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VL1:

Staatsbegriff: Dreielementelehre
Staat besteht aus:
Volk, Land und Verbindungszweck (Dubs)
ursprünglicher Herrschermacht ausgestattete Gebietskörperschaft (Jellinek)
Allgemein:
-Staatsvolk
(polit. Begriff: Nation, Rasse, Klasse)
(juristischer Begriff: Aktivbürger, Staatsangehörige, Wohnbevölkerung)
-Staatsgebiet
Räumlich abgegrenztes Territorium, über welches der Staat öffentlich-rechtliche Herrschaft
ausübt (Gebietshoheit). Hier ist der Staat zuständig, hoheitlich tätig zu werden
(Territorialitätsprinzip)
Von Gebietshoheit (imperium) ist privatrechtliches Eigentum zu unterscheiden (dominium)
-Staatsgewalt
Bei Staatsgewalt sind unterschiedliche Definitionen vorhanden:
Souveränität: höchste uneingeschränkte letztentscheidungsmacht (Bodin, Hobbes)
→ Äussere Souveränität: Unabhängigkeit und Gleichheit gegenüber anderen Staaten
→ Innere Souveränität: Oberste Innerstaatliche Gewalt
Selbstherrschaft: originäre nicht weiter abgeleitete Herrschermacht (historisch) (Jellinek,
Fleiner)
Legitime Herrschaft: Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit (Weber)
Legale Herrschaft: In Rechtsnorm gefasste Macht (Kelsen)
VL2:
Verfassung: zentrales Rechtsdokument oder zentraler Rechtsbestand (Grundgesetz) eines
Gemeinwesens, in welchem Grundlegende Normen für Ausübung der Staatsgewalt
zusammengefasst sind.
→ im formellen Sinn: Gesamtheit aller Normen die in Verfassungsurkunde verankert sind
→ im materiellen Sinn: Gesamtheit aller wichtigen Normen bzgl. Verhältnis Staat-Individuum

Verfassungsfunktionen:
- Ordnungs- Organisationsfunktion (Kreationsnormen Kompetenznormen,
Verfahrensnormen, Gewährleistungsnormen)
-Machtbegrenzungs- Freiheitsgewährleistungsfunktion (Verfassungsprinzipien,
Grundrechtsnormen)
-Gestaltungs- Steuerungsfunktion (Zielnormen, Aufgabennormen)
-Legitimations- Integrationsfunktion (Anrufung Gottes, Nationale Symbolik, Verfassung als
Anlass des Nationalfeiertages)

Verfassungsgebung und Änderung


Sicherung der Verfassung
VL3:
Recht: Summe der Normen welche äusseres Verhalten von Menschen regeln und mit
staatlichem Zwang durchsetzbar sind.
Gerechtigkeit ist Teil des Rechts: Verhältnismässigkeit (Art. 5, 2 BV), Menschenwürde (Art.7
BV), Willkürverbot (Art. 9 BV), Anspruch auf gerechtes Verfahren (Art. 29,1 BV)
Normenhierarchie:

Normen können besondere Stellung in Verfassung haben wie z.B. Ewigkeitsklausel


(Änderung der Norm führt zu verfassungswidrigem Verfassungsrecht) oder preferred
position doctrine (bestimmte Grundrechtsgarantien geniessen besonderen Schutz →
hierarchisierung innerhalb der Verfassung)

Jüngerere Norm geht älteren Norm vor (lex posterior derogat legi priori)
Besondere Norm geht der allgemeinen Norm vor (lex specialis derogat legi generali)
Bundesrecht bricht kantonales Recht (derogatorische Kraft des Bundesrechts)
→ dementsprechend bricht Kantonales Recht kommunales Recht

Völkerrecht: Summe der Normen (Gebote, Verbote), welche die Beziehungen unter den
Staaten regelt
→In der Regel kein zentrales Rechtsetzungsorgan; Erzeugung durch (einstimmigen)
Vertragsschluss
→ keine zentrale staatliche Durchsetzung
→ nur bedingt hierarchische Gliederung
Quellen: völkerrechtliche Verträge
Unterscheidung zwischen Monismus und Dualismus:
Monismus: Völkerrecht ist «self excecuting» wird somit automatisch umgesetzt (mit
Ausnahmen)
Dualiismus: Völkerrecht muss in nationales Recht transformiert werden

Grundsätzlich hat Völkerrecht Vorrang vor Bundesrecht, jedoch kein absoluter Vorrang.
Unbestritten ist jedoch sein Vorrang vor kantonalem und kommunalem Recht sowie den
Verordnungen des Bundes.
Zwingendes Völkerrecht (Genozid-, Sklaverei-, Folterverbot etc.) hat stets Vorrang
gegenüber Bundesverfassung

Bei einfachem Völkerrecht können Konflikte mit BV entstehen. Dabei gibt es zwei
Rechtssprechungslinien:
• sog. «Schubert-Praxis»: Bundesgesetzliche Norm geht im Konfliktfall vor, wenn der
Gesetzgeber einen allfälligen Konflikt mit dem Völkerrecht bewusst in Kauf
genommen hat.
• sog. «PKK-Praxis»: Völkerrecht geht im Konfliktfall dem Landesrecht «prinzipiell»
vor, insbesondere dann, wenn die völkerrechtliche Norm «dem Schutz der
Menschenrechte dient».
Neue Entscheidungen folgen mehrheitlich der PKK-Praxis
VL 4:
Rechtsstaatsprinzip:
Das Rechtsstaatsprinzip basiert auf
-Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV & Art. 4 BV)
-Gewaltengliederung
-Rechtsschutz durch unabhängige Justiz
-Verfahrensgrundrechte (Art 29-32 BV)

Legalitätsprinzip:
1. Erfordernis des Rechtssatzes: generell-abstrakte Normen →Rechtsgleichheit
2. Erfordernis der genügenden Normstufe: wichtiges gehört ins Gesetz im formellen
Sinn→ Demokratie
3. Erfordernis der genügenden Normdichte oder bestimmtheit: Normen müssen so
bestimt sein, dass Einzelne ihr Verhalten danach richten können → Rechtssicherheit
4. Erfordernis der genügenden Kundmachung: Normen müssen ordnungsgemäss
publiziert werden → Rechtssicherheit
Gewaltengliederung:

Rechtsschutz durch unabhängige Justiz:


Justiz als staatl. Organ zur Kontrolle staatl. Machtausübung
→ Unabhängigkeit gegenüber andern Staatsorganen
→Verfassungsgerichtsbarkeit
→Verwaltungsgerichtsbarkeit

Verfahrensgrundrechte:

Werden Verfahrensgarantien verletzt, so kann ein Urteil besagen, dass ein Entscheid
aufgehoben wird auch wenn er inhantlich richtig ist. → Verfahren muss rechtliches gehör
bewahren. (29, 2 BV) Weitere Beispiele sind z.B Befangenheit von Richtern (30BV)
VL5:
Föderalismus: Bund, Bündnis, Vertrag
→Idee des Föderalismus: Schutz der kulturellen Vielfalt, Schutz der politischen Vielfalt,
Gewaltengliederung, Minderheitenschutz, Subsidiaritätsprinzip (bottom up), Effizienz- und
Effektivitätsüberlegungen (untersch. Regionale Bedürfnisse)

VL6:
Kompetenzverteilung Bund/Kantone:
«Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung
beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind.» (Art. 3 BV)

→Bedeutung Art. 3 BV:


1. Verfassungsvorbehalt zulasten des Bundes: Bund ist nur zuständig, soweit eine konkrete
Einzelermächtigung in der Bundesverfassung vorliegt (vgl. auch Art. 42 Abs. 1 BV).
2. Kompetenzhoheit des Bundes («Kompetenzkompetenz»): Der Bund bestimmt selber,
welche Kompetenzen er in der BV verankert.
3. Subsidiäre Generalkompetenz der Kantone: Alle Aufgaben, die nicht Kraft BV dem Bund
zugewiesen sind, verbleiben den Kantonen.
aber: Vorbehalte kantonaler Kompetenzen in BV:
• unechte oder deklaratorische Vorbehalte: dienen der Klarstellung, begründen aber keine
neue kantonale Kompetenz (Beispiel: kantonale Schulhoheit; Art. 62 Abs. 1 BV)
• echte oder konstitutive Vorbehalte: begründen kantonale Kompetenz in einem Bereich, in
dem grundsätzlich der Bund zuständig ist (Beispiel: Vertragsschlusskompetenz der Kantone;
Art. 56 Abs. 1 BV)

Es wird unterschieden zwischen Verbandskompetenzen und Organkompetenzen:


Verbandskompetenzen: Zuständigkeit von Bund oder Kantonen?
Organkompetenzen: welche Bundesbehörde ist zuständig?
Bundeskompetenzen (Umfang):
-Umfassende Rechtssetzungskompetenz (z.B. Zivil-/Strafrecht)
-Fragmentarische Rechtsetzungskompetenz (z.B Gesundheitswesen)
-Grundsatz- oder Rahmenrechtsetzungskompetenz (z.B. Raumplanung)
-Förderungs- oder Unterstützungskompetenz (z.B. Wohnbau- Wohneigentumsförderung)

Bundeskompetenzen (Wirkung):

Bundeskompetenzen (Staatsfunktion):
Qualifikation von Bundeskompetenzen:

Gewährleistung bundesstaatlicher Ordnung:


VL7:
Grundzüge des Regierungssystems des Bundes (Merkmale):
-keine für parmalentarische systeme typische Einrichtungen wie Misstrauensantrag,
Vertrauensabstimmung, Regierungssturz, Parlamentsauflösung
-kein Regierungschef/kein monokratisches Staatsoberhaupt → Regierungskollegium
-Stark ausgebaute Einrichtungen direkter Demokratie
-Vergleichsweise geringe praktisch-politische Auswirkungen der Parlamentswahlen
-Proporz- & Konkordanzdenken

Politische Rechte:
-aktives und passives Wahlrecht
-Recht an Abstimmungen teilzunehmen
-Recht Volksinitiativen und Referenden zu ergreifen und unterzeichnen
→ Mitwirkung der Aktivbürgerschaft an der staatlichen Willensbildung

Politische Rechte (Rechtsnatur):


1. Verfassungsmässiges Recht/Grundrecht
2. Staatliche Funktion
→ sog. «dualistische Rechtsnatur» der politischen Rechte

Volksrechte:
-uneinheitlicher Sprachgebrauch, jedoch meistens gemeint: Direktdemokratische Rechte als
Teil der politischen Rechte

Polit. Rechte im Bund:


Art. 136, 2 BV: Sie [= die Stimmberechtigten] können an den Nationalratswahlen und an den
Abstimmungen des Bundes teilnehmen sowie Volksinitiativen und Referenden in
Bundesangelegenheiten ergreifen und unterzeichnen.
Art. 149, 2 und 3 BV: Die Abgeordneten werden vom Volk in direkter Wahl nach dem
Grundsatz des Proporzes bestimmt. Alle vier Jahre findet eine Gesamterneuerung statt.
Jeder Kanton bildet einen Wahlkreis.
Volksrechte:
-Volksinitiative: Recht auf Volksinitiative auf Total- oder Teilrevision der Bundesverfassung
(138 &139 BV) auf Basis von Art 192 ff. (Grundsatz der Verfasungsrevision)
Volksinitative auf Teilrevision Ablauf:

Gültigkeitsvoraussetzungen Volksinitiative:
1. Einheit der Form → allgemeiner Entwurf oder allgemeine Anregung
2. Einheit der Materie → sachlicher Zusammenhang zwischen einzelnen Teilen:
einheitliche Thematik oder dasselbe Ziel verfolgen oder in Zweck-Mittel-Verhältnis
stehen
3. Keine Verletzung zwindenger Bestimmungen des Völkerrechts → Beachtung von ius
cogens; Völkerrechtliche Norm, die wegen ihrer grundlegenden Bedeutung von der
internationalen Staatengemeinschaft als eine Norm anerkannt wird, von der nicht
abgewichen werden darf und die nur durch eine spätere Norm derselben
Rechtsnatur geändert werden kann

4. (Faktische Durchführbarkeit)→ keine offensichtliche faktische Unmöglichkeit→


ungeschriebene Schranke der Verfassungsrevision

-Referendum:

-obligatorisches Referendum: Verfassungsreferendum und Staatsvertragsreferendum


-Obligatorisches Verfassungsreferendum: Jede Änderung der Bundesverfassung ist Volk und
Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten (Art. 140 Abs. 1 Bst. a BV)
-Obligatorisches Staatsvertragsreferendum: Der Beitritt zu Organisationen für kollektive
Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften ist Volk und Ständen zur Abstimmung zu
unterbreiten (Art. 140 Abs. 1 Bst. b BV).
→Diese Vorlagen sind angenommen, wenn sich sowohl die Mehrheit der Stimmenden
(Volksmehr) als auch die Mehrheit der Kantone (Ständemehr) dafür aussprechen (Art. 142
Abs. 2 BV).
-Das Ergebnis der Volksabstimmung im jeweiligen Kanton gilt als Standesstimme dieses
Kantons (Art. 142 Abs. 3 BV).
− OW, NW, BS, BL, AR und AI haben je eine halbe Standesstimme (Art. 142 Abs. 4 BV).

-fakultatives Referendum: Gesetzes-, Beschlusses- und Staatsvertragsreferendum


→50 000 Stimmberechtigte oder acht Kantone können innerhalb von 100 Tagen seit der
amtlichen Veröffentlichung des Erlasses verlangen, dass Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse
und bestimmte völkerrechtliche Verträge dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden (Art.
141 Abs. 1 BV).
→ Dies führt zu Einbindung aller referendumsfähiger politischen Gruppen in das
Gesetzgebungsverfahren und somit zu «referendumssicheren» Vorlagen
VL 8:

Grundrechte:
– Grundrechte sind die in der Verfassung und in internationalen
Menschenrechtskonventionen (d.h. im Völkerrecht) gewährleisteten grundlegenden Rechte
der Einzelnen gegenüber dem Staat.

−Grundrechte sind verfassungsmässige Rechte, d.h. Normen, die den Einzelnen einen
individuellen Rechtsanspruch verleihen.

-Menschenrechte sind Grundrechte, die jeder natürlichen Person aufgrund ihres


Menschseins zustehen.(→ Bezugnahme auf die Trägerschaft der Grundrechte)

– Menschenrechte sind Grundrechte, die unabhängig von der positiven Rechtsordnung


aufgrund des Naturrechts gelten. (→ Bezugnahme auf den Geltungsgrund der Grundrechte)

Arten von Grundrechten:

-Freiheitsrechte: verfassungs- und völkerrechtlich gewährleisteten Rechte der Einzelnen


gegenüber dem Staat auf Schutz vor Eingriffen in eine bestimmte Freiheitssphäre.
→unmittelbar anwendbare verfassungsmässige Rechte
-Rechtsgleichheit und weitere rechtsstaatliche Garantien:
− Rechtsgleichheit und Diskriminierungsverbot (Art. 8 BV)
− Willkürverbot sowie Wahrung von Treu und Glauben
(Art. 9 BV)
− Verfahrensgrundrechte (Art. 29 ff. BV
-Soziale Grundrechte: sichern den Einzelnen einen Minimalbestand an grundrechtlich
einklagbarer Sicherheit und Solidarität. Sie verpflichten den Staat, die elementaren
menschlichen Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Obdach und medizinische Versorgung
sicherzustellen.
-Politische Rechte:
→ Recht, an Wahlen teilzunehmen, d.h. zu wählen und
sich wählen zu lassen (= aktives und passives Wahlrecht)
→ Recht, an Abstimmungen teilzunehmen
→ Recht, Volksinitiativen und Referenden zu ergreifen und zu unterzeichnen

Grundpflichten: Elementare, für die Existenz des Staates zentrale Pflichten der Einzelnen
− Wichtigste Grundpflicht: Beachtung von Verfassung und Gesetz
− Zahlreiche einzelne Grundpflichten (z.B. Art. 59 Abs. 1 BV:
Militärdienstpflicht)
− Art. 6 BV: individuelle und gesellschaftliche Verantwortung

Einschränkung von Freiheitsrechten (inkl. Prüfungsschema):


Gesetzliche Grundlage:
-Erfordernis Rechtssatz
− Generell-abstrakte Norm
Generell ist eine Norm, wenn sie sich auf einen unbestimmten Adressatenkreis bezieht;
abstrakt ist eine Norm, wenn sie eine unbestimmte Vielzahl von Fällen regelt.
− Genügend bestimmte Norm
Genügend bestimmt ist eine Norm, wenn die Rechtsunterworfenen ihr Verhalten danach
richten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen
entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen können. Der Grad der erforderlichen
Bestimmtheit steigt mit der Schwere der Auswirkungen einer Norm auf die Rechtsstellung
der Einzelnen.
-Erfordernis Gesetztesform
Schwerwiegende Grundrechtseinschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein,
d.h. in einem Gesetz im formellen Sinn (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV)

Ausnahme vom Erfordernis der ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage: polizeiliche


Generalklausel
Die Berufung auf die polizeiliche Generalklausel kommt nur infrage, wenn (Art. 36 Abs. 1
Satz 3 BV):
− die Gefahr «ernst» ist (d.h. hochwertige Schutzgüter des Staates oder Einzelner
verletzt oder gefährdet sind);
− die Gefahr «unmittelbar» ist (d.h. bereits eingetreten ist oder nächstens
bevorsteht); und
− die Gefahr «nicht anders abwendbar» ist (d.h. keine passenden gesetzlichen
Grundlagen und keine anderen Mittel zur Abwendung der Gefahr zur Verfügung
stehen).

Rechtfertigende Eigeninteressen:
Die Freiheitsbeschränkung muss durch ein hinreichendes öffentliches Interesse oder den
Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein (Art. 36 Abs. 2 BV)
Allgemein wird der Schutz der sog. Polizeigüter als recht- fertigendes öffentliches Interesse
angesehen. Dazu gehören:
- öffentliche Ordnung;
- öffentliche Sicherheit;
- öffentliche Gesundheit;
- öffentliche Ruhe;
- öffentliche Sittlichkeit;
- Treu und Glauben im Geschäftsverkehr.

Verhältnismässigkeit:
− Eignung
Die Massnahme muss geeignet sein, den angestrebten Zweck zu erreichen.
− Erforderlichkeit
Die Massnahme muss den geringst möglichen Eingriff darstellen; es darf keine
gleichermassen geeignete, mildere Massnahme geben, die zum gleichen Ziel führen würde.
− Zumutbarkeit
Die Massnahme darf zu keinem Missverhältnis zwischen Eingriffszweck und Eingriffswirkung
(Beschränkung) führen. Angemessenes Zweck- Mittel-Verhältnis. Abwägung zwischen
öffentlichen und privaten Interessen. Rechtfertigt das konkrete öffentliche Interesse die
konkrete Beeinträchtigung des privaten Interesses?
Kerngehaltsgarantie: In den Kerngehalt eines Grundrechts darf unter keinen Umständen
eingegriffen werden (Art. 36 Abs. 4 BV). Ein Freiheitsrecht darf weder völlig unterdrückt
noch seines Gehalts als fundamentale Institution der Rechtsordnung entleert werden.
VL9:
Vertiefung Grundrechte:

-Meinungs und Informationsfreiheit:


− Persönlicher Schutzbereich: Auf die Meinungs- und Informationsfreiheit können sich
natürliche und juristische Personen berufen.
− Sachlicher Schutzbereich:
Die Meinungsfreiheit (Art. 16 Abs. 2 BV) gibt jeder Person das Recht, ihre Meinung frei zu
bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten. Das Recht der freien
Meinungsbildung spricht den nach innen gerichteten Aspekt der Meinungsfreiheit an. Die
Garantie der Meinungsäusserung und -verbreitung betrifft den nach aussen gerichteten
Aspekt der Meinungsfreiheit.
Die Informationsfreiheit (Art. 16 Abs. 3 BV) schützt jede Person im Empfangen, Beschaffen
und Verbreiten von Informationen.
-Medienfreiheit:
− Persönlicher Schutzbereich: Auf die Medienfreiheit können sich nicht nur natürliche
Personen, sondern auch juristische Personen des Privatrechts berufen.
− Sachlicher Schutzbereich:
- Art. 17 Abs. 1 BV schützt die einzelne Person insoweit, als sie sich der
Medien und Massenkommunikation bedient, um ihre Meinung zu äussern und zu verbreiten.
Sie soll dies ohne staatliche Eingriffe tun können. Geschützt ist jede Art und Form von
Medien.
- Abs. 2 verbietet ausdrücklich die Zensur, damit die Medien ihre Funktion in der
Gesellschaft wahrnehmen können.
- Abs. 3 gewährleistet das Redaktionsgeheimnis.
-Wissenschaftsfreiheit:
− Persönlicher Schutzbereich: Auf die Wissenschaftsfreiheit können sich natürliche und
juristische Personen berufen.
− Sachlicher Schutzbereich
Art. 20 BV schützt die wissenschaftlich betriebene Lehre und Forschung. Die
wissenschaftliche Lehre umfasst alle Handlungen von Lehrenden, die für die Vermittlung
wissenschaftlichen Wissens an Lernende notwendig sind. Nicht von Belang ist, ob es sich
dabei um eigene Erkenntnisse der Lehrenden handelt. Im Rahmen der wissenschaftlichen
Forschung grundrechtlich geschützt sind insbesondere die Wahl der Fragestellung, der
Methode, der Gegenstand, die Planung und die Durchführung der Datensammlung und
Publikation der Erkenntnisse. Keine Rolle spielt der Gegenstand der Forschungstätigkeit
(exakte Wissenschaften, Medizin, Geistes- und Sozialwissenschaften), und es ist auch
unerheblich, ob es sich um Grundlagenforschung oder um angewandte Forschung handelt.

Wirtschaftsfreiheit:
− Persönlicher Schutzbereich: Auf die Wirtschaftsfreiheit als Grundrecht können sich
natürliche und juristische Personen berufen.
− Sachlicher Schutzbereich:
Art. 27 BV schützt jede privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit, und zwar unabhängig davon,
ob diese haupt- oder nebenberuflich, selbständig oder unselbständig, dauernd oder
vorübergehend ausgeübt wird, insbesondere:
- die Berufswahlfreiheit;
- die Berufszugangsfreiheit und vgl. Ar t. 27 Abs. 2 BV - die Berufsausübungsfreiheit
→ Bedingter Anspruch auf Benützung des öffentlichen Grunds
→ Gleichbehandlungsanspruch unter Konkurrentinnen und Konkurrenten
Rechtsgleichheit und weitere rechtsstaatliche Garantien:

Persönlicher Schutzbereich: Auf das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot nach Art. 8 Abs. 1 BV


können sich nach dem Wortlaut «alle Menschen» berufen. Trotzdem sind auch juristische
Personen geschützt.
Sachlicher Schutzbereich
• − Rechtsgleichheit in der Rechtsetzung
• − Rechtsgleichheit in der Rechtsanwendung
VL10:
Stammfunktionen der Staatsorgane:
Legislative (Parlament/Gesetzgeber) → Rechtsetzung (erlass generell-abstrakter Normen)
Exekutive (Regierung und Verwaltung) →Vollzug (administrative Rechtsanwendung)
Stammfunktion der Judikative (Gerichte) → Rechtsprechung (richterliche Rechtsanwendung)
Zweck dieser Aufteilung ist Machtbegrenzung und Kontrolle

Bundesversammlung: National- und Ständerat (Art. 148 Abs. 2 BV)


→ Vereinigte Bundesversammlung: Gemeinsame Verhandlung/ Sitzung von National- und
Ständerat (Art. 157 BV)
Stellung und Funktion: Die Bundesversammlung übt unter Vorbehalt der Rechte von Volk
und Ständen die oberste Gewalt im Bund aus (Art 148, 1 BV)

Zusammensetzung und Wahl:


− Nationalrat:
- «Der Nationalrat besteht aus 200 Abgeordneten des
Volkes.» (Art. 149 Abs. 1 BV): «Demokratisches Element» - Bedeutung des Wahlsystems
− Ständerat:
- «Der Ständerat besteht aus 46 Abgeordneten der
Kantone.» (Art. 150 Abs. 1 BV): «Föderalistisches Element» - Bedeutung des Wahlsystems

Aufgaben und Zuständigkeiten:


− Rechtsetzung (Art. 163 ff. BV)
− Aussenpolitik (Art. 166, 184 BV; Art. 24, 152 ParlG)
− Finanzen:
- Ausgabenbewilligung und Festsetzung des Voranschlags
(Art. 126, 167 BV; Art. 25 ParlG; Art. 29 ff. FHG)
- Finanzplanung und Gesamtsteuerung des Bundeshaushalts (Art. 12 ff. FHG)
− Wahlen (Art. 168 BV; Art. 130 ff. ParlG)
− Oberaufsicht über Bundesrat und Bundesverwaltung sowie eidgenössische Gerichte
Organisation und Verfahren:

Handlungsinstrumente:
-Parlamentarische Initiative: Vorschlag, dass eine Kommission einen Entwurf zu einem Erlass
der Bundesversammlung ausarbeitet
-Antrag: Vorschlag inhaltlicher Änderungen zu einem bereits in Beratung stehenden
Geschäft
-Motion: Auftrag an den Bundesrat, einen Entwurf zu einem Erlass der Bundesversammlung
vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen
-Postulat: Auftrag an Bundesrat zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob ein Entwurf zu einem
Erlass der Bundesversammlung vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen sei
-Interpellation/Anfrage: Aufforderung an den Bundesrat, über Angelegenheiten des Bundes
Auskunft zu geben

Bundesrat: Der Bundesrat ist die oberste leitende und vollziehende Behörde des Bundes.
(Art. 174 BV)
Zusammensetzung und Wahl: Der Bundesrat besteht aus sieben Mitgliedern.
Die Mitglieder des Bundesrates werden von der Bundesversammlung nach jeder
Gesamterneuerung des Nationalrates gewählt. (Art. 175 Abs. 1 und 2 BV)
→ Feste Amtsdauer von 4 Jahren
Wahlorgan: Wahlorgan ist die Bundesversammlung → keine Volkswahl
Wahlverfahren:

Wahl der Mitglieder des Bundesrates einzeln und nacheinander in der Reihenfolge des
Amtsalters (Art. 132,2 ParlG)
→Stimmabgabe geheim, ohne Instruktion, Leere ungültige Stimmen zählen nicht
→gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der Stimmen erreicht →soviele Wahlgänge bis jemand
gewählt ist
→Wer weniger als 10 Stimmen hat scheidet ab 2. Wahlgang aus, ab 3. Wahlgang wer am
wenigsten hat und auch neue Kandidaten micht mehr zulässig

1. Wählbarkeitsvoraussetzungen:
-schweizer Bürgerrecht
-mind. 18 Jahre
-keine Entmündigung
→ nicht Geburt in der Schweiz, Wohnsitz in der Schweiz oder bestimmte
Kantonszugehörigkeit

2. Unvereinbarkeiten:
Unvereinbarkeit (Art. 144 BV):
− mit Parlamentsmandat (National- oder Ständerat);
− mit Tätigkeit als Bundesrichter;
− mit jedem anderen Amt in Bund oder Kanton;
− mit einer privaten Erwerbstätigkeit (vgl. auch Art. 60 RVOG)
Verwandtenausschluss (Art. 61 RVOG):
Nahe Verwandte dürfen nicht gleichzeitig dem Bundesrat angehören.
3. (Faktische Voraussetzungen):
− Regionale Herkunft (Art. 175 Abs. 4 BV) → Landesgegend
→ Sprache
− Parteizugehörigkeit
→ Parteilose chancenlos
→ «richtige» Partei («Zauberformel»?)
− Erfahrung
→ politisch (z.B. eidg. Parlament und/oder
Kantonsregierung) → beruflich
− Geschlecht
− «Konkordanzfähigkeit»?

Missachtung von Wählbarkeitsvoraussetzungen führt zu ungültiger Wahl, Missachtung von


Unvereinbarkeiten führt zu gültiger Wahl, Amtsantritt ist jedoch erst nach Beseitigung des
Unvereinbarkeitsgrundes möglich

Aufgaben und Zuständigkeiten:


– Regierungspolitik:
- Bestimmung von Zielen und Mitteln der Regierungstätigkeit
sowie Planung und Koordination der staatlichen Tätigkeit (Art. 180 Abs. 1 BV)
- Legislaturplanung (Art. 146 f. ParlG)/Jahresziele (Art. 144 Abs. 1 ParlG)
- Hinwirken auf staatliche Einheit und Zusammenhalt des Landes unter Wahrung der
föderalistischen Vielfalt (Art. 6 Abs. 3 RVOG)
– Aussenpolitik
- Besorgung der auswärtigen Angelegenheiten/Vertretung der Schweiz
nach aussen (Art. 184 Abs. 1 BV)
- Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, Unabhängigkeit und Neutralität der
Schweiz (Art. 185 Abs. 1 BV)
– Vollzug/Verwaltung
- Vollzug des Bundesrechts (Art. 182 Abs. 2 BV)
- Leitung, Organisation und Beaufsichtigung der Bundesverwaltung (Art. 178 Abs. 1 BV)
- Pflege der Beziehungen zu den Kantonen sowie Aufsichtsbefugnisse gegenüber den
Kantonen (Art. 186 BV)
– Rechtsetzung
- Unterbreitung von Entwürfen zuhanden der Bundesversammlung
(Art. 181 BV)
- Vorverfahren der Gesetzgebung (Art. 7 RVOG)
- Antragsrecht (Art. 160 Abs. 2 BV)
- Verordnungsgebung (Art. 182 BV)

Organisation und Verfahren:


-Kollegialprinzip: Bundesrat entscheidet als Kollegium (177, 1 BV)
-Departementalprinzip: Für die Vorbereitung und den Vollzug werden die Geschäfte
des Bundesrates nach Departementen auf die einzelnen Mitglieder verteilt. (177, 2 BV)
→ Jedes Mitglied des Bundesrates steht einem Departement vor. (Art. 178 Abs. 2 BV; Art. 35
Abs. 2 RVOG)
→ Verteilung der Departemente auf die einzelnen Mitglieder durch den Bundesrat selbst
(Art. 35 Abs. 3 und 4 RVOG) nach Anciennität (Praxis)
-Bundespräsident: «Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident führt den Vorsitz im
Bundesrat.» (Art. 176 Abs. 1 BV): «primus inter pares»
− Leitung des Bundesrates/Vorbereitung der Verhandlungen (Art. 25 RVOG)
− Stichentscheid bei Stimmengleichheit (Art. 19 Abs. 3 RVOG)
− Präsidialentscheide (Art. 26 RVOG)
− Repräsentation des Bundesrates (Art. 28 RVOG)
VL11:
Rechtsetzungsbefugnisse Bundesversammlung und Bundesrat

Bundesrat: Bundesversammlung:
-Unterbreitung von Entwürfen zuhanden -Verfassungsgebung (192,2 BV)
Bundesversammlung/Initiativrecht (181 BV) -Gesetzgebung (163, 1 BV, 164 BV)
-Vorverfahren Gesetzgebung (7 RVOG) -Verordnungsgebung (163, 1 BV)
-Antragsrecht (160, 2 BV) -Genehmigung von Staatsvertr.
-Verordnungsgebung (182, 3 BV, 184,3 BV, 185,3 BV) (166,2 BV)
-Abschluss von Staatsverträgen (166,2 BV, 184, 2 BV)

Verfahren der Bundesgesetzgebung:

Völkerrechtlicher Vertrag: Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren


Völkerrechtssubjekten, die durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommt
und zwischen den betreffenden Parteien Rechte und Pflichten begründet

Verfassungsgerichtsbarkeit: Überprüfung eines staatlichen Hoheitsaktes (Rechtsnorm oder


Rechtsanwendungsakt) auf seine Übereinstimmung mit der Verfassung
Normenkontrolle: Überprüfung einer Rechtsnorm auf ihre Übereinstimmung mit
höherrangigem Recht

Um die Polizeiliche generalklausel anwenden zu können müssen folgende Kriterien


kumulativ erfüllt sein:

Betroffenheit eines fundamentalen Rechtsguts: Zu den fundamentalen Rechtsgütern


gehören Rechtsgüter, die für Private (Leib, Leben, Gesundheit) und für den Staat
(innerer/äusserer Frieden, äussere Unabhängigkeit) von existentieller Bedeutung sind.

- Schwere Gefahr für dieses Rechtsgut: Dem fundamentalen Rechtsgut droht eine
erhebliche Beeinträchtigung.

- Zeitliche Dringlichkeit, die sofortiges Handeln erfordert: Die konkrete Gefahren- situation
erlaubt kein Zuwarten (namentlich auch nicht die rechtzeitige Schaffung geeigneter
gesetzlicher Massnahmen im ordentlichen Gesetzgebungsprozess).

- Fehlen geeigneter gesetzlicher Massnahmen: Geeignete gesetzliche Mittel fehlen, wenn


das geltende Recht kein Mittel kennt, um der Gefahr wirksam zu begegnen.

- Vorliegen einer nicht vorhersehbaren, atypischen Gefährdungslage (umstritten): Atypisch


ist eine Gefährdungslage dann, wenn sie vom Gesetzgeber nicht vorher- gesehen werden
konnte, wenn also beim Fehlen einer Regelung von einem Ver- sehen und nicht von einem
qualifizierten Schweigen des Gesetzgebers auszugehen ist.

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