein. Bei unmittelbar anwendbaren Verwaltungsrechtsakten muss nur die
unmittelbare Betroffenheit nachgewiesen werden.

b) Können mit der Nichtigkeitsklage auch Stellungnahmen iSd Art 288 Abs 5 AEUV bekämpft werden?
Begründen Sie Ihre Antwort in wenigen Worten! (1P)

24
Ja. Die Prüfungskompetenz des EuGHs gilt auch für Empfehlungen und Stellungnahmen, sofern diese
Rechtswirkung gegenüber Dritten entfalten.

c) Welche Rechtsfolge zieht ein der Nichtigkeitsklage stattgebendes Urteil nach sich? (1P)

Als Rechtsgestaltungsurteil hebt sie den angefochtenen Rechtsakt und i.d.R. dessen Rechtswirkung
von Anfang an (ex tunc) und mit erga omnes Wirkung auf.

6. Auf Grundlage einer Entscheidung der Kommission wurde ein Zollbescheid gegen die Firma Sky mit
Sitz im EU-Mitgliedstaat erlassen. Die Firma focht diesen Zollbescheid, der ihr die Zahlung von Abgaben
vorschrieb, vor dem zuständigen Finanzgericht an. Dieses Gericht war der Meinung, dass die
Entscheidung der Kommission, auf die sich der Bescheid stützt, primärrechtswidrig und daher ungültig
sei. Das Finanzgericht legte dem EuGH die Frage vor, ob es selbst dazu befugt ist, eine Entscheidung der
Kommission für nichtig zu erklären, wenn es einen Widerspruch zum Primärrecht feststellt.
Was sagen Sie dazu aus unionsrechtlicher Sicht? Wie heißt die Leitentscheidung in diesem
Zusammenhang? (6 Punkte)

Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Unionsrecht wegen eines Verstoßes gegen
höherrangiges Unionsrecht unwirksam ist, so darf es die jeweilige Norm nicht eigenständig für nichtig
erklären bzw. im konkreten Rechtsstreit nicht anwenden. Die Vorlage an den EuGH ist erforderlich,
damit dieser die Frage der Gültigkeit verbindlich und einheitlich für das gesamte Unionsgebiet
festlegen kann (faktisch erga omnes-Wirkung). Nationale Gerichte in diesen Fällen zur Vorlage
verpflichtet.

Gerichtshof genießt das Unionsweite Verwerfungsmonopol für sekundäres Unionsrecht.

Die Zulässigkeit der Vorlagefrage richtet sich nach Art 267, danach können Fragen über die Auslegung
der Verträge, die Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen
Stellen der Union gestellt werden.

Leitentscheidung: CILFIT-Doktrin (Rs. CILFIT von 1982)

6. Frage (6P):
Der dänische Privatfernsehsender Sirius TV bekommt keinerlei staatliche finanzielle Unterstützung,
während dem öffentlich-rechtlichen dänischen Fernsehsender Dansk Channel vom Staat Dänemark
regelmäßig ein großzügiger Zuschuss gewährt. Sirius TV ist der Ansicht, dass dieses Vorgehen gegen das
EU-Beihilferecht verstößt und legt im November 2012 bei der Kommission Beschwerde ein. Die
Entscheidung der Kommission lässt jedoch sehr lange auf sich warten. Trotz mehrfacher Nachfrage gibt
es in dieser Angelegenheit keine Bewegung. Im November 2014 fordert Sirius TV in einem Schreiben die
Kommission schließlich auf, tätig zu werden. Die Kommission reagiert darauf jedoch nicht.
a) Können gerichtliche Schritte eingeleitet werden? Nennen Sie die einschlägige Bestimmung und
erklären Sie das Ziel der Klage! (2P)

Ja, mit der Untätigkeitsklage, Art. 265 AEUV, welche feststellt, dass eine Handlungspflicht des
beklagten Organs / der Kommission besteht. Ebenfalls ist die Wartefrist von 2 mal 2 Monaten bereits
abgelaufen, denn das Organ wurde vor über vier Monaten zur Handlung aufgefordert.

b) Schildern Sie das Verfahren in Grundzügen! (3P)

Art. 20 EuGH-Satzung: Das Verfahren gliedert sich in ein schriftliches und mündliches Verfahren.
Gegenstand des schriftlichen Verfahrens ist die Übermittlung der Klageschriften, Schriftsätze,
Klagebeantwortungen und …

25
c) Kann mit dieser Klage auch ein Mitgliedstaat dazu angehalten werden, eine Richtlinie umzusetzen?
(1P)

Nein. Lässt ein MS die Umsetzungsfrist für eine Richtlinie tatenlos verstreichen, kann ein
Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 oder Art. 259 AEUV (durch die Kommission oder MS)
eigeleitet werden.

6. Frage (5P):
Das Mobilfunkunternehmen Citrus möchte mit dem Mobilfunkunternehmen Vier fusionieren. Auf
Grund der Größe der beiden Unternehmen und deren wichtiger Stellung am Markt ist dafür eine
wettbewerbsrechtliche Bewilligung der Kommission notwendig. Der Beschluss der Kommission lässt
jedoch sehr lange auf sich warten. Am 1.6.2012 fordern daher die beiden Unternehmen die Kommission
zum Tätigwerden auf. Als am 1.1.2013 immer noch kein Beschluss getroffen wurde, überlegen die
beteiligten Unternehmen, ob diese gegen das Unterlassen der Kommission rechtlich vorgehen können.
a.) Welche Klage empfehlen Sie und wo ist diese vertraglich normiert? (1P)

Die Untätigkeitsklage, Art. 265 AEUV, welche feststellt, dass eine Handlungspflicht des beklagten
Organs / der Kommission besteht.

b.) Unter welchen Voraussetzungen kann diese Klage erhoben werden? Was soll untersucht werden?
Was ist die Rechtsfolge? (4P)

Voraussetzungen: Als nicht privilegierte Kläger müssen sie zuerst die unmittelbare und individuelle
Betroffenheit nachweisen – Rechtschutzinteresse. Die Klage muss beim zuständigen Gericht – i.d.R.
EuG; EuGH- eingebracht werden. Außerdem besteht eine Klagefrist von 2 mal 2 Monaten bei der
Untätigkeitsklage (ab Aufforderung zur begehrten Handlung), die bereits abgelaufen ist. Beklagte
können nur EU-Organe (die Kommission) sein und Gegenstand der Klage muss eine rechtlich
bindende Handlung sein. Die allgemeinen Formvorschriften sind einzuhalten.

Die Klage stellt fest, dass eine Handlungspflicht des beklagten Organs / der Kommission besteht. In
der Folge muss die Kommission die betreffende Handlung nachholen.

6. Frage (7P):
Die Italienerin Maria Mazzini ist Produzentin von Schaumwein und führt ein seit vielen Generationen
bestehendes Familienunternehmen. Seit 1920 verkauft das Unternehmen Mazzini Schaumwein unter
der in Italien eingetragenen Marke „Gran Cremant“. Diese Bezeichnung ist zum Markenzeichen
geworden. Allerdings soll nun, aufgrund einer von der Europäischen Union erlassenen Verordnung, die
Bezeichnung „Cremant“ ausschließlich für Qualitätsschaumweine aus Frankreich zulässig sein. Maria
Mazzini ist empört, dass ihr die Verwendung der Marke untersagt werden soll und ist fest entschlossen,
gegen diese Verordnung gerichtlich vorzugehen.
a) Ist das möglich? Nennen Sie die entsprechende Rechtsgrundlage in den Verträgen und prüfen Sie alle
Voraussetzungen, die zur Klageerhebung erforderlich sind! (5P)

Ja, mittels Nichtigkeitsklage welche in Art. 263 AEUV geregelt ist.

Voraussetzungen:
(1) Da Maria als Einzelperson eine nicht privilegierte Klägerin ist, muss ein Nachweis unmittelbarer
und individueller Betroffenheit erfolgen – Rechtsschutzinteresse. Bei der Verordnung muss jedoch nur
die unmittelbare Betroffenheit nachgewiesen werden (d.h. der Rechtsakt muss Rechtswirkungen für
die Klägerin eintreten lassen).
(2) Die Klage muss beim zuständigen Gericht, EuG (i.d.R.) oder EuGH, eigebracht werden.
(3) Beklagte können nur EU-Organe sein und

26
(4) der Gegenstand der Klage muss eine rechtlich bindende Handlung sein.
(5) Die Klagefrist beträgt zwei Monate ab Kenntnis.
(6) Die allgemeinen Formvorschriften sind einzuhalten.

b) Angenommen, der Klage wird inhaltlich stattgegeben. Welche Rechtsfolgen zieht ein solches Urteil
nach sich? (1P)

Das Nichtigkeitsurteil hebt den angefochtenen Rechtsakt und dessen Rechtswirkung von Anfang an
(ex tunc) mit erga omnes Wirkung auf.

c) Nennen Sie eine bekannte Leitentscheidung! (1P)

Urteil Paulmann von 1963

6. Frage (7P):
Das Europäische Parlament ist der Ansicht, dass die Richtlinie 2013/51 zur Festlegung von
Anforderungen an den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hinsichtlich radioaktiver Stoffe in Wasser
für den menschlichen Gebrauch auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt wurde und möchte sie daher
gerichtlich bekämpfen.
a) Welche Klage könnte dafür herangezogen werden? In welcher Bestimmung ist diese vertraglich
normiert? Welches Ziel kann mit dieser Klage verfolgt werden? (2P)
Mit der Nichtigkeitsklage kann die Rechtmäßigkeit eines Sekundärrechtsakts überprüft werden (gem.
Art 263 AEUV). Stellt der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass der angefochtene Rechtsakt
nicht rechtmäßig ist, so erklärt er diesen mit Gestaltungsurteil rückwirkend (ex tunc) und mit
allgemeinverbindlicher Wirkung (erga omnes) für nichtig (Art 264 Abs 1 AEUV).

b) Ist das Europäische Parlament befugt, eine solche Klage zu erheben? (1P)

Das Parlament ist als privilegierter Kläger in jedem Fall aktivlegitimiert Nichtigkeitsklage erheben zu
können (Art 263 AEUV Abs 2).

c) Das französische Unternehmen Eau Claire möchte die Richtlinie ebenfalls bekämpfen. Unter welchen
Voraussetzungen wäre dies grundsätzlich möglich? Nennen Sie eine wichtige Leitentscheidung in
diesem Zusammenhang! (4P)

Natürliche und juristische Personen sind nicht privilegierte Kläger (Art 263 AEUV Abs 4).

Voraussetzungen:
(1) Da das Unternehmen als juristische Person ein nicht privilegierter Kläger ist, muss ein Nachweis
unmittelbarer und individueller Betroffenheit erfolgen – Rechtsschutzinteresse.
(2) Die Klage muss beim zuständigen Gericht, EuG (i.d.R.) oder EuGH, eigebracht werden.
(3) Beklagte können nur Unionsorgane sein und
(4) der Gegenstand der Klage muss eine rechtlich bindende Handlung sein.
(5) Die Klagefrist beträgt zwei Monate ab Kenntnis.
(6) Die allgemeinen Formvorschriften sind einzuhalten.

Leitentscheidung: Urteil Paulmann von 1963.

6. Frage (6P): Als Teil der Maßnahmen, die die EU in Reaktion auf die Finanzkrise einleitete, wurde die
Richtlinie 2010/76/EU verabschiedet. Eines ihrer Ziele ist es, Banken und Wertpapierfirmen zu einer
soliden Vergütungspolitik zu verpflichten, um auf diese Weise absurde Gehaltsanreize zu beseitigen.

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Einen Tag nach Veröffentlichung im Amtsblatt erfährt eine österreichische Bank von der Richtlinie. Sie
ist der Ansicht, dass diese Richtlinie nicht im Einklang mit dem EU Primärrecht ist.

a) Wie und unter welchen Voraussetzungen könnte eine österreichische Bank gegen diesen Rechtsakt
im EU- Rechtsschutzsystem vorgehen? (2P)

Natürliche und juristische Personen sind nicht privilegierte Kläger (Art 263 AEUV Abs 4).

Voraussetzungen:
(1) Da das Unternehmen als juristische Person ein nicht privilegierter Kläger ist, muss ein Nachweis
unmittelbarer und individueller Betroffenheit erfolgen – Rechtsschutzinteresse.
(2) Die Klage muss beim zuständigen Gericht, EuG (i.d.R.) oder EuGH, eigebracht werden.
(3) Beklagte können nur Unionsorgane sein und
(4) der Gegenstand der Klage muss eine rechtlich bindende Handlung sein.
(5) Die Klagefrist beträgt zwei Monate ab Kenntnis.
(6) Die allgemeinen Formvorschriften sind einzuhalten.

b) Welche Folgen hat eine erfolgreiche Klage? Welche Bindungswirkung entfaltet diese Entscheidung?
(2P)
Das Nichtigkeitsurteil hebt den angefochtenen Rechtsakt und dessen Rechtswirkung von Anfang an
(ex tunc) mit erga omnes Wirkung (für alle) auf.

c) Die Bank wird vom Gerichtshof der EU für nicht aktivlegitimiert befunden. Da Italien die Richtlinie
2010/76/EU nach Ablauf der Umsetzungsfrist noch nicht vollständig umgesetzt hat, beschließt die
Europäische Kommission Klage beim EuGH einzureichen. Können in dem Verfahren vor dem EuGH
sofort Geldbußen verhängt werden? (1P)
Untätigkeitsklage nach Art. 265 AEUV: Das Urteil stellt die Handlungspflicht bloß fest.
Schadenersatzansprüche können dann erst mit einer weiteren Klage, nach Art. 268 AEUV, gestellt
werden.

d) Der Euro- Krise wurde ua mit verstärkter Finanzmarktregulierung (zB Richtlinie 2010/76/EU als
substanzielle Maßnahme) begegnet. Nennen Sie eine weitere Maßnahme bzw ein Instrument, das zur
Bewältigung der Euro- Krise geschaffen wurde! (1P)

Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) / Euro-Rettungsschirm wurde (völkerrechtlich)


geschaffen. Dabei handelt es sich um eine Zweckgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, mit
der Aufgabe, der Vergabe von Kreditlinien für Eurostaaten..

3. Vorabentscheidung
4. Frage (5P) Der Gerichtshof der EU sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung
der Verträge.

a) Wodurch unterscheidet sich das Vorabentscheidungsverfahren wesentlich von den anderen


Klagearten vor dem EuGH? (1P)

Beim Vorabentscheidungsverfahren handelt es sich um ein Zwischenverfahren des nationalen


Gerichtsverfahrens.

Nationale Gerichte können den EuGH um Anleitung ersuchen. Gegenstand ist eine konkrete Frage des
nationalen Gerichts betreffend die Auslegung und Gültigkeit von Unionsrecht.

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b) Wann besteht Vorlagepflicht bei Auslegungsfragen im Vorabentscheidungsverfahren? Kann diese
ausnahmsweise entfallen? Wenn ja, unter welchen Umständen? (3P)

Letztinstanzliche Gerichte sind generell und unterinstanzliche Gerichte sind, beim Zweifel an der
Gültigkeit eines Unionsrechtsakts, zur Vorlage verpflichtet.

Ein letztinstanzlich entscheidendes Gericht wie der VwGH dann nicht zur Vorlage an den EuGH
verpflichtet, wenn bereits eine Rechtsprechung des Gerichtshofs besteht oder die korrekte
Anwendung zweifellos und offenkundig ist oder nicht entscheidungserheblich ist.

c) Nennen Sie eine Rechtssache, in der der EuGH die Grundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze
anerkannte! (1P)

Rs Internationale Handelsgesellschaft aus 1970

4. Frage (4P):
a) Beschreiben Sie in wenigen Worten den Ablauf des Vorabentscheidungsverfahren nach Art 267
AEUV! (2P)

Beim Vorabentscheidungsverfahren handelt es sich um ein Zwischenverfahren des nationalen


Gerichtsverfahrens. Nationale Gerichte können den EuGH um Anleitung ersuchen. Gegenstand ist
eine konkrete Frage des nationalen Gerichts betreffend die Auslegung und Gültigkeit von
Unionsrecht.

b) Wen bindet das in einem solchen Verfahren ergehende Urteil? (2P)

Das Vorabentscheidungsurteil des EuGHs ist ein verbindliches Gutachten zum Unionsrecht für das
vorlegende Gericht. Zunächst entfaltet das Urteil Verbindlichkeit für den konkreten Rechtsstreit,
darüber hinaus hat es faktisch erga omnes-Wirkung (gilt gegenüber allen in vergleichbaren Fällen).
Behörden und Gerichte der MS haben die Rsp. des EuGHs in Vorabentscheidungssachen daher als
Stand des Rechts zu beachten.

7 Pkt.
Worüber entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung? Unter welchen
Voraussetzungen gilt ein Gericht als zur Vorlage eines Vorabentscheidungersuchens berechtigt?

Das Vorabentscheidungsverfahren dient dem Individualschutz durch Sicherstellung einer richtigen


Anwendung von Unionsrecht in jedem, vor dem nationalen Gerichten behandelten, Einzelfall. Es
handelt sich dabei um ein Zwischenverfahren. Durch das Vorabentscheidungsverfahren haben
nationale Gericht die Möglichkeit und unter bestimmten Umständen die Pflicht, Auslegungs- oder
Gültigkeitsfragen dem EuGH vorzulegen. Funktion des Verfahrens ist es, sicherzustellen, dass das
Unionsrecht in allen MS einheitlich angewandt wird.
Voraussetzungen:
Nach Art 267 AEUV sind lediglich die mitgliedstaatlichen Gerichte zur Vorlage berechtigt. Der Begriff
des Gerichts ist unionsrechtlich auszulegen. Die MS können den Anwendungsbereich des Art 267
insofern nicht einseitig einschränken oder ausdehnen.
Nach der Rsp. des EuGHs liegt eine Gerichtseigenschaft unter folgenden Voraussetzungen vor:

1. der Spruchkörper muss eine ständige Einrichtung sein


2. die Tätigkeit muss auf gesetzlicher Grundlage beruhen
3. die Einrichtung muss unabhängig sein
4. es muss eine Zuständigkeit für eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter gegeben sein
5. es müssen transparente Verfahrensvorschriften gegeben sein

29
5. Das Schifffahrtunternehmen Hai und das Schifffahrtunternehmen Dolphin streiten um den
Vollzugeiner geschlossenen Vereinbarung bezüglich von der anteilsmäßigen Verteilung von durch die
Kommission zugewiesenen Zuschüssen. Zur Entscheidung über diesen Streit vereinbaren Hai und
Dolphin die Einsetzung eines Schiedsgerichts. Das Schiedsgericht stellt sich im Rahmen des Verfahrens
die Fragem wie eine einschlägige Gemeinschaftsverordnung auszulegen ist.

Sie möchte diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegen. Ist das möglich? Begründen Sie
Ihre Antwort ausführlich und nennen Sie die relevante Leitentscheidung. (6 Punkte)

Das Vorabentscheidungsersuchen muss beim EuGH eingebracht werden und von einem nationalen
Gericht i.S.d. Art 267 AEUV stammen:
1. Die Richter sind weisungsfrei und unabhängig.
2. Die Zuständigkeit des Gerichts ist gesetzlich vorgeschrieben.
3. Das Gericht ist auf Dauer eingerichtet.
4. Das Gericht hat nach Normen und nicht nach Billigkeit zu entscheiden.

Ein Schiedsgericht ist nicht gesetzlich zuständig. Daher erfüllt es nicht den unionsrechtlichen
Gerichtsbegriff. Deshalb kann es kein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH beantragen.

→ Grundlegende Rs. Vaassen-Göbbles von 1966.

6. Frage (7P):
Richter Gerhard Genau arbeitet in einem deutschen Gericht, dessen Entscheidungen mit keinem
Rechtsmittel mehr bekämpfbar sind. Eines Tages prüft er einen Sachverhalt, bei dem die von
Europäischem Parlament und Rat erlassene Verordnung (EU) Nr. 492/2011 anzuwenden ist. Richter
Genau hat Zweifel daran wie ein bestimmter Begriff dieser Verordnung korrekt auszulegen ist.

a) Wie hat er nun vorzugehen? (2P)

Durch das Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) hat Richter Genau die Möglichkeit oder
unter bestimmten Umständen die Pflicht, Auslegungs- oder Gültigkeitsfragen dem EuGH vorzulegen.

b) Bei Vorliegen welcher drei Voraussetzungen wäre er nach Rechtsprechung es Gerichtshof der
Europäischen Union nicht zu diesem Schritt verpflichtet? (3P)

Nicht verpflichtet wäre er, wenn bereits eine Rechtsprechung des Gerichtshofs besteht oder die
korrekte Anwendung zweifellos und offenkundig ist oder nicht entscheidungserheblich ist.

b) Wie lautet diese bekannte Leitentscheidung? (1P)

CILFIT-Doktrin

c) Würde sich etwas ändern, wenn der Richter in einem Gericht erster Instanz tätig wäre? (1P)

Ja, da nun keine Vorlagepflicht, sondern ein Vorlagerecht bestünde.

5. Frage (6P):
Herr Rasmussen wurde 2012 aus dem dänischen Bildungsministerium entlassen. Grundsätzlich hätte er
Anspruch auf eine Entlassungsabfindung gem. AngG Da er bei seinem Ausscheiden jedoch das 60.
Lebensjahr vollendet und Anspruch auf eine Altersrente hatte, wurde ihm mit Berufung auf eine sehr
weit gehaltene Ausnahmebestimmung des AngG die Entlassungsabfindung in den Unterinstanzen
verweigert. Der zuständige Berichterstatterer am dänischen OGH, Dr. Andersen, sieht eine Diskrepanz
mit RL 2000/78, die Vorbild für die Ausnahmebestimmung war. Er findet auch kein passendes EU-
Leiturteil.

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a) Wie könnte Dr. Andersen nachprüfen, ob der dänische Oberste Gerichtshof den EuGH anrufen muss?
Zu welchem Ergebnis wird Dr. Andersen kommen? Argumentieren Sie anhand einer Leitentscheidung!
(4P)

Durch das Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) gibt es die Möglichkeit oder unter
bestimmten Umständen die Pflicht, Auslegungs- oder Gültigkeitsfragen dem EuGH vorzulegen.

Der dänische OGH ist, da er ein letztinstanzliches Gericht ist, grundsätzlich zur Vorlage verpflichtet
(Art. 267 AEUV). Nach der CILFIT- Doktrin bestehen jedoch Ausnahmen. Nicht verpflichtet wäre er,
wenn bereits eine Rechtsprechung des Gerichtshofs besteht - sog acte eclaire-Doktrin -,
die korrekte Anwendung zweifellos und offenkundig ist - sog acte eclaire-Doktrin -
oder nicht entscheidungserheblich ist – wenn die Antwort auf diese Frage keinerlei Einfluss auf die
Entscheidung des Rechtsstreits haben kann.

Es besteht keine Leitentscheidung, die korrekte Anwendung ist zweifelhaft und das Ergebnis der
Vorabentscheidung könnte sich auf den Rechtsstreit auswirken. Somit besteht eine Vorlagepflicht.

b) Ein Richterkollege erzählt ihm, dass angesichts der weit gehaltenen Ausnahmebestimmung der
Schlüssel in der richtlinienkonformen Interpretation liegt. Dr. Andersen hat noch nie davon gehört. Was
wird im Rahmen der richtlinienkonformen Interpretation ausgelegt? Wo sind ihre Grenzen? (2P)

Jedes nationalen Gerichts, das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und
des Zwecks unionsrechtlicher Vorgaben auszulegen (unionsrechtskonforme Interpretation). Handelt
es sich um eine fehlerhaft umgesetzte RL, spricht man von richtlinienkonformer Interpretation. Die
methodische Grenz liegt, bei den Grenzen der Auslegung, die durch das nationale Recht festgesetzt
sind.

Binnenmarkt- und Wettbewerbsrecht


1. Grundfreiheiten
4. Frage (3P)

Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort.

Nur eine unterschiedslose Maßnahme kann auch mit geschriebenen Rechtfertigungsgründen


gerechtfertigt werden (1P)

Falsch. Jede Beschränkung kann mit geschriebenen und ungeschriebenen Rechtfertigungsgründen


gerechtfertigt werden.

Die Arbeitnehmer und Niederlassungsfreiheit werden gemeinsam als „Personenverkehrsfreiheit“


bezeichnet. (1P)

Richtig. Sie umfasst die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit.

Die Dienstleistungsfreiheit ist subsidiär zu den anderen Grundfreiheiten. (1P)

Falsch. Alle Grundfreiheiten sind subsidiär zu spezifischeren Sekundarrecht anzuwenden.

4. Was ist eine indirekte Diskriminierung? Kann sie gerechtfertigt werden? Wenn ja, wie? (3 Punkte)

31
Die indirekte Diskriminierung orientiert sich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern an einem
anderen Merkmal, das überwiegend nicht von Ausländern erfüllt wird (zB Sprache, Wohnsitz, Ort des
Bildungsabschlusses) – diese Merkmale führen zum selben Ergebnis wie direkte Diskriminierung.

Die Sachlichkeitsprüfung umfasst die Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung. Ein Eingriff


kann sachlich gerechtfertigt sein, wenn er auf objektiven Erwägungen beruht und in einem
angemessenen Verhältnis zum legitimen Zweck steht.

4. Frage (4P):

Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

• Die Grundfreiheiten stellen ein Instrument „positiver Harmonisierung“ dar. (1P)

Nein, sie sind Instrument der Negativintegration. Als Instrumente negativer Harmonisierung verbieten
sie Diskriminierungen sowie Beschränkungen.

• Sämtliche Grundfreiheiten beinhalten sowohl ein Diskriminierungs- als auch ein Beschränkungsverbot.
(1P)

Nein, das allg. Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV) ist ein reines Diskriminierungs- und kein
Beschränkungsverbot. Alle Grundfreiheiten verbieten direkte und indirekte Diskriminierungen.

• Die Europäische Zentralbank kann selbständig rechtsetzend tätig werden. (1P)


Ja. Sie ist ermächtigt, in drei von der Satzung des ESZB definierten Fällen, der Mindestreservepolitik,
der Organisation von Verrechnungs- und Zahlungssystemen und der Finanzaufsicht Verordnungen
erlassen

• Der Europäische Rechnungshof vollzieht die Materie Währungsunion. (1P)

Nein, er nimmt die Rechnungsprüfung der Union war (Art. 285 ff. AEUV).
4. Frage (4P):
Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind.
Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen.

• Bei einer indirekten Diskriminierung wird unmittelbar an ein verpöntes Unterscheidungsmerkmal


angeknüpft. (1P)

Richtig. Die indirekte Diskriminierung orientiert sich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern an
einem anderen Merkmal, das überwiegend nicht von Ausländern erfüllt wird (zB Sprache, Wohnsitz,
Ort des Bildungsabschlusses).

• Der Begriff „Maßnahme gleicher Wirkung“ iSd Art 34 AEUV wurde vom EuGH in der Rs Cassis de Dijon
definiert. (1P)
Falsch. Den Ausgangspunkt bildet das Urteil Dassonville aus 1974, welches alle Formen auch nur
potenzieller Beschränkungen miteinbezieht. Das Urteil Cassis aus 1979 präzisiert diese Definition.

• Art 34 AEUV ist unmittelbar wirksam. (1P)

Falsch. Gegenüber Privatpersonen wirkt diese Norm zwar nicht unmittelbar, allerdings mittelbar: In
Verbindung mit dem Loyalitätsgebot des Art. 4 Absatz 3 EUV verpflichten sie die Mitgliedstaaten dazu,
Beeinträchtigungen des freien Warenverkehrs seitens Privatpersonen zu beseitigen.

32
• Die Warenverkehrs- und die Niederlassungsfreiheit werden gemeinsam als
„Personenverkehrsfreiheiten“ bezeichnet. (1P)

Falsch. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit werden als


Personenverkehrsfreiheiten bezeichnet.

3. Frage (4P):

Grenzen Sie folgende Grundfreiheiten voneinander ab: Gehen Sie dabei auf das hierfür wesentliche
Unterscheidungsmerkmal ein!

a) Niederlassungsfreiheit – Dienstleistungsfreiheit (1P)

Als Niederlassung gilt jeder permanente Präsenz vor Ort mit fixer Einrichtung. – Entgeltliche
Leistungen mit fehlender Permanenz der Präsenz und Fehlen einer Einigung im Zielland (eine
Auffangfreiheit).
- Abgrenzungskriterium zur Niederlassungsfreiheit ist die fehlende Permanenz der Präsenz bzw fixer
Einrichtung(en) im Zielland.

b) Arbeitnehmerfreizügigkeit – Niederlassungsfreiheit (1P)

Unmittelbare personenbezogene Freizügigkeit i.e.S. – Freizügigkeit i.w.S. für Unternehmen und


Selbstständige.

c) Warenverkehrsfreiheit – Dienstleistungsfreiheit (2P)


Der sachliche Schutzbereich umfasst die grenzüberschreitende Warenverbringung als geschützte
Verhaltensweise. – Geschützte Verhaltensweise ist das Anbieten oder Empfangen einer
Dienstleistung.

4. Frage (6P):
a) Welche Grundfreiheit knüpft an den Begriff der „Ware“ an? Wo ist diese normiert? Wie definiert der
EuGH diesen Begriff (2P)?

Die Warenverkehrsfreiheit, deren Rechtsgrundlage ist Art. 34 AEUV bildet. Ware ist im Sinne von Art.
34 AEUV jeder Gegenstand mit Geldwert. Der Warenbegriff umfasst körperliche und unkörperliche
Gegenstände.

b) Können indirekt diskriminierende staatliche Maßnahmen gerechtfertigt werden? Nehmen Sie dazu
Stellung! (2P)

Nein. Für das Diskriminierungsverbot ist es unbeachtlich, ob eine Norm die Staatsangehörigkeit als
Kriterium der Ungleichbehandlung nennt – direkte Diskriminierung – oder die Norm lediglich andere
Kriterien, die zum gleichen Ergebnis führen, nennt – indirekte Diskriminierung. In beiden Fällen würde
es zum selben diskriminierenden Ergebnis führen. Bsp. „Kein Verkauf von französischem Käse“ hat die
selbe Auswirkung wie „kein Verkauf von Käse ohne heimisches Produktionsgütesiegel“.

c) Wie legt der EuGH den Begriff der „Maßnahme gleicher Wirkung“ aus? (1P)

Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen sind alle Formen nur potentieller
Beschränkung, ausgenommen Verkaufsmodalitäten (faktisch unterschiedslos wirkende und keine
Veränderung am Produkt selbst erfordernde Vertriebsregelungen).

d) Nennen Sie für diese Grundfreiheit eine bekannte Leitentscheidung! (1P)

33
Das Urteil Dassonville aus 1974 / Cassis aus 1979/ Keck aus 1993/ Doc Morris aus 2003.

3. Frage (6P):
a) Wie definiert der EuGH einen Arbeitnehmer im Sinne der Arbeitnehmerfreizügigkeit? Wo ist diese
Grundfreiheit vertraglich normiert (2P)?

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist in den Art. 45ff. AEUV geregelt. Sekundärrechtlich findet man
Detailregelungen in der UnionsbürgerRL, KoordinierungsVO und FreizügigkeitsVO und ev. auch die
BerufsqualifikationsRL.
Der Arbeitnehmerbegriff umfasst i.W. weisungsgebundene Tätigkeiten gegen Entgelt.

b) Umfasst die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch eine Bereichsausnahme? Was bedeutet das? Erläutern
Sie! (2P)

Ja. Es besteht nach Art. 45 Abs. 4 AEUV eine Bereichsausnahme für den öffentlichen Dienst. Der
Zugang zu Tätigkeiten, die zwangsläufig mit der Ausübung von Hoheitsgewalt verbunden sind, kann
daher eigenen Staatsangehörigen vorbehalten werden. Der Begriff des öffentlichen Diensts ist daher
eng gefasst.

c) In welcher Rechtssache wurde die Arbeitnehmerfreizügigkeit zu einem Beschränkungsverbot


entwickelt? (1P)

Das Urteil de Groot aus 2002.

d) Grenzen Sie die Arbeitnehmerfreizügigkeit, von der Niederlassungsfreiheit ab! (1P)

Der Sachliche Schutzbereich knüpft bei der Niederlassungsfreiheit an der grenzüberschreitenden


Niederlassung (permanente Präsenz vor Ort mit fixer Einrichtung) eines Unternehmens an. Bei der
Arbeitnehmerfreizügigkeit umfasst er die Aufnahme & Ausübung unselbständiger
grenzüberschreitenden Beschäftigung.

5. Frage (7P):

Die slowakische Rechtsanwältin Natália Nováková hat schon ihr ganzes Leben lang davon geträumt
einmal im Süden, in einer Stadt am Meer, zu leben. Sie beschließt diesen Schritt nun endlich zu wagen
und möchte in Malta ein neues Leben starten und in Valletta eine eigene Kanzlei eröffnen. Von der
maltesischen Rechtsanwaltskammer wird ihr jedoch mitgeteilt, dass nur maltesische Staatsangehörige
in Malta eine Kanzlei betreiben dürfen. Natália Nováková vermutet, dass dies gegen Unionsrecht
verstößt. Hat sie Recht? Welche Grundfreiheit könnte hier betroffen sein? Welche Anhaltspunkte gibt
es dafür im Sachverhalt? Wo ist diese Grundfreiheit vertraglich normiert? Liegt im konkreten Fall
tatsächlich ein Verstoß gegen diese Grundfreiheit vor?

Argumentieren Sie!

5. Frage (7P):
Der deutsche Rechtsanwalt Horst Hitzkopf möchte mit seiner Frau nach Italien auswandern und in
Florenz eine Kanzlei eröffnen. Die italienische Rechtsanwaltskammer informiert ihn jedoch darüber,
dass nur italienische Staatsbürger in Italien eine Kanzlei betreiben dürfen. Horst ist empört. Er ist der
Ansicht, dass es in einem Europa ohne Grenzen ohne Weiteres möglich sein müsste, sich in einem
anderen Mitgliedstaat als Rechtsanwalt niederzulassen.

a) Welche Grundfreiheit könnte hier betroffen sein? Welche Anhaltspunkte gibt der Sachverhalt dafür?
Wo ist diese Grundfreiheit vertraglich normiert? (3P)

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Die Niederlassungsfreiheit welche in Art. 49 AEUV geregelt ist.
Anhaltspunkte: Die Kanzlei stellt eine Niederlassung dar und die selbstständige Tätigkeit als Anwalt gilt
im Unionsrecht als Unternehmen (wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit).

b) Liegt hier tatsächlich ein Verstoß gegen diese Grundfreiheit vor? Argumentieren Sie anhand des
Prüfungsschemas! (4P)

Persönlicher Schutzbereich: Berechtigt werden Staatsangehörige der MS und der deutsche


Rechtsanwalt ist ein deutscher Staatsangehöriger.

Sachlicher Schutzbereich: Der sachliche Schutzbereich umfasst Aufnahme und Ausübung


wirtschaftlicher Tätigkeit durch ein Unternehmen, sofern ein grenzüberschreitender Kontext (d.h.
eine Niederlassung in einem anderen MS) gegeben ist. All diese Voraussetzungen sind gegeben.
Grenzüberschreitend, da mehrere MS betroffen sind – Italien, Deutschland. Als Niederlassung gilt
jede permanente Präsenz vor Ort mit fixer Einrichtung, was durch die Kanzlei gegeben wäre.

Jedoch besteht eine Bereichsausnahme gem. Art. 51 AEUV im Bereich der Ausübung hoheitlicher
Gewalt.

Eingriff: Es erfolgt, durch das Totalverbot der Betreibung einer Kanzlei, ein Eingriff in das Gebot der
Gleichbehandlung von in- und ausländischen Niederlassungswilliger - Diskriminierung.

Rechtfertigungsgründe (u.a. Schutz der öffentlichen Ordnung, Sicherheit, Gesundheit) liegen keine
vor.

Es liegt somit tatsächlich ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor.

5. Frage (7P):
Der Niederländer Aron Anker möchte in Deutschland das sogenannte „Seemännische Patent“
erwerben, um als Kapitän auf einem deutschen Seefischereischiff arbeiten zu können. Die Kapitäne
tragen für ihre Besatzung Verantwortung, sind aber von der Reederei angestellt, deren Anordnungen
sie auch nachkommen müssen. Die zuständige deutsche Behörde teilt Herrn Anker mit, dass nur
deutsche Staatsbürger Inhaber eines seemännischen Patents und Kapitän eines deutschen
Seefischereischiffes sein können. Da die Kapitäne bei Gefahr an Bord vorübergehende Festnahmen
vornehmen können, sei ihre Tätigkeit mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt verbunden. Diese soll
jedoch ausschließlich eigenen Staatsangehörigen vorbehalten bleiben.
a) Welche Grundfreiheit könnte betroffen sein? Wo ist diese normiert? Welche Anhaltspunkte finden
sich dafür im Sachverhalt? (3P)
Die Arbeitnehmerfreiheit, welche in Art. 45ff AEUV gewährleistet wird. Es besteht ein
grenzüberschreitender Kontext Aron Anker ist Staatsangehöriger eines MS. Geschützt werden
Arbeitnehmer (=weisungsgebundene Tätigkeiten gegen Entgelt) – Aron Anker wäre von der Reederei
angestellt und weisungsgebunden.

b) Liegt im konkreten Fall ein Verstoß gegen diese Grundfreiheit vor? (4P)

Unter den persönlichen Schutzbereich fallen Staatsangehörige der MS. Die geschützte
Verhaltensweise umfasst im Kern, die Aufnahme und Ausübung unselbstständiger Beschäftigung.
Jedoch besteht eine Bereichsausnahme gem. Art. 45 Abs. 4 im Bereich der Ausübung hoheitlicher
Gewalt. Da die Arbeit mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt verbunden ist, liegt in diesem Fall kein
Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreiheit vor.

35
6. Frage (7P): Im Zuge der Wirtschaftskrise verliert die griechische Staatsangehörige Daphne D. ihren
Arbeitsplatz. Angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Lage in ihrem Heimatstaat beschließt sie,
ihr Glück in einem anderen Mitgliedsstaat zu versuchen. Frau D. zieht nach Österreich und bewirbt sich
beim Unternehmen Mirsanmir, das lokale österreichische Spezialitäten vertreibt, um eine Stelle als
Verkäuferin. Statt einer Einladung zu einem Bewerbungsgespräch erhält sie jedoch ein Schreiben,
indem ihr mitgeteilt wird, dass das Unternehmen nur österreichische Staatsangehörige einstellen
würde. Es sei Teil der Unternehmensphilosophie, heimische Produkte von Einheimischen verkaufen zu
lassen.
a) Welche Grundfreiheit könnte hier betroffen sein? Nennen Sie die entsprechende vertragliche
Rechtsgrundlage! (1P)

Die Arbeitnehmerfreiheit, welche in Art. 45ff AEUV gewährleistet wird.

b) Was verbietet diese Bestimmung? (1P)

c) Wie sehen Sie im konkreten Fall die Rechtslage? Liegt hier ein Verstoß gegen Unionsrecht vor?
Argumentieren Sie! (5P)

5. Frage (7P):
Robert Recht ist ein urlaubsreifer österreichischer Anwalt, der in Wien in einer Großkanzlei als
angestellter Rechtsanwalt tätig ist. In seinem Sommerurlaub auf Madeira lernt er eine Portugiesin
kennen, in die er sich Hals über Kopf verliebt. Robert beschließt, Wien hinter sich zu lassen und mit ihr
ein neues gemeinsames Leben in Portugal zu beginnen. In Lissabon möchte er eine eigene Kanzlei
eröffnen. Als er sich bei der portugiesischen Rechtsanwaltskammer nach den erforderlichen Schritten
erkundigt, wird ihm jedoch mitgeteilt, dass in Portugal ausschließlich portugiesische Staatsbürger eine
Kanzlei betreiben dürfen.

a) Welche Grundfreiheit könnte hier betroffen sein? Was besagt diese? Wo ist sie normiert? Begründen
Sie Ihre Antwort anhand des Sachverhalts. (3P)

Die Niederlassungsfreiheit welche in Art. 49 AEUV geregelt ist.


Anhaltspunkte: Die Kanzlei stellt eine Niederlassung dar und die selbstständige Tätigkeit als Anwalt gilt
im Unionsrecht als Unternehmen (wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit).

b) Liegt im konkreten Fall ein Verstoß gegen diese Grundfreiheit vor? Argumentieren Sie anhand des
Prüfungsschemas! (4P)
Der persönliche Schutzbereich umfasst Staatsangehörige der MS – der Anwalt ist Staatsangehöriger
eines MS. Der sachliche Schutzbereich umfasst grenzüberschreitende Niederlassungen – der Anwalt
wird an der Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit gehindert. Von der Bereichsausnahme für
hoheitliche Tätigkeiten ist er nicht umfasst.
Eingriff: Es erfolgt, durch das Totalverbot der Betreibung einer Kanzlei, ein Eingriff in das Gebot der
Gleichbehandlung von in- und ausländischen Niederlassungswilliger - Diskriminierung.
Rechtfertigungsgründe (u.a. Schutz der öffentlichen Ordnung, Sicherheit, Gesundheit) liegen keine
vor.

Es liegt somit ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor.

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1. Erklären Sie den Begriff des "Arbeitnehmers" im Zusammenhang mit der Freizügigkeit der
Arbeitnehmer (Art. 45 AEUV). Wer ist davon erfasst? (3 Punkte)

Der Arbeitnehmerbegriff umfasst weisungsgebundene Tätigkeiten gegen Entgelt. Dazu zählen nicht
erstmals Arbeitssuchende oder Personen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, diese haben
jedoch aufgrund von Sekundärrechts best. Gleichbehandlungsrechte.
(Die geschützte Verhaltensweise umfasst die Aufnahme und Ausübung unselbstständiger
Beschäftigung und es muss ein grenzüberschreitender Kontext gegeben sein. Die Bereichsausnahme
umfasst Tätigkeiten die zwangsweise mit der Ausübung von hoheitlicher Gewalt verbunden sind.)
Erfasst sind Staatsangehörige der MS und gleichgestellte Personen.

5. Frage (7P):
Die Französin Fiona Fleur hat in Saarbrücken studiert und dort die Lehramtsprüfung für Gymnasien
abgelegt. Da sie gerne in Deutschland bleiben und als Lehrerin tätig sein möchte, beantragt sie dort die
Zulassung zum Vorbereitungsdienst. Dieser muss absolviert werden, um den Lehrerberuf in
Deutschland ausüben zu dürfen. Für die Zeit des Vorbereitungsdienstes besteht ein Beamtenverhältnis.
Die Praktikanten werden bezahlt und müssen in einer Schule auch selbst Unterricht halten. Fiona Fleur
ist enttäuscht, als sie erfährt, dass ihr die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt aufgrund
ihrer französischen Staatsbürgerschaft verweigert wird. Der zuständige Beamte erklärt ihr, dass es sich
bei dem Vorbereitungsdienst um eine hoheitliche Tätigkeit handle und deshalb nur deutsche
Staatsbürger zugelassen werden können.

a) Welche Grundfreiheit könnte hier betroffen sein? Wo ist diese normiert? (1P)

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist in den Art. 45ff. AEUV geregelt. Sekundärrechtlich findet man
Detailregelungen in der UnionsbürgerRL, KoordinierungsVO und FreizügigkeitsVO und ev. auch die
BerufsqualifikationsRL.
b) Liegt im konkreten Fall ein Verstoß gegen diese Grundfreiheit vor? Argumentieren Sie anhand des
Prüfungsschemas und gehen Sie dabei auch auf die Aussage des Beamten ein! (6P)

Persönlicher Schutzbereich: Die Bestimmungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit des Art 45 AEUV sind
unmittelbar anwendbar, denn sich Fiona kann sich als Staatsbürgerin eines Mitgliedstaates direkt auf
sie berufen.

Sachlicher Schutzbereich: Fiona ist Arbeitnehmerin iSd Art 45 AEUV. Der Arbeitnehmerbegriff umfasst
i.W. weisungsgebundene Tätigkeiten gegen Entgelt mit grenzüberschreitendem Bezug. Geschützt sind
Aufnahme & Ausübung der unselbstständigen Beschäftigung.
Der Beamte beruft sich darauf, dass die Stelle als Praktikantin mit der Ausübung hoheitlicher
Befugnisse verbunden ist.
Nach Art. 45 Abs. 4 AEUV besteht eine Bereichsausnahme für den öffentlichen Dienst. Der Zugang zu
Tätigkeiten, die zwangsläufig mit der Ausübung von Hoheitsgewalt verbunden sind, kann daher
eigenen Staatsangehörigen vorbehalten werden. Jedoch wird dabei nicht der Vorbereitungsdienst für
das Lehramt umfasst; der Begriff des öffentlichen Diensts ist eng gefasst.

Eingriff: Es erfolgt, durch die Verweigerung des Vorbereitungsdienst, ein Eingriff in das Gebot der
Gleichbehandlung von in- und ausländischen Arbeitswilliger - Diskriminierung. Rechtfertigungsgründe
(u.a. Schutz der öffentlichen Ordnung, Sicherheit, Gesundheit Art 45 Abs 3 AEU oder zwingendes
Erfordernis des Allgemeininteresses) liegen keine vor.

Es liegt somit ein Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit vor.

37
5. Frage (7P): Angelika Maier betreibt eine Apotheke im Burgenland. Um ihren Umsatz zu steigern,
möchte sie ihre Medikamente in Zukunft auch über einen Onlinehandel unter anderem in Ungarn
anbieten. Die ungarischen Behörden untersagen Frau Maier allerdings den Vertrieb ihrer Produkte, da
der Onlinehandel mit Medikamenten in Ungarn allgemein verboten ist.

a) Welche Grundfreiheit könnte hier betroffen sein?

Die Warenverkehrsfreiheit Art 34 AEUV, die Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher
Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verbietet.

b) Ist Art 34 AEUV hier einschlägig? Begründen Sie unter Heranziehung eines Grundsatzurteils des
EuGH! (2P)

35 AEUV verbietet jedoch auch Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten. (Als
Maßnahme gleicher Wirkung gilt jede Handelsregelung der MS, die den Handel innerhalb der Union
unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu beeinträchtigen könnte (Rs Dassonville).)

Der Ausschluss des Vertriebswegs über das Internet ist, auch dann, wenn diese Vorschriften
ausländische und inländische Waren betreffen, unzulässig (Rs DocMorris). Das Verbot des Verkaufs
von Medikamenten über das Internet, trifft ausländische Unternehmen stärker, als ansässige
inländische Unternehmen (sie können die Waren direkt in ihren Standorten verkaufen).

c) Handelt es sich hierbei um eine Diskriminierung? Begründen Sie! (1P)

Nein, hier handelt es sich um eine Beschränkung, denn die Norm behindert eine Grundfreiheit,
obwohl Aus- und Inländer gleichermaßen betroffen sind.

d) Wie wird Ungarn das Verbot des Onlinehandels argumentieren? Erläutern Sie die verschiedenen
Möglichkeiten unter Heranziehung von Vertragsbestimmungen, wenn notwendig! (3P)

Der Onlineverkauf von Medikamenten ist aufgrund der Sicherstellung der Gesundheit und somit dem
Schutz der Bevölkerung verboten, denn über Online-Apotheken kann die Beratung durch einen
Apotheker nicht sichergestellt werden. Außerdem gilt das verbot für ausländische und inländische
Apotheken gleichermaßen und benachteiligt nicht ausländische Apotheken spezifisch.
Verhältnismäßig ist der Schutz der Bevölkerung als Rechtfertigungsgrund angesehen werden. Weiters
können auch inländische Apotheken durch den Standort und somit einer Räumliche Distanz zum
Kunden schlechter gestellt sein als andere inländische Apotheken.

5. Frage (6P):
In Belgien ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Margarine nur in Form von Würfeln mit einem
Nettogewicht von 250g oder 500g eingeführt werden darf. Der französische Unternehmer Bruno Beurre
produziert bereits seit Jahrzehnten Margarine, die in Schalenbechern verpackt ist. Er möchte nun auch
nach Belgien liefern. Ihm wird jedoch mitgeteilt, dass er in Belgien seine Produkte aufgrund der
gesetzlichen Bestimmungen nicht einführen darf. Liegt ein Verstoß gegen Unionsrecht vor?
Argumentieren Sie anhand einer Leitentscheidung!

Die Rs Cassis de Dijon stellt fest, dass Waren, in einen MS eigeführt werden dürfen, wenn sie im
Ursprungsland erlaubterweise auf den Markt gebracht werden dürfen (Ursprungslangprinzip). Die
Einfuhrbeschränkung der Margarine, welcher durch den Zwang zur Formänderung dieser bei
Grenzüberschreitung führt, verletzt das Ursprungslandprinzip.

Rechtfertigungsgründe für die Beschränkung, wie zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses


oder die in Art. 36 AEUV genannten Gründe, ergeben sich keine.

38
Es liegt somit ein Verstoß gegen Warenverkehrsfreiheit Art 34 AEUV, die Einfuhrbeschränkungen
sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verbietet.

2. Wettbewerbsrecht

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